31.1.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 24/63


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Übergewichtigkeit in Europa — Rolle und Verantwortung der Partner der Zivilgesellschaft“

(2006/C 24/14)

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 18. Februar 2005, gemäß Artikel 29 Absatz 2 der Geschäftsordnung eine Stellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: „Übergewichtigkeit in Europa — Rolle und Verantwortung der Partner der Zivilgesellschaft“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. September 2005 an. Berichterstatterin war Frau Sharma.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 420. Plenartagung am 28./29. September 2005 (Sitzung vom 28. September) mit 83 gegen 4 Stimmen bei 10 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Übergewichtigkeit — Verantwortung der Gesellschaft

1.1

Es ist ein sehr betrüblicher Fakt, dass die beiden großen ernährungsbedingten Probleme, mit denen die Welt heute konfrontiert ist, darin bestehen, dass einerseits 600 Millionen Menschen vom Hungertod bedroht sind, während andererseits 310 Millionen Menschen mit Übergewicht zu kämpfen haben.

1.2

Die unzähligen Dokumente, Untersuchungen, Diskussionsrunden und Berichte zum Thema Ernährung, körperliche Betätigung und Übergewichtigkeit, die von Fachleuten und großen internationalen Organisationen stammen, haben zu keinen Lösungen oder konkreten Aktionen geführt, um diesem Phänomen, das großen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schaden anrichtet, Einhalt zu gebieten.

1.3

Übermäßige Nahrungsenergieaufnahme bei verringertem Energieverbrauch ergibt einen Energieüberschuss, der in Form von Körperfett gespeichert wird. Auf diese Art und Weise entsteht Übergewichtigkeit. In den vergangenen Jahrzehnten haben wirtschaftliche, soziale und psychologische Faktoren ein Übriges getan, um Übergewichtigkeit zu einem der größten Gesundheitsprobleme werden zu lassen.

1.4

Die Zahl der Übergewichtigen ist in den letzten 30 Jahren drastisch angestiegen. Im Jahr 2000 erklärte die WHO das Problem zur „größten Gesundheitsbedrohung, der sich der Westen gegenübersieht“.

Es gibt in der gesamten EU-25 14 Millionen übergewichtige Kinder, von denen 3 Millionen fettleibig sind. Diese Zahl steigt jährlich um 400.000, nahezu jedes vierte Kind ist betroffen.

10-20 % der Kinder in Nordeuropa sind übergewichtig; in Südeuropa, Irland und dem Vereinigten Königreich liegt die Zahl bei 20-35 %.

In vielen EU-Mitgliedstaaten ist mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig, und 20-30 % der Erwachsenen werden als fettleibig eingestuft.

Fettleibigkeit in den mittleren Lebensjahren steigert das Risiko einer späteren Demenz.

Sechs der sieben bedeutendsten Risikofaktoren für ein vorzeitiges Ableben sind direkt auf unsere Ess- und Trinkgewohnheiten sowie mangelnde Bewegung zurückzuführen (der siebte ist das Rauchen).

In den Industriestaaten werden 2-7 % der Gesamtkosten des Gesundheitswesens für die Behandlung von Übergewichtigkeit bzw. Fettleibigkeit und ihren Folgen aufgewendet.

1.5

Die stetige Zunahme des Phänomens und die negativen Folgen von Übergewichtigkeit für den Einzelnen und für die Gesellschaft machen heute einen interdisziplinären Ansatz notwendig, der allen Faktoren Rechnung trägt und koordinierte Maßnahmen zwischen dem Staat, dem unmittelbaren gesellschaftlichen Umfeld des Einzelnen und dem Einzelnen vorsieht. Die Behörden spielen dabei eine zentrale Rolle, um in Zusammenarbeit mit anderen Interessenträgern ein Umfeld zu schaffen, das den Einzelnen, die Familien und deren näheres gesellschaftliches Umfeld in die Lage versetzt und ermuntert, positive, lebensbejahende Entscheidungen zugunsten einer gesunden Lebensweise zu treffen.

2.   Beteiligte Faktoren

Die Zunahme der sitzenden Tätigkeiten, die stärkere Nutzung motorisierter Verkehrsmittel, weniger körperliche Aktivität und der Anstieg des Verzehrs energiereicher und in ihrer Zusammensetzung unausgewogener Lebensmittel und Getränke sind vermutlich die Schlüsselfaktoren, die zur heutigen Epidemie der Fettleibigkeit beitragen.

2.1   Allgemeine Faktoren

Die Hauptschuld an der rasanten Zunahme der Übergewichtigkeit tragen kulturelle Leitbilder und Verhaltensweisen der Wohlstandsgesellschaft. Eine Lösung des Problems kann einzig durch koordinierte Informations- und Präventionsmaßnahmen (auf nationaler und lokaler Ebene, aber auch durch den Einzelnen) gefunden werden, die Veränderungen bei den gesellschaftlichen Vorstellungen und den gravierendsten Verhaltensweisen herbeiführen, ohne dem Irrtum einer „Medizinalisierung“ der Übergewichtigkeit aufzusitzen bzw. diese zu instrumentalisieren.

2.2

Zu den Hauptansatzpunkten gehören somit eine Reihe von Sektoren und Aktivitäten, die zu folgenden Bereichen zusammengefasst werden können:

Gesellschaft: Ernährungserziehung (hierbei müssen nicht nur quantitative Aspekte der Ernährung, sondern auch der allgemeine Nährwert von Lebensmitteln thematisiert werden) und Erziehung zu einer gesünderen Lebensweise, insbesondere im Hinblick auf körperliche Betätigung;

Schule: Vermittlung von Kenntnissen über den Nährwert von Lebensmitteln, Ursachen und Folgen von Übergewichtigkeit, ein neuer Lehrplan für die Hauswirtschaft und den sozialwissenschaftlichen Fachbereich, der auf eine Verinnerlichung einer gesünderen Lebensweise abzielen sollte, sowie Aufwertung körperlicher Tätigkeiten auch in der Freizeit;

Industrie: Ermunterung zu ethischem Handeln in der Lebensmittelindustrie, insbesondere im Bereich Marketing und Werbung in den Medien, sowie Förderung von Personalpolitik, die gesunde Ernährung und angemessene körperliche Betätigung begünstigt;

Verkehrsmittel: der übermäßigen Benutzung von Verkehrsmitteln entgegenwirken, die körperliche Betätigung ersetzen, und Ermittlung von Ansätzen, durch die die Vertriebskosten besonders von frischen Lebensmitteln nicht weiter gesteigert werden;

Medien: Kontrolle der Werbepraktiken im Hinblick darauf, dass nicht zu übermäßigen oder falschen Konsumgewohnheiten verleitet wird, und Sensibilisierung der Eltern hinsichtlich der Risiken, die der zu häufige und zu lange Konsum von Fernsehen, Videospielen und Internet auch in körperlicher Hinsicht für ihre Kinder mit sich bringt;

Gesundheitsdienste: Schaffung eines wirklichen Informationsdienstes für alle Bürger und Durchführung von Informations- und Präventionskampagnen statt verspäteter und häufig wirkungsloser Therapien;

Politik: verantwortungsvolle und angemessene Investitionen in konkrete Initiativen von der nationalen bis zur lokalen Ebene, die auf alle Schichten der Bevölkerung, insbesondere aber auf die bildungs- und einkommensschwächsten Gruppen ausgerichtet sind.

3.   Schluss mit den Schuldzuweisungen

3.1

Die heutige industrialisierte Welt schafft ein Umfeld, das Übergewichtigkeit in sehr starkem Maße fördert. Einige Ursachen liegen auf der Hand, andere sind weniger augenfällig. Die meisten werden von der Gesellschaft unterschätzt. Besorgniserregend ist der mangelnde Weitblick (Konsequenzen für künftige Generationen) und die Ablehnung jeglicher Verantwortung bzw. die Abwälzung der Schuldfrage auf andere.

