52006DC0726

Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über die Stärkung der Europäischen Nachbarschaftspolitik {SEK(2006) 1504} {SEK(2006) 1505} {SEK(2006) 1506} {SEK(2006) 1507} {SEK(2006) 1508} {SEK(2006) 1509} {SEK(2006) 1510} {SEK(2006) 1511} {SEK(2006) 1512} /* KOM/2006/0726 endg. */


[pic] | KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFTEN |

Brüssel, den 4.12.2006

KOM(2006)726 endgültig

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

ÜBER DIE STÄRKUNG DER EUROPÄISCHEN NACHBARSCHAFTSPOLITIK

{SEK(2006) 1504}{SEK(2006) 1505}{SEK(2006) 1506}{SEK(2006) 1507}{SEK(2006) 1508}{SEK(2006) 1509}{SEK(2006) 1510}{SEK(2006) 1511}{SEK(2006) 1512}

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT

ÜBER DIE STÄRKUNG DER EUROPÄISCHEN NACHBARSCHAFTSPOLITIK

1. EINLEITUNG

In den ersten achtzehn Monaten praktischer Umsetzung der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) konnte eine solide Basis für gestärkte Beziehungen zwischen der Union und ihren Nachbarn geschaffen werden. Es gibt jetzt einen einheitlichen politischen Rahmen, ENP-Aktionspläne mit elf unserer Partner mit konkreten gegenseitigen Verpflichtungen sowie einen verstärkten und konstruktiven Dialog mit fast allen Partnern. Des Weiteren wurde ein neues Finanzinstrument geschaffen, das die Qualität unserer Unterstützung maßgeblich verbessern und uns mehr Mittel zur Unterstützung der Reformen in den Partnerländern zur Verfügung stellen wird.

Der Europäischen Nachbarschaftspolitik liegt die Prämisse zugrunde, dass eine stärkere wirtschaftliche Entwicklung, mehr Stabilität und eine bessere Governance in den Nachbarländern auch im Interesse der Europäischen Union liegen. Natürlich sind hauptsächlich die Nachbarländer selbst dafür verantwortlich, aber die EU kann die Reformbestrebungen maßgeblich fördern und tatkräftig unterstützen. Der Aufbau soliderer und engerer Beziehungen ist daher ein gemeinsames Anliegen der EU und ihrer Nachbarn. Europäische Nachbarschaftspolitik und der EU-Erweiterungsprozess sind zwei getrennte Dinge. Für unsere Partner ist auch ohne eine konkrete Aussicht auf einen Beitritt eine wesentlich verstärkte Zusammenarbeit mit der EU durchaus möglich und, was unsere europäischen Nachbarn betrifft, ohne der künftigen Entwicklung ihrer Beziehungen im Einklang mit den Verträgen mit der EU vorgreifen zu wollen.

In den letzten Jahren sind die wirtschaftlichen und politischen Reformen in den meisten Nachbarländern gut vorangekommen. Genauere Ausführungen zu den bisherigen Ergebnissen bei der Umsetzung der ersten sieben Aktionspläne sind in den Fortschrittsberichten enthalten, die dieser Mitteilung als Anhang beigefügt sind. Einige Partnerländer haben die Aktionspläne zum Kernstück ihrer nationalen Reformstrategien erklärt, so dass die internationalen Finanzinstitutionen (IFI) ihre Finanzierungspolitik mittlerweile an diese angleichen.

Armut und Arbeitslosigkeit, schwankende Wirtschaftsleistungen, Korruption und schwache Staatsführung stellen die Länder weiterhin vor große Probleme. Die Perspektiven für die Menschen in den Nachbarländern und insbesondere für die Jugend sind immer noch sehr schlecht. „Festgefahrene Konflikte“ sowie die jüngsten Ereignisse im Nahen Osten und im Südkaukasus führen uns immer wieder vor Augen, dass die Voraussetzungen für eine friedliche Koexistenz sowohl zwischen einigen unserer Nachbarländer als auch mit anderen wichtigen Ländern erst noch geschaffen werden müssen. Die Probleme unserer Nachbarn sind auch unsere Probleme. Illegale Einwanderung, Energieversorgungsprobleme, Umweltzerstörung und Terrorismus machen nicht vor den EU-Grenzen halt.

Die ENP könnte und sollte gestärkt werden, vor allem, wenn man die gravierenden Folgen einer ausbleibenden Unterstützung der in den Nachbarländern eingeleiteten Reformen durch die EU in Erwägung zieht. Die EU muss den ENP-Partnerländern attraktive Perspektiven bieten: Sie sollte bessere Handels- und Investmentbedingungen in Aussicht stellen, direkt persönliche Kontakte („People-to-People“) und rechtmäßige Kurzaufenthalte erleichtern, festgefahrene Konflikte in Angriff nehmen und mehr Möglichkeiten für die Aufbringung der benötigten Mittel schaffen. Außerdem muss die EU den reformwilligen Nachbarländern helfen, die Reformen schneller, besser und mit geringeren finanziellen Belastungen für die Bürger durchzuführen, und den eher reformunwilligen Ländern mehr Anreize für Reformen bieten und mehr Überzeugungsarbeit leisten.

Die Kernaussage dieser Mitteilung lautet wie folgt: Die ENP ist heute unverzichtbar und hat ihren Wert bereits unter Beweis gestellt; ebenso wichtig ist jedoch, dass die EU auf die bisherigen Errungenschaften aufbaut und sich noch stärker für die ENP einsetzt. Wie die Wirksamkeit einer solchen Politik erheblich verbessert werden kann, ist in der vorliegenden Mitteilung ausgeführt.

2. STÄRKEN UND SCHWÄCHEN DER ENP

Die Stärken der ENP lassen sich unter folgenden Stichworten subsumieren:

- Integration : Mit der ENP wurde ein einheitlicher, klarer Rahmen geschaffen, der für alle Nachbarländer der EU gilt und in dem alle Fragen der Beziehungen zwischen der EU und jedem einzelnen Partner erörtert und geklärt werden können. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass nicht nur Wirtschaftsfragen, sondern auch die eher unbequemen Fragen wie Staatsführung (Governance) oder Menschenrechte erörtert werden. Die Aktionspläne ermöglichen eine aktive Zusammenarbeit in Fragen des Rechts, der Freiheit und der Sicherheit und fördern die Rechtsstaatlichkeit.

- Gemeinsame Verantwortung : Umsetzungsinstrument der Europäischen Nachbarschaftspolitik ist der ENP-Aktionsplan, der in allen Aspekten auf politischer Ebene ausgehandelt und mit den Partnern gemeinsam festgelegt wird. Hierbei handelt es sich nicht um einseitig auferlegte Bedingungen, sondern um eine gemeinsam ausgehandelte Agenda für die gemeinsame Arbeit.

