52008DC0588

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Europäischer Strategierahmen für die internationale Wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit /* KOM/2008/0588 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 24.9.2008

KOM(2008) 588 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

EUROPÄISCHER STRATEGIERAHMEN FÜR DIE INTERNATIONALE WISSENSCHAFTLICHE UND TECHNOLOGISCHE ZUSAMMENARBEIT

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT

EUROPÄISCHER STRATEGIERAHMEN FÜR DIE INTERNATIONALE WISSENSCHAFTLICHE UND TECHNOLOGISCHE ZUSAMMENARBEIT

In dieser Mitteilung wird ein europäischer Strategierahmen für die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit umrissen. Ferner werden die spezifischen Aspekte dieser Zusammenarbeit im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) behandelt.

Durch verstärkte Forschungsanstrengungen und die Erleichterung des Einsatzes neuer Technologien kann Europa den großen gesellschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit wirksamer und effizienter begegnen. Die Vertiefung des Europäischen Forschungsraums (EFR) durch eine weiter gehende Integration und eine grenzüberschreitende Koordinierung der Forschungsinvestitionen und –tätigkeiten wird Europas Wettbewerbsfähigkeit und seine Attraktivität für Investoren im Bereich Forschung und Innovation erhöhen. Die Förderung der europäischen IKT weltweit ist ein wichtiger Motor des sozialen und wirtschaftlichen Wachstums und wird einen wesentlichen Beitrag zur Agenda für Wachstum und Beschäftigung leisten[1]. Die Vertiefung des EFR sollte jedoch einhergehen mit einer Ausweitung des EFR durch eine stärkere Zusammenarbeit mit internationalen Partnern.

Zentrales strategisches Ziel der internationalen wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit und des universellen Zugangs zu IKT

Die Globalisierung geht immer rascher vonstatten. Dies wirkt sich auf die Art und Weise aus, in der wir Wissen produzieren, austauschen und einsetzen. Globale Herausforderungen wie Klimawandel, Armut, Infektionskrankheiten, Gefährdungen der Energie-, Lebensmittel- und Wasserversorgung, die Sicherheit der Bürger, die Netzsicherheit und die digitale Kluft machen die Notwendigkeit einer wirksamen globalen wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit deutlich, die eine nachhaltige Entwicklung fördert.

Mit dem Siebten Forschungsrahmenprogramm (RP7) wird dieser Notwendigkeit entsprochen. Es steht Drittländern zur Teilnahme offen und beinhaltet mehrere neue Instrumente zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit. Das RP7 spiegelt jedoch nur einen kleinen Anteil der europäischen Forschung wider. Der Großteil der Forschungsinvestitionen wird von den Mitgliedstaaten getätigt. Nur bei einer Stärkung der Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten und der Europäischen Gemeinschaft (EG) kann die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit der EU wirksam zu Stabilität, Sicherheit und Wohlstand weltweit beitragen[2]. Eine bessere Zusammenarbeit ist auch erforderlich, um die politischen Ziele Europas und europäische Technologien weltweit zu verbreiten. In dieser Mitteilung wird ein europäischer Rahmen für die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit zur Unterstützung der Strategie umrissen, die sich auf eine neue, langfristige Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten und der EG stützt. Es werden ferner Möglichkeiten zur Verbesserung der Instrumente für die Kooperation mit strategischen Partnern vorgeschlagen. Hauptziel ist es, einen Beitrag zur globalen nachhaltigen Entwicklung zu leisten und die wissenschaftlich-technologische Exzellenz in Europa zu fördern. Letztere wird für die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit immer wichtiger, denn die EU-Unternehmen sehen sich immer stärker im Wettbewerb mit den Schwellenländern.

Der vorgeschlagene EU-Rahmen umfasst einige zentrale Grundsätze und Leitlinien für Maßnahmen. Die entsprechenden Maßnahmen werden öffentliche und private Akteure in Europa bei Kontakten mit internationalen Partnern und Konkurrenten stärken. Der vorgeschlagene Rahmen soll dem freien Wissensverkehr (der „fünften Grundfreiheit“ der EU) weltweit, der internationalen Profilierung Europas im Bereich Wissenschaft und Technologie sowie der Verbreitung europäischen Know-hows im Bereich der IKT weltweit dienen. Der Europäische Forschungsraum – für die Welt geöffnet – soll weltweite Geltung erhalten und die Wettbewerbsfähigkeit Europas im Rahmen der Weltwirtschaft stärken.

Die Maßnahmen des Strategierahmens sollen

- die Koordinierung der Maßnahmen der Mitgliedstaaten und der EG verbessern, die dem Ausbau der strategischen wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit und dem Dialog im Bereich der Informationsgesellschaft mit Partnern weltweit dienen,

- zusätzliche Synergien zwischen Behörden, Industrie und Zivilgesellschaft schaffen, damit die EU-Maßnahmen in diesen politischen Bereichen effizienter werden,

- den Zugang zu Wissen, Ressourcen und Märkten weltweit erleichtern,

- sich positiv auf die internationale Wissenschafts- und Technologieagenda auswirken, indem Ressourcen im Hinblick auf kritische Masse gebündelt und demokratische Werte im Rahmen der globalen Informationsgesellschaft hervorgehoben werden, insbesondere die Meinungsfreiheit und das Recht auf Zugang zu Informationen[3],

- die Rahmenbedingungen für internationale Forschung verbessern und das europäische Konvergenzmodell fördern, um die Wirksamkeit der Maßnahmen für die Informationsgesellschaft zu erhöhen,

- es europäischen Forschern und Hochschulen erleichtern, gemeinsam mit den weltbesten Forschern sowie in den besten Forschungsinfrastrukturen zu arbeiten,

- die Stellung der europäischen Industrie auf dem Weltmarkt für elektronische Kommunikation und andere fortgeschrittene Technologien stärken.

Diese Mitteilung trägt den Schlussfolgerungen des Rates vom Februar 2008 Rechnung und ist eine der fünf Initiativen der Kommission im Anschluss an die öffentlichen Diskussionen über die Zukunft des EFR[4] und die Globalisierung der Informationsgesellschaft[5]. Die Mitteilung entspricht ferner den Schlussfolgerungen des Weltgipfels zur Informationsgesellschaft (WSIS) im Jahr 2005[6].

