31.3.2009   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 77/63


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt“

KOM(2007) 836 endg.

(2009/C 77/16)

Die Europäische Kommission beschloss am 3. Januar 2008, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen:

„Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt“

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 16. Juli 2008 an. Berichterstatter war Herr RETUREAU.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 447. Plenartagung am 17./18. September 2008 (Sitzung vom 18. September) mit 115 Ja-Stimmen bei 1 Gegenstimme und 5 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Schlussfolgerungen und Empfehlungen

1.1   Verbraucherrechte

1.1.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss befürwortet einen Verbraucherschutz auf hohem Niveau und sieht daher der Ausarbeitung des Leitfadens für Verbraucher und Nutzer der Dienste der Informationsgesellschaft mit Interesse entgegen.

1.1.2

Nach Meinung des Ausschusses sollten in diesem Leitfaden zumindest folgende Aspekte aufgegriffen werden:

Netzneutralität zur Erweiterung der Auswahlmöglichkeiten für die Verbraucher;

Gewährleistung eines angemessenes Schutzes personenbezogener Daten sowie ein hohes Sicherheitsniveau des elektronischen Umfelds;

Erleichterung der Ausarbeitung von freiwilligen Normen und von Gütesiegeln im elektronischen Geschäftsverkehr;

Gültigkeit der Verbraucherrechte in der digitalen Wirtschaft, und zwar der Zugangsrechte, des Universaldienstes sowie des Schutzes gegen unlautere Geschäftspraktiken;

Festlegung von Qualitätskriterien für Online-Dienste;

Erstellung eines einfachen und europaweiten Online-Formulars zur Meldung von betrügerischen Machenschaften;

Einrichtung eines Online-Systems zur außergerichtlichen Streitbeilegung.

1.2   Interoperabilität

1.2.1

Der Ausschuss betont, dass die Interoperabilität ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor ist. Offene Standards sind von grundlegender Bedeutung für die Erleichterung der Interoperabilität und tragen zur Erhöhung von Sicherheit und Zuverlässigkeit bei.

1.2.2

Aufgrund der nach wie vor mangelnden Interoperabilität sind die Unionsbürger in ihrem Zugang zu Geräten, Diensten und Inhalten eingeschränkt und gezwungen, höhere Preise für die Geräte zu zahlen. Gleichzeitig bedeutet dies jedoch auch eine Einschränkung ihrer Auswahlmöglichkeiten an Geräten. Die Bürger müssen „Überbrückungslösungen“ anwenden, da bestimmte Interessengruppen diese unnötigen technischen Unterschiede befürworten, um sich eine Monopolstellung zu verschaffen.

1.2.3

Das Konzept europaweit kompatibler DRM (1) ist nach Ansicht des Ausschusses nur eine vermeintlich gute Idee, da mehr Probleme geschaffen denn gelöst werden; außerdem könnten einige Inhalte-Schaffende von der Online-Verbreitung ausgeschlossen werden. Darüber hinaus ist der Inhalte-Markt ein weltweiter Markt, auf dem durch die Zoneneinteilung die Auswahlmöglichkeiten der Nutzer eingeschränkt werden.

1.3

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass die mehr oder weniger chaotische und in den einzelnen Mitgliedstaaten stark unterschiedliche Gebührenerfassung für jedwede Art digitaler Datenträger oder Speichermedien zu enormen Wettbewerbsverzerrungen führt.

1.4

Die Strafmaßnahmen und die Ausnahmeregelungen, die in dem französischen Gesetzesentwurf „Olivennes“ vorgesehen sind, gehen über die Anforderungen der WTO in dem 1994 in Marrakesch unterzeichneten Abkommen hinaus. Wie der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil in der Rechtssache „Promusicae“ festgehalten hat, muss der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in der Wahl der Mittel zur Einhaltung der Urheberrechte gewahrt werden; es gilt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den Rechten und den Freiheiten einerseits und den Interessen andererseits zu finden.

1.5

Daher sieht der Ausschuss der Veröffentlichung der Empfehlung mit Interesse entgegen, die die Europäische Kommission zu den kreativen Online-Inhalten vorzulegen beabsichtigt, um sich konkret zu folgenden Aspekten zu äußern: Transparenz (Kennzeichnung), neue Formen der Festlegung und Verwaltung digitaler Rechte auf europäische Ebene, Förderung und Unterstützung innovativer Systeme für die Verbreitung kreativer Online-Inhalte sowie Suche nach effizienten Mitteln, um der Erstellung von Raubkopien zu kommerziellen Zwecken und jedweder anderer Form der Schädigung der Urheber einen Riegel vorzuschieben.

