11.4.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 88/41


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die Repräsentativität der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft im Rahmen des zivilen Dialogs“

(2006/C 88/11)

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 25. September 2003 gemäß Artikel 29 der Geschäftsordnung, eine Stellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: „Die Repräsentativität der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft im Rahmen des zivilen Dialogs“.

Der Ausschuss setzte gemäß Artikel 19 Absatz 1 seiner Geschäftsordnung einen Unterausschuss für die Vorarbeiten ein.

Der Unterausschuss nahm den Entwurf seiner Stellungnahme am 12. Januar 2006 an. Berichterstatter war Herr OLSSON.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 424. Plenartagung am 14./15. Februar 2006 (Sitzung vom 14. Februar) mit 103 Stimmen bei 1 Gegenstimme und 6 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

In den letzten zehn bis fünfzehn Jahren ist das Interesse der europäischen Institutionen am Dialog mit der Zivilgesellschaft, insbesondere mit der organisierten Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene, unablässig gewachsen. Die Einsicht hat sich durchgesetzt, dass es keine gute Politik ohne Anhörung der Bürger, ohne ihre Teilhabe und ohne die Zustimmung derjenigen geben kann, die von den Beschlüssen der Gemeinschaft betroffen sind.

1.2

Die Erfahrung und der Sachverstand der Akteure der Zivilgesellschaft, der Dialog zwischen ihnen und mit den Behörden und öffentlichen Einrichtungen auf allen Ebenen, die Auseinandersetzung im Wege der Verhandlung und das Streben nach Konvergenz bzw. sogar Konsens ermöglichen die Erarbeitung von Vorschlägen, die dem Allgemeinwohl zugute kommen. Dies kann der Qualität und der Glaubwürdigkeit der Politikentscheidungen nur zuträglich sein, da das Verständnis und die Akzeptanz solcher Entscheidungen seitens der Bürger erhöht wird.

1.2.1

Dadurch, dass den Bürgern die Möglichkeit gegeben wird, durch individuelles und kollektives Engagement — eben durch den spezifischen Beitrag der organisierten Zivilgesellschaft — an der Gestaltung der öffentlichen Angelegenheiten mitzuwirken, wird die repräsentative Demokratie um das Konzept der partizipativen Demokratie erweitert und somit die demokratische Legitimation der Europäischen Union gestärkt.

1.3

Daher muss erneut betont werden, dass der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) aufgrund seiner Zusammensetzung, der Rolle und der Aufgaben, die ihm durch die Verträge übertragen worden sind, historisch gesehen ein Hauptakteur und seit jeher fester Bestandteil der partizipativen Demokratie auf europäischer Ebene ist.

1.4

Dem „Partizipationsrecht“, das die Zivilgesellschaft und die auf europäischer Ebene tätigen Organisationen bereits seit geraumer Zeit eingefordert haben, kommt in der heutigen Zeit eine besondere Dringlichkeit zu. Viel steht auf dem Spiel — die Herausforderungen, vor denen die Europäische Union steht, sind dergestalt, dass sie die Mobilisierung aller Akteure vor Ort und ihrer Vertreter erforderlich macht.

1.5

Der Europäische Rat erkannte die Zeichen der Zeit, als er am 23./24. März 2000 die nach dem damaligen Tagungsort benannte Lissabon-Strategie beschloss (1), der er auf seiner Tagung am 22./23. März 2005 neuen Schwung gab (2).

1.6

In ihrem Weißbuch „Europäisches Regieren“  (3) vom Juli 2001 sieht die Kommission in der Beteiligung der Zivilgesellschaft an der Ausarbeitung und Umsetzung der Gemeinschaftspolitik sowohl ein Grundprinzip der guten Regierungsführung als auch einen vorrangigen Handlungsbereich für die Erneuerung der Gemeinschaftsmethode und die Verbesserung der demokratischen Funktionsweise der EU.

1.7

Ferner ist der Grundsatz der partizipativen Demokratie in Artikel I-47 des Vertrags über eine Verfassung für Europa verankert (4). Daher müssen die EU-Institutionen trotz der Unwägbarkeiten, die der Ratifikationsprozess des Verfassungsvertrags birgt, nach diesem Gedanken handeln und sich um die Schaffung einer echten partizipativen Demokratie bemühen. Damit dieses Konzept den Anforderungen der modernen europäischen Governance genügen kann, müssen jedoch Instrumente geschaffen werden, die den Bürgerinnen und Bürgern der EU und insbesondere den Organisationen, in denen sie sich engagieren, eine Möglichkeit des Mitredens, des Gehörtwerdens und der effektiven Beeinflussung der Entwicklung der Union und ihrer Politik im Rahmen eines echten, strukturierten Zivildialogs mit der organisierten Zivilgesellschaft geben.

1.8

Der Ausschuss beteiligt sich seinerseits gemeinsam mit den anderen EU-Organen und den Vertretungsorganisationen der Zivilgesellschaft aktiv an der Entwicklung der partizipativen Demokratie.

1.8.1

Im Oktober 1999 organisierte der EWSA die erste Konferenz über die Rolle und den Beitrag der organisierten Zivilgesellschaft im Rahmen des europäischen Einigungswerks; im Anschluss daran verabschiedete der Ausschuss eine Reihe von Stellungnahmen, die alle unter dem Vorzeichen der Entwicklung und stärkeren Strukturierung des Dialogs zwischen den Organisationen der Zivilgesellschaft und den europäischen Institutionen erarbeitet wurden (5)  (6).

