16.8.2006 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 192/8 |
Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu der „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen: ‚Mehr Gesundheit, Sicherheit und Zuversicht für die Bürger — Eine Gesundheits- und Verbraucherschutzstrategie‘“ und dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft in den Bereichen Gesundheit und Verbraucherschutz (2007-2013)“
(2006/C 192/02)
DER AUSSCHUSS DER REGIONEN
gestützt auf die Mitteilung der Kommission „Mehr Gesundheit, Sicherheit und Zuversicht für die Bürger — Eine Gesundheits- und Verbraucherschutzstrategie“ und den „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft in den Bereichen Gesundheit und Verbraucherschutz (2007-2013)“, KOM(2005) 115 endg. — 2005/0042 (COD);
aufgrund des Beschlusses des Rates vom 2. Juni 2005, ihn gemäß Absatz 1 der Artikel 265 und 152 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft um Stellungnahme zu ersuchen;
aufgrund des Beschlusses seines Präsidiums vom 12. April 2005, die Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik mit der Erarbeitung einer diesbezüglichen Stellungnahme zu beauftragen;
gestützt auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission „Reaktion auf den Reflexionsprozess auf hoher Ebene über die Patientenmobilität und die Entwicklung der gesundheitlichen Versorgung in der Europäischen Union“ und der Mitteilung der Kommission „Modernisierung des Sozialschutzes für die Entwicklung einer hochwertigen, zugänglichen und zukunftsfähigen Gesundheitsversorgung und Langzeitpflege: Unterstützung der einzelstaatlichen Strategien durch die offene Koordinierungsmethode“ (KOM(2004) 301 endg., KOM(2004) 304 endg.) (CdR 153/2004) (1);
gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission über die gesundheitspolitische Strategie der Europäischen Gemeinschaft“ und dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über ein Aktionsprogramm der Gemeinschaft im Bereich der öffentlichen Gesundheit (2001-2006)“ (KOM(2000) 285 endg.) (CdR 236/2000 fin) (2);
gestützt auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission „Stärkung der sozialen Dimension der Lissabonner Strategie: Straffung der offenen Koordinierung im Bereich Sozialschutz“ (KOM(2003) 261 endg.) (CdR 224/2003 fin) (3);
gestützt auf seine Stellungnahme zu dem „Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Dienstleistungen im Binnenmarkt“ (KOM(2004) 2 endg.) (CdR 154/2005) (4);
gestützt auf den am 28. November 2005 von der Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik angenommenen Stellungnahmeentwurf (CdR 149/2005 rev. 2) (Berichterstatterin: Frau Nielsen, Mitglied des Kreistags von Århus (DK/SPE));
verabschiedete auf seiner 63. Plenartagung am 15./16. Februar 2006 (Sitzung vom 16. Februar) folgende Stellungnahme:
Der Ausschuss der Regionen
1.1 |
stellt fest, dass in der Kommissionsmitteilung „Mehr Gesundheit, Sicherheit und Zuversicht für die Bürger — Eine Gesundheits- und Verbraucherschutzstrategie“ eine Zusammenlegung der Gesundheits- und Verbraucherpolitik angeregt wird, die Synergieeffekte beim Wissenstransfer, der Methodologie und dem effizienteren Einsatz der Verwaltungsressourcen ermöglicht; |
1.2 |
hebt das Bemühen der Kommission positiv hervor, dem Einzelnen bessere Möglichkeiten für gesundheitsbewusste Entscheidungen und gesündere Verbrauchergewohnheiten zu bieten. In der Mitteilung wird die große Bedeutung hervorgehoben, die die Gesundheit sowohl für das Wohlergehen der Bürger als auch für die Umsetzung der Lissabon-Strategie hat, denn ein besserer Gesundheitszustand der Bevölkerung trägt zur Produktivität Europas, zur Teilnahme der Arbeitskräfte am Erwerbsleben und zu nachhaltigem Wachstum bei. Ein Binnenmarkt für Waren und Dienstleistungen, der den Bedürfnissen und Anforderungen der Verbraucher entspricht, wird die Wettbewerbsfähigkeit der EU weiter erhöhen; |