2.   Vorschlag der Europäischen Kommission

2.1

Die wichtigsten Aspekte der Mitteilung und der Fragen der Europäischen Union heben auf folgende Punkte an:

Reglementierung und Harmonisierung des europäischen Marktes der kreativen Online-Inhalte;

Schaffung eines europäischen Urheberrechts und verwandter Schutzrechte; gebietsübergreifende Lizenzen; besserer Schutz der Rechte an literarischem und künstlerischem Eigentum;

datenträgerspezifische interoperable europäische DRM, insbesondere für Online-Inhalte;

Gewährleistung der Sicherheit der Kommunikation und der Finanztransaktionen, Bekämpfung von Piraterie und Betrug zur Stärkung des Vertrauens in die digitale Wirtschaft (eEconomy) und zum Ausbau von Online-Diensten;

das größte Problem ist sicherlich die Frage der Erstellung von Kopien zu privaten Zwecken, die im Mittelpunkt zahlreicher polemischer Auseinandersetzungen in Europa steht, da die diesbezügliche Gesetzgebung in den EU-Mitgliedstaaten noch bei weitem nicht einheitlich ist.

2.2

Gemäß dem 41-seitigen Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen (2), das getrennt von der Mitteilung und nur auf Englisch veröffentlicht wurde, muss die Politik der EU aufgrund des grenzübergreifenden Charakters der Online-Kommunikation und der für die neuen Technologien erforderlichen neuen Handelsmodelle auf die Förderung und die rasche Durchsetzung dieser neuen Modelle zur Online-Verbreitung von Inhalten und Wissen ausgerichtet sein. „Kreative, online verbreitete Inhalte“ sind Inhalte und Dienste wie audiovisuelle Online-Medien (Film, Fernsehen, Musik und Hörfunk), Online-Spiele, Online-Publikationen, Bildungsinhalte und von Nutzern selbst erzeugte Inhalte (soziale Netze, Blogs usw.).

2.3

Das oberste Ziel, das bereits in der i2010-Mitteilung (3) hervorgehoben wurde, ist die Schaffung eines einheitlichen europäischen Informationsraums. Die ermittelten Probleme bestehen jedoch nach wie vor, wohingegen die technologischen Verbreitungsplattformen immer mannigfaltiger werden und sich immer weiter durchsetzen.

2.4

In Bezug auf das Vertrauen in die digitale Wirtschaft stellt sich immer wieder die Frage der Interoperabilität der Programme, Dienste und Plattformen. Einige sind der Ansicht, dass die Kriminalisierung des Austausches von Dateien über „Peer-to-Peer“-Systeme („P2P“) oder „Big Torrent“-Protokolle sowie Systeme zum Schutz der Rechte des geistigen Eigentums, die drakonische Strafe vorsehen, nicht dazu beitragen, ein Klima des Vertrauens zu schaffen, zumal da die explosionsartige Zunahme der durch Nutzer geschaffenen Inhalte, die die Rolle der Nutzer in der digitalen Wirtschaft um eine neue Dimension bereichert, in mancherlei Hinsicht zur Herausforderung für öffentliche Anliegen wie Vertrauen und Sicherheit wird.

2.5

Die Nutzung von DRM steht im Kreuzfeuer der Kritik der Verbraucherschutzorganisationen, die diese als Eingriff in die grundlegenden Verbraucherrechte werten. Sie bergen außerdem Gefahren für den Datenschutz und sind für den Nutzer nicht einfach zu handhaben. Einige Industrievertreter hingegen verfechten DRM und betonen, dass die Probleme der Interoperabilität von den Hardware- und Software-Erzeugern verursacht werden.

2.6

Auf dem Weltmarkt müssen sich die auf den nationalen Märkten agierenden Betreiber der Sprachenvielfalt und der sehr geringen Größe bestimmter Märkte sowie einer Mannigfaltigkeit an nationalen Lizenzvorschriften stellen. Die Internet-Diensteanbieter befürworten gebietsübergreifende Lizenzen und Vorschriften, die jedoch in anderen Industrienzweigen eher auf Ablehnung stoßen. Das System der nationalen Lizenzen ermöglicht eine bessere Entlohnung der Urheber; allerdings gibt es in zahlreichen Ländern diverse Verwertungsgesellschaften. Neben Musikorganisationen fordern auch Mobilfunkbetreiber eine Vereinfachung der Nutzungsgebührenerfassung.

2.7

Die Internet-Diensteanbieter kritisieren außerdem die Vielfalt der Erfassungssysteme und der Gebühren für Kopien zum privaten Gebrauch, die immer strenger und komplexer werden, und hinterfragen ihre Sinnhaftigkeit angesichts der Verwendung von DRM.

