27.10.2007   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 256/47


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Grünbuch zu Anwendungen der Satellitennavigation“

KOM(2006) 769 endg.

(2007/C 256/10)

Die Europäische Kommission beschloss am 8. Dezember 2006, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen: „Grünbuch zu Anwendungen der Satellitennavigation“.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 19. Juni 2007 an. Berichterstatter war Herr BUFFETAUT.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 437. Plenartagung am 11./12. Juli 2007 (Sitzung vom 11. Juli) mit 134 Ja-Stimmen bei 5 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

GALILEO ist ein Vorzeigeprojekt der europäischen Raumfahrtpolitik. Aufgrund der Tragweite und der strategischen Bedeutung dieses Projekts hat sich die Europäische Weltraumbehörde (ESA) zu einer engen Zusammenarbeit mit der Europäischen Union entschlossen. Ein derartiges Zusammenspiel aus zwischenregierungs- und gemeinschaftlichem Ansatz sollte das Unternehmen zum Erfolg führen. Im gleichen Geiste der Zusammenarbeit sollte dieses Projekt auch in Form einer öffentlichen-privaten Partnerschaft durchgeführt werden.

1.2

Der erste Versuchssatellit, Vorläufer der künftigen 30 Satelliten der Konstellation, wurde Ende 2005 ins All geschossen, und das Projekt läuft, allerdings nicht ohne Schwierigkeiten und Verzögerungen.

1.3

GALILEO ist ein weltweites Satellitennavigationssystem, das eine Reihe von Ortungs-, Navigations- und Zeitgebungsdiensten bereitstellen wird.

1.4

Mit seinen 30 Satelliten und Bodenstationen wird GALILEO den Nutzern in zahlreichen Wirtschaftssektoren, beispielsweise im Verkehrswesen (Ortung von Fahrzeugen, Schiffen oder Luftfahrzeugen, Lenksysteme, Routensuche usw.), in Justiz, Polizei und Zoll (Grenzkontrollen) sowie in den Bereichen öffentliche Arbeiten (Topografie, geodätische Vermessungen, geografische Informationssysteme), Freizeit (Orientierung zur See und im Gebirge) und Sozialdienste (Hilfe für Menschen mit Behinderungen oder ältere Menschen), aber auch den für die Gefahrenabwehr zuständigen Regierungsdiensten Informationen über ihren Standort liefern. Außerdem kann das System dank der Ortung von Rettungsbojen auch zur Rettung von Menschen in Seenot oder in entlegenen Gebieten der Erde eingesetzt werden.

1.5

Der Markt für Produkte und Dienstleistungen, die auf Satellitennavigationsanwendungen beruhen, wird Schätzungen zufolge bis 2025 ein Volumen von 400 Mrd. EUR erreichen.

1.6

Die Verhandlungen über den Konzessionsvertrag sind heute an einem toten Punkt angelangt, vertreten doch die verschiedenen Partner derart unterschiedliche Auffassungen über das Wirtschaftsmodell von GALILEO und die Leitung des Industriekonsortiums. Die bis jetzt angesammelten Verzögerungen und das Fehlen jeglichen Zeichens von Fortschritt in den Verhandlungen stellen eine Gefahr für das ganze Projekt dar.

1.7

Angesichts dieser Schwierigkeiten hatte der Rat „Verkehr, Telekommunikation und Energie“ die Europäische Kommission im März 2007 gebeten, die Fortschritte bei den Konzessionsverhandlungen zu bewerten und mögliche Alternativszenarien zu untersuchen. Diese hat in ihrer Mitteilung „GALILEO am Scheideweg“ und angesichts dieser Pattstellung den Rat und das Europäische Parlament aufgefordert, das Scheitern der gegenwärtigen Konzessionsverhandlungen zur Kenntnis zu nehmen und zu beschließen, diese zu beenden; gleichzeitig hat sie den Rat und das Europäische Parlament aufgefordert, ihren Willen zur Errichtung und Weiterführung des GALILEO-Programms zu bekräftigen. Die Europäische Kommission schlägt die Durchführung eines Alternativszenarios vor, bei dem die Entwicklungs- und Errichtungsphase vom öffentlichen Sektor unterstützt und finanziert werden und ausschließlich die Betriebsphase Gegenstand des Konzessionsvertrags ist. Die Europäische Weltraumorganisation (ESA) würde als Projektträger und öffentlicher Auftraggeber im Namen der Europäischen Union fungieren.

