25.6.2008 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 162/52 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Energiemix im Verkehrsbereich“
(2008/C 162/12)
Mit Schreiben vom 19. März 2007 ersuchte die Europäische Kommission den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgendem Thema:
„Energiemix im Verkehrsbereich“ (Sondierungsstellungnahme).
Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 18. Dezember 2007 an. Berichterstatter war Herr IOZIA.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss verabschiedete auf seiner 442. Plenartagung am 13./14. Februar 2008 (Sitzung vom 13. Februar) mit 130 gegen 11 Stimmen bei 8 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Der EWSA leistet dem Ersuchen des Vizepräsidenten der Kommission und für Verkehr zuständigen Kommissionsmitglieds Jacques BARROT, eine Stellungnahme zum Thema „Energiemix im Verkehrsbereich“ eine Stellungnahme zu erarbeiten, gerne Folge, da er davon überzeugt ist, dass ein ständiger Dialog zwischen der Kommission und dem die organisierte Zivilgesellschaft vertretenden Ausschuss aufgebaut werden sollte. |
1.2 |
Der EWSA stimmt den Schlussfolgerungen der Frühjahrstagung des Europäischen Rates zu, der folgende Prioritäten hervorhob:
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1.3 |
Daher müssen politische Leitlinien für den am besten geeigneten Energiemix an diesen Prioritäten ausgerichtet werden, wie es die Kommission im Übrigen bereits in ihrer Mitteilung über die für den Zeitraum 2001-2020 im Bereich Brennstoff gesetzten Ziele getan hat. |
1.4 |
Zwar ist der EWSA der Ansicht, dass Erdöl noch viele Jahre lang der wichtigste Kraftstoff im Verkehrssektor sein wird und Erdgas — ebenfalls ein nicht erneuerbarer Energieträger — die erdölbasierten Kraftstoffe flankieren und teilweise ersetzen können wird, er hält es aber für unerlässlich, die für die Forschung im Bereich der Herstellung und Verwendung von Wasserstoff und Biokraftstoffen der zweiten Generation bereitgestellten Mittel deutlich zu erhöhen. In diesem Zusammenhang begrüßt er, dass die Kommission am 9. Oktober 2007 beschlossen hat, für den Zeitraum 2007-2013 eine gemeinsame Technologieinitiative in Höhe von 1 Mrd. EUR zu finanzieren, und schließt sich den an den Rat und das Parlament gerichteten Forderungen der Unternehmen und Forschungszentren, die sich mit der Entwicklung der Nutzung von Wasserstoff beschäftigen, nach einer beschleunigten Verabschiedung des Vorschlags an. |
1.5 |
Die wachsende Besorgnis der Öffentlichkeit über den Klimawandel und die Risiken, die mit dem Anstieg der Durchschnittstemperatur auf der Erde einhergehen — die um 2oC bis 6,3oC ansteigen könnte, wenn nicht spezifische Gegenmaßnahmen ergriffen werden — geben Anlass, alle Instrumente zu verstärken, mit denen die negativen Auswirkungen der Freisetzung von Treibhausgasen bekämpft werden können. Der EWSA begrüßt die Arbeit der Europäischen Umweltagentur (EUA) und ihren großen Beitrag zur Verbreitung von Daten, die für die Bekämpfung der Luftverschmutzung von Bedeutung sind. |
1.6 |
Der EWSA pflichtet den Schlussfolgerungen des Umweltrates vom 28. Juni 2007 bei und befürwortet den Vorschlag der Kommission, das sechste Umweltaktionsprogramm anhand der aufgezeigten Prioritäten zu überarbeiten.
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1.7 |
In sämtlichen Bereichen des Verkehrssektors werden geeignete Lösungen für die Verwirklichung dieser Ziele geprüft, und die wichtigsten europäischen Agenturen richten ihre Bemühungen darauf aus, in wenigen Jahren konkrete Ergebnisse zu erzielen. Die Entscheidung, das System der Emissionszertifikate auf den Luftverkehr anzuwenden, der in zunehmendem Maße zur Erzeugung von Treibhausgasen beiträgt, wird eine beschleunigte Entwicklung neuer Treibstoffe ermöglichen. Einige Unternehmen untersuchen bereits die Möglichkeit, Biokraftstoffe einzusetzen, während die beim Wasserstoff erzielten Ergebnisse zurzeit noch äußerst lückenhaft sind und hinsichtlich der Alternativlösungen auf Wasserstoffbasis noch viel zu tun bleibt. Die großen Schiffsmotoren lassen sich leichter für gemischte Brennstoffe mit geringerem Kohlenstoffgehalt umrüsten, während sich beim Schienenverkehr dank der Kombination von Elektrizität mit der Entwicklung der erneuerbaren Energieträger die bereits hervorragende Umweltleistung der Eisenbahn sicher noch steigern lässt. |
1.8 |
Der beste Kraftstoff ist der, der eingespart wird. Der EWSA ist der Ansicht, dass bei der mit Entschiedenheit zu treffenden Wahl des am besten geeigneten Energiemixes — einer Wahl, die immer mehr in den Rang einer Gemeinschaftspolitik erhoben werden sollte — all diesen Faktoren Rechnung getragen werden muss, wobei eindeutig Gesundheit und Wohlergehen der europäischen Bürger und des Planeten Erde an erster Stelle stehen sollten. Diese Priorität muss bei der Gestaltung der Steuerpolitik, Schaffung von Anreizen, Aussprechung von Empfehlungen oder Aufstellung von Vorschriften stets berücksichtigt werden, indem die umweltfreundlichste und ökologisch nachhaltigste Wahl getroffen wird. Die Energieeinsparung muss zugunsten des öffentlichen Verkehrs, der alternativen Verkehrsträger und einer Wirtschafts- und Sozialpolitik erfolgen, die die Mobilität des Einzelnen erhöht und unnötige Güterbewegungen reduziert. |
1.9 |
Der EWSA ist überzeugt, dass die Zukunft des Verkehrs in der progressiven Senkung des Kohlenstoffanteils der Treibstoffe liegt, und künftig eine Nullemission erreicht werden muss. Die Herstellung von H2 unter Verwendung erneuerbarer Energieträger wie Biomasse, Photolyse, thermodynamischer oder photovoltaischer Sonnenenergie, Wind- oder Wasserkraft ist die einzige in ökologischer Hinsicht realistische Möglichkeit, denn mit Wasserstoff als Energiespeicherelement können das von Natur aus zyklische Energieangebot (Nacht/Tag, Jahreszyklus usw.) und die variable und davon entkoppelte Energienachfrage miteinander in Einklang gebracht werden. |
1.10 |
Die Entwicklung der Verbrennungs- und Antriebstechnik hat eine schnelle Verbreitung von Fahrzeugen mit Hybridantrieb ermöglicht. Der rein elektrische Antrieb scheint die am besten geeignete Lösung zur Eindämmung der Emissionen zu sein, wobei die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern oder der Hybrideinsatz von Erdgas und Wasserstoff — zumindest solange sie in großen Mengen zur Verfügung stehen — entwickelt werden sollte. Eine weitere Zwischenlösung ist der Einsatz eines Wasserstoff-Methan-Gemisches mit niedrigem Wasserstoffanteil. Diese Methode stellt einen ersten Schritt zur Nutzung von Wasserstoff für Mobilitätszwecke dar. |
1.11 |
Die Nutzung von Wasserstoff als für Verkehrszwecke angepasster Energieträger stellt trotz der bislang aufgezeigten Grenzen die Herausforderung der Zukunft dar und in relativ kurzer Zeit könnte der Anblick von teilweise oder ganz mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen auf unseren Straßen Realität werden. In diesem Zusammenhang erscheinen die Ergebnisse des Projekts CUTE (Clean Urban Transport for Europe) ermutigend. |
1.12 |
Wie er bereits in Bezug auf die Energieeffizienz festgestellt hat, hält es der EWSA für äußerst sinnvoll, ein Webportal einzurichten, über das die an den Hochschulen betriebene Forschung und die auf nationaler Ebene, in den Regionen und in den Städten durchgeführten Experimente einem breiteren Publikum, insbesondere den lokalen Gebietskörperschaften, bekannt gemacht werden könnten. Der EWSA ist der Auffassung, dass für einen optimalen Energiemix ein entsprechender Verkehrsträgermix erforderlich ist, was überdies eine Steigerung der Effizienz der Kohlenwasserstoffe und der Prioritätensetzung im Verkehrsbereich impliziert. In Erwartung einer zuverlässigen und effizienten Wasserstofferzeugung ist der Einsatz von aus erneuerbaren Energieträgern gewonnener Elektrizität unaufschiebbar. Die Herausforderung im Verkehrswesen liegt auf kurze Sicht darin, verstärkt auf Elektrizität zurückzugreifen, wenn immer dies möglich ist. |