2.8

Da es an Inhalten für die Online-Verbreitung fehlt, der Markt aufgesplittert ist und die Verträge für verschiedene Nutzungsarten sehr unterschiedlich sind, wird eine rasche Online-Verfügbarkeit der Inhalte eingeschränkt und die Entwicklung von Diensten beträchtlich gebremst.

2.9

Das Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen beruht auf den Ergebnissen von zwei Konsultationen und spiegelt die Vielfalt der Meinungen der verschiedenen Interessenträger wider. Die Europäische Kommission verfolgte dennoch die Absicht, Fortschritte in Bezug auf (umstrittene) Fragen wie multiterritoriale Lizenzen und ein europäisches Urheberrecht sowie insbesondere die allgemeine Verbreitung von interoperablen DRM zu erzielen und einen echten europäischen Binnenmarkt unter Wahrung der kulturellen Vielfalt zu schaffen.

2.10

Ziel ist, dass der europäische Markt der Online-Inhalte (Musik, Film, Spiele usw.) bis 2010 um das Vierfache wächst und sein Umsatz von 1,8 Mrd. EUR im Jahr 2005 auf 8,3 Mrd. EUR steigt.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Der Ausschuss ist sich bewusst, dass das Internet die Möglichkeit eröffnet, Güter und Dienste in digitaler Form zusammenzustellen bzw. zu verbreiten, und zwar mittels Methoden, die gegen die immateriellen Eigentumsrechte der Urheber und der Vertreiber von kreativen Online-Inhalten verstoßen und Verletzungen der Privatsphäre sowie neue Formen von Betrug gegenüber juristischen und natürlichen Personen sind.

3.2

Am häufigsten werden zeitgenössische Musik und in verstärktem Maße auch audiovisuelle Werke und jedwede Art von Software illegal online gestellt. Dieses Phänomen ist in dem Zeitraum explosionsartig angewachsen, in dem die Vertreiber kein Geschäftsmodell vorgeschlagen hatten, das den neuen Möglichkeiten für Verstöße gegen die immateriellen Eigentumsrechte Rechnung getragen hätte. Auch die notwendige Bildungsinitiative für die Internetnutzung durch junge Menschen ist auf der Strecke geblieben.

3.3

Die ersten Reaktionen schlugen häufig ins Extreme aus, doch manchmal, viel seltener allerdings, wurde auch eine laxe Haltung an den Tag gelegt. Die Vertreiber haben im Allgemeinen Kopierschutzmaßnahmen (die so genannten DRM) getroffen und gleichzeitig Forderungen nach finanzieller Entschädigung für die Rechteinhaber und Strafmaßnahmen mit äußerst abschreckender Wirkung erhoben; angesichts des Ausmaßes dieser Art von Betrug — außer im Falle von massiven Raubkopien vor allem aus Osteuropa und Asien — ließen sich diese in der Praxis allerdings nicht anwenden. Einige Übeltäter wurden als abschreckendes Beispiel hart verurteilt, doch kann diese abschreckende Wirkung aufgrund fehlender unabhängiger Studien und realistischer Daten über die Höhe der Verluste aufgrund von Raubkopien nicht wirklich bewertet werden.

3.4

Der Ausschuss nimmt jedoch mit einiger Verwunderung den Vorschlag der Europäischen Kommission zur Kenntnis, „europäische“ interoperable DRM für Online-Inhalte zu schaffen. So stehen auf dem Gebiet der Musik bereits Millionen an Titeln auf kommerziellen Websites ohne DRM zur Verfügung; der Trend geht dahin, diese Sites schrittweise zu schließen. Die Vertreiber arbeiten an verschiedenen Vertriebssystemen für diese Art von Inhalten, einschl. Möglichkeiten, die Musik direkt ohne vorheriges Speichern anzuhören, Sonderabos zum Download einer bestimmten Zahl an Werken, kostenlosen Angeboten gekoppelt an „verpflichtende“ Werbeeinschaltungen usw.

3.5

Der Kopierschutz auf mobilen Datenträgern bzw. Terminals wird nun vielmehr als Behinderungen für den „Fair Use“, die angemessene Verwendung, denn als effiziente Schutzvorrichtungen gegen Piraten angesehen; er kann auch zu einer vertikalen Integration führen (Websites, Verschlüsselung durch den Rechteinhaber mit mehr oder weniger großem Qualitätsverlust, eigene Lesegeräte wie das Apple-Vertriebssystem mit AAC-Verschlüsselung oder iPod bzw. iPhone), die ein wettbewerbswidriges Verhalten zeitigt. Ein häufig verwendeter Schutzmechanismus, insbesondere für Software und Spiele sowie für einige Online-Veröffentlichungen, beruht auf einem digitalen Entschlüsselungszugangscode, der dem Nutzer nach Erwerb der Einzelware oder des Abonnements für eine bestimmte Dauer übermittelt wird; dieser Mechanismus ist sehr effizient und bereits weit verbreitet.

