17.3.2006   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 65/120


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament — Das Haager Programm: Zehn Prioritäten für die nächsten fünf Jahre — Die Partnerschaft zur Erneuerung Europas im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“

(KOM(2005) 184 endg.)

(2006/C 65/22)

Die Kommission beschloss am 10. Mai 2005, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu obenerwähnter Vorlage zu ersuchen.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 14. November 2005 an. Berichterstatter war Herr PARIZA.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 422. Plenartagung am 14./15. Dezember 2005 (Sitzung vom 15. Dezember) mit 98 gegen 2 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einführung

1.1

Das zweite Mehrjahresprogramm zur Schaffung eines gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union — das „Haager Programm“ — wurde vom Europäischen Rat auf seiner Tagung vom 4./5. November 2004 angenommen (1). In dem Programm wird in Bezug auf die Politikbereiche, die zur Entwicklung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR) beitragen sollen, die allgemeine Ausrichtung sowie die Ausrichtung in bestimmten Bereichen für die nächsten fünf Jahre (2005-2009) festgelegt.

1.2

Der Europäische Rat hat die Europäische Kommission ersucht, einen Aktionsplan vorzulegen, mit dem die im Haager Programm erläuterten Ausrichtungen in konkrete Maßnahmen umgesetzt werden. So veröffentlichte die Europäische Kommission am 10. Mai 2005 eine Mitteilung mit dem Titel „Das Haager Programm: Zehn Prioritäten für die nächsten fünf Jahre — Die Partnerschaft zur Erneuerung Europas im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ (2), in der die strategischen Ziele für die kommenden fünf Jahre umrissen werden. Ferner enthält die Mitteilung einen Zeitplan für die Annahme einer Reihe von Maßnahmen und Legislativinitiativen in diesem Bereich.

2.   Fazit

2.1

Fünf Jahre nach Tampere sind die vorgesehenen Ziele noch nicht erreicht worden. Die EU ist noch kein gemeinsamer Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Das Haager Programm ist zwar weniger ehrgeizig, doch sind seine Ziele von großer Bedeutung.

2.2

Die Schaffung eines wirklichen gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erfordert ein angemessenes Gleichgewicht zwischen allen drei Komponenten. Im Haager Programm wird dieses Gleichgewicht nicht ausreichend gewahrt. Die auf dem Gebiet der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ergriffenen Maßnahmen müssen die Werte der Freiheit und des Rechts schützen. Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss ist der Auffassung, dass der in der europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten und die Charta der Grundrechte der EU die Grundlage dieser Politik sein müssen.

2.3

Der EWSA wünscht eine effiziente Sicherheitspolitik, die die Bürger im Rahmen der Rechtsstaatlichkeit in einer freien und offenen Gesellschaft unter Achtung des Gesetzes und der Gerechtigkeit verteidigt. An dem Tag, an dem im Namen der Terrorismusbekämpfung unverhältnismäßige Rechtsvorschriften angenommen werden, die die Menschenrechte der Sicherheit opfern, haben wir den Terroristen zu ihrem ersten Sieg verholfen. Die europäische Zivilgesellschaft muss diesbezüglich eine kritische und aktive Rolle spielen.

2.4

Der EWSA wünscht eine Weiterentwicklung der Unionsbürgerschaft — eine aktive Unionsbürgerschaft. Er schlägt eine bessere, offenere, gerechtere und integrationsfähigere Unionsbürgerschaft ohne jegliche Diskriminierung vor.

2.5

Die EU braucht ein gemeinsames Asylverfahren und ein einheitliches Statut auf der Grundlage der Genfer Konvention.

2.6

Es ist wichtig, dass die EU über eine gemeinsame Einwanderungspolitik mit einer harmonisierten Gesetzgebung verfügt, und zwar nicht nur, um die irreguläre Einwanderung zu verhüten und gegen kriminelle Netzwerke von Menschenhändlern anzugehen, sondern auch, um mithilfe legaler, transparenter und flexibler Verfahren neue Einwanderer zuzulassen.

2.7

Den Einwanderern und Asylbewerbern muss eine gerechte Behandlung unter Achtung der Menschenrechte, der Charta der Grundrechte und der Antidiskriminierungsgesetze zugesichert werden. Es muss eine Politik der Aufnahme und Integration erarbeitet werden.

2.8

Das Haager Programm muss die Freiheit, die Sicherheit und das Recht stärken und die Effizienz und Legitimität, das gegenseitige Vertrauen, die Gleichheit und Verhältnismäßigkeit festigen. Deshalb müssen der gemeinschaftliche Besitzstand und das gesamte verfügbare institutionelle Instrumentarium genutzt werden.

2.9

Die gegenwärtige rechtliche und institutionelle Komplexität dieser Politikfelder muss beseitigt werden. Die Tatsache, dass viele dieser Fragen auf zwischenstaatlicher Ebene entschieden werden (dritte Säule), erschwert die Effizienz und schränkt die Möglichkeiten der Gemeinschaftsmethode ein. Der Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa gibt eine effiziente und kohärente Antwort auf viele der Probleme, die auf dem Gebiet der Zusammenarbeit in Fragen der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bestehen.

2.10

Der Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa enthält zwar neue Rechtsgrundlagen für die Entwicklung dieser Politikfelder, doch umfasst auch der derzeit geltende Vertrag nützliche Instrumente, die eingesetzt werden müssen.

2.11

Der europäische Raum des Rechts muss auf dem Vertrauen und der gegenseitigen Anerkennung der justiziellen Entscheidungen beruhen. Zudem sind neue Rechtsinstrumente erforderlich.

2.12

Es muss gewährleistet sein, dass jede der rechtlichen Maßnahmen in Bezug auf „die Sicherheit“ regelmäßig einer erschöpfenden Bewertung und einer demokratischen Kontrolle seitens des Europäischen Parlaments und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften unterzogen wird. Nur so wird erreicht, dass auch wirklich ein gemeinsamer Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Europäischen Union entsteht.

2.13

Keines der im Haager Programm und dem Aktionsplan dargelegten Ziele kann ohne angemessene finanzielle Mittel erreicht werden — die Europäische Kommission hat drei Rahmenprogramme vorgelegt (April 2005), die Gegenstand der entsprechenden Stellungnahmen (3) des EWSA sind.

3.   Allgemeine Bemerkungen

3.1

Nach der Vergemeinschaftung der Aspekte Justiz und Inneres mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam 1999 wurde auf der Tagung des Europäischen Rates von Tampere (15./16. Oktober 1999) das erste Mehrjahresprogramm in diesen Politikbereichen verabschiedet — das Programm von Tampere.

3.2

Fünf Jahre danach sind nach Ansicht des Rates große Fortschritte in Richtung der Schaffung eines gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erzielt worden: „Das Fundament einer gemeinsamen Asyl- und Einwanderungspolitik wurde gelegt, die Harmonisierung der Grenzkontrollen vorbereitet, die polizeiliche Zusammenarbeit verbessert und das Terrain für eine auf dem Prinzip der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen beruhende justizielle Zusammenarbeit weitgehend vorbereitet“  (4) .

3.3

Aus dem jüngsten der von der Kommission zweimal jährlich vorgelegten Ergebnisberichte, dem „Fortschrittsanzeiger“, der den Zeitraum bis Mitte 2004 umfasst (5), geht jedoch hervor, dass in den verschiedenen Politikbereichen nicht das erhoffte Maß an Konvergenz erreicht wurde.

3.4

Es sollte berücksichtigt werden, dass es äußerst schwierig ist, in den Bereichen Freiheit, Sicherheit und Recht zu gemeinsamen Maßnahmen und harmonisierten Normen zu gelangen, da die Rechtssysteme, die politischen Ausrichtungen und bisweilen auch die einzelstaatlichen Interessen auseinander gehen. Die Erfahrung der europäischen Integration in anderen Politikfeldern zeigt allerdings, dass die Hindernisse mit dem festen politischen Willen der Mitgliedstaaten und unter der klaren Führung der Kommission überwunden werden können.

3.5

Nach Auffassung des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses (EWSA) ist die Gesamtbilanz nicht zufrieden stellend. Viele der besonderen Ziele, auf die man sich in Tampere verständigt hatte, sind nicht erreicht worden, und zahlreiche angenommene Maßnahmen haben nicht den erwarteten Erfolg gebracht.

3.6

Mit dem Haager Programm soll nun die schwierige Aufgabe fortgeführt werden, die Schaffung eines gemeinsamen Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts voranzutreiben und diesen zu festigen. Die sich stellenden Herausforderungen sind mannigfaltig und komplex (6).

3.7

Im Unterschied zu dem Programm von Tampere werden mit dem Haager Programm keine neuen Politiken eingeführt. Der verfolgte Ansatz ist nicht sehr ehrgeizig und beruht auf der Notwendigkeit, die im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts bereits bestehenden Politiken effizienter umzusetzen und zu bewerten.

3.8

Auch werden mit Hilfe des Programms nicht die erforderlichen Instrumente für einen erfolgreichen Abbau der Hindernisse bereitgestellt, die einer besseren Konvergenz der Politiken bislang im Wege standen. Der EWSA ist der Ansicht, dass aufgrund der nicht sehr ehrgeizigen Zielsetzung des Haager Programms kein kohärenter, qualitativ hochwertiger, umfassender und effizienter Rechtsrahmen erreicht werden wird, durch den ein Gleichgewicht zwischen Freiheit, Sicherheit und Recht gewährleistet werden kann.

3.9

Die besagten Hindernisse sind nach wie vor in den Politiken der Mitgliedstaaten verwurzelt: Mangel an Effizienz, Solidarität und Transparenz, fehlendes gegenseitiges Vertrauen sowie ein unausgewogenes Verhältnis und Gleichgewicht zwischen Freiheit, Sicherheit und Recht.

3.10

Der EWSA begrüßt, dass die Europäische Kommission die Verteidigung und Garantie der Grundrechte und der Unionsbürgerschaft als erste der zehn Prioritäten für die Entwicklung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in den kommenden fünf Jahren in ihren Aktionsplan aufgenommen hat.

