27.10.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 267/16


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung“

(KOM(2004) 607 endg. — 2004/0209 COD)

(2005/C 267/03)

Der Rat beschloss am 20. Oktober 2004 gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss um Stellungnahme zu obenerwähnten Vorlagen zu ersuchen:

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 21. April 2005 an. Berichterstatterin war Frau ENGELEN-KEFER.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 417. Plenartagung am 11./12. Mai 2005 (Sitzung vom 11. Mai) mit 160 Stimmen bei 101 Gegenstimmen und 8 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Am 22. September 2004 hat die EU-Kommission ihren „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung“ vorgelegt (1).

1.2

Sie begründet ihren Änderungsvorschlag zum einen damit, dass sich die Notwendigkeit zur Überprüfung aus der Richtlinie selbst ableitet. Zwei Richtlinienbestimmungen sehen nämlich eine Überprüfung vor dem 23. November 2003 vor. Diese betreffen die Abweichung vom Bezugszeitraum bei Anwendung von Artikel 6 (wöchentliche Höchstarbeitszeit) und die Möglichkeit, Artikel 6 nicht anzuwenden, wenn der betreffende Arbeitnehmer sein Einverständnis dazu erklärt (Artikel 22 individuelles „Opt-out“). Zum anderen stellt sie fest, dass die Auslegung der Richtlinie durch den Europäischen Gerichtshof Auswirkungen auf den Begriff der „Arbeitszeit“ und damit auf wesentliche Richtlinienbestimmungen habe, die daher zu überprüfen seien.

1.3

Die vertraglich vorgesehene zweistufige Anhörung der Sozialpartner habe ergeben, dass die Sozialpartner der Aufforderung der EU-Kommission, zu dieser Frage Verhandlungen aufzunehmen, nicht nachgekommen sind. Sie haben stattdessen die Kommission ersucht einen Richtlinienvorschlag vorzulegen.

1.4

Die Kommission weist ferner darauf hin, dass es einer ausgewogenen Lösung bedarf, die die den Sozialpartnern zur Erörterung vorgelegten Kernprobleme umfasst, und dass diese bestimmte Kriterien erfüllen muss. Sie „muss

im Zusammenhang mit der Arbeitszeit größeren Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gewährleisten;

den Unternehmen und den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung einräumen;

eine bessere Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben ermöglichen;

eine unverhältnismäßige Belastung der Unternehmen, insbesondere der KMU, vermeiden“ (2).

1.5

Die Kommission ist der Auffassung, dass diesen Kriterien mit dem vorliegenden Vorschlag Rechnung getragen wird.

2.   Wesentlicher Inhalt des Vorschlags

2.1   Begriffsbestimmungen (Artikel 2) (3)

2.1.1

Die Definition der Arbeitszeit bleibt unverändert. Es werden zwei neue Definitionen eingeführt, nämlich „Bereitschaftsdienst“ und „inaktive Zeit während des Bereitschaftsdienstes“. Letztere wird als Zeit definiert, in der der Arbeitnehmer Bereitschaftsdienst hat, „aber von seinem Arbeitgeber nicht zur Ausübung seiner Tätigkeit oder Wahrnehmung seiner Aufgaben aufgefordert wird“ (Artikel 2 Nummer 1 b).

2.1.2

Gleichzeitig wird bestimmt, dass die inaktive Zeit des Bereitschaftsdienstes „nicht als Arbeitszeit angesehen [wird], sofern nicht in der einzelstaatlichen Gesetzgebung oder tarifvertraglich oder, in Übereinstimmung mit der einzelstaatlichen Gesetzgebung und/oder Praxis, in einer Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern etwas anderes vorgesehen ist“ (Artikel 2 a).

2.2   Bezugszeiträume (Artikel 16 und 19), Ausgleichszeitraum (Artikel 17)

2.2.1

Der Bezugszeitraum für die wöchentliche Höchstarbeitszeit nach Artikel 6 bleibt grundsätzlich auf „bis zu vier Monate“ begrenzt. Es wird eine Ergänzung vorgeschlagen, die besagt, dass die Mitgliedstaaten diesen Bezugszeitraum „mittels Rechts- und Verwaltungsvorschriften aus objektiven oder technischen Gründen oder aus Gründen der Arbeitsorganisation […] auf zwölf Monate ausdehnen [können]“ (Artikel 16 Buchstabe b). Dabei sind die allgemeinen Grundsätze für den Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, sowie der Anhörung der Sozialpartner einzuhalten und der soziale Dialog zu fördern.