3.2

Die der Übergewichtigkeit zugrunde liegenden Faktoren sind der Verzehr energiereicher, nährstoffarmer Nahrungsmittel mit hohem Fett-, Zucker- und Salzgehalt, geringe körperliche Aktivität zu Hause, in der Schule, bei der Arbeit, in der Freizeit und bei der Fortbewegung. Variationen bei den Risikoniveaus und den damit einhergehenden Folgen für die Gesundheit können zum Teil auf die unterschiedliche Intensität und die zeitliche Verschiebung der wirtschaftlichen, demografischen und gesellschaftlichen Veränderungen auf nationaler und weltweiter Ebene zurückgeführt werden.

3.3

Um eine Veränderung der Ernährungsgewohnheiten und Bewegungsmuster und eine gesunde Lebensweise herbeizuführen, sind Bemühungen zahlreicher Interessenträger — öffentlicher wie privater — über mehrere Jahrzehnte erforderlich. Es ist eine Veränderung der Denkweise, eine Schärfung des Problembewusstseins und Aufklärung über eine Kombination aus effektiven und effizienten Aktionen auf sämtlichen Ebenen sowie psychologische Unterstützung, eine engmaschige Überwachung und Bewertung ihrer Auswirkungen vonnöten. Darüber hinaus muss auch jeder Einzelne für die Veränderungen eintreten und Verantwortung übernehmen.

3.4

Der EWSA hält es für notwendig, eine die gesamte Gesellschaft einbeziehende Strategie zu entwickeln, um das Problem mit vereinten Kräften anzupacken. Es sollen von oben nach unten gerichtete Maßnahmen ergriffen werden, die von „Bottom-up“-Strategien begleitet werden, wodurch horizontale und vertikale Aktionen gefördert werden und ein jeder sich einbringt, sei es durch finanzielles oder zeitliches Engagement oder durch Beiträge in Form von Sachleistungen. Auch wenn dies alles andere als einfach erscheinen mag, so besteht das Ziel doch darin, ein Umfeld zu schaffen, das in ganz Europa eine gesunde, ausgewogene Ernährung und körperliche Bewegung fördert, ohne Schuldzuweisungen vorzunehmen.

4.   Stopp der Übergewichtigkeit — „Obesity Check“

4.1

Der Vorschlag des EWSA hat zum Ziel, europaweit eine Kampagne zur Prävention von Übergewicht („Obesity Check“-Kampagne) zu fördern, mit der das Bewusstsein für den Nutzen einer gesunden Lebensweise in den Vordergrund gerückt und die Verantwortung aller Beteiligten für die Prävention von Adipositas und ihren Vorstufen gestärkt werden soll. Die Kampagne soll eine einzige, einfache Botschaft vermitteln, mit der sich die folgenden zehn Herausforderungen bewältigen lassen, und sie soll den öffentlichen und privaten Sektor, die Zivilgesellschaft und die Bürger über deren Engagement zur Unterstützung der Kampagne mit einbeziehen. Es geht darum, die Gewohnheiten einer gesunden Lebensweise zu fördern, ohne sich dabei in die persönlichen Vorlieben der Bürger einzumischen.

4.2

Die zehn Herausforderungen bestehen darin,

in der Bevölkerung den Aufklärungsprozess weiterzuführen und zu verbessern,

zusammenzuarbeiten, um zu einer effizienten Kommunikation und Eigenverantwortung zu gelangen,

zu gewährleisten, dass JEDER EINZELNE in Europa erreicht wird,

alle dazu zu bewegen, Verantwortung zu übernehmen und die Dynamik aufrechtzuerhalten,

Einzelpersonen und Organisationen davon zu überzeugen, dass sie auf andere einwirken können,

zu akzeptieren, dass alle Aktionen in eine breite Palette von EU- und einzelstaatlichen Maßnahmen eingebettet sein müssen,

zu akzeptieren, dass es dabei um die soziale Verantwortung von Unternehmen geht,

einen vielschichtigen, horizontalen und vertikalen Ansatz auf allen Ebenen zu gewährleisten,

Transparenz und Uneigennützigkeit zu gewährleisten und unausgesprochene Interessen aus dem Weg zu räumen,

darauf aufmerksam zu machen, dass die negativen Folgen der Übergewichtigkeit für die Gesundheit durch gesundes Essen und körperliche Betätigung rückgängig gemacht werden können.

4.3

Im Zentrum der Kampagne, die von Politikgestaltern und Interessenträgern unter Leitung der GD Gesundheit und Verbraucherschutz klar definiert werden muss, stünde eine einfache Botschaft, die der europäischen Öffentlichkeit die Notwendigkeit von gesunder Ernährung und mehr Bewegung vor Augen führt und sich in der Verpflichtung niederschlägt, die Politiken und Verfahrensweisen aller Akteure auf das Thema Übergewichtsprävention auszurichten. Alle einschlägigen Organisationen — von der Europäischen Kommission bis hin zu einzelnen Familienmitgliedern — können aufgefordert werden, sich an der Kampagne zu beteiligen, um ihre Tätigkeiten einer kritischen Prüfung zu unterziehen und herauszufinden, wie diese verändert werden können, um der Gefahr von Übergewichtigkeit und Fettleibigkeit vorzubeugen.

4.4

Frühere Kampagnen, wie die zum Thema Anschnallen beim Autofahren, Rauchen, Stillen oder „keine Drogen im Sport“ waren einfach, aber wirkungsvoll und wurden von allen Bevölkerungsteilen getragen. Sie waren alle durch eine erfolgreiche Kombination aus Verbraucheraufklärung, Rechtsvorschriften, geänderten Vorgehensweisen und Vor-Ort-Programmen gekennzeichnet.

5.   Die „Obesity Check“-Kampagne

Es wurde ein Fragebogen entwickelt, um Einzelpersonen und Organisationen/Unternehmen dazu aufzufordern, nach freier Wahl eine bestimmte Zeit innerhalb ihrer Organisation bzw. ihres Unternehmens oder externer Gremien aufzuwenden, um die GD Gesundheit und Verbraucherschutz bei ihrer Arbeit zur Förderung der Idee der Fettsuchtprävention mit der „Obesity Check“-Kampagne zu unterstützen. Der Fragebogen liegt dieser Stellungnahme bei. Er kann abgeändert werden, damit ihn jede beliebige Organisation verwenden kann).

Ziel: Zweckgerichtete Ergebnisse erzielen und die Fortschritte überwachen

Kurzfristig: Die ausgefüllten Fragebogen zeugen vom Engagement und der Bereitschaft von Einzelpersonen und Organisationen/Unternehmen, andere in Bezug auf die Notwendigkeit einer veränderten Lebensweise zu sensibilisieren, aufzuklären und zu informieren. Die Erreichung des Ziels kann daran gemessen werden, wie viel Zeit oder Ressourcen die Befragten für die Kampagne zur Verfügung stellen wollen. Es können auch Beispiele für vorbildliche Praktiken gesammelt werden.

Mittelfristig: eigentliches Tätigwerden. Der zugesagte Zeit- und Ressourcenaufwand wird effektiv genutzt, u.a. nehmen sich die Organisationen/Unternehmen des Themas Übergewichtsprävention an. Dies würde auch die Veröffentlichung und Verbreitung von Beispielen für vorbildliche Praktiken beinhalten, die im kurzfristigen Rahmen gesammelt wurden. Die Erreichung der Ziele kann anhand des positiven Feedbacks und der Folgemaßnahmen zu allen Originalfragebögen sowie der Überwachung der Fortschritte der EU-Plattform gemessen werden.

Langfristig: Bewertung der tatsächlichen Fortschritte mithilfe einer EWSA-Stellungnahme in Form eines Berichts an andere EU-Institutionen. Dies erleichtert das Feedback und verleiht zusätzliche Dynamik.