2.   Die Akteure des zivilen Dialogs auf europäischer Ebene (7)

2.1

Akteure des zivilen Dialogs auf europäischer Ebene sind die Organisationen, die die speziellen und/oder allgemeinen Interessen der Bürger vertreten. Daher ist es naturgemäß Aufgabe der europäischen Organisationen der Sozialpartner, sich am zivilen Dialog zu beteiligen. Der soziale Dialog ist in dieser Hinsicht ein hervorragendes Beispiel für die konkrete Umsetzung des Grundsatzes der partizipativen Demokratie. Es sollte jedoch erneut betont werden, dass grundsätzlich zwischen dem sozialen und dem zivilen Dialog unterschieden werden muss. Der europäische soziale Dialog ist sowohl hinsichtlich seiner Teilnehmer, als auch in Bezug auf seine Ziele und Verfahren klar definiert, und die europäischen Sozialpartner verfügen über quasilegislative Kompetenzen (8). Die Besonderheit dieses sozialen Dialogs ergibt sich aus den spezifischen Befugnissen und Zuständigkeiten seiner autonom agierenden Teilnehmer.

2.2

Auf europäischer Ebene treten diese Organisationen in den unterschiedlichsten Formen und mit den verschiedensten Bezeichnungen auf: besonders gängige Namen sind vor allem Vereinigung, Verband, Stiftung, Forum oder Netz (9). Diese verschiedenen Bezeichnungen werden häufig unter dem Oberbegriff „Nichtregierungsorganisation (NRO)“ oder „nichtstaatliche Organisation“ zusammengefasst, der als Sammelbezeichnung für sämtliche Arten autonomer Strukturen ohne Erwerbszweck verwendet wird. Ferner ist festzustellen, dass zahlreiche europäische Verbände über internationale Strukturen verfügen.

2.3

Die europäischen Organisationen koordinieren die Tätigkeit ihrer Mitglieder und Partner in den verschiedenen Mitgliedstaaten und oft auch über deren Grenzen hinaus. Überdies sind immer häufiger Zusammenschlüsse zu europäischen Netzen, wie etwa im sozialen Bereich, im Umweltschutz, bei Menschenrechts-, Verbraucherschutz- und Entwicklungshilfeorganisationen oder in der Sozialwirtschaft, zu beobachten.

2.4

Einen Eindruck von der Bandbreite europäischer Organisationen der Zivilgesellschaft und der Formen, in denen sie auftreten, vermittelt die Auflistung im Anhang dieser Stellungnahme, die eine Übersicht über die bedeutendsten Organisationen, Verbände und Netze der verschiedenen Bereiche der organisierten Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene (mit Ausnahme berufsständischer Verbände) gibt. Darin lassen sich etwa zwanzig eigene Bereiche unterscheiden.

2.4.1

Diese Übersicht zeigt, dass die Zivilgesellschaft in Europa immer stärker organisiert ist, dass die jeweiligen Organisationen aber ganz unterschiedlich strukturiert sein können. So können sie sich ausschließlich aus einzelstaatlichen Organisationen bzw. zuweilen sogar auch aus Regional- und Lokalverbänden zusammensetzen, die einen bestimmten Bereich repräsentieren; ihre Mitglieder können sowohl europäische als auch nationale Organisationen oder natürliche und juristische Personen jeglicher Art sein. Beim Zusammenschluss zu Netzen lassen sich allgemein zwei Muster unterscheiden: entweder besteht das Netz aus europäischen Organisationen eines bestimmten Bereichs, oder es führt einzelstaatliche und europäische Organisationen zusammen.

2.5

Unzweifelhaft weisen einige europäische Organisationen der Zivilgesellschaft — ganz abgesehen von bestimmten einzelstaatlichen Organisationen bzw. Netzen — einen solchen Erfahrungsreichtum und Sachverstand auf, dass ihre Forderung nach einem Recht zur Partizipation an den im Rahmen der Politikgestaltung der Union durchgeführten Konsultationsprozessen berechtigt ist. Ebenso unbestritten ist allerdings auch, dass die Repräsentativität der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft, anders als bei den Organisationen der Sozialpartner, mangels objektiver Beurteilungskriterien oft in Zweifel gezogen wird. Das Vereinigungswesen gilt als fragmentiert, da häufig eine Zersplitterung in eine Vielzahl von Organisationen festzustellen ist, welche oftmals eher für die Partikularinteressen ihrer Mitglieder als für allgemeine Belange eintreten und wenig transparent sind; außerdem trauen viele diesen Organisationen nicht zu, im Prozess der Politikgestaltung und der Entscheidungsfindung wirklichen Einfluss ausüben zu können.

3.   Das Erfordernis der Repräsentativität

3.1

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss hat bereits wiederholt darauf hingewiesen, dass nur eine wirklich anerkannte Repräsentativität den Anspruch der zivilgesellschaftlichen Akteure auf effektive Teilhabe am Prozess der Politikgestaltung und der Vorbereitung der Gemeinschaftsbeschlüsse begründen kann.

3.1.1

Das Erfordernis der Repräsentativität entspricht nicht nur einem grundlegenden demokratischen Prinzip, sondern auch dem Wunsch, die organisierte Zivilgesellschaft durchsichtiger zu machen und ihr mehr Einfluss auf europäischer Ebene zu verschaffen.