1.3 |
betont, dass Gesundheits- und Verbraucheraspekte auch in anderen Politikfeldern der EU berücksichtigt werden sollten. Eine bessere Koordinierung der politischen Prozesse auf anderen Gebieten, z.B. der Beschäftigungspolitik und der Agrarpolitik, dürfte für das Erreichen der richtungsweisenden Zielsetzungen in den Bereichen Gesundheits- und Verbraucherschutz von Bedeutung sein. So ist es beispielsweise nicht zielführend, dass die EU in ihrem Haushalt für 2005 den Verzehr ungesunder Nahrungsmittel, wie etwa stark fetthaltige Molkereiprodukte, subventioniert bzw. die Tabakindustrie immer noch mit 916 Millionen EUR unterstützt — dieser Betrag übersteigt die 14,4 Millionen EUR, die die EU für die Prävention des Tabakkonsums aufwendet, bei weitem. Der Ausschuss zeigt sich daher erfreut, dass die Beihilfen für die Tabakindustrie bis Ende 2010 vollständig auslaufen sollen; |
1.4 |
unterstützt die Forderung nach der bereichsübergreifenden Festlegung eines Mindestkatalogs an Rechten für alle Verbraucher, wenn diese in einem Mitgliedstaat bzw. grenzüberschreitend erbrachte Leistungen der Daseinsvorsorge (z.B. Gas und Strom, Postdienstleistungen, Telekommunikation, Wasser) auf der Grundlage des Grundsatzes der Universaldiensterbringung (d.h. des individuellen Zugangs zu Leistungen der Daseinsvorsorge, die für die Teilhabe an der modernen Gesellschaft von grundlegender Bedeutung sind) in Anspruch nehmen. Dieser Bereich, in dem das Universaldienstprinzip weiterhin oberstes Gebot sein sollte, muss den Erwartungen der Verbraucher im Hinblick auf Zugang, Sicherheit, Verlässlichkeit, Preis, Qualität und Auswahl entsprechen; |
1.5 |
sieht weiterhin die Notwendigkeit einer Beobachtung der Auswirkungen des Binnenmarktes auf das Gesundheitswesen und die Verbrauchergewohnheiten in den Mitgliedstaaten. Die Wechselwirkung zwischen den Gemeinschaftsregeln und einzelstaatlichen Gesundheits- und Verbraucherpolitiken soll bei der Umsetzung der im Vertrag festgeschriebenen Sicherung eines hohen Gesundheits- und Verbraucherschutzschutzniveaus im Wege von Initiativen der Gemeinschaft bewertet werden; |
1.6 |
spricht sich für eine stärkere Berücksichtigung der Verbraucherinteressen in der Wettbewerbspolitik der Union aus. Dabei ist das Verhältnis zwischen Verbraucherschutz und Wettbewerbspolitik im Sinne von Artikel 81 und 82 des EG-Vertrags zu beachten, in denen als das Ziel der für Unternehmen geltenden Wettbewerbsregeln die Gewährleistung des Wettbewerbs auf den Märkten genannt wird, um so das Verbraucherwohl zu fördern; |
1.7 |
ist der Auffassung, dass Gemeinschaftsinitiativen auch auf ihre Auswirkungen auf den Bereich der Gesundheitspolitik hin geprüft werden müssen. Diese Untersuchungen sollen beinhalten, wie die Gesundheit der Bevölkerung von diesbezüglichen Beschlüssen betroffen wird, und nicht nur erfassen, wie sich die verschiedenen Maßnahmen auf die Organisation und die Struktur des Gesundheitswesens auswirken. Zudem soll in den Untersuchungen auch geprüft werden, welche Auswirkungen die Maßnahmen der EU auf die grundlegenden Werte haben, die dem Gesundheitswesen in den jeweiligen Mitgliedstaaten zugrunde liegen. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass ein und dieselbe Gemeinschaftsinitiative von Land zu Land unterschiedliche Auswirkungen zeitigen kann; |
1.8 |
plädiert für demokratische und transparente Entscheidungsprozesse und Verantwortungsstrukturen im Verbraucherbereich. Besonders wichtig ist, dass sich die Lebensmittelindustrie ökologische und gesundheitliche Perspektiven zu eigen macht und allen Bürgern ungeachtet ihres sozioökonomischen Hintergrunds frische und nahrhafte Lebensmittel bereitstellt. |
1.9 |
