20.5.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 120/17


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Die gesamteuropäischen Verkehrskorridore“

(2005/C 120/04)

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 23. Januar 2003, gemäß Artikel 29 Absatz 2 seiner Geschäftsordnung eine Stellungnahme zu folgendem Thema zu erarbeiten: „Die gesamteuropäischen Verkehrskorridore“.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 5. Oktober 2004 an. Berichterstatterin war Frau ALLEWELDT.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 412. Plenartagung am 27./28. Oktober 2004 (Sitzung vom 27. Oktober) mit 164 Stimmen bei 2 Gegenstimmen und 9 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Mit einer Erweiterung der Themenstellung auf alle Fragen (1), die mit der Entwicklung der paneuropäischen Verkehrskorridore einhergehen, hat die ständige Studiengruppe im Januar 2003 ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die Aktivitäten der vorherigen Mandatsperiode waren von der Plenarversammlung im Dezember 2002 mit großer Zustimmung zur Kenntnis genommen worden. Neben der Weiterführung und Entwicklung korridorbezogener Aktivitäten haben sich in den Jahren 2003/2004 auch wichtige neue Richtungsentscheidungen von Seiten der EU-Kommission hinsichtlich der Entwicklung der transeuropäischen Netze im Verkehr (TEN-V) ergeben, die auch die Arbeit in den 10 Helsinki-Korridoren betreffen. Die Erweiterung der Europäischen Union im Mai 2004 sowie die Beitrittsperspektive für die südosteuropäischen Staaten verändern gleichermaßen die Rahmenbedingungen für die gemeinsame Infrastrukturpolitik und die Kooperation in den Korridoren.

1.2

Mit dieser Initiativstellungnahme soll nicht nur über die Tätigkeiten und Erkenntnisse des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses im Rahmen der 'gesamteuropäischen Verkehrskorridore' während der vergangenen zwei Jahre Bericht erstattet werden, sondern auch Empfehlungen ausgesprochen werden, welche weiteren Schritte die Betroffenen unternehmen sollten und wie der EWSA hierbei behilflich sein kann.

2.   Neue Rahmenbedingungen in der gesamteuropäischen Verkehrsinfrastrukturpolitik

2.1

Mit dem Bericht der Expertengruppe unter Leitung von Karel van Miert leitete die Kommission Mitte 2003 ihre Revision der TEN-V ein. Im Ergebnis wurde die Liste prioritärer Projekte aus dem Jahre 1996 erweitert, neue Möglichkeiten der Finanzierung durch die EU und eine neue Form der besseren Koordinierung vorgeschlagen (2). Es gab Pläne, das Konzept der Verkehrskorridore in der EU-Infrastrukturpolitik zu verankern. Anstatt einer allgemein netzbezogenen Infrastrukturpolitik in der EU sollte man sich zukünftig auf Prioritäten entlang bestimmter Hauptverkehrsachsen konzentrieren. Dieser Ansatz der van Miert-Gruppe fand keine Zustimmung.

2.2

Der EWSA diskutierte das Thema „Zukunft der TEN-T“ ausführlich im Rahmen seiner externen Fachgruppensitzung in Rom im September 2003 zusammen mit der Kommission V „Große Bauvorhaben und Infrastrukturnetze“ des italienischen Rates für Wirtschaft und Arbeit (CNEL) und verabschiedete eine gemeinsame Erklärung dazu (3). Darin wird mehr Engagement zur Realisierung eines integrierten Verkehrsnetzes gefordert, das die neuen Mitgliedstaaten effektiv einbindet und zugleich darüber hinaus weist. Intermodalität und Nachhaltigkeit müssten in den Vordergrund treten und die Finanzierung gemeinsam verstärkt und unter Umständen mit Hilfe eines Gemeinschaftsfonds für das transeuropäische Verkehrsnetz unterstützt werden.