5.1   Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss

5.1.1

Dem EWSA obliegt es, mit Kommission, Parlament und Rat zusammenzuarbeiten, um der Zivilgesellschaft den Beschlussfassungsprozess innerhalb der EU näher zu bringen. Ausgehend von diesem Auftrag kann der EWSA — zusammen mit allen Interessenträgern — Zeit darauf verwenden, durch freiwillige Aktionen seiner Mitglieder zur Förderung einer gesünderen Lebensweise effektive Veränderungen herbeizuführen. Die Mitglieder des EWSA wurden aufgefordert, den Fragebogen auszufüllen und z.B. auf folgende Weise mit gutem Beispiel voranzugehen:

Arbeitgeber könnten sich Gedanken über eine gesündere Lebensweise am Arbeitsplatz machen, unter anderem durch die Schaffung von Anreizen (im Rahmen konsequenter Ernährungsstrategien), gesündere Lebensmittel zu wählen, sowie durch die Einrichtung von Sportstätten oder Fitnessräumen/Gymnastiksälen. Kleinere Unternehmen könnten die Arbeitnehmer zu einer gesünderen Lebensweise anspornen und ihnen entsprechende Unterstützung bieten. Ein Engagement außerhalb des Unternehmens, insbesondere im Bildungsbereich, wäre ebenfalls eine willkommene Unterstützung für die Kampagne. In der Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen (September 2000) heißt es, dass das Wirtschaftswachstum begrenzt ist, wenn die Menschen nicht gesund sind.

Arbeitnehmerorganisationen könnten ihren Mitgliedern eine ähnliche Botschaft vermitteln, z.B. die Arbeitnehmer auffordern, körperliche Aktivitäten wie Gehen oder Radfahren in ihren Alltag einzubinden. Die Arbeitnehmer könnten dann für ihre Familien und ihr gesellschaftliches Umfeld sozusagen im Zuge der Fortbildung als Multiplikatoren fungieren.

Nichtregierungsorganisationen und insbesondere Verbraucherverbände könnten sich gemeinsam mit ihren Mitgliedern Zeit nehmen und ihren Beitrag dazu leisten, die Botschaft in anderen Einrichtungen und Gesellschaftsbereichen zu verbreiten. Jugend- und Familienorganisationen spielen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, zu ausgewogener Ernährung und Bewegung anzuspornen. Sie alle können nachdrücklich auf die Erschwinglichkeit von gesundem Essen und gesundheitsfördernden Alternativen hinweisen und das entsprechende Wissen vermitteln.

5.1.2

Der EWSA arbeitet in allen 25 Mitgliedstaaten auf sämtlichen Ebenen der Zivilgesellschaft. Er trägt dadurch in erheblichem Maße zur Verbreitung der Botschaft der „Kampagne“ bei und stellt die Weichen, damit andere folgen.

5.2   Europäische Kommission und Parlament

Die Mitglieder der Generaldirektionen der Kommission und das Parlament würden ebenfalls gebeten, den Fragebogen auszufüllen, um „mit gutem Beispiel voranzugehen“.

5.2.1

Die GD Gesundheit und Verbraucherschutz ist zur Einführung der neuen „Europäischen Aktionsplattform“ auf dem Gebiet der Adipositas zu beglückwünschen. Es steht zu hoffen, dass die Mitglieder der Plattform eine einfache Devise/Botschaft für die Kampagne ersinnen, die europaweit verwendet würde, um eine gesunde Lebensweise zu fördern. Regierungen, Nichtregierungsorganisationen, Basisorganisationen und die Wirtschaft sollten konsistente, kohärente und deutliche Botschaften erarbeiten und vermitteln. Diese Botschaften sollten über zahlreiche Kanäle verbreitet werden, und zwar in einer mit der jeweiligen Kultur vor Ort zu vereinbarenden, alters- und geschlechtsspezifischen Form. Verhalten kann beeinflusst werden — vor allem in Schulen, am Arbeitsplatz, in Bildungsstätten und Glaubensgemeinschaften, von Führungspersönlichkeiten auf lokaler Ebene und über die Massenmedien.

5.2.2

Nach den Worten des Vorsitzenden der Plattform, Robert Madelin, muss die Plattform alle ihre Aktionen in eine breite Palette von EU-Politikbereichen einbetten, wenn sie in ihrem Kampf gegen Übergewicht und Fettsucht erfolgreich sein will. Aus allen weltweiten Berichten geht hervor, dass es sich hier um ein langfristiges Problem handelt, das auf kurze, mittlere und lange Sicht nachhaltige, wirksame Strategien und Aktionen sowie eine sektorenübergreifende, interdisziplinäre und multifaktorielle Einbindung erforderlich macht. Das bedeutet, dass auch die am stärksten Betroffenen gehört werden müssen — Familien, Eltern und Kinder.

5.2.3

Die GD Gesundheit und Verbraucherschutz sorgt dafür, dass die Plattform mit Beamten aus anderen Politikbereichen der Kommission — der GD Landwirtschaft, Unternehmen, Bildung, Forschung und Verkehr — in Dialog tritt. Es ist wichtig, dass alle Beteiligten schon in das konzeptionelle Stadium der Strategie mit einbezogen werden; sobald sie feststeht, sollte eine konsultative Folgenabschätzung vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass die Strategie keiner bestimmten Institution eine Schuld zuweist und sie sanktioniert, sondern deutlich zum Ausdruck bringt, dass ihre Vorschläge darauf abzielen, alle einzubeziehen.

5.2.4

Auf der Grundlage des Subsidiaritäts- und Komplementaritätsprinzips können Sensibilisierungsmaßnahmen auf Gemeinschaftsebene die Auswirkungen der von den nationalen Behörden, dem Privatsektor und Nichtregierungsorganisationen ergriffenen Initiativen noch verstärken. Es sollten verschiedene Finanzierungsquellen — zusätzlich zu den einzelstaatlichen Haushalten — ermittelt werden, um zur Umsetzung einer Strategie und der „Obesity Check“-Kampagne beizutragen.

5.2.5

Die GD Bildung und Kultur wird insbesondere im Bereich des Sports Mittel benötigen, um zusammen mit den einzelstaatlichen Regierungen Schlüsselstrategien entwickeln zu können. In ihren Botschaften sollte jedoch berücksichtigt werden, dass nicht immer finanzielle Ressourcen notwendig sind, um die körperliche Bewegung zu steigern, d.h. nicht alle Schulen benötigen neue Turngeräte, und viele ausgebildete Sportler sind auf Arbeitssuche und könnten ermutigt werden zu unterrichten. Für die Sportförderung zuständige Gremien könnten Sportidole dazu anhalten, positive Botschaften zu vermitteln.

5.2.6

Die GD Beschäftigung, soziale Angelegenheiten und Chancengleichheit hat umfangreiche Forschungen auf dem Gebiet der körperlichen Aktivität junger Menschen angestellt. Doch auch die Freizeitaktivitäten von Erwachsenen sollten untersucht werden. So sollten die familiären Bande nicht außer Acht gelassen werden, d.h. Eltern, die am Wochenende Sport treiben, würden ihre Kinder mitnehmen und zur Teilnahme anspornen, wodurch ein Familienerlebnis entstünde und die Tendenzen in puncto Lebensweise umgekehrt würden.

5.2.7

Die GD Landwirtschaft verfügt über ein Förderbudget, das als Investition in die Werbung für frisches Obst und Gemüse verwendet werden könnte; die GD könnte dies nutzen, um ihren Teil zur „Obesity Check“-Kampagne beizutragen, ähnlich wie die frühere Unterstützung nationaler Stellen im Rahmen lokaler Werbekampagnen für Lebensmittel aus der Landwirtschaft.

5.2.8

Auch die Rolle der internationalen Partner bei der Erreichung der Ziele sollte in Betracht gezogen werden. Es ist eine koordinierte Zusammenarbeit zwischen UN-Organisationen, zwischenstaatlichen Gremien, Nichtregierungsorganisationen, Berufsverbänden, Forschungseinrichtungen und privatwirtschaftlichen Einrichtungen erforderlich.

5.3   Mitgliedstaaten

Europaweit würden alle Regierungsbehörden gebeten, den Fragebogen auszufüllen und „mit gutem Beispiel voranzugehen“. Sie könnten auch darum ersucht werden, spezifische Finanzmittel für die Förderung der „Kampagne“ bereitzustellen. Es ist wichtig, dass die Regierungen ein gemeinsames Vorgehen an den Tag legen und wirtschaftliche, soziale und ökologische Faktoren berücksichtigen.