3.1.2

In diesem Sinne hat der EWSA Repräsentativitätskriterien ausgearbeitet, die er zuletzt in seiner Stellungnahme vom 20. März 2002 zum Weißbuch „Europäisches Regieren“  (10) formuliert hat. Um als „repräsentativ“ zu gelten, muss eine europäische Organisation neun Kriterien erfüllen:

auf Gemeinschaftsebene dauerhaft organisiert sein;

einen direkten Zugriff auf die Expertise ihrer Mitglieder gewährleisten;

allgemeine Anliegen vertreten, die dem Wohl der europäischen Gesellschaft dienen;

aus Organisationen bestehen, die auf der Ebene des jeweiligen Mitgliedstaats anerkanntermaßen repräsentativ für die von ihnen vertretenen Interessen sind;

über Mitgliedsorganisationen in der großen Mehrheit der Mitgliedstaaten der EU verfügen;

eine Rechenschaftspflicht gegenüber den Mitgliedern der Organisation vorsehen;

über ein Vertretungs- und Handlungsmandat auf europäischer Ebene verfügen;

unabhängig und weisungsungebunden gegenüber externen Instanzen sein;

transparent sein, vor allem in finanzieller Hinsicht und in den Entscheidungsstrukturen.

3.1.3

In derselben Stellungnahme schlug der EWSA „[…] erneut vor, diese Kriterien mit den Institutionen und den Organisationen der Zivilgesellschaft zu diskutieren, um eine Grundlage für die künftige Zusammenarbeit zu schaffen.“

3.2

Um Missverständnisse bei der Anwendung der im Rahmen dieser Stellungnahme aufgestellten Repräsentativitätskriterien zu vermeiden, muss klar zwischen „Konsultation“, die im Prinzip allen Organisationen offen steht, die über Sachverstand in einem bestimmten Bereich verfügen, und „Partizipation“ als der einer Organisation eingeräumten Möglichkeit, im allgemeinen Interesse der Union und der Unionsbürger formell und aktiv an kollektiven Willensbildungsprozessen mitzuwirken, unterschieden werden. Dieser auf demokratischen Prinzipien beruhende Prozess ermöglicht es den Organisationen der Zivilgesellschaft, tatsächlich an der Politikgestaltung und der Erarbeitung von Beschlüssen teilzuhaben, die für die weitere Entwicklung und die Zukunft der EU und ihrer verschiedenen Politikbereiche von Belang sind (11).

3.2.1

Auch wenn diese Unterscheidung etwas akademisch anmuten mag, ist sie gleichwohl wichtig: Die Repräsentativität ist eine Vorbedingung für die Partizipation, weil sie legitimitätsstiftend ist. In einem Konsultationsprozess geht es dagegen darum, das Meinungsbild zu erweitern und den fachlichen Rat der Zivilgesellschaft einzuholen, ohne dass dies an bestimmte Vorbedingungen geknüpft ist. Die Konsultation ist dennoch ein sehr wichtiger Bestandteil des zivilen Dialogs.

3.3

In ihrem Weißbuch „Europäisches Regieren“ sieht die Kommission vor, in bestimmten Bereichen, in denen das Konsultationsverfahren bereits fest verankert ist, partnerschaftliche Vereinbarungen zu schließen, die über die für alle ihre Dienststellen geltenden Mindeststandards noch hinausgehen. Der Abschluss derartiger Vereinbarungen wird jedoch von Garantien seitens der Organisationen der Zivilgesellschaft in Bezug auf Offenheit und Repräsentativität abhängig gemacht, wobei nicht auf die Frage eingegangen wird, welche Kriterien anzuwenden sind.

3.4

In der Mitteilung vom 11. Dezember 2002 (12) werden allgemeine Grundsätze und Mindeststandards für die Konsultation betroffener Parteien durch die Kommission festgelegt. Dabei wird zwischen „offenen“ Konsultationsverfahren im Rahmen eines umfassenden, integrativen Ansatzes und „zielgerichteten“ Konsultationsverfahren unterschieden, bei denen die interessierten oder betroffenen Parteien — also die Zielgruppen der Konsultation — nach „soliden“ und „eindeutigen“ Kriterien ausgewählt werden, wie es in der Mitteilung heißt. Doch auch in diesem Falle werden die Kriterien nicht definiert.

3.4.1

Gleichwohl unterstreicht die Kommission in dieser Mitteilung die Bedeutung, die sie den Beiträgen der europäischen repräsentativen Organisationen beimisst. Dabei verweist sie auf die bereits abgeschlossenen Arbeiten des EWSA zu den Repräsentativitätskriterien für die Auswahl von Organisationen, die für die Teilnahme am zivilen Dialog in Frage kommen.

3.5

Im Vertrag von Nizza wurde der Ausschuss in seiner besonderen Rolle als Vermittler zwischen der organisierten Zivilgesellschaft und den Entscheidungsinstanzen der Europäischen Union bestärkt; der Ausschuss sieht sich nun in einer gesteigerten Verantwortung für:

die Organisation des Meinungsaustausches zwischen Vertretern der Zivilgesellschaft, die verschiedenen Motivationen folgen und divergierende Interessen vertreten, und

die Erleichterung des strukturierten, kontinuierlichen Dialogs zwischen den Organisationen und den europäischen Netzen der organisierten Zivilgesellschaft und den EU-Institutionen.

