52005IP0228

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schutz von Minderheiten und den Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa (2005/2008(INI))

Amtsblatt Nr. 124 E vom 15/05/2006 S. 0405 - 0415


P6_TA(2005)0228

Schutz von Minderheiten und Antidiskriminierungsmaßnahmen in einem erweiterten Europa

Entschließung des Europäischen Parlaments zum Schutz von Minderheiten und den Maßnahmen gegen Diskriminierung in einem erweiterten Europa (2005/2008(INI))

Das Europäische Parlament,

- unter Hinweis auf das Ziel, die Union zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu entwickeln und die in den Artikeln 6 und 7 des EU-Vertrags niedergelegten Grundsätze der Freiheit, der Demokratie sowie die Achtung der Grundfreiheiten und Rechtstaatlichkeit zu verwirklichen,

- unter Hinweis insbesondere auf Artikel 13 des EG-Vertrags, welcher die Aufgabe der Gemeinschaft festschreibt, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen, und auf Artikel 63 des EG-Vertrags, der einen Rahmen für die Asyl- und Einwanderungspolitik festlegt, in dem die Integration von Staatsangehörigen dritter Länder gefördert werden soll, sowie auf die übrigen Rechtsgrundlagen für Maßnahmen der Union in diesem Bereich,

- unter Hinweis auf den Vertrag über eine Verfassung für Europa, der den aktuellen gemeinschaftlichen Besitzstand vor allem durch die Einbeziehung der Charta der Grundrechte weiterentwickelt, wobei das Konzept der Grundrechte noch weiter in den Mittelpunkt gerückt wird [1],

- gestützt auf Artikel I-14 des Verfassungsvertrags betreffend die Bereiche mit geteilter Zuständigkeit, der somit der Europäischen Union Zuständigkeiten für den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, einschließlich der Menschenrechte unter Berücksichtigung der Tatsache überträgt, dass Minderheitenrechte ein Schlüsselelement der allgemeinen Menschenrechte darstellen,

- unter Hinweis auf die Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft [2], die Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf [3] und die Richtlinie 2002/73/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in Bezug auf die Arbeitsbedingungen [4],

- unter Hinweis auf das Grünbuch der Kommission zur Gleichstellung sowie Bekämpfung von Diskriminierungen in einer erweiterten Europäischen Union (KOM(2004)0379) und die jährlichen und themenbezogenen Berichte der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (EUMC),

- gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,

- in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres sowie der Stellungnahmen des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten, des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien und des Ausschusses für die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter (A6-0140/2005),

A. in der Erwägung, dass ein Unterschied zwischen dem Schutz von Minderheiten und Anti-Diskriminierungsmaßnahmen besteht und dass Gleichbehandlung kein Privileg, sondern ein Grundrecht aller Bürgerinnen und Bürger ist und Toleranz eine allgemeine Lebenseinstellung, nicht eine Gunst sein sollte, die einigen gewährt wird und anderen nicht; in der Erwägung, dass deshalb jegliche Form der Diskriminierung mit gleichem Nachdruck bekämpft werden muss; unter Hinweis darauf, dass nationale Minderheiten zum Reichtum Europas beitragen,

B. in der Erwägung, dass jeder Mensch in der Europäischen Union das gleiche Recht und die gleiche Pflicht hat, ein volles, aktives und integriertes Mitglied der Gesellschaft mit gleichen Rechten vor dem Gesetz zu sein; in der Erwägung, dass jeder Mensch zuerst und vor allem ein individueller und einmaliger Mensch ist, und dass Teil einer Minderheit zu sein es niemals rechtfertigt oder erklärt, ausgegrenzt, diskriminiert oder durch eine Entscheidung aus der Gemeinschaft ausgeschlossen zu werden,

Die politische Dimension und die besondere Dringlichkeit von Maßnahmen gegen Diskriminierung und von Minderheitenschutz

1. ist der Auffassung, dass es für die erweiterte Union mit ihren 25 Mitgliedstaaten und 450 Millionen Einwohnern von besonderer Bedeutung ist:

- die Bindungen zwischen den Völkern der Union und dem Projekt, dass sie verkörpert, zu festigen und gleichzeitig das Gefühl der Zugehörigkeit zur Europäischen Union zu stärken sowie die Geschichte, Kultur, Identität und Einzigartigkeit eines jeden Menschen anzuerkennen,

- die Maßnahmen und die Ausübung von Befugnissen auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene sowie auf Ebene der Europäischen Union gemäß dem Subsidiaritätsprinzip kohärenter zu gestalten,

- frühzeitig auf diesem Gebiet bestehende Rechtsvorschriften und folglich die einschlägigen Richtlinien umzusetzen,

- das in seiner Entschließung vom 20. April 2004 [5] zu der Mitteilung der Kommission zu Artikel 7 des Vertrags über die Europäische Union: "Wahrung und Förderung der Grundwerte der Europäischen Union" genannte Prinzip des Vertrauens zu respektieren;

2. verweist darauf, dass gemäß Artikel 191 des EG-Vertrags politische Parteien auf europäischer Ebene als Faktor der Integration in der Union wichtig sind; ist deshalb besorgt über die wachsende öffentliche Akzeptanz zutiefst rassistischer, antisemitischer, islamfeindlicher und homophober Erklärungen und Aktionen prominenter Politiker und Regierungsmitglieder; fordert alle politischen Parteien auf, ihre Verpflichtung auf die "Charta der europäischen Parteien für eine nicht rassistische Gesellschaft" zu erneuern, die am 5. Dezember 1997 angenommen wurde, und hebt deshalb hervor, dass für alle politischen Parteien die grundlegenden Voraussetzungen für eine integrierende Minderheitenpolitik wie folgt sind:

- die Notwendigkeit einer angemessenen Vertretung bei der politischen Beschlussfassung,

- die notwendige Gewährleistung der Gleichbehandlung von Minderheiten im Hinblick auf Bildung, Gesundheitsversorgung, soziale Dienste, Justiz und weitere öffentliche Dienste,

- die Notwendigkeit für Europäische Parlament, der kulturellen und sprachlichen Vielfalt der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen (da die Anzahl der Sitze pro Mitgliedstaat mit jeder späteren Erweiterung abnehmen wird);