2.3

Eine Anfrage der italienischen Präsidentschaft an den EWSA führte zur Erarbeitung einer Initiativstellungnahme, die die in Rom begonnene Diskussion vertiefen sollte. Unter dem Titel „Die Verkehrsinfrastruktur zukunftsfähig gestalten: Planung und Nachbarländer – nachhaltige Mobilität – Finanzierung“ (4) fasste der Ausschuss seine aktuellen Kernpositionen zur europäischen Verkehrsinfrastrukturpolitik zusammen. In die Zukunft weisend schlägt der EWSA vor, neue Formen und Mittel der Finanzierung zu erproben, dem Umweltschutz und der sozialen und ökologischen Nachhaltigkeit mehr Priorität einzuräumen sowie in der Planung und Realisierung eines gesamteuropäischen Verkehrsnetzes sowohl die bewährte Arbeit in den Helsinki-Korridoren beizubehalten, wie auch mit neuen Methoden auf die veränderten Herausforderungen zu reagieren.

2.4

Dem friedlichen Wiederaufbau für die Region Südosteuropa hat die Europäische Union hohe Priorität eingeräumt und konsequenterweise den Aufbau einer funktionstüchtigen Verkehrsinfrastruktur mit Hochdruck voran getrieben. Ergänzend zu den schon bestehenden Korridoren mit Relevanz für die Region, X, V, VII, IV und VIII, sowie auf der Grundlage der Helsinki-Erklärung von 1997 und den Erfahrungen im TINA-Prozess (5) wurde ein Verkehrskonzept Südosteuropa entwickelt. Es umfasst ein intermodales Infrastrukturnetz, das sogenannte South East Europe Core Regional Transport Network, das in gemeinsamer koordinierter Vorgehensweise realisiert werden soll. Die betroffenen Staaten (6) haben ein Memorandum of Understanding (MoU) vorbereitet, das unter anderem explizit auf die Zusammenarbeit mit den sozioökonomischen Interessensverbänden in der Region und der ständigen Studiengruppe des EWSA Bezug nimmt.

2.5

Die Koordinierung der Arbeit der Lenkungsausschüsse in den 10 Helsinki-Korridoren (7) und 4 Verkehrsgebieten (PETRAs) (8) hat ein „neues Gesicht“ bekommen. Etwa einmal jährlich lädt die Kommission die Vorsitzenden und Leiter der Sekretariate der Korridore sowie eine Reihe weiterer Vertreter europäischer oder EU-Institutionen ein, um sich über den Sachstand und weitere Perspektiven der Arbeit auszutauschen. Die ehemalige G-24-Arbeitsgruppe Verkehr sollte durch eine kleinere effizientere Arbeitsstruktur ersetzt werden. Zugleich ist den Verantwortlichen in der Kommission klar, dass bestimmte Aspekte der Koordinierung und der technisch-organisatorischen Unterstützung nur von ihr geleistet werden können. Die letzten Treffen fanden im Juni 2003 und am 15. März 2004 statt. Die wichtigsten Erkenntnisse daraus fließen in die Ausführungen in Kapitel 3 und 4.

2.6

Die Erweiterung und die „Neue Nachbarschaftspolitik“ der EU werfen ihre Schatten auch auf die zukünftige verkehrspolitische Planung in Europa und darüber hinaus. Im Juni fand ein gemeinsames Strategietreffen von Kommission und Europäischem Parlament statt, zu dem Repräsentanten des europäischen Verkehrssektors, insbesondere aus den weiteren Nachbarstaaten der EU, eingeladen wurden. Man beschloss die Einsetzung einer hochrangigen Arbeitsgruppe, deren Aufgabe es sein wird, Vereinbarungen über den Ausbau transeuropäischer Hauptverkehrsachsen zu erarbeiten, vor allem in Richtung östliche Nachbarstaaten, Russische Förderation, Schwarzmeer-Region und Balkan. Für den Mittelmeerraum wurde ein Projekt zur Schaffung des Verkehrsnetzes Europa-Mittelmeer auf den Weg gebracht. Für die Türkei wird derzeit der Verkehrsinfrastrukturbedarf untersucht.

3.   Die Ausrichtung der Arbeit der ständigen Studiengruppe

3.1   Neue Entwicklungen und alte Aufgabe: Information und Transparenz

3.1.1

Selbst sieben Jahre Umsetzung der Helsinki-Erklärung und Konsolidierung der Zusammenarbeit in den Lenkungsausschüssen und übergreifend mit Beteiligung der EU-Kommission haben die Transparenz und die bessere Vernetzung der verschiedenen Planungsprozesse kaum erhöht. Die neuen Leitlinien TEN-V, die Korridore und Verkehrsgebiete, das „SEE Core Regional Transport Network“, die Arbeit von ECMT und UN-ECE sowie verschiedene regionale Initiativen der verstärkten Zusammenarbeit erschließen sich insgesamt nur einem kleinen Kreis von Experten.