3.11

Als positiver Aspekt kann herausgestellt werden, dass parallel zu der Annahme des Haager Programms beschlossen wurde, das Mitentscheidungsverfahren sowie die Beschlussfassung mit qualifizierter Mehrheit auf alle Maßnahmen des Titels IV anzuwenden. Somit wird zumindest ein weiteres der wichtigsten Hindernisse abgebaut, die bisher bestanden. Der EWSA bedauert jedoch, dass der Bereich der irregulären Einwanderung von dieser Maßnahme ausgeschlossen blieb.

3.12

In dem Punkt „Ausrichtung in bestimmten Bereichen“ des Haager Programms werden die spezifischen Elemente des Aspekts „Sicherheit“ unvorteilhaft mit denen des Aspekts „Freiheit“ vermengt. Politikbereiche, die unmittelbar mit der Sicherheit verknüpft sind, stehen klar im Vordergrund, werden jedoch mit Aspekten der Freiheit und des Rechts vermischt. Dies ist beispielsweise der Fall bei den Initiativen, die auf der Einführung biometrischer Systeme und neuer Technologien, der Interoperabilität von Datenbanken, besseren Kontrollen an Binnen- und Außengrenzen und einer effizienteren Bekämpfung irregulärer Einwanderung beruhen und die paradoxerweise alle unter der Überschrift „Stärkung der Freiheit“ behandelt werden.

3.13

Wenn Freiheit, Sicherheit und Recht umfassend gestärkt werden sollen, muss streng darauf geachtet werden, dass ein ausgewogenes und angemessenes Gleichgewicht zwischen diesen drei Dimensionen gewahrt wird, damit die grundlegenden Werte (Menschenrechte und Grundfreiheiten) und demokratischen Prinzipien (Rechtsstaatlichkeit), über die in der gesamten Europäischen Union Konsens besteht, nicht beschädigt werden. Die Freiheit darf nicht unter Berufung auf das Ziel der Sicherheit eingeschränkt werden. In einigen Politikvorschlägen wird derselbe Fehler begangen wie bereits in der Vergangenheit, nämlich ein Stück Freiheit aufzugeben, um die Sicherheit zu verbessern. Die Geschichte lehrt uns, dass es offenen und freien Gesellschaften besser gelingt, die Sicherheit effizient zu verteidigen. Der Schutz der grundlegenden Menschenrechte bildet die Grundlage der Werte, die wir Europäer heute teilen. Wenn im Namen des Kampfes gegen den Terrorismus unangemessene Gesetze erlassen werden, die die Menschenrechte zugunsten der Sicherheit opfern, wird den Terroristen ihr erster Sieg zugespielt. Die Werte, die uns Terroristen gegenüber stark machen, sind die freiheitlichen Werte. Die europäische Politik muss die Grundrechte und die Freiheit effizient sichern und schützen.

3.14

Dieses mangelnde Gleichgewicht der Gemeinschaftspolitiken ist ebenfalls in der Finanziellen Vorausschau festzustellen, da der Großteil der Haushaltsmittel sicherheitsrelevanten Angelegenheiten zugute kommt (7).

3.15

Aufgabe des Haager Programms muss es sein, die Effizienz und Legitimität, das gegenseitige Vertrauen, die Gleichheit und Verhältnismäßigkeit sowie ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Freiheit, Sicherheit und Recht zu fördern, zu stärken und zu festigen. Die derzeitige rechtliche und institutionelle Komplexität muss überwunden und es muss strikt gewährleistet werden, dass die sicherheitsrelevanten Politiken einer angemessenen demokratischen Kontrolle durch das Europäische Parlament und einer rechtlichen Überwachung durch den Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Luxemburg unterliegen.

3.16

Der wirkungsvollste Weg, sich den Herausforderungen zu stellen, die die Europäische Union in diesem Jahrhundert zu bewältigen hat, ist die Förderung und der strenge Schutz der „Freiheit“. Dies gilt auch für die Handhabung terroristischer Bedrohungen.

3.17

Menschenrechtsorganisationen und den verschiedenen Organisationen der Zivilgesellschaft kommt bei der Gestaltung der Politiken, die sich aus dem Haager Programm ableiten, eine äußerst wichtige Rolle zu. Der EWSA wird sich weiterhin darum bemühen, eine Politik der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern und zivilgesellschaftlichen Organisationen anzustoßen, um sicherzustellen, dass bei der Ausgestaltung des Haager Programms in der Europäischen Union ein angemessenes Gleichgewicht gewahrt wird.

3.18

Der EWSA wird auch weiterhin eine Politik des Miteinanders von Sozialpartnern und organisierter Zivilgesellschaft anregen, um bei der Entwicklung des Haager Programms ein angemessenes Gleichgewicht in der EU zu gewährleisten, denn Freiheit, Sicherheit und Recht sind Teil des Allgemeininteresses der Gesellschaft, das Unternehmen, Sozialpartner und Nichtregierungsorganisationen teilen.

3.19

Die Zeit der Ungewissheit nach den Referenden in Frankreich und den Niederlanden ist eine neue Herausforderung für die Gestaltung der Einwanderungs- und Asylpolitik sowie hinsichtlich aller Aspekte, die Gegenstand des im Haager Programm angestoßenen Aktionsplans sind. Der Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa enthält zwar neue Rechtsgrundlagen für die Entwicklung dieser Politikfelder, doch umfasst auch der derzeit geltende Vertrag nützliche Instrumente, die es einzusetzen gilt.

4.   Besondere Bemerkungen zur Stärkung der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts

4.1   Stärkung der Freiheit

4.1.1

Die Achtung der Grundrechte und -freiheiten ist einer der wesentlichen Pfeiler des europäischen Aufbauwerks und ein Hauptziel der Europäischen Union. Die Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts muss von der Grundvoraussetzung der vollständigen Achtung der Freiheit in all ihren Aspekten ausgehen, wie sie u.a. in Schlüsselinstrumenten wie der Europäischen Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und der Genfer Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge festgeschrieben ist.

4.1.2

Im Haager Programm wird darauf hingewiesen, der Europäische Rat begrüße es, dass der Aufgabenbereich der Europäischen Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ausgeweitet und sie in eine Europäische Agentur für Grundrechte zum Schutz und zur Förderung der Grundrechte umgewandelt wird. Die Europäische Kommission hat Ende Juni 2005 einen Vorschlag für eine Verordnung zur Errichtung der Agentur (8) vorgelegt. Die Agentur wird bezüglich des Aspekts der Freiheit eine Schlüsselrolle spielen, da sie den Gemeinschaftsinstitutionen und den Mitgliedstaaten die Mittel zur Erfüllung ihrer Verpflichtung an die Hand geben wird, die Grundrechte bei der Erarbeitung und Umsetzung der Gemeinschaftspolitiken zu achten. Ferner wird die Agentur ein hervorragendes Bindeglied zur Zivilgesellschaft sein.

4.1.3   Unionsbürgerschaft

4.1.3.1

Soll die Unionsbürgerschaft aufgewertet werden und aktiver, offener, integrativer sowie diskriminierungsfrei sein, so müssen die Hindernisse abgebaut werden, die der Wahrnehmung bereits festgelegter Rechte derzeit noch im Wege stehen. Gleichzeitig ist in einigen besonderen Bereichen eine Ausweitung der Rechte vonnöten.

4.1.3.2

Die Ausübung einiger mit der Unionsbürgerschaft verknüpfter Rechte gestaltet sich noch als schwierig, so z.B. die Freizügigkeit innerhalb der EU oder das aktive und passive Wahlrecht bei Kommunalwahlen und den Wahlen zum Europäischen Parlament. Es müssen Maßnahmen entwickelt werden, die diese Schwierigkeiten zu beseitigen vermögen. Zudem sind die Anti-Diskriminierungsrichtlinien von einigen Mitgliedstaaten unzureichend in ihr nationales Recht umgesetzt worden.

4.1.3.3

Die Bürger der neuen Mitgliedstaaten müssen möglichst schnell in den Genuss sämtlicher aus der Unionsbürgerschaft erwachsender Rechte kommen. Die vorübergehende Einschränkung ihrer Rechte stellt einen misslichen Zustand dar, der bald behoben werden muss. Durch diese Einschränkungen entstehen für die betroffenen Bürger zahlreiche arbeitsbezogene und soziale Probleme, und sie führen zu der inakzeptablen Diskriminierung, dass sie als „Bürger zweiter Klasse“ erachtet werden.

4.1.3.4

Der EWSA hat die Einbeziehung eines neuen Kriteriums für die Zuerkennung der Unionsbürgerschaft vorgeschlagen (9). Danach sollten auch dauerhaft aufhältige Drittstaatsangehörige, die über eine langfristige Aufenthaltsgenehmigung verfügen, als Unionsbürger gelten. Die Bürgerschaftsrechte, insbesondere die politischen Rechte bezüglich der Teilnahme an Kommunalwahlen, sind ein grundlegendes Instrument für die Integration von Zuwanderern.

4.1.3.5

Die Integration von Migranten ist für den sozialen Zusammenhalt in den Mitgliedstaaten von wesentlicher Bedeutung, da andernfalls die Gefahr der sozialen Ausgrenzung und Entfremdung dieser Migranten und ihrer in der EU geborenen und aufgewachsenen Kinder und Enkel besteht.

4.1.4   Eine gemeinsame europäische Asylregelung (10)

4.1.4.1

Die Europäische Union setzt sich erneut eine Frist von fünf Jahren für die Erreichung eines Ziels, das bereits vor fünf Jahren vereinbart wurde: die Einführung eines gemeinsamen Asylverfahrens sowie eines einheitlichen Status für Menschen, denen Asyl oder subsidiärer Schutz gewährt wird. Es scheint, als könne dieses Ziel innerhalb der neuen Fünfjahresfrist erreicht werden. Es liegt jedoch auf der Hand, dass die bis dato bestehenden Widerstände überwunden werden müssen, damit die nötigen Schritte eingeleitet werden können. Ebenso wichtig wie eine rasche Voranbringung der Zielvorgaben ist es, sich hierbei auf Inhalte zu stützen, die mit den Grundrechten im Asylbereich im Einklang stehen. Durch das System der qualifizierten Mehrheit im Rat und die Mitentscheidung des Parlaments werden die angenommenen Rechtsvorschriften qualitativ aufgewertet werden können.