3. nimmt zur Kenntnis, dass der Minderheitenproblematik in der Europäischen Union im Allgemeinen nicht die nötige Aufmerksamkeit gewidmet wurde und sich dies nun ändern muss, um die Effizienz der Maßnahmen, die von den zuständigen Behörden in diesem Zusammenhang ergriffen werden, zu erhöhen; ist der Ansicht, dass die Agentur für Grundrechte dabei künftig eine Schlüsselrolle spielen muss;

4. weist darauf hin, dass die jüngsten und künftigen Erweiterungen zu einer größeren Zahl an Mitgliedstaaten geführt haben und führen werden, die eine kulturelle und sprachliche Vielfalt aufweisen; ist deshalb der Ansicht, dass die Europäische Union eine besondere Verantwortung für den Schutz der Rechte von Minderheiten hat;

5. betont die Tatsache, dass die Rechte von Minderheiten Bestandteil der grundlegenden Menschenrechte sind, und erachtet es als notwendig, klar zwischen (nationalen) Minderheiten, Migranten und Asylbewerbern zu unterscheiden;

6. fordert die Kommission dringend auf, einen politischen Standard für den Schutz nationaler Minderheiten festzulegen, unter Berücksichtigung des Artikels 4 Absatz 2 des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten (FCNM): "Die Vertragsparteien verpflichten sich, erforderlichenfalls angemessene Maßnahmen zu ergreifen, um in allen Bereichen des wirtschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens die vollständige und tatsächliche Gleichheit zwischen den Angehörigen einer nationalen Minderheit und den Angehörigen der Mehrheit zu fördern. In dieser Hinsicht berücksichtigen sie in gebührender Weise die besonderen Bedingungen der Angehörigen nationaler Minderheiten";

7. weist auf die uneinheitliche Politik im Bezug auf Minderheiten hin — zwar ist der Schutz der Minderheiten Teil der Kriterien von Kopenhagen, aber es gibt weder einen Standard für Minderheitenrechte in der Gemeinschaftspolitik noch gibt es eine gemeinschaftsweite Übereinstimmung darüber, wer als Mitglied einer Minderheit betrachtet werden kann; stellt fest, dass es auch keine Definition von Minderheiten in der UN-Erklärung über die Rechte der Personen, die nationalen oder ethnischen, religiösen oder sprachlichen Minderheiten angehören oder im FCNM gibt; empfiehlt, dass eine solche Definition sich auf die in der Empfehlung 1201(1993) des Europarats enthaltene Definition von "nationaler Minderheit" stützen sollte, mit der eine Gruppe von Personen in einem Staat bezeichnet wird, die

- im Hoheitsgebiet dieses Staates ansässig ist,

- langjährige, feste und dauerhafte Verbindungen zu diesem Staat aufrechterhält,

- besondere ethnische, kulturelle, religiöse oder sprachliche Merkmale aufweist,

- ausreichend repräsentativ ist, obwohl ihre Zahl geringer ist als die der übrigen Bevölkerung dieses Staates oder einer Region dieses Staates,

- von dem Wunsch beseelt sind, die für ihre gemeinsame Identität charakteristischen Merkmale, insbesondere ihre Kultur, ihre Traditionen, ihre Religion oder ihre Sprache, gemeinsam zu erhalten;

8. ist der Ansicht, dass aus den bisherigen Bemerkungen eindeutig hervorgeht, dass:

- es keine einheitliche Lösung zur Verbesserung der Lage von Minderheiten in allen Mitgliedstaaten gibt,

- einige gemeinsame Minimalziele für die Staatsorgane in der Europäischen Union unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen, insbesondere der besten Praktiken und des sozialen Dialogs in vielen Mitgliedstaaten, und auf Grundlage der Umsetzung des Internationalen Pakts über bürgerliche und politische Rechte der Vereinten Nationen, des Internationalen Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung der Vereinten Nationen und der entsprechenden Übereinkommen des Europarats, wie z.B. des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten, der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen und des Protokolls Nr. 12 der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und der Grundfreiheiten, entwickelt werden könnten; verweist auch auf die Verwirklichung der im Rahmen der OSZE entwickelten Prinzipien, insbesondere die Lund-Empfehlungen über die wirksame Beteiligung nationaler Minderheiten am öffentlichen Leben, die Haager Empfehlungen über die Bildungsrechte nationaler Minderheiten und die Oslo-Empfehlungen über die sprachlichen Rechte nationaler Minderheiten;

9. nimmt zur Kenntnis, dass die Kommission diese Standards im Rahmen der Kriterien von Kopenhagen [6] im Verlauf der Beitrittsverhandlungen mit den mittel- und osteuropäischen Staaten, Zypern und Malta sowie den derzeitigen Beitritts- und Kandidatenländern bereits berücksichtigt hat;

10. verweist darauf, dass die Union bei der Umsetzung ihrer Konzepte zum Minderheitenschutz und zur Bekämpfung von Diskriminierung die Rechts- und Verfassungsordnung der Mitgliedstaaten sowie den Grundsatz der Gleichbehandlung vor dem Gesetz nicht in Frage stellen darf;

Unbefriedigende Reaktionen der Mitgliedstaaten auf Maßnahmen nach Artikel 13 des EG-Vertrags

11. nimmt besorgt den unzureichenden Stand der Umsetzung der Anti-Diskriminierungspolitik zur Kenntnis, fordert alle Mitgliedstaaten dringend auf, insbesondere die Umsetzung der Anti-Diskriminierungspolitik zu verbessern, besonders im Hinblick auf die Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG, und fordert die Kommission dringend auf, als ein Ziel des Europäisches Jahres der Chancengleichheit 2007 die Notwendigkeit aufzunehmen, eine angemessene Lösungen für folgende Probleme zu finden:

- späte oder unzureichende Umsetzung durch die Mitgliedstaaten [7],

- keine Schaffung von Stellen zur Förderung der Gleichstellung [8],

- das Versäumnis, für ausreichende Vorschriften über die Rechtsfähigkeit von Nichtregierungsorganisationen zu sorgen,