3.1.2

Der Mangel an Transparenz verstärkt sich auf Ebene der organisierten Zivilgesellschaft. Eine wesentliche Aufgabe der ständigen Studiengruppe ist und bleibt die Funktion, als Informations-Bindeglied in den offiziellen Gremien wie auch gegenüber den interessierten zivilgesellschaftlichen Organisationen zu dienen.

3.2   Konsultationsverfahren nutzen: „europäische“ Verkehrswege brauchen einen „europäischen Konsens“

3.2.1

Die Bilanz der van Miert-Gruppe hat die Schwierigkeiten deutlich werden lassen, die zwischen ehrgeizigen europäischen Planungen und ihrer Realisierung eine Diskrepanz entstehen lassen, die nur schwer zu beeinflussen ist. Mehr grenzüberschreitende Planungsverfahren und mehr Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Interessensgruppen wurden richtigerweise als Elemente einer zukünftigen Verbesserung erkannt und haben auch in den neuen TEN-Leitlinien Eingang gefunden.

3.2.2

Die Beteiligung der zivilgesellschaftlichen Organisationen ist ein Schlüssel zu einer ausgewogenen Entwicklung, welche die lokalen und regionalen Interessen mit berücksichtigt und den Betrieb und die Nutzung der Verkehrswege mit Leben erfüllt. Infrastrukturprojekte im europäischen Interesse erfüllen ihre Funktion erst dann, wenn sie Interessen der Nachhaltigkeit entsprechen und diese aufnehmen. Dazu braucht man eine Beteiligung von Wirtschaftsverbänden, Verkehrsunternehmen, Gewerkschaften, Umwelt- und Verbraucherverbänden, die auf europäischer Ebene grenzüberschreitend funktionieren muss. Die Impulse für die Umsetzung „europäischer“ Verkehrswege können nur von einem gesellschaftlich getragenen „europäischen“ Verständnis und Konsens getragen werden.

3.2.3

Der EWSA hat wiederholt seine Unterstützung angeboten, diesen Konsens mit herzustellen. Hierzu muss man das Instrument der Anhörungen auf europäischer Ebene systematisch nutzen. Der EWSA warnt jedoch davor, dies als Pflichtübung durchzuführen, ohne die Berücksichtigung der Ergebnisse zu gewährleisten. Die in Zusammenarbeit mit der EU-Kommission vom EWSA durchgeführte Anhörung zum TINA-Prozess 1998 fand trotz großem Interesse und klaren Schlussfolgerungen keinerlei Berücksichtigung im Abschlussbericht.

3.3   Von der Konsultation zur konzeptionellen und praktischen Mitarbeit

3.3.1

In der langjährigen Arbeit des EWSA zur gesamteuropäischen Verkehrspolitik stand die Grundsatzforderung nach Beteiligung und Konsultation lange Zeit im Mittelpunkt. Heute hat sich dieses Grundverständnis bei den Beteiligten, die europaweit agieren, weitgehend durchgesetzt, und der EWSA hat gute Arbeitskontakte etabliert. Damit muss nun auch ein Anspruch eingelöst werden, konzeptionell und praktisch an der Arbeit der Lenkungsausschüsse und anderer Gremien mitzuwirken.

3.3.2

Die inhaltliche Grundlage für die konzeptionelle Zusammenarbeit bildet insbesondere die jüngste Initiativstellungnahme „Die Verkehrsinfrastruktur zukunftsfähig gestalten“, die ausdrücklich die Grundsätze der europäischen Verkehrspolitik aus Sicht des Ausschusses definiert. Das Ziel der Nachhaltigkeit, Überlegungen zur besseren Finanzierung und die gesamteuropäische Ausrichtung der Verkehrsinfrastruktur bilden drei Schwerpunkte. In bezug auf den Ausbau der Verkehrskorridore werden Handlungsprioritäten definiert, an denen sich die Arbeit der ständigen Studiengruppe orientiert und die deshalb hier – kurzgefasst – erwähnt werden (9):

Die bessere Verbindung von Wirtschaftsräumen sollte überprüft werden.