- Konkretheit : Auch wenn die Aktionspläne sehr breit angelegt sind und viele Bereiche abdecken, sind sie gleichzeitig sehr detailliert ausformuliert. Dies hat sich bei der Umsetzung der Aktionspläne bewährt, da es dadurch viel einfacher wird, sich auf spezifische, zeitlich begrenzte und messbare Ziele zu verständigen und diese umzusetzen.

- Bessere Mittelverwendung : Mit dem neuen Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) ist es jetzt möglich, dass die Gemeinschaftshilfe für Partnerländer ausdrücklich politikgesteuert ist und auch neue Formen der Zusammenarbeit (grenzüberschreitende Zusammenarbeit, TAIEX, Twinning) und mehr Ressourcen herangezogen werden. Besonders für all jene ENP-Länder, die bisher im Rahmen von TACIS gefördert wurden, bringt das ENPI erhebliche Verbesserungen, da es den Übergang von der technischen Hilfe zu einer ausgedehnten Zusammenarbeit darstellen wird.

Allerdings gibt es andere Bereiche der ENP, in denen beträchtliches Potential für weiteren Fortschritt besteht. Die EU strebt danach, die Partnerländer zu einem ehrgeizigen Reformprogramm zu ermutigen, mit dem kurzfristig erhebliche politische und wirtschaftliche Belastungen verbunden sind. Demgegenüber wird ein großer Teil der im Rahmen der ENP gebotenen Anreize, zum Beispiel im Hinblick auf Marktzugang, Integration und andere wirtschaftliche Vorteile, erst viel später Früchte tragen. Dies macht es für die Partnerländer schwierig, für die Reformen die nötige innenpolitische Unterstützung zu finden.

Weitere Entwicklungen in der ENP:

- Handels- und Wirtschaftsbeziehungen : Die EU hat die Handelsbeziehungen zu den meisten ENP-Partnern weiter ausgebaut, unter anderem durch ihre Unterstützung der Ukraine bei den Vorbereitungen des Landes auf seinen WTO-Beitritt und die Vorbereitungen für die Aushandlung eines tief greifenden und umfassenden Freihandelsabkommens, aber auch durch die vorbereitenden Maßnahmen für die Gewährung autonomer Handelspräferenzen für die Republik Moldau und die Aufnahme von Verhandlungen zur Ausdehnung der Freihandelsabkommen mit den Staaten des Mittelmeerraums in Bezug auf Agrarerzeugnisse und Dienstleistungen. Damit die zusätzlichen wirtschaftlichen und politischen Vorteile wirklich zum Tragen kommen können, muss die EU allen ENP-Partnern, ob im Osten oder im Süden, eine klare Perspektive für eine weit reichende Handels- und Wirtschaftsintegration mit der EU aufzeigen und ihnen mit ihren Liberalisierungsangeboten auch einen besseren Zugang in allen Bereichen mit hohem Wirtschaftspotenzial und von wirtschaftlichem Interesse für die Partner gewähren. Dies sollte auch Waren umfassen, die für diese Länder von ganz besonders großer Bedeutung sind.

- Mobilität und Migration : Obwohl die Zusammenarbeit mit den ENP-Ländern bei Mobilität und der Steuerung der Migration weiter wächst, konnten keine bedeutenden Fortschritte in Bezug auf die Einreise von Staatsangehörigen der Partnerländer in die EU erzielt werden. Dauer und Kosten der Erteilung eines Visums für einen Kurzaufenthalt (z. B. für Geschäftsreisende, Wissenschaftler, Studierende, Touristen oder auch für offizielle Besuche) haben offenkundig abschreckende Wirkung auf die Partnerländer und erschweren die Verwirklichung einiger der ENP zugrunde liegenden Ziele.

- Regionale Konflikte : Zur Lösung festgefahrener bzw. offener Konflikte in der Region hat die ENP wenig beitragen können, abgesehen von einigen spezifischen Verbesserungen (z. B. beim Grenzschutz in der Republik Moldau und in den Palästinensischen Gebieten). Die EU muss sich stärker in Mechanismen der regionalen und multilateralen Konfliktlösung und in Bemühungen zur Friedensüberwachung und Friedenserhaltung einbringen und mehr Präsenz zeigen.

Deshalb hat die Kommission eine Reihe von Bereichen ausgewiesen, in denen die ENP gestärkt werden sollte, damit sie erfolgreich greifen kann. In all diesen Bereichen würde dies für die EU einen zusätzlichen Aufwand bedeuten, der aber von den politischen Vorteilen übertroffen würde.

3. STÄRKUNG DER EUROPÄISCHEN NACHBARSCHAFTSPOLITIK

Entwicklung und Reform sind vor allem im Interesse unserer Partnerländer und unterliegen ihrer souveränen Verantwortung. Aber die EU hat durchaus ein Interesse daran, ihre Partnerländer bei diesen Bemühungen zu unterstützen. Viele der hierfür erforderlichen Instrumente gibt es schon. Andere sollten – wie nachstehend erläutert – ausgebaut und gestärkt werden. Dabei sollte die EU ihre Unterstützung weiter an die Erfordernisse und Bestrebungen der Partner anpassen. Je weiter die Reformen in einem Partnerland vorankommen, desto enger können die Beziehungen werden und desto mehr kann die EU das Partnerland unterstützen.

3.1. Stärkung der Wirtschafts- und Handelskomponente

Engere Wirtschaftsbeziehungen mit unseren ENP-Partnern sind der Schlüssel für Erfolg und Glaubwürdigkeit unserer Politik. Von Anfang an lautete eine der zentralen Prämissen der ENP, dass die Wirtschaftsintegration über den freien Waren- und Dienstleistungsverkehr hinausgehen und sich ebenfalls auf andere und auch nicht tarifäre Bereiche („behind the border“ issues) erstrecken sollte; hierzu zählen die Thematisierung der nicht tarifären Handelshemmnisse und eine allmähliche und umfassende Konvergenz im Handel und in anderen Regulierungsbereichen (z. B. technische Vorschriften und Normen, Gesundheits- und Pflanzenschutz, Wettbewerbspolitik, Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, Innovation und Industriepolitik, Forschungskooperation, Rechte an geistigem Eigentum, Handelsförderung, Zollmaßnahmen und Verwaltungskapazität in Verbindung mit den Ursprungsregeln, eine gute Steuerpolitik, Gesellschaftsrecht, öffentliches Beschaffungswesen und Finanzdienstleistungen). Die ENP-Aktionspläne sind ein Schritt in diese Richtung.

Mit den Partnerländern im Mittelmeerraum sind bereits Freihandelsabkommen unterzeichnet worden, die sich im Wesentlichen auf gewerbliche Waren beschränken; vor kurzem wurden Verhandlungen aufgenommen, um den Anwendungsbereich bei Agrar- und Fischereierzeugnissen zu erweitern und um Dienstleistungen und die Niederlassungsfreiheit zu ergänzen. Mit der Umsetzung der ENP-Aktionspläne, insbesondere in den Regulierungsbereichen, werden nach und nach die Grundlagen für eine neue Generation von „tief greifenden und umfassenden Freihandelsabkommen“ mit den ENP-Partnern geschaffen, die jenem gleichen werden, das die EU mit der Ukraine auszuhandeln gedenkt.