5.3.1

Gleichzeitig müssen alle Partner, insbesondere die Regierungen, eine Reihe von Fragen angehen. Im Zusammenhang mit dem Thema Essen gehören dazu sämtliche Aspekte der Ernährung und Lebensmittelsicherheit (u.a. Zugänglichkeit, Verfügbarkeit und Erschwinglichkeit gesunder Lebensmittel). Körperliche Bewegung muss am Arbeitsplatz, zu Hause und in der Schule gefördert werden, wobei Fragen im Zusammenhang mit der Stadtplanung, dem Verkehr sowie der Sicherheit und der Möglichkeit der körperlichen Betätigung während der Freizeit berücksichtigt werden müssen. Ausschlaggebend dafür, welche Prioritäten für Maßnahmen der Regierungen in Bezug auf das Thema Übergewichtigkeit als Teil der „Obesity Check“-Kampagne festgelegt werden, sind die jeweiligen einzelstaatlichen Gegebenheiten. Es gibt in und zwischen den einzelnen Ländern große Unterschiede, und die regionalen Gremien sollten bei der Formulierung regionaler Strategien zusammenarbeiten.

5.3.2

Unterstützung sollte durch die geeignete Infrastruktur, Umsetzungsprogramme, ausreichende Finanzierung, Überwachung und Bewertung sowie kontinuierliche Forschung bereitgestellt werden. Die Strategien müssen auf den besten verfügbaren wissenschaftlichen Forschungsarbeiten und -erkenntnissen beruhen und Politiken, Aktionen und Zeitpläne umfassen.

5.3.3

Den Vorrang sollten Aktivitäten haben, die positive Auswirkungen auf die ärmsten Bevölkerungskreise haben. Für solche Aktivitäten ist generell ein Handeln vor Ort mit starker Unterstützung und Begleitung von Regierungsseite erforderlich.

5.3.4

Ähnlich wie die „Europäische Plattform“ sollten die einzelstaatlichen Regierungen Kommunikationswege und „Rundtischgespräche“ einsetzen, an denen Ministerien und Einrichtungen aus den Bereichen Lebensmittel, Landwirtschaft, Jugend, Freizeit, Sport, Bildung, Handel und Industrie, Finanzen, Verkehr, Medien und Kommunikation, soziale Angelegenheiten und Umwelt sowie Stadtplanung teilnehmen, um Überlegungen über Aktionen zur Bekämpfung von Übergewichtigkeit anzustellen. Dazu könnten Diskussionsrunden mit „Eltern“ und Jugendlichen gehören, damit auch die Beiträge der am stärksten Betroffenen einfließen können. Die Mitarbeit und das Einverständnis aller Interessenträger sind unverzichtbar, und unausgesprochene Interessen dürfen keine Rolle spielen. Die Internationale Taskforce für Adipositas ist eine forschungsbasierte Denkfabrik mit einer Beratungs- und Katalysatorrolle, die relevante Daten für entsprechende Diskussionen liefern kann. Diese Kommunikationskanäle sollten auf öffentlich-private Partnerschaften ausgeweitet werden. Dabei dürfen KEINE Ressourcen durch einen Anstieg der Verwaltungskosten oder eine Überschneidung mit der Arbeit bereits vorhandener Gremien vergeudet werden.

5.3.5

Die Regierungen müssen Aktionen in Betracht ziehen, die zur Bereitstellung einfacher, ausgewogener Informationen für die Verbraucher führen, um es ihnen zu ermöglichen, mühelos auf Informationen beruhende Entscheidungen zu treffen, und sicherstellen, dass geeigneten Gesundheitsförderungs- und -erziehungsprogramme aufgestellt werden können. Damit die Informationen für alle Bevölkerungsschichten verständlich sind, sollten das Lesekompetenzniveau, Kommunikationshemmnisse und die Kultur vor Ort berücksichtigt werden.

5.3.6

Die Regierungen spielen — unter uneingeschränkter Anwendung des Subsidiaritätsprinzips — eine zentrale Rolle und müssen in Zusammenarbeit mit anderen Interessenträgern dafür sorgen, dass Einzelpersonen, Familien und deren unmittelbares gesellschaftliches Umfeld dazu befähigt und angespornt werden, positive, lebensbejahende Entscheidungen zugunsten einer gesunden Lebensweise zu treffen.

5.4   Bildungswesen

In allen Bildungseinrichtungen würden Einzelpersonen gebeten, den Fragebogen auszufüllen. Die staatlichen Bildungsstellen könnten gefragt werden, ob sie bereit sind, konkrete Mittel für die Bekanntmachung der Kampagne in allen Einrichtungen des Bildungsspektrums bereitzustellen.

5.4.1

Für die Prävention und Eindämmung von Übergewicht und Fettsucht ist eine lebenslange Perspektive von wesentlicher Bedeutung — eine einfache Checkliste zum Thema Übergewichtigkeit, die sowohl von jungen als auch älteren Menschen verstanden wird. Dieser Ansatz beginnt mit der Gesundheit der Mutter und der Ernährung im Mutterleib, der Schwangerschaft, dem Stillen und der Gesundheit von Kindern und Jugendlichen, richtet sich an Kinder in der Schule, an Erwachsene am Arbeitsplatz und in anderen Umfeldern sowie an ältere Menschen und spornt sie zu einer gesünderen Lebensweise von der Kindheit bis ins Alter an.

5.4.2

In Bildungsprogramme für Erwachsene sollten auch Kenntnisse in Gesundheitsfragen aufgenommen werden. Solche Programme bieten die Gelegenheit, dass Angehörige der Heilberufe und Dienstleister des Gesundheitswesens Erkenntnisse über Ernährung und Bewegung vermitteln und randständige Gesellschaftsgruppen erreichen. Auch die Medienkompetenz kann geschult werden, damit die Verbraucher beim Treffen ihrer Wahl in der Lage sind, die Etiketten und Werbeanzeigen zu verstehen und praktische Ratschläge für die Zubereitung von Speisen erhalten.

5.4.3

Die Schulen beeinflussen das Leben der meisten Kinder. Sie sollten die Gesundheit der Kinder schützen, indem sie Gesundheitsinformationen bereitstellen, die Gesundheitskompetenz verbessern, eine Erziehung im Schmecken von Lebensmitteln entwickeln und eine gesunde Lebensweise fördern. Die Schulen müssen den Schülern täglich ein Mindestmaß an Sportunterricht (mind. 2 Std./Woche) und eine ausgewogene Ernährung anbieten. Sie sollten mit den geeigneten Anlagen ausgestattet werden, aber auch erkennen, dass sie selbst unter den gegebenen Voraussetzungen und trotz budgetärer Engpässe tätig werden können.

Die Ausgaben für Sportanlagen müssen sorgfältig überwacht werden, um sicherzustellen, dass die sportlichen Aktivitäten Mädchen und Jungen gleichermaßen zugute kommen — vor allem, weil die Fettleibigkeitsraten bei Mädchen schneller ansteigen als bei Jungen.

5.4.4

Die Behörden werden aufgefordert, Maßnahmen zu ergreifen, um eine ausgewogene Ernährung in den Schulen zu fördern und das Angebot an Lebensmitteln mit hohem Salz-, Zucker- und Fettgehalt einzuschränken. Die Schulen sollten zusammen mit den Eltern und den zuständigen Behörden darüber nachdenken, Verträge für Schulessen an örtliche Erzeuger zu vergeben, um einen örtlichen Markt für gesunde Lebensmittel zu gewährleisten. In Absprache mit dem Personal, den Schülern, den Eltern und den zuständigen Behörden sollte eine konsequente Lebensmittel- und Ernährungsstrategie verfolgt werden.

5.4.5

Dort, wo die unternehmerische Initiative unter den Schülern angeregt wird, sollte dies nicht in Form von „Snackshops“ erfolgen, in denen die traditionellen Chips und Süßigkeiten verkauft werden. Als Alternative könnten Biolebensmittel bereitgestellt werden.

