52004DC0527

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und an den Rat über das Funktionieren und die Perspektiven des Personenverkehrs mit Kraftomnibussen: Marktzugang im grenzüberschreitenden Personenverkehr und in der Kabotagebeförderung, Sicherheit und Fahrgastrechte [SEC(2004) 1020] (Text von Bedeutung für den EWR) /* KOM/2004/0527 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND AN DEN RAT über das Funktionieren und die Perspektiven des Personenverkehrs mit Kraftomnibussen: Marktzugang im grenzüberschreitenden Personenverkehr und in der Kabotagebeförderung, Sicherheit und Fahrgastrechte [SEC(2004) 1020] (Text von Bedeutung für den EWR)

A. EINLEITUNG

Die Mitteilung enthält eine Analyse des Funktionierens der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für den Marktzugang im grenzüberschreitenden Personenverkehr und bei der Kabotagebeförderung. Damit wird der Verpflichtung gemäß der Verordnung Nr. 684/92 [1] in der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 11/98 [2] in Bezug auf den grenzüberschreitenden Personenverkehr und der Verordnung Nr. 12/98 [3] in Bezug auf die Kabotagebeförderung entsprochen. Darin ist vorgesehen, dass die Kommission einen Bericht über die Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für den Zugang zum Personenverkehrsmarkt sowie die Auswirkungen der Kabotagebeförderung auf den innerstaatlichen Verkehrsmarkt vorlegt.

[1] ABl. L 74 vom 20.3.1992, S.1.

[2] ABl. L 4 vom 8.1.1998, S. 1.

[3] ABl. L 4 vom 8.1.1998, S. 10.

Dieser Mitteilung ist als Anhang eine Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen beigefügt. Abgesehen von der Mitteilung an das Europäische Parlament und den Rat enthält diese Unterlage eine Zusammenfassung der Fragen zur Auslegung oder Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften, die die Mitgliedstaaten, Verkehrsunternehmen oder Unternehmerverbände im Lauf der vergangenen Jahre an die Kommission gerichtet haben. Er geht ferner auf bestimmte wirtschaftliche Aspekte des Personenkraftverkehrmarkts ein. Diese Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen ist für die betreffenden Wirtschaftsteilnehmer und die nationalen Behörden bestimmt und soll der einheitlichen Anwendung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für den Marktzugang dienen.

Über den Anwendungsbereich der Verordnungen Nr. 684/92 und Nr. 12/98 hinaus werden in der Arbeitsunterlage zwei weitere wichtige Themen im Rahmen der Weiterentwicklung des Personenkraftverkehrs angesprochen: die Sicherheit der Fahrzeuge und die Fahrgastrechte. Die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften für den Marktzugang sind zwar von grundlegender Bedeutung, doch hängt die Weiterentwicklung des Personenverkehrssektors ebenso von der den Kunden gebotenen Sicherheit ab. In der Arbeitsunterlage werden die technischen Fortschritte, durch die Fahrzeuge sicherer gemacht wurden, aber auch die Lücken dargestellt, die gegebenenfalls durch neue Initiativen der Kommission geschlossen werden müssen. Was die Fahrgastrechte betrifft, so ist die Gewährleistung leistungsfähiger und qualitativ hochwertiger Verkehrsdienste von grundlegender Bedeutung für die Integrationsförderung, die Steigerung des Wohlbefindens der Bürger und deren Unterstützung bei der Ausübung ihrer Rechte. Daher muss über diese Fragen intensiv nachgedacht werden. Die Fahrgastrechte werden sicherlich zu den Prioritäten der Gemeinschaftstätigkeit in den kommenden Jahren zählen.