Ein tief greifendes und umfassendes Freihandelsabkommen sollte sich letztendlich auf den gesamten Handel mit Waren und Dienstleistungen zwischen der EU und den ENP-Partnern (einschließlich jener Waren, die für unsere Partner von besonderer Bedeutung sind) erstrecken und klare rechtsverbindliche Bestimmungen zu Ordnungsfragen für die Bereiche Handel und Wirtschaft enthalten. Die derzeitigen Freihandelsabkommen mit den Partnerländern im Mittelmeerraum sollten entsprechend auf andere Regulierungsbereiche ausgedehnt werden. Die Ergebnisse der handelsbezogenen Nachhaltigkeitsprüfungen werden in diesen Prozess mit einbezogen werden.

Solche tief greifende und umfassenden Freihandelsabkommen müssen genau auf die wirtschaftlichen Gegebenheiten und den Entwicklungsstand in dem jeweiligen Partnerland zugeschnitten und zeitlich gesteuert werden, was unter anderem auch bedeuten würde, gegebenenfalls eine gewisse Asymmetrie in Kauf zu nehmen. Tief greifende Freihandelsabkommen sind komplex und ehrgeizig und folglich ein mittelfristiges – und für einige ENP-Länder – sogar ein langfristiges Ziel. Bevor die EU Verhandlungen über tief greifende Freihandelsabkommen aufnimmt, muss sie prüfen, inwieweit das Partnerland in der Lage ist, ein solches Abkommen umzusetzen und seinen daraus erwachsenden Verpflichtungen langfristig nachzukommen, und welche Ziele sich das Land gesteckt hat. Auch wenn sich die Länder in unterschiedlichem Tempo in diese Richtung bewegen, muss allen unbedingt dieselbe Perspektive eröffnet werden. Das abschließende Ziel bestünde darin, für unsere Partner eine gemeinsame Regulierungsgrundlage und ein vergleichbares Maß an Marktzugang zu schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen und die Verwaltungskapazitäten der Partnerländer zu stärken, müssen die Partner die Umsetzung der in ihren Aktionsplänen enthaltenen Abschnitte über Handel und andere Regulierungsfragen fortsetzen. Daher wird der Unterstützung für diese Bereiche eine besondere Bedeutung beigemessen.

In einer Anfangsphase wird voraussichtlich vor allem ein bilateraler Ansatz verfolgt werden, um so den sehr unterschiedlichen Gegebenheiten in den einzelnen Ländern besser Rechnung zu tragen. Auf diese Weise können die am weitesten fortgeschrittenen Länder zügiger vorgehen und werden nicht durch die anderen gebremst. Der Ansatz entspricht voll und ganz der langfristigen Zielsetzung, zwischen der EU und ihren ENP-Partnern eine Wirtschaftsgemeinschaft aufzubauen. Einzelne Aspekte werden im Mittelmeerraum bereits über das Agadir-Abkommen entwickelt. Langfristig müssen bei der Arbeit mit Blick auf eine größere die Nachbarschaft einbeziehende Wirtschaftsgemeinschaft auch Fragen geklärt werden, die sich auf die Anwendung gemeinsamer Regulierungsrahmen und einen besseren Marktzugang für Waren und Dienstleistungen zwischen den einzelnen ENP-Partnern sowie die Schaffung geeigneter institutioneller Verfahren (z. B. Streitbeilegungsmechanismen) beziehen.

Aktionslinien: Handel, Investitionen und wirtschaftliche Integration aktiver Einsatz für ein Konzept “tief greifender und umfassender Freihandelsabkommen“ mit allen ENP-Partnern einschliesslich nicht tarifärer Elemente („behind the border“ elements) und der Liberalisierung der Handelsströme zwischen den Partnerländern, gegebenenfalls mit einem gewissen Maß an Asymmetrie mehr Unterstützung für Reformen und Bemühungen zur Verbesserung des Regulierungsrahmens für Handel und Wirtschaft und des Investitionsklimas eine stärkere wirtschaftliche Integration und Zusammenarbeit in wichtigen Wirtschaftszweigen |

- 3.2. Erleichterung des Personenverkehrs und Steuerung der Migration

Seit Anbeginn der Europäischen Gemeinschaft war der freie Personenverkehr, d. h. die Möglichkeit der Staatsangehörigen unserer Mitgliedstaaten, innerhalb der Gemeinschaft aus geschäftlichen Gründen, zu Bildungszwecken oder im Urlaub zu reisen, ein maßgeblicher Faktor für die Förderung von innergemeinschaftlichem Handel und Investitionen, für die Verbesserung der gegenseitigen Verständigung und für die Förderung wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Kontakte. Mobilität ist für alle ENP-Partner von entscheidender Bedeutung. In vielen Bereichen der Europäischen Nachbarschaftspolitik wird die Union ihre Verpflichtungen nicht uneingeschränkt erfüllen können, solange rechtmäßige Kurzaufenthalte immer noch sehr restriktiv gehandhabt werden. Gleichzeitig erschweren und behindern die derzeitige Visumpolitik und die geltenden Visumerteilungsverfahren das rechtmäßige Reisen erheblich. Die langen Warteschlangen vor den Konsulaten der Europäischen Union sind wohl das sichtbarste Zeichen für die schwierige Einreise in die Union. Die Stärke unserer Europäischen Nachbarschaftspolitik wird sich darin zeigen, ob Visa für Kurzzeitaufenthalte – ob für Geschäfts-, Bildungs- oder Urlaubsreisen oder für die Einreise in Verbindung mit wissenschaftlichen und Forschungstätigkeiten oder zur Teilnahme an zivilgesellschaftlichen Konferenzen – in einer angemessenen Zeit und zu vertretbarem Preis erteilt werden.

Wenn wir die ENP verbessern wollen, dann werden wir uns ernsthaft damit befassen müssen, wie wir das Problem der schwerfälligen Visumerteilung angehen, um die rechtmäßige Einreise aus Nachbarländern in die EU (und umgekehrt) zu erleichtern. Diese Problematik muss jedoch in einem größeren Rahmen behandelt werden, bei dem unter anderem auch die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung (insbesondere über Seegrenzen) und des Menschenschmuggels und -handels, ein wirksamer Grenzschutz, Rückübernahmeabkommen und Rückführung illegaler Einwanderer sowie die angemessene Bearbeitung von Anträgen auf internationalen Schutz und Asyl zur Sprache gebracht werden müssen. Mit einer festen Zusage unserer Partner, sich diesen vorrangigen Bereichen zu widmen, sollte es möglich sein, maßgebliche Verbesserungen bei der Visumerteilung zu erzielen, d. h. das die Visumerteilung für bestimmte Reisekategorien (Geschäfts- und Bildungsreisen und offizielle Besuche) vereinfacht und beschleunigt wird, und wir gleichzeitig unsere gemeinsamen Bemühungen gegen die illegale Einwanderung verstärken.