5.4.6

Besonderes Augenmerk muss auch älteren Menschen gelten, da auch die über 60-Jährigen von Fettleibigkeit betroffen sind. Zudem verfügen ältere Menschen über eine Fülle von Informationen und Erfahrungen zum Thema traditionelle Ernährungsweisen und Zubereitungsmethoden und können einen Beitrag zur Erziehung ihrer Nachkommen leisten.

5.5   Gesundheitsdienste

In allen öffentlichen Gesundheitsdiensten würden Einzelpersonen gebeten, den Fragebogen auszufüllen. Die Abteilungen könnten ersucht werden, konkrete Mittel zur Bekanntmachung der Kampagne bei den einzelnen Komponenten des Gesundheitswesens (z.B. Kliniken, Krankenhäuser, Personalkantinen, Patientengruppen) bereitzustellen.

5.5.1

Die Regierungen spielen eine ausschlaggebende Rolle dabei, nachhaltige Veränderungen im Gesundheitswesen herbeizuführen. Ihnen kommt eine führende Rolle bei der Einleitung und Entwicklung einer Strategie zur Reduzierung von Übergewicht zu, die Teil einer breiter angelegten, umfassenderen und koordinierten Anstrengung im Bereich der öffentlichen Gesundheit ist. Die Öffentlichkeit muss durch einfache, direkte Botschaften darüber informiert werden, wie viel und wie intensiv körperliche Bewegung notwendig ist, um einen spürbaren gesundheitlichen Nutzeffekt zu erzielen. Die regionalen und lokalen Behörden müssen ihrerseits eingebunden werden und sich aktiv an dem Informationsprozess beteiligen.

5.5.2

Im Rahmen der routinemäßigen Kontakte mit dem Personal von Gesundheitsdiensten sollten die Patienten auch praktische Ratschläge über die Vorteile von gesunder Ernährung und mehr Bewegung erhalten und dabei unterstützt werden, mithilfe einer Checkliste zum Thema Übergewichtigkeit gesundheitsfördernde Verhaltensweisen zu erlernen und beizubehalten. Die Behörden sollten Anreize zur Förderung von Präventivdiensten erwägen, und innerhalb bestehender klinischer Dienste sollten Möglichkeiten ermittelt werden (durch eine verbesserte Finanzierungsstruktur), um den Angehörigen der Heilberufe — insbesondere in der primären Gesundheitsfürsorge, aber auch in anderen Diensten (u.a. den Sozialdiensten und Apotheken) — Präventivarbeit zu ermöglichen und sie dabei zu unterstützen. Dabei könnte es sich um eine einfache, positive und anspornende Botschaft handeln, wie z.B. „mehr gehen — weniger essen“.

5.5.3

Unterstützungs- und Informationsmaßnahmen sollten bei den Eltern ansetzen und diese über die richtigen und besten ernährungsspezifischen Entscheidungen für die jüngsten Altersstufen (Säuglinge und Kleinkinder) aufklären. Es ist heute wissenschaftlich erwiesen, dass mit Muttermilch ernährte Babys später weniger häufig übergewichtig werden als mit Fertigmilch ernährte. Die Prävention sollte demnach mit der Förderung der geeigneten Säuglingsernährung beginnen.

5.5.4

Die Unterstützungs- und Informationsmaßnahmen sollten außerdem bei älteren Personen, insbesondere bei Alleinstehenden, Armen und Personen am Rand der Gesellschaft ansetzen, um die verbreiteten, ungesunden Ernährungsweisen zu vermeiden, die solche Lebenssituationen häufig mit sich bringen.

5.6   Lokale Gebietskörperschaften

In allen regionalen und lokalen Gebietskörperschaften würden Fragebogen ausgefüllt, und es würden Aktionen vorgeschlagen, um ihre Tätigkeit auf das Thema Übergewichtsprävention auszurichten und die „Obesity Check“-Kampagne zu unterstützen. Die Referate und Abteilungen könnten gefragt werden, ob sie über konkrete Mittel zur Förderung der Kampagne verfügen.

5.6.1

Die lokalen Gebietskörperschaften sollten auf die Einsetzung sektorenübergreifender und interdisziplinärer beratender Ausschüsse von Sachverständigen, darunter technische Sachverständige und Vertreter von Regierungsstellen, hinwirken. Diese müssten einen unabhängigen Vorsitz haben, um eine Auslegung der wissenschaftlichen Erkenntnisse ohne Interessenkonflikt zu gewährleisten.

5.6.2

Nationale, regionale und lokale Behörden sollten Anreize schaffen, damit Gehen, Radfahren und andere Formen der körperlichen Betätigung für alle zugänglich und sicher werden; verkehrspolitische Maßnahmen müssen auch nicht motorisierte Beförderungsarten berücksichtigen; arbeits- und arbeitsplatzpolitische Maßnahmen sollten zu körperlicher Aktivität ermuntern; Sport- und Freizeitanlagen sollten das Konzept „Sport für alle“ verkörpern.

5.7   Die Wirtschaft

Zur „Wirtschaft“ gehören sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer, die zum gegenseitigen Wohl zusammenarbeiten.

In der gesamten Wirtschaft würden die Arbeitgeber und Arbeitnehmer gebeten, den Fragebogen auszufüllen, um die „Obesity Check“-Kampagne zu unterstützen. Zusätzlich dazu könnten Unternehmen gebeten werden, als Teil ihrer sozialen Verantwortung konkrete (finanzielle) Mittel zur Verfügung zu stellen; auch Gewerkschaften könnten um einen Beitrag ersucht werden.

5.7.1

Der private Sektor kann einen bedeutenden Beitrag leisten, vor allem, weil viele Unternehmen weltweit tätig sind und innerhalb ein und desselben Konzerns Maßnahmen auf allen Ebenen in verschiedene Länder übertragen können. Zur sozialen Verantwortung von Unternehmen könnten viele verschiedene Partner gehören, die mit örtlichen Schulen arbeiten, um die Bildungsstrategie zur Schärfung des Bewusstseins für die Bedeutung von gesunder Ernährung und mehr Bewegung zu unterstützen. Zur Sicherheit muss anfangs eine Konsultation stattfinden, um potenzielle Interessenkonflikte zu erörtern.

5.7.2

Die Lebensmittelindustrie, Einzelhändler, Cateringunternehmen, Sportartikelhersteller, Werbe- und Freizeitunternehmen, Versicherungen und Banken, Pharmaunternehmen und die Medien spielen alle eine wichtige Rolle als verantwortungsbewusste Arbeitgeber und Verfechter einer gesunden Lebensführung. Sie alle könnten — in Partnerschaft mit Regierungen und Nichtregierungsorganisationen — an der Umsetzung von Maßnahmen mitwirken, die darauf abzielen, dass positive und kohärente Botschaften vermittelt werden, um integrierte Bemühungen zur Förderung einer gesunden Lebensweise zu erleichtern und herbeizuführen.

5.8   Lebensmittelindustrie

5.8.1

Die Lebensmittelhersteller haben proaktiv daran gearbeitet, zahlreiche Initiativen ins Leben zu rufen, um den Fett-, Zucker- und Salzgehalt von verarbeiteten Lebensmitteln zu reduzieren, die Portionsgrößen zu verringern und die Einführung innovativer, gesunder und nährstoffreicher Alternativen voranzubringen.

5.8.2

Die Industrie ist sich bewusst, dass die Kaufentscheidungen der Verbraucher und ihre Ernährungsgewohnheiten durch Lebensmittelwerbung beeinflusst werden, und sie muss dafür sorgen, dass die Werbung nicht die Unerfahrenheit oder Leichtgläubigkeit von Kindern ausnutzt. Die Regierungen sollten mit Verbrauchergruppen und dem privaten Sektor zusammenarbeiten, um für das Problem der Vermarktung von Lebensmitteln an Kinder geeignete sektorübergreifende Konzepte entwickeln zu können; dabei sollten Themen wie Sponsoren, Verkaufsförderung und Werbung behandelt werden. Gemeinsam sollte eine Einigung über sozial verantwortliche Vorgehensweisen gefunden werden, die die Wahlfreiheit nicht beeinträchtigen, die aber akzeptieren, dass Kinder nicht in der Lage sind, den Nährwertgehalt von Lebensmitteln zu erkennen.