1. GRUNDSÄTZE DES EUROPÄISCHEN RAHMENS FÜR DIE INTERNATIONALE WISSENSCHAFTLICHE UND TECHNOLOGISCHE ZUSAMMENARBEIT UND DIE NEUEN PARTNERSCHAFTEN IM BEREICH DER INFORMATIONSGESELLSCHAFT

Erweiterung des EFR und stärkere internationale Öffnung

Exzellenz in der Forschung entsteht aus der Konkurrenz der Forscher, vor allem aus der Konkurrenz und Zusammenarbeit der besten unter ihnen.

Dies kann insbesondere durch die grenzüberschreitende Zusammenarbeit von Behörden, Forschungsförderungseinrichtungen, öffentlichen und privaten Forschungsinstituten und Hochschulen erreicht werden. Diese Art der Zusammenarbeit bildet eine der Grundlagen des EFR. In einem immer stärker global geprägten Wissenschaftsumfeld sollte der EFR erweitert werden und auch unsere Nachbarn einschließen; die Zusammenarbeit mit wichtigen internationalen Partnern ist zu fördern und zu erleichtern.

Gewährleistung kohärenter Strategien und komplementärer Programme

Forschung findet nicht in einem Vakuum statt. Sie leistet einen Beitrag zu den allgemeineren gesellschaftlichen Zielen, durch die sie wiederum beeinflusst wird.

Die europäische Strategie für die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit sollte die wichtigsten politischen Ziele der EU untermauern, z. B. die Bekämpfung des Klimawandels, die Überbrückung der digitalen Kluft, die Sicherung einer nachhaltigen Energieversorgung, der biologischen Vielfalt und der Ökosysteme sowie die Millenniums-Entwicklungsziele. Eine stärkere Kohärenz zwischen der Forschungstätigkeit und anderen Politikbereichen und Finanzinstrumenten erhöht Wirkung und Einfluss von Wissenschaft und Technologie auf diese Bereiche.

Förderung einer strategischen wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern

Europa kann nicht mit allen Ländern in allen Themenbereichen zusammenarbeiten.

Bei Forschungsthemen und Partnern (Drittländern) ist eine Auswahl vorzunehmen. Eine kritische Masse an Ressourcen zur Umsetzung der jeweiligen Wahl muss gewährleistet sein. Die Zusammenarbeit mit wissenschaftlich hoch entwickelten Partnerländern wird anders aussehen als diejenige mit Ländern, deren Wissenschaftsbasis im Aufbau begriffen ist; beide Arten der Zusammenarbeit sind jedoch notwendig. Eine effiziente Strategie für die internationale Zusammenarbeit erfordert vonseiten der EG und der Mitgliedstaaten ein langfristiges Engagement und ein neues Konzept für die gemeinsame Festlegung vorrangiger Forschungsbereiche für die Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern.

Der entstehende EFR, dem Mitgliedstaaten und assoziierte Staaten angehören, verdeutlicht das Potenzial einer engen länderübergreifenden Zusammenarbeit. Sind Gruppen von Ländern einer bestimmten geografischen Region (z. B ASEAN, Afrikanische Union) an der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit mit der EG interessiert und kann so am besten eine kritische Masse zur Behandlung wichtiger globaler Probleme erreicht werden, ist einem bi-regionalen Ansatz der Vorzug zu geben.

In hochentwickelten Technologiebereichen wie den IKT sollte sich die Auswahl geografischer und sektorbezogener Prioritäten der Forschungszusammenarbeit auf gemeinsame Vorschläge der Industrie, der Hochschulen und der Forschungsinstitute stützen (z. B. auf Vorschläge der strategischen Forschungspläne (SRA), der Europäischen Technologieplattformen, der Dialoge zur Informationsgesellschaft, sowie auf solche im Rahmen sonstiger bilateraler und regionaler Kontakte). Dies würde die Beteiligung von Partnern aus Drittländern bereits zu Beginn der Forschungsarbeiten erleichtern.

Besonderes Augenmerk ist auf die Vereinheitlichung unterschiedlicher Normen in verschiedenen Ländern zu richten, denn diese sind häufig ein Hemmnis für die Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien und können Zusammenschaltung und Interoperabilität behindern.

Erhöhung der Attraktivität Europas als Forschungspartner

Zur Aufrechterhaltung der Exzellenz in der Forschung und für den Aufbau von Verbindungen zwischen Forschern und Forschungseinrichtungen in Europa und weltweit muss Europa als Forschungspartner interessant sein. Hierfür sind eine angemessene wettbewerbsorientierte und institutionelle Forschungsfinanzierung, Infrastrukturen von Weltniveau, eine größere Mobilität der Forscher innerhalb Europas und darüber hinaus sowie geeignete Vorschriften zu den Rechten des geistigen Eigentums erforderlich.

Die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit hat in den aufeinanderfolgenden Rahmenprogrammen immer mehr an Bedeutung gewonnen, und die Schaffung des Europäischen Forschungsrates hat die Reputation Europas als Standort für Pionierforschung auf hohem Niveau noch gesteigert. Die Arbeit des Europäischen Strategieforums für Forschungsinfrastrukturen (ESFRI) ist weltweit auf Interesse gestoßen; internationale Partner äußerten ihre Absicht zur Zusammenarbeit.

Ein offener EFR ist der beste Weg, der europäischen Wissenschaft und Technologie weltweit zu größerer Attraktivität zu verhelfen. Letztendlich hängt der Erfolg des EFR davon ab, ob hochqualifizierte Forscher vorhanden sind, die die Entwicklung einer wettbewerbsorientierten, wissensgestützten Wirtschaft tragen. Forscher, die ihre Ausbildung sowohl in Europa als auch in Drittländern absolviert haben oder durch Netze miteinander verbunden sind, werden zu Botschaftern der internationalen Zusammenarbeit werden.

Ergebnisorientierte Partnerschaften im Bereich der Regulierung der Informationsgesellschaft

Ein erster Schritt wird sein, den existierenden politischen Dialog stärker ergebnisorientiert zu führen, indem frühzeitig Prioritäten für die Zusammenarbeit im Regulierungsbereich und die gemeinsame Forschung ermittelt werden. Gegebenenfalls sollte der Dialog auf die Konvergenz der Sektoren Telekommunikation und Medien ausgedehnt werden. Wirtschaftsdialoge (z. B. „Business Round Tables“) und Verbraucherdialoge sollten ebenfalls ergebnisorientiert sein.