Die Intermodalität muss anhand nachvollziehbarer Kriterien erhöht werden.

Die Verbindung zu den Binnenwasserstraßen muss verbessert werden.

Der Kurstreckenseeverkehr sollte integriert werden.

Die Zusammenarbeit im Schienenverkehr zeigt teilweise Erfolge und sollte stärker propagiert werden.

Der Verbindung zwischen regionalen und lokalen Verkehrsnetzen und den Hauptverkehrsachsen sollte mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.

Qualitative, betriebsbezogene Entwicklungsziele müssen systematisch Eingang in die Korridorarbeit finden (Sicherheit, Verbraucherinteressen, Sozialbedingungen insbesondere im Straßenfernverkehr, Dienstleistungsqualität, Umweltbilanz).

Das Korridor-Konzept sollte weitgehend beibehalten und territorial weiter ausgedehnt werden.

3.3.3

Teilweise sind diese Ziele von der Kommission in den revidierten TEN-Leitlinien aufgegriffen worden. Das Kunststück liegt darin, ihre Umsetzung praktisch und nachvollziehbar voranzubringen und dies in gemeinsamer grenzüberschreitender Weise. Der EWSA hat gute Möglichkeiten, mit Hilfe spezifischer und praxisrelevanter Aktionen dazu beizutragen.

3.4   Korridor-Vernetzung und regionale Zusammenarbeit

3.4.1

Die Arbeit in den Lenkungsausschüssen läuft mittlerweile in allen Korridoren etwa gleichermaßen intensiv. Gleichzeitig ist generell festzustellen, dass es regionale Verknüpfungen gibt, so dass man heute mehr von einem Korridor-Netz als von einzelnen Verkehrsachsen sprechen kann. Zusammen mit den Ansätzen in den Verkehrsgebieten setzt sich zunehmend eine regionale Komponente der Kooperation durch, beispielsweise in Südosteuropa die Korridore IV, V, VII und X, oder im Ostseeraum die Korridore I, und IX. Dies steht im Kontrast zu den eher geringen Aktivitäten in den offiziell ausgewiesenen Verkehrsgebieten (PETRAs).

3.4.2

Beide Ansätze, die Realisierung von Hauptverkehrsachsen und die großräumig regionale Verknüpfung, ergänzen sich. In der Arbeit der ständigen Studiengruppe sollten regionale Entwicklungskonzepte zukünftig stärker bearbeitet werden. Die Verbindung zwischen Verkehrspolitik, Regionalentwicklung und den Schwerpunktbereichen in den Außenbeziehungen des EWSA (östliche Nachbarstaaten, Nördliche Dimension, Südosteuropa) ist ein wichtiger Fachgruppen-übergreifender Beitrag des EWSA.

3.5   Zukunftsaufgabe: neue Verbindungen herstellen

3.5.1

Das Strategietreffen von Kommission und EP im Juni 2004 ist begrüßenswert, hat doch der EWSA stets betont, dass mit der Erweiterung nicht die Initiative der EU für die Realisierung europäischer Verkehrsverbindungen schwächer werden sollte. In einem Briefwechsel mit dem EWSA versichert die Kommission, dass dies ein Auftakt sei für ein breiteres und offeneres Abstimmungsverfahren, in dem alle Beteiligten ihren Beitrag leisten könnten. Diese Öffnung ist entscheidend für das Gelingen und die Nachhaltigkeit neuer Verkehrsplanungen auf europäischer Ebene.

3.5.2

Die bisherigen Erfahrungen, insbesondere die Arbeit der Lenkungsausschüsse, bilden eine wichtige und unverzichtbare Grundlage für neue Planungen. Der spezifische Beitrag des EWSA, wie er in der vorliegenden Stellungnahme charakterisiert wurde und sich in langjähriger Praxis entwickelt hat, könnte nun in einem frühen Stadium der Infrastrukturplanung eingebracht werden. Diese Chance gilt es zu nutzen.