5.8.3

Von aktuellen Plänen zur Einführung von rasch greifenden, allzu simplen Maßnahmen wie „Ampel“-Indikatoren auf Lebensmitteln sollte abgesehen werden. Empfehlungen müssen vor ihrer Umsetzung mit der Lebensmittelindustrie und den Verbrauchern abgestimmt werden. Dies kann mit Beiträgen zur Medienkompetenz, u.a. Informationen zum besseren Verständnis von Lebensmitteletiketten und Werbebotschaften, unterstützt werden, die an der Verkaufsstelle und über Schulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen bereitgestellt werden.

5.8.4

Die Verbraucher benötigen präzise, standardisierte und verständliche Informationen zum Inhalt von Lebensmitteln, um gesundheitsfördernde Entscheidungen treffen zu können. Die Regierungen brauchen gegebenenfalls Informationen über wichtige Ernährungsaspekte, wie diese in den Codex-Leitlinien über die Lebensmitteletikettierung vorgeschlagen werden.

5.8.5

In dem Maße, wie das Interesse der Verbraucher an Gesundheitsfragen steigt und den Ernährungsaspekten von Lebensmitteln mehr Aufmerksamkeit geschenkt wird, setzen die Erzeuger zunehmend gesundheitsbezogene Werbebotschaften ein. Solche Botschaften dürfen für die Öffentlichkeit in Bezug auf den Nutzen bzw. die Risiken nicht irreführend sein.

5.8.6

Zu den Empfehlungen an die Lebensmittelindustrie, die von den Organisationen der Zivilgesellschaft unterstützt werden könnten, gehören u.a.:

die Förderung einer gesunden Lebensweise in Einklang mit den europäischen Leitlinien und den Gesamtzielen der globalen Strategie;

die Begrenzung des Gehalts an gesättigten Fettsäuren, trans-Fettsäuren, freiem Zucker und Salz in Lebensmittelprodukten;

die kontinuierliche Entwicklung und Bereitstellung erschwinglicher, gesunder und nährstoffreicher Alternativen für die Verbraucher;

die Verfügbarmachung geeigneter und verständlicher Produkt- und Nährstoffinformationen für die Verbraucher;

ein verantwortungsvolles Marketing, das die „Obesity Check“-Initiative unterstützt, vor allem mit Blick auf die Verkaufsförderung und Vermarktung von Lebensmitteln mit einem hohen Anteil an gesättigten Fettsäuren, Zucker oder Salz, insbesondere an Kinder;

die Einführung einfacher, kohärenter Lebensmitteletiketten und eines wissenschaftlichen Nachweises von Gesundheitsbehauptungen, so dass die Verbraucher besser informiert werden und auf dieser Basis gesundheitsfördernde Entscheidungen treffen können;

die Versorgung der einzelstaatlichen Behörden mit Informationen über die Zusammensetzung von Lebensmitteln;

die Unterstützung bei der Konzipierung und Durchführung von Programmen für gesunde Ernährung und körperliche Aktivität.

5.9   Landwirtschaft

5.9.1

Die einzelstaatliche Lebensmittel- und Agrarpolitik sollte mit dem Schutz und der Förderung der Gesundheit der Bevölkerung vereinbar sein. Es sollte über Maßnahmen nachgedacht werden, die eine gesunde Ernährung erleichtern und auch die nachhaltige Versorgung mit Lebensmitteln, deren Unbedenklichkeit sichergestellt wird, umfassen.

5.9.2

Die Wahl der Verbraucher wird vom Preis beeinflusst. Die Politik kann die Preise durch Besteuerung, Beihilfen oder direkte Preisfestsetzung so beeinflussen, dass der Verzehr gesundheitsstärkender Lebensmittel gefördert wird.

5.10   Medien

5.10.1

Die Medienindustrie hat mit den größten Einfluss, da sie auf den Alltag der Menschen einwirkt, und das häufig über das Unterbewusstsein. Durch das Engagement aller Medien, zusammen an einer einheitlichen europäischen „Kampagne“ zu arbeiten und bei ihrem Publikum über einen längeren Zeitraum hinweg auf einfache, aber kohärente Weise für sie zu werben, würde sichergestellt, dass die Kampagnenbotschaft schließlich jeden Einzelnen in Europa erreicht.

5.10.2

In einer Gesellschaft, in der Prominente, darunter auch Olympiasieger, als Vorbilder dienen, kann mehr getan werden, um sie in die Vermittlung der „Kampagnenbotschaft“ einzubeziehen.

5.10.3

Neue Medien, einschließlich Computerspiele und Internet, spielen bei Kindern und Jugendlichen eine wesentliche Rolle, vor allem auch, weil ihre Anwendung mit dem Anstieg der Zahl von Übergewichtigen in Verbindung steht.

5.10.4

Bei der Produktplatzierung und –werbung im Zusammenhang mit Filmen sollten gründliche Überlegungen über das mögliche Publikum angestellt werden. Dies gilt insbesondere für Kinderfilme.

5.11   Die Gesellschaft

5.11.1

Nichtregierungsorganisationen und Organisationen der Zivilgesellschaft würden gebeten, den Fragebogen auszufüllen. Die Organisationen könnten ersucht werden, konkrete Ressourcen, auch in Form von Sachleistungen, für die Bekanntmachung der Kampagne unter ihren Mitgliedern und Mitgliedsorganisationen bereitzustellen. Die wertvolle Arbeit dieser Organisationen vor Ort wird anerkannt und ist für das Gelingen jeder Initiative von wesentlicher Bedeutung.

5.11.2

Viele glauben, das Thema Übergewichtigkeit liege im Bereich der persönlichen Verantwortung. Zum Teil haben sie zwar Recht; es ist darüber hinaus jedoch auch eine Verantwortung der Gesellschaft, insbesondere der engagierten Kräfte auf örtlicher Ebene. Die Zivilgesellschaft und die Nichtregierungsorganisationen haben die wichtige Aufgabe, die Bürger zu einer vorausschauenden Einstellung zu bewegen und durch gemeinsamen Gedankenaustausch und örtliche Initiativen auf ihr Handeln einzuwirken. Dies könnte ganz einfach folgende Beispiele beinhalten: Schulen, die die Anlagen von Sportvereinen nutzen, örtliche Medien, die Kampagnen vor Ort fördern, ortsansässige Hersteller, die mit den Kommunalbehörden zusammenarbeiten, um Ausbildungshilfsmittel bereitzustellen, örtliche Landwirte, die die Schulen mit frischen Erzeugnissen beliefern. Ihr Ziel kann es sein zu gewährleisten, dass gesunde Lebensmittel verfügbar, erschwinglich, angemessen und nachhaltig sind.

5.11.3

Nichtregierungsorganisationen können die Strategie wirksam unterstützen, wenn sie mit nationalen und internationalen Partnern zusammenarbeiten, insbesondere um

die Mobilisierung der Basis anzuführen und dafür zu plädieren, dass das Thema gesunde Lebensführung in die öffentliche Agenda aufgenommen wird;

die weite Verbreitung von Informationen darüber, dass sich Übergewicht und Fettleibigkeit durch ausgewogene, gesunde Ernährung und körperliche Aktivität vorbeugen lässt, zu unterstützen;

Netzwerke und Aktionsgruppen zu bilden, um die Verfügbarkeit gesunder Lebensmittel und die Möglichkeiten für körperliche Betätigung zu fördern und für gesundheitsfördernde Programme und Aufklärungskampagnen zu plädieren;

Kampagnen und Veranstaltungen zu organisieren, die zum Handeln bewegen;

die Rolle der Regierungen bei der Förderung einer gesunden Lebensweise zu betonen, Fortschritte bei der Erreichung der Ziele zu überwachen und mit anderen Interessenträgern wie privatwirtschaftlichen Unternehmen zusammenzuarbeiten;

eine aktive Rolle beim Voranbringen der „Obesity Check“-Kampagne der EU zu spielen;

einen Beitrag zur Umsetzung von Wissen und Erkenntnissen in die Praxis zu leisten;

Vorbildfunktionen und vorbildliche Praktiken zu fördern, insbesondere im Zusammenhang mit der Rolle der Familie und der Eltern. Dabei ist es wichtig, dass sich die Vorbildfunktion auf die positiven Aspekte der Gesundheit und nicht auf das Körperbild konzentriert.