In dieser Weise wurden bereits mit der Ukraine im Oktober 2006 Abkommen über die Visumerleichterung und über die Rückübernahme paraphiert. In Kürze dürften auch erste Gespräche mit der Republik Moldau über derartige Abkommen aufgenommen werden. Die Verhandlungen über ein Rückübernahmeabkommen mit Marokko nähern sich ebenfalls ihrem Abschluss. Die Abkommen über die Visumerleichterung werden im Tandem mit Rückübernahmeabkommen ausgehandelt, tragen als „maßgeschneiderte“ Abkommen den spezifischen Gegebenheiten des Drittlands Rechnung und sehen für bestimmte Personengruppen eine vereinfachte Visumerteilung vor.

Auch allgemeine visumpolitische Entwicklungen in der EU sind von Relevanz, zum Beispiel die Verhandlungen zwischen den Mitgliedstaaten über die Einrichtung eines Visa-Informationssystems, das unter anderem auch Biometrie bei Visumantragstellern und den Austausch von Visuminformationen zwischen den Mitgliedstaaten vorsehen würde. Darüber hinaus hat die Kommission verschiedene Formen der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten vorgeschlagen, darunter die Einrichtung von zentralen Visumantragsstellen, was die Annahme von Visumanträgen in den ENP-Partnerländern erheblich erleichtern könnte.

Da ein ausgewogenes Konzept benötigt wird, sollte die Kommission – aufbauend auf den in den ENP-Aktionsplänen vorgesehenen Dialog über Einwanderungs- und Visumfragen – mit jedem Nachbarland, das über einen Aktionsplan verfügt, Verhandlungen über Rückübernahme und Visumerteilung aufnehmen, sobald die grundlegenden Voraussetzungen erfüllt sind.

Aktionslinien: Personenverkehr und Migration Visumerleichterung, Abbau der Hindernisse für eine rechtmäßige Einreise zum Beispiel im Rahmen von Geschäfts-, Bildungs- und Urlaubsreisen und offiziellen Besuchen als Teil eines Gesamtpakets, das eine angemessene Steuerung von Personenverkehr und Migration umfasst und Fragen der Rückübernahme, der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des wirksamen und effizienten Grenzschutzes anspricht |

- 3.3. Förderung direkter Kontakte zwischen den Menschen („People-to-People“)

Unabhängig von der Mobilitätskomponente muss sich die ENP auch ein „menschliches Gesicht“ geben. Den Bürgerinnen und Bürger der EU und der Nachbarländer sollte häufiger die Gelegenheit zu direkten Begegnungen gegeben werden, um mehr über einander und die jeweiligen Kulturen zu erfahren und einander besser zu verstehen. Die ENP darf nicht eine Angelegenheit von Beamten und Politikern bleiben. Auf beiden Seiten der Grenzen sollten die Menschen direkt erleben können, was stärkere Verbindungen zwischen der Union und ihren Nachbarn konkret bedeuten.

- Bildungs- und Jugendaustauschmaßnahmen müssen fester Bestandteil der ENP sein, denn eben solche Maßnahmen haben auch innerhalb der EU dazu beigetragen, Brücken zu schlagen und Vorurteile abzubauen. Die Hochschulkooperation wird im Rahmen von TEMPUS gefördert, während 2007 im Rahmen von Erasmus Mundus ein neues Stipendiatenprogramm für die ENP-Region ins Leben gerufen werden wird. Der politische Dialog über die Hochschulbildung sollte intensiviert werden, um auf diesem Wege die Modernisierungs- und Reformbestrebungen der Partnerländer zu unterstützen. Darüber hinaus sollte in diesem Bereich auch die Verbreitung und der Austausch besonders bewährter Verfahren ausgeweitet werden. Diese Instrumente fördern den Aufbau einer Hochschulkooperation und ermöglichen eine Konvergenz mit den relevanten EU-Verfahren wie dem Bologna-Prozess, an dem viele ENP-Partner bereits teilnehmen. Die Unterstützung für die Bildungsreform, unter anderem über die Europäische Stiftung für Berufsbildung, sollte verstärkt werden. Des Weiteren könnte ein neues ENP-Austauschprogramm für junge Fachkräfte aus verschiedensten Berufsfeldern (einschließlich des Kultur- und Kunstbereichs) sowie für in Regulierungsbehörden tätige Beamte in Erwägung gezogen werden. Bei diesen Maßnahmen nehmen die Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle ein.

- Die Mobilität von Wissenschaftlern stellt einen wesentlichen Teil der Forschungszusammenarbeit zwischen der EU und ENP-Ländern dar, ebenso wie der Kompetenzverbesserung. Die Beweglichkeit von Wissenschaftlern verlangt nach einer gemeinsamen Aktion, durch volles Ausschöpfen der Informationsmöglichkeiten das Bewusstsein für bereitstehende Mobilitäts-Stipendien (etwa Marie-Curie-Stipendien) zu schärfen.

- Auch die zivilgesellschaftlichen Austauschmaßnahmen sollten ausgebaut werden, da sie über die Kontakte auf Regierungsebene hinausreichen und in vielen Bereichen eine wichtige Brückenfunktion haben, z. B. Kontakte zwischen Gewerkschaften, regionalen und kommunalen Verwaltungen (einschließlich Städtepartnerschaften), Gesundheitsexperten, NRO und im Kulturbereich tätigen Gruppen. Die Programme für grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die im Rahmen des ENPI finanziert werden sollen, werden hier eine wichtige Rolle spielen; gleichzeitig müssen aber auch breiter angelegte, EU-weite Austauschmaßnahmen durchgeführt werden. Selbst wenn ein Großteil der Austauschmaßnahmen vorwiegend im wirtschaftlichen und sozialen Bereich angesiedelt sein wird, werden kulturelle Austauschmaßnahmen und der interkulturelle Dialog einen wichtigen Platz einnehmen.

- Zudem werden die zivilgesellschaftlichen Austauschmaßnahmen neue Unternehmenskontakte („Business-to-Business“-Kontakte) ermöglichen. Die Arbeitgeberverbände in der EU und in den ENP-Ländern und insbesondere die Verbände des Mittelstands sollten dazu ermutigt werden, engere Kontakte zu knüpfen und Erfahrungen auszutauschen.

- Die zivilgesellschaftliche Beteiligung an der ENP sollte jedoch über Austausch- und Kooperationsprogramme hinausgehen. Wir müssen die Regierungen der Partnerländer dazu anhalten, den Vertretern der Zivilgesellschaft als wichtige Beteiligte des Reformprozesses die Möglichkeit zu geben, sich aktiv an der Vorbereitung von Rechtsvorschriften, der Überwachung ihrer Umsetzung oder an der Entwicklung nationaler oder regionaler Initiativen, die sich auf die ENP beziehen, zu beteiligen. Auf nationaler Ebene oder auch auf breiter regionaler Ebene könnten Seminare, die für Vertreter von Regierung und Zivilgesellschaft zu Fragen und Problemen der Reform angeboten werden könnten, zur Vertrauensbildung beitragen.