2.   Inhalt des Grünbuches

2.1

Das Grünbuch der Europäischen Kommission enthält einerseits eine Kurzbeschreibung des bereits errichteten Systems und seiner voraussichtlichen Entwicklung sowie der Innovation verschiedenster möglicher Anwendungen, wobei auf die angebotenen fünf Arten von Diensten hingewiesen wird, als da sind der offen zugängliche Dienst („Open Access Service“), der kommerzielle Dienst („Commercial Service“), der sicherheitskritische Dienst („Safety-of-Life Service“), der Such- und Rettungsdienst („Search and Rescue Service“) und der „öffentliche regulierte Dienst“ mit beschränktem Zugang („Public Regulated Service“). Letzterer ist nicht Gegenstand des Grünbuchs, da die Entscheidung, ihn zu nutzen, den Mitgliedstaaten obliegt. Jeder Mitgliedstaat wird daher direkt von der Europäischen Kommission in dieser Frage kontaktiert. Sie wird die Antworten zusammenfassen und einen Synthesebericht vorlegen.

2.2

Folgende geplante und mögliche Anwendungsbereiche werden von der Europäischen Kommission aufgelistet:

standortbezogene Dienste (für die Allgemeinheit) und Notrufe;

Straßenverkehr;

Schienenverkehr;

Seeverkehr, Fischerei, Binnenschifffahrt;

Luftfahrt;

Zivilschutz, Notfallmanagement und humanitäre Hilfe;

Beförderung gefährlicher Güter;

Viehtransporte;

Landwirtschaft, Parzellenmessung, geodätische und Katastervermessungen;

Energie, Öl und Gas;

Suche und Rettung;

Logistik;

Umwelt;

Sport und Tourismus;

Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung.

2.3

Diese umfassende Liste der denkbaren Anwendungsbereiche zeigt den Umfang und die große Palette der möglichen Anwendungen.

2.4

Am Ende des Grünbuches wird wie gewöhnlich eine Reihe von Fragen an die interessierten Seiten gerichtet. Es ist nicht Aufgabe des Ausschusses, im Detail auf die einzelnen Fragen einzugehen, sondern vielmehr diejenigen Fragen hervorzuheben, die seiner Meinung nach von besonderer Bedeutung sind, und weitere Fragen aufzuwerfen, die seiner Ansicht nach gestellt hätten werden müssen.

2.5

Die Europäische Kommission bewertet außerdem die Rückmeldungen, die sie von den Interessengruppen auf das Grünbuch erhalten hat. Diese sind nicht besonders zahlreich und manchmal zu allgemein gehalten, um daraus wirklich Schlüsse ziehen zu können. Die Europäische Kommission wird daher den Konsultationsprozess ausweiten und vertiefende Anhörungen durchführen, um im Oktober 2007 einen Aktionsplan vorzulegen. Bislang hat kein einziger großer Wirtschaftssektor ausdrücklich sein Interesse an den gebührenpflichtigen Diensten angemeldet. Dies zeigt deutlich das Problem, einem allgemein zugänglichen und kostenlosen Dienst Konkurrenz bieten zu wollen, auch wenn dieser nicht gewährleistet ist. Daher stellt sich die Frage der wirtschaftlichen und finanziellen Ausgewogenheit des europäische Systems, eines zivilen Dienstes, der nicht über den gleichen öffentlichen (sprich in diesem Falle militärischen) Rückhalt verfügt wie das US-amerikanische GPS-System.