2.2.2

Bei Abweichungen vom Bezugszeitraum für die wöchentliche Höchstarbeitszeit durch Tarifvertrag entfällt die bisherige Grenze von sechs Monaten. Die Mitgliedstaaten können jedoch zulassen, dass aus objektiven oder technischen Gründen oder aus Gründen der Arbeitsorganisation „in den Tarifverträgen oder Vereinbarungen der Sozialpartner längere Bezugszeiträume im Hinblick auf die wöchentliche Höchstarbeitszeit festgelegt werden, die in keinem Fall zwölf Monate überschreiten dürfen“ (Artikel 19). Die allgemeinen Grundsätze des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind dabei zu berücksichtigen.

2.2.3

Nach Artikel 3 und 5 der Richtlinie sind tägliche Ruhezeiten von 11 zusammenhängenden Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum und wöchentliche Ruhezeiten von 24 Stunden zzgl. der täglichen Ruhezeit von 11 Stunden pro 7-Tage-Zeitraum vorgeschrieben. Wenn davon abgewichen wird, müssen den Arbeitnehmern gleichwertige Ausgleichsruhezeiten gewährt werden. Im Zusammenhang mit diesen Abweichungsmöglichkeiten von den Mindestvorschriften der Richtlinie für bestimmte Tätigkeiten und Arbeitnehmergruppen, u.a. des Gesundheitssektors, wird die angemessene Frist für die Gewährleistung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten dahingehend präzisiert, dass diese „72 Stunden nicht überschreiten darf“ (Artikel 17 Absatz 2).

2.3   Individuelles Opt-out (Artikel 22)

2.3.1

Die Mitgliedstaaten haben nach der geltenden Richtlinie die Möglichkeit, Artikel 6 über die wöchentliche Höchstarbeitszeit unter bestimmten Bedingungen nicht anzuwenden, sofern der Arbeitnehmer sein Einverständnis dazu erklärt. Der Änderungsvorschlag erhält diese Möglichkeit des individuellen Opt-out aufrecht, knüpft die Inanspruchnahme jedoch ausdrücklich daran, dass ein Tarifvertrag dies vorsieht. Ist kein Tarifvertrag in Kraft und besteht keine betriebliche Interessenvertretung, so soll die Nichtanwendung des Artikel 6 über die wöchentliche Höchstarbeitszeit weiterhin durch individuelle Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer möglich sein. Die allgemeinen Grundsätze des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sind zu berücksichtigen.

2.3.2

Gegenüber der geltenden Richtlinie sind folgende Bedingungen für die Inanspruchnahme des individuellen Opt-out neu:

Die erforderliche Zustimmung des Arbeitnehmers gilt höchstens ein Jahr und kann verlängert werden. Sofern sie bei Unterzeichnung des Arbeitsvertrages oder während der Probezeit gegeben wird, ist sie nichtig.

Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass kein Arbeitnehmer mehr als 65 Stunden pro Woche leistet, es sei denn im Tarifvertrag oder einer Vereinbarung zwischen den Sozialpartnern ist etwas anderes vorgesehen.

Die vom Arbeitgeber zu führenden Listen müssen die Zahl der effektiv geleisteten Stunden erfassen, und der Arbeitgeber muss dies den zuständigen Behörden auf Aufforderung mitteilen.

2.3.3

Der Änderungsvorschlag sieht weiter vor, dass die EU-Kommission spätestens fünf Jahre nach Inkrafttreten der Richtlinie einen Durchführungsbericht vorlegt, insbesondere zum individuellen Opt-out.

3.   Allgemeine Bewertung

3.1

Die europäischen Sozialpartner haben von der in Artikel 139 EGV vorgesehenen Möglichkeit, eine Vereinbarung abzuschließen, keinen Gebrauch gemacht, da die Standpunkte hinsichtlich der Revision der Richtlinie weit auseinanderliegen. Die divergierenden Standpunkte, wie sie sich als Ergebnis der zweiten Anhörung der EU-Kommission ergeben haben, werden in der Begründung zum Änderungsvorschlag der EU-Kommission dargelegt. Während der EGB zur Aufnahme von Verhandlungen bereit war, sah UNICE „angesichts der Reaktionen des EGB auf die Konsultationsdokumente der Kommission keine Aussicht […], eine Vereinbarung über die Revision der Richtlinie durch Verhandlungen im sozialen Dialog zu erreichen.“ (4) Der EWSA bedauert, dass es nicht zu Verhandlungen der Sozialpartner gekommen ist. Er sieht seine Aufgabe jedoch nicht darin, diese Sozialpartnerverhandlungen zu ersetzen. Er weist vielmehr noch einmal darauf hin, dass gerade bei der Frage der Arbeitszeit den Sozialpartnern eine sehr wichtige Rolle zukommt. (5) Nach Auffassung des EWSA sind Kommission und Rat gut beraten, wenn sie gemeinsam mit dem Europäischen Parlament nach einem Kompromiss suchen, der die Interessen beider Sozialpartner in ausgewogener Weise berücksichtigt. Der Ausschuss wird sich daher in seiner Stellungnahme auf allgemeine Überlegungen und Beurteilungen zum Änderungsvorschlag der EU-Kommission konzentrieren.