4.1.4.2

In dem Aktionsplan wird empfohlen, 2007 eine Evaluierung der Umsetzung und Durchführung der Instrumente vorzunehmen, die im Asylbereich bereits bestehen. Angesichts der heterogenen Umsetzung und Durchführung der geltenden Richtlinien (vorübergehender Schutz, Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern, Dublin II usw.) besteht kein Zweifel darüber, dass eine solche Bewertung unbedingt erforderlich ist. Die Evaluierung muss von dem Ziel geleitet sein, die Anwendung der geltenden Instrumente mit den Verpflichtungen in Einklang zu bringen, die sich aus den internationalen Menschenrechtsübereinkommen und der Genfer Konvention von 1951 ergeben.

4.1.4.3

In Bezug auf die vorgeschlagenen neuen Instrumente kann der EWSA alle Fortschritte bei der Koordinierung der Asylregelungen der Mitgliedstaaten nur begrüßen, so die Entwicklung einer Daueraufenthaltsberechtigung für Flüchtlinge, die Evaluierung der Anwendung des Europäischen Flüchtlingsfonds usw.

4.1.4.4

Es ist jedoch nicht angemessen, vorzusehen, dass Asylanträge außerhalb der EU-Grenzen gestellt werden müssen. Der EWSA unterstützt die Bemühungen der EU zur Förderung besserer Standards im Bereich des humanitären Schutzes in Drittländern. Das international anerkannte Recht schutzbedürftiger Personen auf Zugang zum Hoheitsgebiet der EU zwecks Stellung eines Asylantrags darf jedoch nicht eingeschränkt oder verweigert werden.

4.1.5   Legale Zuwanderung und Zulassungsverfahren

4.1.5.1

Bereits fünf Jahre sind seit der Tagung des Europäischen Rates in Tampere vergangen, jedoch ohne dass die gesetzten Ziele — so die Schaffung einer gemeinsamen Einwanderungspolitik für die Europäische Union — verwirklicht werden konnten. Dabei wurde allerdings eine lange Wegstrecke zurückgelegt. Die Kommission hat zahlreiche Vorschläge für politische und legislative Maßnahmen unterbreitet, auch das Europäische Parlament hat zahlreiche Entschließungen verabschiedet und Initiativen ergriffen, die indes im Rat keine ausreichende Unterstützung fanden. Der EWSA hat aktiv mit der Kommission und dem Parlament zusammengearbeitet und zahlreiche Stellungnahmen vorgelegt, in denen er sich dafür aussprach, eine wirkliche gemeinsame EU-Politik zu entwickeln und die Rechtsvorschriften in der Europäischen Union zu vereinheitlichen.

4.1.5.2

Die gemeinsame Einwanderungspolitik der Europäischen Union muss allen Beteiligten zugute kommen:

den Zuwanderern, damit sie ihre Chancen und Möglichkeiten wahrnehmen können und eine gerechte Behandlung erfahren;

den aufnehmenden Gesellschaften in Europa sowie auch

der Entwicklung in den Herkunftsländern.

4.1.5.3

In den nächsten Jahren wird Europa Wirtschaftsmigranten brauchen, die einen Beitrag zur ökonomischen und sozialen Entwicklung leisten (11). Ein Blick auf die demografische Lage zeigt, dass es zu einem Kollaps der Strategie von Lissabon kommen kann, wenn Europa seine Einwanderungspolitik nicht ändert. Es bedarf aktiver Maßnahmen zur Aufnahme sowohl hochqualifizierter Arbeitskräfte als auch von Personen mit geringerer Qualifikation. Zwar weist jedes Land eigene Erfordernisse und Besonderheiten auf, doch mangelt es in allen Mitgliedstaaten an politischen und legislativen Instrumenten, die eine legale Einreise von Zuwanderern gestatten und somit das Gleichgewicht der Arbeitsmärkte aufrechterhalten.

4.1.5.4

Es erscheint unverständlich, dass einige Regierungen im Rat der Europäischen Union ein Veto gegen die Legislativvorschläge der Kommission eingelegt haben und an den althergebrachten restriktiven Politiken früherer Zeiten festhalten. Derweil wachsen Schattenwirtschaft und illegale Beschäftigung, wodurch Einwanderer ohne Papiere regelrecht angezogen werden. Da eine gemeinschaftsrechtliche Regelung fehlt, erlassen die einzelnen Mitgliedstaaten neue Rechtsvorschriften mit sehr unterschiedlichen politischen Schwerpunkten. Dadurch werden wiederum neue Probleme für die Vereinheitlichung geschaffen. Diese unterschiedlichen Politikansätze und voneinander abweichenden Regelungen lösen bei den Bürgern Verwirrung und Unsicherheit aus.

4.1.5.5

Der Rat der Europäischen Union muss den Grundsatz der Einstimmigkeit aufgeben und seine Beschlüsse mit qualifizierter Mehrheit bzw. im Wege des Mitentscheidungsverfahrens gemeinsam mit dem Parlament fassen. Nur so kann eine gute Rechtsetzung erarbeitet werden. Dieser Wandel muss möglichst schnell und noch vor der Erörterung der neuen Legislativvorschläge vollzogen werden. Bei der Annahme der Rechtsvorschriften muss ein hohes Maß an Vereinheitlichung angestrebt werden. Eine „minimalistische“ europäische Gesetzgebung, bei der die Ausgestaltung der wichtigsten Aspekte den nationalen Rechtsvorschriften übertragen wird, wird dazu führen, dass die derzeitigen Probleme in die Zukunft verschleppt werden.

4.1.5.6

Was die neuen Rechtsvorschriften über die Zulassung anbelangt, ist es besser, einen umfassenden Rechtsrahmen horizontaler Art aufzustellen als sektorspezifische Vorschriften zu erlassen (12). Der von der Kommission seinerzeit erarbeitete Vorschlag für eine Richtlinie zur Zulassungspolitik, zu dem der EWSA einige Änderungen anregte (13), ist nach Auffassung des Ausschusses nach wie vor ein tauglicher Legislativvorschlag. Als Ergänzung dazu könnten spezifische Vorschriften für sektorale Fragen und besondere Fälle erarbeitet werden. Entscheidet sich der Rat der Europäischen Union für ein sektorspezifisches Vorgehen, das nur die Aufnahme hoch qualifizierter Migranten vorsieht, so hätte dies für die Handhabung eines großen Teils der Einwanderung keinen Nutzen und würde sich darüber hinaus diskriminierend auswirken. Eine solche Entscheidung kann dem Rat zwar leichter fallen, doch auch von den Bedürfnissen Europas abweichen.

4.1.5.7

Im Entwurf eines Vertrags über eine Verfassung für Europa werden die Grenzen der Gemeinschaftsgesetzgebung abgesteckt: das Recht der Mitgliedstaaten, festzulegen, wie viele Migranten sie in ihrem Hoheitsgebiet aufnehmen möchten. Diese Beschränkung ist kein Hindernis für die Erreichung einer weitgehenden rechtlichen Vereinheitlichung. Sie ist vielmehr ein Anreiz dafür, die Wirtschaftsmigration auf nationaler Ebene durch transparente Verfahren zu steuern. Für die Ausstellung von Arbeits- und Aufenthaltsgenehmigungen werden die einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der Gemeinschaftsgesetzgebung zuständig sein. So kann jeder Staat in Abstimmung mit den Sozialpartnern die Merkmale der Einwanderer festlegen, die dort benötigt werden: hochqualifizierte Arbeitnehmer oder solche mit geringerer Qualifikation, Arbeitnehmer zum Einsatz in der Industrie oder Landwirtschaft, im Baugewerbe oder im Dienstleistungssektor. Oder man entscheidet sich, keine sektorbezogene Beschränkung vorzusehen.

4.1.5.8

Die Wirtschaftsmigration hängt stark mit den Arbeitsmärkten zusammen und daher ist es erforderlich, die Sozialpartner auf angemessene Weise an der Ausarbeitung und Verwaltung dieser Maßnahmen zu beteiligen.

4.1.5.9

Eine umfassendere Zusammenarbeit zwischen allen Mitgliedstaaten bei der Steuerung der Migrationsströme sowie transparentere Verfahren sind allein dann möglich, wenn die Europäische Union über eine gemeinsame Gesetzgebung für die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit verfügt.

4.1.5.10

Die Zulassungsverfahren sollten zwei Wege vorsehen: die Prüfung der wirtschaftlichen Notwendigkeit und eine befristete Aufenthaltsgenehmigung zur Arbeitsuche zwischen sechs Monaten und einem Jahr, die von den einzelnen Mitgliedstaaten in Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern geregelt werden sollte.

4.1.5.11

Es muss sichergestellt werden, dass die Personen, die nach Europa zuwandern, eine gerechte Behandlung erfahren. In den europäischen Rechtsvorschriften über die Zulassung müssen die Rechte der Einwanderer berücksichtigt werden. Die Gesetzgebung im Bereich der Einwanderung muss mit den internationalen Menschenrechtsübereinkommen, den Normen der ILO und der EU-Charta der Grundrechte im Einklang stehen. Entsprechend den Anti-Diskriminierungsrichtlinien verfügen eingewanderte Arbeitnehmer über dieselben wirtschaftlichen, arbeitsrechtlichen und sozialen Rechte (einschließlich der sozialen Sicherheit) wie die Arbeitnehmer in der EU.

4.1.5.12

In der Richtlinie betreffend den Status der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen sind umfangreichere Rechte zur Sicherung der Rechtsstellung dieser Personen und bezüglich ihrer Mobilität innerhalb der Europäischen Union festgeschrieben. Der EWSA hat vorgeschlagen, diesen Personen auch die Bürgerschaftsrechte zuzuerkennen. In einer für den Konvent erarbeiteten Initiativstellungnahme schlug der Ausschuss vor, die Unionsbürgerschaft allen dauerhaft aufhältigen und langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen zu gewähren.