4.   Aktivitäten der ständigen Studiengruppe in den einzelnen Verkehrskorridoren

4.1

In Korridor II  (10) hat sich mittlerweile eine gewerkschaftliche Arbeitsgruppe gebildet. Eine erste Sitzung fand am 10./11. April 2003 in Moskau statt. Der EWSA nahm auch an der offiziellen Lenkungsausschusssitzung am 15./16. Mai 2003 in Berlin teil. Aus beiden Begegnungen lassen sich vielversprechende Ansätze für unsere Arbeit erkennen. Die Problematik in Korridor II liegt in der schwierigen Kooperation mit Belarus. Mittlerweile hat sich ein Trend durchgesetzt, wonach Belarus – und damit ein großer, sehr gut ausgebauter Teil des Korridors – nördlich umfahren wird. Der Grund sind Schwierigkeiten an den Grenzen. Eine Intensivierung der Kooperation der Eisenbahngesellschaften findet aktuell statt. Eine Ausweitung des Korridors bis Jekaterinenburg wurde kürzlich vorgeschlagen. Es gibt ein besonderes Interesse daran, die Probleme im Straßenverkehr und die praktischen Abläufe an den Grenzübergängen besser zu bewältigen und hierbei die Mithilfe des EWSA in Anspruch zu nehmen.

4.2

Die Beteiligung an der Arbeit in Korridor IV  (11) hat sich kontinuierlich gefestigt. Im Rahmen der Sitzung des Lenkungsausschusses in Sopron/Ungarn am 20./21. Mai 2003 realisierte sich auch das Zusammentreffen zwischen Vertretern von Eisenbahnunternehmen und den Eisenbahngewerkschaften in Korridor IV und führte zu einer fruchtbaren Diskussion um die Förderung des Schienentransports, die weitergeführt werden soll. Dies geschah auf der letzten Sitzung am 10./11. November 2003 in Dortmund. Als thematischer Schwerpunkt für die weiteren Gespräche wurden technisch-organisatorische Hürden und Lösungsvorschläge an den Grenzübergängen identifiziert. Zur Wahrung der Kontinuität wird nun auch ein/e Vertreter/in der gewerkschaftlichen Kooperation der Eisenbahnbeschäftigten als Beobachter an den Lenkungsausschüssen teilnehmen. Es bietet sich nun an, die wirtschaftliche und soziale Lage im Straßengüterverkehr sowie technisch-organisatorische Aspekte in diesem Transportsektor in Korridor IV thematisch anzugehen.

4.3

Der EWSA selbst legt besonderen Wert auf die Förderung des Korridors X  (12). In diesem Sinne wurde der Kontakt zum dortigen Lenkungsausschuss intensiviert. Eine Konkretisierung möglicher EWSA Aktivitäten erfolgte im Rahmen der Lenkungsausschuss-Sitzung am 18./19. Juli 2003 in Slowenien. Am 3. November 2003 führte der EWSA eine sehr erfolgreiche Dialogkonferenz in Belgrad durch, die in eine gemeinsame Entschließung mündete (13). Daraus folgen weitere Schritte zur Intensivierung insbesondere im Schienenverkehr. Arbeitskontakte in Sarajewo sowie die Zusammenarbeit mit der Lenkungsgruppe des SEE Core Networks sind die weiteren Koordinaten dieser Arbeit. Unter dem Gesichtspunkt einer ausgewogenen Seehafenpolitik und deren Anbindung an die Hinterlandverkehre ist Korridor V  (14) eine wichtige Verbindungsachse in diesem Kontext.

4.3.1

Anfang November 2004 ist eine gemeinsame Veranstaltung mit der Arbeitsgemeinschaft der Bahnen, ARGE Korridor XLine, zur Förderung besserer Schienverkehrsdienste geplant mit einem besonderen Demonstrationszug und Aktionen in Villach (Österreich), Zagreb (Kroatien) und Sarajewo (Bosnien Herzegowina). (15)

4.4

Zur Förderung der Binnenschifffahrt und des Korridors VII  (16), Donau, hat der EWSA eine ganze Reihe von Vorschlägen erarbeitet (17). Im Juli 2004 fand die letzte Lenkungsausschusssitzung statt. Aktuell werden im Rahmen der ständigen Studiengruppe weitere Überlegungen angestellt, in deren Mittelpunkt die derzeitigen Hemmnisse bei der Entwicklung des Schiffsverkehrs im Korridor VII und geeignete Regelungen zur Beseitigung dieser Hemmnisse stehen. Zugleich geht es um die Möglichkeiten und den Investitionsbedarf für eine bessere Integration in ein multimodales Verkehrssystem. (18)