3.2

Die Globalisierung von Märkten und Produktionsbeziehungen und die damit verbundene Vertiefung der internationalen Arbeitsteilung stellt die Unternehmen und die europäische Wirtschaft insgesamt vor neue Herausforderungen. Unzweifelhaft führt die Globalisierung zu einer Verschärfung des internationalen Wettbewerbs und zu der Notwendigkeit, sich den veränderten Marktbedingungen anzupassen. Diese Entwicklung setzt auch das europäische Sozialmodell unter Druck, das sich dadurch auszeichnet, dass wirtschaftliche Leistungskraft und sozialer Fortschritt miteinander einhergehen. Das europäische Entwicklungsmodell, das in der Strategie von Lissabon zum Ausdruck kommt, basiert auf einer integrierten Strategie zur Förderung der Wirtschaftsleistung, der Investitionen in die Menschen, des sozialen Zusammenhaltes, der Arbeitsqualität, eines hohen Sozialschutzniveaus sowie der Anerkennung der Bedeutung des sozialen Dialogs. Soziale Mindeststandards als wesentliches Instrument europäischer Sozialpolitik sollten zu einer Verbesserung des Schutzniveaus führen, um dadurch die Konkurrenz um soziale Standards zu begrenzen und zugleich Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Die Revision der Arbeitszeitrichtlinie sollte vor diesem Hintergrund darauf hin geprüft werden, ob sie diesem Ziel gerecht wird.

3.3

Die EU-Arbeitszeitrichtlinie stellt eine Mindestvorschrift im Sinne des Vertrages zur Erreichung der sozialen Ziele der Gemeinschaft dar. In den Sozialvorschriften des Vertrages wird als Ziel formuliert „die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, um dadurch auf dem Wege des Fortschritts ihre Angleichung zu ermöglichen“ (Artikel 136 EGV). Dabei wird ausdrücklich auf die Europäische Sozialcharta von 1961 und die Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 verwiesen, deren Geist bei der Verfolgung der sozialen Ziele der Gemeinschaft zu berücksichtigen ist. Nach der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer von 1989 muss jeder Arbeitnehmer „zufriedenstellende Bedingungen für Gesundheitsschutz und Sicherheit vorfinden“, und es sind Maßnahmen zu treffen, „um die Harmonisierung der auf diesem Gebiet bestehenden Bedingungen auf dem Wege des Fortschritts weiterzuführen“. (6) In der Europäischen Sozialcharta des Europarates von 1961 (revidiert 1996), die alle EU-Mitgliedstaaten anerkannt haben, wird das soziale Recht auf gerechte Arbeitsbedingungen ausformuliert. Darin ist die Verpflichtung für die Vertragsstaaten enthalten „für eine angemessene tägliche und wöchentliche Arbeitszeit zu sorgen und die Arbeitswoche schrittweise zu verkürzen“ sowie „eine wöchentliche Ruhezeit sicherzustellen“ (Artikel 2). Aus dem Geist beider Chartas ergibt sich, dass die Begrenzung und schrittweise Verkürzung der Arbeitszeit ein soziales Grundrecht darstellt und dass die Harmonisierung durch Mindestvorschriften auf europäischer Ebene zu sozialem Fortschritt führen muss.

3.4

Mit der EU-Grundrechtecharta, die Teil der zukünftigen EU-Verfassung ist, wird das Recht auf Begrenzung der Höchstarbeitszeit als ein für die Union verbindliches soziales Grundrecht ausgestaltet. Das Grundrecht auf gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen wird dahingehend präzisiert: „Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.“ (7) Der EWSA ist der Auffassung, dass die Bewertung des Änderungsvorschlags der EU-Kommission von dieser Entwicklung auf europäischer Ebene hin zu einem sozialen Grundrecht ausgehen und vor diesem Hintergrund erfolgen muss. Es stellt sich dabei die Frage: trägt der Änderungsvorschlag dazu bei, dieses soziale Grundrecht durch europaweite Mindestvorschriften durchzusetzen, oder wird nicht vielmehr der Flexibilisierungsspielraum zugunsten wirtschaftlicher Interessen erweitert, ohne zugleich den Schutzbedürfnissen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Rechnung zu tragen? Dies wäre sicher keine geeignete Reaktion auf die Erfordernisse einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft, in der mit Blick auf die Flexibilität der unternehmerischen Tätigkeit und die Gewährleistung des Arbeitnehmerschutzes neue Wege beschritten werden müssen. Das gilt für alle Unternehmen, insbesondere aber für kleine und mittelständische Betriebe und die Unternehmen der Sozialwirtschaft.