3.6

Dennoch muss unterstrichen werden, dass folgende Punkte nicht Gegenstand dieser Stellungnahme sind:

der tägliche sektorale Dialog der Organisationen der Zivilgesellschaft untereinander und mit ihren Gesprächspartnern auf Seiten der Legislative und der Exekutive der Union, besonders mit der Kommission (13);

der soziale Dialog auf europäischer Ebene und die europäischen Organisationen der Sozialpartner, denn deren Repräsentativität ist nach den diesen Organisationen eigenen Kriterien klar gegeben. Das gilt auch für berufsständische Verbände, die am sektoralen sozialen Dialog teilhaben. Diese Organisationen sind gleichwohl berufen, als vollwertige Akteure am zivilen Dialog teilzunehmen.

3.7

Daher soll diese Stellungnahme in erster Linie einer Klarstellung und Rationalisierung der Beziehungen des EWSA zu den europäischen Organisationen und Netzen der Zivilgesellschaft den Boden bereiten und dem Dialog mit der organisierten Zivilgesellschaft durch eine Stärkung der Legitimität dieser Organisationen und Netze mehr Glaubwürdigkeit verleihen.

3.7.1

Dieser Ansatz ist wiederum vor dem Hintergrund der Bestrebungen zu sehen, mit der organisierten Zivilgesellschaft Europas einen erweiterten und strukturierten Dialog zu führen, der

auf einer allgemeinen Ebene stattfindet, d.h. alle Fragen von allgemeinem Interesse für die Entwicklung und die Zukunft der Union behandelt, und

sich einreiht in die beratenden Arbeiten des EWSA im Zusammenhang mit der Festlegung und Umsetzung der Gemeinschaftspolitiken.

3.8

Diese Stellungnahme könnte zugleich

als Reflexionsanstoß oder sogar als Referenz für die anderen Institutionen dienen, insbesondere im Hinblick auf die Stärkung der partizipativen Demokratie auf europäischer Ebene und die Schaffung eines echten europäischen Zivildialogs, und

der interinstitutionellen Zusammenarbeit, ganz besonders mit der Kommission und dem Europäischen Parlament, den Boden bereiten, wozu auch der Austausch bewährter Praktiken gehört, ohne dass von Seiten des Ausschusses beabsichtigt ist, in deren Organisationsweise des Dialogs mit der organisierten Zivilgesellschaft Europas einzugreifen.

3.9

Der EWSA betont in diesem Zusammenhang, dass die Schaffung eines Systems zur Akkreditierung der zivilgesellschaftlichen Organisationen bei den europäischen Institutionen sowohl Vor- als auch Nachteile mit sich bringt. Nach Auffassung des Ausschusses ist diese Stellungnahme jedoch nicht der geeignete Rahmen, um sich zu den Vorzügen eines solchen Systems zu äußern. Er ist indes der Ansicht, dass diese Thematik eng mit der Frage der Repräsentativität verknüpft ist und dass beide Fragestellungen daher parallel im Rahmen einer umfassenden Debatte, an der alle betroffenen Interessengruppen, die EU-Institutionen und die Organisationen der Zivilgesellschaft zu beteiligen wären, erörtert werden sollten.

4.   Der EWSA und die europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft: ein pragmatischer, offener Ansatz

4.1

In dem Bewusstsein, dass er die organisierte Zivilgesellschaft nicht in all ihren vielfältigen, in ständiger Entwicklung begriffenen Teilen vertritt, hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss Initiativen ergriffen und Reformen umgesetzt, um eine möglichst breite Repräsentation der organisierten Zivilgesellschaft sicherzustellen.

4.2

Der Ausschuss bezieht die europäischen Organisationen und Netze der Zivilgesellschaft, die nicht oder noch nicht direkt in ihm vertreten sind, auf verschiedene Weise und in immer stärkerem Maße in seine Arbeit ein und lässt sie an seinen Strukturen teilhaben, wobei diese Einbeziehung jedoch nicht auf expliziten Repräsentativitätskriterien beruht.

4.2.1

So erkennt jede der drei Gruppen  (14) des EWSA bestimmte europäische Organisationen an, indem sie ihnen den Status einer zugelassenen Organisation verleiht. Grundsätzlich stehen Mitglieder des Ausschusses in unmittelbarem oder mittelbarem Kontakt zu diesen Organisationen, doch sind diese Kontakte keine Vorbedingung.

4.2.2

Auf Ebene der Fachgruppen  (15) werden europäische Organisationen, die einen interessanten Beitrag zur Erarbeitung einer Stellungnahme leisten können, häufig an den entsprechenden Arbeiten beteiligt. Sie werden über die laufenden Arbeiten unterrichtet, äußern ihre Standpunkte und Anmerkungen, können durch Sachverständige mitwirken und an stattfindenden Anhörungen und Konferenzen teilnehmen.

4.2.3

Der Ausschuss organisiert Veranstaltungen (Konferenzen, Seminare, Anhörungen etc.) über Querschnittsthemen wie z.B. in neuerer Zeit die Lissabon-Strategie, das Thema nachhaltige Entwicklung oder die Finanzielle Vorausschau 2007-2013; zu nennen wären hier auch die Treffen zur Verfolgung der Arbeiten des Europäischen Konvents (16).

4.2.3.1

Die Auswahl hinzugezogener Vertreter der organisierten Zivilgesellschaft erfolgt pragmatisch anhand von Vorschlägen der Gruppen, der EWSA-Mitglieder, der Fachgruppen oder auch des Sekretariats. Im Prinzip stehen diese Veranstaltungen gleichermaßen den Vertretern der Organisationen der Zivilgesellschaft offen, die ein spontanes Teilnahmeinteresse bekunden.