3.   Grundlegende Fragen

3.1

Frage 2 (1) zum Schutz der Privatsphäre ist von besonderer Bedeutung; der Ausschuss hat dieser Frage wiederholt großes Augenmerk gewidmet und die strenge Einhaltung des Grundsatzes des Schutzes der Privatsphäre gefordert. Es stellt sich an dieser Stelle die Frage des Gleichgewichts zwischen dem Recht auf Schutz der Privatsphäre und den technischen Möglichkeiten. Die Satellitennavigations- und -ortungssysteme ermöglichen es den Nutzern, ihren Standort festzulegen. Diese Information ist jedoch nur für sie und nicht für Dritte zugänglich, sofern der Nutzer nicht beschließt, seinen Standort zu übermitteln, beispielsweise durch mobile Telekommunikationsmittel wie Mobiltelefone. Da diese Systeme nur in eine Richtung funktionieren, verfügt der Betreiber des Navigationssystems, sei es nun das US-amerikanische GPS, das europäische GALILEO oder das russische GLONASS über keine Informationen über die Nutzer und hat auch keinerlei Möglichkeit, in Erfahrung zu bringen, wer nun eigentlich die Navigationssignale nutzt, geschweige denn wo sich der Nutzer befindet. Daher muss die Frage des Schutzes der Privatsphäre für jeden Anwendungsdienst, der den Nutzern angeboten wird, einzeln geklärt werden. Für zahlreiche dieser Dienste ist nämlich die Echtzeit-Übermittlung des Standortes seitens des Nutzers an den Betreiber notwendig, der diesem dann die gewünschte Information liefert (beispielsweise Informationen über den Straßenverkehr).

3.2

Frage 5 (2) zur internationalen Zusammenarbeit ist bedenklich. Die Europäische Union hat bereits Vereinbarungen zur Zusammenarbeit mit China, Israel, Südkorea, Marokko und der Ukraine abgeschlossen, weitere Vereinbarungen mit Indien, Brasilien, Argentinien und Australien sind geplant. Derartige Vereinbarungen zur Zusammenarbeit sind zweifelsohne wünschenswert, um die internationale Reichweite von GALILEO insbesondere in Fragen der Regulierung, der Marktöffnung, der Zertifizierung und der Frequenzen sowie der Rechte am geistigen Eigentum auszubauen, doch ist Vorsicht geboten, da einige Partner sich in erster Linie das europäische Fach- und Sachwissen aneignen wollen, um Zeit für die Entwicklung ihrer eigenen Technologien zu gewinnen, die dann mit der europäischen konkurrieren würde. So ist heute klar, dass genau dies die Absicht Chinas bei der Unterzeichnung der Vereinbarung zur Zusammenarbeit für GALILEO mit der EU im Jahr 2003 war. Es ist auch verwunderlich, dass weder Norwegen noch die Schweiz eine Vereinbarung mit der EU über ihre Zusammenarbeit für GALILEO unterzeichnet haben, obwohl sie doch die Entwicklungs- und Bewertungsphase des Programms über ihre Teilnahme an der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) finanzieren. Daher ist die Frage ihres möglichen Zugangs zu dem „öffentlichen regulierten Dienst“ („Public Regulated Service“) von GALILEO noch offen.

3.3

Ganz allgemein wird diese Zusammenarbeit den öffentlichen regulierten Dienst mit beschränktem Zugang wohl kaum betreffen. Außerdem sind die Verhandlungen über eine internationale Zusammenarbeit ins Stocken geraten, da es sich als vorrangig erwiesen hat, das europäische Satellitennavigationssystem auch tatsächlich erst einmal zu verwirklichen. Dies ist ein auch ein Zeichen für die Schwierigkeiten, auf die man in diesen Verhandlungen gestoßen ist.

3.4

Die Fragen 6 und 7 (3) zu den Normen und zur Zertifizierung werfen das Problem der Zertifizierung der Geräte und des Systems an sich sowie der eingesetzten Navigationsendgeräte auf. Dies ist eine besonders heikle Frage im Luft- und Schienenverkehr, ist die Sicherheits- und Signalisierungsausrüstung doch in beiden Bereichen Gegenstand eines strengen, international anerkannten Zertifizierungsverfahrens. Die Zertifizierung des GALILEO-Systems selbst ist nur dann sinnvoll, wenn sie für einen einzelnen Anwendungsbereich, beispielsweise die Luftfahrt, erfolgt, in dem die einzuhalten den Normen und Zertifizierungsverfahren festgelegt sind. Die Zertifizierung der Endgeräte und der Ausrüstung, die in mobilen Geräten zum Einsatz kommt, die die Dienste von GALILEO in Anspruch nehmen, geht weit über ein einziges Ortungsendgerät hinaus, sie betrifft auch alle weiteren Geräte, die Standortinformationen verarbeiten und dem Piloten bzw. Kapitän letztlich eine umfassende Information liefern. In diesem Falle greifen die herkömmlichen und der Anwendung eigenen Zertifizierungsverfahren. Daher ist diese Frage für jede Anwendung einzeln zu behandeln.