3.5

Darüber hinaus ist der Änderungsvorschlag daran zu messen, inwieweit die von der EU-Kommission selbst gesetzten Ziele erreicht werden. Diese bestehen darin, die Verbesserung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes mit mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung, insbesondere auch im Hinblick auf die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, zu verbinden bei Vermeidung unverhältnismäßiger Belastungen für KMU. Der EWSA hat sich in seiner Stellungnahme zur Mitteilung der EU-Kommission „Überprüfung der EU-Arbeitszeitrichtlinie“ (8) bereits mit diesen Zielen befasst und festgestellt, dass „die Richtlinie eine flexible Lösung auf Verhandlungsbasis gestattet“ (9). Zugleich hat er festgestellt, dass „die einzelstaatliche Rechtsetzung im Bereich der Arbeitszeit […] im allgemeinen auf der gemeinsamen Verantwortung der Arbeitgeber und Arbeitnehmer für eine zufriedenstellende Gestaltung der Arbeitszeit [fußt]. Ausgehend von den Arbeitszeitbestimmungen und im Rahmen von Tarifverträgen obliegt den Sozialpartnern der Mitgliedstaaten auf verschiedenen Ebenen die Lösung der Arbeitszeitfragen, die sich am Arbeitsplatz ergeben“ (10). Der EWSA ist der Auffassung, dass es vor allem in der Verantwortung der Mitgliedstaaten liegt, durch gesetzliche Begrenzung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit für den allgemeinen Arbeits- und Gesundheitsschutz zu sorgen. Die Tarifvertragsparteien können hingegen im Rahmen gesetzlicher und tarifvertraglicher Höchstgrenzen flexible Formen der Arbeitszeitorganisation zu vereinbaren, die den besonderen Bedürfnissen in einer Branche Rechnung tragen und zugleich den Arbeits- und Gesundheitsschutz gewährleisten, um dadurch Flexibilität mit sozialer Sicherheit in Einklang zu bringen. Nach Ansicht des EWSA geht es um ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Flexibilität und sozialem Schutz, was durch tarifvertragliche Regelungen am besten gewährleistet werden kann.

3.6

Die geltende Richtlinie lässt eine Verlängerung des Bezugszeitraums bei Mehrarbeit über vier Monate hinaus ausschließlich durch Tarifvertrag zu. Mit dem Änderungsvorschlag wird es erstmals den Mitgliedstaaten erlaubt, den Bezugszeitraum durch Rechts- und Verwaltungsvorschriften generell auf zwölf Monate auszudehnen.

Der EWSA hat sich in seiner früheren Stellungnahme bereits mit dieser Frage befasst und festgestellt: „Da ein Bezugszeitraum von zwölf Monaten bereits in vielen Mitgliedstaaten durch Tarifverträge angewendet wird, vertritt der EWSA die Auffassung, dass die derzeitige Regelung mit der Möglichkeit, den Bezugszeitraum durch Tarifverträge auszuweiten, den Sozialpartnern die notwendige Flexibilität gewährt, um Arbeitszeiten an die jeweilige Situation in den Mitgliedstaaten, Sektoren und Betrieben anzupassen. Diese Regelung sollte daher beibehalten werden“ (11). Nach Meinung des EWSA kommen flexible Arbeitszeitmodelle in den Grenzen der geltenden Richtlinie und auf der Grundlage von Tarifverträgen auch den Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern an mehr Zeitsouveränität und insbesondere auch der besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie entgegen. Außerdem ermöglichen sie die Achtung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, der von wesentlicher Bedeutung ist.

3.7

Nach dem Vorschlag der EU-Kommission soll die sogenannte inaktive Zeit des Bereitschaftsdienstes nicht als Arbeitszeit angesehen werden, wobei als Abgrenzungskriterium die Aufforderung durch den Arbeitgeber herangezogen wird. Die Aufnahme einer Definition des Bereitschaftsdienstes und vor allem der inaktiven Zeit während des Bereitschaftsdienstes steht nicht in Einklang mit den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes in den Rechtssachen Simap, Sergas, Jaeger und Pfeiffer, in denen festgestellt worden ist, dass das „Zur-Verfügung-Stehen am Arbeitsplatz“ für sich genommen Arbeitsleistung ist und damit zur Arbeitszeit hinzu gerechnet werden muss (12). Diese Rechtsprechung basiert nicht nur auf einer Wortauslegung der geltenden Richtlinie, sondern auf deren Sinn und Zweck, einschließlich internationaler Rechtsgrundlagen wie den IAO-Übereinkommen 1 (Gewerbe) und 30 (Handel und Büros) sowie der Europäischen Sozialcharta. Dies bedeutet, dass die Mitgliedstaaten dieser Auslegung des Arbeitszeitbegriffs der geltenden Richtlinie durch den EuGH in ihrem nationalen Arbeitszeitrecht hätten nachkommen müssen.