- Auch der Aspekt der „Sichtbarkeit“ spielt bei den Bemühungen um eine Stärkung der ENP eine wichtige Rolle, denn es geht darum, den Bürgern der EU und der Partnerländer den Sinn und Zweck der ENP zu vermitteln. Die Kommission verfolgt bereits eine Informations- und Kommunikationsstrategie für die ENP. Außerdem sollten die Mitgliedstaaten in ihrer sowohl nach außen als auch nach innen gerichteten Informationsarbeit auch auf die Ziele und bisherigen Errungenschaften der ENP eingehen.

Der ENP eine menschliche Dimension zu verleihen, ist gleichwohl Aufgabe der Mitgliedstaaten wie der Gemeinschaft. Durch die Einbeziehung dieser Aspekte in die bilateralen Programme und den Austausch von Informationen und besonders bewährten Verfahren bei „People-to-People“-Maßnahmen kann das Image der Union in den Partnerländern verbessert werden. Um der EU bei diesen Bemühungen insgesamt eine bessere Sichtbarkeit zu verleihen, beabsichtigt die Kommission, eine zentrale Website („One-stop website“) einzurichten, die mit Websites der Mitgliedstaaten verlinkt werden könnte, um die Informationssuche über Austauschprogramme in der Europäischen Union zu vereinfachen.

Aktionslinien: „People-to-People“-Austauschmaßnahmen Bildungs-, Kultur-, Jugend- und Forschungsaustausch zivilgesellschaftliche Austauschmaßnahmen und Förderung einer stärkeren Beteiligung der Zivilgesellschaft an der ENP Austausch zwischen regionalen und kommunalen Verwaltungen Ausbildung der Gesetzgeber von morgen Unternehmenskontakte Sichtbarkeit und Informationsarbeit |

- 3.4. Einführung einer thematischen Komponente für die ENP

Bisher war die ENP im Wesentlichen bilateral, d. h. auf die Beziehungen zwischen der EU und jedem einzelnen Partnerland ausgerichtet, da die politische und wirtschaftliche Situation sowie die Erfordernisse und Bestrebungen der einzelnen Länder sehr unterschiedlich gelagert sind. Auf eine solche Differenzierung kann auch in der Zukunft nicht verzichtet werden.

Dennoch gibt es eine Reihe von themenübergreifenden Bereichen, in denen die EU und ihre südlichen wie auch östlichen ENP-Partner gemeinsame Interessen und Belange verfolgen und die konstruktiv in einem multilateralen Kontext angegangen werden könnten. In Bereichen wie Energie, Verkehr, Umwelt, Entwicklung des ländlichen Raums, Informationsgesellschaft, Forschungskooperation, öffentliches Gesundheitswesen, Finanzdienstleistungen, Grenzschutz, Migration und maritime Angelegenheiten sind die Probleme nicht nur rein bilateraler Natur. Eine gemeinsame Debatte, ein gemeinsames Vorgehen und eine Zusammenarbeit zwischen der EU und allen ENP-Partnern könnte hier durchaus förderlich sein. Diese Bereiche sind wichtige Faktoren für ein nachhaltiges Wachstum, für Wohlstand, Stabilität und Sicherheit.

Die Liste der Themen, die ENP-weit erörtert werden könnten, müsste noch genauer festgelegt und eingehend erörtert werden. Des Weiteren ist zu überlegen, auf welche Weise diese Themen behandelt werden sollten. Für einige Themen würde sich ein relativ lockerer Rahmen mit punktuellen oder auch regelmäßigen Treffen auf Minister- oder Arbeitsebene eignen. Andere wiederum bedürften wahrscheinlich eines strukturierteren institutionellen oder integrierten Rahmens. Dabei ist vor allem auf eine wirksame Umsetzung der bestehenden oder gegebenenfalls neuen multilateralen Übereinkommen zu achten. Für eine begrenzte Zahl von Schlüsselbereichen ist unbedingt die Möglichkeit mulilateraler Übereinkommen zwischen der EU und den ENP-Partnern zu prüfen. Hierzu zählen vor allem die Bereiche Energie (Erweiterung des Vertrags zur Gründung der Energiegemeinschaft) und Verkehr (horizontale/globale Luftverkehrsabkommen). Außerdem sollte die Ausdehnung der Verbundnetze erwogen und für deren Interoperabilität mit den EU-Systemen Sorge getragen werden.

Des Weiteren besteht für die ENP-Partner die Möglichkeit, sich an bestimmten Einrichtungen und Programmen der Gemeinschaft zu beteiligen – ein weiterer wichtiger Aspekt der ENP. In einer diesbezüglichen Mitteilung[1] schlägt die Kommission hierfür einen generellen Ansatz vor.

Aktionslinien: Thematische Aspekte In Schlüsselbereichen Aufbau eines verstärkten multilateralen und bilateralen Dialogs mit den ENP-Partnern Erwägung zusätzlicher multilateraler Übereinkommen für die Bereiche Energie und Verkehr und Festigung der bestehenden Abkommen Vorbereitungen für die Erweiterung der Verkehrs- und Energienetze in der EU auf die Nachbarländer, einschließlich von Interoperabilität Beteiligung der Nachbarländer an relevanten Einrichtungen und Programmen der Gemeinschaft |

- 3.5. Stärkung der politischen Zusammenarbeit

Wenn die ENP es nicht schafft, einen Beitrag zur Bewältigung der Konflikte in der Region zu leisten, hätte es in Bezug auf eines ihrer Hauptanliegen versagt. Derartige Konflikte stellen eine Gefahr für die eigene Sicherheit dar, denn sie könnten eskalieren, zu Massenflüchtlingsströmen, Störungen in der Energieversorgung und den Handels- und Verkehrsverbindungen führen und die Verbreitung von Terrorismus und organisierter Kriminalität (einschließlich Menschen-, Drogen- und Waffenhandel) begünstigen. Die Union leistet einen großen Beitrag zur Unterstützung von Flüchtlingen und Vertriebenen; viel besser wäre es jedoch, wenn diese Ressourcen in die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung fließen würden. Im Interesse aller Betroffenen sollte versucht werden, Russland zu einer engeren Zusammenarbeit bei der Konfliktprävention und Stabilisierung der Lage in Osteuropa und im Südkaukasus zu bewegen.