3.6

Nach Ansicht des Ausschusses sind integrierte interoperable digitale DRM in der Praxis bereits überholt. Es wäre zweckdienlicher, die Entwicklungen in den verschiedenen Sektoren des Online-Inhalte-Marktes zu beobachten, in denen der Trend offenbar in Richtung des Schutzes des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte geht, insbesondere auf der Grundlage von angemessenen Verhaltenskodizes und realistischen Geschäftsmodellen (4), anstatt mittels einer europäischen Initiative ein Übergangsszenario, das raschen Änderungen unterworfen ist, in eine feste Form gießen zu wollen.

3.7

Für das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte bieten die geltenden internationalen Übereinkommen und Konventionen eine im Grunde gemeinsame Rechtsgrundlage für die Mitgliedstaaten wie auch für die Beziehungen mit Drittländern. In der Praxis bestehen allerdings nach wie vor trotz gemeinschaftsrechtlicher Vorschriften Unterschiede. So würde mit dem Vorschlag für ein „europäisches Urheberrecht“ für den Binnenmarkt der Schutz eines Werkes automatisch in allen EU-Mitgliedstaaten gelten, sobald es von einem Mitgliedstaat anerkannt wird, und ein einheitlicher Schutz sichergestellt.

3.8

Im Zeitalter von Internet und Wissensgesellschaft muss ein echtes Gleichgewicht zwischen Allgemein- und Einzelinteressen hergestellt werden. Verfasser und Vertreiber müssen das gleiche Entgelt enthalten. Die Leser- bzw. Zuhörerschaft und die Nutzer müssen die Möglichkeit haben, legal erworbene Inhalte im privaten Rahmen, für öffentliche Lesungen oder zu Bildungszwecken in den verschiedenen Bildungseinrichtungen sinnvoll zu verwenden.

3.9

In zahlreichen Ländern besteht ein strenges Strafrecht, in dem das Urheberrecht geschützt und überzogene Sanktionen gegen Einzelpersonen vorgesehen sind, die Inhalte zu nichtkommerziellen Zwecken verwenden, obwohl die Nutzungs- und Kopierrechte für Privatpersonen begrenzt wurden; im Gegenzug scheinen die den Internet-Betreibern auferlegten „Spitzelmethoden“, die sich für die Bekämpfung des Terrorismus als sinnvoll erweisen können, unverhältnismäßig und bergen durchaus die Gefahr von Eingriffen in die Privatsphäre in einem Rechtsrahmen, der einseitig die Vertreiber begünstigt. Diese Art von Gesetzgebung könnte vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg, der für den Schutz der Privatsphäre Sorge trägt, in Frage gestellt werden. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat seinerseits zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und zur Suche nach einem Gleichgewicht zwischen den verschiedenen betroffenen Rechten aufgerufen (siehe das Urteil in der Rechtsache „Promusicae“).

3.10

Außerdem erheben einige Länder — zumeist dieselben — Gebühren auf alle Arten digitaler Datenträger, da diese ungeachtet ihres Verwendungszweckes als Mittel für Piraterie angesehen werden. Auch wenn diese Gebühren oft als „Abgabe für Kopien zu privaten Zwecken“ eingestuft werden, so bringen sie doch erhebliche Einnahmen mit sich, deren Umverteilung manchmal keinesfalls transparent abläuft. Dieser Ansatz, in dem jede Kopie zum privaten Gebrauch oder zu „Fair Use“-Nutzungen einer Verletzung des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte gleichgestellt wird, ist für die ehrlichen IKT-Nutzer, das heißt die große Mehrheit, und für Unternehmen, die derartige Datenträger zu anderen Zwecken als zur Kopie von Musik oder Spielen verwenden, absolut inakzeptabel. Derartige Abgaben müssten zumindest gemäßigt sein und den effektiven Kosten der Speicherung von Dateneinheiten entsprechen (Prozentsatz des Verkaufspreises des Datenträger dividiert durch beispielsweise die Gesamtzahl an Gigabytes, da erhebliche Unterschiede zwischen den einzelnen Datenträgern bestehen).

3.11

Die Rechte der verschiedenen Interessenträger müssen gewahrt werden, allerdings im Einklang mit den geltenden Vorschriften und gemäß dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, wie der Europäische Gerichtshof eindeutig in seinem Urteil in der Rechtssache „Promusicae“ (5) festgehalten hat.