4.4.1

In seiner am 28. Januar 2004 (19) verabschiedeten Stellungnahme zum Thema „Die Verkehrsinfrastruktur zukunftsfähig gestalten“ hob der EWSA folgende Erfordernisse hervor: „die besondere Förderung des Binnenschifffahrtskorridors VII, Donau, die Verknüpfung mit Schienenverkehrslinien sowie angemessene technische und soziale Regelungen des grenzüberschreitenden Binnenschiffsverkehrs“ hervor.

4.4.2

Außerdem hat der Gemischte Beratende Ausschuss EU-Rumänien (auf seiner Tagung am 23./24.5.2002 in Bukarest) vorgeschlagen, zur besseren Nutzung der Donau als gesamteuropäischem Verkehrskorridor Maßnahmen für ihre Schiffbarkeit und ihren Anschluss an das Schwarze Meer zu ergreifen und diese stärker finanziell zu unterstützen.

4.5

Seit der Dialogkonferenz in Korridor III  (20) und VI  (21), in Katowice 2001, hat es keine eigenen Aktivitäten des EWSA in diesen Korridoren gegeben. Nun liegt ein Schreiben des Sekretariats für den Korridor III vom August 2004 vor mit der Aufforderung, mit Vorschlägen zum Arbeitsprogramm 2003/2004 zur weiteren Entwicklung beizutragen.

4.6

Besondere Unterstützung erhielt der EWSA in den letzten 1-2 Jahren von der sich neu formierenden Gewerkschaftszusammenarbeit der Beschäftigten im Verkehrssektor entlang der Korridore und im gesamteuropäischen Kontext, organisiert von der Europäischen Transportarbeiter-Föderation (ETF). Quer durch alle Verkehrssektoren und mit wichtigen konzeptionellen und praktischen Beiträgen hat das ETF-Projekt maßgeblich zum Gelingen der EWSA-Aktivitäten beigetragen und wird die Zusammenarbeit auch zukünftig stärken.

4.7

Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass der Vorsitzende der ständigen Studiengruppe in Zusammenarbeit mit dem Sekretariat der Fachgruppe TEN und mit Unterstützung der zuständigen Dienststellen der Europäischen Kommission zu jedem einzelnen Korridor eine Kurzbeschreibung von Basisdaten erstellt hat (22).

5.   Empfehlungen für die weitere Arbeit

5.1

Die neuen Koordinaten der gesamteuropäischen Verkehrspolitik, wie sie oben beschrieben wurden, sind von der ständigen Studiengruppe aufgegriffen worden und in die regionalen, praktischen und konzeptionellen Planungen eingeflossen. Noch mehr als vorher liegt die Stärke des EWSA in seiner Fähigkeit, Interessen zu integrieren und praktische Vorschläge zu machen. Aktionen und Präsenz vor Ort müssen dominieren.

5.2

Mit der ständigen Studiengruppe verfügt der EWSA über eine Art Clearingstelle, die Informations- und Anlaufstelle ist für Interessierte außerhalb und innerhalb des Ausschusses. Information, Moderation, Koordinierung der EWSA-Aktivitäten und verantwortliche Teilhabe an den übergreifenden Koordinierungstätigkeiten auf europäischer Ebene sind die zentralen Aufgaben der ständigen Studiengruppe, die ihr Fundament in 13 Jahren aktiver Mitgestaltung des Ausschusses an der gesamteuropäischen Verkehrspolitik erworben hat.

5.3

In den kommenden zwei Jahren sollte der Schwerpunkt der EWSA-Aktivitäten auf die praktische Mitarbeit und Beteiligung zivilgesellschaftlicher Organisationen vor Ort gelegt werden. Es geht um einen Beitrag zur Realisierung der in Absatz 3.3.2 dargelegten verkehrspolitischen Zielsetzungen, indem relevante zivilgesellschaftliche Organisationen ihre Einschätzung, Kritik und Verbesserungsvorschläge artikulieren können, jeweils auf einzelne Korridore, Regionen oder Infrastrukturprojekte bezogen.