1.13 |
Der EWSA betont, wie wichtig die Sensibilisierung und Einbeziehung der Zivilgesellschaft ist, die durch ihr Verhalten zur Verwirklichung der Ziele eines geringeren Verbrauchs und der Förderung von Forschung und Innovation im Bereich umweltfreundlichere und ökologisch nachhaltigere Kraftstoffe beitragen. Die entsprechenden politischen Entscheidungen müssen Eingang in die europäische und nationale Politik finden, wobei der Mehrwert von Zusammenarbeit und Zusammenhalt der Mitgliedstaaten hervorgehoben werden sollte. Dies schließt die Verteidigung gemeinsamer Werte und des europäischen Sozialmodells ein, das für den Erhalt unserer Naturschätze und den Schutz von Gesundheit und Sicherheit der EU-Bürger und der in der Union lebenden und arbeitenden Menschen sorgt und in dessen Mittelpunkt die Lebensbedingungen der gesamten Menschheit stehen. |
2. Einleitung
2.1 |
Jacques BARROT, Vizepräsident der Kommission und für Verkehr zuständiges Kommissionsmitglied, hat den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Erarbeitung einer Stellungnahme zum Thema Energiemix im Verkehrsbereich ersucht. |
2.2 |
Der Ausschuss teilt die Besorgnis des für Verkehr zuständigen Kommissars über die Kraftstoffversorgung und hält es ebenfalls für erforderlich, unverzüglich Analysen und Studien in Bezug auf mögliche Lösungen zur Entwicklung der Verkehrspolitik und im Hinblick auf die Notwendigkeit der Versorgung mit den entsprechenden Kraftstoffen durchzuführen. |
2.3 |
Die Entscheidungen, die in Bezug auf die Energieeffizienz zu treffen sind, und die Herausforderungen, die sich in diesem Zusammenhang der Union in Bezug auf die vollständige Erfüllung der Ziele des Kyoto-Protokolls, den zu beobachtenden Klimawandel, die Reduzierung der Abhängigkeit von Drittstaaten bei der Energieversorgung, die bei der Lissabon-Agenda getroffenen Entscheidungen und die Verwirklichung der im Verkehrsweißbuch und für die Entwicklung der Komodalität gesetzten Ziele stellen, verleihen dieser Frage eine zentrale Bedeutung bei der Energiestrategie der Union. |
2.4 |
Bereits im Jahr 2001 hat die Kommission in ihrer Mitteilung über die für den Zeitraum 2001-2020 im Bereich Kraftstoffe gesetzten Ziele auf die Notwendigkeit hingewiesen, sich der Frage der Kraftstoffmischung zu stellen, und mehrere Ziele für nicht auf Erdöl basierende Kraftstoffe aufgestellt, wobei sie folgendes Szenario für möglich und kompatibel erachtet:
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2.5 |
Der EWSA begrüßte diese Mitteilung und hob in einer Initiativstellungnahme (1) die Entwicklung der Verwendung von Erdgas (2), die Erforschung der Biokraftstoffe und die Verbesserung der Energieeffizienz der im Handel befindlichen Kraftstoffe als die Lösung hervor, auf die gesetzt werden muss, um die Versorgung zu diversifizieren und gleichzeitig die Treibhausgasemissionen zu senken. |
3. Der Klimawandel
3.1 |
Immer mehr Wissenschaftler gehen heutzutage darin überein, dass das Klima unmittelbar von den Treibhausgasemissionen beeinflusst wird. Im Laufe des 20. Jahrhunderts ist die Durchschnittstemperatur um ca. 1oC gestiegen. Einigen auf aktuelle Klimamodelle mit Entwicklungstendenzen der weltweiten Treibhausgasemissionen gestützten Szenarien zufolge könnte die Durchschnittstemperatur weltweit um 2oC bis 6,3oC steigen, was mit verheerenden Folgen für das Wetter, den Meeresspiegel, die landwirtschaftliche Produktion und andere wirtschaftliche Aktivitäten einherginge. |
3.2 |
Der Umweltrat, der am 28. Juni 2007 in Luxemburg tagte, bekräftigte die Sachdienlichkeit des sechsten Umweltaktionsprogramms und der von der Kommission vorgeschlagenen Halbzeitüberprüfung, wobei er die vier darin enthaltenen Prioritäten herausstellte: Bekämpfung des Klimawandels, Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt, Reduzierung der negativen Auswirkungen der Umweltverschmutzung auf die Gesundheit, Förderung einer nachhaltigen Nutzung der natürlichen Ressourcen und nachhaltige Abfallbewirtschaftung. |
3.3 |
Der Umweltrat bestätigte die Strategie einer integrierten Umwelt- und Energiepolitik und verweist darauf, dass Verhandlungen über ein weltweites Abkommen für die Zeit nach 2012 aufgenommen werden müssen, die bis spätestens 2009 abgeschlossen werden sollten. Laut einer Erklärung, die der Präsident des Europäischen Rates, José Socrates, auf dem hochrangigen Treffen am 27. September in New York abgegeben hat, ist die UNO-Konferenz in Bali (3) über den Klimawandel „das geeignete Forum, um über künftige Maßnahmen zu verhandeln. In diesem Zusammenhang wird der Gipfel in Bali ein Meilenstein sein, von dem wir erwarten, dass die internationale Gemeinschaft einen ehrgeizigen Fahrplan für die Verhandlung eines weltweiten Abkommens über den Klimawandel aufstellt.“ Die Anwesenheit der Vereinigten Staaten, die ihre Vorbehalte hinsichtlich ihrer Teilnahme erst Mitte Oktober überwinden konnten, und ihre Zustimmung zur Schlusserklärung hat in Anbetracht ihrer wirtschaftlichen Macht und der Verantwortung, die sie bei der Freisetzung von Treibhausgasen trägt, den getroffenen Entscheidungen deutlich mehr Gewicht verliehen. |
3.4 |
Der Umweltrat betonte, wie wichtig es ist, die Umweltkosten gemeinsam mit den Kosten des Energieverbrauchs zu internalisieren, um nachhaltige und langfristige Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Ebenso wichtig ist es, verstärkt marktwirtschaftliche Instrumente in der Umweltpolitik, wie Steuern, Abgaben oder Emissionszertifikate, zu nutzen, um so einen Beitrag zur Verbesserung der Umwelt zu leisten. Die Ökoinnovation sollte rasch und in großem Umfang in die zu sämtlichen relevanten EU-Politiken durchgeführte Folgenabschätzung Eingang finden, und die wirtschaftlichen Instrumente sollten auf einer breiteren Basis und wirksamer eingesetzt werden, insbesondere in Bezug auf den Kraftstoff- und Energieverbrauch. |
3.5 |
Die Kommission hat am 29. Juni 2007 das Grünbuch über die Anpassung an den Klimawandel vorgelegt. Bei der Vorstellung dieses Grünbuchs hat das für Umwelt zuständige Kommissionsmitglied Stavros DIMAS konkrete und sofortige Maßnahmen zur Anpassung an die sich bereits vollziehenden Veränderungen vorgeschlagen. Steigende Temperaturen, Überschwemmungen und extreme Niederschläge im Norden, Trockenheit und Hitzewellen im Süden, bedrohte Ökosysteme und neue Krankheiten sind nur einige der Probleme, die in dem Dokument beschrieben werden. |
3.6 |
„Sich anpassen oder untergehen: dies ist das Los einiger Sektoren in Europa“, so Stavros DIMAS. „Die Landwirtschaft, der Tourismus und der Energiesektor werden verheerende Schäden erleiden, und es gilt, jetzt zu handeln, um die damit einhergehenden künftigen wirtschaftlichen, sozialen und menschlichen Kosten zu reduzieren.“ |
3.7 |
In dem Dokument werden einige konkrete Lösungen vorgeschlagen: weniger Wasserverschwendung, Bau von Deichen und Schutzvorrichtungen gegen Hochwasser, Entwicklung neuer Techniken zum Schutz der Ernte, Schutz der vom Klimawandel am stärksten betroffenen Bevölkerungsgruppen und Ergreifen von Maßnahmen zum Schutz der biologischen Vielfalt. Die Reduzierung der CO2-Emissionen bleibt jedoch für alle EU-Mitgliedstaaten das wichtigste Ziel. |
4. Der Europäische Rat
4.1 |
Der Europäische Rat hat sich auf seiner Frühjahrstagung im Jahr 2007 mit den Themen Energie und Klima beschäftigt und „eine integrierte Klima- und Energiepolitik“ vorgeschlagen, die er als absolute Priorität einstufte, wobei er „das strategische Ziel, den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf höchstens 2oC gegenüber dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen“, betonte. |