4.1.5.13

Die Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern muss unbedingt verbessert werden, und zwar nicht nur, um illegale Einwanderung zu verhindern, sondern auch, um zu erreichen, dass die Einwanderung für diese Länder zu einem Faktor der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung wird. Der EWSA unterstützt den Vorschlag, mit dem der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Kofi Annan, vor einem Jahr vor dem Europäischen Parlament anregte, migrationspolitische Fragen ausgehend von einem multilateralen Konzept auf die Tagesordnung der internationalen Gemeinschaft zu setzen.

4.1.5.14

Der EWSA forderte die Mitgliedstaaten in einer Initiativstellungnahme (14) auf, die „Internationale Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen“ zu unterzeichnen, die 1990 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet wurde und 2003 in Kraft getreten ist. Diese Konvention ist von den Mitgliedstaaten der EU jedoch noch nicht ratifiziert worden.

4.1.5.15

Die vom EWSA gewünschte gemeinsame Einwanderungspolitik geht über die Regelungen für die Aufnahme von Drittstaatsangehörigen hinaus. Es muss eine Methode zur Koordinierung innerhalb der Gemeinschaft geschaffen werden, um in folgenden Bereichen Verbesserungen zu erzielen:

Bekämpfung von Schattenwirtschaft und illegaler Beschäftigung;

Kontrolle der Grenzen und Kampf gegen kriminelle Netzwerke des Menschenhandels;

integrationspolitische Fragen (in diesem Bereich hat der EWSA verschiedene Vorschläge unterbreitet).

4.1.5.16

Die Annahme, dass Migranten nur als vorübergehende Gäste in Europa bleiben werden, ist falsch. Einige mögen sich aus freien Stücken dazu entschließen, in ihr Herkunftsland zurückzukehren, andere werden sich jedoch langfristig oder dauerhaft im Aufnahmeland niederlassen. Der EWSA veranstaltete im Jahr 2002 eine Konferenz, mit der er sich dafür einsetzte, die Integration zu einem grundlegenden Aspekt der neuen Einwanderungspolitik der Gemeinschaft zu machen und an der zahlreiche Experten, die Sozialpartner sowie die wichtigsten NRO aus den 25 Mitgliedstaaten teilnahmen. In den Schlussfolgerungen der Konferenz wurde der Europäischen Kommission vorgeschlagen, ein Integrationsprogramm zu erarbeiten.

4.1.5.17

Der EWSA wertet den Vorschlag der Europäischen Kommission, eine europäische Integrationsstrategie einzuführen, positiv und begrüßt, dass einige integrationspolitische Ziele in das Haager Programm aufgenommen wurden. Die Finanzielle Vorausschau 2007-2013 enthält ebenfalls einen umfangreichen Etat für integrationspolitische Maßnahmen, was der EWSA unterstützt.

4.1.5.18

Integration (15) ist ein zweiseitiger Prozess, an dem sowohl die Aufnahmegesellschaft als auch die Einwanderer beteiligt sind. Die Politik- und Finanzinstrumente liegen jedoch in der Hand der Regierungen, der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften und auch der Europäischen Union.

4.1.5.19

Ein Programm für die Integration muss u.a. folgende Aspekte umfassen:

Strukturen für die Aufnahme von Neuankömmlingen: Information und Beratung, Sprachkurse und Einweisung in die Gebräuche und Gepflogenheiten im Aufenthaltsland;

berufliche Eingliederung unter Beachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung; den Sozialpartnern kommt eine grundlegende Rolle zu. Daher hat der Berichterstatter der vorliegenden Stellungnahme vorgeschlagen, diesen Ansatz in die Agenda des von den Sozialpartnern geführten sozialen Dialogs aufzunehmen;

diskriminierungsfreier Zugang zum Bildungswesen;

Integration in die Städte, um die Entstehung vernachlässigter, ausgrenzender Gettos zu vermeiden; es bedarf eines neuen politischen Engagements seitens der kommunalen und regionalen Stellen;

gleichberechtigter Zugang zu medizinischer Versorgung und sonstigen öffentlichen Diensten;

die europäische Gesellschaft der Zukunft ist multikulturell. Die unterschiedlichen kulturellen Identitäten sollten nicht zu Ausgrenzung und Fremdenfeindlichkeit führen.

4.1.5.20

Die verabschiedeten Anti-Diskriminierungsrichtlinien sind ausgezeichnete Rechtsinstrumente, stellen jedoch kein Allheilmittel dar. Was gebraucht wird, ist eine aktive Politik sowie ein neues Engagement seitens der Zivilgesellschaft, die eine integrationsfreundliche Haltung in der Gesellschaft fördern muss. Der EWSA wird sich weiterhin für die Stärkung des Dialogs zwischen den zivilgesellschaftlichen Organisationen einsetzen. Zu diesem Zweck wird der Ausschuss in den nächsten Monaten eine weitere Initiativstellungnahme erarbeiten, um ein solches neues Engagement der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften für die Integration zu fördern.

4.1.6   Bekämpfung der irregulären Zuwanderung

4.1.6.1

Im Haager Programm wird die Bekämpfung der irregulären Einwanderung in demselben Abschnitt behandelt wie die Frage der Grenzkontrollen. Der EWSA hat seine Unterstützung für die Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen (16), für die mittelfristige Schaffung eines europäischen Grenzschutzsystems sowie für eine bessere Koordinierung der Arbeit der nationalen Grenzschutzbehörden bereits zum Ausdruck gebracht. Es müssen zwei Ziele verfolgt werden: mehr Effizienz im Kampf gegen kriminelle Netzwerke des Menschenhandels sowie die Gewährleistung einer fairen und menschlichen Behandlung der Einwanderer.

4.1.6.2

Die von der Europäischen Union auf den Weg gebrachten Instrumente zur Bekämpfung des Menschenhandels sowie zur Gewährleistung einer menschlichen Behandlung werden vom EWSA unterstützt. Verwiesen wird diesbezüglich auf die Richtlinie zur Definition der Beihilfe zur unerlaubten Ein- und Durchreise und zum unerlaubten Aufenthalt (17), den Rahmenbeschluss zur Bekämpfung des Menschenhandels (18) und die Richtlinie über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Drittstaatsangehörige, die mit den zuständigen Behörden kooperieren (19). Obwohl der EWSA bestimmten Aspekten der genannten Instrumente kritisch gegenüber steht, unterstützt er ihren allgemeinen Ansatz.

4.1.6.3

Um irregulärer Einwanderung vorzubeugen, muss jedoch auch in anderen Bereichen gehandelt werden. Die Bereitstellung transparenter und flexibler Verfahren zur legalen Zulassung von Einwanderern ist unverzichtbar. Ebenso wichtig ist die Bekämpfung von Schattenwirtschaft und irregulärer Beschäftigung, um zu verhindern, dass irreguläre Einwanderer von ihrem Arbeitgeber ausgebeutet werden, wie dies häufig der Fall ist.

4.1.6.4

Darüber hinaus muss bei der Verhütung der irregulären Einwanderung und der Bekämpfung des Menschenhandels die Zusammenarbeit mit den Nachbar- und den Transitländern verbessert werden.

4.2   Stärkung der Sicherheit

4.2.1

Im Haager Programm heißt es: „Die Sicherheit der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten ist dringlicher denn je“, insbesondere in Anbetracht der Terroranschläge, die am 11. September 2001 in den Vereinigten Staaten und am 11. März 2004 in Madrid verübt wurden. In dem Programm wird ein wirksameres Vorgehen gegen gemeinsame grenzüberschreitende Probleme vorgeschlagen, wobei ein besonderes Augenmerk auf dem Bereich der Sicherheit liegen sollte.

4.2.2

In der Europäischen Sicherheitsstrategie vom 12. Dezember 2003 (20), die die Rolle und Verantwortung der EU im neuen Kontext der weltweiten Sicherheit definiert, wird der Terrorismus als eine der Hauptbedrohungen unseres Jahrhunderts angeführt. In der Strategie wird ferner darauf hingewiesen, dass in einem Europa mit gemeinsamen Außengrenzen, aber ohne Binnengrenzen und freien Personenverkehr die inneren und äußeren Aspekte der Sicherheit untrennbar miteinander verbunden sind.

4.2.3

Der Terrorismus greift die Grundfesten der Demokratie und die Rechtsstaatlichkeit an: die Menschenrechte und die Grundfreiheiten der Bürger, einschließlich des Rechts auf Leben. Ein konzertiertes Handeln in Europa ist unerlässlich. Damit die Grundfreiheiten und Rechte in vollem Umfang ausgeübt werden können, muss die Europäische Union ein hohes Maß an Sicherheit gewährleisten. Gemäß Artikel 29 EUV hat die EU die Pflicht, „den Bürgern in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten“. Kein Staat kann das gemeinhin als „Terrorismus“ bezeichnete Phänomen im Alleingang angehen. Die Zusammenarbeit und Koordinierung auf europäischer Ebene gegen das Verbrechen und die grenzübergreifende organisierte Kriminalität müssen mithilfe einer gemeinsamen Strategie verstärkt werden.

4.2.4

Die Anschläge in London im Juli 2005 haben erneut gezeigt, dass eine der größten Herausforderungen unserer Zeit darin besteht, den Terrorismus unter uneingeschränkter Achtung der Grundrechte und Grundfreiheiten und unter Stärkung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu verhindern und wirksam zu bekämpfen.