3.7.1

Das Anknüpfen an die Aufforderung durch den Arbeitgeber hat zur Folge, dass das sich „Zur-Verfügung-Halten“ am Arbeitsplatz keine Arbeitsleistung mehr darstellt. Diese Vorstellung verkennt, dass Arbeitnehmer im Bereitschaftsdienst in ihren Verrichtungen am Arbeitsplatz nicht frei sind und weder Freizeit haben noch Ruhezeit in Anspruch nehmen können. Es liegt in der Natur des Bereitschaftsdienstes, dass der Arbeitnehmer nicht frei über seine Zeit disponieren kann, sondern zur jederzeitigen Arbeitsaufnahme, an einem Arbeitsort, bereit sein, also „zur Verfügung stehen“ muss. Diese besondere Situation mit „Ruhezeit“ gleichzusetzen, würde zu überlangen Arbeitszeiten führen, die den Arbeits- und Gesundheitsschutz der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer erheblich gefährden. Darüber hinaus erscheint es in der Praxis kaum möglich, die inaktive Zeit an das Fehlen einer ausdrücklichen Aufforderung anzuknüpfen. Denn die Aufnahme der konkreten Tätigkeit wird durch die aktuellen Notwendigkeiten am Arbeitsplatz bestimmt und nicht durch die Aufforderung durch den Arbeitgeber, wie bei Einsätzen im Krankenhaus oder bei Feuerwehren leicht nachzuvollziehen ist.

3.7.2

Der EWSA hat in seiner früheren Stellungnahme bereits festgestellt, dass „die Ausgestaltung der Arbeitszeitregeln in Tarifverträgen von grundlegendem Interesse für die Sozialpartner [ist], die in diesen Fragen große Sachkenntnis und Erfahrung besitzen“ (13). Dies trifft nach Auffassung des EWSA insbesondere auch für die Regelung der Arbeitszeitorganisation bei Bereitschaftsdiensten zu. Dies sollte daher den Tarifvertragsparteien vorbehalten bleiben, die dabei die unter Ziffer 3.7 aufgeführten und für sie bindenden grundlegenden Texte zu beachten haben.

3.7.3

Der EWSA ist sich der Tatsache bewusst, dass in verschiedenen Branchen, Berufen und Betrieben unterschiedliche Bedingungen bei der Inanspruchnahme während des Bereitschaftsdienstes bestehen. Der Vorschlag der Kommission zur generellen Aufteilung in einen aktiven und inaktiven Teil des Bereitschaftsdienstes trägt jedoch nach Ansicht des EWSA nicht zur Lösung dieser praktischen Probleme bei. Bereitschaftsdienste als besondere Form der Arbeitszeit bedürfen besonderer, auf die Bedürfnisse der jeweiligen Branche bzw. Tätigkeit zugeschnittener Regelungen, die von den Tarifvertragsparteien getroffen werden müssen. In der tarifvertraglichen Praxis gibt es hierfür viele gute Beispiele.

3.8

Im Hinblick auf die Gewährung gleichwertiger Ausgleichsruhezeiten bei Abweichungen von den Mindestvorschriften über die einzuhaltenden Ruhezeiten sieht die geltende Richtlinie keinerlei Frist vor. Die in dem Änderungsvorschlag vorgenommene Präzisierung beinhaltet daher eine Klarstellung, die allerdings nicht im Einklang mit der einschlägigen EuGH-Rechtsprechung steht. In seinem Urteil in der Sache Jaeger hatte der EuGH nämlich entschieden, dass Ausgleichsruhezeiten unverzüglich zu gewähren sind. Der EWSA ist der Auffassung, dass ein begrenztes Maß an Flexibilität bei der Gewährung von Ausgleichsruhezeiten, wie mit dem Änderungsvorschlag beabsichtigt, sowohl im Interesse des Unternehmens als auch der betroffenen Arbeitnehmer sein kann, wenn zugleich dem Arbeits- und Gesundheitsschutz Rechnung getragen wird. Auch hier sollten den jeweiligen betrieblichen Erfordernissen angepasste Lösungen den Tarifvertragsparteien auf der geeigneten Ebene, je nach den nationalen Gepflogenheiten, vorbehalten sein.