4.2 |
Mit der Energiepolitik für Europa wird eine klare Strategie verfolgt, die sich auf drei Pfeiler stützt:
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4.3 |
Was die Verkehrspolitik anbelangt, heißt es: „Der Europäische Rat unterstreicht, dass es einer effizienten, sicheren und nachhaltigen europäischen Verkehrspolitik bedarf. In diesem Zusammenhang sind weitere Maßnahmen erforderlich, um das europäische Verkehrssystem umweltverträglicher zu gestalten. Der Europäische Rat nimmt die laufenden Arbeiten der Europäischen Kommission zur Bewertung der externen Kosten des Verkehrs und zur Frage ihrer Internalisierung zur Kenntnis.“ Der Europäische Rat hat auf seiner Tagung am 21./22. Juni die Absicht der Kommission zur Kenntnis genommen, bis Juni 2008 ein Modell zur Bewertung der Internalisierung der externen Kosten sämtlicher Verkehrsträger und zur Darstellung neuer, im Einklang mit der Richtlinie über die Eurovignette stehender Maßnahmen vorzulegen, dergestalt, dass beispielsweise der Anwendungsbereich auf städtische Gebiete ausgedehnt wird und auf alle Fahrzeug- oder Infrastrukturarten Entgelte erhoben werden. |
5. Die Treibhausgasemissionen
5.1 |
Hinsichtlich der Emissionen entfallen auf den Verkehrssektor derzeit 32 % des Gesamtenergieverbrauchs in Europa und 28 % des Gesamtvolumens der CO2-Emissionen (4). Er wird dafür verantwortlich gemacht, dass im Zeitraum von 1990 bis 2010 die Emissionen um 90 % ansteigen werden und könnte einer der Hauptgründe dafür sein, dass die Ziele von Kyoto nicht erreicht werden. Beim Straßenpersonenverkehr wird eine Zunahme um 19 % angenommen, während die Emissionen beim Straßengüterverkehr Schätzungen der Kommission zufolge um mehr als 50 % ansteigen werden. |
5.2 |
Ein weiterer, ein exponentielles Wachstum aufweisender Sektor ist der Luftverkehr, dessen Emissionen im Zeitraum von 1990 bis 2004 um 86 % zugenommen haben und der derzeit für mehr als 2 % der weltweiten Emissionen verantwortlich ist. |
5.3 |
In dem Bericht TERM 2006 (Transport and Environment Reporting Mechanism — Mechanismus für die Berichterstattung über Verkehr und Umwelt) (5) wird die Ansicht geäußert, dass die im Jahr 2006 im Verkehrssektor erzielten Fortschritte noch unbefriedigend sind. In dem Bericht wird die Halbzeitüberprüfung des Verkehrsweißbuchs 2001 untersucht, die positive oder negative Ergebnisse bringen könnte, je nachdem, wie seine Anwendung auf nationaler und regionaler Ebene ausgelegt wird. Aus ökologischer Sicht wird laut der EUA bei der Überprüfung der Schwerpunkt von der Steuerung der Verkehrsnachfrage auf die Mäßigung der gegenwärtigen negativen Auswirkungen verlagert, d.h. der Anstieg der Verkehrsnachfrage wird nicht mehr als eines der wichtigsten Umweltthemen des Verkehrssektors angesehen. Schlüsselfragen wie Klimawandel, Lärmemissionen und Landschaftszerstückelung aufgrund übermäßiger Verkehrsinfrastruktur machen nach wie vor eine Steuerung der Verkehrsnachfrage erforderlich. Das Weißbuch scheint hinsichtlich dieses Ziels gescheitert zu sein. |
5.4 |
Ein weiterer bedeutender Aspekt, der in dem Bericht hervorgehoben wird, sind die Beihilfen im Verkehrssektor, die sich in der EU auf 270 bis 290 Mrd. EUR belaufen. Nahezu die Hälfte dieses Betrags ist für den Straßenverkehr bestimmt, einen der am wenigsten umweltfreundlichen Verkehrsträger. Obwohl der Verkehr eine der Ursachen für zahlreiche Umweltprobleme wie Klimawandel, Luftbelastung und Lärm ist, wird er durch beachtliche Beihilfen gefördert. Der Straßenverkehr erhält 125 Mrd. EUR pro Jahr, zum größten Teil in Form von Infrastrukturbeihilfen, wenn man davon ausgeht, dass die auf den Straßenverkehr erhobenen Steuern und Entgelte nicht als Beiträge zur Finanzierung der Infrastruktur betrachtet werden. Der Luftverkehr, bei dem es sich um den Verkehrsträger mit der größten spezifischen Klimaauswirkung handelt, wird durch umfassende Beihilfen in Form steuerlicher Vergünstigungen, insbesondere der Mehrwertsteuer- und Kraftstoffsteuerbefreiung, in Höhe von insgesamt 27 bis 35 Mrd. EUR pro Jahr gefördert. Der Schienenverkehr wird mit 73 Mrd. EUR pro Jahr subventioniert und ist der größte Empfänger sonstiger in den Haushalt eingestellter Beihilfen. Hinsichtlich des Binnenschiffverkehrs wird in dem Bericht von Beihilfen in Höhe von 14 bis 30 Mrd. EUR gesprochen (Bericht der EUA Size, structure and distribution of transport subsidies in Europe (Umfang, Struktur und Verteilung der Verkehrsbeihilfen in Europa), nicht auf Deutsch verfügbar). |
5.5 |
In dem Jährlichen Treibhausgasinventar der Europäischen Gemeinschaft 1990-2005 und Inventarbericht 2007 wird Folgendes hervorgehoben:
Die CO2-Emissionen des Straßenverkehrs sind im Zeitraum 2004-2005 um 0,8 % (6 Mio. Tonnen CO2eq) zurückgegangen; |
6. Die Sicherheit der Primärenergieversorgung
6.1 |
Die Europäische Union ist zu mehr als 50 % auf Energieeinfuhren angewiesen (davon macht das Erdöl 91 % aus) und wenn diese Tendenz nicht radikal umgekehrt wird, wird diese Abhängigkeit bis zum Jahr 2030 bis auf 73 % ansteigen. Mit dieser wesentlichen Frage haben sich der Rat und mehrmals das Europäische Parlament sowie die Kommission selbst beschäftigt und die Notwendigkeit festgestellt, dass politische Maßnahmen erforderlich sind, die auf einen größtmöglichen Selbstversorgungsgrad im Energiebereich abheben. |
6.2 |
In dem Bericht über die makroökonomischen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise (6) vom 15. Februar 2007 hat das Europäische Parlament festgestellt, dass mehr als 56 % des gesamten Erdölverbrauchs auf den Verkehrssektor entfallen, und sich für eine EU-Strategie für einen vollständigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen ausgesprochen und argumentierte, dass „die Kraftstoffversorgung durch eine Unterstützung der Produktion unkonventioneller Ölkraftstoffe und flüssiger Kraftstoffe auf der Grundlage von Naturgas oder Kohle ausgeweitet werden könnte“, sofern dies wirtschaftlich vertretbar ist. Das Europäische Parlament fordert darüber hinaus eine Rahmenrichtlinie zur Steigerung der Energieeffizienz im Verkehrssektor, die Harmonisierung der gesetzlichen Bestimmungen für Personenkraftwagen und eine harmonisierte Besteuerung von Fahrzeugen auf der Grundlage des CO2-Ausstoßes, Kennzeichnungsverfahren sowie steuerliche Anreize zur Diversifizierung der Energiequellen. Schließlich ruft das Parlament zu Entwicklung von Fahrzeugen mit niedrigen CO2- Emissionen auf, die mit Biokraftstoffen der zweiten Generation und/oder Biowasserstoff (aus Biomasse gewonnener Wasserstoff) betrieben werden. |
6.3 |
Die Krise mit Russland, die in der Entscheidung vom 1. Januar 2006 gipfelte, die Energieversorgung von Kiew einzuschränken, und die endemische politische Instabilität des Nahen Ostens stellen Europa vor Herausforderungen von epochaler Bedeutung, d.h. es muss Europa gelingen, sich mit Blick auf den bevorstehenden Druck auf die Nachfrage nach fossilen Brennstoffen eine sichere und dauerhafte Energieversorgung zu sichern. |
6.4 |
