27.4.2007 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 93/38 |
Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: Menschenwürdige Arbeit für alle — Der Beitrag der Europäischen Union zur weltweiten Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit“
KOM(2006) 249 endg.
(2007/C 93/09)
Die Kommission beschloss am 13. Juli 2006 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.
Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 19. Dezember 2006 an. Berichterstatter war Herr ETTY.
Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 432. Plenartagung am 17./18. Januar 2007 (Sitzung vom 17. Januar) mit 128 gegen 3 Stimmen bei 11 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:
1. Schlussfolgerungen und Empfehlungen
1.1 |
Der Ausschuss begrüßt die Kommissionsmitteilung. Er ist zuversichtlich, dass die Kommission in enger Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten einen bedeutenden Beitrag zur Verwirklichung der menschenwürdigen Arbeit sowohl innerhalb der EU als auch in Drittstaaten leisten wird. Der Ausschuss teilt die Auffassung der Kommission, dass das Verfolgen sozialer Zielsetzungen nicht als Vorwand für protektionistische Maßnahmen dienen darf. |
1.1.1 |
Der Ausschuss fordert die Kommission auf, ihn an der Erarbeitung des Follow-up-Berichts zur Mitteilung, der spätestens im Sommer 2008 erscheinen soll, zu beteiligen. |
1.1.2 |
Er ersucht die Kommission, angemessene Indikatoren für die Bewertung der Umsetzung der Agenda für menschenwürdige Arbeit durch die Europäische Union aufzustellen. |
1.1.3 |
Die Kommission sollte die finanziellen Auswirkungen ihres Beitrags zur Förderung der menschenwürdigen Arbeit sowohl in der Europäischen Union als auch außerhalb deutlich darlegen. Hierzu zählen Informationen darüber, wie sie die ILO bei der Durchführung ihrer Agenda für menschenwürdige Arbeit zu unterstützen gedenkt. |
1.2 |
Die Kommission sollte den vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zur sozialen Dimension der Globalisierung empfohlenen Ansatz verfolgen, d.h. an den positiven Auswirkungen der Globalisierung festhalten und sie intensivieren und gleichzeitig geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung der negativen Folgen ergreifen. Der Ausschuss bekräftigt seine Schlussfolgerungen aus der Stellungnahme vom März 2005. |
1.3 |
Maßnahmen im Bereich der menschenwürdigen Arbeit können sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU nur dann erfolgreich sein, wenn die Sozialpartner und die Zivilgesellschaft in vollem Umfang eingebunden werden. |
1.4 |
Bei der Verfolgung des Ziels der menschenwürdigen Arbeit ist die politische Kohärenz und Koordinierung auf allen Ebenen, einschließlich der nationalen, von entscheidender Bedeutung. |
1.5 |
Ein Schlüsselfaktor bei der Förderung der menschenwürdigen Arbeit ist die Stärkung des ILO-Überwachungssystems. |
1.6 |
Der EWSA fordert die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Gründe für die ausbleibende Ratifizierung der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitnehmern durch die Aufnahmeländer zu beleuchten. |
1.7 |
Die Ratifizierung und rechtliche und praktische Umsetzung der einschlägigen ILO-Übereinkommen innerhalb der EU und im Hinblick auf Drittstaaten ist von wesentlicher Bedeutung. |
1.8 |
Der EWSA fordert die Kommission auf, die Bedeutung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz als einen der Schlüsselfaktoren für die Verwirklichung der menschenwürdigen Arbeit zu fördern. |
1.9 |