5.4

Die Zusammenarbeit des EWSA mit den Korridor-Lenkungsausschüssen und der EU-Kommission sollte weiter intensiviert werden. Insbesondere ist die neue Rolle der ständigen Studiengruppe im Rahmen der Realisierung des „South East Europe Core Regional Transport Network“ (siehe Absatz 2.4) auszufüllen.

5.5

Die ständige Studiengruppe sollte Überlegungen anstellen, wie die operativen Aspekte des Verkehrsbetriebes besser bei der Realisierung der gesamteuropäischen Verkehrsachsen berücksichtigt werden können, insbesondere sollten die Aspekte Intermodalität, Umweltschutz, Sicherheit, Sozialbedingungen und Effizienz im Zusammenhang mit der Korridorpolitik konkretisierbar werden.

5.6

Die Planung neuer Verkehrsachsen im Rahmen der Europäischen Nachbarschaftspolitik (ENP) findet derzeit statt. Die EU-Kommission hat Offenheit in diesem Zusammenhang signalisiert, und die ständige Studiengruppe sollte hierzu einen Beitrag leisten.

5.7

Die Arbeit der EU-Kommission und die Arbeit der Lenkungsausschüsse in den Korridoren und Verkehrsgebieten sollte stärker miteinander verbunden werden. Die EU-Kommission hat hier eine wichtige koordinierende Funktion, die auch eine technisch-organisatorische Unterstützung beinhalten sollte. Wünschenswert wäre mehr Raum für eine, alle Beteiligten umfassende, gemeinsame Ausrichtung der verschiedenen Aktivitäten auf gesamteuropäischer Ebene und eine stärkere Teilnahme des Europäischen Parlaments.

Brüssel, den 27. Oktober 2004

Die Präsidentin

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Anne-Marie SIGMUND


(1)  Präsidiumsbeschluss vom 23. Oktober 2002.

(2)  Weitere Bewertung siehe EWSA-Stellungnahme ABl. C 10 vom 14.1.2004, S. 70.

(3)  CESE 1043/2003 fin – liegt im Fachgruppensekretariat TEN vor.

(4)  ABl. C 108 vom 30.4.2004, S. 35.

(5)  Transport-Infrastructure-Needs-Assessment (TINA), Infrastrukturplanung mit den Beitrittsländern in der 2. Hälfte der 90er Jahre.

(6)  Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Serbien-Montenegro, FYROM.

(7)  Eine ausführliche Karte der Korridore liegt im Fachgruppensekretariat TEN vor.

(8)  PETRAs: 4 Verkehrsregionen entsprechend Helsinki-Erklärung 1997: Barents-Euro-Arctic – Black Sea basin – Mediterranean basin – Adriatic/Ionean Seas.

(9)  ABl. C 108 vom 30.4.2004, S. 35, Absätze 1.8.1 bis 1.8.8.

(10)  Deutschland – Polen – Weißrussland – Russland.

(11)  Deutschland – Tschechien – Österreich – Slowakei – Ungarn – Rumänien – Bulgarien – Griechenland – Türkei.

(12)  Österreich – Kroatien – Serbien – FYROM – Slowenien – Ungarn – Serbien – Bulgarien.

(13)  Siehe Anhang 1.

(14)  Italien – Slowenien – Ungarn – Ukraine – Slowakei – Kroatien – Bosnien-Herzegowina.

(15)  Einzelheiten der Aktionen sind in laufender Vorbereitung und deshalb nicht in dieser Stellungnahme enthalten, sondern im Fachgruppensekretariat TEN abrufbar.

(16)  Deutschland – Österreich – Slowakei – Ungarn – Kroatien – Serbien – Bulgarien – Moldawien – Ukraine – Rumänien.

(17)  „Streben nach einer gesamteuropäischen Regelung der Binnenschifffahrt“, ABl. C 10 vom 14.1.2004, S.49.

(18)  Weitere Ausführungen dazu siehe Arbeitspapier von LEVAUX, zu beziehen über das Fachgruppensekretariat TEN.

(19)  Siehe Fußnote 4.

(20)  Deutschland – Polen – Ukraine.

(21)  Polen – Slowakei – Tschechien.

(22)  Siehe Anhang 2– inoffizielle Angaben, die eventuellen Änderungen unterworfen sind.