- Versäumnisse in den Bereichen Ausbildung und Schaffung von Kapazitäten, die von großer Bedeutung im Hinblick auf die Effizienz von Rechtsvorschriften im Bereich der Diskriminierungsbekämpfung sind (es ist dringend erforderlich, Ausbildungsmöglichkeiten für Richter, Anwälte, in Nichtregierungsorganisationen tätige Juristen u.s.w. über die wichtigsten Bestimmungen und Begrifflichkeiten, wie z.B. der Definition von direkter und indirekter Diskriminierung, der Beweislast u.s.w. zu schaffen),

- unzureichende Öffentlichkeitsarbeit und das Ausbleiben einer Sensibilisierungskampagne, da die Richtlinien von den Mitgliedstaaten fordern, die Bevölkerung über die entsprechenden Bestimmungen des Antidiskriminierungsrechts zu informieren (die Einbeziehung von Nichtregierungsorganisationen und der Sozialpartner ist von großer Bedeutung für eine verstärkte Sensibilisierung der Öffentlichkeit und um zu gewährleisten, dass Informationen darüber, welche Möglichkeiten die Richtlinien bieten, die potenziellen Opfer von Diskriminierung auch erreichen);

12. hebt die Bedeutung der Entwicklung von Mechanismen zur Datenerhebung über Rassendiskriminierung im Einklang mit den Rechtsvorschriften über Datenschutz als wirkungsvolles Mittel der Identifizierung, Überprüfung und Revision von Maßnahmen und Praktiken zur Bekämpfung von Rassendiskriminierung und zur Förderung der Gleichberechtigung der Rassen hervor;

13. weist darauf hin, dass die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften oft mangelhaft umgesetzt werden, was vor allem auf Unkenntnis in Bezug auf die sozialen Strukturen sowie Misstrauen und Zweifel der Bürgerinnen und Bürger zurückzuführen ist; ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten auf der Grundlage der Rechtsvorschriften, der Tarifverträge oder der Praxis die Arbeitgeber der öffentlichen Hand und des privaten Sektors ermutigen müssen, den Grundsatz der Gleichstellung und der Diskriminierungsfreiheit am Arbeitsplatz, im Hinblick auf die Arbeitsbedingungen, beim Zugang zu Beschäftigung, beim beruflichen Aufstieg, den Löhnen und Gehältern sowie der beruflichen Bildung planmäßig und systematisch zu fördern;

14. befürwortet einen integrierten Ansatz im Bereich der Gleichstellung und Bekämpfung von Diskriminierungen sowie die Verankerung dieses Konzepts innerhalb der einschlägigen Konzepte und Maßnahmen der Union; ist der Ansicht, dass das angestrebte Ziel darin besteht, zu gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten wirksam und angemessen mit der zunehmenden Vielfalt ihrer Gesellschaften umgehen;

15. begrüßt die im oben genannten Grünbuch vorgeschlagene Durchführbarkeitsstudie als wichtigen Schritt hin zu gemeinsamen EU-weiten Schutzstandards und befürwortet weitere EU-Rechtsvorschriften, die bei der Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen Diskriminierung aufgrund von Behinderung, Religion, sexueller Ausrichtung und Alter verbieten und Gleichheit fördern;

16. ist der Auffassung, dass Gleichstellung und Beseitigung von Diskriminierungen im Rahmen der Globalisierung, durch die die geografischen Grenzen der wirtschaftlichen Tätigkeit aufgehoben werden und die Bewegung von Kapital und Arbeitskräften nie geahnte Dimensionen angenommen hat, nicht allein auf europäischer Ebene herbeigeführt werden können; weist darauf hin, dass die Produkte, die die Weltmärkte überschwemmen, oft Resultat übermäßiger Ausbeutung von Arbeitskräften sind (wobei auch die illegale Einwanderung eine Rolle spielt), und dass die entwickeltsten Regionen der Erde (USA, Europäische Union) Wissenschaftler aus dem weniger entwickelten Süden "importieren", was die Beseitigung der Unterentwicklung verhindert;

17. ist der Ansicht, dass die Union im Einklang mit ihren Mitgliedstaaten und unter Ausnutzung der vorhandenen Rechtsgrundlagen die Förderung einer kohärenten Integrationspolitik durch die Annahme von Gesetzgebungsmaßnahmen und finanzielle Unterstützungen als eine vorrangige Aufgabe betrachten sollte;

18. stellt fest, wie dies im Haager Programm erklärt wird, dass Integrationshindernisse für Drittstaatsangehörige beseitigt werden müssen, und fordert, dass die Integrationspolitik in den verschiedenen Mitgliedstaaten und die entsprechenden Initiativen der Europäischen Union besser koordiniert werden müssen; die gemeinsamen Grundprinzipien für einen stimmigen europäischen Rahmen für die Integration sollten berücksichtigen, dass Integration

- ein fortlaufender wechselseitiger Prozess ist, an dem sowohl die sich rechtmäßig im Land aufhaltenden Drittstaatsangehörigen als auch die Gesellschaft des Aufnahmelandes beteiligt sind,

- die Anti-Diskriminierungspolitik umfasst, jedoch darüber hinausreicht,

- Respekt vor den Grundwerten der Europäischen Union und den Grundrechten aller Menschen voraussetzt,

- grundlegende Fertigkeiten, die die Teilnahme in der Gesellschaft ermöglichen, erfordert,

- sich auf eine vielfache Interaktion und einen interkulturellen Dialog zwischen allen Mitgliedern der Gesellschaft stützt, um in gemeinsamen Foren und bei gemeinsamen Aktivitäten ein besseres gegenseitiges Verständnis zu erreichen,

- sich auf zahlreiche Politikbereiche, zu denen u.a. Beschäftigung und Bildung gehören, erstreckt;

stimmt dem Europäischen Rat zu, dass es erforderlich ist, den strukturierten Erfahrungs- und Informationsaustausch im Integrationsbereich zu fördern;

Angehörige von Minderheiten werden aus mehreren Gründen diskriminiert, z.B. aufgrund ihrer Rasse, ethnischer Herkunft, sexueller Ausrichtung, Religion, einer Behinderung oder ihres Alters

