52008DC0066

Bericht der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Lärmbedingte Betriebsbeschränkungen an EU-Flughäfen - (Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2002/30/EG) /* KOM/2008/0066 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 15.2.2008

KOM(2008)66 endgültig

BERICHT DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

Lärmbedingte Betriebsbeschränkungen an EU-Flughäfen (Bericht über die Anwendung der Richtlinie 2002/30/EG)

1. EINLEITUNG

Der Fluglärm ist seit dem starken Aufkommen von Düsenflugzeugen in den 1960er und 1970er Jahren zum Problem für Flughafenanrainer geworden. Dies hat Regierungen und die Luftfahrtbranche dazu veranlasst, ständig Verminderungen der Lärmemission einzelner Luftfahrzeuge anzustreben, insbesondere durch weltweite Vereinbarungen (im ICAO-Rahmen) über die Einführung immer strengerer Lärmnormen – ein Prozess, der zur Festlegung von Lärmnormen (sogenannte „Normen nach Kapitel 2, 3 bzw. 4“) für Luftfahrzeuge geführt hat. Infolgedessen sind Passagierstrahlflugzeuge heute erheblich leiser als früher.

Auf der Grundlage der in der ICAO erzielten Einigung über das Betriebsverbot für die älteren und lauteren Strahlflugzeuge nach Kapitel 2 trat in der EU ab April 2002 ein vollkommenes Verbot von Flugzeugen des Kapitels 2 in Kraft.

Der ICAO-Rat verabschiedete im Juni 2001 eine neue Zertifizierungsnorm (Kapitel 4 in Anhang 16 Band 1 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt) mit Lärmnormen für neue Flugzeuge, die ab dem 1. Januar 2006 in Dienst gestellt wurden, es wurde jedoch kein Zeitplan für die Außerdienststellung von Kapitel-3-Flugzeugen festgelegt.

Wegen des fehlenden Zeitplans kommt es zu zusätzlichem Druck, Betriebsbeschränkungen zur Lärmminderung an Flughäfen einzuführen. Zwar sind die Lärmnormen für die einzelnen Luftfahrzeuge strenger geworden, doch bedeuten das zunehmende Verkehrsvolumen und ein regelmäßigerer Verkehr auf immer mehr Flughäfen weiterhin Beeinträchtigungen für Flughafenanwohner. Deshalb werden zusätzliche Betriebsbeschränkungen an bestimmten Flughäfen gefordert, um die Lärmbelastung zu den sensibelsten Zeiten (abends, nachts und an Wochenenden) zu begrenzen oder die Nutzung älterer, lauterer Flugzeuge einzuschränken, die die Anforderungen von Kapitel 3 nur knapp erfüllen.

Am 26. März 2002 hat die Gemeinschaft die Richtlinie 2002/30/EG über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft[1] angenommen. Die Richtlinie erlaubt es den Mitgliedstaaten, an einzelnen Flughäfen neue Betriebsbeschränkungen einzuführen, besonders für Flugzeuge, die die Anforderungen von Kapitel 3 nur knapp erfüllen, sofern sie dabei im Einklang mit dem sogenannten „ausgewogenen Ansatz“ der ICAO-Entschließungen A33-7 und A35-5 vorgehen. In demselben Jahr nahm die EU die Richtlinie 2002/49/EG[2] an, in der die Erstellung strategischer Lärmkarten und die Verabschiedung von Maßnahmenplänen für größere Verkehrsflughäfen[3] sowie für Ballungsräume mit mehr als 100 000 Einwohnern vorgeschrieben werden, um die schädlichen Auswirkungen (einschließlich Belästigungen) durch Fluglärm zu verhindern, zu vermeiden und zu verringern. Die Kommission wird dem Europäischen Parlament und dem Rat 2009 einen eigenständigen Bericht über die Umsetzung dieser Richtlinie vorlegen. 2006 nahm die EU eine neue Strategie für nachhaltige Entwicklung[4] an, die auf eine „Verringerung des verkehrsbedingten Lärms sowohl an der Quelle als auch durch nachträgliche Eindämmungsmaßnahmen [abzielt], damit die gesundheitlichen Auswirkungen der Gesamtexposition minimiert werden“ .

Artikel 14 der Richtlinie 2002/30/EG verpflichtet die Kommission, dem Europäischen Parlament und dem Rat spätestens fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der Richtlinie einen Bericht über ihre Anwendung vorzulegen. Die Richtlinie legt ebenfalls fest, dass dem Bericht erforderlichenfalls Vorschläge für eine Überarbeitung der Richtlinie beizufügen sind. Der Bericht soll im Wesentlichen darlegen, inwieweit die Ziele der Richtlinie erreicht wurden und die Anwendung der Richtlinie dazu beigetragen hat. Er umfasst daher eine Bewertung der Wirksamkeit der Richtlinie, bei der insbesondere geprüft wird, ob die Notwendigkeit besteht, die geltende Definition für „knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge“ in Artikel 2 Buchstabe d (d. h. Erfüllung der Zulassungshöchstwerte von Kapitel 3 mit einer kumulativen Marge von nicht mehr als 5 EPNdB[5] – sogenannte „Minus-5-Luftfahrzeuge“) durch eine strengere Regelung zu ersetzen.

Um diese Erörterung in einen größeren Zusammenhang zu stellen, werden in diesem Bericht Veränderungen im Lärmklima der Gemeinschaft seit 2002 bewertet und es wird ausgeführt, inwieweit der Regelungsrahmen der Richtlinie zu diesen Veränderungen beigetragen hat. Diese quantitativen und qualitativen Aussagen haben eine detaillierte Bestandsaufnahme der im Rahmen der Richtlinie an Flughäfen bereits getroffenen oder geplanten Maßnahmen erfordert.