Die Kommission sollte einen Aktionsplan zu ihrer Politik im Bereich der menschenwürdigen Arbeit sowohl innerhalb als auch außerhalb der EU mit den entsprechenden Haushaltsdaten vorlegen. |
2. Allgemeine Bemerkungen
2.1 |
Der Ausschuss begrüßt die Mitteilung. Die Agenda für menschenwürdige Arbeit ist eine wichtige Reaktion auf die Globalisierung und kann zur Verwirklichung der von den Vereinten Nationen anerkannten Millenniumsentwicklungsziele einen bedeutenden Beitrag leisten. Durch die Umsetzung der Agenda „zu Hause “sowie durch deren Förderung im Rahmen der verschiedenen Beziehungen zu Drittstaaten, Ländergruppen und internationalen Organisationen kann die Europäische Union als wichtiges Mitglied der Weltgemeinschaft einen bedeutenden Mehrwert erbringen. Menschenwürdige Arbeit ist von unmittelbarer Relevanz für die Umsetzung der Lissabon-Agenda, weil sie wesentlich zu einer nachhaltigen Gestaltung des Arbeitslebens in der EU beiträgt. Einen aktiven Beitrag zur Förderung der menschenwürdigen Arbeit für alle zu leisten, ist nicht nur ein integraler Bestandteil der europäischen Sozialagenda und der Bestrebungen der EU, die Werte, für die sie eintritt, zu verbreiten, sondern liegt auch im Interesse der EU, um dafür zu sorgen, dass die Globalisierung das europäische Sozialmodell nicht untergräbt. |
2.2 |
Das Konzept der „menschenwürdigen Arbeit “wurde 1999 von der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) in Leben gerufen (1). Es wird als der „Konvergenzpunkt “aller vier strategischen Ziele der ILO bezeichnet:
Das Konzept ist ein zentraler Bestandteil des europäischen Sozialmodells, das auf das Recht auf produktive und frei gewählte Arbeit ausgerichtet ist, bei der die Rechte geschützt werden, ein angemessenes Einkommen sowie ein angemessener Sozialschutz gewährleistet sind und die Chancengleichheit im Vordergrund steht. Tripartismus und sozialer Dialog sichern die Beteiligung und einen demokratischen Prozess. Die Gleichstellung der Geschlechter und die Entwicklung gelten als Querschnittsthemen. |
2.2.1 |
Im Einklang mit der ILO-Agenda für menschenwürdige Arbeit sollte die Kommission ausführlicher auf die Bedeutung der Gleichstellung der Geschlechter und die Befähigung von Frauen zur Überwindung von Armut eingehen, insbesondere was die Chancengleichheit und die Gleichbehandlung angeht. |
2.3 |
In seiner Stellungnahme zur sozialen Dimension der Globalisierung (2) bezeichnete der EWSA menschenwürdige Arbeit als ein Schlüsselziel und eine prioritäre Frage der EU und ihrer Mitgliedstaaten — sowohl innerhalb der Gemeinschaft als auch im Rahmen der Außenbeziehungen und der Entwicklungshilfe. |
2.4 |
Der Ausschuss stimmt den Ausführungen in der Einleitung der Mitteilung zu, wonach die Agenda für menschenwürdige Arbeit verschiedene allgemeine Orientierungen vorgibt, die nicht an ein bestimmtes Entwicklungsmodell gebunden sind, und ein Instrument ist, das darauf abzielt, die Entwicklung an Werten und Handlungs- und Governance-Prinzipien auszurichten, die auf wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit, gepaart mit sozialer Gerechtigkeit, setzen. Der menschenwürdigen Arbeit liegt das Konzept zugrunde, wonach jedes Land, unabhängig vom Entwicklungsstand, seine eigenen Ziele festlegt, um die Kluft zu verringern, die das Land aufgrund fehlender Beschäftigungsmöglichkeiten, der Verletzung des Arbeitsrechts, eines unangemessenen Sozialschutzes und der Unzulänglichkeiten beim sozialen Dialog von der Erreichung des Ziels trennt. |
2.5 |