4.2.5

Der Europäische Rat hat auf seiner außerordentlichen Tagung am 13. Juli 2005 die Erklärung über die Antwort der Europäischen Union auf die Anschläge von London angenommen, in der darauf hingewiesen wird, dass es dringend notwendig ist, die Umsetzung des am 21. September 2001 verabschiedeten Aktionsplans der Europäischen Union zur Terrorismusbekämpfung zu beschleunigen. Zahlreiche der in der Erklärung aufgeführten Gesetzesinitiativen sind vom Europäischen Parlament, den Nichtregierungsorganisationen und der Zivilgesellschaft kritisiert worden. In dieser Kritik wurden Zweifel an der Vereinbarkeit dieser Initiativen mit den Grundsätzen der Legitimität, der Verhältnismäßigkeit und der Effizienz laut (21).

4.2.6

Es gibt viele Faktoren, die die Effizienz einer gemeinsamen Sicherheitsstrategie auf europäischer Ebene erschweren können: die fehlende Effizienz des Rechtsrahmens, in dem diese Strategien entwickelt werden; der Ausschluss des Europäischen Parlaments und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften; die Komplexität der Wurzeln, Ursachen und Modi operandi des internationalen Terrorismus und der organisierten Kriminalität; der fehlende Wille seitens einiger Mitgliedstaaten, die Eigenheiten anzuerkennen und zu untersuchen; das Fehlen einer gemeinsamen Definition auf europäischer/internationaler Ebene in Bezug darauf, was der Terrorismus beinhaltet; das fehlende gegenseitige Vertrauen zwischen den Polizei- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten.

4.2.7

Die Umsetzung von sicherheitspolitischen Maßnahmen, die das notwendige Gleichgewicht in Bezug auf die Menschenrechte nicht wahren, stellt einen Fehler dar, der die Effizienz im Kampf gegen den Terrorismus schwächt.

4.2.8

Eine der größten Schwächen der europäischen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Sicherheit ist der Umstand, dass diese politischen Maßnahmen weiterhin außerhalb des gemeinschaftlichen Rahmens durchgeführt und in erster Linie nach der zwischenstaatlichen Methode erarbeitet werden (dritte Säule der EU). Die Rolle der Europäischen Union ist folglich sehr eingeschränkt. Dies zieht eine Reihe negativer Folgen nach sich, wie beispielsweise einen Mangel an Effizienz (zum Großteil auf die Verwendung der Einstimmigkeitsregel zurückzuführen) und Transparenz beim Entscheidungsfindungsprozess sowie den Ausschluss der Teilnahme des Europäischen Parlaments und des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Was die Zuständigkeit des Gerichtshofs im Rahmen der dritten Säule betrifft, so müssten die Mitgliedstaaten diese mittels einer entsprechenden Erklärung akzeptieren (22).

4.2.9

Ein deutliches Beispiel dafür, dass die Dimensionen „Freiheit, Sicherheit und Recht“ weiterhin ausschließlich auf Regierungsebene verhandelt werden, ist der Prüm-Vertrag (auch „Schengen III“ genannt) über die Vertiefung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, insbesondere bei der Bekämpfung von Terrorismus, grenzübergreifender Kriminalität und illegaler Einwanderung vom 27. Mai 2005. Dieser Vertrag wurde ausschließlich von sieben Mitgliedstaaten (23) ausgehandelt und angenommen. Der Beschlussfassungsprozess fand ohne jegliche Transparenz statt — trotz der großen Bedeutung der thematisierten Politikfelder und Fragen (24).

4.2.10

Diese Art der — ausschließlich zwischenstaatlichen — Zusammenarbeit schwächt das Projekt Europa und den gesamten gemeinsamen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und führt zu „weniger Europa“. In diesen Politikbereichen muss mithilfe der Gemeinschaftsmethode und des geeigneten institutionellen Rahmens jedoch „mehr Europa“ gefördert und gewährleistet werden. Die Gemeinschaftsverfahren bilden ein Konzept und ein System, das besser integriert, effizienter, umfassender und kohärenter ist, um so den Herausforderungen unserer Zeit gerecht zu werden.

4.2.11

Für die Achtung der demokratischen Werte und der Rechtstaatlichkeit wäre die Einbeziehung des Europäischen Parlaments in die Beschlussfassung und eine allgemeine Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften für diese Politikbereiche von zentraler Bedeutung. Alle sicherheitsrelevanten Rechtsakte, die unter der dritten Säule der EU angenommen und vorgeschlagen werden, sowie die Tätigkeiten und Einsätze der auf europäischer Ebene geschaffenen Einrichtungen (Europol, Eurojust, Europäische Polizeischule — CEPOL, Task Force der Polizeichefs, Europäische Grenzagentur usw.) müssen einer parlamentarischen und gerichtlichen Kontrolle unterliegen.

4.2.12

Im Haager Programm ist die Sicherheit ein überaus wichtiges Thema und stellt im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts das wichtigste strategische Ziel für die kommenden fünf Jahre dar. Die Dimension der Sicherheit wurde in die Programmabschnitte über Freiheit und Recht aufgenommen. Dort wurden die Bekämpfung der illegalen Einwanderung, Biometrik und Informationssysteme (Entwicklung und Synergie von Datenbanken), die Rückkehr- und Rückübernahmepolitik, bessere Grenzkontrollen, Visapolitik usw. fälschlicherweise unter die Überschrift „Stärkung der Freiheit“ gesetzt.

4.2.13

Andererseits liegt das Hauptaugenmerk im Haager Programm auf der Notwendigkeit, die bereits bestehenden Maßnahmen im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts effektiver und angemessener umzusetzen und zu bewerten (25). Der Entwicklung und Förderung jedweder Maßnahme in Bezug auf einen dieser drei Bereiche sollte eine detaillierte Untersuchung ihrer Effizienz, Verhältnismäßigkeit und Legitimität vorausgehen, da Rechtsvorschriften von hoher Qualität benötigt werden.

4.2.14

Für den umfassenden Schutz personenbezogener Daten und die gerichtliche und parlamentarische Kontrolle ist ein kohärenter und klarer Rechtsrahmen erforderlich. Der Vorschlag der Europäischen Kommission, ihren Dienststellen eine systematische, regelmäßige und gründliche Überprüfung (Folgenabschätzung) der Achtung der Charta der Grundrechte in ihren Legislativvorschlägen zu gestatten, ist als sehr positiv zu bewerten (26). Dies sollte jedoch auch in der endgültigen Fassung der vom Rat angenommenen Maßnahmen verwirklicht werden. Beim Austausch von Informationen zwischen den Polizeibehörden und sonstigen Sicherheitsdiensten muss in sämtlichen Etappen des Prozesses der Beschlussfassung und praktischen Umsetzung das Gleichgewicht zwischen dem Recht auf Privatsphäre, dem Datenschutz (Freiheit) — wie etwa in Artikel 8 der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten und der Richtlinie 95/46/EG (27) — und der Sicherheit gewahrt bleiben.

4.2.15

Die Ausweitung der Zuständigkeiten der Europäischen Menschenrechtsagentur auf Aspekte im Zusammenhang mit der dritten Säule der EU (Titel VI EUV) wäre entscheidend, um in der EU-Politik ein angemessenes Gleichgewicht zwischen Freiheit, Sicherheit und Recht zu gewährleisten (28).

4.2.16

Folgenden Maßnahmen zur Terrorismusbekämpfung wird im Haager Programm große Bedeutung beigemessen: dem verstärkten Austausch von Informationen über Bedrohungen gegen die innere und äußere Sicherheit zwischen den Nachrichten- und Sicherheitsdiensten der Mitgliedstaaten; dem Kampf gegen die Finanzierung des Terrorismus; der strategischen Analyse der terroristischen Bedrohung seitens der Nachrichten- und Sicherheitsdienste sowie Europols; dem Schutz der Basisinfrastrukturen und der Folgenbewältigung.

4.2.17

Eines der innovativsten Elemente, das im Haager Programm im Abschnitt „Stärkung der Sicherheit“ vorgestellt wird, ist der Grundsatz der Verfügbarkeit der Informationen. Mit diesem Grundsatz wird ein neues Konzept zur Verbesserung des grenzübergreifenden Austauschs polizeilicher Informationen in der EU eingeführt, das darauf beruht, dass ein Strafverfolgungsbeamter in einem Mitgliedstaat alle Informationen, die er für seine Ermittlungen benötigt, aus einem anderen Mitgliedstaat erhalten kann (29). Der genaue Inhalt, die tatsächlichen Auswirkungen, der Anwendungsbereich und die Einsatzbedingungen dieses bahnbrechenden Grundsatzes sind derzeit noch unklar. Seine Operabilität wird ein hohes Maß an Vertrauen zwischen den Polizeibehörden der jeweiligen Mitgliedstaaten voraussetzen. Fehlendes Vertrauen war nämlich gerade einer der entscheidenden Faktoren, der die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene bisher gebremst hat. Die Zusammenarbeit zwischen den mit den Themen „Sicherheit, Freiheit und Recht“ befassten Agenturen, Institutionen und Akteuren der EU muss verstärkt werden. Andererseits muss die gerichtliche Kontrolle der Operabilität und der Aktivitäten sichergestellt werden, die der Grundsatz der Verfügbarkeit in der Praxis mit sich bringen würde. Der EWSA unterstützt den Vorschlag der Europäischen Kommission über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (30).

4.2.18

Der EWSA äußert den Wunsch, dass die europäischen Agenturen auf dem Gebiet der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts auf angemessene Weise zusammenarbeiten. Das Haager Programm plädiert für eine intensivierte praktische Zusammenarbeit und Koordinierung zwischen den Polizei-, Justiz- und Zollbehörden auf einzelstaatlicher Ebene sowie zwischen diesen und Europol. Die Mitgliedstaaten müssen der Position Europols als europäische Einrichtung neue Impulse geben und sie befähigen, dass sie neben Eurojust eine maßgebliche Rolle im Kampf gegen die organisierte Kriminalität und den Terrorismus spielt. Es ist inakzeptabel, dass die Protokolle zur Änderung der Europol-Konvention immer noch nicht von allen Mitgliedstaaten ratifiziert und umgesetzt worden sind. Dies ist besonders dringlich, wenn man Europol auch tatsächlich die Unterstützung und die notwendigen Mittel an die Hand geben will, damit es effizient als Dreh- und Angelpunkt der europäischen polizeilichen Zusammenarbeit fungiert. Vor einer Neufestlegung der Zuständigkeiten Europols müssen die Mitgliedstaaten zunächst vom Mehrwert Europols und von der Notwendigkeit einer umfassenden Zusammenarbeit mit Europol überzeugt sein. Zum anderen heißt es in dem Programm, dass Europol seinen jährlichen „Lagebericht zur Kriminalität“ bis zum 1. Januar 2006 durch „Bewertungen der Bedrohungslage“, die schwere Formen der organisierten Kriminalität betreffen, ersetzt haben muss. Diese große praktische Relevanz der Rolle Europols muss um eine umfassende demokratische Bewertung seiner Tätigkeiten ergänzt werden. Das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente sowie der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften müssen bei der demokratischen Überwachung und der gerichtlichen Kontrolle der Aktivitäten Europols eine zentrale Rolle spielen.