verwehrt sich dagegen, dass eine Zusammenlegung von Gesundheits- und Verbraucherpolitik dahingehend genutzt wird, dass Unternehmen ihre Produkte als „gesundheitsfördernd“ oder als „ärztlich empfohlen“ bewerben. Die Hersteller dürfen die Angst vor Krankheiten weder als verkaufsförderndes Argument nutzen noch die Verbraucher zu der irrigen Annahme verleiten, dass einzelne Lebensmittel einen Ersatz für eine gesunde und ausgewogene Ernährung darstellen können. Entscheidend ist, dass die Entwicklung auf dem Wege zu besserer Gesundheit und gesünderen Produkten unterstützt und der Irreführung der Verbraucher im Rahmen der europäischen Verbraucherpolitik ein Riegel vorgeschoben werden kann; |
1.10 |
unterstreicht, dass die Rechtsgrundlagen für die Gesundheits- und die Verbraucherschutzpolitik der Gemeinschaft vollkommen unterschiedlich sind. Gemäß Artikel 152 EGV „ergänzt die Tätigkeit der Gemeinschaft die Politik der Mitgliedstaaten“ im Gesundheitswesen. Die in Artikel 153 EGV verankerte Verbraucherschutzpolitik wiederum ist in großem Zuge Gegenstand eines gemeinsamen Ansatzes zur Förderung der Rechte der Verbraucher und zum Schutz ihrer Interessen, insbesondere in Bezug auf die Verwirklichung des Binnenmarkts. Die Forderung nach einer gemeinsamen Rechtsgrundlage für diese beiden Politikbereiche widerspricht daher dem Subsidiaritätsprinzip. Das EU-Verbraucherrecht darf nicht zum Einfallstor für Bestimmungen oder Gesetze im Gesundheitsbereich werden, die die Organisation und die Ausrichtung des Gesundheitswesens in den Mitgliedstaaten einschränken. Die Orientierung der Verbraucherschutzpolitik an den strengen Komplementaritäts- und Subsidiaritätskriterien, die für die Gesundheitspolitik maßgeblich sind, könnte sich hingegen nachteilig auf die Befugnisse der EU im Bereich Verbraucherschutz auswirken; |
1.11 |
ist daher der Ansicht, dass die Kommission als Titel ihrer Mitteilung und ihres Vorschlags für einen Beschluss statt von einer „Gesundheits- und Verbraucherschutzstrategie“ genauer von einer „Strategie für Bevölkerungsgesundheit und Verbraucherschutz“ sprechen sollte, da dies den in Artikel 152 beschriebenen Zuständigkeiten der EU entspricht; |
1.12 |
hebt hervor, dass die Zusammenlegung von Gesundheits- und Verbraucherpolitik nicht dazu führen darf, dass die Patienten im Gesundheitswesen und die Verbraucher am Markt auf eine Stufe gestellt werden. Der Markt für Gesundheitsleistungen unterscheidet sich in einer ganzen Reihe wesentlicher Punkte vom „normalen“ Markt für Verbraucher. Dies zeigt sich unter anderem an der Ungewissheit darüber, in welchem Umfang Gesundheitsleistungen in Anspruch genommen werden und welche Kosten hierfür anfallen. Auch hinsichtlich externer Auswirkungen bei der Inanspruchnahme der Gesundheitsleistungen herrscht Ungewissheit, und es lässt sich eine Informationsasymmetrie zwischen Anbieter und Verbraucher/Patient feststellen. Zudem sollte allen Bürgern — ungeachtet ihres sozioökonomischen Hintergrunds — gleichberechtigter Zugang bzw. gleiche Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen gewährleistet werden. Die Mitgliedstaaten müssen weiterhin die Möglichkeit haben, im erforderlichen Umfang Prioritäten zu setzen und durch Maßnahmen und Interventionen gegenzusteuern; |
1.13 |
empfiehlt, dass ungeachtet der Zusammenlegung der Bereiche Gesundheits- und Verbraucherschutz in einem gemeinsamen Programm deren Besonderheiten auch künftig Rechnung getragen werden muss. Dies kann durch die Zweckbindung der Mittel für die Gesundheits- bzw. für die Verbraucherpolitik geschehen. Im Programm der Kommission wird ausführlich die Mittelverteilung im Zeitraum 2007-2013 beschrieben. So weit dies machbar ist, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, im weiteren Programmverlauf die Prioritäten umzuschichten, etwa im Zuge der geplanten Bewertung nach drei Jahren. Dies wäre mit der Absicht des Programms, mit flexiblen Aktionsplänen zu arbeiten, vereinbar; |
1.14 |