2. DER AUSGEWOGENE ANSATZ

Die Richtlinie schreibt den Mitgliedstaaten einen „ausgewogenen Ansatz bei der Lösung von Lärmproblemen auf Flughäfen ihres Gebiets“ vor (Artikel 4 Absatz 1). Ein „ausgewogener Ansatz“[6] ist ein Ansatz, innerhalb dessen die Mitgliedstaaten die möglichen Maßnahmen zur Lösung des Lärmproblems auf einem Flughafen auf ihrem Gebiet prüfen, insbesondere die absehbare Auswirkung einer Reduzierung des Fluglärms an der Quelle, der Flächennutzungsplanung und –verwaltung, der lärmmindernden Betriebsverfahren und Betriebsbeschränkungen (Artikel 2 Buchstabe g).

Die Richtlinie soll zum Teil festlegen, unter welchen Umständen die Mitgliedstaaten Beschränkungen für knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge im Einklang mit den ICAO-Leitlinien einführen dürfen, und gleichzeitig zu dem allgemeinen Ziel beitragen, eine Erhöhung der Lärmbelastung zu verhindern und die Zahl der Menschen, die von den schädlichen Auswirkungen des Fluglärms merklich betroffen sind, zu begrenzen oder zu verringern.

Das Recht der einzelnen Flughäfen, den Betrieb von knapp die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllenden Luftfahrzeugen im Rahmen des ausgewogenen Ansatzes zu beschränken, wurde auf internationaler Ebene als Reaktion auf die Beschwerden einiger ICAO-Mitglieder über die Verordnung (EG) Nr. 925/1999[7] (sogenannte „Hushkit-Verordnung“) akzeptiert. Durch diese Verordnung wurden „neu bescheinigte Luftfahrzeuge“, definiert als Luftfahrzeuge, die die Vorschriften des Kapitels 3 nur durch die lärmmindernde Nachrüstung mit sogenannten Hushkits erfüllen, in der Gemeinschaft untersagt. Die Verordnung wurde aufgehoben, als die Richtlinie in Kraft trat, weil die Richtlinie es den Mitgliedstaaten ermöglichte, nur knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge an einzelnen Flughäfen zu untersagen.

3. AUSLEGUNG DER RICHTLINIE

Aus den Äußerungen von 52 Flughäfen[8] ergibt sich eindeutig, dass nicht alle Flughäfen die Bestimmungen der Richtlinie in gleicher Weise auslegen.

Die den Flughäfen obliegenden Verpflichtungen scheinen recht klar zu sein: Falls die Behörden nach dem 28. März 2002 neue Betriebsbeschränkungen für zivile Unterschall-Strahlflugzeuge einzuführen beabsichtigen, verpflichtet sie die Richtlinie, dabei den ausgewogenen Ansatz anzuwenden und die Beschränkungen auf das notwendige Maß zu begrenzen. Außerdem müssen Mitgliedstaaten, die Beschränkungen einführen, bestimmte Verfahren für die Einführung, Bewertung und Umsetzung befolgen. Im Laufe dieses Prozesses müssen die geplanten Auswirkungen der Beschränkungen beziffert werden.

Hinsichtlich der von der Richtlinie erlaubten oder untersagten Maßnahmen scheinen in zwei Bereichen Zweifel zu herrschen:

(1) Einige Flughäfen halten es für schwer anzugeben, was durch die Richtlinie an sich erreicht wurde, da vieles, das nach der Richtlinie erlaubt ist, ohnehin bereits nach einzelstaatlichem Recht erlaubt war, und viele Beschränkungen von den Mitgliedstaaten vor 2002 eingeführt worden sind.

(2) Andere Flughäfen sind der Auffassung, dass die Richtlinie keine bestimmte Form von Beschränkungen ausdrücklich untersagt.

4. AUSWIRKUNGEN DER RICHTLINIE

Die Mehrzahl der Flughafenbetreiber gab an, dass die Richtlinie die Lärmbekämpfung an ihrem Flughafen nicht unmittelbar beeinflusst hat. Nach Aussage einiger Flughäfen war das von der Richtlinie Erlaubte bereits nach einzelstaatlichem Recht möglich. Dies gilt besonders für die deutschen und britischen Flughäfen. Ein deutscher Flughafen wies auch darauf hin, dass die Richtlinie zwar Beschränkungen für nur knapp die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllende Luftfahrzeuge erlaubt, einige bilaterale Luftverkehrsabkommen die Einführung solcher Maßnahmen aber ausschließen.

Mehrere Flughäfen äußerten, dass die Richtlinie die Verfahren zur Lärmbekämpfung an Flughäfen aufgrund der Anforderungen des Anhangs 2 der Richtlinie schwerfälliger machten. Der Anhang schreibt eine Konsultation und eine Bewertung der Kosten und des Nutzens alternativer Methoden zur Lärmminderung an Flughäfen vor.

Zwei Flughäfen befürchteten, dass Luftfahrtunternehmen nach Einführung von Maßnahmen mit der Begründung vor Gericht ziehen könnten, dass die Anforderungen von Anhang 2 nicht vollständig erfüllt worden seien.

Laut einigen Flughäfen hat die Richtlinie zwar keinen unmittelbaren Einfluss auf die Lärmbekämpfung gehabt, jedoch aus einer Reihe von Gründen einen mittelbaren Beitrag geleistet:

- Die Richtlinie dient als nützliche Checkliste, die alle potenziell verfügbaren Maßnahmen aufführt.

- Der Schwerpunkt der Richtlinie auf Maßnahmen einzelner Flughäfen hat die Einführung von Beschränkungen erleichtert.

- Die Richtlinie hat dazu beigetragen, ein Vertrauensklima zwischen den Beteiligten zu schaffen.

- Die Richtlinie hat zu einer Angleichung der Wettbewerbsbedingungen geführt.