B. BERICHT ÜBER DAS FUNKTIONIEREN DES GEMEINSCHAFTSRAHMENS

1. Grenzüberschreitende Personenverkehrsdienste

Die Gemeinschaftslizenz

Nach den der Kommission vorliegenden Informationen hatten die Verkehrsunternehmen und die zuständigen nationalen Behörden bei der Anwendung und Auslegung der Verordnung Nr. 684/92 in der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 11/98 keine größeren Probleme. Ziel der Verordnung Nr. 11/98 war die Anpassung und Vereinfachung der Verordnung Nr. 684/92, der ersten gemeinschaftlichen Rechtsvorschrift zur Öffnung des grenzüberschreitenden Personenverkehrs. Angesichts der Erfahrungen der letzten Jahre kann man sagen, dass diese Ziele der Verordnung Nr. 11/98 erreicht wurden.

Durch die Gemeinschaftslizenz konnten die außerhalb des Mitgliedstaats der Niederlassung des Verkehrsunternehmers durchgeführten Kontrollen vereinfacht und damit die Zugangsbedingungen zum grenzüberschreitenden Verkehrsmarkt verbessert werden. In Zusammenhang mit der Anwendung von Sanktionen durch die nationalen Kontrollbehörden anlässlich der Überprüfung der im Fahrzeug mitzuführenden Papiere gingen bei der Kommission einige Beschwerden ein. Der Standpunkt der Kommissionsdienststellen, dessen Kernpunkte im beigefügten Dokument enthalten sind, wird sicherlich die ordnungsgemäße Anwendung der einschlägigen Rechtsvorschriften gewährleisten. Da diese Gemeinschaftslizenz von grundlegender Bedeutung für das Funktionieren des Personenverkehrsmarktes ist und dieses Dokuments daher unter Einhaltung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften verwendet werden muss fordert die Kommission alle interessierten Parteien auf, ihr Bemerkungen zu folgender Frage zu übermitteln:

Frage Nr. 1

Sind die Klarstellungen der Kommission (im Rahmen der Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen) zur Auslegung und Anwendung der Vorschriften zur Gemeinschaftslizenz ausreichend? Entsprechen sie den Bedenken der Behörden, die die Gemeinschaftslizenzen und die beglaubigten Kopien ausstellen, der Kontrollbeamten und der Verkehrsunternehmen?

Des Genehmigung des Linienverkehrs

Das für den grenzüberschreitenden Linienverkehr und Sonderformen des Linienverkehrs vorgesehene Genehmigungsverfahren stellt eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz der Öffnung des Verkehrsmarktes dar. Egal, ob es sich um den Kraftverkehr, den Schienenverkehr, den See- oder Luftverkehr, die Beförderung von Gütern oder Personen handelt - die Europäische Gemeinschaft war stets bestrebt, den Markt immer weiter zu liberalisieren und gleichzeitig ein hohes Niveau bei der Dienstequalität und der Sicherheit zu halten. Es ist nun an der Zeit, über eine neue Etappe - als Zwischenschritt oder abschließender Schritt - auf dem Weg zu einem offeneren Markt des grenzüberschreitenden Linienverkehrs nachzudenken. Drei Szenarien kommen in Betracht :

- 1. Szenario : Begrenzung der Fälle, in denen eine Genehmigung abgelehnt wird

Die Verordnung Nr. 11/98 gibt bereits die Möglichkeit, die Gründe, aus denen Genehmigungen für den grenzüberschreitenden Linienverkehr abgelehnt werden können, einzugrenzen. Die Genehmigung wird nun zwangsläufig erteilt, wenn keiner der in der Verordnung vorgesehenen Ablehnungsgründe angeführt werden kann. Ein weiterer Schritt wäre die weitestgehende Einschränkung der in Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung Nr. 684/92 vorgesehenen Ablehnungsmöglichkeit. Die Kommission hatte im Jahr 1996 [4] vorgeschlagen, die Tatsache, dass dieser Verkehrsdienst die Funktionsfähigkeit eines vergleichbaren Eisenbahndienstes auf direkten Teilstrecken ernsthaft beeinträchtigen würde, als Ablehnungsgrund zu streichen. Auch wenn dieser Vorschlag bei der Annahme der Verordnung Nr. 11/98 nicht übernommen wurde ist diese Streichung unter dem Gesichtspunkt des freien Wettbewerbs zwischen den einzelnen Verkehrsträgern vollkommen gerechtfertigt. Zu beachten ist überdies, dass nach den der Kommission vorliegenden Informationen noch nie eine Genehmigung aus diesem Grund versagt wurde.