4.   Besondere Bemerkungen

4.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss schließt sich der Meinung an, dass die Interoperabilität, die eine grundlegende Voraussetzung für den freien Wettbewerb ist, nur erreicht werden kann, wenn die Nutzer den Datenträger ihrer Wahl für das Abrufen eines Werkes nutzen können. Hierfür müssen alle Werke gemäß offenen und allgemein zugänglichen Standards kodiert werden. Die DRM-Systeme machen jedoch automatisch jedwedes Abrufen eines auf einem Datenträger (Hard- oder Software) gespeicherten Werkes ohne ausdrückliche Genehmigung des DRM-Erzeugers unmöglich. DRM beruhen per definitionem auf der Verschlüsselung ihrer geschlossenen Formate, deren technische Spezifikationen nicht öffentlich zugänglich sind. Vom DRM-Erzeuger nicht genehmigte und zertifizierte Systeme sind daher von jedwedem Wettbewerb ausgenommen. Bislang gibt es noch kein DRM-System, das auf offenen Standards beruht. Für diese Lösung wäre ein komplexes Lizenzaustausch-System erforderlich. Einige Inhalte-Schaffende könnten vom Markt ausgeschlossen werden, weil sie z.B. keine DRM verwenden. Ein Teilbereich des digitalen Schaffens einschl. wissenschaftlichen Instituten und Forschungszentren, Hochschulen, Freeware-Erzeugern und Inhalte-Schaffenden, die mit Alternativlizenzen arbeiten, könnte insgesamt vom Markt ausgeschlossen werden, in dem nur kommerzielle Inhalte zugelassen sind; dies läuft der Idee einer Informations- und Wissensgesellschaft zu wider, in der Europa die führende Rolle einnehmen möchte.

4.2

Keine dieser Hypothesen ist beispielsweise für die Einfuhr von Werken und Inhalten aus Drittländern in die EU sowie für die Ausfuhr aus der EU in Drittländer zufriedenstellend. Europäische DRM-Software müsste außerdem mit den Erzeugnissen kompatibel sein, die auf den in audiovisueller Hinsicht oftmals viel aktiveren Drittmärkten vertrieben werden. DRM öffnen Tür und Tor für wettbewerbsschädigendes Verhalten und für Versuche einer vertikalen Integration im Multimediabereich. Das Beispiel der iTunes-Software von Apple veranschaulicht dieses Problem: Für diese Software wird ein DRM und ein Verschlüsselungscode seitens des Eigentümers verwendet, wodurch in der Praxis ein Lesegerät des Typs iPod oder iPhone erforderlich ist.

4.3

Ist nur die Programmierschnittstelle („application programming interface“ — API) der DRM-Software und nicht das gesamte Quellprogramm zugänglich (einige Vertreiber könnten durchaus der Versuchung erliegen), so wäre die Sicherstellung einer echten Interoperabilität immer noch gefährdet.

4.4

Die Piraten sind in der Lage, äußerst schnell jedwedes Schutzsystem zu umgehen bzw. zu reproduzieren, so dass die Inhaltevertreiber ihr Vertrauen in DRM verloren haben und auf neue kommerzielle Verbreitungsmodelle setzen, z.B. Pauschalabos, kostenloses Anhören eines Werkes, das dann — allerdings nur kostenpflichtig — erworben werden kann, Werbeeinschaltungen usw. Man sollte viel eher dem Markt vertrauen als voreilig und ohne Kenntnis der Sachlage Rechtsvorschriften zu erlassen wie im Falle Frankreichs, wo ein Gesetz das andere jagt und so widersprüchliche Urteile gefällt werden. Der Druck der „Majors“ (der Musiksektor wird von fünf und der audiovisuelle Sektor von sechs oder sieben internationalen Unternehmen beherrscht) trug bislang entscheidend dazu bei, dass in einigen Ländern das Recht auf Privatkopien aufgehoben und der Datenaustausch zwischen Privatpersonen unter Strafe gestellt worden ist. So reiht sich auch der jüngste Gesetzentwurf in Frankreich in diese übermäßig repressiven Rechtsvorschriften ein, die lediglich in eine Sackgasse führen.

4.5

Der Ausschuss hat bereits in seinen früheren Stellungnahmen betont, dass das Strafrecht ausschließlich auf Raubkopien zu kommerziellen Zwecken (Erzeugung und Vertrieb, manchmal durch organisierte Banden) Anwendung finden sollte; in einigen EU-Mitgliedstaaten ist es sehr einfach, Raubkopien von Software, Musik oder audiovisuellen Werken zu erhalten, und zwar auch auf Straßenmärkten. Es werden zwar auch in Europa Raubkopien hergestellt, das Gros der Kopien wird jedoch in Asien erzeugt. Dieses massive Raubkopieren zu kommerziellen Zwecken sollte ins Visier genommen und vorrangig bestraft werden; außerdem sollte die Zusammenarbeit von Polizei und Justiz gestärkt werden, um die internationalen Verbrecherringe zu sprengen.