4.3

Weiterhin ist 2004 eine Kontaktgruppe zwischen dem EWSA und den Vertretern wesentlicher Bereiche der organisierten Zivilgesellschaft Europas eingerichtet worden. Sie setzt sich derzeit — neben den zehn Vertretern des EWSA (darunter die Präsidentin des EWSA sowie die Vorsitzenden der drei Gruppen und der sechs Fachgruppen) — aus vierzehn Mitgliedern aus den Organisationen und Netzen zusammen, die in den in der Kontaktgruppe vertretenen Bereichen maßgeblich tätig sind. Darunter sind neben Organisationen, die bereits über den Status der zugelassenen Organisation verfügen, auch solche, bei denen dies nicht der Fall ist.

4.3.1

Die Kontaktgruppe erfüllt zum einen die Aufgabe, einen koordinierten Ansatz des Ausschusses gegenüber den Organisationen und Netzen der europäischen Zivilgesellschaft sicherzustellen, und zum anderen verfolgt sie die gemeinsam beschlossenen Initiativen weiter.

4.4

Dieser kurze Überblick verdeutlicht den pragmatischen Ansatz, den der Ausschuss bislang verfolgt hat und der im Allgemeinen in einer von Offenheit und Aufgeschlossenheit geprägten Grundhaltung bei der schrittweisen Strukturierung seiner Beziehungen zur organisierten Zivilgesellschaft Europas zum Ausdruck kommt. Bei der Verleihung des Status der zugelassenen Organisation oder den von den Fachgruppen durchgeführten Konsultationen verschiedener Bereiche wird indes selektiver vorgegangen.

4.5

Diesbezüglich unterstreicht der Schlussbericht der Ad-hoc-Gruppe „Zusammenarbeit/europäische Netze der Zivilgesellschaft“ vom 10. Februar 2004, dass „der Frage der Repräsentativität […] zweifellos besondere Aufmerksamkeit [gebührt]“, allerdings dürfe „diese Frage […] nicht jeden Schritt nach vorn behindern“, und empfiehlt, dass „das richtige Vorgehen […] die Umsicht zwar nicht aus[schließt], doch verlangt es nach Offenheit und Pragmatismus“.

5.   Ein dreidimensionales Verfahren zur Beurteilung der Repräsentativität

5.1

Die Kriterien, die der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zum Weißbuch „Europäisches Regieren“ aufstellte, sind zweifellos unterschiedlich klar formuliert. Deshalb ist es notwendig, ihre Bedeutung und ihren Anwendungsbereich näher zu definieren, um sie mess- und anwendbar zu machen.

5.2

Angesichts dessen hält der EWSA ein klares, einheitliches und einfaches Verfahren zur Beurteilung der Repräsentativität der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft für angezeigt, mit dem gleichzeitig komplexe, kontroverse Fragen vermieden werden.

5.3

Das Verfahren sollte die Prüfung der Kriterien auf eine Art und Weise ermöglichen, die an die bestehende Struktur und Funktionsweise der europäischen Organisationen angepasst ist. Außerdem muss es auf die Beteiligung der Organisationen selbst an diesem Beurteilungsprozess setzen. Es ist nicht die Absicht des Ausschusses, die Autonomie der Organisationen in Frage zu stellen.

5.4

Das Verfahren sollte auf folgenden Prinzipien aufbauen:

Offenheit;

Objektivität;

Nicht-Diskriminierung;

Verifizierbarkeit;

Beteiligung (der europäischen Organisationen).

5.5

Drei Beurteilungsgrundlagen werden dafür vorgeschlagen:

Bestimmungen in den Statuten der Organisation und deren Anwendung;

Verankerung der Organisation in den Mitgliedstaaten;

Qualitative Kriterien.

5.5.1

Die ersten beiden Beurteilungsgrundlagen sind klar und beziehen sich auf die Struktur der jeweiligen Organisation. Damit eignen sie sich sehr gut für eine relativ objektive Beurteilung der Repräsentativität der Organisation, lassen aber auch Spielraum für die Berücksichtigung der Dynamik der Zivilgesellschaft. Die dritte Dimension ist komplexer.

5.6

Nach Auffassung des EWSA bringt das vorgeschlagene Verfahren keine zusätzlichen Belastungen oder besonderen Verpflichtungen für die jeweilige Organisation mit sich, fordert indes Offenheit hinsichtlich ihrer Struktur und Funktionsweise. Diese Offenheit ist im Übrigen ein grundlegendes demokratisches Prinzip und von allgemeinem Interesse, denn sie gestattet den verschiedenen gesellschaftlichen Interessenträgern und den einzelnen Bürgern sowie den öffentlichen Verwaltungen einen Einblick in die Struktur und die Tätigkeit der Organisation, sodass sie sich darauf aufbauend ein eigenes Urteil bilden können.

5.7

Ausgehend von diesen Prinzipien und Beurteilungsgrundlagen dürfte der Ausschuss in der Lage sein, eine eigene Beurteilung der Repräsentativität der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft vorzunehmen. Die Umsetzbarkeit dieses Verfahrens könnte durch ein besonderes Bewertungsinstrument gewährleistet werden, und zwar in erster Linie in Zusammenarbeit mit der Kontaktgruppe für die europäischen Organisationen und Netze der Zivilgesellschaft.

6.   Statuten und deren Anwendung

6.1

Nach Auffassung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses besteht ein enger Zusammenhang zwischen den Kriterien, die der Ausschuss bereits vorgeschlagen hatte, und den Statuten der europäischen Organisationen der europäischen Zivilgesellschaft.