- Die Richtlinie hat das Bewusstsein für mögliche Maßnahmen und vorbildliche Praktiken unter mittelgroßen und kleinen Flughäfen geschärft (die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen).

Eines der Ziele der Richtlinie war, die Lärmbekämpfung an Flughäfen mit besonderen Lärmproblemen zu ermöglichen. Inwieweit Flughäfen solche Probleme hatten, mag zum Teil davon abhängig gewesen sein, welche Maßnahmen nach einzelstaatlichem Recht bereits erlaubt waren. Länder mit einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, die es den Flughäfen ermöglichten, Lärm zu bekämpfen, werden geringeren Gebrauch von der Richtlinie gemacht haben als Länder, in denen es keinen solchen Rahmen gab. An Flughäfen, bei denen die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften wirkungslos waren, kann die Richtlinie demgegenüber zur Lärmbekämpfung beigetragen haben.

5. EINGEFÜHRTE BESCHRÄNKUNGEN

Beschrieben werden Beschränkungen für nur knapp die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllende Luftfahrzeuge, die gemäß der Richtlinie definiert sind als Luftfahrzeuge mit einer kumulativen Marge von nicht mehr als 5 dB(A) und im folgenden als „Minus-5-Luftfahrzeuge“ bezeichnet werden, sowie Beschränkungen für Luftfahrzeuge mit einer kumulativen Marge von 8 dB(A) oder mehr, Nachtflugbeschränkungen und die Nutzung von Lärmbudgets, einschließlich der Auswirkungen, die diese verschiedenen Beschränkungen auf den Verkehr haben können. Die verschiedenen eingeführten Maßnahmen können sich allerdings zu einem Teil überlappen, da eine eindeutige Trennung nicht immer möglich ist.

5.1. EINGEFÜHRTE BESCHRÄNKUNGEN: „MINUS 5“

Betriebsverbote für „Minus-5-Luftfahrzeuge“ wurden nur von zwei Flughäfen eingeführt.

Nur vier Flughäfen gaben an, partielle Beschränkungen[9] für den Betrieb von „Minus-5-Luftfahrzeugen“ gemäß der Richtlinie eingeführt zu haben, und beschrieben diese. Dabei handelt es sich

- um drei Flughäfen, die Nachtflugverbote für „Minus-5-Luftfahrzeuge“ eingeführt haben und

- um einen Flughafen, der den Einsatz von „Minus-5-Luftfahrzeugen“ auf neuen Strecken untersagt hat (eine Vorschrift, die den zusätzlichen Betrieb bestimmter Luftfahrzeuge unterbindet, möglicherweise als Vorläufer eines Betriebsverbots).

Von den Flughäfen, die keine solchen Verbote oder Beschränkungen eingeführt hatten, gingen mehr als zehn jedoch definitiv von einer künftigen Einführung aus oder hatten die Einführung erwogen bzw. waren dabei, sie zu erwägen, oder sie gaben an, dass sie dies unter bestimmten Umständen tun könnten. Außerdem gibt es zwei Sonderfälle (zwei Stadtflughäfen).

Von den Flughäfen, die definitiv von der Einführung solcher Maßnahmen ausgehen, erwartet ein Flughafen ein „baldiges“ vollständiges Verbot von „Minus-5-Luftfahrzeugen“ als Ersatz eines der Richtlinie vorausgegangenen Hushkits-Verbots[10], und ein (EEA-)Flughafen wendet der Richtlinie vorausgegangene einzelstaatliche Rechtsvorschriften an, um den Betrieb von „Minus-5-Luftfahrzeugen“ ab 2008 nachts zu verbieten.

- Ein Flughafen hat ein Verbot von „Minus-5-Luftfahrzeugen“ erwogen, dies aber nicht weiter verfolgt, nachdem ein großer Betreiber eines knapp die Vorschriften erfüllenden Luftfahrzeugmusters die Flugzeuge umgerüstet hatte und das Verbot somit gegenstandslos wurde.

- Drei Flughäfen erwägen derzeit Beschränkungen für „Minus-5-Luftfahrzeuge“ im Rahmen ihrer Lärmbekämpfungspläne.

- Zwei Flughäfen gaben an, eventuell „Minus-5-Luftfahrzeuge“ beschränken zu müssen, falls Einschränkungen ihrer Tätigkeit als Preis für einen geplanten Start- und Landebahnausbau von den Umlandgemeinden auferlegt würden.

- Zwei Flughäfen erklärten, „eventuell“ Beschränkungen für „Minus-5-Luftfahrzeuge“ aufzuerlegen, ohne Bedingungen anzugeben.

- Zwei Stadtflughäfen lassen Luftfahrzeuge auf der Grundlage örtlich gemessener Lärmpegel zu, die lokalen stadtplanerischen Anforderungen für die Beschränkung des Flughafenbetriebs entsprechen, wobei die absoluten (statt der bescheinigten) Lärmpegel maßgebend sind. Dies ist ein Beispiel für Fragen der Vereinbarkeit der Richtlinie mit dem Planungsrecht einiger Mitgliedstaaten.

Im Fall der folgenden Flughäfen haben die Mitgliedstaaten mitgeteilt, dass sie die Bestimmungen der Richtlinie umsetzen:

„Minus-5-Luftfahrzeuge“ dürfen in Paris nachts nicht betrieben werden und ab 2008 auch tagsüber nicht verkehren. Dies ist Bestandteil einer Politik zur Begrenzung der Gesamtlärmbelastung auf das im Zeitraum 1999–2001 herrschende Niveau.

Auf den Londoner Flughäfen wurde eine neue Nachtflugregelung für den Zeitraum 2006–2012 eingeführt.

In Madrid-Barajas wurden neue Beschränkungen nach dem Sommer 2006 erlassen, die den schrittweisen Abzug von „Minus-5-Luftfahrzeugen“ zwischen 2007 und 2012 sowie Nachtflugbeschränkungen vorsehen.