räumt ein, dass in bestimmten Bereichen des Gesundheitswesens eine stärkere Koordinierung zwischen den Mitgliedstaaten im Wege der Methode der offenen Koordinierung wünschenswert erscheint. Dies gilt etwa für die Patientenmobilität und die Ausbildung und Anwerbung von Personal für das Gesundheitswesen; |
1.15 |
vertritt die Auffassung, dass die Voraussetzungen für einen guten Gesundheitszustand der Bevölkerung in ihrer unmittelbaren Umgebung geschaffen werden. Die Einrichtungen des Gesundheitswesens sind dabei nicht allein ausschlaggebend. Im Bereich Gesundheit sind in etlichen Mitgliedstaaten die regionalen und lokalen Behörden für das Gesundheitswesen und die Gesundheit der Bevölkerung ihrer Gemeinden zuständig. Der Ausschuss der Regionen und die für diese Bereiche zuständigen regionalen und lokalen Gebietskörperschaften sollten mithin Einfluss auf die übergeordnete Gesundheitsstrategie der Union ausüben können. Insbesondere sollte der Standpunkt des AdR in Bezug auf Beschlüsse und Initiativen, die die Aufgaben der lokalen und regionalen Behörden im Bereich der Gesundheitsversorgung und ihre Zuständigkeiten im Bereich der Gesundheit der Bevölkerung berühren, berücksichtigt werden. So wird erwartet, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, etwa bei Umsetzung der Initiativen zur Entwicklung von Gesundheitsindikatoren und Leistungsvergleichen („Benchmarking“), einbezogen werden und diese beeinflussen, etwa bei Themen wie Eigenverantwortung oder Beeinflussung im Zusammenhang mit der psychischen Gesundheit, Diät und Ernährung sowie Alkohol; |
1.16 |
spricht sich dafür aus, dass die Zivilgesellschaft zur Teilnahme an der Entwicklungsarbeit und zu Beiträgen ermuntert werden sollte. Die Mitsprache der Bürger bei der Gesundheits- und der Verbraucherpolitik der EU muss gesichert werden. Wichtig ist, dass relevante Netze im Gesundheits- und Verbraucherbereich auf Gemeinschaftsebene unterstützt und gehört werden. Dies gilt zum Beispiel für Verbraucherorganisationen, Vereine zur Wahrung der Interessen von Patienten und sonstige fachlich relevante Netze; |
1.17 |
weist darauf hin, dass die Kommission sicherstellen muss, dass die Mitarbeiter der Exekutivagentur die notwendigen Qualifikationen vorweisen, um das Programm der Kommission umzusetzen und durchzuführen. Gemeint sind hier Qualifikationen im Bereich Verbraucher- bzw. Gesundheitsschutz, aber auch interdisziplinäre Qualifikationen; |
1.18 |
ist der Auffassung, dass den neuen Mitgliedstaaten besondere Aufmerksamkeit zuteil werden muss, damit den gemeinsamen und künftigen Herausforderungen im Gesundheits- und Verbrauchssektor begegnet werden kann. Die neuen Mitgliedstaaten sollten ganz bewusst bei der Entwicklung ihrer Gesundheits- und Verbraucherinteressen unterstützt werden, um so die Unterschiede und Ungleichheiten im Gesundheitsbereich in der EU anzugehen, damit eine allmähliche Annäherung an das höchste Niveau in der Union erfolgt. So ist es zum Beispiel unbefriedigend, dass den Erhebungen von Eurostat zufolge die mittlere Lebenserwartung in den neuen Mitgliedstaaten im Vergleich zu den alten Mitgliedstaaten weitaus geringer ist; |
1.19 |
begrüßt es, dass im Rahmen des vorgeschlagenen Kommissionsprogramms Strukturfondsmittel (Europäischer Fonds für regionale Entwicklung 2007-2013) für die Verbesserung der Gesundheit der Bevölkerung eingesetzt werden können. Wichtig ist dem Ausschuss der Hinweis, dass diese Mittel lediglich in der Anfangsphase der Projekte, nicht jedoch zu deren kontinuierlicher Durchführung genutzt werden sollten; |
1.20 |
hält es für angezeigt, den EU-Nachbarstaaten besondere Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, damit den gemeinsamen und künftigen Herausforderungen im Gesundheits- und Verbrauchssektor begegnet werden kann. Diese Länder sollten ganz bewusst bei der Entwicklung ihrer Gesundheits- und Verbraucherinteressen unterstützt werden, um so die Unterschiede und Ungleichheiten in diesem Bereich innerhalb der EU und an ihren Rändern zu verringern; |