Der Ausschuss begrüßt ferner, dass in der Mitteilung herausgestellt wird, dass sich alle multilateralen Institutionen und alle Regierungen im Einklang mit der Erklärung des Wirtschafts- und Sozialausschusses der UN (ECOSOC) vom Juli 2006 der menschenwürdigen Arbeit verschreiben müssen. |
2.6 |
Der Ausschuss nimmt mit Interesse zur Kenntnis, dass mehrere Empfehlungen aus seiner Stellungnahme zur sozialen Dimension der Globalisierung in diese Mitteilung mit einflossen. |
2.7 |
Er bedauert jedoch, dass das Konzept der Politikkoordinierung und -kohärenz in und zwischen den internationalen Finanzinstituten (IFI), der Welthandelsorganisation (WTO) und der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO), insbesondere auf der Ebene der Mitgliedstaaten, nicht auf die vom EWSA erhoffte Weise verfolgt wurde. Der Ausschuss hatte die Kommission und den Ministerrat darum ersucht, Maßnahmen zur Förderung einer umfassenderen Koordinierung und Kohärenz auf der Ebene der Mitgliedstaaten unter voller Beteiligung der Zivilgesellschaft zu ergreifen. Der Ausschuss bekräftigt dieses Ersuchen mit Blick auf die Förderung der menschenwürdigen Arbeit durch die Kommission und die Mitgliedstaaten in diesen Institutionen. Die Kommission sollte sich für eine geschlossenere Haltung der Mitgliedstaaten in den internationalen Finanzinstitutionen einsetzen, insbesondere im Hinblick auf ihre politische Strategie, ihre Entwicklungshilfeprogramme mit den Regierungen und ihre Darlehen an private Unternehmen. |
2.8 |
Nach Auffassung des Ausschusses sind die in der Kommissionsmitteilung unterbreiteten Maßnahmenvorschläge generell gut gewählt und konstruktiv. |
2.8.1 |
Es fehlt jedoch der Hinweis darauf, dass die Stärkung des Überwachungssystems der ILO für die Förderung menschenwürdiger Arbeit von ausschlaggebender Bedeutung ist. Die Ratifizierung der Übereinkommen ist zwar wichtig, jedoch nicht ausreichend. Auch die Realität vor Ort, d.h. die vollständige rechtliche und praktische Umsetzung, muss stets berücksichtigt werden. Der Ausschuss ermutigt die Kommission, in enger Zusammenarbeit mit der ILO gemeinsame Initiativen der Mitgliedstaaten zu diesem Zweck zu fördern und zu koordinieren. |
2.8.2 |
Ferner möchte der Ausschuss hervorheben, dass die ILO aufgrund der Globalisierung nicht nur ihre Übereinkommen und Empfehlungen ständig aktualisieren, sondern unweigerlich auch neue Normen für die Bewältigung neuer auftretender Gegebenheiten in der Arbeitswelt aufstellen muss. Diese neu geschaffenen Instrumente müssen relevante Themen zum Gegenstand haben, und ihre Bestimmungen müssen realitätsbezogen sein. Die EU und ihre Mitgliedstaaten (sowie die Sozialpartner in den Mitgliedstaaten) müssen dazu ermutigt werden, in diesem Bereich eine proaktive Rolle zu übernehmen. |
3. Besondere Bemerkungen
3.1 Zu „Ein Entwicklungs-, Governance- und Leistungsfaktor“
3.1.1 |
In ihrer Mitteilung spricht die Kommission vom bipartitistischen und tripartitistischen sozialen Dialog sowie von der „Einbeziehung der Sozialpartner und der Zivilgesellschaft “und der „Einbindung der Sozialpartner und anderer Akteure der Zivilgesellschaft“. Die Kommission sollte klarstellen, dass der „soziale Dialog “zwischen den Sozialpartnern mit oder ohne Regierungsvertreter stattfindet, während am „zivilen Dialog “auch nichtstaatliche Organisationen und andere Interessengruppen beteiligt sind. Im Kontext der Mitteilung muss klar sein, dass ein echter sozialer Dialog nur von freien, unabhängigen und demokratischen Organisationen geführt werden kann. |
3.1.2 |