Die restlichen Flughäfen gaben an, dass keine Beschränkungen für knapp die Vorschriften erfüllende „Minus-5-Luftfahrzeuge“ im Zusammenhang mit der Richtlinie auferlegt wurden (oder vorgesehen sind).

Ein Flughafen gab an, dass größere Klarheit herrschte, wenn zwischen den Flughäfen stärker hamoniserte wäre, wie sie „knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge“ definieren.

5.2 EINGEFÜHRTE BESCHRÄNKUNGEN: „MINUS 8“ UND DARÜBER HINAUS

Auf einigen wenigen Flughäfen gelten Beschränkungen oder wird die Einführung von Beschränkungen erwogen, die über die Schwelle von minus 5 dB(A) hinausgehen. Nur ein Flughafen hat bereits Beschränkungen für „Minus-8-Luftfahrzeuge“ als solche eingeführt, drei weitere planen, den Abzug dieser Luftfahrzeuge vorzuschreiben.

- Ein Flughafen praktiziert seit 2003 ein Nachtflugverbot für „Minus-8-Luftfahrzeuge“.

- Ein Stadtflughafen beabsichtigt erklärtermaßen, ab spätestens 2010 ausschließlich „Kapitel 4“ einzuhalten.

- Ein weiterer Stadtflughafen gab an, dass etwaige Nachtflugverbote künftig auf „Kapitel 4“ beruhen würden.

- Ein Flughafen beabsichtigt erklärtermaßen, „Minus-8-Luftfahrzeuge“ spätestens ab 2008 zu verbieten, falls sie durch natürliche Umrüstung oder freiwillige kooperative Maßnahmen nicht bereits früher entfallen.

5.3. EINGEFÜHRTE BESCHRÄNKUNGEN: NACHTFLUGBESCHRÄNKUNGEN

Partielle lärmbedingte Betriebsbeschränkungen[11] zielen nicht notwendigerweise auf ein bestimmtes Niveau der Einhaltung von Kapitel 3. Nichtsdestoweniger werden solche Maßnahmen auch von der Richtlinie erfasst, insofern eine förmliche Bewertung vor ihrer Einführung erforderlich ist.

Vier der befragten Flughäfen (drei davon Stadtflughäfen[12]) sind nachts geschlossen. Von einem nicht an der Befragung beteiligten Flughafen ist bekannt, dass dort zeitliche Betriebsbeschränkungen bestehen. Außerdem ist eine Reihe von Flughäfen während eines Teils der Nachtstunden geschlossen. Sieben Flughäfen haben den Betrieb knapp die Vorschriften erfüllender Kapitel-3-Luftfahrzeuge während der Nacht untersagt, wovon einer effektiv „Minus-8-Luftfahrzeuge“ nach Kapitel 3 untersagt hat. Außerdem lassen mehrere deutsche Flughäfen nur Luftfahrzeuge von der Bonusliste zu[13]. Recht viele Flughäfen praktizieren ein Quotensystem für nächtlichen Fluglärm. Einige Flughäfen haben Obergrenzen für nächtliche Flugbewegungen statt eines Quotensystems festgesetzt. Rund zwanzig Flughäfen haben angegeben, dass sie keine besonderen Nachtflugbeschränkungen anwenden, abgesehen von der möglichen Schließung einer bestimmten Start- und Landebahn.

5.4. FLUGLÄRMBUDGETS

Neben Beschränkungen für knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge oder die (teilweise) Schließung in den Nachtstunden kann auch die Verwendung von Lärmbudgets als Beschränkung angesehen werden.

Anders als Nachtflugbeschränkungen und Beschränkungen für knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge beschränken Lärmbudgets den Betrieb eines bestimmten Luftfahrzeugs nicht unmittelbar, sondern begrenzen den Zugang für die Flotte als Ganzes. Lärmbudgets schränken die Gesamtlärmbelastung während eines bestimmten Zeitraums ein, wobei dieser saisonbezogen oder ganzjährig gelten kann. Als solche stellt diese Maßnahme eher eine Betriebsbeschränkung für den Flughafen als für die Luftfahrtunternehmen dar.

Andererseits begrenzen Lärmbudgets den Zugang ziviler Unterschall-Strahlflugzeuge zu einem Flughafen. Obschon die Richtlinie auch Lärmbudgets abdeckt, ist dies nicht allen Beteiligten bewusst.

Die Verwendung von Lärmbudgets wird auf vielen Flughäfen den Betriebsbeschränkungen für bestimmte Luftfahrzeuge vorgezogen. Besonders im Vereinigten Königreich sind Lärmbudgets für viele Flughäfen in Kraft.

6. AUSWIRKUNGEN DER BETRIEBSBESCHRÄNKUNGEN

Einige Flughäfen haben sich zu den Auswirkungen der eingeführten Betriebsbeschränkungen geäußert.

Bezüglich eines möglichen Betreiberumzugs merkte ein Flughafen an, dass ein Umzug von Luftfahrtunternehmen wegen seiner strategisch günstigen Lage, verbunden mit einem hohen Anteil des Punkt-zu-Punkt-Verkehrs, nicht zu befürchten sei. Demgegenüber gab ein anderer Flughafen an, dass er ein Verbot knapp die Vorschriften des Kapitels 3 erfüllender Luftfahrzeuge nur dann in Betracht zöge, wenn dies vorgeschrieben wäre und auf alle EU-Flughäfen Anwendung fände.

In den meisten Fällen gaben die Flughäfen an, dass nach ihrer Ansicht die Luftfahrtunternehmen reagiert hätten, indem sie leisere Luftfahrzeuge einsetzten und bei partiellen Betriebsbeschränkungen die Flugpläne tagsüber und nachts entsprechend angepasst hätten.

Nur ein Flughafen erklärte, dass die eingeführten Beschränkungen zu einer Verringerung der angebotenen Flugdienste und Frequenzen geführt hätten.

Damit im Zusammenhang steht, dass auferlegte Beschränkungen nicht immer in der Praxis auch tatsächlichen Beschränkungen entsprechen. An einem Flughafen waren die Beschränkungen für knapp die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllende Luftfahrzeuge vorbeugend eingeführt worden, um den Anwohnern gegenüber zu belegen, dass man die Lärmbekämpfung ernst nimmt, und um mögliche Betreiber solcher Luftfahrzeuge abzuschrecken. An einem anderen Flughafen liegt die tatsächliche Lärmbelastung unter dem Wert, der der Hälfte der Lärmquoten entspricht. Andererseits gibt es auch Flughäfen, die ihre Umweltgrenzwerte lockern, sobald sich diese beschränkend auswirken.

7. LUFTFAHRZEUGBETREIBER

Die Luftfahrzeugbetreiber sehen die Richtlinie als Schutz gegen die Nutzung von Betriebsbeschränkungen als allererste Abhilfemaßnahme sowie als Garantie für angemessene Fristen bei deren Einführung und eine ordnungsgemäße Bewertung der Kosten und des Nutzens solcher Beschränkungen.

Bestimmten Betreibern erscheinen die marginalen Beschränkungen der Richtlinie für sie selbst als so gut wie irrelevant, da die wirtschaftlichen Zwänge ihrer Geschäftstätigkeit sie im Rahmen der „natürlichen“ Erneuerung ihrer Flotte bereits zu einer Flottenzusammensetzung geführt haben, die beinahe ausschließlich Luftfahrzeuge umfasst, die die Vorschriften von Kapitel 4 einhalten. Andere Sektoren der Branche würden einen größtmöglichen Schutz vor Beschränkungen in der Richtlinie vorziehen, wobei der „natürlichen“ Erneuerung der Flotte Lauf gelassen werden sollte.

Die Expressdienstbranche betonte gegenüber den Dienststellen der Kommission, dass sie eine Überarbeitung der Richtlinie begrüßen würde, um einige Schwierigkeiten hinsichtlich Definitionen und Auslegung zu überwinden und den Schutz, den ihnen die Richtlinie ihrer Meinung nach bieten sollte, zu erweitern und zu verdeutlichen. Nach ihrer Auffassung sollten Beschränkungen – einschließlich partieller Beschränkungen – für Kapitel-4-Luftfahrzeuge ausdrücklich untersagt sein (vgl. Artikel 6 Absatz 2 für Stadtflughäfen), da nach ihrer Ansicht beispielsweise Betriebsbeschränkungen und Strafmaßnahmen auf der Grundlage von Lärmpegeln den nächtlichen Betrieb von Luftfahrzeugen, die Kapitel 4 einhalten, effektiv unterbinden oder begrenzen könnten. Sie halten Betriebsbeschränkungen (wie die Festsetzung überwachter Lärmgrenzwerte und vorzugsweise zu benutzender Start- und Landebahnen) für eine potenzielle „Grauzone“, die der Klärung bedarf, um eine mögliche Umgehung der Anforderung von Artikel 4 Absatz 4 zu vermeiden, wonach Beschränkungen auf dem bescheinigten Lärmpegel basieren müssen, und um de facto diskriminierende Beschränkungen zu verbieten, auch wenn diese nicht auf Diskriminierung ausgelegt sind.

8. GEMEINDEN UND REGIONALE BEHÖRDEN

Im Zusammenhang mit dem Verfahren zur Bewertung der Richtlinie haben Gemeinden und regionale Behörden wie auch eine Reihe von Vereinigungen Empfehlungen vorgelegt[14]. Im Allgemeinen decken diese Empfehlungen einen breiteren Bereich ab als die von der Richtlinie vorgesehenen Betriebsbeschränkungen.

Hinsichtlich der betrieblichen Organisation von Flughäfen und Nachtflügen haben sie im Wesentlichen folgendes empfohlen:

- Bei der Festlegung von Flugwegen sollte der Bevölkerungsdichte größeres Augenmerk gewidmet werden, und es sollten weitestgehend neue lärmarme Betriebsverfahren wie Anflüge mit stetiger Sinkrate (continous descent approach) genutzt werden.

- Lärmstandards der Weltgesundheitsorganisation (WHO)[15] sollten besser berücksichtigt werden.

- Für die am stärksten Betroffenen sollten Grundsätze für einen finanziellen Ausgleich eingeführt werden.

- Den Wünschen und Erwartungen örtlicher Interessengruppen sollte auf dem Wege einer besseren Information, öffentlichen Beteiligung und Vermittlung Rechnung getragen werden.

Sie kommen zu dem Schluss, dass sich die durch nächtlichen Fluglärm verursachten Probleme zwar von einem europäischen Flughafen zum anderen unterscheiden können, aber gezielte Sperrstunden und Betriebsbeschränkungen im Mittelpunkt nationaler und EU-weiter politischer Maßnahmen stehen müssen, um eine Störung des Schlafs der Bevölkerung in An- und Abflugschneisen zu verhindern.

Es wird auch darauf hingewiesen, wie wichtig es ist, eine Verschlechterung der städtischen Lebensbedingungen zu vermeiden, die zuweilen lokal aus einem Flughafenausbau resultiert. Angeraten wird, die wirtschaftliche Entwicklung der städtischen Randgebiete nicht von der sozialen Entwicklung dieser Gebiete zu entkoppeln. Dies geht über die Betrachtung positiver wirtschaftlicher Effekte als Ausgleich für eine Lärm- und Luftbelastung hinaus: Es müssen Wege gefunden werden, eine Verarmung zu vermeiden, die sich manchmal lokal durch den Flughafenausbau ergibt.