Zu den Prioritäten der Zusammenarbeit im Regulierungsbereich gehören: die Förderung unabhängiger und effizienter Regulierungsbehörden, die nicht diskriminierende Zuweisung knapper Ressourcen, öffentlich zugängliche Kriterien für die Lizenzvergabe und transparente Vergabeverfahren, eine nicht diskriminierende und kostenorientierte Zusammenschaltung sowie der Einsatz offener Technologien. Nicht tarifliche Handelshemmnisse und regulatorische Hindernisse für EU-Unternehmen auf Märkten in Drittländern sollten stärker überwacht werden.

Gemeinsames Handeln der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten

Wenn die Mitgliedstaaten und die EG zusammenarbeiten, werden sie sowohl auf der Ebene der EU als auch auf internationaler Ebene wesentlich mehr erreichen. Dies gilt – ebenso wie für Politikbereiche wie Umwelt oder Energie – auch für die Forschungspolitik und die Politik im Bereich der Informationsgesellschaft.

Eine solche Zusammenarbeit wird die Attraktivität des Forschungsstandorts Europa steigern und bessere Bedingungen für Investitionen und Übernahmen in wichtigen Märkten schaffen helfen. Eine bessere Koordinierung entspricht auch dem Interesse zahlreicher internationaler Partner, die von dem europäischen Regulierungskonzept, z. B. im Bereich der Konvergenz, lernen wollen. Außerdem wird die Bündelung unserer Anstrengungen bewirken, dass Europa in den Bereichen Forschung und Informationsgesellschaft in Bezug auf Wirtschaftsdaten besser über wichtige Länder und Regionen informiert ist.

Mitgliedstaaten und EG müssen gemeinsam vorrangige Bereiche für die Forschung mit Drittländern festlegen, damit sie aus koordinierten Initiativen und Maßnahmen den größtmöglichen Nutzen ziehen.

Das Projekt des Internationalen Thermonuklearen Versuchsreaktors (ITER) zeigt in großem Maßstab, was erreicht werden kann, wenn der politische Wille zur internationalen Zusammenarbeit und zur Bündelung der Ressourcen vorhanden ist. Auch in kleinerem Maßstab gibt es zahlreiche Beispiele dafür, welch starke Wirkung koordinierte europäische Forschungspläne und eine gemeinsame Finanzierung haben, z. B. die Europäische Initiative für Agrarforschung im Dienste der Entwicklung.

Eine kohärentere Verwendung der Ressourcen der Mitgliedstaaten und der EG in der internationalen wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit wird dazu beitragen, die erforderliche kritische Masse zu erreichen, die für eine wirksame Antwort auf immer stärker globale politische Herausforderungen erforderlich ist.

Eine intensivierte Partnerschaft zwischen der EG, zwischenstaatlichen Initiativen der europäischen Regierungen (z. B. EUREKA und COST) und Forschungsorganisationen wie EIROforum[7] und dessen Mitgliedern kann ebenfalls spürbar hierzu beitragen.

Eine gut koordinierte und gut vermittelte Strategie für die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit wird Europa dazu verhelfen, bei wichtigen globalen Herausforderungen mit „einer Stimme“ zu sprechen, und dazu beitragen, dass die EU sich wirksamer an der Festlegung von Zielen in internationalen Foren wie der OECD und insbesondere in UN-Foren (UNESCO, WHO) und der ITU beteiligen kann.

2. LEITLINIEN FÜR MAßNAHMEN ZUR INTERNATIONALEN ÖFFNUNG DES EFR

Eine enge und langfristige Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten und zwischen diesen und der EG, die sich auf die oben genannten Grundsätze stützt, ist die Voraussetzung dafür, dass der EFR sein Potenzial auf internationaler Ebene voll ausschöpfen kann.

Der Erfolg dieser Partnerschaft wird davon abhängen, inwieweit es gelingt, gemeinsame Ziele zu finden, gemeinsame europäische Forschungspläne und Standpunkte zu formulieren und umzusetzen und gegenüber Drittländern und in internationalen Foren zu vertreten, gemeinsame Tätigkeiten durchzuführen und Anstrengungen und Ressourcen zu bündeln.

Ein solches Vorgehen schafft Bewegungen hin nach Europa und solche, die von Europa ausgehen. Forscher aus der ganzen Welt würden angezogen, und das Potenzial der europäischen Technologien auf den Weltmärkten, z. B. im Bereich der IKT, würde gesteigert.

Im Interesse einer größtmöglichen Wirkung müssen die nachstehenden Vorschläge sowohl auf EG-Ebene als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten sowie in enger Zusammenarbeit mit Drittländern umgesetzt werden. Um diesen Prozess voranzubringen, ist ein geeigneter institutioneller Rahmen erforderlich.

2.1. Stärkung der internationalen Dimension des EFR

- Integration der Nachbarstaaten der EU in den EFR

Die Assoziierung mit dem RP7 stellt die intensivste Form der Zusammenarbeit mit der Gemeinschaft dar. Die Möglichkeit für ENP-Partnerländer, an bestimmten EG-Maßnahmen und -Programmen, u. a. am RP7, teilzunehmen, ist ein wichtiger Aspekt der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP)[8].

Fast alle Länder des westlichen Balkans sind heute mit dem RP7 assoziiert. Auch den Nachbarländern der EU im Süden und im Osten steht die Assoziierung offen. Die Ausdehnung der geografischen Abdeckung des EFR auf ENP-Partnerländer wird zu den politischen Zielen der EU in Bezug auf diese Länder einen wichtigen Beitrag leisten, insbesondere zu einem nachhaltigen wirtschaftlichen Wohlstand. Der Assoziierungsprozess wird schrittweise voranschreiten und für jedes Land getrennt behandelt, wobei die jeweils vorhandenen wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten, der aktuelle und potenzielle Grad der Zusammenarbeit sowie die beiderseitigen Interessen der EG und der ENP-Partnerländer berücksichtigt werden. In den ENP-Ländern ist auch besonders auf die Förderung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich der IKT zu achten, zum einen aufgrund des Bestrebens dieser Länder, sich an der EU zu orientieren, zum anderen, weil einige dieser Länder für europäische Technologieunternehmen wichtige Märkte darstellen.