Seit Jahren leidet die Nachbarschaft der EU unter den Krisen in der Republik Moldau, im Südkaukasus, in den Palästinensischen Gebieten oder ganz allgemein im Nahen Osten oder in der westlichen Sahara. Selbst wenn die ENP niemals an die Stelle der derzeitig laufenden regionalen wie auch multilateralen Bemühungen zur Bewältigung dieser Probleme wird treten können, so muss die EU doch dafür gerüstet sein, eine aktivere Rolle zu übernehmen, indem sie entweder als gleichberechtigter Partner an diesen Bemühungen teilnimmt (wie im Falle des Nahost-Quartetts) oder sie sich von Fall zu Fall an zivilen oder militärischen Beobachtungs- und Friedeneinsätzen beteiligt. In diesem Zusammenhang kommt Grenzschutzeinsätzen ebenfalls eine wichtige Rolle zu. Der Erfolg der EU BAM (Mission der Europäischen Union zur Unterstützung des Grenzschutzes) im moldauisch-ukrainischen Grenzgebiet und ihr Einsatz in Rafah sind gute Beispiele. Die Kommission ist bereit, gemeinsam mit dem Ratssekretariat weitere Vorschläge zur Konfliktlösung auszuarbeiten. Im Rahmen des neuen Stabilitätsinstruments wird die EU ebenfalls die Möglichkeit haben, sich in diesen Bereichen stärker zu engagieren.

Außerdem bietet die ENP die Möglichkeit eines intensiveren Dialogs, der in Verbindung mit einer konkreten Unterstützung für Reform- und Entwicklungsbemühungen einen langfristigen Beitrag zur Bewältigung der anstehenden Fragen leisten kann. In diesem Zusammenhang kann auch eine bessere regionale Zusammenarbeit (siehe Punkt 3.6) einen wichtigen Beitrag leisten. Darüber hinaus könnten noch folgende Maßnahmen ergriffen werden, um die politische Komponente der ENP weiter zu stärken:

- Wie den östlichen ENP-Partnern sollte auch den Partnern im Süden die Möglichkeit gegeben werden, sich von Fall zu Fall GASP-Erklärungen der EU anzuschließen.

- Die ENP-Partner könnten außerdem zu gegebenen Anlässen zu Briefings und Koordinierungstreffen eingeladen werden, die die EU im Rahmen internationaler Foren (z. B. VN, Europarat und OSZE) organisiert.

- Für 2007 könnte ein informelles Treffen auf hoher Ebene mit allen ENP-Partnern, mit denen Aktionspläne vereinbart wurden, ins Auge gefasst werden, um in diesem Rahmen den Startschuss für die in dieser Mitteilung vorgeschlagene gestärkte ENP zu geben.

- Auch die Zusammenarbeit zwischen den Parlamenten sollte verstärkt werden, und zwar entweder über die Beziehungen zwischen dem Europäischen Parlament und den nationalen Parlamenten der ENP-Partner oder die Arbeit der europäischen politischen Stiftungen.

- Des Weiteren würde ein Ausbau der diplomatischen Missionen der EG und der Mitgliedstaaten auch der Union mehr Präsenz in der Region verleihen. In allen ENP-Ländern sollten so schnell wie möglich in vollem Umfang Vertretungen der Europäischen Kommission eröffnet werden.

Aktionslinien: Politische Zusammenarbeit eine aktivere Rolle der EU in der regionalen und multilateralen Konfliktbewältigung (und falls angemessen Beteiligung an zivilen und militärischen Friedenseinsätzen) Angebot an alle ENP-Partner, sich den GASP-Erklärungen der EU anzuschließen 2007: informelles ENP-Treffen auf hoher Ebene Ausbau der parlamentarischen Zusammenarbeit stärkere diplomatische Präsenz der EU in allen ENP-Partnerländern |

- 3.6. Verbesserung der regionalen Zusammenarbeit

In der Schwarzmeerregion, in der die Republik Moldau, die Ukraine und die Länder des südlichen Kaukasus mit der EU sowie Russland und der Türkei zusammentreffen, bietet die ENP ein großes Potenzial für den Dialog und die Zusammenarbeit auf regionaler Ebene. Sobald das Schwarze Meer ab Januar 2007 eine Außengrenze der Europäischen Union bilden wird, wird ein verstärkter regionaler Ansatz wesentlicher Bestandteil unserer Nachbarschaftspolitik sein. Wenn wir mit den Partnerländern im Schwarzmeerraum auf regionaler Ebene zusammenarbeiten (ob nun im Rahmen der ENP oder mit Russland im Rahmen der Strategischen Partnerschaft oder mit der Türkei als Kandidatenland), sollten wir alle Partner einschließen, ungeachtet des formellen Rahmens unserer bilateralen Beziehungen. Konkrete sektorspezifische Fragen sollten durch Initiativen wie z. B. eine im gegenseitigen Interesse liegende wissenschaftliche Zusammenarbeit, die durch politischen Dialog untermauert wird, oder in Foren wie der Internationalen Kommission für den Schutz des Schwarzen Meeres gelöst werden.

Eine verstärkte Zusammenarbeit in der Schwarzmeerregion – eine „Schwarzmeersynergie“ – kann auch den Weg für die Lösung langjähriger regionaler Konflikte ebnen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit im Schwarzmeerraum (BSEC) bietet eine gute Plattform für den Dialog und die Zusammenarbeit mit der gesamten Region. Die Kommission prüft daher, wie sie mit der BSEC engere Kontakte aufbauen oder dort sogar einen Beobachterstatus erhalten könnte. Auf der Grundlage dieser engeren Verbindungen sollte zudem ein regelmäßiger Dialog mit der BSEC auf Ebene der Außenminister eingerichtet werden, der die Umsetzung und weitere Entwicklung der EU-Politik für die Schwarzmeerregion erleichtern würde. Unmittelbar im Anschluss an diese BSEC-Treffen sollten Treffen der EU-Minister und der Minister der östlichen ENP-Länder stattfinden, um einen politischen Dialog zu führen und die ENP betreffende Fragen zu erörtern. Die Kommission beabsichtigt, im kommenden Jahr in einer eigenen Mitteilung ausführlicher auf den verstärkten Dialog mit der Schwarzmeerregion einzugehen. Die „Schwarzmeersynergie“ sollte andere regionale Initiativen wie die Baku-Initiative für Verkehr und Energie ebenfalls berücksichtigen.

Im Mittelmeerraum ist die ENP eine neue und wichtige Ergänzung des regionalen Dialogs und der Integrationsbemühungen, die seit langem Bestandteil der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft sind. Im Rahmen der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft konnten die EU und ihre südlichen Nachbarn über Dialog und Zusammenarbeit auf regionaler Ebene Verbindungen in Politik, Wirtschaft, Handel, sozialen Angelegenheiten und Kultur herstellen. Das 2005 auf dem Barcelona-Gipfel vereinbarte Fünfjahresarbeitsprogramm baut auf der ENP-Agenda auf und enthält klare Vorgaben für eine verstärkte regionale Zusammenarbeit in den kommenden Jahren.