3.9

Das individuelle Opt-out stellt eine generelle Ausnahme von der Mindestvorschrift der Richtlinie über die wöchentliche Höchstarbeitszeit dar. Zwar werden durch den Änderungsvorschlag einige zusätzliche Bedingungen formuliert, die den Missbrauch begrenzen können. Die Tatsache, dass das individuelle Opt-out grundsätzlich unter Tarifvorbehalt gestellt wird, kann jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass damit die Verantwortung für den Arbeits- und Gesundheitsschutz durch gesetzliche Begrenzung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit von den Mitgliedstaaten auf die Tarifvertragsparteien verlagert wird. Darüber hinaus kann von dieser Ausnahme weiterhin Gebrauch gemacht werden, wenn kein Tarifvertrag gilt und es keine Interessenvertretung im Betrieb oder im Unternehmen gibt.

3.9.1

Der EWSA hat sich bereits in seiner früheren Stellungnahme mit den möglichen Konsequenzen dieser Ausnahme für den Arbeits- und Gesundheitsschutz befasst und darauf hingewiesen, dass diese Ausnahme „ausdrücklich nur dann zur Anwendung kommen [kann], wenn der Mitgliedstaat die übergeordneten Prinzipien des ‚Schutzes der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer‘ respektiert“ (14). Der EWSA anerkennt, dass die EU-Kommission mit ihrem Änderungsvorschlag den Versuch unternimmt, den Missbrauch zu begrenzen. Er bezweifelt jedoch, dass die vorgeschlagenen zusätzlichen Bedingungen hierzu geeignet sind. Der EWSA gibt zu Bedenken, dass die Beibehaltung des individuellen Opt-out dem Ziel der Richtlinie selbst als einer europäischen Mindestvorschrift zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ganz generell zuwiderläuft. Dass die Kommission diese Bedenken teilt, geht aus ihrer Mitteilung im Rahmen der ersten Phase der Konsultationen der Sozialpartner selbst hervor, in der es heißt: „In Artikel 18.1 b) i) enthaltene Bestimmungen, die die Möglichkeit schaffen, auf freiwilliger und individueller Basis im Durchschnitt eines Bezugszeitraums mehr als 48 Stunden in der Woche zu arbeiten, könnten das Ziel der Richtlinie des Schutzes von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Frage stellen“ (15). Und weiter heißt es: „Außerdem ist eine nicht beabsichtigte Wirkung zu erkennen: Es ist schwierig, bei den Arbeitnehmern, die eine Opt-out-Vereinbarung unterschrieben haben, die Einhaltung der anderen Richtlinienbestimmungen zu gewährleisten (oder wenigstens zu kontrollieren)“ (16). Der EWSA möchte daher die Frage aufwerfen, warum die Kommission nicht von der Option Gebrauch gemacht hat, die sie in ihrem Konsultationspapier im Rahmen der zweiten Phase der Anhörung der Sozialpartner angeführt hat, nämlich den Vorschlag des Europäischen Parlaments aufzugreifen und „das individuelle Opt-out schnellstmöglich auslaufen zu lassen und in der Zwischenzeit strengere Bedingungen für seine Anwendung nach Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe b) i) zur Sicherstellung des freiwilligen Charakters und der Verhinderung von Missbrauch in der Praxis festzulegen“ (17).

3.10

Ein generelles Ziel des Änderungsvorschlags der Kommission ist es auch, zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie beizutragen. Die Kommission verweist in diesem Zusammenhang auf die für Artikel 22 (1) vorgeschlagenen Änderungen (individuelles Opt-out) sowie den Erwägungsgrund 6, der die Aufforderung an die Sozialpartner enthält, entsprechende Vereinbarungen zu schließen. Der EWSA ist der Auffassung, dass die Kommission es sich mit diesen Verweisen zu einfach macht. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie erfordert im Vorhinein planbare und kalkulierbare Arbeitszeiten, d.h. eine Flexibilität, die nicht einseitig an betrieblichen Belangen ausgerichtet ist, sondern den betroffenen Eltern Spielräume für die Verteilung der Arbeitszeit nach familiären Bedürfnissen einräumt. Das individuelle Opt-out trägt hierzu gerade nicht bei, da es eine Verlängerung der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit über die Mindestvorschrift der Richtlinie hinaus ermöglicht. Der EWSA hatte bereits in seiner früheren Stellungnahme festgestellt: „Die Opt-out-Möglichkeit scheint somit auch einen negativen Effekt auf die Chancengleichheit von Männern und Frauen zu haben.“ (18) Nach Ansicht des EWSA beinhaltet die geltende Richtlinie genügend Flexibilität, um den besonderen Bedürfnissen von Familien Rechnung zu tragen, wobei das individuelle Opt-out eher erschwerend als erleichternd wirkt.