6.2

Im Prinzip sollten alle Organisationen, die mit oder ohne Rechtspersönlichkeit auf europäischer Ebene agieren, über eine von ihren Mitgliedern beschlossene Satzung verfügen (17).

6.3

Im Einklang mit den vom EWSA bereits definierten Kriterien (18) und im Sinne seiner uneingeschränkten Anwendbarkeit sollten die Statuten einer europäischen Organisation folgende Bestimmungen enthalten oder sie vorsehen:

Tätigkeitsgebiet und die von der Vereinigung verfolgten Ziele;

Kriterien für die Mitgliedschaft;

demokratische und transparente Arbeitsweisen, zu denen insbesondere die Rechenschaftspflicht („accountability“) gegenüber den Mitgliedsorganisationen gehört;

finanzielle Pflichten der Mitgliedsorganisationen;

jährliche öffentliche Vorlage eines geprüften Finanzberichts und eines Tätigkeitsberichts mit öffentlichem Charakter.

6.4

In Ermangelung eines europäischen Rechtsrahmens verabschiedet jede Vereinigung ihre Statuten selbstständig nach dem jeweils geltenden einzelstaatlichen Recht (19).

6.4.1

Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass die Europäische Kommission bereits 1991 (20) angeregt hatte, einen Rechtsrahmen für die Bildung einer „europäischen Vereinigung“ zu schaffen. Das Ziel war, eine Gesellschaftsform für Vereinigungen mit Mitgliedern in mehreren Mitgliedstaaten zu schaffen, analog zu den Strukturen, die es heute für Aktiengesellschaften und Genossenschaften gibt. Die materiellen Bestimmungen dieses Vorschlags stimmen mit dem überein, was obenstehend zum Inhalt der Statuten angeregt wurde.

6.4.2

Dieser Vorschlag, den der Ausschuss befürwortet hatte (21), scheiterte am Widerstand einiger Mitgliedstaaten und ist nun sogar von der Kommission zurückgezogen worden. Der EWSA ist nach wie vor der Überzeugung, dass ein solches Statut ein wesentliches Instrument ist, wenn es darum geht, die Vereinigungsfreiheit als in der Charta der Grundrechte der Union verankerte Grundfreiheit und als Ausdruck der europäischen Unionsbürgerschaft zu bekräftigen. Nach Einschätzung des Ausschusses sind die in Artikel I-47 des Verfassungsvertrags festgeschriebenen Grundsätze ferner ein Anlass, dieses Thema erneut aufzugreifen.

6.4.3

Deshalb plädiert der EWSA erneut dafür, ein europäisches Statut für transnationale Vereinigungen nach dem Vorbild des im November 2003 in Kraft getretenen Statuts für europäische politische Parteien (22) zu schaffen, was auch der Logik der in der vorliegenden Stellungnahme formulierten Vorschläge entspricht.

6.5

Gleichwohl scheint es angeraten, das Prinzip zugrunde zu legen, dass die Mitgliedsorganisationen im Wege geeigneter Mechanismen und Verfahren und in organisationsinternen demokratischen Beschlussprozessen für die Einhaltung der Statuten und deren Umsetzung sorgen sollten.

6.6

Im Sinne einer effizienten transparenten Kontrolle der Arbeitsweise der europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft müssten ihre Statuten, die jährlichen Finanz- und Tätigkeitsberichte sowie alle Informationen über finanzielle Pflichten der Mitgliedsorganisationen, darunter auch die Finanzierungsquellen, nach Möglichkeit auch auf der Internetseite der jeweiligen Organisation offen gelegt werden.

7.   Verankerung der Organisation in den Mitgliedstaaten

7.1

Einem der vom Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vorgeschlagenen Kriterien zufolge sollte eine europäische Organisation in den meisten Mitgliedstaaten Mitgliedsorganisationen haben, die als repräsentativ für die von ihnen vertretenen Interessen anerkannt sind.

7.2

Im Sinne der praktischen Anwendbarkeit dieses Kriteriums plädiert der EWSA dafür, eine europäische Organisation als repräsentativ einzustufen, wenn sie in mehr als der Hälfte der EU-Mitgliedstaaten vertreten ist. Die Beibehaltung dieses Kriteriums erscheint trotz der unlängst erfolgten EU-Erweiterung und der dadurch eingetretenen komplizierteren Sachlage notwendig.

7.3

Um eine Beurteilung dieser Verankerung zu ermöglichen, sollte jede europäische Organisation die Liste ihrer Mitgliedsorganisationen veröffentlichen. Sie muss aus Organisationen bestehen, die unabhängig von äußeren Interessen sind (juristische Personen) und die Zivilgesellschaft ihrer Mitgliedstaaten repräsentieren, und/oder aus europäischen Zusammenschlüssen solcher Organisationen bestehen.

7.4

Schwieriger ist die Frage, wie der Status einer europäischen Organisation bzw. der ihr angeschlossenen nationalen Mitgliedsorganisation/en als anerkannte, repräsentative Organisation zu beurteilen ist. Folgende Anhaltspunkte sollten für eine Beurteilung bedacht werden:

7.5

Es wird von dem Prinzip ausgegangen, dass bei der Mitgliedschaft einer nationalen oder transnationalen Organisation in einer europäischen Organisation nicht nur die Mitgliedschaftskriterien der jeweiligen europäischen Organisation erfüllt sind, sondern auch die Statuten der jeweiligen Mitgliedsorganisation eingehalten werden.