5.11.4

Körperliche Betätigung und Ernährungsweise unterscheiden sich je nach Geschlecht, Kultur und Alter. Die Entscheidungen über Essen und Ernährung werden häufig von Frauen getroffen und beruhen auf kulturellen Gegebenheiten und traditionellen Ernährungsweisen. In einzelstaatlichen Strategien und Aktionsplänen sollten solche Unterschiede deshalb berücksichtigt werden.

6.   Zukunftsaussichten im Falle der Untätigkeit

6.1   Folgeschäden

6.1.1

Die Übergewichtigkeit von Kindern ist eines der schwerwiegendsten Gesundheitsprobleme der Industrienationen und zunehmend auch der Entwicklungsländer. Die Prävalenz der Übergewichtigkeit nimmt bei Kindern sämtlicher Altersstufen zu.

6.1.2

Übergewichtige und vor allem fettleibige Kinder leiden an zahlreichen Begleiterkrankungen, von denen einige unmittelbar augenfällig sind und andere als Warnzeichen auf künftige Krankheiten hindeuten. Obwohl die Primärprävention letzten Endes die wirksamste Strategie zur Eindämmung der Epidemie ist, bedarf es auch einer Behandlung der heute fettleibigen Kinder, damit nicht nur ihre unmittelbare, sondern auch ihre langfristige Gesundheit verbessert wird.

6.1.3

Die Übergewichtigkeit bei Jugendlichen geht mit einer Reihe psychosozialer und medizinischer Komplikationen einher. Die häufigsten Folgen sind psychosoziale Störungen und soziale Isolation. Querschnittstudien legen ein umgekehrtes Verhältnis zwischen Gewicht einerseits und Selbstbewusstsein und Körpergefühl andererseits nahe, insbesondere bei Heranwachsenden. Bei weiblichen Teenagern führt Übergewicht häufig zu Körperunzufriedenheit, Schlankheitsdrang und Bulimie.

6.1.4

Die wichtigste Begleiterkrankung ist Typ-2-Diabetes, der zu Kreislaufstörungen, Nierenversagen und Blindheit führt. Einige Krebsarten (insbesondere Brustkrebs), Herz-Kreislauf-Erkrankungen einschließlich Bluthochdruck, Atemwegserkrankungen einschließlich Schlafapnoe, Lebererkrankungen, Depressionen sowie Gelenk- und Hautprobleme sind samt und sonders auf Fettleibigkeit zurückzuführen.

6.1.5

Einige gesundheitliche Auswirkungen der Übergewichtigkeit scheinen reversibel zu sein, wenn der Betreffende abnimmt.

6.2   Finanzielle Folgekosten

6.2.1

Übergewichtigkeit stellt eine erhebliche wirtschaftliche Belastung für die schon jetzt stark angeschlagenen Gesundheitssysteme dar und bürdet der Gesellschaft enorme finanzielle Kosten auf. Die Gesundheit ist ein entscheidender Faktor für die Entwicklung und ein Wegbereiter des Wirtschaftswachstums. Die Oberste Rechnungskontrollbehörde des Vereinigten Königreichs (UK National Audit Office) beziffert die wirtschaftlichen Folgen jährlich auf ca. 500 Mio. GBP an direkten Gesundheitskosten und weitere 2 Mrd. GBP an Folgekosten für die Wirtschaft.

6.2.2

Übergewichtigkeit ist in allen Gesellschaftsschichten anzutreffen, besonders häufig aber in sozial benachteiligten Gruppen, die am wenigsten Zugang zu sicheren Straßen und Parks haben und die preisgünstigsten Lebensmittel konsumieren, die häufig auch die mit dem höchsten Fett- und Zuckergehalt sind.

6.2.3

In den Industriegesellschaften weisen die Frauen, die als ältere Jugendliche oder junge Erwachsene übergewichtig waren, eine größere Tendenz zu niedrigen Familieneinkommen und geringeren Eheschließungsraten auf. Darüber hinaus können Übergewichtige auf soziale Ablehnung und Diskriminierung am Arbeitsplatz stoßen.

6.2.4

Proaktive Aktionen und Erziehungsmaßnahmen können heute dafür sorgen, dass die finanziellen Kosten in späteren Jahren reduziert werden können, wodurch mehr Investitionen in die nachhaltige Entwicklung Europas möglich werden.

6.3   Hin zur sozialen Verantwortung

Maßnahmen zur Bekämpfung von Übergewichtigkeit und Fettsucht entspringen — wie andere Maßnahmen auch — der zunehmenden Einsicht, dass die verschiedenen Schichten der Gesellschaft eine gemeinsame Verantwortung tragen, wobei die individuelle Freiheit gebührend respektiert werden muss. Dies umfasst u.a. Folgendes:

6.3.1   auf politischer Ebene

eine EU-Kommission und Regierungen der Mitgliedstaaten mit bilateralen Kommunikationsstrategien, verantwortungsbewussten Investitionen oder aktionsorientierten Initiativen zur Bekämpfung der Übergewichtigkeit;

Bildungssysteme, die eine gesunde Lebensweise fördern;

Gesundheitsdienste mit Ressourcen zur Förderung guter Gesundheit;

Planungsbehörden, die für Fahrradwege, Parks und Sportanlagen eintreten;

6.3.2   in der Wirtschaft

eine Lebensmittelindustrie, die sich am Bedarf der Verbraucher an erschwinglichen, nährstoffreichen Lebensmitteln ausrichtet;

Einzelhandelstrends, die dafür sorgen, dass gesunde Lebensmittel für alle verfügbar sind, auch in benachteiligten Gesellschaftsbereichen;

eine Landwirtschaft, die erschwingliche, frische und gesunde Erzeugnisse in ausreichender Menge liefert;

eine Verkehrsindustrie, die von der übermäßigen Pkw-Nutzung abrät und zu sicherem Gehen und Radfahren anregt;

eine Medienkultur, die von passivem Konsum abrät und für körperliche Bewegung wirbt;

6.3.3   in der Gesellschaft

eine familienorientierte Kultur, die dazu beiträgt, dass die Mahlzeiten zu Hause zubereitet und eingenommen werden können, sowie gesünderes Essen in Schulen, Krankenhäusern, sozialen Einrichtungen und Kantinen;

eine Veränderung hin zu nachhaltigen Verbrauchsmustern, mit denen die natürlichen Ressourcen bewahrt werden und die körperliche Aktivität gefördert wird;

ein sichereres städtisches Umfeld mit weniger Kriminalität und kontrolliertem Verkehr;

mehr Gleichbehandlung und soziale Integration, um zu gewährleisten, dass jeder Haushalt Zugang zu gesunden Lebensmitteln und sicheren Freizeitinfrastrukturen hat;

Unterstützung für Eltern und Fürsorgepersonen, um sicherzustellen, dass sie gesundheitsfördernde Entscheidungen für sich selbst und ihre Kinder treffen können.

6.3.4

Die Regierungen werden von den Menschen gewählt; die Menschen sind die wichtigste Einflussgröße der Gesellschaft — als Einzelpersonen, Gruppen oder Organisationen — und können etwas bewegen. Die Kosten müssen nicht immer finanzieller Art sein. Zusammen können wir etwas verändern, wenn die Frage nach der Schuld nicht gestellt und Verantwortung übernommen wird.

7.   Schlussfolgerung

Fettleibigkeit ist ein „gordischer Knoten“, in den psychologische, soziologische, wirtschaftliche, kulturelle, historische Aspekte und individuelle Verhaltensweisen hineinspielen.