19. begrüßt die in der Mitteilung der Kommission über Chancengleichheit für Menschen mit Behinderungen: Ein Europäischer Aktionsplan (KOM(2003)0650) übernommene Verpflichtung, wodurch die nächsten Schritte nach dem Jahr der Menschen mit Behinderungen 2003 vorgegeben werden und begrüßt insbesondere die Annahme eines Europäischen Aktionsplans für Menschen mit Behinderungen durch die Kommission; fordert eine Stärkung der Ziele und Instrumente des Aktionsplans, mit dem Ziel der Einbeziehung der Grundsätze der durchgehenden Berücksichtigung von Behinderungen, Nichtdiskriminierung und der Zugänglichkeit in EU-Initiativen, insbesondere in legislative Initiativen,

20. warnt vor möglichen diskriminierenden Nebeneffekten von Maßnahmen gegen Verbrechen und Terrorismus, da ethnische Minderheiten erwiesenermaßen fünf- bis sechsmal wahrscheinlicher Ziel von Polizeiaktionen, Personenkontrollen usw. werden;

21. fordert die Institutionen der Europäischen Union, die Mitgliedstaaten, alle demokratischen politischen Parteien und die Zivilgesellschaft sowie alle einschlägigen Vereinigungen Europas, auf:

- alle Akte und Erscheinungsformen von Antisemitismus, Moslemfeindlichkeit und Christenfeindlichkeit, eine erneute Verbreitung von Theorien, die den Holocaust leugnen, die Leugnung und Verharmlosung von Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen zu verurteilen,

- jegliche Form von Intoleranz und Aufwiegelung zum Rassenhass sowie alle Belästigungen und rassistischen Gewalttaten zu verurteilen,

- alle Gewalttaten, die aus Hass oder Intoleranz gegenüber anderen Religionen oder Rassen begangen werden, einschließlich Anschläge auf jegliche religiöse Orte, Stätten und Heiligtümer, zu verurteilen,

- alle Akte von durch Hass auf Homosexuelle oder Transsexuelle begründeter Gewalt, einschließlich von Belästigung, Erniedrigung und Beleidigung oder Misshandlung sowohl durch den Staat als auch durch Einzelpersonen, zu verurteilen [9],

- die Tatsache zu verurteilen, dass es trotz wichtiger Maßnahmen, die die Europäische Union in Anwendung von Artikel 13 des EG-Vertrags angenommen hat, auf verschiedenen Ebenen nach wie vor zu religiös oder ethnisch motivierten Diskriminierungen kommt; weist in diesem Zusammenhang besonders auf die Diskriminierung von Angehörigen von Minderheiten durch die Justiz hin;

22. hebt erneut hervor, dass Diskriminierung aufgrund der Religion verboten ist; fordert die Mitgliedstaaten sowie die Bewerber- und Kandidatenländer auf, uneingeschränkte Religionsfreiheit und gleiche Rechte für alle Religionen sicherzustellen; bekräftigt jedoch, dass die Religionsfreiheit keine Diskriminierung, z.B. im Bildungsbereich, rechtfertigt;

23. nimmt Kenntnis von der fortgesetzten Voreingenommenheit und Homophobie, die immer noch im öffentlichen Bereich verbreitet ist, und ruft die Union auf, alle Mitgliedstaaten auch weiterhin zu drängen, sich an die internationalen und europäischen Menschenrechtsstandards zu halten;

24. ist der Ansicht, dass ein Vorgehen gegen die wachsende Homophobie erforderlich ist; nimmt besorgt die zunehmende Gewalt gegen Homosexuelle wie beispielsweise die Schikanen an Schulen und das Mobbing am Arbeitsplatz, die Abgabe hasserfüllter Kommentare durch religiöse und politische Führer, den geringeren Zugang zur Gesundheitsversorgung (z.B. Ausschluss von der Versicherung, geringere Verfügbarkeit von Organen für Transplantationen) und den geringeren Zugang zum Arbeitsmarkt zur Kenntnis; fordert die Kommission auf, eine Mitteilung über die Behinderung der Freizügigkeit in der Europäischen Union für verheiratete oder rechtlich anerkannte homosexuelle Paare vorzulegen;

25. weist darauf hin, dass der enorme Anstieg der Arbeitslosigkeit und der Armut in den europäischen Gesellschaften in den letzten Jahren zu einer besonderen Situation, die durch Ungleichheit und wachsende Diskriminierung gekennzeichnet ist, geführt hat,

26. weist auf die hohe Arbeitslosenquote unter den älteren und behinderten Menschen hin, die Ergebnis des erschwerten Zugangs zu Ausbildungsprogrammen und neuen beruflichen Chancen ist;

27. fordert die Sozialpartner auf, erhebliche Anstrengungen zu unternehmen, um Diskriminierung aufgrund von Behinderung oder Alter zu beseitigen und für einen grundlegend verbesserten Zugang zum Arbeitsmarkt zu sorgen;

28. ist überzeugt, dass dazu auch die Förderung des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen auf lokaler und nationaler Ebene gehören sollte, einschließlich des Dialogs und der Zusammenarbeit zwischen verschiedenen kulturellen, ethnischen, sprachlichen und religiösen Gruppen; fordert die Mitgliedstaaten dringend auf, bei der Ausarbeitung von Antidiskriminierungsgesetzen alle betroffenen Parteien einzubeziehen und zu konsultieren;

29. fordert den Rat und die Kommission sowie die einzelnen lokalen, regionalen und nationalen Entscheidungsebenen der Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, ihre Maßnahmen zur Bekämpfung von Antisemitismus, Islam-/Moslemfeindlichkeit oder feindliches Verhalten gegenüber Roma und Anschlägen auf Minderheiten, einschließlich Roma sowie Drittstaatsangehörige und Staatenlose, in den Mitgliedstaaten zu koordinieren, um den Grundsätzen der Toleranz und Nichtdiskriminierung Geltung zu verschaffen und die gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Integration aller in der Europäischen Union Lebenden zu fördern;

30. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um eine erfolgreiche Eingliederung der Kinder von Flüchtlingen, Asylbewerbern und Zuwanderern in die Bildungssysteme zu gewährleisten;

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

31. verweist auf den Umstand, dass Frauen trotz der bestehenden Antidiskriminierungsgesetze auch weiterhin in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens diskriminiert werden;

32. stellt tief enttäuscht fest, dass nach einem Vierteljahrhundert der Gleichberechtigungspolitik das geschlechtsspezifische Lohngefälle fast unverändert weiterbesteht; fordert die Kommission auf, bis Ende 2005 Bericht über die derzeitige Situation im Zusammenhang mit dem Lohngefälle in jedem Mitgliedstaat zu erstatten;

33. weist darauf hin, dass Frauen – trotz Fortschritten bei der Beschäftigungsquote und trotz ihres hohen Bildungsniveaus – weiterhin für dieselbe Arbeit schlechter entlohnt werden als Männer und wegen Schwangerschaften und Mutterschaft auf Vorbehalte der Arbeitgeber stoßen; weist ferner darauf hin, dass die Fälle sexueller Belästigung, die aus Angst vor sozialer Ächtung oder Entlassung oft nicht angezeigt werden, nicht ignoriert werden dürfen;

34. betont die Notwendigkeit, bei allen Gruppen, die unter Diskriminierung leiden, dem Gender-Aspekt besondere Aufmerksamkeit zu widmen, da die weiblichen Mitglieder dieser Gruppen oft mit besonderen Problemen konfrontiert sind;

35. ruft die Europäische Union und die Mitgliedstaaten auf, eine Methode zu entwickeln, um die Wechselwirkungen zwischen ethnischer Zugehörigkeit und Geschlecht zu untersuchen und Formen mehrfacher Diskriminierung und ihre Auswirkungen auf Frauen und Mädchen zu identifizieren, damit diese Methode als Grundlage für die Entwicklung und Anwendung von Rechtsinstrumenten, Politiken und Programmen genutzt werden kann;

36. verweist auf die massenhaften Diskriminierungen, denen nationalen Minderheiten angehörende Frauen (vor allem Sinti und Roma) oder Migrantinnen ausgesetzt sind, die eine kohärente Politik notwendig machen;

37. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Frauen, die nationalen oder religiösen Minderheiten angehören, besondere Beachtung zu schenken, da sie häufig Opfer von Diskriminierung nicht nur durch die Mehrheit der Bevölkerung, sondern auch durch Angehörige ihrer eigenen Minderheit werden; ist der Auffassung, dass die Mitgliedstaaten Initiativen und Maßnahmen zum Schutz der Rechte dieser Frauen ergreifen müssen; solche Maßnahmen könnten beispielsweise kontinuierlich herausgegebene Informationen für weibliche Angehörige von Minderheiten über die Rechte sein, die gemäß dem Gemeinschaftsrecht und dem nationalen Recht jedem Bürger und speziell den Frauen garantiert werden;

Die Gemeinschaft der Roma

38. ist der Ansicht, dass diese Gemeinschaft besonderen Schutzes bedarf, da sie nach der Erweiterung der Union eine der größten Minderheiten innerhalb der Europäischen Union ist und als Gemeinschaft in der Vergangenheit marginalisiert und daran gehindert wurde, sich in wichtigen Bereichen zu entwickeln, und stellt fest, dass Kultur, Geschichte und Sprache der Roma oft vernachlässigt oder verunglimpft wurden;

39. stellt fest, dass die Roma mit ethnischer Segregation im Bildungsbereich und sehr häufig mit dem Risiko konfrontiert sind, fälschlicherweise Schulen für geistig Behinderte zugewiesen zu werden, bei der Bereitstellung von Wohnraum, Gesundheitsversorgung und öffentlichen Diensten diskriminiert werden, hohe Arbeitslosenraten aufweisen, dass ihnen häufig von den öffentlichen Behörden ihre Rechte vorenthalten werden und sie politisch unterrepräsentiert sind;

40. begrüßt die Veröffentlichung des oben genannten Grünbuchs, in dem die Probleme der Roma im erweiterten Europa dargestellt werden, die Organisation eines Workshops, in dessen Rahmen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten vermittelt werden soll, wie den Roma und anderen benachteiligten Gruppen mit Hilfe der Strukturfonds geholfen sowie das spezielle Praktikumprogramm für Angehörige der Gemeinschaft der Roma umgesetzt werden kann; vertritt indes den Standpunkt, dass die offensichtlichsten Benachteiligungen auch behoben werden könnten durch:

- die Durchführung von gemeinsamen Integrationsprojekten der Mitgliedstaaten, in denen Angehörige dieser Gemeinschaft leben, um innerhalb der kommenden zehn Jahre die offensichtlichsten Benachteiligungen, denen Roma ausgesetzt sind, zu beheben,

- die Förderung gemeinsamer Projekte, die aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung finanziert werden,

- die Förderung des Erlernens der Sprache der Länder, in denen die Angehörigen dieser Gemeinschaft leben, und die Unterstützung der Erhaltung der Sprachen und des kulturellen Erbes der Roma, um dadurch ihre eigene Kultur und ihr Selbstverständnis zu stärken,

- die Verbesserung des Zugangs zum Arbeitsmarkt, zum Wohnungsmarkt, zu Sozialleistungen und zu den Systemen der Altersvorsorge;

Neue und seit längerer Zeit ansässige Einwanderer

41. vertritt den Standpunkt, dass neue Einwanderer besonderen Formen von Diskriminierung ausgesetzt sein können, die sich in verschiedener Hinsicht von den Formen von Diskriminierung unterscheiden, denen Angehörige ethnischer Minderheiten, die bereits in der zweiten, dritten oder vierten Generation in der Europäischen Union leben und die über die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedsstaates der Europäischen Union verfügen, ausgesetzt sind;

42. hält es für wichtig, einen Unterschied zwischen Minderheiten mit aktuellem Migrationshintergrund und den traditionellen nationalen und ethnischen Minderheiten zu machen, die auf ihrem angestammten Gebiet leben;

43. vertritt den Standpunkt, dass die dringendste Aufgabe darin besteht, die Angehörigen von neu zugewanderten Minderheiten schnellstmöglich in die Aufnahmegesellschaft zu integrieren, einschließlich durch eine weitere Vereinfachung der entsprechenden Einbürgerungsverfahren durch die Mitgliedstaaten, wobei gewährleistet werden muss, dass die Integration für Personen, die in deren Hoheitsgebiet leben, nicht zu einer unerwünschten Assimilation wird oder die Gruppenidentität dieser Personen untergräbt; vertritt außerdem den Standpunkt, dass es genauso wichtig ist, das Recht jeder in einem Mitgliedstaat geborenen und dort lebenden Person auf Zugang zu dessen Staatsbürgerschaft anzuerkennen;