4.2.19

Weitere Bereiche, die auf der politischen Agenda eine klare Priorität erhalten haben, sind die auf Biometrie- und Informationssystemen beruhenden Maßnahmen. Die Unvereinbarkeit der meisten dieser Maßnahmen mit den Grundsätzen der Legitimität, Verhältnismäßigkeit und Effizienz ist vom Ausschuss Bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres des Europäischen Parlaments (31) sowie von Menschenrechtsorganisationen regelmäßig kritisiert worden. Diese Argumente werden durch das Fehlen angemessener Garantien und wirksamer Rechtsmittel für die Entwicklung der Maßnahmen noch verstärkt. Unabhängig von der an diesen Instrumenten laut gewordenen Kritik hat die in der außerordentlichen Sitzung am 13. Juli 2005 angenommene Erklärung über die Antwort der Europäischen Union auf die Anschläge in London die Notwendigkeit einer dringenden Verabschiedung dieser Maßnahmen noch weiter verstärkt (32).

4.2.20

Das Hauptaugenmerk des Haager Programms liegt eindeutig auf der Einsetzung von Mechanismen zur Bewertung bereits bestehender Maßnahmen. Der Annahme dieser Initiativen muss eine detaillierte unabhängige Untersuchung ihrer Effizienz, ihres Mehrwerts, ihrer Verhältnismäßigkeit und ihrer Legitimität (Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten) vorausgehen. Es kann nicht angehen, dass im Namen der Terrorismusbekämpfung politische Maßnahmen erarbeitet werden, die nicht wiedergutzumachende Folgen für den Schutz der Freiheit und der Demokratie haben und folglich mehr Unsicherheit für alle schaffen.

4.2.21

Was die bereits eingeleiteten Maßnahmen zur Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche seitens krimineller Organisationen betrifft, so bedarf es eines zweckmäßigen Ansatzes und der Umsetzung von Rechtsakten, die eine effizientere Überwachung der Geldströme ermöglichen, die unter Verdacht stehen, kriminelle Aktivitäten zu finanzieren, insbesondere im Kampf gegen die Geldwäsche (33).

4.2.22

Die Europäische Kommission hat unlängst einen Kodex bewährter Vorgehensweisen vorgeschlagen, mit denen die Nutzung von Nichtregierungsorganisationen zur Finanzierung krimineller Vereinigungen verhindert werden soll. Der EWSA begrüßt die Einleitung eines Prozesses zur Konsultation der Zivilgesellschaft und der Nichtregierungsorganisationen zu diesem Thema durch die Kommission und zeigt sich besorgt darüber, dass die Kommission eine unfaire Verbindung zwischen Nichtregierungsorganisationen und Terrorismus herstellt, da dies Verwirrung stiftet und eine unfaire Mutmaßung nahe legt. Die Nichtregierungsorganisationen und die organisierte Zivilgesellschaft spielen eine zentrale Rolle bei der Bekämpfung des Terrorismus und der organisierten Kriminalität (34).

4.2.23

Im Einklang mit der Europäischen Sicherheitsstrategie und der Priorität, die der Entwicklung einer kohärenten externen Dimension der Sicherheitspolitik zukommt, wird im Haager Programm darauf hingewiesen, dass — als wesentliche Ergänzung dieser Strategie — integrierte und koordinierte EU-Krisenbewältigungsregelungen für Krisen mit grenzüberschreitender Wirkung ausgearbeitet werden sollen, die bis spätestens 1. Juli 2006 umzusetzen wären. Diese Regelungen sollten folgende Fragestellungen beinhalten: Bewertung der Fähigkeiten der Mitgliedstaaten, Vorratshaltung, Ausbildung, gemeinsame Übungen und gemeinsame Operationspläne für die zivile Krisenbewältigung. Die Europäische Kommission wird vor Ende 2005 eine Entscheidung zum Aufbau eines allgemeinen Frühwarnsystems (ARGUS) und eines Krisenzentrums zur Koordinierung der bestehenden Warnsysteme sowie einen Vorschlag zur Einrichtung eines Warn- und Informationsnetzes für wichtige Infrastrukturen vorlegen.

4.2.24

Der EWSA ist der Auffassung, dass die EU ein neues, effizientes, effektives, legitimes und verhältnismäßiges Konzept für die gemeinsame Sicherheitsstrategie anwenden muss. Verschiedene Formen des Terrorismus verlangen nach unterschiedlichen Lösungen und spezifischen Instrumenten, die auf die Besonderheiten der jeweiligen kriminellen Handlung ausgerichtet sind.

4.2.25

Außerdem ist es wichtig, die Wurzeln der gewaltbereiten Radikalisierung der anfälligsten Gruppen und die Anwerbung der Terroristen eingehend zu untersuchen, um die Weiterentwicklung dieser Prozesse zu verhindern. Dies muss mit politischen Anstößen und Verpflichtungen einhergehen, die den kontinuierlichen, offenen Dialog zwischen Religionen und Kulturen begünstigen und gegen Intoleranz, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und gewaltbereiten Extremismus ankämpfen.

4.2.26

Die Kommission muss untersuchen, inwieweit die Möglichkeit besteht, den Terrorismus in den Strafrechtskatalog aufzunehmen, der in den Zuständigkeitsbereich des Internationalen Strafgerichtshofs fällt.

4.3   Stärkung des Rechts

4.3.1

Entsprechend der Denkart, die zuvor in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere 1999 propagiert wurde, liegt das Hauptaugenmerk des Haager Programms auf der Schaffung eines gemeinsamen Rechtsraums, dessen Dreh- und Angelpunkt der Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen und des Zugangs zur Justiz ist.

4.3.2

Es hat sich in verschiedenen Bereichen (35) gezeigt, dass es notwendig ist, das gegenseitige Vertrauen zwischen den verschiedenen Justizbehörden und Rechtsordnungen zu stärken. Dies ist eine der grundlegenden Bedingungen für den Aufbau einer gerichtlichen Zusammenarbeit in Zivil- und Strafsachen. Die Justizbehörden sowie generell alle an Gerichtsverfahren beteiligten Instanzen müssen die Entscheidungen der Behörden der anderen Mitgliedstaaten als gleichwertig mit ihren eigenen erachten. Es dürfen weder die juristische Kompetenz und Qualität noch die Achtung des Rechts auf ein gerechtes Urteil in Frage gestellt werden. Das fehlende Vertrauen, die Unterschiede zwischen den Rechtssystemen der einzelnen Mitgliedstaaten sowohl im Straf- als auch im Zivilrecht sowie der Mangel an umfassender und gegenseitiger Kenntnis der jeweiligen Systeme bremsen jedoch weiterhin eine grenzübergreifende Vision in diesen Politikbereichen und eine Stärkung der gerichtlichen Zusammenarbeit auf europäischer Ebene.

4.3.3

Im Haager Programm wird für die Entwicklung einer „europäischen Rechtskultur“ plädiert, die auf der Vielfalt der Rechtssysteme und –traditionen auf einzelstaatlicher Ebene beruht. Außerdem werden in dem Programm größere Anstrengungen zur Erleichterung des Zugangs zur Justiz und zur justiziellen Zusammenarbeit gefordert. Darüber hinaus heißt es dort, dass das gegenseitige Vertrauen (36) auf der Gewissheit beruhen muss, dass alle europäischen Bürger Zugang zu einem Justizwesen haben, das hohe Qualitätsnormen erfüllt (37).

4.3.4

Im Unterschied zu dem in Tampere erstellten mehrjährigen Programm ist das Haager Programm generell weniger ehrgeizig. Anstatt eine große Zahl neuer Maßnahmen und rechtlicher Vorschläge vorzustellen, wird der Einführung eines Systems zur objektiven und unparteiischen Bewertung und der Umsetzung bereits bestehender justizieller Maßnahmen größeres Gewicht verliehen und dadurch die Unabhängigkeit der Judikativen geachtet.

4.3.5

Neben dem fehlenden gegenseitigen Vertrauen zwischen den Justizbehörden der Mitgliedstaaten liegt eine weitere große Schwäche der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen darin, dass sie unter die dritte Säule der EU und somit außerhalb der Zuständigkeit der Gemeinschaft fällt (Gemeinschaftsmethode). Die Rolle der EU ist daher relativ eingeschränkt, was eine Reihe negativer Folgen mit sich bringt, wie etwa mangelnde Effizienz, Transparenz und Einbeziehung des Europäischen Parlaments in den Rechtsetzungsprozess sowie eine fehlende allgemeine Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften. Die Mitgliedstaaten müssen im Rahmen der dritten Säule die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Auslegung und Gültigkeit der durchgeführten Maßnahmen mittels einer entsprechenden Erklärung akzeptieren.

4.3.6

Was die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen angeht, so wurde den Maßnahmen zur Umsetzung des genannten Grundsatzes (Sicherheit) auf Kosten eines (nichtexistenten) Schutzes prozessualer Mindeststandards eindeutig Vorrang eingeräumt. Ein gutes Beispiel für das Ungleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit ist der Europäische Haftbefehl, der die erste Konkretisierung des Grundsatzes der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen im Bereich des Strafrechts darstellt (38). Trotz der unmittelbaren Auswirkungen des „Euro-Haftbefehls“ auf die Persönlichkeitsrechte existiert drei Jahre nach seiner Annahme noch immer kein paralleler Rechtsrahmen, der die prozessualen Rechte von Verdächtigen und Angeklagten in Strafverfahren in der EU schützt.