4.6

In Bezug auf den Datenaustausch, insbesondere zwischen Jugendlichen, müssen in erster Linie Aufklärungskampagnen über die Notwendigkeit, dass die Urheber und Produzenten für ihre Arbeit angemessenen entlohnt werden müssen (vor allem die Urheber, die oftmals nur einen verschwindend geringen Anteil der Entgelte erhalten), durchgeführt und die politische Bewusstseinsbildung gefördert werden.

4.7

Ein umfassender Datenaustausch ist nicht zwangsmäßig ein Austausch von durch immaterielle finanzielle Rechte geschützte Daten. So kann es sich dabei um den Austausch kostenloser Daten oder Veröffentlichungen mit unterschiedlichem Inhalt handeln (z.B. wissenschaftliche Studien- und Forschungsergebnisse, lizenzfreie Werke, die keinerlei Kopie- oder Verbreitungsschutz unterliegen).

4.8

Gemäß dem in Frankreich vorgelegten Gesetzesentwurf soll jedoch das gesamte Internet überwacht und sollen die personenbezogenen Daten der Nutzer langfristig gespeichert und dann den Vertretern der Majors zur Verfügung gestellt werden, obwohl in einem derartigen System einzig und allein rechtlich befugte Behörden Zugriff zu dieser Art von Daten haben sollten.

4.9

Das Recht auf Privatkopien wird zur Ausnahme und ist als Gegenstand von schwer verständlichen „Verträgen“ seitens der Inhaltevertreiber starken Einschränkungen unterworfen, die dem Kaufverhalten der Verbraucher zuwiderlaufen, die oftmals spontan oder je nach dem, was gerade „in“ ist, entscheiden.

4.10

Die Urheber und die professionellen Vertreiber sind in der Praxis die einzigen, die von einem derartig übermäßigen Rechtsschutz profitieren; dagegen werden individuelle Inhaltevertreiber oder Künstler, die der breiten Öffentlichkeit noch unbekannt sind, und Nutzer von Alternativlizenzen (GPL, LGPL, Creative Commons usw., d.h. von rund 50 verschiedenen derartigen Lizenzen) ihrerseits nicht gesondert geschützt, obwohl diese Lizenzen Gegenstand des Urheberrechts und nicht unbedingt kostenlos sind. Sie müssen erst vor Gericht gehen, um Klage wegen Nachahmung zu erheben. So würde eine immense Ungleichheit vor dem Gesetz zwischen den großen internationalen Verbreitern einerseits und Kleinunternehmen bzw. Einzelpersonen andererseits geschaffen.

4.11

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass der Rechtsrahmen den Schutz gutgläubiger Verbraucher sowie die gerechte Entlohnung der Urheber für ihre Werke als grundlegende Aspekte sicherstellen muss.

4.12

Die restriktiven Vorschriften für die Nutzung einer rechtlich erworbenen Lizenz und der Zugang zu personenbezogenen Daten durch Vertreter der „Majors“ laufen den gesteckten Zielen zuwider, da die „kommerziellen“ Nachahmer jedwede technische Hindernisse zu überwinden und ihre Spur im Internet zu verwischen wissen; daher wird die Kontrolle lediglich auf den nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgenden legalen oder illegalen Datenaustausch zwischen Internetnutzern Anwendung finden, auch wenn festzuhalten ist, dass ein erheblicher Teil davon illegal ist und dieser illegale Datenaustausch mit verhältnismäßigen Mitteln bekämpft werden muss. Einige Verurteilungen, mit denen ein Exempel statuiert werden sollte, sowie deren Publikmachung zur „Abschreckung“ gewisser Internetnutzer werden nicht ausreichen, um dieses Problem zu lösen, da die Chancen, erwischt zu werden, statistisch verschwindend gering sind und beispielsweise Jugendliche überhaupt nicht beunruhigen, die sich des Schadens, den sie ihren Lieblingskünstlern zufügen, gar nicht bewusst sind.

4.13

Die langfristige Speicherung der personenbezogenen Daten aller Internetnutzer durch die Internet-Diensteanbieter ist an sich ein schwerwiegender Eingriff in die Privatsphäre dieser Nutzer. Ist sie wirklich notwendig, um die Wahrung des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte sicherzustellen? Oder ist sie im Hinblick auf das zu erreichende Ziel nicht eher überzogen? Sind diese Rechte derart absolute Rechte, dass sie eine dauerhafte Einschränkung der Privatsphäre der Internetnutzer rechtfertigen?