Die ENP knüpft an die Europa-Mittelmeer-Partnerschaft und die Assoziationsabkommen an, die inzwischen mit den meisten Partnerländern im Mittelmeerraum abgeschlossen wurden. Sie bietet eine gute Gelegenheit, unsere Beziehungen mit diesen Partnerländern auszubauen, und trägt den unterschiedlichen Bedingungen und Interessen dieser Länder umfassend Rechnung. Die gemeinsam vereinbarten Reformverpflichtungen, die in allen fünf derzeit geltenden Aktionsplänen (Israel, Jordanien, Marokko, Palästinensische Behörde, Tunesien) enthalten sind, haben bereits Früchte getragen, was auch in den jeweiligen Fortschrittberichten zum Ausdruck kommt. Die Aktionspläne ermöglichten es insbesondere, klare gemeinsame Prioritäten festzulegen, verschiedene Themen in einen einheitlich strukturierten Dialog einzubetten und echte Fortschritte in sensiblen Bereichen zu erzielen. Mit den Aktionsplänen für Ägypten und den Libanon, die derzeit fertig gestellt werden, wird die Zusammenarbeit zwischen Europa und dem Mittelmeerraum auf bilateraler Ebene ebenso gut ausgebaut sein wie auf regionaler Ebene. Zudem könnten Synergien mit anderen Wirtschaftsräumen, z. B. dem Golf-Kooperationsrat, angestrebt werden, um gemeinsam Mittel und Investitionen zur Förderung wirtschaftlicher Reformen und eines nachhaltigen Wachstums im Mittelmeerraum zu mobilisieren.

Im Mittelmeerraum wie in der Schwarzmeerregion wird die größere Flexibilität, die die neuen Instrumente der Zusammenarbeit bieten, von großer Bedeutung sein. So werden beispielsweise die neuen Programme für grenzüberschreitende Zusammenarbeit, die im Rahmen des Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstruments (ENPI) eingerichtet werden, erstmals wirklich die Möglichkeit schaffen, die dezentrale Zusammenarbeit zwischen lokalen und regionalen Behörden auf beiden Seiten dieser Meere zu fördern und Fragen zu erörtern, die von gemeinsamen Interesse sind (z. B. Umwelt, Verkehr und Kommunikation, Sicherheit auf See, Meeresumwelt, regionale Wirtschaftsentwicklung, Tourismus und soziokultureller Austausch).

Wir sollten auch über die unmittelbare Nachbarschaft der Union hinausblicken und mit den „Nachbarn unserer Nachbarn“ zusammenarbeiten. In Zentralasien beispielsweise oder in der Golfregion werden die neuen Instrumente (ENPI und DCI) die Finanzierung regionaler Kooperationsmaßnahmen ermöglichen, an denen Länder aus beiden Regionen beteiligt sind. Diese Form der Zusammenarbeit könnte unter anderem in der Energie-, Verkehrs-, Umwelt- und Forschungspolitik von besonderer Bedeutung sein. So könnten private und öffentliche Investitionen und Mittel für den Entwicklungs- und Modernisierungsbedarf unserer unmittelbaren Nachbarn mobilisiert werden. Ähnliche Erwägungen sind auch über die nordafrikanischen ENP-Länder hinaus im Rahmen der EU-Strategie für Afrika angestellt, wo breiter angelegte Programme für die regionale Zusammenarbeit und Kooperation in Bereichen wie Migration, Infrastruktur, Energie, sowie Frieden und Sicherheit von großem Interesse sein werden. Über diese regionale Zusammenarbeit hinaus, könnte die Vereinbarung einer vergleichbaren Agenda für Dialog und Reformen mit Kasachstan in Betracht gezogen werden, da dieses Land ein Interesse daran bekundet hat. Zentralasien wird Gegenstand eines späteren Strategiepapiers sein.

Aktionslinien: Regionale Zusammenarbeit „Schwarzmeersynergie“, einschließlich eines Dialogs auf Ebene der Außenminister und engerer Zusammenarbeit mit der BSEC, unter Berücksichtigung der bestehenden Initiativen für regionale Zusammenarbeit wie der Baku-Initiative für Energie und Verkehr Vollständige Umsetzung des Europa-Mittelmeer-Arbeitsprogramms Engere Zusammenarbeit mit den „Nachbarn unserer Nachbarn“, z. B. in den Bereichen Energie, Verkehr und Bekämpfung der illegalen Einwanderung |

- 3.7. Verbesserung der finanziellen Zusammenarbeit

Ab 2007 wird die Zusammenarbeit mit unseren Nachbarländern aus dem Europäischen Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) finanziert, und dann gilt auch das neue Finanzierungsmandat der Europäischen Investitionsbank. Beides wird erhebliche Verbesserungen mit sich bringen. So wird das ENPI sehr viel flexibler als frühere Instrumente (und insbesondere als TACIS) sein und weitaus mehr Mittel bereitstellen (2007-2013 werden etwa 32 % mehr Mittel in konstanten Preisen bereitgestellt als 2000-2006). Andere neue Instrumente der Zusammenarbeit (in den Bereichen Menschenrechte, nukleare Sicherheit sowie thematische Programme) werden auch den ENP-Partnerländern zur Verfügung stehen. Das neue EIB-Mandat sollte eine stärkere Unterstützung Osteuropas und des südlichen Kaukasus ermöglichen, auch wenn diese wahrscheinlich erheblich geringer ausfallen wird als von der Kommission vorgeschlagen.

Die für die Unterstützung der ENP-Reformagenda verfügbaren Mittel werden nach wie vor relativ bescheiden sein, obwohl diese Agenda breit gefächerte und ehrgeizige Ziele umfasst. Der Zufluss privater Investitionen in die meisten Länder der Region ist weiterhin enttäuschend gering, und so sind auch die Möglichkeiten dieser Länder, dringend benötigte Infrastrukturen zu finanzieren, sehr beschränkt.

Daher ist es unabdingbar, dass die von der EU bereitgestellten Mittel so wirkungsvoll wie irgend möglich eingesetzt werden und eine Hebelwirkung entfalten. Zu diesem Zweck müssen wir einen innovativen Ansatz im Hinblick auf die Art der unterstützten Maßnahmen verfolgen und Synergien zwischen ENPI und anderen Finanzmitteln sowie mit Mitgliedstaaten und deren Finanzinstitutionen, mit internationalen Finanzierungsinstitutionen (IFI) und anderen Gebern ausschöpfen.