Die Erzeugung alternativer und erneuerbarer Energieträger für den Verkehrssektor beschränkt sich in Europa derzeit nahezu ausschließlich auf Biokraftstoffe, die zurzeit 1 % des Energiebedarfs des europäischen Verkehrssektors abdecken. In der Stellungnahme zu den Fortschritten bei der Verwendung von Biokraftstoffen (7) hat der EWSA betont, dass die bislang verfolgte Politik überdacht werden und entschlossen auf die Biokraftstoffe der zweiten Generation gesetzt werden muss. Gleichzeitig muss die Entwicklung der Transformationstechnologien der zweiten Generation gefördert und unterstützt werden, um Rohstoffe, die aus schnell wachsenden Kulturen — insbesondere beim Anbau von Graspflanzen und in der Forstwirtschaft — oder aus landwirtschaftlichen Nebenprodukten gewonnen werden, verwenden zu können. Dabei ist die Verwendung von wertvollerem, für die Ernährung wichtigem Saatgut zu vermeiden. Insbesondere können Bioethanol und Bioethanolprodukte, die bislang durch Gärung (und anschließende Destillation) von Getreide, Zuckerrohr oder Rüben gewonnen werden, in Zukunft aus einem breiteren Spektrum von Rohstoffen hergestellt werden, das auch durch Biomasse aus Abfallprodukten der landwirtschaftlichen Erzeugung, Abfälle der Holz- und Papierindustrie und andere spezifischen Kulturen ergänzt werden kann. |
7. Der Verkehrsträgermix
7.1 |
Der Energiemix im Verkehrsbereich wird weitgehend durch die Verkehrsträger bestimmt, die gewählt werden, um verschiedenen Bedürfnissen im Güter- und Personenverkehr gerecht zu werden. Er ist wichtig, da die verschiedenen Verkehrsträger mehr oder weniger von Kohlenwasserstoffen abhängig sind. Jede Strategie für den optimalen Energiemix im Verkehrsbereich muss daher entsprechend darauf ausgerichtet sein, die Abhängigkeit des Personen- und Güterverkehrs von fossilen Brennstoffen zu reduzieren. |
7.2 |
Um dies zu erreichen, können im Wesentlichen zwei Wege eingeschlagen werden. Erstens müssen in Hinblick auf die Effizienz der Kohlenwasserstoffe und die Prioritäten für den Verkehr, wie sie an anderer Stelle dieser Stellungnahme erörtert werden, Veränderungen stattfinden. Zweitens muss der Nutzung der Elektrizität Priorität eingeräumt werden. Angesichts der bestehenden Energiequellen und des künftigen Potenzials erneuerbarer Energien können wir der Zukunft der sauberen Energieversorgung zuversichtlich entgegensehen. Die Herausforderung liegt in der Nutzung von mehr Elektrizität im Verkehrsbereich. |
7.3 |
Der Verkehrsträger mit dem größten elektrischen Potenzial ist die Schiene, ganz gleich ob im Personen- oder Gütertransport oder im internationalen, nationalen, regionalen oder städtischen Verkehr. Durch die Ausweitung des elektrisch betriebenen Schienenverkehrs können der Kurzstreckenluftverkehr, der Langstrecken-Straßengüterverkehr und ganz allgemein die Nutzung von Bussen und Autos verringert werden. |
7.4 |
Das Beratende Gremium für europäische Eisenbahnforschung (European Rail Research Advisory Council — ERRAC) betont in seiner Agenda die Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt, um eine Verdreifachung des Güter- und Passagiervolumens im Schienenverkehr bis 2020 zu ermöglichen. Im Mittelpunkt der Initiativen stehen die Entwicklung der Energieeffizienz und Umweltfragen. Im Rahmen der TEN-Projekte werden mögliche Anwendungen der wasserstoffbetriebenen Brennstoffzellen untersucht, die in das elektrische Antriebssystem von Zugmaschinen integriert werden und allmählich zur Ersetzung der derzeit mit fossilen Brennstoffen angetriebenen Lokomotiven führen könnten. |
7.5 |
In absehbarer Zukunft wird der Luftverkehr weiterhin von Kohlenwasserstoffen abhängig bleiben, jedoch dürfte durch die Einführung von Hochgeschwindigkeitszügen die Anzahl von Linienflügen auf Strecken unter 500 Kilometer deutlich reduziert werden. Der Luftfrachtsektor, in dem spezielle Transportflugzeuge verwendet werden, wächst stärker als der Personenluftverkehr. Teile davon, insbesondere die kommerziellen Postdienste, könnten in Zukunft auf das Hochgeschwindigkeitsschienennetz verlagert werden. Diese Umstellung im Verkehrsträgermix würde durch den Ausbau von Hochgeschwindigkeits-Zugverbindungen zu Flughäfen noch beschleunigt werden. |
7.6 |
Der Beirat für Luftfahrtforschung in Europa (Advisory Council for Aeronautical Research in Europe — ACARE) setzt sich in seiner eigenen Agenda für strategische Forschung für die Untersuchung der globalen Frage des Klimawandels, der Lärmbelastung und der Luftqualität ein. Im Rahmen des Projekts Clean Sky, einer gemeinsamen technologischen Initiative, wird nach den besten Lösungen für einen nachhaltigen Luftverkehr im Hinblick auf Design, Motoren und Kraftstoffe gesucht. Die Durchführung des Projekts SESAR dürfte die Möglichkeit bieten, erhebliche Einsparungen durch eine Straffung des Flugverkehrsmanagementsystems vorzunehmen (siehe Stellungnahme des EWSA). |
7.7 |
Der nationale und internationale Straßengüterverkehr ist ein Hauptabnehmer für Kraftstoffe auf Kohlenwasserstoffbasis. Ein Hochgeschwindigkeits-Güterverkehrsnetz des 21. Jahrhunderts zwischen intermodalen Hauptumschlagplätzen könnte zu einer Materialersparnis im Straßengüterverkehr führen. Sofern das Hochgeschwindigkeitsschienennetz weiterentwickelt wird, könnte es nachts für den Güterverkehr verwendet werden. Solch eine Umstellung im Verkehrsträgermix würde durch eine Preisstrategie für Straßen, Kraftstoffe und Führerscheine noch beschleunigt werden. |
7.8 |
Das Beratende Gremium für europäische Straßenverkehrsforschung (European Road Transport Research Advisory Council — ERTRAC) hat ebenfalls eine Agenda für strategische Forschung verabschiedet. Die Kernpunkte sind Umwelt, Energie und Forschung. Neben einem gesonderten Kapitel über Kraftstoffe gehört zu den wichtigsten Zielen der Agenda die Senkung der spezifischen CO2-Emissionen (pro Kilometer) um bis zu 40 % bei PKW und um bis zu 10 % bei schweren Nutzfahrzeugen bis zum Jahr 2020. |
7.9 |
Der Schiffsverkehr wird generell durch die öffentliche Meinung unterstützt, egal ob er über Flüsse und Kanäle oder den Küsten- oder Seeverkehr erfolgt. Die Fluss-, Kanal- und Küstenfrachtschifffahrt sind energieeffiziente Alternativen zum Straßenverkehr, die bei der Änderung des Verkehrsträgermixes gefördert werden sollten. |
7.10 |
Der interkontinentale Seeverkehr verbraucht derzeit mehr Kohlenwasserstoff als die Luftfahrt und ist außerdem ein schneller wachsender Bereich. Er macht etwa 95 % des Welthandelsvolumens aus und ist relativ effizient, gleichzeitig ist er aber eine erhebliche Quelle von Schwefel und Stickoxidemissionen. |
7.11 |
Mit der Globalisierung der Versorgungsketten und den aufstrebenden Volkswirtschaften Asiens wird beim interkontinentale Seeverkehr in den nächsten fünfzehn Jahren ein Wachstum von 75 % erwartet, woraus sich steigende Emissionen ergeben, da in diesem Verkehrsbereich Dieselkraftstoff eingesetzt wird. Werden wir aufgrund des Emissionsanstiegs und der sich verringernden Vorräte an Kohlenwasserstoffkraftstoffen schließlich eine Ära erreichen, in der der Güterfernverkehr zwischen den bedeutenden Häfen aller fünf Kontinente in riesigen kernkraftbetriebenen Massengutfrachtern wie modernen U-Booten, Flugzeugträgern und Eisbrechern abgewickelt wird? Dies würde mit Sicherheit den Energiemix im Verkehrsbereich verändern. |
7.12 |
Im Seeverkehrssektor stellt die Technologieplattform für den Schiffsverkehr Waterborne derzeit Forschungen zur globalen Verbesserung der Leistung der Schiffsmotoren, zur Reduzierung der Reibungswiderstände und im Hinblick auf Prüfverfahren für mögliche Alternativkraftstoffe, darunter Wasserstoff, an. |
7.13 |
Personenkraftwagen sind multifunktionale und unentbehrliche Fahrzeuge, die die Menschen in ihrem Alltag benötigen. Mit einer Strategie zur Änderung des Verkehrsträgermixes gibt es dennoch Möglichkeiten, Fahrten mit dem Bus und Pkw in Städten und Umland durch elektrisch betriebene Züge und Straßenbahnen zu ersetzen. |
7.14 |
Was die Wahl der am besten geeigneten und effizientesten Kraftstoffe anbelangt, muss die relative Energiedichte der verschiedenen Kraftstoffe berücksichtigt werden. Daher müssen die Bemühungen auf den Einsatz von Kraftstoffen mit einer höheren Dichte gerichtet werden. Als konkretes Beispiel ist nachstehend eine Tabelle mit einigen in MJ/kg ausgedrückten Dichtewerten zu finden.