4.3.7

Angesichts dieser Unzulänglichkeit legte die Europäische Kommission dem Rat im April 2004 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren innerhalb der Europäischen Union vor (KOM/2004/328). In diesem Beschluss werden gemeinsame Mindestnormen für Verfahrensrechte für alle Strafverfahren innerhalb der EU festgelegt, in denen die Schuld oder Unschuld einer Person, die der Begehung einer Straftat verdächtigt wird, festgestellt werden oder in denen über den Ausgang des Verfahrens entschieden werden soll, nachdem die Person sich der Anklage für schuldig bekannt hat. Er umfasst auch alle auf diese Verfahren bezüglichen Rechtsmittel (39). Trotz einiger Kritik an den verfahrensrechtlichen Beschränkungen dieses Beschlusses würde seine Annahme das gegenseitige Vertrauen und den Schutz der Grundrechte der Bürger stärken, einschließlich des Rechts auf ein gerechtes Urteil. Die Schwierigkeiten, innerhalb des Rates zu einer politischen Einigung zu gelangen, sind enorm. Es kann nicht angehen, dass es den Vertretern der Mitgliedstaaten nicht gelingt, sich in dieser Frage zu einigen (40). Andererseits ist besonders darauf zu achten, dass die dringende Notwendigkeit einer Einigung nicht als Rechtfertigung dafür dient, das in dem Vorschlag erwähnte Schutzniveau in Bezug auf die Rechte der Verdächtigen und Angeklagten in Strafverfahren noch weiter zu senken.

4.3.8

Der Europäische Haftbefehl liefert ebenfalls ein gutes Beispiel für den in der EU häufig herrschenden Mangel an Vertrauen und die rechtliche Komplexität bei der Zusammenarbeit in Justiz-, Strafrechts- und Sicherheitsfragen. Neben dem langwierigen Verfahren der Umsetzung des Rahmenbeschlusses in den meisten Mitgliedstaaten wurden die Rechtsakte zur Umsetzung des Euro-Haftbefehls in einzelstaatliches Recht in Deutschland und Polen aufgrund seiner angeblichen Unvereinbarkeit mit den jeweiligen verfassungsrechtlichen Normen vor das Verfassungsgericht gebracht. Das Bundesverfassungsgericht erklärte in seinem Urteil vom 18. Juli 2005 (41) schließlich, dass das Gesetz, das den Rahmenbeschluss innerhalb des deutschen Rechtssystems umsetzt, nichtig ist, weil es aufgrund des Ausschlusses der Anfechtbarkeit der Entscheidung des Gerichts, das die Auslieferung beschloss, gegen die verfassungsrechtlichen Garantien verstößt.

4.3.9

Der Vorschlag der Europäischen Kommission für einen Rahmenbeschluss über die Europäische Beweisanordnung ist auch Teil des komplexen Puzzles, das das System der justiziellen Zusammenarbeit in der EU darstellt (42). Ziel dieses Beschlusses wäre es, die derzeitigen Rechtshilfeverfahren durch den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zu ersetzen. Die Initiative sieht die Möglichkeit vor, eine „Europäische Beweisanordnung“ zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren zu vollstrecken. Aufgrund des Fehlens eines parallelen Rechtsrahmens, der einen effektiven Rechtschutz der Grundrechte bieten soll, wurde dieser Vorschlag offen kritisiert und als verfrüht erachtet.

4.3.10

Der mangelnde Ehrgeiz des Haager Programms im Bereich der Justiz könnte durch die Anerkennung einer allgemeinen Zuständigkeit des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften in diesen für die Mitgliedstaaten so heiklen Politikfeldern behoben werden. Der Luxemburger Gerichtshof hat bei der Auslegung und Entwicklung der europäischen Politiken generell eine innovative und proaktive Haltung an den Tag gelegt. Speziell im Zusammenhang mit der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen sei auf eines der wichtigsten Urteile des Gerichtshofs der letzten Zeit verwiesen — die Rechtssache Pupino (C-105/03 vom 16. Juni 2005) (43).

4.3.11

In Bezug auf die justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen wird im Haager Programm erneut darauf aufmerksam gemacht, dass die Grenzen zwischen den europäischen Ländern kein Hindernis mehr für die Regelung zivilrechtlicher Angelegenheiten oder die Einleitung eines Gerichtsverfahrens sowie für die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivilsachen sein dürfen. Die rechtlichen und gerichtlichen Hindernisse in zivil- und familienrechtlichen Gerichtsverfahren mit grenzübergreifenden Auswirkungen müssen beseitigt werden, um den Schutz und die Ausübung der Bürgerrechte zu gewährleisten. In dem Programm wird festgelegt, dass die Arbeiten an folgenden Projekten fortgesetzt werden sollten: Regelung des Kollisionsrechts für außervertragliche Schuldverhältnisse (Rom II) und vertragliche Schuldverhältnisse (Rom I), Europäischer Zahlungsbefehl und Instrumente für eine alternative Streitbeilegung bzw. zur Behandlung von Bagatellsachen.

4.3.12

Auch die Stärkung und Festigung der Zusammenarbeit im Bereich der gegenseitigen Anerkennung des Verfahrens-, Familien- und Erbrechts gehört zu den Prioritäten für die nächsten fünf Jahre. Dies ist jedoch ein Gebiet, auf dem die Vielfalt der Rechtstraditionen und -kulturen reelle und dauerhafte Fortschritte in Richtung eines gemeinsamen Rechtsraums erschwert. Daher ist es besonders wichtig, dass die verschiedenen Maßnahmen zur Förderung des gegenseitigen Vertrauens und des Gedankens einer gemeinsamen Rechtskultur in der EU eingehend untersucht werden (44).

4.3.13

Im Haager Programm heißt es: „Eine effiziente Bekämpfung der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität, anderer schwerer Kriminalität und des Terrorismus erfordert die Zusammenarbeit und Koordinierung bei den Ermittlungen und, wo diese möglich ist, die konzentrierte Strafverfolgung durch Eurojust in Zusammenarbeit mit Europol.“ Der Rat sollte das „Europäische Gesetz“ über Eurojust unter Einbeziehung aller Eurojust anvertrauten Aufgaben annehmen. Darüber hinaus sollte die Beziehung (Zusammenarbeit) zwischen Eurojust und Europol geklärt werden.

Brüssel, den 15. Dezember 2005

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Haager Programm zur Stärkung von Freiheit, Sicherheit und Recht in der Europäischen Union, Rat, ABl. C 53 vom 3.3.2005.

(2)  Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament - Das Haager Programm: Zehn Prioritäten für die nächsten fünf Jahre - Die Partnerschaft zur Erneuerung Europas im Bereich der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. KOM(2005) 184 endg., Brüssel, 10.5.2005.

(3)  Siehe die Stellungnahmen SOC/210, SOC/211 und SOC/212 (Berichterstatter: Frau KING, Frau LE NOUAIL MARLIÈRE und Herr CABRA DE LUNA).

(4)  Haager Programm, a.a.O., Einleitung.

(5)  Mitteilung der Kommission - Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts: Bilanz des Tampere-Programms und Perspektiven. KOM(2004) 401 endg., Brüssel, 2.6.2004.

(6)  Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich haben spezielle „Opt out“-Protokolle als Teil des Vertrags von Amsterdam ausgehandelt, die ihnen die Möglichkeit gewähren, von den Politiken unter Titel IV EG-Vertrag ausgenommen zu bleiben.

(7)  Vgl. auch die Stellungnahmen SOC/210, SOC/211 und SOC/212 (Berichterstatter: Frau KING, Frau LE NOUAIL MARLIÈRE, Herr CABRA DE LUNA).

(8)  Siehe Kommissionsmitteilung KOM(2005) 280 endg., zu der der EWSA derzeit eine Stellungnahme (SOC/216) erarbeitet.

(9)  Siehe die Stellungnahme zum Thema „Zuerkennung der Unionsbürgerschaft“, veröffentlicht im ABl. C 208 vom 3.9.2003 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS).

(10)  Siehe die Stellungnahmen des EWSA zum Thema Asyl (seit Tampere).

(11)  Siehe die Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission über Einwanderung, Integration und Beschäftigung (KOM(2003) 336 endg.), veröffentlicht im ABl. C 80 vom 30.3.2004 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS).

(12)  Siehe die Stellungnahme zu dem „Grünbuch über ein EU-Konzept zur Verwaltung der Wirtschaftsmigration“ (KOM(2004) 811 endg.), veröffentlicht im ABl. C 286 vom 17.11.2005 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS).

(13)  Siehe die Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie über die Bedingungen für die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen ...“ (KOM(2001) 386 endg.), veröffentlicht im ABl. C 80 vom 3.4.2002 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS).

(14)  Siehe die Stellungnahme des EWSA zum Thema „Internationale Konvention zum Schutz der Rechte von Wanderarbeitnehmern“, veröffentlicht im ABl. C 302 vom 7.12.2004 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS).

(15)  Siehe hierzu die Stellungnahme zum Thema „Einwanderung, Eingliederung und Rolle der organisierten Zivilgesellschaft“, veröffentlicht im ABl. C 125 vom 27.5.2002 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS) sowie die Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission über Einwanderung, Integration und Beschäftigung, veröffentlicht im ABl. C 80 vom 30.3.2004 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS).

(16)  Siehe die Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Errichtung einer Europäischen Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen“, veröffentlicht im ABl. C 108 vom 30.4.2004 (Berichterstatter: Herr PARIZA CASTAÑOS).

(17)  Richtlinie 2002/90/EG des Rates vom 28. November 2002.

(18)  Rahmenbeschluss des Rates vom 19. Juli 2002.

(19)  Richtlinie 2004/81/EG vom 29. April 2004.