4.14

Diese gespeicherten Daten könnten zwar für die Terrorismusbekämpfung dienen, doch müssen die Internetnutzer unbedingt über rechtliche Garantien in Bezug auf die Vertraulichkeit ihres Internetanschlusses verfügen, die allerdings aufgrund eines vorrangigen allgemeinen Interesses von einer entsprechend befugten Behörde aus einem konkreten Grund, der durch die Angaben in der richterlichen Anordnung genau festgelegt wird, aufgehoben werden dürfen.

4.15

Bestimmte Arten der Datennutzung können ganz allgemein zu Wissens- und Analysezwecken genehmigt werden, allerdings unter bestimmten Bedingungen wie insbesondere der Unkenntlichmachung der Daten. Der Abgleich von Namensdateien, die Erhebung namentlicher Daten zur Erstellung eines Profils zum Zwecke einer effizienteren Werbung sowie ihre Speicherung und der Abgleich mit einer Liste von Schlagworten in Suchmaschinen und weitere bereits gängige Praktiken, insbesondere zugunsten der „Majors“ und anderer Großkonzerne, sollten verboten werden, da auch sie Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger sind.

4.16

In zahlreichen Ländern werden Gebühren auf jedwede Art von Datenträger (fest oder mobil) ausschließlich zugunsten der Rechteinhaber erhoben (insbesondere für audiovisuelle Inhalte), auch auf Datenträger, die nicht für derartige Zwecke bestimmt sind. In diesem System wird jeder Nutzer eines Datenträgers jedweder Art als potenzieller Pirat angesehen. Einige Nutzerkategorien, in erster Linie Unternehmen, sollten von derartigen Gebühren ausgenommen sein. Die Anbieter von Breitband-Internetanschlüssen hingegen, die ihre Netze im Bewusstsein der in bestimmten Fällen möglicherweise illegalen Nutzung ausgebaut haben, könnten mit einer Gebühr belegt werden, die zwar relativ niedrig angesetzt ist, jedoch von der Intensität des Verkehrs zwischen den Nutzern abhängt, um zur Sicherung der Urheberrechte und zur Förderung neuer Inhalte beizutragen; allerdings dürfen die Mitgliedstaaten diese Gebühren weder insgesamt noch teilweise — mit Ausnahme der Kosten für die Einziehung und Umverteilung — für ihre eigenen Zwecke abzweigen.

4.17

Für die Rechteverwaltung sollten vielmehr die skandinavischen Länder, insbesondere Schweden, zum Vorbild genommen werden als Frankreich mit seinen zahlreichen Gesetzen und Gesetzesentwürfen, die hinsichtlich der Förderung von jungen Inhalte-Schaffenden und von KMU unausgeglichen und kaum überzeugend sind.

4.18

Nach Ablauf eines zweckdienlichen Zeitraums, in dem die Exklusivrechte garantiert werden, könnte nach dem Vorbild Schwedens ein globales System eingeführt werden.

4.19

Bereits bei der Prüfung des Vorschlags für eine Richtlinie über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum (Rechte an gewerblichem sowie literarischem und künstlerischem Eigentum sowie verwandte bzw. Ad-hoc- und in der EU geschützte Rechte) forderte der Ausschuss eine strikte, aber gemäßigte Vorgehensweise für die Bekämpfung von Raubkopien zu kommerziellen Zwecken.

4.20

Die WTO ihrerseits warnte in dem Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums (TRIPS) vor möglichem Missbrauch seitens der Rechteinhaber, die zu Wettbewerbsverzerrungen führen oder dem allgemeinen Interesse zuwiderlaufen könnten.

4.21

„Ziele: Der Schutz und die Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums sollen zur Förderung der technischen Innovation sowie zur Weitergabe und Verbreitung von Technologie beitragen, dem beiderseitigen Vorteil der Erzeuger und Nutzer technischen Wissens dienen, in einer dem gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Wohl zuträglichen Weise erfolgen und einen Ausgleich zwischen Rechten und Pflichten herstellen.“

4.22

„Grundsätze: […] (2) Geeignete Maßnahmen, die jedoch mit diesem Übereinkommen vereinbar sein müssen, können erforderlich sein, um den Missbrauch von Rechten des geistigen Eigentums durch die Rechtsinhaber oder den Rückgriff auf Praktiken, die den Handel unangemessen beschränken oder den internationalen Technologietransfer nachteilig beeinflussen, zu verhindern.“

4.23

Die früheren Bemerkungen des Ausschusses, die er in seiner Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Maßnahmen und Verfahren zum Schutz der Rechte an geistigem Eigentum“ vom 29. Oktober 2003 (6) ausgesprochen hat, entsprechen insbesondere den Zielen des TRIPS-Übereinkommens (Artikel 7) und seinen Grundsätzen (Artikel 8 Absatz 2), die unter den Erwägungsgründen der Richtlinie genannt werden sollten, da bei eventuellen Sanktionen weder ganz vom materiellen Recht abgesehen noch der mögliche Rechtsmissbrauch seitens der Inhaber von Rechten an gewerblichem sowie literarischem und künstlerischem Eigentum außer Acht gelassen werden kann (7).