Die WHO erklärte die krankhafte Fettsucht 1997 zur Krankheit und stufte die Fettleibigkeit 2005 als Krankheit ein. Krankhafte Fettsucht und Fettleibigkeit gehen aufgrund von gesundheitlichen Folgeschäden wie Typ-II-Diabetes, Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen mit einer erhöhten Sterblichkeit einher.

7.1

Es besteht die einmalige Chance, eine wirksame Strategie zur Verbesserung der Ernährung und Förderung körperlicher Aktivität zu formulieren und umzusetzen, wodurch die Sterbe- und Erkrankungsrate erheblich gesenkt werden könnte. Vieles deutet darauf hin, dass ein Zusammenhang zwischen den beiden genannten Aspekten eines gesundheitsgerechten Verhaltens und dem Auftreten späterer Erkrankungen und Beschwerden besteht. Effektive Maßnahmen, deren Ziel es ist, den Menschen ein längeres und gesünderes Leben zu ermöglichen, Ungleichheiten zu verringern und die Entwicklung voranzubringen, lassen sich mithilfe einer einfachen, deutlichen Kampagne konzipieren und umsetzen, bei der alle mitmachen und eingebunden sind und die im Nachhinein einer Bewertung unterzogen wird.

7.2

Um eine Veränderung der Gewohnheiten in Bezug auf die Ernährung und die körperliche Betätigung sowie eine gesunde Lebensweise herbeizuführen, sind Bemühungen zahlreicher Interessenträger — öffentlicher wie privater — über mehrere Jahrzehnte erforderlich. Es ist eine Veränderung der Denkweise, eine Schärfung des Problembewusstseins und Aufklärung über eine Kombination aus effektiven und effizienten Aktionen auf sämtlichen Ebenen sowie psychologische Unterstützung, eine engmaschige Überwachung und Bewertung ihrer Auswirkungen vonnöten. Darüber hinaus muss auch jeder Einzelne für die Veränderungen eintreten und Verantwortung übernehmen.

7.3

Durch die Mobilisierung des gesamten Potenzials der Zivilgesellschaft und der wichtigsten Interessenträger kann diese Vision zur Realität werden. „Ihr müsst die Veränderung sein, die ihr in die Welt bringen wollt“ Gandhi.

8.   Fragebogen im Vorfeld der Erarbeitung der EWSA-Initiativstellungnahme zum Thema Übergewichtigkeit — Verantwortung der Gesellschaft

Dieser Fragebogen dient gegenwärtig ausschließlich Sondierungszwecken; um Beantwortung und Rücksendung wird dennoch gebeten.

Die industrialisierte Welt des 21. Jahrhunderts schafft ein Umfeld, das Übergewichtigkeit in sehr starkem Maße fördert. Einige Ursachen liegen auf der Hand, andere sind weniger augenfällig. Die meisten werden von der Gesellschaft unterschätzt. Den größten Anlass zur Sorge geben der mangelnde Weitblick (Konsequenzen für künftige Generationen) und die Ablehnung jeglicher Verantwortung bzw. die Abwälzung der Schuldfrage auf andere.

Die Zahl übergewichtiger und fettleibiger Menschen ist in den letzten 30-50 Jahren drastisch angestiegen:

In der EU-25 gibt es 14 Millionen übergewichtige Kinder, von denen 3 Millionen fettleibig sind.

In vielen EU-Ländern ist mehr als die Hälfte der erwachsenen Bevölkerung übergewichtig, 20-30 % der Erwachsenen werden als fettleibig eingestuft.

Die Zahl der von Übergewicht und Fettleibigkeit betroffenen Kinder in den Ländern der Europäischen Union steigt jährlich um 400.000. In der gesamten EU-25 ist nahezu jedes vierte Kind betroffen.

10-20 % der Kinder in Nordeuropa sind übergewichtig; in Südeuropa und Großbritannien liegt die Zahl bei 20-35 %.

Kurzfristig: Die ausgefüllten Fragebogen zeugen vom Engagement und der Bereitschaft von Einzelpersonen und Organisationen/Unternehmen, andere in Bezug auf die Notwendigkeit einer veränderten Lebensweise zu sensibilisieren, aufzuklären und zu informieren. Die Erreichung der Ziele kann anhand der Zeit oder Ressourcen gemessen werden, die die Befragten für die Kampagne zur Verfügung stellen wollen. Beispiele für vorbildliche Praktiken können der Berichterstatterin zugeleitet werden.

Mit der Stellungnahme des EWSA soll der Versuch unternommen werden, eine die gesamte Gesellschaft einbeziehende Strategie zu entwickeln, um das Problem mit vereinten Kräften anzupacken. Es sollen von oben nach unten gerichtete Maßnahmen ergriffen werden, die von „Bottom-up“-Strategien begleitet werden, wodurch horizontale und vertikale Aktionen gefördert werden und ein jeder sich einbringt, sei es durch finanzielles oder zeitliches Engagement oder durch Beiträge in Form von Sachleistungen.

Ich möchte Ihr Engagement und das Ihrer Organisationen/Ihres Unternehmens ermitteln und wäre Ihnen dankbar, wenn Sie den vorliegenden Fragebogen auch an andere Personen weiterleiten würden, die sich äußern oder sich engagieren möchten.

Bitte senden Sie diesen Fragebogen ausgefüllt zurück, und zwar per E-Mail (madi.sharma@esc.eu.int), per Fax (0115 979 93 33) oder per Post (Madi Sharma, EESC, C/o 40 Ridge Hill, Lowdham, Notts. NG14 7EL, Großbritannien).

Zweck des folgenden Fragebogens ist es, dass Einzelpersonen und Organisationen/Unternehmen sich bereit erklären, eine gewisse Zeit (nach freier Wahl) bzw. eine anderweitige Leistung innerhalb ihrer Organisationen/ihres Unternehmens oder externer Gremien zur Verfügung zu stellen, um die Arbeit der GD Gesundheit und Verbraucherschutz zu unterstützen und für eine Kampagne zu werben, durch die das Bewusstsein der Menschen für eine gesunde Lebensführung geweckt werden soll. Um den Fortschritt messen zu können, ist es wichtig, dass dies quantifizierbar ist.

Beispiele:

Arbeitgeber und Arbeitgeberorganisationen könnten sich Gedanken über eine gesündere Lebensführung am Arbeitsplatz machen, unter anderem durch ein gesünderes Lebensmittelangebot — dies gilt insbesondere für Waren in Verkaufsautomaten -, sowie durch die Einrichtung von Sportstätten, Turnhallen oder Fitnessräumen. Kleinere Unternehmen könnten die Arbeitnehmer zu einer gesünderen Lebensweise ermuntern und ihnen entsprechende Unterstützung bieten. Ein Engagement außerhalb der Unternehmen, insbesondere im Bildungsbereich, wäre ebenfalls ein willkommene Unterstützung für die Kampagne. Dies stellt ein zeitliches Engagement von x Stunden/Monat dar.

Gewerkschaften und Arbeitnehmerorganisationen könnten ihren Mitgliedern eine ähnliche Botschaft vermitteln und die Arbeitnehmer auffordern, körperliche Aktivitäten wie Gehen oder Radfahren in ihren Alltag einzubinden. Die Arbeitnehmer könnten dann für ihre Familien und ihr gesellschaftliches Umfeld als Multiplikatoren fungieren.

Nichtregierungsorganisationen und insbesondere Verbraucherorganisationen könnten sich gemeinsam mit ihren Mitgliedern Zeit nehmen und ihren Beitrag dazu leisten, die Botschaft in anderen Einrichtungen und Gesellschaftsbereichen zu verbreiten.

Ich investiere 30 Minuten pro Monat, um in Schulen das Bewusstsein für eine gesündere Lebensweise zu wecken und mit Hilfe von Frauenorganisationen die Botschaft an Eltern weiterzugeben. Ich mache auch auf meine veränderte Lebensweise aufmerksam, nachdem ich durch Laufen und bewusste Ernährung 10 kg abgenommen habe.

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Brüssel, den 28. September 2005

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND