52005IP0057

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Togo

Amtsblatt Nr. 304 E vom 01/12/2005 S. 0405 - 0407


P6_TA(2005)0057

Togo

Entschließung des Europäischen Parlaments zu Togo

Das Europäische Parlament,

- in Kenntnis der Erklärung des Vorsitzes im Namen der Europäischen Union vom 9. Februar 2005 zur politischen Situation in Togo nach dem Tod von Präsident Eyadéma,

- in Kenntnis der Erklärung der Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKPEU vom 8. Februar 2005 zu den Entwicklungen in Togo nach dem Tod von Präsident Eyadéma am 5. Februar 2005,

- in Kenntnis der Erklärungen der ECOWAS (Wirtschaftsgemeinschaft der Westafrikanischen Staaten), der Afrikanischen Union und zahlreicher afrikanischer Führer zur Lage in Togo,

- in Kenntnis der Erklärung der Internationalen Organisation der Frankophonie,

- in Kenntnis der Afrikanischen Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker,

- unter Hinweis auf Artikel 65 der togoischen Verfassung, der vorsieht, dass das Präsidentenamt der Republik im Falle eines Freiwerdens durch Tod vorübergehend vom Präsidenten der Nationalversammlung übernommen wird,

- unter Hinweis auf Artikel 76 der togoischen Verfassung, der klarstellt, dass die Aufgaben eines Mitglieds der Regierung mit der Ausübung eines parlamentarischen Mandats unvereinbar sind,

- unter Hinweis auf Artikel 144 der togoischen Verfassung, wonach in einem Interimszeitraum kein Verfahren zur Verfassungsänderung eingeleitet oder fortgesetzt werden darf,

- gestützt auf Artikel 115 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

A. in der Erwägung, dass nach dem plötzlichen Tod von Präsident Eyadéma am 5. Februar 2005 nach 38jähriger Amtszeit die togoischen Streitkräfte seinen 39jährigen Sohn Faure Gnassingbé als Präsident einsetzten,

B. in der Erwägung, dass gemäß der Verfassung des Landes die Macht dem Präsidenten der Nationalversammlung von Togo, Fambaré Ouattara Natchaba, hätte übertragen werden sollen, der die Aufgabe hätte, innerhalb von 60 Tagen Präsidentschaftswahlen anzuberaumen,

C. in der Erwägung, dass die Nationalversammlung von Togo, die von Eyadémas Partei Rassemblement du Peuple Togolais (RPT) beherrscht wird, am 6. Februar 2005 überstürzt einberufen wurde, um die Machtübernahme durch Gnassingbé nachträglich zu legitimieren und die Verfassung des Landes zu ändern und damit Gnassingbé die Möglichkeit zu geben, für die nächsten drei Jahre die Macht zu übernehmen und somit die Amtszeit seines Vaters zu Ende zu führen,

D. in der Erwägung, dass Faure Gnassingbé trotz der Tatsache, dass die Nationalversammlung die vor dem Tode seines Vaters geltende frühere Verfassung wieder in Kraft gesetzt hat, immer noch nicht auf die internationalen Forderungen reagiert hat, von seinem Amt zurückzutreten, damit ein Interimspräsident innerhalb der in der Verfassung vorgesehenen Frist von 60 Tagen eine Präsidentschaftswahl abhalten lassen kann,

E. in der Erwägung, dass die Europäische Union die Gültigkeit einer Wahl, die unter einem nach einem Militärputsch illegal an die Macht gekommenen Präsidenten durchgeführt wird, nicht anerkennen wird,

F. in der Erwägung, dass die ECOWAS-Staatschefs auf ihrem Treffen vom 9. Februar 2005 in Niamey (Niger) die militärische Intervention, die zur Einsetzung von Faure Gnassingbé als Präsident geführt hat, nachdrücklich als Staatsstreich verurteilten, darüber hinaus die spätere Manipulation der Verfassung durch die Nationalversammlung verurteilten und die togoischen Behörden aufforderten, die alte Verfassung wieder in Kraft zu setzen, damit innerhalb von zwei Monaten Präsidentschaftswahlen stattfinden können, wobei andernfalls Sanktionen verhängt werden sollen,

G. angesichts der Erklärungen des Präsidenten der Kommission der Afrikanischen Union, Alpha Oumar Konaré, wonach die Afrikanische Union eine gewaltsame Machtübernahme nicht billigen kann,

H. in der Erwägung, dass die Internationale Organisation der Frankophonie den Staatsstreich ebenfalls mit äußerstem Nachdruck verurteilt und beschlossen hat, Togo aus allen ihren Gremien vorübergehend auszuschließen und ihre multilaterale Zusammenarbeit mit diesem Land einzufrieren, mit Ausnahme der Programme, die unmittelbar der Zivilbevölkerung zugute kommen, sowie derjenigen Programme, die zur Wiederherstellung der Demokratie beitragen können,

I. in der Erwägung, dass die Zusammenarbeit der Europäischen Gemeinschaft mit Togo seit 1993 ausgesetzt ist,

1. verurteilt die durch militärisches Eingreifen erfolgte Einsetzung von Faure Gnassingbé als Nachfolger im Präsidentenamt von Togo anstelle der Amtsübernahme durch den Präsidenten der Nationalversammlung, Fambaré Ouattara Natchaba, als Staatsstreich;

2. fordert den sofortigen Rücktritt von Faure Gnassingbé;

3. nimmt die Verfassungsänderung vom 21. Februar 2005 zur Kenntnis, betont jedoch, dass die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung nur dann gewährleistet ist, wenn der Präsident des Parlaments, Fambaré Ouattara Natchaba, zum Interimspräsidenten ernannt wird und, wie in der togoischen Verfassung vorgesehen, die Wahlen anberaumt;

4. begrüßt die von der ECOWAS nach zehntägigen ergebnislosen Vermittlungsbemühungen gegen Togo verhängten Sanktionen, die u.a. den Ausschluss von Togo aus der ECOWAS, die Abberufung der Botschafter sowie ein Verbot des Waffenhandels und der Visaerteilung vorsehen;

5. begrüßt ferner die diesbezüglichen Erklärungen und Beschlüsse der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union, der Europäischen Union und der Internationalen Organisation der Frankophonie;

6. fordert die togoische Nationalversammlung und andere Behörden auf, unverzüglich Schritte zur Normalisierung der Lage zu unternehmen und sicherzustellen, dass, wie es die Verfassung vorsieht, innerhalb der nächsten zwei Monate freie und faire Wahlen unter Aufsicht internationaler Beobachter stattfinden;

7. bekräftigt erneut seine Überzeugung, dass die Rückkehr zur verfassungsmäßigen Legalität durch die Wiederaufnahme des Dialogs zwischen den politischen Kräften in Togo und eine einvernehmliche Revision des Wahlkodex im Hinblick auf freie, transparente und demokratische Wahlen erfolgen muss;

8. verurteilt den Beschluss, alle öffentlichen Demonstrationen für einen Zeitraum von zwei Monaten zu verbieten, die Schließung von acht privaten Fernseh- und Rundfunkstationen sowie den unzulässigen Druck der Armee gegenüber den unabhängigen Medien, deren Journalisten wegen ihrer Berichterstattung verwarnt wurden; fordert die togoischen Streitkräfte auf, in ihren Kasernen zu bleiben und Handlungen zu unterlassen, die zu weiterer Unruhe führen könnten;

9. fordert, dass das Recht auf friedliche Demonstrationen und auf Durchführung politischer Kampagnen garantiert wird und die Urheber der Morde und sonstigen Menschenrechtsverletzungen gegenüber denjenigen, die gegen den Militärputsch demonstriert haben, vor Gericht gestellt und bestraft werden;

10. erinnert daran, dass die selbst ernannten togoischen Behörden die volle Verantwortung für alle Übergriffe gegen die körperliche Unversehrtheit von Zivilisten, insbesondere von Vertretern der Oppositionsparteien, Menschenrechtlern und Journalisten, übernehmen müssen;

11. fordert die Kommission auf, die Verhandlungen über eine schrittweise Wiederaufnahme der Zusammenarbeit erst nach der Abhaltung freier und transparenter Präsidentschafts- sowie Parlamentswahlen wieder aufzunehmen;

12. fordert die Kommission auf, gezielte Sanktionen gegen die Putschisten vorzuschlagen;

13. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Generalsekretären der Vereinten Nationen, der Afrikanischen Union und der ECOWAS, den Ko-Präsidenten der Paritätischen Parlamentarischen Versammlung AKP-EU sowie dem Präsidenten, der Regierung und der Nationalversammlung von Togo zu übermitteln.

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