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7.15 |
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass es durchaus Möglichkeiten für eine Änderung des Verkehrsträgermixes gibt, durch die die Kohlenwasserstoffabhängigkeit des Verkehrssektors der EU grundlegend beeinflusst würde. Der Schlüssel hierzu ist die Erzeugung von mehr Elektrizität, wodurch der elektrisch betriebene Verkehr weiter entwickelt werden könnte, sowie die Bereitstellung der Energiequelle für die letztliche Entwicklung von Antrieben auf Wasserstoffbasis. |
8. Die Wasserstoffgesellschaft
8.1 |
Die Umweltschäden werden in erster Linie von den Produkten der Verbrennung fossiler Brennstoffe verursacht, aber auch von den für deren Abbau, Transport und Verarbeitung eingesetzten Technologien. Die größten Schäden sind jedoch diejenigen, die durch ihre Endverwendung entstehen. Insbesondere werden durch die Verbrennung neben Kohlendioxid auch Elemente in die Luft freigesetzt, die bei der Raffination zugesetzt werden (beispielsweise bleihaltige Verbindungen). |
8.2 |
Für das Jahr 2020 wird eine weltweite Nachfrage von 15 Mrd. Tonnen CO2eq mit einer jährlichen Wachstumsrate von über 2 % prognostiziert. Diese Nachfrage wird weiterhin vorwiegend durch fossile Brennstoffe gedeckt werden müssen, die heute zwischen 85 % und 90 % des weltweiten Energieangebots ausmachen. Es ist jedoch bereits eine allmähliche Verlagerung der Nachfrage zu Brennstoffen mit einem geringen Kohlenstoff/Wasserstoffverhältnis (C/H) festzustellen, wobei eine Abwendung von Kohlenstoff hin zu Erdöl und Methan und allmählich zu einem vollständigen Verzicht auf Kohlenstoff, d.h. zum Einsatz von Wasserstoff als Energieträger, zu beobachten ist. |
8.3 |
Auf einer Anhörung in Portugal wurden interessante Daten aus Experimenten mit der bei einem Linienbus des öffentlichen Nahverkehrs in Porto eingesetzten Wasserstoffbrennstoffzellen-Technologie vorgestellt. Mit großem Interesse wurde ein Wandel in der Einstellung der Bürger gegenüber Wasserstoff festgestellt. Durch die bereitgestellten Informationen konnten das Misstrauen und die Bedenken gegenüber diesem Energieträger in erheblichem Maße reduziert werden. Wasserstoff ist wohlgemerkt kein frei verfügbarer Primärenergieträger, sondern muss gewonnen werden:
Die weltweite Wasserstoffproduktion beträgt 500 Mrd. Kubikmeter (dies entspricht 44 Mio. t), wovon 90 % auf den chemischen Prozess der Reformierung leichter Kohlenwasserstoffe (in erster Linie Erdgas) oder das Cracking schwererer Kohlenwasserstoffe (Erdöl) und zu 7 % auf Kohlevergasung entfallen. Nur 3 % werden durch Elektrolyse gewonnen. |
8.4 |
Berechnungen nach der Lebenszyklusmethode zufolge beträgt die Menge an Treibhausgasemissionen, die bei der Nutzung von mit herkömmlichen Methoden, d.h. per Elektrolyse, hergestelltem Wasserstoff freigesetzt wird, unter Berücksichtigung des Energiemixes von Portugal, das bereits über eine beachtlichen Anteil erneuerbarer Energieträger verfügt, ein 4,6-Faches der Emissionen von mit Dieselkraftstoff oder Erdgas betriebenen Motoren und ist dreimal höher als die Emissionen von Benzinmotoren. Dies bedeutet, dass die Perspektiven eines breiten Einsatzes von Wasserstoff die Entwicklung der erneuerbaren Energieträger mit sehr geringen Treibhausgasemissionen bedingt. |
8.5 |
Die Verbrauchskurve hat gezeigt, dass dem Motor — auch im Leerlauf — erheblich mehr Wasserstoff zugeführt werden muss als dies bei herkömmlichen Kraftstoffen der Fall ist, um ihn am Laufen zu halten. Im Hinblick auf den städtischen Nahverkehr, bei dem es aufgrund der Verkehrsdichte oder der Haltestellen zu häufigen Halts kommt, bedeutet dies natürlich, dass über den künftigen Einsatz von Wasserstoff noch weiter nachgedacht werden muss. |
8.6 |
Doch ist zu bedenken, dass das in Porto durchgeführte Experiment in einem viel weiter gefassten Kontext als dem des Projekts CUTE (Clean Urban Transport for Europe) erfolgte. Die Gesamtergebnisse des Projekts weichen aufgrund unterschiedlicher orografischer Gegebenheiten, Verkehrsbedingungen und Nutzungsarten von den während der Anhörung erörterten ab. Insgesamt gesehen hat das Projekt ermutigende Ergebnisse gebracht, wobei auch die Probleme im Zusammenhang mit der Entwicklung von Wasserstoff aufgezeigt wurden. Das größte Problem ist nach dem Dafürhalten der Kommission die mangelnde Fähigkeit der hochrangigen politischen Entscheidungsträger, die Möglichkeiten und Vorteile, die eine deutlich stärkere Nutzung von Wasserstoff im städtischen Verkehr bietet, in ihrem vollen Umfang zu erkennen. |
8.7 |
Der rein elektrische Antrieb scheint die bestgeeignete Lösung zur Eindämmung der Emissionen zu sein, wobei die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energieträgern oder der Hybrideinsatz von Erdgas und Wasserstoff — zumindest solange sie in großen Mengen zur Verfügung stehen — entwickelt werden sollte. Zwar wurden bislang noch keine genauen Studien über diese Alternative durchgeführt, aber einigen Effizienz- und Energiekraftparametern zufolge scheint sie am wirkungsvollsten zu sein. |
8.8 |
Eine weitere Zwischenlösung ist der Einsatz eines Wasserstoff-Methan-Gemisches mit niedrigem Wasserstoffanteil. Diese Methode stellt einen ersten Schritt zur Nutzung von Wasserstoff für die Mobilität dar. Sie hat wenige Nachteile: da die Verteilungs- und Lagerungssysteme an Bord des Fahrzeugs dieselben sind, kann sie bei den bereits zugelassenen Fahrzeuge eingesetzt werden und bietet mit dem Methan vergleichbare Leistungen, jedoch werden die Emissionen gesenkt und die Verbrennungsgeschwindigkeit wird erhöht, wobei gleichzeitig die Partikelemission und die Stickoxidbildung reduziert werden. |
8.9 |
Einer von der ENEA (Ente nazionale per le energie alternative — Staatliches Institut für alternative Energien) (9) vorgelegten Studie zufolge haben jüngste Studien, die im Rahmen des Denver Hithane Project von der Colorado State University und in Kalifornien mit Unterstützung des Energieministeriums (DoE) und der National Renewable Energy Laboratories durchgeführt wurden, gezeigt, dass eine Beimischung von 15 % H2 zu CH4 den Gesamtanteil von Kohlenwasserstoffen um 34,7 %, den Kohlenmonoxidgehalt um 55,4 %, den Stickoxidanteil um 92,1 % und den Kohlendioxidgehalt um 11,3 % senkt. |
8.10 |
Die Gewinnung von H2 unter Verwendung erneuerbarer Energieträger ist die einzige in ökologischer Hinsicht realistische Option, denn mit Wasserstoff als Energiespeicherelement können das von Natur aus zyklische Energieangebot (Nacht/Tag, Jahreszyklus usw.) und die variable und davon entkoppelte Energienachfrage miteinander in Einklang gebracht werden: Wasserstoff sollte mit der am wenigsten energieaufwendigen Technologie hergestellt werden, wobei eine umfassende Analyse des Herstellungszyklus und des betreffenden energetischen Zweckes erforderlich ist. Erneuerbare Energien, die für die Erzeugung von Wärme oder elektrischer Energie oder als Brennstoff genutzt werden, muss ohne den Umweg über den längeren Wasserstoffkreislauf gewonnen und mithin unmittelbar genutzt werden. |
8.11 |