7.6

Deshalb sollten nationale Mitgliedsorganisationen analog zur europäischen Organisation, der sie angehören, ihre Statuten und ihren Tätigkeitsbericht offen legen, aus denen sich die Struktur der Organisation und ihre Funktionsweise ablesen lässt. Wie vom Europarat gefordert, wäre ferner eine Offenlegung von Angaben über die Anzahl der von der Organisation direkt oder indirekt vertretenen Einzelpersonen wünschenswert.

8.   Qualitative Kriterien

8.1

Die oben genannten Kriterien können naturgemäß auf relativ unkomplizierte Weise objektiv beurteilt werden. Schwieriger hingegen ist die Anwendung und die Beurteilung der qualitativen Kriterien. Zwar bieten die Statuten einer Organisation, insbesondere ihre Ziele und Arbeitsmethoden, sowie die Ausdehnung ihrer geografischen Verankerung gewisse Anhaltspunkte für eine Beurteilung, doch können auch diese Aspekte sich als unzureichend für die Bewertung der Repräsentativität einer Organisation erweisen. Deshalb sind die qualitativen Kriterien eher ein Instrument zur Beurteilung der Beitragsfähigkeit der jeweiligen Organisationen.

8.2

In diesem Zusammenhang ist hier noch einmal darauf hinzuweisen, dass diese Stellungnahme nicht die Organisationen betrifft, die über das nötige Sachwissen zur Teilnahme am offenen Konsultationsverfahren verfügen (siehe oben), sondern hier diejenigen angesprochen werden, die aufgefordert sind, effizient und offiziell am Prozess der Politikgestaltung teilzunehmen. Dies rechtfertigt eine vertiefte Analyse.

8.3

Somit verweisen die qualitativen Kriterien auf die Erfahrung und die Fähigkeit einer Organisation, die Interessen der Bürger gegenüber den europäischen Institutionen artikulieren zu können; damit verbunden sind auch das Vertrauen und der Ruf, die sie einerseits bei diesen Institutionen, andererseits in anderen Teilen der organisierten europäischen Zivilgesellschaft genießt.

8.4

Deshalb muss zunächst die Beitragsfähigkeit einer europäischen Organisation und davon ausgehend ihre qualitative Repräsentativität beurteilt werden, und zwar vor dem Hintergrund dessen, inwieweit die betreffende europäische Organisation nachweisen kann, in welchem Maße sie bisher bereits beratend mit den europäischen Institutionen zusammengewirkt hat.

8.5

Hierbei ist maßgebend, dass die jeweilige Organisation ihren Tätigkeitsbericht und andere relevante Informationen offen legt. Außerdem könnten „Leistungsindikatoren“, vergleichbar mit den Praktiken im universitären oder im Forschungsbereich, herangezogen werden. Diese Indikatoren müssten in Zusammenarbeit mit den europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft festgelegt werden.

8.6

Der Ausschuss wird auf jeden Fall darum bemüht sein, die Repräsentativität dieser Organisationen im Rahmen eines dynamischen und offenen Prozesses auf transparente, pragmatische und objektive Weise zu bewerten.

Brüssel, den 14. Februar 2006

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  In Ziffer 38 seiner Schlussfolgerungen (Dok. SN 100/00) erklärt der Europäische Rat,

„dass die Union, die Mitgliedstaaten, die regionalen und lokalen Ebenen sowie die Sozialpartner und die Bürgergesellschaft im Rahmen unterschiedlicher Formen von Partnerschaften aktiv mitwirken.“

(2)  In Ziffer 6 seiner Schlussfolgerungen (Dok. 7619/05) erklärt der Europäische Rat:

„Neben den Regierungen müssen sich alle anderen Beteiligten - Parlamente, regionale und lokale Stellen, Sozialpartner, Zivilgesellschaft - die Strategie zu Eigen machen und sich aktiv an der Verwirklichung ihrer Ziele beteiligen.“

(3)  KOM(2001) 428 endg. vom 25. Juli 2001 - ABl. C 287 vom 12.10.2001.

(4)  Insbesondere in Artikel I-47 Absatz 2 des Verfassungsvertrags heißt es: „Die Organe pflegen einen offenen, transparenten und regelmäßigen Dialog mit den repräsentativen Verbänden und der Zivilgesellschaft“, während den Institutionen in Absatz 1 auferlegt wird, besonders den „repräsentativen Verbänden“ in geeigneter Weise die Möglichkeit zu geben, ihre Ansichten in allen Bereichen des Handelns der Union öffentlich bekannt zu geben und auszutauschen.

(5)  Vgl. beispielsweise die Dokumentation zur „Ersten Konferenz der organisierten Zivilgesellschaft auf europäischer Ebene“ am 15./16. Oktober 1999 (CES-2000-012-FR) sowie die relevanten Stellungnahmen „Die Rolle und der Beitrag der organisierten Zivilgesellschaft zum europäischen Einigungswerk“, 23. September 1999 (CES 851/1999 - ABl. C 329 vom 17.11.1999), „Ausbau der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen der Kommission und Nichtregierungsorganisationen“, 13. Juli 2000 (CES 811/2000 - ABl. C 268 vom 19.9.2000), „Die organisierte Zivilgesellschaft und europäische Governance - Beitrag des Ausschusses zur Erarbeitung des Weißbuchs“, 26. April 2001 (CES 535/2001 - ABl. C 193 vom 10.7.2001), „Europäisches Regieren - ein Weißbuch“, 21. März 2002 (CESE 357/2002 - ABl. C 125 vom 27.5.2002).