Um Reformfortschritte zu belohnen und zusätzliche Investitionen von internationalen Finanzierungsinstitutionen und anderen Gebern zu mobilisieren, wird die Kommission zwei innovative Finanzierungsmechanismen einführen, und einen erheblicher Teil der ENPI-Mittel für eine Governance-Fazilität und eine Investitionsfazilität vorsehen. Detaillierte Vorschläge sollen zwar erst im Rahmen der Programmplanung vorgelegt werden, aber generell möchte die Kommission folgende Zuweisungen für den Zeitraum 2007-2013 vornehmen:

- 300 Mio. EUR (d. h. rund 43 Mio. EUR jährlich) für eine Governance-Fazilität: Mit diesen zusätzlich zu den normalen Länderzuweisungen bereitgestellten Mitteln soll die Arbeit der Partnerländer anerkannt und unterstützt werden, die die größten Fortschritte bei der Umsetzung der in ihrem Aktionsplan festgelegten Reformagenda erzielt haben. Ausgehend von einer Bewertung der Fortschritte eines Landes bei der Umsetzung der in seinem Aktionsplan (relativ allgemein) formulierten Governance-Ziele, sollen diese Mittel zur Aufstockung der Länderzuweisungen und zur Förderung entscheidender Elemente der Reformagenda bereitgestellt werden. Mit dieser Unterstützung wird es für reformwillige Regierungen einfacher sein, ihre Wähler für Reformen zu gewinnen.

- 700 Mio. EUR (rund 100 Mio. EUR jährlich) für einen Nachbarschaftsinvestitionsfonds, aufbauend auf die FEMIP[2], mit dem IFI-Darlehen in ENP-Partnerländern unterstützt werden sollen: Aus diesem Fonds sollen Zuschüsse gezahlt werden, um die Darlehenstätigkeit von Institutionen wie der EIB (im Zusammenhang mit ihrem neuen Mandat für die Darlehenstätigkeit in Drittländern) und der EBWE und möglicherweise von Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen der Mitgliedstaaten im Einklang mit den Prioritäten der Europäischen Union zu unterstützen. Ein solcher Fonds könnte Schätzungen zufolge die Mobilisierung „weicher Kredite“ im vier- oder gar fünffachen Wert der aus dem Fonds gezahlten Zuschüsse und damit die Durchführung von Investitionsprojekten in Bereichen ermöglichen, denen in den ENP-Aktionsplänen Priorität beigemessen wurde. Eine konkrete Unterstützung der Mitgliedstaaten, die den Gemeinschaftsbeitrag zum Treuhandfonds durch eigene Zuschüsse ergänzen sollten, ist sehr wünschenswert, da sie die politische Unterstützung der EU für eine gestärkte ENP zum Ausdruck bringt. Sollten die Mitgliedstaaten ebenso viele Mittel wie die Gemeinschaft für den Fonds aufbringen, dann könnte die Fazilität erhebliche Summen für Darlehen zu Vorzugsbedingungen mobilisieren. An der Verwaltung eines solchen Treuhandfonds könnten alle Beitragszahler entsprechend ihrem Beitrag für die ENP und der Berücksichtigung der ENP in der von ihnen gegenüber dieser Region verfolgten Politik beteiligt werden. Durch eine Abstimmung zwischen dem Nachbarschaftsinvestitionsfonds und dem Infrastruktur-Treuhandfonds EU-Afrika können Kohärenz und Synergie gewährleistet werden.

Im Einklang mit den laufenden Bemühungen um eine stärkere Koordinierung der EU-Geber als Gruppe sollten die Mitgliedstaaten in ihren Kooperationsprogrammen die in den ENP-Aktionsplänen festgelegten Prioritäten und Reformpläne zunehmend berücksichtigen. Eine fortgesetzte Koordinierung mit den Aktivitäten der Weltbank sollte auch sichergestellt sein.

Aktionslinien: Finanzielle Zusammenarbeit Größtmögliche Wirksamkeit und Hebelwirkung der knappen Mittel Governance-Fazilität Nachbarschaftsinvestitionsfonds Verbesserte Koordinierung zwischen der Hilfe der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaftshilfe |

- 4. SCHLUSSFOLGERUNGEN

Die Fortschritte, die in den ersten beiden Jahren im Rahmen der ENP erzielt wurden, stellen das große Potenzial dieser langfristigen Politik unter Beweis. Nun müssen wir ihre Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit erhöhen, um dieses Potenzial auszuschöpfen.

Die ENP und der EU-Erweiterungsprozess sind zwei getrennte Dinge. Was die europäischen ENP-Partner betrifft, so greift die ENP nicht der künftigen Entwicklung ihrer Beziehungen mit der EU im Einklang mit den Verträgen vor. Unabhängig von einer solchen Perspektive müssen wir uns jetzt mit Blick auf engere Beziehungen mit all unseren Nachbarn um eine erfolgreiche Umsetzung der vereinbarten ENP-Reformagenden bemühen.

Um unsere Nachbarn bei der Umsetzung anspruchsvoller und kostspieliger Reformen zu unterstützen, müssen wir ihnen ein attraktiveres Angebot machen. Dazu stehen uns weitere Möglichkeiten zur Verfügung: in Wirtschaft und Handel, bei der Visumerleichterung und Migrationssteuerung, den direkten persönlichen Kontakten (people-to-people) und den Kontakten zwischen Verwaltungs- und Regulierungsbehörden, in der politischen, der regionalen und der finanziellen Zusammenarbeit. Einige dieser Maßnahmen haben ihren Preis, der aber nicht unzumutbar und in jedem Fall viel geringer als der Preis der Untätigkeit ist.

Um diese Ziele zu erreichen, müssen die Mitgliedstaaten ihren Teil dazu tun. Die hier vorgeschlagenen Verbesserungen erfordern ihr uneingeschränktes politisches Engagement wie auch ein entsprechendes wirtschaftliches und finanzielles Engagement. Die Kommission ihrerseits trägt dafür Sorge, dass der ENP in allen Bereichen ihrer Arbeit umfassend Rechnung getragen wird. Sie wird diese Politik mit dem Rat und dem Parlament weiter erörtern. Gleichzeitig muss ein offener Dialog mit unseren Partnerländern geführt werden, um die gemeinsame Verantwortung für die ENP zu stärken. Im Hinblick auf dieses Ziel wird die Kommission 2007 eine Konferenz auf hoher Ebene veranstalten.

Wie aus den Fortschrittsberichten abzulesen ist, haben unsere Partnerländer mit der Annahme und ersten Maßnahmen zur Durchführung der ehrgeizigen ENP-Aktionspläne bereits ihr Engagement unter Beweis gestellt. Damit die Europäische Union die Reformen in diesen Ländern adäquat unterstützen und Fortschritte anregen und belohnen kann, muss sie nun dafür sorgen, dass das Potenzial der ENP ausgeschöpft wird. Die oben dargelegten Vorschläge stellen ein solides Angebot an unsere ENP-Partner dar, was eindeutig im Interesse der Union liegt.

[1] Weitere Einzelheiten hierzu in der parallel vorgelegten Mitteilung der Kommission „über das allgemeine Konzept zur Ermöglichung einer Beteiligung von ENP-Partnerstaaten an Gemeinschaftseinrichtungen und -programmen“ - KOM(2006) 724 vom 29.11.2006.

[2] Europa-Mittelmeer-Fazilität für Investitionen und Partnerschaft.