Zur Förderung engerer wissenschaftlicher Kontakte mit diesen Ländern und zur Vorbereitung der Assoziierung mit dem RP7 wird die EG im Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments und gezielter Maßnahmen des RP7 (z. B. spezifischer Maßnahmen zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit) Initiativen zum Aufbau wissenschaftlich-technologischer Kapazitäten und zur Forschungszusammenarbeit ergreifen.

Der politische Dialog mit diesen Ländern ist wichtig. Die bilateralen Wissenschafts- und Technologieabkommen zwischen der EG und einigen dieser Länder (z. B. Ägypten, Marokko, Tunesien und Ukraine) bilden ein geeignetes Forum für einen solchen Dialog. Ferner soll mit Ländern, die Interesse an einer Assoziierung mit dem RP7 bekunden, jedoch kein bilaterales Wissenschafts- und Technologieabkommen mit der EG abgeschlossen haben, ein bilateraler Dialog im Bereich Wissenschaft und Technologie eingeleitet werden.

Die kürzlich begonnenen INCO-Net-Projekte des RP7 unterstützen regionale Plattformen für den wissenschaftspolitischen Dialog und die Festlegung von Prioritäten auf bi-regionaler Ebene. Hier bestimmen Mitgliedstaaten und ENP-Partnerländer gemeinsam künftige Forschungsprioritäten und koordinierte Maßnahmen.

Russland ist ein Nachbarland mit bedeutenden wissenschaftlichen und technologischen Kapazitäten und bereits ein wichtiger Partner, der deutlich zum Ausdruck gebracht hat, dass für ihn die EU in der wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit langfristig eine Vorrangstellung einnimmt. Die Zusammenarbeit EU-Russland könnte durch ein RP-Assoziierungsabkommen ausgebaut werden, wie von beiden Seiten anlässlich der Zusammenkunft des Ständigen Partnerschaftsrats EU-Russland (Forschung) im Mai 2008 geäußert wurde. Dies würde einen Beitrag leisten zum „gemeinsamen Raum der Forschung und Bildung, einschließlich kultureller Aspekte“ EU-Russland. Eine eventuelle Assoziierung mit dem RP ist jedoch vor dem Hintergrund der allgemeinen Beziehungen EU-Russland und des neuen Abkommens EU-Russland zu sehen, dessen Aushandlung anlässlich des EU-Russland-Gipfels im Juni 2008 eingeleitet wurde.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten

- die koordinierte und/oder komplementäre Umsetzung wissenschaftlicher und technologischer Prioritäten sicherstellen, die in den politischen Dialogen mit ENP-Partnerländern ermittelt wurden, um so eine Assoziierung mit dem RP7 gegebenenfalls zu erleichtern,

- regionale Dialoge zu Themen der Informationsgesellschaft ausbauen,

- EU-Regulierungsgrundsätze durch verstärkte Synergien mit europäischen Regulierungsbehörden verbreiten.

Die Europäische Kommission sollte

- im Hinblick auf eine mögliche Assoziierung mit dem RP7 einen politischen Dialog mit interessierten ENP-Ländern beginnen, die noch kein bilaterales Wissenschafts- und Technologieabkommen mit der EG unterzeichnet haben,

- die Verbreitung bewährter Verfahren und die Annäherung der politischen Strategien der ENP-Länder beschleunigen, indem sie für diese Länder schrittweise das IKT-Förderprogramm im Rahmen des Programms für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation (CIP) öffnet.

- Förderung der strategischen Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern durch geografische und thematische Schwerpunktsetzung

Die Mitgliedstaaten und die EG sind an einer Vielzahl von Forschungskooperationen mit Drittländern beteiligt. Da auf europäischer Ebene keine gemeinsame Strategie existiert, kam es bei der Zusammenarbeit zu Überschneidungen, wodurch Ressourcen verschwendet und die Wirkung verringert wurden[9].

Wenn gemeinsame Interessen und beiderseitiger Nutzen sowie wissenschaftliche Humanressourcen und Kapazitäten von hoher Qualität vorhanden sind und mit Blick auf internationale Verpflichtungen gemeinsames Handeln erforderlich ist, wäre ein stärker koordiniertes Vorgehen im Interesse Europas und der jeweiligen Drittstaaten. Die EG und die Mitgliedstaaten sollten daher gemeinsam strategische Prioritäten für die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern festlegen und diese in kohärenter Weise verfolgen.

Sind die Partner Industriestaaten oder bedeutende Schwellenländer , sollten die Schwerpunkte der koordinierten wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit auf Bereichen von gemeinsamem Interesse liegen, die zur Lösung der globalen wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Probleme großangelegte internationale Anstrengungen erfordern. Da in Wissenschaft und Technologie auf internationaler Ebene zwischen EU-Mitgliedstaaten und Drittländern eine starke Konkurrenz besteht, ist ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Zusammenarbeit und Wettbewerb zu finden. Vorrangig zu behandeln sind die Entwicklung gemeinsamer Infrastrukturen, die Pionierforschung und die vorwettbewerbliche Forschung sowie Forschungsarbeiten, die zu gemeinsamen oder kompatiblen und damit den Marktzugang erleichternden Normen führen. Insbesondere im Bereich der IKT sollte bei der Forschungszusammenarbeit die Frage unterschiedlicher Normen behandelt werden, die häufig ein Hemmnis für die Verbreitung von Technologien sind und Zusammenschaltung und Interoperabilität behindern. Bei der Forschungszusammenarbeit sollte der Schwerpunkt auch auf Bereiche gelegt werden, die im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit der EU-Unternehmen liegen, wobei darauf zu achten ist, dass der sich daraus ergebende Nutzen nicht gefährdet wird (z. B. durch fehlenden Schutz des geistigen Eigentums).

Sind die Partner Entwicklungsländer , sollte die Forschungszusammenarbeit in Abstimmung mit der Strategie für die Entwicklungszusammenarbeit und den Milleniums-Entwicklungszielen[10] stattfinden. Bestimmte Forschungsbereiche sind von besonderer Bedeutung, u.a. die nachhaltige Versorgung mit sauberem Wasser, Lebensmitteln und Energie, die Bekämpfung von Infektionskrankheiten, die Eindämmung der Folgen des Klimawandels, die Verringerung der digitalen Kluft sowie die Verminderung der Bedrohung der biologischen Vielfalt und der terrestrischen und marinen Ökosysteme. Neben den wissenschaftlichen und technologischen Kooperationsprojekten gehört zur Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern auch der Aufbau wissenschaftlich-technologischer Kapazitäten (Infrastrukturen, Humanressourcen, Forschungsstrategie, Netze von Forschern und Forschungseinrichtungen etc.). Dies versetzt die Forscher in diesen Ländern in die Lage, einen Beitrag zur Lösung lokaler, regionaler und globaler Probleme sowie zur wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung zu leisten. Verbesserte Forschungskapazitäten ermutigen ferner die Forscher, in den internationalen Wettbewerb um wissenschaftliche Exzellenz zu treten, und erhöhen den Anreiz für die Forscher, ihre Forschungstätigkeit auch in Zukunft in Entwicklungsländern anzusiedeln.