1.21 |
unterstreicht, dass durch die Zusammenlegung von Verbraucher- und Gesundheitsbelangen auch für einen größeren Ausgleich innerhalb der Mitgliedstaaten gesorgt werden kann, da die sozioökonomischen Unterschiede oftmals der Grund für die unterschiedliche Situation im Gesundheits- und Verbraucherbereich sind. Die Ungleichheiten innerhalb der bzw. zwischen den Mitgliedstaaten müssen besondere Aufmerksamkeit erfahren. Eine stärkere Konzentration auf Randgruppen — dazu zählen etwa Niedriglohnempfänger, Übergewichtige und ethnische Minderheiten — ist unerlässlich, damit die richtungsweisende Zielsetzung gleicher Möglichkeiten für alle Wirklichkeit wird. Wichtig ist auch, dass die Eigenverantwortung der Bürger für ihre Gesundheit deutlich gemacht wird. Eine Gesundheits- und Verbraucherpolitik, die gesundheitsbewusste Entscheidungen fördert, ist wünschenswert, da so die durch den Lebensstil bedingten Krankheiten bekämpft werden können. Forschungen haben ergeben, dass Randgruppen öfter von Gesundheitsproblemen und durch die Lebensweise verursachten Krankheiten betroffen sind. Dadurch, dass Randgruppen geholfen wird, „gesunde“ Entscheidungen zu treffen, können sozioökonomische Ungleichheiten gemildert werden; |
1.22 |
ist der Auffassung, dass die von der Kommission zu verbreitenden Informationen für die Empfänger von Nutzen sein sollen. Es sollen Methoden für den zielgerichteten Einsatz der Informationskampagnen entworfen werden, sodass die gewünschten Zielgruppen erreicht werden können. Geplant ist, interaktiven Vermittlungs- und Informationskampagnen den Vorzug vor dem Versand gleichförmigen Informationsmaterials zu geben. Bei der Verbreitung von Informationen über die Themen Gesundheit und Verbraucherschutz könnte es sich als besonders zweckmäßig erweisen, speziell Kinder und Jugendliche anzusprechen, um schon zu einem frühen Zeitpunkt einer schlechten Lebensweise entgegenzuwirken, die langfristige Konsequenzen für die Gesundheit hätte. Hierbei kann Kindergärten, Schulen und Vereinen eine wichtige Funktion zukommen; |
1.23 |
fordert die Kommission dazu auf, bei ihrer Informationstätigkeit das Recht der einzelnen Mitgliedstaaten zu berücksichtigen, Regeln im Hinblick auf die Rechte und Pflichten bei der Kostenträgerschaft im Gesundheitswesen entsprechend dem System der sozialen Sicherheit des jeweiligen Mitgliedstaats sowie die für verschiedene Leistungen und Verbraucherrechte geltenden Bedingungen festlegen zu dürfen; |
1.24 |
empfiehlt, dass die Informationen dort zugänglich gemacht werden, wo sie von den Bürgern nachgefragt werden; ferner sollten sie von kompetenter Beratung in den einzelnen Mitgliedstaaten begleitet werden. Die Aufklärung der Randgruppen fällt in die lokale und regionale Zuständigkeit. Auch schutzbedürftige Patientengruppen müssen Zugang zu Informationen zu Gesundheits- und Verbraucherthemen haben. Einheitliches Informationsmaterial für alle Bürger würde die Ungleichheiten zwischen den verschiedenen Gesellschaftsgruppen in den einzelnen Mitgliedstaaten nur noch vergrößern, da Untersuchungen ergeben haben, dass gerade die finanziell besser gestellten Gruppen über Informationskampagnen besser anzusprechen sind als benachteiligte Gesellschaftsgruppen. Wenn die Kampagnen erfolgreich sein sollen, müssen die lokale und die regionale Ebene in die Bemühungen eingebunden werden; |
1.25 |
fordert die Kommission dazu auf, bei der Datenerfassung und der Planung von Informationskampagnen mit der Entwicklung in Technologie und Kommunikation Schritt zu halten. Technologie und Kommunikation entwickeln sich in Atem beraubendem Tempo. Hier gilt es, stets auf dem neuesten Stand zu sein, soll auch künftig eine Öffentlichkeitswirkung gegeben sein; |