In diesem Kapitel werden alle Elemente des Konzepts der menschenwürdigen Arbeit angesprochen. Auffallend ist, dass die Sicherheit und der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz nur ansatzweise berücksichtigt werden (ein kurzer Verweis auf die „Arbeitsplatzqualität“). Dies scheint kein Zufall zu sein, denn die Sicherheit und der Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz kommen in der gesamten Mitteilung nicht sonderlich zum Tragen. Zusammenhängen könnte dies mit der problematischen Haltung der Kommission und der Mitgliedstaaten zu den ILO-Übereinkommen in diesem Bereich. Nur sehr wenige Übereinkommen wurden von den EU-Mitgliedstaaten ratifiziert. Dabei sind die EU-Vorschriften im Bereich des Arbeitnehmerschutzes in der Regel verständlicherweise strenger als die entsprechenden ILO-Instrumente. Diese spärlichen Ratifizierungen sind für andere Länder nicht gerade ein Vorbild, die Übereinkommen über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz ebenfalls zu ratifizieren. Gefördert wird die Agenda für menschenwürdige Arbeit von der EU dadurch nicht. Der Ausschuss fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, zu prüfen, wie die derzeitige unbefriedigende Situation in naher Zukunft deutlich verbessert werden kann. Ferner ist der Ausschuss der Auffassung, dass die EU-Mitgliedstaaten die ILO-Übereinkommen im Bereich der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes am Arbeitsplatz nicht kündigen sollten, solange sie nicht beschließen, ein neueres Übereinkommen in diesem Bereich zu ratifizieren. |
3.1.3 |
Der Ausschuss teilt die Auffassung der Kommission, dass das Verfolgen sozialer Zielsetzungen nicht als Vorwand für protektionistische Maßnahmen dienen darf. Gleichzeitig möchte er betonen, dass eine „Sozialklausel “in multilateralen Handelsabkommen, wie bereits in früheren EWSA-Stellungnahmen erörtert, keinen protektionistischen Zwecken dienen kann, da sie ausschließlich aus den acht grundlegenden Menschenrechtsnormen der ILO besteht (zum Recht auf Vereinigungsfreiheit bzw. auf Kollektivverhandlungen, zum Verbot der Zwangsarbeit, der Diskriminierung in Beruf und Beschäftigung sowie der Kinderarbeit), die allesamt von einer überwältigenden Mehrheit der ILO-Mitgliedstaaten ratifiziert wurden. Wo die Mitgliedstaaten ihren verfassungsmäßigen Verpflichtungen nachgekommen sind, haben sie diese Normen entsprechend den Anforderungen und unter Aufsicht der ILO zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer nationalen Rechtssetzung bzw. anderer einschlägiger Bestimmungen gemacht. |
3.1.4 |
Die EU muss die Frage der menschenwürdigen Arbeit in vollem Umfang in ihre Entwicklungspolitik einbeziehen und ihre politischen Erklärungen mit adäquaten Finanzmitteln abstützen. |
3.2 Zu: „Verpflichtungen und Orientierungen für die EU-Politik“
3.2.1 |
Innerhalb der EU sollte menschenwürdige Arbeit dadurch gefördert werden, dass die EU-Mitgliedstaaten alle einschlägigen ILO-Übereinkommen ratifizieren und umsetzen, auch jene bezüglich der Nichtdiskriminierung und Integration besonders schutzbedürftiger Personengruppen. |
3.2.2 |
Im Abschnitt „Die Außenpolitik der Europäischen Union stärker mobilisieren“, Unterabschnitt „Erweiterung “gewinnt man den Eindruck, dass die ILO-Übereinkommen Nummern 87 und 98 über die Vereinigungsfreiheit und die Kollektivverhandlungen nach dem Verständnis der Kommission lediglich die gewerkschaftlichen Rechte zum Gegenstand haben. Dies ist falsch: Es handelt sich dabei explizit auch um Arbeitgeberrechte. Diese grundlegenden Rechte sowohl der Gewerkschaften als auch der Arbeitgeber müssen von der Kommission gefördert werden. |
3.2.3 |
Der Ausschuss stimmt mit der Kommission im Hinblick auf die „Nachbarschaftspolitik “überein. Gleichwohl ist er der Auffassung, dass auch dem sozialen Dialog/der Ratifizierung des ILO-Übereinkommens Nr. 144 über dreigliedrige Beratungen die gebührende Beachtung geschenkt werden muss. |
3.2.4 |
In Bezug auf den Unterpunkt „Regionale und bilaterale Beziehungen “stellt der Ausschuss fest, dass China ein besonderes Problem darstellt, das diskutiert und von der Kommission ebenfalls angegangen werden muss. China lehnt die Vereinigungsfreiheit und das Recht auf Kollektivverhandlungen für unabhängige Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen offen ab. Angesichts der Bedeutung Chinas in der Welt kann dies nicht außer Acht gelassen werden, wenn die Agenda für menschenwürdige Arbeit Fortschritte herbeiführen soll. |
3.2.5 |
In die Liste der geplanten Maßnahmen im Unterabschnitt „Entwicklungszusammenarbeit “sollte die Kommission auch solche Maßnahmen aufnehmen, die in Zusammenarbeit mit der ILO zur besseren Integration der informellen in die formelle Wirtschaft ergriffen werden. Menschenwürdige Arbeit ist für die informelle Wirtschaft ebenso wichtig wie für die formelle. Die Kommission sollte in Zusammenarbeit mit der ILO nach neuen Wegen suchen, um die Akteure dabei zu unterstützen, Maßnahmen zur Wahrung der Rechte und zur Verbesserung der Fertigkeiten von Erwerbstätigen in der informellen Wirtschaft zu entwickeln und neuen Akteuren Zugang zur Interessenvertretung zu verschaffen. |
3.2.6 |
Außerdem schlägt der Ausschuss vor, in denselben Unterabschnitt auch die Förderung von Unternehmen der Sozialwirtschaft, beispielsweise Genossenschaften, aufzunehmen. Dies ist eines der prioritären Themen, die der EWSA in seiner Stellungnahme zur sozialen Dimension der Globalisierung aufgezeigt hat. |
3.2.7 |
Ferner sollte die Kommission Maßnahmen ins Auge fassen, die (in enger Zusammenarbeit mit der ILO) zur Stärkung der Rolle von kleinen und mittleren Unternehmen bei der Förderung der menschenwürdigen Arbeit beitragen. |
3.2.8 |
Im Hinblick auf den Abschnitt „Der Handel als Faktor einer nachhaltigen Entwicklung “verweist der Ausschuss auf die Vorschläge, die er bezüglich gemeinsamer bilateraler Beobachtungsstellen und freier Produktionszonen in seiner Stellungnahme zur sozialen Dimension der Globalisierung gemacht hat. |
3.2.9 |
Der Ausschuss begrüßt, dass die Kommission eine umfassende Ratifizierung und effektive Anwendung der ILO-Übereinkommen unterstützt, stellt jedoch fest, dass dieses Engagement im Bereich des internationalen Handels konkreter gestaltet werden könnte. Erstens muss die Kommission auf der multilateralen Ebene die Förderung der menschenwürdigen Arbeit zu einem der Ziele der EU in der WTO machen. In Anlehnung an den Ausschuss für Handel und Umwelt sollte die Einsetzung eines Ausschusses für Handel und menschenwürdige Arbeit in der WTO erwogen werden; die menschenwürdige Arbeit sollte im Rahmen von Prüfungen der Handelspolitik durch die WTO als ein Bestandteil der „nachhaltigen Entwicklung “gelten; ferner ist ein WTO-Arbeitsprogramm unter Beteiligung der ILO erforderlich. Die Kommission sollte sich gemeinsam mit den Mitgliedstaaten aktiv darum bemühen, andere WTO-Mitglieder von den Vorteilen einer solchen Beachtung der menschenwürdigen Arbeit innerhalb der WTO-Strukturen zu überzeugen. |
3.2.10 |