4.   Schlussfolgerungen

4.1

Aus den Überlegungen zur allgemeinen Bewertung des Änderungsvorschlags ergeben sich nach Ansicht des EWSA berechtigte Zweifel, ob der Änderungsvorschlag der Kommission geeignet ist, die angestrebten Ziele auch tatsächlich zu erreichen. Diese Zweifel betreffen insbesondere das angestrebte ausgewogene Verhältnis zwischen Flexibilität und Arbeits- und Gesundheitsschutz und damit auch die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Kommt man zu dem Schluss, dass der Vorschlag diese Ziele nicht in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander bringt, so bleibt als logische Konsequenz nur die Änderung des Kommissionsvorschlags. Nach Auffassung des EWSA ist es nun Aufgabe des Europäischen Parlaments im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens die notwendigen Änderungsvorschläge zu unterbreiten. In diesem Zusammenhang ist der EWSA der Meinung, dass man sich mit einiger Berechtigung die Frage stellen kann, ob das individuelle Opt-out, das ja die Möglichkeit eröffnet, die zentrale Mindestvorschrift der Richtlinie über die wöchentliche Höchstarbeitszeit außer Kraft zu setzen, mit den Grundrechtszielen der neuen EU-Verfassung in Einklang steht.

4.2

Der EWSA möchte dabei nochmals betonen, dass es die vorrangige Aufgabe der Tarifvertragsparteien auf nationaler Ebene ist, unter Achtung der Grundrechte flexible Arbeitszeitmodelle, die den spezifischen Bedürfnissen in einer Branche Rechnung tragen, zu vereinbaren. Dies gilt insbesondere auch für die Regelung von Bereitschaftsdiensten als besondere Form der Arbeitszeit.

4.3

Der EWSA wendet sich daher an EU-Kommission, Europäisches Parlament und EU-Rat mit der Bitte, sich bei der Revision der Richtlinie von folgenden Gesichtspunkten leiten zu lassen:

vorrangige Rolle der Tarifvertragsparteien bei der Prüfung des Bezugszeitraums zur Berechnung und Einhaltung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit innerhalb der bestehenden Grenzen der Richtlinie;

Sicherstellung eines mit der EuGH-Rechtssprechung in Einklang stehenden Ansatzes beim Bereitschaftsdienst, der tarifvertraglichen Lösungen den Vorrang einräumt;

geeignete Maßnahmen der Arbeitszeitorganisation zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie;

Überprüfung des individuellen Opt-out unter dem Gesichtspunkt, ob es nicht dem Geist und der Zielsetzung der Richtlinie selbst entgegensteht, dieses aufrecht zu erhalten.

Brüssel, den 11. Mai 2005

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  KOM(2004) 607 endg. - 2004/209 (COD).

(2)  KOM(2004) 607 endg. - 2004/209 (COD), S. 3-4.

(3)  Die in den Ziffern 2.1, 2.2 und 2.3 erwähnten Artikel beziehen sich auf die Richtlinie 2003/88/EG.

(4)  Brief der UNICE an Kommissar Dimas vom 2.6.2004.

(5)  EWSA-Stellungnahme vom 30.6.2004 zum Thema „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen und die Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene hinsichtlich der Überprüfung der Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung“, Ziffer 2.2.5 (ABl. C 302 vom 7.12.2004, S. 74).

(6)  Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer, Absatz 19.

(7)  EU-Grundrechtecharta Artikel 31 in Artikel II-91 Verfassungsentwurf.

(8)  Mitteilung der Kommission vom 15.1.2004 (KOM(2003) 843 endg.).

(9)  Siehe die in der Fußnote 5 erwähnte EWSA-Stellungnahme (Ziffer 2.2.8).

(10)  Idem, Ziffer 2.2.7.

(11)  Idem, Ziffer 3.1.7.

(12)  Idem, Ziffer 3.2.2.

(13)  Idem, Ziffer 2.2.6.

(14)  Idem, Ziffer 3.3.2.

(15)  KOM(2003) 843 endg. vom 30.12.2003, S. 25 (manche sprachlichen Fehler im Zitat korrigiert). Der Artikel des Zitats bezieht sich auf die Richtlinie 93/104/EG.

(16)  Idem, S. 25.

(17)  Konsultationspapier der EU-Kommission: Zweite Phase der Anhörung der europäischen Sozialpartner auf Gemeinschaftsebene hinsichtlich der Überarbeitung der Richtlinie 93/104/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, S. 13 (Zitat basiert auf englischer und französischer Version, deutsche Übersetzung unpräzise). Der Artikel des Zitats bezieht sich auf die Richtlinie 93/104/EG.