3.5

Ein weiterer Aspekt, und zwar die Frage der Haftung, wird nur angerissen, obwohl sie von grundlegender Bedeutung ist. Sie ist allerdings auch besonders komplex. Es müssen nicht nur die relativ einfach zu beantwortenden Fragen der vertragliche Haftung geklärt werden, sondern auch die viel schwierigeren Fragen der außervertraglichen Haftung. Außerdem kann das Ausmaß der Haftung je nach Art des Dienstes, und zwar offen zugänglicher, kommerzieller oder öffentlicher regulierter Dienst, unterschiedlich sein. Die Europäische Kommission beabsichtigt die Einführung eines Schemas nach dem Vorbild der zivilen Luftfahrt, das heißt eine Deckung, die bis zu einem gewissen Betrag von den Versicherungen und über diesen Betrag hinaus von den Behörden gewährleistet wird. Grundsätzlich stellt sich in diesem Fall die Frage, ab welchem Höchstbetrag die öffentliche Risikodeckung zum Tragen kommt. Der derzeit vorgeschlagene Grenzwert ist sehr hoch, er beträgt 1 Mrd. EUR.

3.6

Bis zu welchem Grad ist der Signalanbieter für dessen Leistung verantwortlich? Diese Frage stellt sich insbesondere im Luft- und Schienen-, aber auch im Seeverkehr.

3.7

Ist beispielsweise ein Flugzeugunglück oder eine Schiffshavarie mit Folgen wie einer Ölpest auf eine schlechte Signalqualität zurückzuführen, wer sollte dann dafür haften und inwieweit? Hier muss zwischen der vertraglichen und außervertraglichen Haftung unterschieden werden.

3.8

Muss der Betreiber des GALILEO-Systems die gesamte Haftung allein übernehmen oder teilt er diese mit den Ländern? Wenn ja, mit welchen Ländern? Dem Startstaat, den Mitgliedstaaten der Europäischen Union oder den Teilnahmeländern am GALILEO-Projekt? Diese Fragen müssen zunächst aufgegriffen und erörtert werden, damit die kommerziellen GALILEO-Anwendungen sich in einem zufrieden stellenden und sicheren Rechtsrahmen herausbilden können.

3.9

Es gibt bereits Präzedenzfälle, beispielsweise ARIANE. Die Gefahr einer Schädigung Dritter infolge eines Raketenstarts wird in der Höhe von 100 Mio. EUR von ARIANESPACE und jeder Betrag darüber hinaus vom französischen Staat getragen. Eine ähnliche Risikoteilung zwischen den kommerziellen Betreibern und den Staaten besteht auch in der zivilen Luftfahrt. Dieses Konzept könnte auch bei GALILEO Anwendung finden. Der heikle Punkt ist jedoch, das richtige Maß zu finden: Wie soll die Haftung angemessen zwischen den staatlichen Stellen und dem Betreiber aufgeteilt werden, insbesondere im Falle eines neuen Dienstes?

3.10

Zur Umlegung eines derartigen Systems auf das GALILEO-Programm muss natürlich klar festgelegt werden, welche Behörde überhaupt in der Lage ist, die Haftung mit dem GALILEO-Betreiber zu teilen.

3.11

Frage 9 (4) zu den Rechten an geistigem Eigentum ist ebenfalls wichtig. Auch wenn öffentliche Einrichtungen die Vorlaufforschung finanzieren, wäre es doch wichtig, dass die Rechte an geistigem Eigentum der Anwendungen den Unternehmen, insbesondere den KMU, die diese Anwendungen entwickeln und umsetzen, zugeteilt werden.

3.12

Abschließend muss auch die Frage der militärischen Nutzung von GALILEO angegangen werden. Im Gegensatz zum US-amerikanischen GPS, einem militärischen System, das teilweise auch zur zivilen Verwendung geöffnet wurde, handelt es sich bei GALILEO um ein rein ziviles System. Wie im Falle des zivilen GPS-Signals können die Streitkräfte eines Landes in keiner Weise daran gehindert werden, einen offenen GALILEO-Dienst für militärische Zwecke zu verwenden, wohingegen die Nutzung des öffentlichen regulierten Diensts mit beschränktem Zugang, der von den EU-Mitgliedstaaten ganz genau geregelt wird, gegenüber den anderen GALILEO-Diensten den Vorteil bietet, dass er weniger störungsanfällig und auch unabhängig ist (da nicht die gleichen Frequenzen genutzt werden).

3.13

Ohne in die Diskussionen über die verschiedenen Arten der Nutzung des GALILEO-Signals zu militärischen Zwecken für den öffentlichen regulierten Dienst eingreifen zu wollen (dies würde den Rahmen dieser Stellungnahme sprengen; außerdem wurde diese Frage auch im Grünbuch ausgeklammert), hängt die Rentabilität der GALILEO-Anwendungen teilweise jedoch genau von dieser Frage ab. Sie wird in der neuen, von der Europäischen Kommission vorgeschlagenen Konfiguration des GALILEO-Projekts sicherlich noch erörtert werden. Die Europäische Kommission hat in ihrer Mitteilung „GALILEO am Scheideweg“ festgehalten: „Solange das System als ein ziviles System betrieben wird, könnten wesentliche Einnahmen auch von militärischen Nutzern kommen.“

4.   Schlussfolgerungen

4.1

In dem Grünbuch zu Anwendungen der Satellitennavigation wird ein Überblick über mögliche Anwendungsbereiche gegeben. Es muss jedoch in einigen sehr wichtigen Punkten wie der Frage der Rechte an geistigem Eigentum für Verfahren, die neue Anwendungsbereiche eröffnen könnten, der Zertifizierung und der Haftung vervollständigt werden.

4.2

Die Frage der Nutzung von GALILEO zu öffentlichen oder sogar militärischen Zwecken durch die EU-Mitgliedstaaten, die in direkten Gesprächen zwischen der Europäischen Kommission und den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten untereinander im Sicherheitsausschuss von GALILEO geregelt wird, ist durchaus von Belang, da sie sich auf das Wirtschaftmodell von GALILEO auswirkt. Es ist ganz klar, dass diese Frage erneut aufgegriffen werden muss, zumal da sich auch der öffentliche Sektor aufgrund des Scheiterns des ursprünglichen Schemas einer öffentlich-privaten Partnerschaft stärker beteiligen muss.

4.3

Es ist sicherlich sinnvoll und interessant, die Anwendungen der Satellitennavigation zu erörtern, allerdings sollte man vielleicht doch erst einmal sicher sein, dass die Einrichtung der Satellitenkonstellation auch wirklich abgeschlossen wird. Die neuen Vorschläge der Europäischen Kommission sind die letzte Chance für das GALILEO-Projekt. Der Ausschuss ist sich der finanziellen Anstrengungen, die diese Vorschläge für die EU-Mitgliedstaaten bedeuten, sehr wohl bewusst. Doch hätte die Aufgabe des GALILEO-Programms zu einem Zeitpunkt, zu dem die Europäische Union bei ihren Bürgern auf eine gewisse Skepsis stößt, die in den Debatten über den Verfassungsvertrag zu Tage getreten ist, und gewissermaßen in Ungnade gefallen ist, verheerende Auswirkungen innerhalb wie auch außerhalb Europas. Ein derartiges Scheitern würde der Welt die Unfähigkeit der Europäischen Union veranschaulichen, sich gemeinsam für ein Projekt von größter wissenschaftlicher, technischer und wirtschaftlicher Tragweite zu mobilisieren. Es ist von grundlegender Bedeutung, das GALILEO-Projekt abzuschließen und so die Fähigkeit der Europäischen Union unter Beweis zu stellen, wieder Tritt zufassen und große zukunftsorientierte Projekte zum Erfolg zu führen.

4.4

Tatsache ist, dass das GALILEO-Projekt aus all diesen Gründen derzeit in einer schwierigen Phase steckt. Der Ausschuss bekräftigt, dass ein mögliches Scheitern dieses Vorzeigeprojekts der Europäischen Union einen immensen Vertrauensverlust bei den Bürgern in das europäische Einigungswerk darstellen würde, der unter allen Umständen vermieden werden muss.

Brüssel, den 11. Juli 2007

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Dimitris DIMITRIADIS


(1)  Siehe KOM(2006) 769 endg., Ziffer 4.

(2)  Siehe KOM(2006) 769 endg., Ziffer 5.3.

(3)  Siehe KOM(2006) 769 endg., Ziffer 5.4.

(4)  Siehe KOM(2006) 769 endg., Ziffer 5.6.