1.26 |
stellt fest, dass der Markt für Lebensmittel aus landwirtschaftlicher Erzeugung weitgehend von Einfuhren aus Drittländern bestimmt wird, in denen die Gesundheits- und Echtheitsgarantien möglicherweise hinter den europäischen Sicherheitsstandards zurückbleiben, weshalb den Verbrauchern klare, umfassende Informationen über die Rückverfolgbarkeit dieser Erzeugnisse gegeben werden müssen, damit sie bewusste Kaufentscheidungen treffen können; |
1.27 |
begrüßt es, dass sich die Kommission auf wenige, aber groß angelegte und öffentlichkeitswirksame Informationskampagnen beschränken will. Dies ermöglicht ein kosteneffizientes Arbeiten. Wichtig ist, dass das gemeinsame Sekretariat nicht nur nach der Quantität der ausgeführten Projekte, sondern auch nach der schlussendlichen Wirkung dieser Projekte beurteilt wird; |
1.28 |
fordert die Kommission auf, die Entwicklung eines Netzes zum Austausch von Erfahrungen und zur Verbreitung vorbildlicher Verfahrensweisen zu fördern, sind sie doch ein elementarer Bestandteil der Methode der offenen Koordinierung. Der Ausschuss sollte hier mit einbezogen werden, und es ist dafür Sorge zu tragen, dass die regionalen und lokalen Gebietskörperschaften, die für das Gesundheitswesen zuständig sind, Einfluss auf die übergeordnete Gesundheitsstrategie der Gemeinschaft ausüben können; |
1.29 |
unterstreicht, dass die Kommission engen Kontakt mit der Welt der Forschung pflegen sollte, um die Glaubwürdigkeit und die Sachlichkeit ihrer Informations- und Vorbeugungskampagnen zu wahren. Eine strukturierte und koordinierte Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zum Zweck des Erfahrungsaustauschs, des Wissenstransfers und der Erforschung der Entwicklung im Gesundheits- und Verbraucherschutz könnte einen bedeutenden Zugewinn für die Mitgliedstaaten darstellen, was der Ausschuss auch in seiner Stellungnahme zum siebten Rahmenprogramm für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration (CdR 155/2005 fin) hervorgehoben hat. Dies sollte im Einklang mit dem europäischen Forschungsrahmenprogramm geschehen; |
1.30 |
ist der Ansicht, dass die Mitgliedstaaten Zugriff auf verlässliche Daten und qualitativ hochwertige Informationen haben müssen, wollen sie vorbildliche Verfahrensweisen fördern und Standards vergleichen und dadurch die notwendigen Voraussetzungen für die Durchführung der zahlreichen vorgeschlagenen Initiativen auf dem Gebiet des Gesundheits- und Verbraucherschutzes schaffen. Die Einrichtung bzw. Festlegung gemeinsamer Datenbanken und Indikatoren sollte in Zusammenarbeit mit anderen einschlägigen Akteuren sowie in Absprache mit den Vereinten Nationen, der OECD, dem Europarat und der WHO geschehen. Es ist an den einzelnen Mitgliedstaaten, auf der Grundlage der erfassten vergleichbaren Daten und Informationen Maßnahmen zu ergreifen und neue Initiativen einzuleiten; |
1.31 |
begrüßt es, dass die Mittel im Verhältnis zu den beiden bestehenden Programmen beträchtlich aufgestockt werden. Dadurch wird klar signalisiert, dass Gesundheits- und Verbraucherschutz sowohl für die Lebensqualität des einzelnen EU-Bürgers als auch für die Wettbewerbsfähigkeit der gesamten Union bedeutsam ist; |
1.32 |
stellt fest, dass die Verhandlungen über die Finanzierungsgrundlage noch nicht abgeschlossen sind. Die endgültige Höhe der Mittel ist von den noch laufenden Verhandlungen über die Finanzielle Vorausschau für 2007-2013 abhängig. Der Ausschuss der Regionen würde es befürworten, diesen Bereich — wie im Programm und in der Strategie angeregt — besser finanziell auszustatten. |
Brüssel, den 16. Februar 2006
Der Präsident
des Ausschusses der Regionen
Michel DELEBARRE
(1) ABl. C 43 vom 18.2.2005, S. 22.
(2) ABl. C 144 vom 16.5.2001, S. 43.
(3) ABl. C 73 vom 23.3.2004, S. 51.
(4) ABl. C 43 vom 18.2.2005, S. 13.