Ein weiterer Faktor, der berücksichtigt werden muss, ist die Erzeugung in der Nähe des Orts des Energieverbrauchs, wodurch die durch den Transport entstehenden Kosten und freigesetzten Emissionen verringert werden. Diese allgemeingültige Theorie trifft noch stärker zu, wenn es um die Energieeffizienz geht, und zwar wegen der Kosten des bei der Übertragung und Verteilung auftretenden Energieverlusts. Deshalb ist auch die geografische Streuung der Herstellung ein Aspekt, dem Rechnung getragen werden muss. |
8.12 |
Der künftige Einsatz von Wasserstoff hängt auch von der Dichte des Versorgungsnetzes ab. Analog zu den Schwierigkeiten, die beim komprimierten Erdgas (CNG) auftreten, bei dem das Versorgungsnetz sehr lückenhaft ist und in einigen Mitgliedstaaten praktisch ganz fehlt, gibt es keinerlei Versorgungsstellen für mit Wasserstoffbrennstoffzellen betriebene Fahrzeuge. Die Verbreitung von CNG und künftig auch von Wasserstoff muss von Maßnahmen zur massiven Markeinführung flankiert werden. |
8.13 |
Die Europäische Kommission hat 470 Mio. EUR für die Gründung des gemeinsamen Unternehmens „Brennstoffzellen und Wasserstoff“ (KOM(2007) 571 endg.) vorgesehen, das die breitere Nutzung von Wasserstoff beschleunigen dürfte und sicherlich auch für den Verkehrsbereich von Bedeutung ist. Der EWSA erarbeitet hierzu gerade eine Stellungnahme. Zu diesem Finanzbeitrag der Gemeinschaft kommen Mittel in gleicher Höhe aus der Privatindustrie hinzu, was insgesamt 1 Mrd. EUR zur beschleunigten Einführung von Wasserstoff in Europa ergibt. Diese Mittel werden dazu dienen, technologische Initiativen zur Herstellung von Wasserstoffbrennstoffzellen und ein Programm zur Erforschung und Anwendung dieser Technologie zu finanzieren. Die Forschungsarbeiten werden von öffentlichen und privaten Partnern aus industriellen und akademischen Kreisen durchgeführt und sechs Jahre dauern. Das Ziel ist klar: im kommenden Jahrzehnt (2010-2020) sollen wasserstoffbetriebene Fahrzeuge auf dem Markt eingeführt werden, mit anderen Worten in drei Jahren. |
8.14 |
Bereits heute haben viele wasserstoffbetriebene Fahrzeuge Marktreife erlangt. Es fehlt jedoch ein gemeinsames, vereinheitlichtes und vereinfachtes Zulassungsverfahren für diese Fahrzeuge. Derzeit werden wasserstoffbetriebene Fahrzeuge nicht vom gemeinschaftlichen Fahrzeugzulassungssystem abgedeckt. Durch die Festlegung europäischer Normen kann das Forschungsrisiko der Fahrzeughersteller verringert werden, so dass sie Analysen darüber durchführen können, welche Prototypen über echte Marktchancen verfügen. |
8.15 |
Im Rahmen des von der Europäischen Kommission kofinanzierten Projekts Zero Regio werden in Mantua und Frankfurt zwei innovative Arten von Infrastruktur zur Versorgung von brennstoffzellbetriebenen Fahrzeugen mit unterschiedlichen Kraftstoffen, darunter Wasserstoff, errichtet und erprobt, wobei verschiedene technische Möglichkeiten zur Wasserstoffherstellung und -verteilung eingesetzt werden. In Mantua wird der Wasserstoff auf dem Tankstellengelände mit einer erdgasbetriebenen Reformeranlage mit einer Leistung von 20 mc/h hergestellt. Bei der Technologie kommt ein katalytisches Hochtemperaturverfahren zum Einsatz, wobei ein vorgemischter Strom aus Dampf und Erdgas in mehreren Schritten in Wasserstoff umgewandelt wird. Die Fahrzeugflotte besteht zurzeit aus drei mit Brennstoffzellen ausgerüsteten Fiat Panda. Auch eine Versorgung mit Hydromethan ist geplant, um die CO2-Emissionen zu senken. Die Tankstellen in Mantua und Frankfurt gelten auch als Grüne Tankstellen, weil sie mit Photovoltaikanlagen mit einer Spitzenleistung von jeweils 8 und 20 kWp ausgerüstet sind, mit denen aus erneuerbaren Energien elektrischer Strom in einer Menge von 30 000 kWh/Jahr erzeugt werden können, was eine Senkung der CO2-Emissionen um ca. 16 Tonnen pro Jahr bedeutet. |
8.16 |
Die Techniken zur Abscheidung und Speicherung von Kohlendioxid sind äußerst kostspielig, wirken sich auf die Effizienz des Endprodukts aus und bringen erhebliche Probleme bezüglich der möglichen künftigen Risiken der Verschmutzung des Grundwassers oder die plötzliche Freisetzung enormer Kohlendioxidmengen mit sich. Die Methoden zur Herstellung von Wasserstoff mit Hilfe von Kohle erscheinen problematisch (10). |
8.17 |
Jüngste Untersuchungen (11) haben ein bislang vernachlässigtes Problem zutage gefördert: den potenziellen Wasserverbrauch im Falle einer raschen Entwicklung der Wasserstoffgesellschaft. Dabei wird vom gegenwärtigen Wasserbedarf für die Gewinnung durch Elektrolyse und die Kraftwerkskühlung ausgegangen. Die sich daraus ergebenden Daten sind äußert besorgniserregend: es wird angenommen, dass 5.000 Liter Wasser für die Erzeugung von 1 Kilo Wasserstoff erforderlich sind, allein für die Kühlung, und nach den heutigen Effizienznormen mehr als 65 kW pro kg. |
8.18 |
Die Nutzung von Wasserstoff als für Verkehrszwecke angepasster Energieträger stellt trotz der bislang aufgezeigten Grenzen die Herausforderung der Zukunft dar, und in relativ kurzer Zeit könnte der Anblick von teilweise oder ganz mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeugen auf unseren Straßen Realität werden. |
8.19 |
Wie er bereits in Bezug auf die Energieeffizienz festgestellt hat (TEN/274), hält der EWSA ein Webportal für äußerst sinnvoll, über das die an den Hochschulen betriebene Forschung und die in den Regionen und den Städten durchgeführten Experimente einem breiteren Publikum, insbesondere den lokalen Gebietskörperschaften, zugänglich gemacht werden könnten. Der Austausch bewährter Praktiken ist für politische Maßnahmen mit hoher Subsidiaritätskomponente, d.h. auf lokaler Ebene beschlossene Maßnahmen, wesentlich. |
8.20 |
In dem Webportal sollten folgende auf ganz Europa bezogene Durchschnittszahlen veröffentlicht werden:
Nur so wird zu sehen sein, wie hoch der CO2-Ausstoß und die CO2-Einsparung tatsächlich sind, und nur so können die eingesparten Kilowattstunden richtig in CO2-Gewicht umgerechnet werden |
9. Bemerkungen und Empfehlungen des EWSA
9.1 |
Der EWSA hat die vorliegende Stellungnahme auf Ersuchen von Kommissionsmitglied Jacques BARROT erarbeitet, um die Kommission und die anderen EU-Institutionen darüber zu informieren, welche Maßnahmen die Zivilgesellschaft als erforderlich erachtet, um die Herausforderungen des Kyoto-Protokolls zu meistern. |
9.1.1 |
Der EWSA ist der Ansicht, dass die zum künftigen Kraftstoffmix angestellten Überlegungen mit einschneidenden Veränderungen bei den derzeitigen Verkehrsträgern Hand in Hand gehen müssen, indem dem öffentlichen Nahverkehr und den außerstädtischen öffentlichen Verkehrsmitteln Vorrang eingeräumt wird, wozu die Fahrzeugflotten modernisiert und die Infrastruktur verbessert werden muss. Die Qualität und die Effizienz des Schienenverkehrs müssen durch Investitionen in die Infrastruktur und in das rollende Material verbessert werden, weshalb die Erzeugung des für die Entwicklung des Schienenverkehrs erforderlichen Stroms immer stärker auf erneuerbare Energieträger und Kraftstoffe mit einem immer geringeren Kohlenstoffanteil ausgerichtet werden sollte. |
9.2 |
Der EWSA hatte bereits in einer früheren Stellungnahme (TEN/274, Berichterstatter: Herr IOZIA) klar Folgendes festgestellt: „Der Verkehrssektor hat sehr viel Energie darauf verwandt, den Verbrauch und die Schadstoffemissionen zu senken: Jedoch ist es insofern gerechtfertigt, ihm noch weitere Anstrengungen abzuverlangen, als es sich um den Sektor mit dem größten Verbrauchsanstieg handelt und er zu den Hauptverursachern von Treibhausgasen gehört […] Ferner fällt der europäischen Verkehrsindustrie deshalb die Pflicht zu, einen wichtigen Beitrag zur Energieeffizienz, zur Reduzierung der Emissionen und zur Senkung der Importe von Erdölprodukten und Erdgas zu leisten, weil der in diesem Sektor verwendete Kraftstoff […] aus Drittländern importiert werden muss“. |
9.3 |
Der EWSA teilt und befürwortet die Ansicht, dass Effizienz, Sicherheit und Nachhaltigkeit den europäischen Institutionen als die Kriterien für die Beurteilung dienen und dienen müssen, welche Politik zu betreiben ist und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um einen sauberen Energieverbrauch zu fördern, für einen umweltfreundlicheren und ausgewogeneren Verkehrssektor zu sorgen, die europäischen Unternehmen in die Pflicht zu nehmen, ohne ihre Wettbewerbsfähigkeit zu beeinträchtigen, und einen der Forschung und der Innovation förderlichen Rahmen zu schaffen. |
9.4 |
Bei dem künftigen Kraftstoffmix für den Verkehrssektor muss demnach Folgendem Rechnung getragen werden: umfassende Senkung der Treibhausgasemissionen, möglichst starke Reduzierung der Abhängigkeit von Drittstaaten bei der Energieversorgung sowie Diversifizierung der Energiequellen und mit der Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Wirtschaftssystems vereinbare Kosten. |
10. Herausforderungen hinsichtlich der künftigen Kraftstoffwahl des EU-Verkehrssektors: eine Investition in die Forschung
10.1 |
Wenn die oberste Priorität die Einhaltung der Kyoto-Ziele ist, dann sollte der Großteil der verfügbaren Mittel sowohl seitens der öffentlichen Hand als auch der Privatwirtschaft für die Forschung über Kraftstoffe aufgewendet werden, die voll und ganz den Anforderungen hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, ökologische Nachhaltigkeit und geringem Emissionsausstoß gerecht werden. Diese sind eine unerlässliche Voraussetzung für einen umweltfreundlichen Verkehrssektor. |
10.2 |
Die Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen, den Forschungszentren, der Kraftstoffindustrie und der Herstellungsindustrie, insbesondere den Fahrzeugherstellern, muss intensiviert werden. Im Siebten Rahmenprogramm (7. RP) wird mit der Entscheidung des Rates 2006/971/EG über das spezifische Programm Zusammenarbeit das Ziel aufgestellt, Europa in wissenschaftlichen und technischen Schlüsselbereichen eine Führungsposition zu verschaffen. Zu diesen Prioritäten gehören Umwelt und Verkehr. |
10.2.1 |
Ein Gebiet, das anscheinend vernachlässigt wird, ist die Verbesserung der Effizienz herkömmlicher Batterien. Die Entwicklung von Elektroautos hängt insbesondere von einem geringeren Gewicht und einer größeren Autonomie und Leistungsfähigkeit der herkömmlichen Batterien ab. Der EWSA empfiehlt der Kommission, sich hierfür besonders einzusetzen. |
10.3 |
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hatte in einer seiner Stellungnahmen über das Siebte Rahmenprogramm (12) bereits seiner Besorgnis über die erwartete Verknappung fossiler Brennstoffe, die ständig steigenden Preise und die Klimafolgen geäußert. Darin wird vorgeschlagen, mehr Mittel für die Forschung im Energiesektor im Allgemeinen zur Verfügung zu stellen und betont, dass zur Bewältigung der Probleme des Verkehrssektors als ausreichend erachtete Mittel in Höhe von 4 100 Mio. EUR für den Zeitraum 2007-2013 zur Verfügung stehen. |
11. Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Volkswirtschaften und Verfügbarkeit von Energie zu bezahlbaren Preisen
11.1 |
Der EWSA unterstreicht den Kernpunkt der Strategie zur Wahrung der Wettbewerbsfähigkeit der Union, der zweifelsohne bezahlbare und stabile Preise sind. Das Transportwesen ist schon immer ein unverzichtbares Mittel zur Beförderung von Waren, Personen und Tieren zu den Märkten gewesen. Heute ist es auch für eine weitere wichtige europäische Industrie von wesentlicher Bedeutung, und zwar für den Tourismus. Der dritte Nachhaltigkeitsaspekt, d.h. tragbare Preise, stellt die schwierigste Herausforderung dar. Derzeit gibt es keine Kraftstoffe als Alternativen zu fossilen Brennstoffen, die preislich mit Erdöl und Erdgas konkurrieren können. Trotz der Preissteigerungen in den letzten Jahren sind die letzteren Produkte noch immer am konkurrenzfähigsten. |
11.2 |
Der EWSA erhofft sich zwar eine ständig zunehmende Nutzung der Biokraftstoffe und anderer erneuerbarer Kraftstoffe, hält es jedoch für unerlässlich, die Forschung im Bereich Biokraftstoffe der zweiten Generation zu fördern, bei denen Biomasseabfall oder nicht für den Verzehr bestimmte Biomasse verwendet wird und denen nicht dieselben Nachteile anhaften wie den Biokraftstoffen der ersten Generation, die in erster Linie aus Getreide, Rüben, Zuckerrohr oder ölhaltigen Samen für Nahrungs- oder Futtermittelzwecke erzeugt werden (13). Der Ausschuss hebt hervor, dass die Preisbeurteilung nicht ausschließlich auf die Endkosten des Produkts beschränkt bleiben darf, sondern dass für einen korrekten Kostenvergleich mit fossilen Kraftstoffen sämtliche externen Kosten eingerechnet (Umweltschäden, Herkunftsort der Rohstoffe, Verarbeitungskosten, Wasser- und Flächenverbrauch usw.) werden müssen. |
11.3 |
Sofern eine Mischung der Bestandteile nicht möglich ist, sollten parallel zu der progressiven Substitution die Verteilungssysteme allmählich angepasst und/oder überholt werden, um den physischen Eigenschaften der neuen Produkte Rechnung zu tragen. |
11.4 |
Der EWSA befürwortet zwar die positiven Aspekte dieser Strategie, ist sich aber bewusst, dass diese vor allem in der Anfangsphase kostspielig sein wird und das potenzielle Risiko einer Beeinträchtigung der Wettbewerbsfähigkeit Europas in sich birgt. Daher betont er, dass Europa zur treibenden Kraft hinter einer Debatte werden muss, die letztendlich dazu führt, dass auch die anderen Teile der Welt seinem Vorbild folgen, um diesem Risiko vorzubeugen und nicht die Resultate auf globaler Ebene zu schmälern. |
11.5 |
Für die Investitionen, die für die aus Biomasse erzeugten erneuerbaren Energien erforderlich sind, ist ein stabiler Rechtsrahmen nötig. Hierzu müssen die Kraftstoffrichtlinien den neuen Herstellungsmethoden angepasst werden, und eine offene Zusammenarbeit mit der Herstellungsindustrie ist erforderlich, um die Innovationsprozesse im Gleichlauf mit dem tatsächlichen Potenzial der Industrie voranzutreiben. Neben den Projekten des 7. RP muss auf nationaler und dezentraler Ebene besonderes Augenmerk auf die Innovation und Forschung auf diesem Gebiet gerichtet werden. |
11.6 |
Um dafür zu sorgen, dass die zur Entwicklung neuer effizienter und nachhaltiger Kraftstoffe unternommenen Anstrengungen und die dafür getätigten Investitionen nicht vergebens waren, müssen diese Prozesse von allen denkbaren Initiativen zur Erhöhung der Reisegeschwindigkeit der Fahrzeuge bei gleichzeitiger Senkung des Verbrauchs flankiert werden, indem beispielsweise europaweit an Straßenkreuzungen, die ein „Nadelöhr“ im nationalen oder Stadtverkehr bilden, geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Das Lissabonner öffentliche Verkehrsunternehmen Carris, das neben der herkömmlichen Straßenbahn (der legendären Linie 28) auch eine Flotte ökologischer Stadtbusse betreibt, konnte mit Hilfe von Maßnahmen, durch die die Reisegeschwindigkeit gesteigert werden konnte, wie der Verdoppelung der Busspuren, die CO2-Emissionen um 1,5 % senken. |
11.7 |
Das Verkehrsunternehmen SMTUC von Coimbra hat seinerseits mit einer blauen Linie mit elektrisch angetriebenen Bussen experimentiert, die in der Innenstadt auf ihnen vorbehaltenen Spuren ohne feste Haltestellen fahren und jederzeit angehalten werden können, um einzusteigen. Eine blaue Linie auf dem Asphalt zeigt die Fahrtroute dieses Busses an, der auch von Nichtansässigen und den zahlreichen Touristen genutzt werden kann, die diese effiziente und saubere Verkehrsart zu schätzen wissen. In Coimbra finden darüber hinaus Oberleitungsbusse besonders großen Anklang, die dank Zusatzbatterien ihre „Spur“ verlassen können, um Staus auszuweichen. Dieser Verkehrsträger kombiniert eine äußerst niedrige Umweltverschmutzung und Lärmbelästigung mit einer erheblich längeren durchschnittlichen Lebensdauer der Verkehrsmittel, wodurch die höheren anfänglichen Anschaffungskosten wettgemacht werden. |
11.8 |
Der EWSA empfiehlt durch entsprechende steuerliche Maßnahmen (geringere Steuersätze für die Anschaffung ökologischer Verkehrsmittel oder alternativ dazu Bereitstellung von Sondermitteln für die Kommunalverwaltungen, niedrigere Preise für ökologische Busse) Anreize für diese städtischen Verkehrsmittel zu schaffen und auf europäischer Ebene koordinierte Kampagnen zur Sensibilisierung für die Nutzung der Ökobusse durchzuführen, wobei das Park & Ride-System zu verbessern und auszubauen und ggf. die Sicherheit zu verbessern ist und die Preise niedrig gehalten werden sollten, indem sie in die Preise des städtischen Nahverkehrs eingerechnet werden, wie es bereits in zahlreichen europäischen Städten der Fall ist. |
11.8.1 |
In dem von der Kommission am 25.9.2007 vorgelegten Grünbuch „Hin zu einer neuen Kultur der Mobilität in der Stadt“ (KOM(2007) 551) werden diese Probleme behandelt und Lösungen vorgeschlagen, um die Projekte zur Verbesserung des Nahverkehrssystems mit Hilfe der durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) und das Programm CIVITAS finanzierten Initiativen zu fördern. In ihrem Grünbuch setzt die Kommission ein sehr starkes Signal zugunsten des ökologischen Nahverkehrs. Der EWSA stimmt diesem Ansatz zu und empfiehlt, auf der Grundlage dieser positiven Erfahrungen weitere konkrete Initiativen zu erforschen und die Zusammenarbeit mit der EIB und der EBWE zu verstärken. |
11.9 |
Die Zukunft des Nahverkehrs liegt eindeutig bei den öffentlichen Verkehrsmitteln, wie der EWSA bereits festgestellt hat (14). Im Verlauf der zur Erarbeitung dieser Stellungnahme durchgeführten Anhörungen wurden zwei Forschungsprojekte vorgestellt, die sich bereits im Versuchsstadium befinden: ein führerscheinfreies elektrisches Miniauto und ein kybernetisches Auto, das über ein komplexes Fernsteuerungssystem betrieben wird und auf vorher festgelegten Routen fahren kann. Diese Fahrzeuge könnten zur Benutzung innerhalb der Stadt vermietet werden und vielleicht an die Stelle der Straßenbenutzungsgebühren für große und umweltschädliche Fahrzeuge treten. |
Brüssel, den 13. Februar 2008
Der Präsident
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Dimitris DIMITRIADIS
(1) Entwicklung und Förderung alternativer Kraftstoffe für den Straßenverkehr in der EU (ABl. C 195 vom 18.8.2006, S. 75-79).
(2) Ebenda.
(3) Klimakonferenz der Vereinten Nationen, Dezember 2007, Bali.
(4) Die Europäische Umweltagentur (EUA) hat kürzlich ihren jährlichen Bericht „Transport and Environment: on the way to a new common transport policy“ (Verkehr und Umwelt: auf dem Weg zu einer neuen Verkehrspolitik) veröffentlicht, in dem die bei der Integration umweltpolitischer Maßnahmen in die Strategien des Verkehrssektors erzielten Fortschritte und deren Wirksamkeit bewertet werden.
(5) Der Bericht ist auf der EUA-Website veröffentlicht: Annual European Community GHG inventory 1990-2005 and inventory report 2007 (Jährliches Treibhausgasinventar der Europäischen Gemeinschaft 1990-2005 und Inventarbericht 2007), Europäische Umweltagentur, Technischer Bericht Nr. 7/2007.
(6) Bericht über die makroökonomischen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise, Manuel António DOS SANTOS (SPE, PT).
(7) Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament — Fortschrittsbericht Biokraftstoffe — Bericht über die Fortschritte bei der Verwendung von Biokraftstoffen und anderen erneuerbaren Kraftstoffen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union — KOM(2006) 845 endg.). Berichterstatter: Herr IOZIA.
(8) Laut Wikipedia Bagasse = Biomassereste, die nach der Extraktion des Zuckers aus dem Zuckerrohr anfallen.
Quelle: J. L. Cordeiro auf der Grundlage von Daten der Internationalen Energieagentur (IEA) und des US-amerikanischen Energieministeriums
(9) Ecomondo — Rimini, November 2006 — Giuseppe Migliaccio, ENEA.
(10) Die heutzutage am häufigsten verwendete Technologie ist diejenige der so genannten Kohlenstaubkraftwerke mit dem klassischen Dampfkreislauf und einer Behandlung der durch den Schornstein abgegebenen Verbrennungsprodukte. In der Praxis wird Dampf bei „herkömmlichem“ Druck und „herkömmlichen“ Temperaturen erzeugt, der Turbinen in Anlagen antreibt, die immer noch weit verbreitet sind. Derzeit gibt es vier unterschiedliche Anlagenarten. In absteigender Reihenfolge hinsichtlich ihrer technischen Ausgereiftheit und Umweltauswirkungen sind dies: superkritische und ultrasuperkritische Staubfeuerungsanlagen, Flüssigbettverbrennungsanlagen, Vergasungsanlagen mit kombiniertem Kreislauf und schließlich Anlagen mit Sauerstoffverbrennung. Momentan gibt es zwei Lösungen, bei denen eine geologische Speicherung des CO2 vorgesehen ist. Hierbei handelt es sich um die Verbrennung von Kohle in Kesseln, bei der Sauerstoff zugeführt wird, um eine hohe CO2-Konzentration des Verbrennungsgases zu erreichen, wodurch die Kosten für die Abscheidung und Speicherung gesenkt werden. Die zweite Lösung besteht darin, auf die IGCC-Technologie (Integrated Gasification Combined Cycle — Kombikraftwerk mit integrierter Kohlevergasung) zurückzugreifen, bei denen ein Synthesegas erzeugt wird, das anschließend behandelt wird, um es zu reinigen und dann den brennbaren edlen Bestandteil vom CO2 abzutrennen.
(11) Webber, Michael E. „The water intensity of the transitional hydrogen economy“, Environmental Research Letters, 2 (2007) 03400.
(12) ABl. C 185 vom 8.8.2006, S. 10 (Berichterstatter: Herr WOLF, Mitberichterstatter: Herr PEZZINI).
(13) Siehe Stellungnahme des EWSA nach der Plenartagung am 24./25. Oktober 2007.
(14) ABl. C 168 vom 20.7.2007, S. 77-86.