(6)  Der EWSA hat ferner zwei weitere Konferenzen zu diesem Thema veranstaltet: die erste am 8./9. November 2001 über die „Rolle der organisierten Zivilgesellschaft im Rahmen der europäischen Governance“ und die zweite am 8./9. März 2004 zum Thema „Partizipative Demokratie: Stand der Dinge/durch die europäische Verfassung eröffnete Perspektiven“.

(7)  Aus Sicht des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses können drei Arten des zivilen Dialogs unterschieden werden:

 

erstens der Dialog zwischen den repräsentativen europäischen Organisationen der Zivilgesellschaft über Fragen der künftigen Entwicklung der Union und ihrer Politiken;

 

zweitens der strukturierte regelmäßige Dialog zwischen all diesen Organisationen und der Union und

 

drittens der tägliche sektorale Dialog zwischen den Organisationen der Zivilgesellschaft und ihren Gesprächspartnern auf Seiten der Legislative und der Exekutive.

(8)  Siehe Artikel 137 und 138 EG-Vertrag.

(9)  In dem von der Kommission (in der Datenbank CONECCS) auf Basis freiwilliger Beiträge erstellten Verzeichnis von nicht gewinnorientierten Organisationen, die auf europäischer Ebene tätig sind, sind fast 800 nach 30 verschiedenen Tätigkeitsbereichen eingeteilte Organisationen aufgeführt, von denen einige der Kategorie der Berufsverbände und Sozialpartner zugeordnet werden können.

(10)  Siehe Fußnote 5 - Ziffer 4.2.5 der Stellungnahme CESE 357/2002.

(11)  Vgl. insbesondere die Stellungnahme des Ausschusses vom 26. April 2001 zum Thema „Die organisierte Zivilgesellschaft und europäische Governance - Beitrag des Ausschusses zur Erarbeitung des Weißbuchs“ (CES 535/2001 - ABl. C 193 vom 10.7.2001 – Ziffer 3.4).

(12)  KOM(2002) 704 endg.

(13)  In diesem Zusammenhang ist die Frage der Repräsentativität nach wie vor ein wichtiges Thema., damit den Organisationen der Zivilgesellschaft effektiv das Recht eingeräumt wird, nicht nur gehört zu werden, sondern auch an der Gestaltung der sektoralen Politiken der Union sowie an der Erarbeitung, Umsetzung und Überwachung der damit zusammenhängenden Beschlüsse mitzuwirken. Diese Problematik wirft allerdings Fragen auf, die sich in vielerlei Hinsicht sowie in Art und Umfang von dem Thema dieser Stellungnahme unterscheiden. Daher wird darauf gegebenenfalls im Rahmen einer weiteren Stellungnahme gesondert eingegangen.

(14)  Der EWSA setzt sich aus drei Gruppen zusammen: Arbeitgeber (Gruppe I), Arbeitnehmer (Gruppe II) und Verschiedene Interessen, die aus zivilgesellschaftlichen Interessenträgern der Bereiche Wirtschaft und Soziales bestehen (Gruppe III).

(15)  Der EWSA hat sechs Fachgruppen, die alle Unionspolitiken bearbeiten, für die der Ausschuss eine beratende Funktion ausübt.

(16)  Gemäß der Erklärung des Europäischen Rates von Laeken vom 15. Dezember 2001, in der der Europäische Konvent das Mandat erhielt, den Dialog mit der Zivilgesellschaft zu suchen. Diese Aufgabe wurde von Jean-Luc Dehaene, dem Vizepräsidenten des Konvents, wahrgenommen, mit dem der EWSA acht Informations- und Dialogtreffen unter Beteiligung europäischer Netze und Organisationen der Zivilgesellschaft (in offener Runde) organisierte. An diesen Treffen nahmen auch Mitglieder des Konvents und insbesondere des Präsidiums des Konvents teil. Der Erfolg dieser Treffen wurde durch die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen dem Europäischen Parlament und dem EWSA bei der Vorbereitung und der Organisation der Anhörungen der Organisationen und Netze bestätigt, die der Annahme des parlamentarischen Berichts über den Verfassungsvertrag im November 2004 durch den Ausschuss für konstitutionelle Fragen vorausgingen. Zunächst hatte der EWSA in Anwesenheit des Ersten stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für konstitutionelle Fragen und der zwei Berichterstatter des Europäischen Parlaments eine Anhörung der Vertreter aller interessierten Organisationen organisiert. Danach wurden die Sprecher der repräsentativen Netze eingeladen, sich direkt vor dem Parlamentsausschuss zu äußern.

(17)  Es dürfte nur wenige Ausnahmen geben. So haben einige der größeren, bereits erwähnten Netze Statuten (dies gilt für die Social Plattform und Concord), während es sich bei anderen um informelle Zusammenschlüsse einer Reihe europäischer Organisationen handelt, die keine Satzung haben (dies trifft zumindest für den Zusammenschluss von im Umweltbereich tätigen Nichtregierungsorganisationen Green 10 und das Netzwerk für Menschenrechte zu, in dem verschiedene für die Menschenrechte engagierte NRO vertreten sind).

(18)  Siehe Ziffer 3.1.2 oben.

(19)  Die belgischen Gesetze sehen so zum Beispiel eine internationale Vereinigung ohne Gewinnstreben vor (AISBL).

(20)  KOM(1991) 273/1 und 2.

(21)  Stellungnahme des EWSA vom 26. Mai 1992 (CES 642/92), veröffentlicht im ABl. C 223 vom 31.8.1992.

(22)  ABl. L 297 vom 15.11.2003.