Sprachliche Minderheiten

44. ist der Ansicht, dass den zu sprachlichen Minderheiten gehörenden Personengruppen besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden muss, und appelliert an die Kommission und die Mitgliedstaaten, sie entsprechend den in der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen, im Rahmenübereinkommen zum Schutz nationaler Minderheiten und den Haag- und Lund-Empfehlungen festgelegten Prinzipien zu behandeln;

Traditionelle oder ethnische Minderheiten, die in einem Mitgliedstaat leben

45. ist der Auffassung, dass eine effektive Beteiligung an der Beschlussfassung auf der Grundlage der Prinzipien der Subsidiarität und Selbstverwaltung eines der wirkungsvollsten Mittel darstellt, um die Probleme traditioneller Minderheitengemeinschaften nach dem Vorbild der bewährtesten Praktiken innerhalb der Union zu behandeln; ruft jene Mitgliedstaaten, die bislang das FCNM nicht ratifiziert haben, auf, dies unverzüglich zu tun;

46. ist der Meinung, dass traditionelle nationale Minderheitengemeinschaften spezifische Bedürfnisse haben, die sich von anderen Minderheitengruppen unterscheiden, was öffentliche Maßnahmen stärker widerspiegeln müssen, und dass die Union sich angemessener um diese Bedürfnisse kümmern muss, da durch die Erweiterung die Zahl dieser Gemeinschaften in der Union erheblich gestiegen ist,

Dauerhaft in den Mitgliedstaaten lebende Staatenlose

47. ist der Ansicht, dass Personen, die nicht die Staatsbürgerschaft irgendeines Staates besitzen und dauerhaft in den Mitgliedstaaten ansässig sind, vor einer einmaligen Situation in der Europäischen Union stehen, und fordert die betroffenen Mitgliedstaaten auf, alles zu unternehmen, um diese Personen zu ermutigen, die Staatsbürgerschaft ihres Landes anzunehmen, damit sie die ihnen als EU-Bürger zustehenden Rechte uneingeschränkt genießen können;

48. fordert die Mitgliedstaten auf, das Prinzip der effektiven Beteiligung nationaler Minderheiten am öffentlichen Leben gemäß Artikel 15 des FCNM sowie gemäß der Lund-Empfehlungen auf die Gemeinschaften auf ihrem Gebiet lebender Staatenloser als Schlüssel zu ihrer Integration anzuwenden und das Einbürgerungsverfahren zu vereinfachen und zu beschleunigen, um die EU-Staatsbürgerschaft der Mehrheit derjenigen zu gewähren, die sie noch nicht besitzen;

Legislativmaßnahmen, die vor dem Inkrafttreten des Verfassungsvertrags verabschiedet werden müssen

49. beglückwünscht die Kommission zu ihrer Arbeit zu Artikel 13 des EG-Vertrags und fordert sie auf, mit der Umsetzung einer allgemeinen kohärenten Strategie zur Lösung der Minderheitenprobleme innerhalb der Europäischen Union fortzufahren, indem sie bestehende Antidiskriminierungsvorschriften weiterhin durchsetzt und weitere mögliche Maßnahmen auf Grundlage der folgenden Artikel des Vertrags in Erwägung zieht:

a) Artikel 13 des EG-Vertrags zu geeigneten Vorkehrungen gegen Diskriminierungen; unter Rückgriff auf diese Rechtsgrundlage, die hinsichtlich des Minderheitenschutzes am weitesten reicht, könnte die Union durch Nutzung eigener Erfahrungen folgende Maßnahmen, die bereits umgesetzt wurden, weiter voranbringen und verschiedene Artikel des FCNM stärken, wie z.B. Artikel 3 Absatz 1, Artikel 4 Absätze 2 und 3 sowie die Artikel 6 und 8,

b) Artikel 18 des EG-Vertrags, der Freizügigkeit und Niederlassungsfreiheit garantiert, könnte als Grundlage dienen, um die Freizügigkeit der Angehörigen von Minderheiten zu erleichtern, wobei ihre Abschottung, das Entstehen neuer "Ghettos" oder die Zwangsassimilation vermieden werden soll,

c) die Artikel 49, 95 und 151 des EG-Vertrags könnten der Union eine gute Basis bieten, um die Prinzipien durchzusetzen, die in Artikel 9 des FCNM festgeschrieben sind, wie zum Beispiel das Recht auf freie Meinungsäußerung oder ein Diskriminierungsverbot beim Zugang zu den Medien,

d) die Artikel 65 des EG-Vertrags und 31 des EU-Vertrags, in denen das gemeinsame Vorgehen im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit vereinbart wird und die dieselbe Problematik wie Artikel 10 Absatz 3 des FCNM abdecken, sind von allergrößter Wichtigkeit, wenn ein Angehöriger einer Minderheit in Zivil- oder Strafverfahren Beistand benötigt,

e) Artikel 62 des EG-Vertrags, in dem Fragen zur Einwanderungspolitik geregelt werden, die auch sechs Jahre nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam noch verbesserungswürdig erscheint (beachtet werden muss die Notwendigkeit einer Integration von Einwanderern, die sich rechtmäßig in der Europäischen Union aufhalten),

f) Artikel 137 Absatz 1 Buchstaben g, h, i und j des EG-Vertrags, in denen auf die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen, die Eingliederung der aus dem Arbeitsmarkt ausgegrenzten Personen und die Bekämpfung der sozialen Ausgrenzung eingegangen wird, könnten eine solide Basis für neue Maßnahmen im Bereich der Minderheitenthematik bilden,

g) Artikel 149 des EG-Vertrags, in dem dargelegt wird, wie ein verbesserter Zugang zum Bildungswesen die Integration von Minderheiten in die Aufnahmegesellschaft verbessern würde, wie es auch die Artikel 12 und 14 des FCNM fordern,

h) die Artikel 151 und 163 des EG-Vertrags, die Fragen von Kultur bzw. Forschung regeln, könnten bei der Entwicklung gemeinsamer diesbezüglicher Programme für Minderheiten von großer Bedeutung sein (wie auch in Artikel 12 des FCNM gefordert);