(20)  Siehe „Ein sicheres Europa in einer besseren Welt“, Europäische Sicherheitsstrategie, Brüssel, 12. Dezember 2003, Javier Solana, Hoher Vertreter für die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik der EU.

(21)  U.a. ist hier der Vorschlag Frankreichs, Irlands, Schwedens und des Vereinigten Königreichs für einen Entwurf für einen Rahmenbeschluss über die Archivierung von Daten, die im Zusammenhang mit der Erbringung öffentlich zugänglicher elektronischer Kommunikationsdienstleistungen verarbeitet und gespeichert werden, oder von Daten, die über öffentliche Kommunikationsnetze übertragen werden, zur Vorbeugung, Recherche, Aufdeckung und Verfolgung von Straftaten und strafbaren Handlungen, einschließlich terroristischer Straftaten zu nennen (2004/8958 vom 28.4.2004). Die Europäische Kommission hat parallel dazu einen Vorschlag für eine Richtlinie über die Vorratsspeicherung von Daten, die bei der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet werden, und zur Änderung der Richtlinie 2002/58/EG (KOM(2005) 438 endg. vom 21.9.2005) vorgelegt, der mehr Garantien als der zwischenstaatliche Vorschlag enthält und die Beteiligung des Europäischen Parlaments zusichert.

(22)  Siehe Artikel 35 des Vertrags über die Europäische Union. Bislang haben lediglich die folgenden 14 Mitgliedstaaten die Zuständigkeit des Gerichtshofs in Fragen im Zusammenhang mit der dritten Säule der EU anerkannt: Deutschland, Österreich, Belgien, Griechenland, Luxemburg, die Niederlande, Schweden, Finnland, Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, die Tschechische Republik und Ungarn.

(23)  Belgien, Deutschland, Spanien, Frankreich, Luxemburg, die Niederlande und Österreich.

(24)  U.a. Maßnahmen zur Verhinderung von Terroranschlägen, DNA-Datenbanken, Einsatz von Sicherheitsbegleitern auf Flügen, grenzübergreifende Unterstützung bei Großveranstaltungen, Krisen, Katastrophen und schweren Unfällen sowie Hilfe bei der Rückkehr illegaler Einwanderer.

(25)  Entscheidung des Rates vom 28. Mai 2001 über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen (2001/470/EG, ABl. L 174 vom 27.6.2001).

(26)  Mitteilung der Kommission - Berücksichtigung der Charta der Grundrechte in den Rechtsetzungsvorschlägen der Kommission - Methodisches Vorgehen im Interesse einer systematischen und gründlichen Kontrolle (KOM(2005) 172 endg. vom 27.4.2005).

(27)  Richtlinie 95/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Oktober 1995 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten und zum freien Datenverkehr (ABl. L 281 vom 23.10.1995).

(28)  Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Ermächtigung der Agentur der Europäischen Union für Grundrechte, ihre Tätigkeiten in den Bereichen nach Titel VI des Vertrags über die Europäische Union auszuüben (KOM(2005) 280 endg. vom 30.6.2005, 2005/0125 (CNS)).

(29)  Die Europäische Kommission hat am 12. Oktober 2005 einen Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über den Austausch von Informationen nach dem Grundsatz der Verfügbarkeit vorgelegt (KOM(2005) 490 endg. vom 12.10.2005).

(30)  Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz personenbezogener Daten, die im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen verarbeitet werden (KOM(2005) 475 endg. vom 4.10.2005).

(31)  Bericht über die Initiative der Französischen Republik, Irlands, des Königreichs Schweden und des Vereinigten Königreichs für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Vorratsspeicherung von Daten, die in Verbindung mit der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet und aufbewahrt werden, oder von Daten, die in öffentlichen Kommunikationsnetzen vorhanden sind, für die Zwecke der Vorbeugung, Untersuchung, Feststellung und Verfolgung von Straftaten, einschließlich Terrorismus (8958/2004 - C6-0198/2004 - 2004/0813(CNS)). Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres, Berichterstatter: Herr Alexander NUNO ALVARO, 31.5.2005.

(32)  So beinhalten diese Vorschläge, die eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellen, beispielsweise Folgendes: die verbesserte Interoperabilität und Synergie zwischen den Datenbanken, die von der zweiten Generation des Schengen-Informationssystems (SIS II) erstellt wurden, dem Visainformationssystem (VIS) und Eurodac; die Integration von biometrischen Identifikatoren in Reisedokumenten, Visa, Pässen, Aufenthaltsgenehmigungen und Informationssystemen; die Zurückhaltung von im Zusammenhang mit der Bereitstellung öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeiteten Daten für Zwecke der Aufdeckung, Untersuchung und Verfolgung von Straftaten; die gemeinsame Nutzung der Daten von Reisenden (PNR) zu Zwecken der Luftsicherheit mit den USA, Kanada und Australien; die Abfrage von DNA- und Fingerabdruck-Datenbanken usw.

(33)  Stellungnahme des EWSA zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche einschließlich der Finanzierung des Terrorismus“, (KOM(2004) 448 endg.), veröffentlicht im ABl. C 267 vom 27.10.2005 (Berichterstatter: Herr SIMPSON).

(34)  Siehe Entwurf einer Stellungnahme der Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Rates über die Aufstellung des Programms ‚Prävention, Abwehrbereitschaft und Folgenbewältigung im Zusammenhang mit Terrorakten‘ für den Zeitraum 2007-2013 - Rahmenprogramm 'Sicherheit und Schutz der Freiheitsrechte'“ (SOC/212 „Sicherheit und Schutz der Freiheitsrechte“, Berichterstatter: Herr CABRA DE LUNA, Brüssel, 14. Dezember 2005).

(35)  Siehe beispielsweise Verordnung (EWG) Nr. 2913/92 des Rates vom 12. Oktober 1992 zur Festlegung des Zollkodex der Gemeinschaften (ABl. L 302 vom 19.10.1992, S. 001-0050).

(36)  Haager Programm, a.a.O., Ziffer 3.2 „Gegenseitiges Vertrauen und Vertrauensbildung“.

(37)  Im Aktionsplan zur Umsetzung des Programms heißt es: „Hierzu muss die Europäische Union nicht nur eine Regelung der gerichtlichen Zuständigkeit, der gegenseitigen Anerkennung und der Kollisionsnormen, sondern auch vertrauensbildende Maßnahmen ins Auge fassen, die prozessuale Mindeststandards und hohe Qualitätsnormen für das Justizwesen, insbesondere im Hinblick auf Fairness und Achtung der Verteidigungsrechte, gewährleisten. Das Verständnis für einander wird im Wege der im Haager Programm geforderten schrittweisen Schaffung einer 'europäischen Rechtskultur' mit Hilfe von Netzwerken und Ausbildungsprogrammen weiter vertieft werden.“

(38)  Rahmenbeschluss des Rates vom 13. Juni 2002 über den Europäischen Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedstaaten, 2002/584/JAI, ABl. L 190 vom 18.7.2002, S. 1.

(39)  Vorschlag für einen Rahmenbeschluss über bestimmte Verfahrensrechte in Strafverfahren innerhalb der Europäischen Union (KOM(2004) 328 endg. vom 28.4.2004).

(40)  Der Vorschlag umfasst die folgenden Rechte: Vertretung durch einen Rechtsbeistand, kostenlose Inanspruchnahme eines Dolmetschers/Übersetzers, Sicherstellung, dass Personen, die das Verfahren nicht verstehen oder ihm nicht folgen können, entsprechende Aufmerksamkeit erhalten, das Recht auf Kontaktierung konsularischer Behörden bei ausländischen Verdächtigen sowie Aufklärung der Verdächtigen über ihre Rechte (durch Aushändigung einer schriftlichen Übersicht über die Rechte in Form einer „Erklärung der Rechte“), Artikel 2-16 des Vorschlags.

(41)  Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 18. Juli 2005, 2 BvR 2236/04.

(42)  Vorschlag für einen Rahmenbeschluss des Rates über die Europäische Beweisanordnung (EBA) zur Erlangung von Sachen, Schriftstücken und Daten zur Verwendung in Strafverfahren (KOM(2003) 688 endg. vom 14. November 2003, (CNS) 2003/0270).

(43)  In dem Vorabentscheidungsersuchen ging es um die Auslegung einiger Artikel des Rahmenbeschlusses 2001/220/JAI über die Stellung des Opfers im Strafverfahren vom 15. März 2001. Das Urteil erging im Rahmen eines Strafverfahrens gegen die italienische Kindergärtnerin Maria Pupino, die beschuldigt wird, Kindern, die zur Tatzeit unter fünf Jahre alt waren, Verletzungen zugefügt zu haben. Das Urteil im Fall Pupino stellt einen bahnbrechenden Schritt auf dem Weg zur Schaffung eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts dar, insofern der Gerichtshof erstmals anerkennt, dass die „Rahmenbeschlüsse“ direkte Rechtswirkung haben und ihr bindender Charakter für die nationalen Gerichte bedeutet, dass sie ihre Auslegung am nationalen Recht ausrichten müssen. Zum anderen heißt es in dem Urteil des Gerichtshofs: „Die Union könnte ihre Aufgabe kaum erfüllen, wenn der Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, der insbesondere bedeutet, dass die Mitgliedstaaten alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen nach dem Recht der Europäischen Union treffen, nicht auch im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen gelten würde, die im Übrigen vollständig auf der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten [...] beruht.“ Die Beziehung (und Vereinbarkeit) zwischen diesem Urteil des Gerichtshofs und dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts über die Nichtigkeitserklärung des Gesetzes zur Umsetzung des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl lässt Interpretationsspielraum.

(44)  Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Entscheidung des Rates über die Einrichtung eines Europäischen Justiziellen Netzes für Zivil- und Handelssachen“ (ABl. C 139 vom 11.5.2001) sowie Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der „Initiative der Bundesrepublik Deutschland im Hinblick auf den Erlass einer Verordnung des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- und Handelssachen“ (ABl. C 139 vom 11.5.2001).