9. KNAPP DIE VORSCHRIFTEN ERFÜLLENDE LUFTFAHRZEUGE IN DEN FLOTTEN

Die Gesamtzahl der nur knapp die Vorschriften erfüllenden Flugzeuge, die Flughäfen der Gemeinschaft nutzen, ist verhältnismäßig gering.

Außerdem dürften nur wenige knapp die Vorschriften erfüllende Kurzstreckenflugzeuge aus Übersee europäische Flughäfen nutzen (sie können aber aus der Gemeinschaft oder europäischen Nachbarländern kommen). Einige Luftfahrtunternehmen nutzen zudem in Drittländern eingetragene Luftfahrzeuge für ihren Flugbetrieb in Europa.

Um das Phänomen jedoch in den rechten Zusammenhang zu rücken, ist ein Blick auf die Anteile generischer Flugzeugmuster hilfreich, die als knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge eingestuft werden können. Das Ergebnis dieser Auswertung ist in Tabelle 1 wiedergegeben.

Tabelle 1: Strahlflugzeuge nach Kapitel 3 in den Flotten

Ermittelte Strahlflugzeuge nach Kapitel 3 | Gesamte Strahlflug-zeugflotte (alle Muster) |

Marge: | -0 bis -5 | -5 bis -8 | -8 bis -10 | -0 bis -10 nicht genauer zuorden-bar | Summe Kapitel 3 | * Nicht ermittelte Flugzeuge |

EG, EWR und Schweiz | 49 | 151 | 245 | 107 | 552 | 72 | 4.676 |

1,0% | 3,2% | 5,2% | 2,3% | 11,8% | 1,5% | 100,0% |

Europa | 376 | 219 | 312 | 135 | 1042 | 498 | 6.143 |

6,1% | 3,6% | 5,1% | 2,2% | 17,0% | 8,1% | 100,0% |

Welt | 1201 | 671 | 1460 | 806 | 4138 | 1132 | 21.345 |

5,6% | 3,1% | 6,8% | 3,8% | 19,4% | 5,3% | 100,0% |

* Nicht ermittelte Flugzeuge der Muster, auf die eine maßgebliche Anzahl von Kapitel-3-Luftfahrzeugen entfällt. |

Quelle: Auswertung von JP Airline Fleets und Datenbanken der DGAC und EASA durch das Beratungsunternehmen. |

Im Allgemeinen zeigt die Auswertung, dass die Zahl der Flugzeuge, die die Vorschriften von Kapitel 4 nicht einhalten, nur einen verhältnismäßig kleinen Teil der gesamten Flotte ausmacht, die auf EU-Flughäfen eingesetzt wird.

Diese Zahlen belegen, dass selbst ein Verbot des Betriebs aller Luftfahrzeuge mit einer kumulativen Marge nach Kapitel 3 von weniger als 10 dB nur einen verhältnismäßig kleinen Teil aller Starts und Landungen beträfe.

10. SCHÄTZUNGEN DER BEVÖLKERUNGSEXPOSITION

In Tabelle 2 sind für die Jahre 2010 und 2015 drei mögliche Modellszenarios für die Außerdienststellung von Luftfahrzeugen, die die Vorschriften nur knapp erfüllen, dargelegt, ebenso das Basisszenario für diese beiden Jahre, was sich wie folgt darstellt:

- Basisszenario – Keine Änderung der Richtlinie und der Art ihrer Auslegung und Anwendung durch Flughäfen, keine Änderungen bei der Flottenzusammensetzung;

- Szenario 1 – Außerdienststellung von Luftfahrzeugen der Gruppe 1 – tatsächliche Außerdienststellung von Luftfahrzeugen, die knapp die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllen, auf Flughäfen der Gemeinschaft gemäß Definition der Richtlinie, d. h. von Luftfahrzeugen, die die Bescheinigungsgrenzwerte von Kapitel 3 mit einer kumulativen Marge von nicht mehr als 5 dB(A) erfüllen;

- Szenario 2 – Außerdienststellung von Luftfahrzeugen der Gruppen 1 und 2 – tatsächliche Außerdienststellung von Luftfahrzeugen, die die Grenzwerte von Kapitel 3 mit einer kumulativen Marge von nicht mehr als 8 dB(A) erfüllen.

- Szenario 3 –- Außerdienststellung von Luftfahrzeugen der Gruppen 2 und 3 – tatsächliche Außerdienststellung von Luftfahrzeugen, die die Grenzwerte von Kapitel 3 mit einer kumulativen Marge von nicht mehr als 10 dB(A) erfüllen, so dass nur der Betrieb von Luftfahrzeugen nach Kapitel 4 erlaubt ist.

Tabelle 1: Schätzungen der Gesamtbevölkerungsexposition an Flughäfen der Gemeinschaft

Gesamte Bevölkerung innerhalb Lden[16] 55dB (Mio.) | Gesamte Bevölkerung innerhalb Lnight[17] 45dB (Mio.) | Bemerkungen |

2002 | 2,2 | 2,7 |

2006 | 2,2 | 3,0 | Von 2002 bis 2006 nimmt die Bevölkerung innerhalb Lden 55dB um weniger als 01, Mio. zu |

2010 Basis-Szenario | 2,4 | 3,2 | Von 2006 bis 2010 nimmt die Bevölkerung innerhalb Lden 55dB um 10 % zu |

2010 Szenario 1 | 2,3 | 3,1 | Lden: 4 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario Lnight: 2 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario |

2010 Szenario 2 | 2,3 | 3,1 | Lden: 5 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario Lnight: 3 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario |

2010 Szenario 3 | 2,3 | 3,1 | Lden: 6 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario Lnight: 4 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario |

2015 Basis-Szenario | 2,7 | 3,2 | Von 2010 bis 2015 nimmt die Bevölkerung innerhalb Lden 55dB um 9 % zu |

2015 Szenario 1 | 2,6 | 3,2 | Lden: 4 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario Lnight: 2 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario |

2015 Szenario 2 | 2,6 | 3,2 | Lden: 4 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario Lnight: 2 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario |

2015 Szenario 3 | 2,5 | 3,1 | Lden: 5 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario Lnight: 3 % Rückgang gegenüber dem Basis-Szenario |

Aus diesen Ergebnissen lassen sich die folgenden umfassenderen Schlussfolgerungen ziehen:

- Die Basisszenario-Konturflächen haben sich von 2002 bis 2006 nur sehr geringfügig vergrößert.

- Die Basisszenario-Konturflächen dürften sich von 2006 bis 2010 vergrößern, wobei die gesamte Bevölkerungsexposition in diesem Zeitraum um 8-10 % zunehmen dürfte.

- Die Basisszenario-Konturflächen dürften sich von 2010 bis 2015 vergrößern, wobei die gesamte Bevölkerungsexposition zunehmen dürfte und die Bevölkerung innerhalb der Konturflächen für Lden 55 dB um rund 9 % und die Bevölkerung innerhalb der Konturflächen für Lnight 45 dB um rund 2 % zunehmen dürfte (im letzteren Fall ist der Anstieg wegen Nachtflugbeschränkungen geringer).

- Die Bevölkerung innerhalb der Konturflächen für Lnight 45 dB ist um rund 25-30 % größer als innerhalb der Konturfläche für Lden 55 dB.

- Szenario 1 ergibt geringfügige Vorteile: eine Verringerung der exponierten Bevölkerung um rund 4 % für Lden 55 dB und 2 % für Lnight 45 dB.

- Szenario 2 ergibt ähnliche Vorteile wie Szenario 1: eine Verringerung der exponierten Bevölkerung um rund 4-5 % für Lden 55 dB und 2-3 % für Lnight 45 dB.

- Szenario 3 ergibt ähnliche Vorteile wie Szenario 2: eine Verringerung der exponierten Bevölkerung um rund 4-5 % für Lden 55 dB und 3-4 % für Lnight 45 dB.

Die Zahlenangaben in Tabelle 2 bezwecken eine schwerpunktmäßig Darstellung der Gesamtlärmauswirkungen durch knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge auf Flughäfen der Gemeinschaft, nicht eine genaue Abschätzung der Bevölkerungsexposition. Die meisten Flughäfen haben angegeben, dass sie über Lärmkonturkarten für Lden und Lnight und Bevölkerungsschätzungen bereits vollständig verfügen, oder aber diese in Arbeit sind bzw. später im Jahr vorliegen werden. In Anbetracht der Anforderungen der Richtlinie 2002/49/EG ist zu erwarten, dass diese Konturkarten der Kommission bis Dezember 2007 gemeldet werden. Diese harmonisierten Lärmkarten sollten detailliertere Daten und genauere Bevölkerungsschätzungen enthalten, als für alle Flughäfen für die Zwecke dieses Berichts zusammengetragen werden konnten.

Eine gründlichere Auswertung der Lärmemissionstrends an fünf EU-Flughäfen (Amsterdam, Lissabon, Glasgow, Toulouse, Warschau)[18] zeigt, dass die Trends je nach Flughafen unterschiedlich sein können. Aus den fünf Fallstudien ergibt sich:

- Alle Flughäfen weisen eine wachsende Konturfläche auf, wenn von einer unveränderten Flottenzusammensetzung ausgegangen wird. Dieses Wachstum beträgt 5 bis 15 % für den kommenden Vierjahreszeitraum (2006 bis 2010) und 18 bis 24 % für den Zeitraum 2006 bis 2015.

- Selbst wenn alle knapp die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllenden Luftfahrzeuge ersetzt würden, dürften die Konturflächen für Lden 55 dB bis 2015 um zwischen 13 und 20 % zunehmen. Das Wachstum der Konturflächen für Lnight 45 dB beträgt bei einem solchen Szenario zwischen 14 und 22 %.

- Für jeden der Flughäfen ähnelt die Entwicklung der Konturfläche für Lden 55 dB sehr der Entwicklung der Konturfläche für Lnight 45 dB an demselben Flughafen. Das bestätigt, dass der ansteigende Trend beim nächtlichen Fluglärm für den Anstieg der Gesamtlärmbelastung (Lden) maßgebend ist.

- Eine Erneuerung aller die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllenden Luftfahrzeuge durch Luftfahrzeuge nach Kapitel 4 würde das Wachstum der Konturfläche für Lden 55 dB um etwa 4,5 bis 6,5 Prozentpunkte verringern.

- Die Auswirkungen einer Erneuerung aller die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllenden Luftfahrzeuge durch Luftfahrzeuge nach Kapitel 4 auf das Wachstum der Konturfläche für Lden 45 dB ist je nach Flughafen stark unterschiedlich.

- Die Ergebnisse schwanken zwischen einer Wachstumsverringerung um 1,5 bis 7,0 Prozentpunkte je nach der derzeit geltenden Nachtflugregelung.

- Der Unterschied bei der Konturfläche zwischen einer Erneuerung aller Luftfahrzeuge mit einer Marge von weniger als 5 dB gegenüber den Anforderungen von Kapitel 3 und der Erneuerung aller Luftfahrzeuge mit einer Marge von weniger als 8 dB beträgt weniger als einen halben Prozentpunkt.

Kurzgefasst bestätigen diese Fallstudien, dass die Konturflächen, besonders nachts, erheblich zunehmen dürften, wobei die natürliche Flottenerneuerung die Schätzwerte absenkt. Bestünde die Flotte ausschließlich aus Kapitel-4-Luftfahrzeugen, könnte dies das Wachstum der Konturflächen an einigen Flughäfen angesichts ihrer spezifischen örtlichen Situation maßgeblich verringern.