Im Zusammenhang mit Afrika wird der Schwerpunkt konzertierter Bemühungen der EG und der Mitgliedstaaten auf der Umsetzung der anlässlich des Lissaboner Gipfels 2007[11] vereinbarten gemeinsamen strategischen Partnerschaft Afrika-EU liegen. Die spezifische Partnerschaft Afrika-EU für Wissenschaft, Informationsgesellschaft und Raumfahrt stützt sich auf die Erkenntnis, dass Wissenschaft, Technologie und Innovation grundlegende Voraussetzungen für die Beseitigung der Armut, die Bekämpfung von Krankheiten und Unterernährung, die Verhinderung weiterer Umweltzerstörung und den Aufbau einer nachhaltigen Landwirtschaft und eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums in Afrika sind. Die Überbrückung der wissenschaftlichen und digitalen Kluft ist unerlässlich, wenn afrikanische Antworten auf diese Herausforderungen gefunden werden sollen.

Der Aufbau von Kapazitäten gehört im Allgemeinen in den Bereich der Entwicklungspolitik und deren Finanzierung, weshalb die Kohärenz und Komplementarität der Instrumente im Bereich Wissenschaft und Technologie mit anderen Instrumenten und Programmen der Außenmaßnahmen bzw. Außenhilfe sowohl auf Gemeinschaftsebene[12] als auch auf der Ebene der Mitgliedstaaten verstärkt werden muss. Sind die jeweiligen Drittländer damit einverstanden, sollte der gezielte Einsatz dieser Instrumente und Programme für den Aufbau wissenschaftlich-technologischer Kapazitäten gefördert werden. Ferner ist die Komplementarität mit anderen Fördereinrichtungen, einschließlich der internationalen Finanzinstitutionen, und mit internationalen Forschungsinitiativen (z. B. der Beratungsgruppe für internationale Agrarforschung) anzustreben. Voraussetzung ist, dass bei den politischen Akteuren in den Entwicklungsländern gegebenenfalls das Bewusstsein dafür gestärkt wird, welche Bedeutung Wissenschaft und Technologie für eine bessere Lebensqualität haben. Der Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern sowie der Rolle privater Forschungsinvestitionen in den Entwicklungsländern sollte besondere Aufmerksamkeit gelten.

Die Mitgliedstaaten und die EG müssen strategische Forschungsprioritäten kohärent und koordiniert umsetzen. Heute findet die Zusammenarbeit der einzelnen Mitgliedstaaten mit Drittländern im Rahmen bilateraler Vereinbarungen und nationaler Programme statt. Die EG unterstützt ebenfalls die strategische Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern, vor allem im Rahmen bilateraler Wissenschafts- und Technologieabkommen[13]. Diese Abkommen wurden im RP7 mit eigenen Instrumenten für ihre Durchführung und zur Unterstützung eines gezielten Vorgehens ausgestattet (die spezifischen Maßnahmen zur Förderung der internationalen Zusammenarbeit, koordinierte Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen etc.). Durch den Austausch von Informationen über geplante Maßnahmen im Rahmen dieser Vereinbarungen ist eine engere Abstimmung zwischen der EG und den Mitgliedstaaten möglich.

Eine bi-regionale Vorgehensweise gegenüber Länderzusammenschlüssen wie ASEAN oder der Afrikanischen Union hätte Vorteile gegenüber einer ständig wachsenden Zahl bilateraler EG-Wissenschafts- und Technologieabkommen. Ein solcher bi-regionaler Dialog im Bereich Wissenschaft und Technologie ist jedoch nur effizient, wenn eine regionale Struktur vorhanden ist, die die Koordinierung mit der betreffenden Ländergruppe und innerhalb dieser gewährleisten und eine tragende Rolle bei der Festsetzung der wissenschaftlichen und technologischen Prioritäten und der Forschungsfinanzierung spielen kann. Langfristig kann ein solcher Dialog zu bi-regionalen Wissenschafts- und Technologieabkommen führen. Mit den laufenden INCO-Net-Projekten des RP7 wird der Grundstein gelegt für solche bi-regionalen Plattformen. Sie sind erste Ansätze eines neuen Konzepts für die Beteiligung von Mitgliedstaaten und Drittländern an der Festlegung künftiger vorrangiger Bereiche für Wissenschaft und Technologie.

Sind vonseiten der EG umfassende bilaterale oder bi-regionale Wissenschafts- und Technologieabkommen nicht gerechtfertigt, wird die EG sicherstellen, dass der Wissenschafts- und Technologieaspekt in allen Partnerschafts- und Kooperationsabkommen der EG und ihrer Mitgliedstaaten mit den betreffenden Drittländern mehr Gewicht erhält.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten

- gemeinsam Prioritäten für die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern ermitteln und vereinbaren, wo eine Zusammenarbeit für Europa einen eindeutigen zusätzlichen Nutzen bei der Bewältigung zentraler globaler Herausforderungen bringt, und gemeinsame Initiativen ergreifen. Dies sollte, soweit möglich, im Einklang mit dem in der Mitteilung der Kommission „Gemeinsame Planung der Forschungsprogramme: bessere Bewältigung gemeinsamer Herausforderungen durch Zusammenarbeit“[14] und – soweit die IKT und die Medienpolitik betroffen sind - im i2010-Aktionsplan[15] vorgestellten Konzept geschehen,

- Informationen über die Erfahrungen und geplanten Initiativen im Rahmen der bilateralen Wissenschafts- und Technologieabkommen austauschen und ein effizientes Netz von Wissenschafts-, IKT- und Medienberatern der EG und der Mitgliedstaaten in den Vertretungen der EG und den Botschaften der Mitgliedstaaten in Drittländern unterstützen,

- die Kohärenz der Strategien für internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit und für Entwicklung sowie die Komplementarität der Finanzierungsmechanismen auf EG-Ebene (Mittel der RP und Instrumente der Außenmaßnahmen und der Außenhilfe) und auf der Ebene der Mitgliedstaaten sicherstellen,

- die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit zwischen der EU und der Afrikanischen Union durch die Umsetzung der gemeinsamen strategischen Partnerschaft EU-Afrika und des Aktionsplans ausbauen, insbesondere durch die achte Partnerschaft für Wissenschaft, Informationsgesellschaft und Raumfahrt. Hierfür sind Ressourcen der EG und der Mitgliedstaaten sowie die aktive Beteiligung der Kommission der Afrikanischen Union, der regionalen Wirtschaftsgemeinschaften und relevanter öffentlicher und privater Akteure erforderlich.