Zweitens sollte die Kommission in ihren bilateralen Handelsbeziehungen (beispielsweise im Rahmen der Wirtschaftspartnerschaftsabkommen) die Ratifizierung und Umsetzung der wichtigsten ILO-Arbeitsnormen bei den Verhandlungen in den Vordergrund stellen. Bei all diesen Verhandlungen sollte eine Nachhaltigkeitsprüfung (Sustainability Impact Assessment, SIA), die die Indikatoren für menschenwürdige Arbeit umfasst, vorgenommen und die sich daraus ergebenden Empfehlungen befolgt werden. |
3.2.11 |
Wenn das APS-Plus-System für Handelsvergünstigungen erfolgreich sein soll, dann sind umfassende begleitende Maßnahmen erforderlich, insbesondere im Rahmen der für Anfang 2007 geplanten Halbzeitbewertung der APS-Plus-Länder, damit die Regierungen anerkennen, dass sie die betreffenden Übereinkommen tatsächlich umsetzen und entsprechende Schritte unternehmen müssen. |
3.2.12 |
Im Unterabschnitt „Die Wirtschaftsmigration besser steuern “sollte nach Auffassung des Ausschusses erneut die Frage der Internationalen Konvention zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitnehmern behandelt werden. Dies ist ein schwieriges und heikles Thema. Nicht ein einziges wichtiges Aufnahmeland hat diese Konvention bislang ratifiziert. In seiner Stellungnahme vom Juni 2004 (3) hat der Ausschuss im Hinblick auf diese Konvention einen positiven Standpunkt vertreten. Es ist verwunderlich, dass die Kommission dieses Übereinkommen in ihrer Mitteilung völlig außer Acht lässt. Der Ausschuss ersucht die Kommission, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten die Gründe für die ausbleibende Ratifizierung zu beleuchten und auf dieser Grundlage klare politische Maßnahmen festzulegen. Ferner fordert er die Kommission auf, gemeinsam mit den Mitgliedstaaten, die die ILO-Übereinkommen Nr. 97 und 143 betreffend die Wanderarbeiter bislang nicht ratifiziert haben, Möglichkeiten einer Ratifizierung in der nahen Zukunft zu erörtern. |
3.2.13 |
Die Kommission möchte Bemühungen um einen Abschluss transnationaler Kollektivvereinbarungen und weltweiter Rahmenvereinbarungen unterstützen (Abschnitt „Mit der Zivilgesellschaft und den Unternehmen zusammenarbeiten“). Nach Auffassung des Ausschusses muss dies in enger Zusammenarbeit mit den entsprechenden Arbeitnehmer- und Arbeitgeberorganisationen erfolgen. |
3.2.14 |
Darüber hinaus sollte die Kommission mit diesen Verbänden sowie mit anderen betroffenen Organisationen der Zivilgesellschaft die Förderung von Maßnahmen im Bereich der sozialen Verantwortung der Unternehmen in Ländern erörtern, in denen die Kluft zwischen der Rechtsetzung und der praktischen Rechtsanwendung besonders groß ist. Der Ausschuss betont, dass die soziale Verantwortung der Unternehmen die rechtlichen Vorschriften ergänzt, sie aber nicht ersetzen kann. Der Ausschuss empfiehlt der Kommission, Unternehmen dazu zu ermutigen, in ihrem freiwilligen Verhaltenskodex ausdrücklich auf die OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen und die Trilaterale Grundsatzerklärung der ILO zu multinationalen Unternehmen und zur Sozialpolitik zu verweisen. |
Brüssel, den 17. Januar 2007
Der Präsident
des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses
Dimitris DIMITRIADIS
(1) „Decent Work“, Bericht des Generalsekretärs der ILO anlässlich der 87. Tagung der Internationalen Arbeitskonferenz, ILO, 1999, Genf.
(2) Stellungnahme des EWSA vom 9.3.2005 zum Thema „Die soziale Dimension der Globalisierung — der politische Beitrag der EU zu einer gleichmäßigen Verteilung des Nutzens“, Berichterstatter: Herr Etty und Frau Hornung-Draus (ABl. C 234 vom 22.9.2005).
(3) EWSA-Stellungnahme zum Thema „Internationale Konvention zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitnehmern “vom 30.6.2004, Berichterstatter: Herr Castaños (ABl. C 302 vom 7.12.2004).