50. fordert den Rat auf, eine Einigung über den Vorschlag der Kommission für einen Rahmenbeschluss des Rates zur Bekämpfung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit [10] anzustreben; hält den Rahmenbeschluss für einen wichtigen Schritt hin zur Festlegung eines Rahmens für die EU-weite Bestrafung rassistischer/fremdenfeindlicher Gewalt als strafbare Handlung und hin zur Anerkennung einer rassistischen und fremdenfeindlichen Motivation als erschwerenden Umstand mit der Folge einer Strafverschärfung; verweist auf seinen den Vorschlag unterstützenden Standpunkt vom 4. Juli 2002 [11] und begrüßt den Beschluss des Rates "Justiz und Inneres" vom 24. Februar 2005, den bis dahin blockierten Rahmenbeschluss erneut zu prüfen;

Künftige wirtschaftliche und finanzielle Maßnahmen

51. ist der Ansicht, dass die Union die Maßnahmen der Mitgliedstaaten auf lokaler, regionaler und nationaler Ebene finanziell angemessen unterstützen sollte:

- indem eine umfassende Strategie zur Bekämpfung der Diskriminierung von Minderheiten mit Hilfe des Strukturfonds, des Kohäsionsfonds, des Europäischen Sozialfonds (ESF) und insbesondere der Gemeinschaftsinitiative Equal ausgearbeitet wird,

- indem neue Pilotprojekte und Solidaritätsnetzwerke auf Grundlage der in Ziffer 50 genannten Artikel des EG- bzw. EU-Vertrags sowie entsprechende Maßnahmen mit Drittstaaten, aus denen die Minderheiten stammen, gefördert werden,

- indem die Nichtdiskriminierung wie ein roter Faden in die Strukturfonds und insbesondere den ESF einbezogen und der ESF aktiv als ein Instrument zur Durchführung der Richtlinien 2000/78/EG und 2000/43/EG gefördert wird,

- indem die Finanzierung transnationaler Initiativen im Bereich der Nichtdiskriminierung und sozialen Eingliederung wieder in den Vorschlag zur Einrichtung des Programms Progress (KOM(2004)0488) aufgenommen wird,

- indem es Nichtregierungsorganisationen, die die Interessen der Personen, auf die die in Artikel 13 EGV genannten Gründen zutreffen, vertreten, leichter gemacht wird, die Europäischen Strukturfonds, und insbesondere den Europäischen Sozialfonds, zu nutzen;

fordert in diesem Zusammenhang die Mitgliedstaaten auf, einige ihrer Entscheidungsbefugnisse über die Strukturfonds im Einklang mit der Dezentralisierungspolitik der Union lokalen und regionalen Körperschaften zu übertragen;

Durchführungsmaßnahmen und Feedback-Mechanismen

52. begrüßt die jüngsten Maßnahmen der Kommission auf diesem Gebiet, insbesondere:

- die Einsetzung einer für Grundrechte zuständigen Gruppe von Kommissionsmitgliedern durch den Präsidenten der Kommission, die eine entscheidende Rolle beim Schutz von Minderheiten und Maßnahmen gegen Diskriminierung zu spielen hat,

- die Einsetzung einer dienststellenübergreifenden Gruppe, die sich aus Vertretern von 14 verschiedenen Kommissionsdienststellen zusammensetzt;

53. fordert, dass Daten über direkte oder indirekte Diskriminierung erhoben werden (z.B. der Anteil von Angehörigen nationaler Minderheiten an den von Armut bedrohten Personen, an den Beschäftigten und Arbeitslosen, ihr Bildungsniveau usw.), um ein angemessenes Feedback über die Wirksamkeit der Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Bekämpfung der Diskriminierung und zum Schutz der Minderheiten zu gewährleisten;

54. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Gender-Dimension in ihren Aktionsplan zur Bekämpfung von Rassismus, Rassendiskriminierung, Fremdenfeindlichkeit und damit zusammenhängender Intoleranz zu integrieren und insbesondere gendersensitive und genderspezifische Leitlinien und Indikatoren zu entwickeln und auf allen Ebenen nach Geschlecht aufgeschlüsselte Daten zu verwenden;

55. fordert nachdrücklich die Schaffung spezifischer Einheiten innerhalb der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten sowie der Bewerber- und Kandidatenländer, um Fälle von rassistisch bedingten Vergehen und die Tätigkeiten rassistischer Gruppierungen zu bekämpfen; diese Einheiten sollten Systeme einrichten, um rassistische Vorfälle, die ihnen zur Kenntnis gebracht werden, zu überwachen, einzustufen, zu registrieren und weiterzuverfolgen; empfiehlt die Weiterentwicklung von Leitlinien zur Datenerhebung über rassistische Vorfälle durch die EUMC entsprechend den Datenschutzgarantien und in Zusammenarbeit mit den Strafverfolgungsbehörden, wie z.B. Polizei und Staatsanwaltschaften; ermutigt zur Entwicklung alternativer Mechanismen zur Datenerhebung, wie z.B. Studien über rassistische Verbrechen;

56. fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass Mitarbeiter von Stellen, die öffentliche Dienste und Beratung anbieten, für die besondere Problematik von weiblichen Angehörigen ethnischer Minderheiten und Migrantinnen sensibilisiert werden, und dass sie eine "Anti-Rassismus-Schulung" erhalten, in der sie auch für den Gender-Aspekt sensibilisiert werden;

57. bekräftigt seine Überzeugung, dass Gedenken und Aufklärung wesentliche Elemente sind, um Intoleranz, Diskriminierung und Rassismus auszumerzen, und fordert den Rat, die Kommission und die Mitgliedstaaten dringend auf, alle Formen der Diskriminierung verstärkt zu bekämpfen, indem:

- Mechanismen entwickelt werden, um Diskriminierungen vorzubeugen oder wirksam gegen diese vorzugehen, insbesondere durch die Stärkung der Handlungsmöglichkeiten von Organisationen und durch die Förderung des Informationsaustauschs, bewährter Verfahren sowie Netzwerken auf europäischer Ebene, wobei die Besonderheiten der verschiedensten Formen von Diskriminierung berücksichtigt werden müssen,