Die Europäische Kommission sollte

- die einzelnen Instrumente des RP7 fortlaufend überwachen, damit sichergestellt ist, dass deren Potenzial zur Förderung der strategischen Zusammenarbeit mit wichtigen Drittländern ausgeschöpft wird,

- die wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit, auch auf dem Gebiet der IKT, auf der Ebene der regionalen Länderzusammenschlüsse (ASEAN, Afrikanische Union etc.) ausbauen, den politischen Dialog mit geeigneten regionalen Strukturen aufnehmen und gegebenenfalls bi-regionale Wissenschafts- und Technologieabkommen aushandeln,

- Drittländer auffordern, den Aufbau wissenschaftlich-technologischer Kapazitäten, unter Einbeziehung des Aspekts der Gleichstellung von Frauen und Männern, sowie den Einsatz der IKT in ihre nationalen bzw. regionalen Richtprogramme für EU-Außenhilfe und -Kooperationsprogramme aufzunehmen,

- auch in Zukunft Drittländern technische Unterstützung im Bereich der Maßnahmen für die Informationsgesellschaft leisten und dabei auf die Erfahrungen mit entsprechenden Hilfsprogrammen und geografisch ausgerichteten Projekten zurückgreifen (z. B. @LIS für Lateinamerika, EUMEDIS für den Raum Europa-Mittelmeer und “EU-Asia IT&C” für Asien .

2.2. Verbesserung der Rahmenbedingungen für die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit

- Bewältigung wissenschaftlicher Herausforderungen durch internationale Forschungsinfrastrukturen

Ein wichtiger Bereich der Wissenschaft, der von globaler Dimension und besonders für die internationale Zusammenarbeit geeignet ist, ist die gemeinsame Entwicklung und Nutzung von Forschungsinfrastrukturen. Viele wissenschaftliche und technologische Disziplinen erfordern beträchtliche Infrastrukturinvestitionen, wenn signifikante wissenschaftliche Fortschritte erreicht werden sollen.

Es gibt gute Beispiele für eine wirksame Zusammenarbeit von Mitgliedstaaten, EG, zwischenstaatlichen Forschungsorganisationen und Drittländern bei der Entwicklung von Forschungsinfrastrukturen (GEOSS, GEANT etc.). GEANT, ein Hochgeschwindigkeitskommunikationsnetz mit hoher Kapazität, das die nationalen europäischen Forschungs- und Bildungsnetze miteinander verbindet, war ursprünglich an Forschungsnetze in Industriestaaten (Nordamerika und Japan) angebunden. Heute verfügt GEANT über Verbindungen nach China, Indien, Lateinamerika, Südostasien, Nordafrika, in den Mittleren Osten und in die Balkanländer. Diese Erweiterung dient den in Forschung und Bildung Tätigen in den entsprechenden Regionen der Welt und hat in vielen Bereichen regionenübergreifende Kooperationsplattformen, auch unter Beteiligung Europas, ermöglicht. In den nächsten Jahren sollen diese Initiativen zeitlich, geografisch und inhaltlich noch ausgedehnt werden.

Notwendig ist jedoch ein stärker strukturiertes Konzept für eine gemeinsame Entwicklung internationaler Forschungsinfrastrukturen, u. a. auch von elektronischen Infrastrukturen. In Europa hat ESFRI[16] die ersten Schritte in diese Richtung getan, indem es einen europäischen „Fahrplan“ für neue Forschungsinfrastrukturen aufgestellt hat, die naturgemäß internationalen Charakter haben oder aber international werden können.

Auf internationaler Ebene werden weiter globale Forschungsinfrastrukturprojekte erörtert, bei denen die internationale Zusammenarbeit für die Umsetzung in verschiedenen Disziplinen und Forschungsbereichen notwendig ist (LIFEWATCH zur biologischen Vielfalt, das integrierte System zur CO2-Beobachtung (ICOS), das internationale Radioastronomieteleskop SKA (Square Kilometre Array) etc.).

Die EG unterstützt im IKT-Bereich gemeinsam mit den USA, Australien und Japan einen internationalen Forschungsplan für vertrauenswürdige Infrastrukturen, der auch Wissensaustausch und bewährte Forschungsverfahren beinhaltet, um die Systemfestigkeit derzeitiger und künftiger globaler Netze und Infrastrukturen zu erhöhen.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten

- die internationale Zusammenarbeit bei Großforschungsinfrastrukturen fördern, um gegebenenfalls die Kostenteilung zu erleichtern,

- neue Möglichkeiten zur Verringerung der digitalen Kluft in den Entwicklungsländern prüfen, einschließlich öffentlich-privater Partnerschaften,

- an der Ad-hoc-Gruppe hochrangiger Beamter teilnehmen (Vertreter der G8-Staaten und anderer Länder) und auf der Arbeit bestehender Gremien – wie des Global Science Forum der OECD – aufbauen, um den Dialog in diesem Bereich weiterzuführen,

- die Zusammenarbeit bei IKT-Infrastrukturen im Rahmen der internationalen Forschungsplanung im Zeitraum 2009-10 verstärken, u. a. auch die Bemühungen um eine Koordinierung der Forschungspolitik und anderer Politikbereiche,

- Fragen wie Sicherheit und Vertrauen im aktuellen und künftigen Dialog mit Drittländern und Regionen im Bereich der Informationsgesellschaft vorrangig zu behandeln.