(18)  Siehe die in der Fußnote 5 erwähnte EWSA-Stellungnahme (Ziffer 3.3.6).


ANHANG

zur Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Der unten aufgeführte Änderungsantrag wurde abgelehnt, jedoch von mehr als einem Viertel der abgegebenen Stimmen unterstützt:

(GEGENSTELLUNGNAHME)

Den gesamten Wortlaut der Stellungnahme wie folgt ersetzen:

Der Ausschuss unterstützt allgemein den Vorschlag der Kommission zur Änderung der Richtlinie 2003/88/EG über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung.

Dieser Vorschlag beruht auf Artikel 137 Absatz 2 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, dem zufolge die verabschiedeten Richtlinien zu einer „Verbesserung insbesondere der Arbeitsumwelt zum Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer“ beitragen sollen und gleichzeitig „keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben [sollen], die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen“. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass der Kommissionsvorschlag den Schutz der Gesundheit und der Sicherheit der Arbeitnehmer auf hohem Niveau gewährleistet und gleichzeitig den Betrieben Flexibilität bei der Arbeitszeitgestaltung gewährt.

Der Ausschuss unterstützt in vollem Umfang die von der Kommission definierten Kriterien für alle zukünftigen Vorschläge. Sie müssen

im Zusammenhang mit der Arbeitszeit größeren Schutz von Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer gewährleisten;

den Unternehmen und den Mitgliedstaaten mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung einräumen;

eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen;

eine unverhältnismäßige Belastung der Unternehmen, insbesondere der KMU, vermeiden.

Die Kommission hat die wichtige Rolle der Mitgliedstaaten und der Sozialpartner auf der Ebene der Einzelstaaten, der Branchen und der Betriebe in diesem Zusammenhang zu Recht in den Vordergrund gerückt.

Im Besonderen stellt der Ausschuss fest, dass in zahlreichen Mitgliedstaaten ein Bezugszeitraum von zwölf Monaten schon üblich ist, und daher sollte durch die geltenden Bestimmungen die Festlegung eines Standardbezugszeitraums von einem Jahr gefördert werden.

In Bezug auf die Bereitschaftsdienste weist der Ausschuss darauf hin, dass es in mehreren Mitgliedstaaten einzelstaatliche Rechtsvorschriften und Verfahrensweisen gibt, die die in verschiedenen Sektoren und vor allem im Gesundheitsbereich üblichen Bereitschaftsdienste regeln. Diese Regelungen sind nicht einheitlich, doch ist ihnen allen gemeinsam, dass die Bereitschaftsdienste nicht oder nur teilweise als Arbeitszeiten gelten.

Der Ausschuss schließt sich der Auffassung der Kommission an, dass die nicht aktive Bereitschaftsdienstzeit nicht als Arbeitszeit gelten sollte. Dies ist für den Betrieb aller Unternehmen, vor allem der KMU, sowie für die Weiterentwicklung der Sozialwirtschaft von wesentlicher Bedeutung.

Darüber hinaus sollte nach Ansicht des Ausschusses Bereitschaftsdienstzeit nicht als Ruhezeit gelten, da dies zu übermäßig langen Arbeitszeiten führen und so die Vereinbarkeit von Berufs- und Familienleben erschweren sowie Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer gefährden würde.

Erforderlichenfalls könnte eine Durchschnittsstundenzahl für die nicht aktive Bereitschaftsdienstzeit festgelegt werden, um den unterschiedlichen Bedürfnissen in den verschiedenen Sektoren und Unternehmen gerecht zu werden.

Der Ausschuss ist der Meinung, dass die Möglichkeit des Opt-out beibehalten werden und das kollektive Opt-out dem individuellen gleichgestellt werden sollte. Dies ist wichtig, um die unterschiedlichen Beziehungen zwischen den Sozialpartnern in der erweiterten EU sowie die Erfordernisse der Unternehmen und die Bedürfnisse und Wünsche der Arbeitnehmer, die in bestimmten Lebensabschnitten möglicherweise an längeren Arbeitszeiten interessiert sind, zu berücksichtigen.

Doch ist zu gewährleisten, dass der freiwillige Charakter dieser Möglichkeit erhalten bleibt, dass sie nicht missbräuchlich genutzt werden kann und dass der Mitarbeiter seine Zustimmung zu längeren Arbeitszeiten zurückziehen kann, wenn sich seine Lebensumstände verändern. Der Ausschuss unterstützt daher die im Kommissionsvorschlag an das Opt-out geknüpften zusätzlichen Bedingungen.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen:

:

109

Nein-Stimmen:

:

156

Stimmenthaltungen:

:

7