- die Werte und Methoden der Bekämpfung von Diskriminierung gefördert und verbreitet werden, einschließlich Maßnahmen zur Sensibilisierung und deren Unterstützung, da es den Standpunkt vertritt, dass die Verhinderung von Diskriminierungen ebenso wichtig wie der Kampf gegen Diskriminierungen ist,

- die Ausbildung von Lehrern dergestalt gefördert wird, dass sie über bessere Möglichkeiten in den Schulen verfügen, einerseits die Notwendigkeit der Bekämpfung von Rassismus, Antisemitismus und Toleranz und andererseits den Nutzen der kulturellen Vielfalt zu vermitteln, der sich vor allem aus der Einwanderung ergibt;

58. ruft die Mitgliedstaaten auf, Antidiskriminierungsgesetze, darunter auch konkrete Maßnahmen gegen Diskriminierung unter Berücksichtigung des Gender-Aspekts aus den in Artikel 13 des EG-Vertrags genannten Gründen, zu erlassen;

59. ist überzeugt, dass im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip eine enge Zusammenarbeit zwischen den Vertretern der Minderheiten und lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Institutionen angestrebt werden sollte; ist der Ansicht, dass diese Zusammenarbeit begründet sein sollte auf:

- klares Benchmarking, damit kontrolliert werden kann, ob die ergriffenen Maßnahmen im Einklang mit den zuvor festgelegten Standards stehen,

- der offenen Koordinierungsmethode, in deren Rahmen zuständige Behörden der verschiedenen Mitgliedstaaten und Vertreter der EU-Organe zusammenarbeiten und bewährte Praktiken austauschen;

60. fordert unter Berücksichtigung der Artikel 262 und 265 des EG-Vertrags den Ausschuss der Regionen bzw. den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss auf, Stellung zur Frage des Minderheitenschutzes und der Antidiskriminierungspolitik zu nehmen, die in dieser Entschließung angesprochen wird; fordert die beiden Ausschüsse auf, ihre Stellungnahmen bis Mitte 2006 abzugeben und sich dabei auf die spezifische Rolle zu konzentrieren, die die regionalen oder lokalen Gebietskörperschaften und die unterschiedlichen wirtschaftlichen und sozialen Akteure der organisierten Zivilgesellschaft spielen könnten;

61. ist der Ansicht, dass es für die Agentur für Grundrechte von größter Bedeutung ist, sich in enger Zusammenarbeit mit den nationalen Institutionen, die die Einhaltung der Grundrechte überwachen, zu einem wertvollen Instrument der Zusammenarbeit mit den EU-Organen zu entwickeln; vertritt die Auffassung, dass diese Agentur ebenfalls die Auswirkungen der Maßnahmen, die in dieser Entschließung behandelt werden, kontrollieren und dem Europäischen Parlament und den Parlamenten der Mitgliedstaaten regelmäßig Bericht erstatten sollte;

62. fordert die Kommission auf, damit zu beginnen, die Anwendung der Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG eingehend zu prüfen, um die Maßnahmen der Europäischen Union zur Bekämpfung von Diskriminierungen zu stärken, und eine große Konferenz zu organisieren, an der alle Betroffenen teilnehmen, insbesondere politische Vertreter und Vertreter gesellschaftlicher Institutionen, die in nationalen, regionalen und lokalen Körperschaften oder Nichtregierungsorganisationen sowie sonstigen Vereinigungen tätig sind, die sich auf diesem Gebiet engagieren;

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63. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und den Parlamenten der Mitgliedstaaten und der Beitritts- und Kandidatenländer, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen zu übermitteln.

[1] Sobald der Vertrag über eine Verfassung für Europa in Kraft tritt, wird die Bezeichnung "Minderheiten" erstmals im Bereich des primären Rechts genannt, und zwar in Artikel 21 der Charta (Artikel II-81 der Verfassung), der jede Form von Diskriminierung aufgrund der "Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit" untersagt, und in Artikel I-2 der Verfassung wo die "Wahrung der Menschenrechte einschließlich der Rechte der Personen, die Minderheiten angehören" als einer derjenigen Werte, der das Fundament der Union bildet, garantiert wird. Die Verfassung legt auch fest, dass die Union "soziale Ausgrenzung und Diskriminierungen [bekämpft] und soziale Gerechtigkeit und sozialen Schutz, die Gleichstellung von Frauen und Männern, die Solidarität zwischen den Generationen und den Schutz der Rechte des Kindes [fördert]". (Artikel I-3 Absatz 3 Unterabsatz 2).

[2] ABl. L 180 vom 19.7.2000, S. 22.

[3] ABl. L 303 vom 2.12.2000, S. 16.

[4] ABl. L 269 vom 5.10.2002, S. 15.

[5] ABl. C 104 E vom 30.4.2004, S. 408.

[6] Eines der drei Kriterien von Kopenhagen bezieht sich auf eine stabile Demokratie, Rechtstaatlichkeit, Menschenrechte und die Anerkennung von Minderheiten sowie deren Schutz.

[7] Gegen eine Reihe von Mitgliedstaaten wurden von der Kommission bereits wegen fehlender Informationen über die nationalen Maßnahmen zur Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG und 2000/78/EG Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Weitere Vertragsverletzungsverfahren wegen Nichtkonformität (unvollständige oder unkorrekte Umsetzung) werden für die nächste Zeit erwartet.

[8] Die Kommission ist besorgt auf Grund des Fehlens funktionierender — gemäß der Richtlinie 2000/43/EG einzurichtender — Gleichstellungsstellen in einer Reihe von Mitgliedstaaten. Es bestehen auch in einigen Fällen Bedenken gegenüber Staaten, in den diese Organe eingerichtet wurden, bezüglich deren Unabhängigkeit und Möglichkeiten für effektive Aktivitäten.

[9] Zu den durch Hass auf Homosexuelle begründeten Verbrechen gehört z.B. die Nagelbombe in London (1999), die Angriffe auf die "Pride Marches" genannten Demonstrationen von LGBT in Polen und Bosnien (2004), der brutale Angriff auf Sebastian Nouchet, der in seiner Heimatstadt in Frankreich lebendig verbrannt wurde (2004).

[10] ABl. C 75 E vom 26.3.2002, S. 269.

[11] ABl. C 271 E vom 12.11.2003, S. 558.

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