- Mobilität der Forscher und globale Netze

Die Mobilität der Forscher ist ein zentraler Aspekt der internationalen wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit. Es gibt einen intensiven Wettbewerb um die besten Forscher. Vor diesem Hintergrund ist es äußerst wichtig, dass europäische Forscher, die in einem Drittland arbeiten, weiterhin Teil des EFR bleiben und damit sowohl in Europa als auch im Ausland als wertvolle Ressource zur Verfügung stehen. Ebenso müssen Forscher, die aus Schwellenländern oder Entwicklungsländern nach Europa kommen, die Möglichkeit erhalten, zur Entwicklung ihres Herkunftslandes beizutragen. Durch entsprechende Verbindungen – über Netze oder Rückkehrstipendien – wird der „Strom des Wissens“ Wirklichkeit. Ferner sollte die Möglichkeit der Einrichtung gemeinsamer (EU/Drittländer) physischer oder virtueller Forschungslabors gefördert werden.

Es gibt bereits Bemühungen[17], den in der EU arbeitenden Forschern eine ausgezeichnete Ausbildung, attraktive Karrieremöglichkeiten und eine barrierefreie Mobilität zu sichern. Das spezifische Programm „Menschen“ des RP7 bietet Forschern verschiedenste Möglichkeiten der Mobilität zwischen Europa und dem Rest der Welt. Die vollständige Umsetzung des Pakets zu „Wissenschaftlervisa“[18] durch alle Mitgliedstaaten wird Forschern aus Drittländern den Einstieg in Europa erleichtern. Es kann – und sollte – jedoch noch mehr getan werden.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten

- in enger Zusammenarbeit mit Drittländern den Aufbau von Netzen für europäische Forscher im Ausland und für Forscher aus Drittländern in Europa weiter vorantreiben.

Die Mitgliedstaaten sollten

- das Paket zu „Wissenschaftlervisa“ in nationales Recht umsetzen (einschließlich der EG-Empfehlung zu Kurzzeitvisa für Forscher) und reibungslose Verwaltungsverfahren für die Visumsgewährung sicherstellen,

- Finanzierungsmechanismen und/oder Wiedereingliederungsbeihilfen für europäische Forscher, die nach Europa zurückkehren, und Forscher aus Drittländern, die in ihr Herkunftsland zurückkehren, aufstocken.

Die Kommission sollte

die bestehenden EG-Instrumente für die internationale Mobilität, einschließlich der des spezifischen Programms „Menschen“ des RP7, optimieren.

- Offenere Forschungsprogramme

Bilaterale Wissenschafts- und Technologieabkommen der EG beruhen auf den Grundsätzen einer gleichberechtigten Partnerschaft, des gemeinsamen Eigentums, des beiderseitigen Nutzens, gemeinsamer Ziele und der Reziprozität. Diese Grundsätze kamen in der Vergangenheit nicht immer voll zum Tragen. Der gegenseitige Zugang zu Forschungsprogrammen und -mitteln sollte jedoch weiter angestrebt werden, um den beiderseitigen Nutzen einer internationalen wissenschaftlichen und technologischen Zusammenarbeit zu erhöhen.

Das RP7 steht Partnern aus Drittländern offen. Finanzielle Unterstützung wird normalerweise nur Teilnehmern aus Ländern gewährt, die Kooperationspartner sind[19]. Da ein offener Wettbewerb jedoch die Exzellenz in der Forschung fördert, könnte die Unterstützung für Kooperationsprojekte auf Forschungseinrichtungen und Forscher ausgedehnt werden, die aus industrialisierten Drittländern stammen, in denen für europäische Forscher ebenfalls Finanzmittel bereitgestellt werden.

Die Mitgliedstaaten entwickeln derzeit Finanzierungsmechanismen, die die internationale Zusammenarbeit erleichtern sollen. Einige Mitgliedstaaten öffnen diese Mechanismen bereits und ermöglichen die Finanzierung von im Ausland ausgeführten FuE-Arbeiten. Die Mitgliedstaaten sollten ihre Bemühungen um Forschungskooperationsmaßnahmen mit Drittländern in genau festgelegten Forschungsbereichen verstärken und sich mehr um eine allmähliche Öffnung ihrer nationalen Regelungen (auch in Bezug auf die Finanzierung) in bestimmten Bereichen für die Länder bemühen, die ihrerseits Zugangsmöglichkeiten gewähren wollen.

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten

- die Koordinierungsinstrumente des RP7 (ERA-NET etc.) verstärkt nutzen, um Anreize für die Zusammenlegung von Ressourcen der EG und der Mitgliedstaaten bei der Zusammenarbeit mit Drittländern zu bieten.

Die Mitgliedstaaten sollten

- auf eine allmähliche Öffnung der nationalen Forschungsprogramme für wichtige Drittländer in genau festgelegten Forschungsbereichen und auf der Basis der Gegenseitigkeit hinarbeiten sowie gemeinsame Initiativen und Programme mit Drittländern konzipieren und durchführen, wenn die Programme der Partnerländer auf Gegenseitigkeit beruhende Bedingungen enthalten bzw. in Zukunft enthalten können.

Die Kommission sollte

- den Grundsatz der Gegenseitigkeit im Rahmen der bilateralen Wissenschafts- und Technologieabkommen der EG mit Drittländern in Form des gegenseitigen Zugangs zu öffentlichen Forschungsprogrammen und Kooperationsmöglichkeiten umsetzen. Daher sollte sie in den Aufforderungen zur Einreichung von Vorschlägen des RP7 schrittweise die Möglichkeit der finanziellen Unterstützung von Wissenschaftlern aus industrialisierten Drittländern vorsehen, sofern in den Forschungsprogrammen der Partnerländer entsprechende Bedingungen enthalten sind.

- Geistiges Eigentum

Eine gute Regelung der Fragen des geistigen Eigentums ist eine wichtige Voraussetzung für eine erfolgreiche und dauerhafte internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit, die Vertrauen schafft und zum Austausch und zur Nutzung von Wissen bei der Forschungszusammenarbeit beiträgt.

Eine entsprechende Regelung muss sich auf gemeinsame Grundsätze und Verfahren stützen und Reziprozität, Gleichbehandlung und beiderseitigen Nutzen sicherstellen. Die EU und die Drittländer sollten angemessene Regeln zugrunde legen und die juristischen Personen der Partner gleich behandeln. Grundsätze und Verfahren für den Umgang mit geistigem Eigentum werden auch in Zukunft durch bilaterale Abkommen über wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit verbreitet, und ein angemessener Zugang der am wenigsten entwickelten Länder (LDC) zu Forschungsergebnissen wird erleichtert.

- Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten

- die in der Empfehlung und dem dazugehörigen Verhaltenskodex für den Umgang mit geistigem Eigentum[20] niedergelegten Grundsätze allgemein verbreiten, auch durch die bilateralen Wissenschafts- und Technologieabkommen der EG und die internationalen Kooperationsabkommen der Mitgliedstaaten. Sie sollen die Grundsätze weiterentwickeln, so dass faire Bedingungen zum Nutzen aller Parteien gewährleistet sind, wobei die Bedürfnisse der LDC zu berücksichtigen sind.

- Vornormenbereich

Im Bereich der IKT-Forschungszusammenarbeit wird der Frage unterschiedlicher Normen besondere Aufmerksamkeit gelten, da diese häufig ein Hemmnis für die Verbreitung von Technologien sind und auch Zusammenschaltung und Interoperabilität behindern.

Die Kommission sollte

- die Stärkung der Verbindung zwischen den Ergebnissen von Forschungsprogrammen und der Normung fördern, den Schwerpunkt verstärkt auf die internationale Industrieforschungszusammenarbeit im vorwettbewerblichen Bereich legen und der Zusammenarbeit im Vornormenbereich auf der Grundlage offener Normen größere Aufmerksamkeit schenken.

3. SCHAFFUNG EINER DAUERHAFTEN PARTNERSCHAFT

Wie in dieser Mitteilung dargelegt, müssen die EG und die Mitgliedstaaten ihre strategische wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit mit wichtigen Partnern weltweit ausbauen. Dies kann am ehesten im Rahmen einer starken Partnerschaft zwischen den Mitgliedstaaten und der EG geschehen. Derzeit existiert kein eigener institutioneller Rahmen für Aufbau und Organisation einer solchen Partnerschaft.

Daher ist es unerlässlich, dass

- die Mitgliedstaaten, der Rat und die Kommission sich auf den in dieser Mitteilung vorgeschlagenen europäischen Strategierahmen für die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit verpflichten, einschließlich der partnerschaftlich durchzuführenden Maßnahmen,

- der Rat den geeigneten institutionellen Rahmen vorgibt, der eine wirksame Umsetzung dieses Strategierahmens gewährleistet, wobei die Besonderheiten der Politik im Bereich der Informationsgesellschaft zu berücksichtigen sind,

- der Rat die Fortschritte bei einer weiteren internationalen Öffnung des EFR beaufsichtigt und überwacht und gegebenenfalls weitere Schritte in Erwägung zieht, um die wirksame Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen sicherzustellen,

- das Europäische Parlament einen kohärenten Rahmen für die internationale wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit unterstützt und weiterhin – in enger Zusammenarbeit mit der Kommission – die Diskussionen zu globalen Themen, insbesondere in Foren wie dem Internet Governance Forum, verfolgt.

[1] Die EU verfügt über einen Anteil von über 15 % am Welthandel in IKT-Gütern und -Dienstleistungen. Auf IKT-Güter entfällt auch ein beträchtlicher Anteil des Handels insgesamt zwischen der EU und ihren Wirtschaftspartnern, nämlich 10,2 % aller Exporte in Länder außerhalb der EU sowie 14,4 % aller Importe.

[2] Der Europäische Forschungsraum: Neue Perspektiven (KOM(2007) 161 vom 4.4.2007).

[3] In ihrer Mitteilung vom 27.4.2006 „Auf dem Weg zu einer globalen Partnerschaft in der Informationsgesellschaft“ forderte die Kommission die Industrie auf, Verhaltenskodizes im Zusammenhang mit dem Missbrauch von IKT zur Einschränkung der Meinungsfreiheit zu entwickeln. Diesem Aufruf wurde bisher nicht Folge geleistet.

[4] SEK(2008) 430 vom 2.4.2008.

[5] Zwischen dem 18. Juni und dem 1. Oktober 2007 fand eine öffentliche Konsultation über eine EU-Strategie für die internationale Zusammenarbeit im Bereich der IKT statt.

[6] In seiner Entschließung zur Informationsgesellschaft (2004/2204) fordert das Europäische Parlament „die Union und die Mitgliedstaaten auf, den WSIS als eine treibende Kraft der Zusammenarbeit sowohl in den herkömmlichen Bereichen geografischer oder geschichtlicher Nachbarschaftsbeziehungen (…) als auch im Hinblick auf neue Kooperationen mit Entwicklungsländern zu betrachten“. In seiner Entschließung zum Internet Governance Forum (B6-/2008) fordert das Parlament „die zuständigen EU-Organe auf, die Tunis-Agenda bei ihren legislativen Arbeiten (…) zu berücksichtigen“.

[7] EIROforum umfasst die Europäische Organisation für Kernforschung, das European Fusion Development Agreement, das Europäische Laboratorium für Molekularbiologie, die Europäische Weltraumorganisation, die Europäische Organisation für astronomische Forschung in der südlichen Hemisphäre, die Europäische Synchroton-Strahlungsanlage, das Institut Laue-Langevin .

[8] KOM (2006) 724 endg. vom 4.12.2006, Dokument des Rates der Europäischen Union 10657/07 vom 18.6.2007.

[9] CREST-Bericht 1207/07 vom 13.12.2007.

[10] SEK (2008) 434, Dokument des Rates der EU 9907/08 vom 27.5.2008.

[11] ec.europa.eu/development/eu-africa-summit-2007.

[12] Diese sind: das Instrument für Heranführungshilfe (IPA), den Europäischen Entwicklungsfonds (EEF), das Instrument für Entwicklungszusammenarbeit (DCI) und das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI).

[13] www.ec.europa.eu/research/inco.

[14] KOM(2008) 468 endg. vom 15.7.2008.

[15] KOM(2005) 229 endg. vom 1.6.2005.

[16] Europäisches Strategieforum für Forschungsinfrastrukturen, http://cordis.europa.eu/esfri/home.html.

[17] KOM 317 endg. vom 23.5.2008.

[18] Richtlinie des Rates 2005/71/EG, ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 15; Empfehlung des Europäischen Parlaments und des Rates 2005/761/EG vom 28. September 2005 , ABl. L 289 vom 3.11.2005, S. 23.

[19] Verordnung (EG) Nr. 1906/2006 vom 18.12.2006.

[20] K(2008)1329 vom 10.4.2008.