11. FAZIT

- Die Richtlinie hat eine harmonisierte Struktur für einen ausgewogenen Ansatz geschaffen und dazu beigetragen, dass die Berücksichtigung aller Interessen bei geplanten Beschränkungen sichergestellt wird.

- Die Richtlinie wurde jedoch nur auf einer begrenzten Zahl von Flughäfen angewendet. Einige Beteiligte sind der Meinung, dass sie nicht klar genug ist, zudem verfügten einige Mitgliedstaaten bereits vor Inkrafttreten der Richtlinie über ähnliche einzelstaatliche Vorschriften.

- Die Auswirkungen der Richtlinie bezüglich knapp die Vorschriften erfüllenden Luftfahrzeugen ist darüber hinaus begrenzt, da die Zahl dieser Luftfahrzeuge wegen der natürlichen Erneuerung vergleichsweise gering ist.

- Generell hat seit Inkrafttreten der Richtlinie die Zahl der Personen zugenommen, die – besonders nachts – dem Fluglärm ausgesetzt sind, obwohl die Einführung partieller Beschränkungen möglich ist, da die Zahl der Flugbewegungen allgemein angestiegen ist.

- Nach unseren Schätzungen wird die Zahl der durch Fluglärm belasteten Personen weiter ansteigen, auch wenn sich die Lage je nach Flughafen unterschiedlich darstellen kann.

- Die Kommission beabsichtigt daher zu prüfen, wie die Bestimmungen und der Geltungsbereich der Richtlinie 2002/30/EG verdeutlicht werden können.

- Sie wird auch erwägen, ob Änderungen der geltenden Richtlinie, etwa bei der Begriffsbestimmung für knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge, nötig sind. Dabei wird sie den Ergebnissen der oben genannten Schätzungen Rechnung tragen, wonach der Anstieg bei der Zahl der durch Fluglärm belasteten Personen durch eine strengere Definition für knapp die Vorschriften erfüllende Luftfahrzeuge verringert werden könnte.

- 2009 wird die Kommission die Richtlinie 2002/49/EG über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm an Flughäfen bewerten und dem Europäischen Parlament und dem Rat Bericht erstatten.

Die Kommission nimmt in den kommenden drei Monaten Stellungnahmen Beteiligter entgegen und wird diese bei der geplanten Überprüfung der Richtlinie berücksichtigen.

[1] Richtlinie 2002/30/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. März 2002 über Regeln und Verfahren für lärmbedingte Betriebsbeschränkungen auf Flughäfen der Gemeinschaft, ABl. L 85 vom 28.3.2002, S. 40.

[2] Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm, ABl. L 189 vom 18.7.2002, S. 12.

[3] 76 von den Mitgliedstaaten benannte Flughäfen fallen derzeit in den Anwendungsbereich der Richtlinie 2002/49/EG.

[4] Dok. 10117/06 des Rates der Europäischen Union vom 9. Juni 2006.

[5] Effective Perceived Noise in Dezibel.

[6] Siehe Artikel 2 Buchstabe g der Richtlinie 2002/30/EG.

[7] Verordnung (EG) Nr. 925/1999 des Rates vom 29. April 1999 zur Registrierung und zum Betrieb innerhalb der Gemeinschaft von bestimmten Typen ziviler Unterschall-Strahlflugzeuge, die zur Einhaltung der in Band I Teil II Kapitel 3 des Anhangs 16 des Abkommens über die Internationale Zivilluftfahrt, dritte Ausgabe (Juli 1993), festgelegten Normen umgerüstet und neubescheinigt worden sind, ABl. L 115 vom 4.5.1999, S. 1.

[8] Im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführte Befragung von Flughäfen durch MPD Consultants.

[9] Artikel 6 Absatz 1 erlaubt die Einführung von „partiellen Betriebsbeschränkungen" für nicht näher bestimmte Luftfahrzeugmuster als Teil der vorzugsweise zu praktizierenden Abstufung von Maßnahmen im Rahmen des ausgewogenen Ansatzes vor einer Untersagung von knapp die Vorschriften von Kapitel 3 erfüllenden Luftfahrzeugen als letztes Mittel.

[10] Dieser Flughafen hat auch angegeben, dass eine strengere Definition von knapp die Vorschriften erfüllenden Luftfahrzeugen (d. h. minus 8) nicht restriktiver wäre, da die geltenden Beschränkungen für Nachtflugquoten bereits strenger seien.

[11] Gemäß der Begriffsbestimmung von Artikel 2 Buchstabe e der Richtlinie 2002/30/EG.

[12] Gemäß Anhang I der Richtlinie 2002/30/EG.

[13] Eine vom deutschen Bundesverkehrsministerium aufgestellte Liste, die eine weitere Unterteilung von Luftfahrzeugen innerhalb des Kapitels 3 umfasst. Luftfahrzeuge auf dieser Liste haben Vorteile gegenüber dort nicht aufgeführten Luftfahrzeugen, da für sie weniger Flugbeschränkungen gelten und/oder niedrigere Start- und Landeentgelte zu entrichten sind.

[14] Siehe z. B. http://www.airportregions.org/publications/doc/arc_special_report_2_2007.pdf

[15] Siehe die zur Veröffentlichung anstehenden Leitlinien zu nächtlichem Lärm unter http://www.euro.who.int/Noise/activities/20040721_1

[16] Dieser Lärmkennwert gibt die durchschnittliche Lärmbelastung tagsüber, abends und nachts wieder (Zeitraum von 24 Stunden).

[17] Dieser Lärmkennwert gibt die durchnittliche nächtliche Lärmbelastung wieder.

[18] MPD-Fluglärmstudie (2007).