Brüssel, den 18. September 2008

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Digital Rights Management — Verwaltung digitaler Rechte („politisch korrekte“ Bezeichnung für Programme oder technische Maßnahmen, die das Kopieren verhindern, sprich Kopierschutzmechanismen).

(2)  Arbeitsdokument der Kommissionsdienststellen — Begleitdokument zu der Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über kreative Online-Inhalte im Binnenmarkt {KOM(2007) 836 endg.} SEK(2007) 1710 endg.

(3)  Mitteilung der Kommission „i2010 — Eine europäische Informationsgesellschaft für Wachstum und Beschäftigung“ (KOM(2005) 229 endg.).

(4)  Da Musik im Internet zu gleichen Preisen wie eine CD im Geschäft verkauft wird, erwirtschaften die Vertreiber einen übermäßig hohen Umsatz; dies ist der Suche nach realistischen Geschäftsmodellen abträglich, die dem echten Herstellungspreis und einem nicht überzogenen Geschäftsgewinn Rechnung tragen.

(5)  Urteil des Gerichtshofes (Große Kammer) vom 29. Januar 2008

in der Rechtssache C-275/06

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen

[…] hat der Gerichtshof (Große Kammer) für Recht erkannt:

Die Richtlinie 2000/31/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000 über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere des elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt (‚Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr‘), die Richtlinie 2001/29/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft, die Richtlinie 2004/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums und die Richtlinie 2002/58/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation) gebieten es den Mitgliedstaaten nicht, in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens im Hinblick auf einen effektiven Schutz des Urheberrechts die Pflicht zur Mitteilung personenbezogener Daten im Rahmen eines zivilrechtlichen Verfahrens vorzusehen. Die Mitgliedstaaten sind gemäß dem Gemeinschaftsrecht jedoch dazu verpflichtet, sich bei der Umsetzung dieser Richtlinien auf eine Auslegung derselben zu stützen, die es ihnen erlaubt, ein angemessenes Gleichgewicht zwischen den verschiedenen durch die Gemeinschaftsrechtsordnung geschützten Grundrechten sicherzustellen. Bei der Durchführung der Maßnahmen zur Umsetzung dieser Richtlinien haben die Behörden und Gerichte der Mitgliedstaaten nicht nur ihr nationales Recht im Einklang mit diesen Richtlinien auszulegen, sondern auch darauf zu achten, dass sie sich nicht auf eine Auslegung dieser Richtlinien stützen, die mit diesen Grundrechten oder den anderen allgemeinen Grundsätzen des Gemeinschaftsrechts, wie etwa dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, kollidiert.

(6)  ABl. C 32 vom 5.2.2004, S. 15.

(7)  Das TRIPS-Übereinkommen, das Anhang 1C des am 15. April 1994 in Marrakesch unterzeichneten Abkommens zur Gründung der Welthandelsorganisation (WTO) bildet, welches durch den Beschluss 94/800/EG des Rates vom 22. Dezember 1994 über den Abschluss der Übereinkünfte im Rahmen der multilateralen Verhandlungen der Uruguay-Runde (1986 — 1994) im Namen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf die in ihre Zuständigkeiten fallenden Bereiche (ABl. L 336 vom 23.12.1994, S. 1) genehmigt wurde, trägt den Titel „Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums“. In Artikel 41 Absatz 1 dieses Anhangs 1C heißt es: „Die Mitglieder stellen sicher, dass die in diesem Teil aufgeführten Durchsetzungsverfahren in ihrem Recht vorgesehen werden, um ein wirksames Vorgehen gegen jede Verletzung von unter dieses Übereinkommen fallenden Rechten des geistigen Eigentums einschließlich Eilverfahren zur Verhinderung von Verletzungshandlungen und Rechtsbehelfe zur Abschreckung von weiteren Verletzungshandlungen zu ermöglichen. Diese Verfahren sind so anzuwenden, dass die Einrichtung von Schranken für den rechtmäßigen Handel vermieden wird und die Gewähr gegen ihren Missbrauch gegeben ist. […]“.