[4] KOM (96) 190 endg.

Außerdem sollten die in Artikel 7 Absatz 4 Buchstaben d und e vorgesehenen Regeln gelockert werden, um die Entwicklung neuer Linienverkehrsdienste auf bestimmten grenzüberschreitenden Strecken zu fördern. Die derzeitigen Bestimmungen könnten dazu führen, dass bestimmte Märkte vollständig abgeschottet bleiben, weil der Eintritt neuer Verkehrsunternehmer unmöglich ist.

- 2. Szenario : Begrenzung der Ablehnungen und stillschweigende Genehmigung

Gemäß Artikel 7 Absatz 3 entscheidet die Genehmigungsbehörde binnen vier Monaten nach Eingang des Antrags eines Verkehrsunternehmers. In der Praxis wird diese Frist oft überschritten, was für die antragstellenden Verkehrsunternehmen nicht hinnehmbar ist.

Daher ist neben der Begrenzung der Fälle, in denen eine Genehmigung abgelehnt werden kann (siehe 1. Szenario) auch die stillschweigende Genehmigung vorzusehen. Hat die Genehmigungsbehörde nicht innerhalb der Frist in Artikel 7 Absatz 3 entschieden, so gilt die Genehmigung als erteilt; das Unternehmen kann dann den geplanten Linienverkehrsbetrieb am ersten Tag nach Ablauf der genannten Frist aufnehmen.

- 2. Szenario : Abschaffung des Genehmigungsverfahrens

Nach diesem letzten Szenario würde der grenzüberschreitende Linienverkehr nach dem Muster des Gelegenheitsverkehrs vollständig liberalisiert. Jedes in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft niedergelassene Unternehmen könnte einen neuen grenzüberschreitenden Linienverkehrsdienst betreiben, unabhängig davon, ob die Strecke bereits von einem oder mehreren anderen Verkehrsunternehmen bedient wird. Hier würde der Grundsatz des freien Wettbewerbs gelten.

Diese vollständige Liberalisierung des grenzüberschreitenden Linienverkehrs stuende jedoch im Widerspruch zum Verfahren der Unterrichtung der betreffenden nationalen Behörden, die so prüfen könnten, ob das Unternehmen, das einen neuen Linienverkehr plant, den Gemeinschaftsbestimmungen für den Zugang zum Beruf des Personenkraftverkehrsunternehmers oder die Regeln in Bezug auf die Verkehrssicherheit erfuellt. Dem Niederlassungsmitgliedstaat des Verkehrsunternehmers käme im Rahmen dieses neuen liberalisierten Marktes erhebliche Bedeutung in Bezug auf die Überwachung zu. Der Entzug oder die Nichtverlängerung der Gemeinschaftslizenz (oder der Entzug der beglaubigten Kopien der Gemeinschaftslizenz) müssten stärker als bisher als Sanktionen eingesetzt werden, um die Verkehrsunternehmer zu strengster Einhaltung der Vorschriften zu bewegen. Die angemessene Überwachung der Pflichten der Verkehrsunternehmer mit möglichen Sanktionen in Bezug auf die Gemeinschaftslizenz träten an die Stelle der derzeitig praktizierten Überwachung durch das Genehmigungsverfahren für den Linienverkehr.

Darüber hinaus müsste ein Überwachungsdokument vorgesehen werden, das die in der Verordnung Nr. 684/92 vorgesehene Genehmigung ersetzt. Außerdem muss sichergestellt werden, dass sich diese Liberalisierung unter Achtung der im Rahmen grenzüberschreitender Verbindungen bestehenden öffentlichen Verkehrsdienste und Konzessionen vollzieht.

Die Kommission fordert alle betroffenen Parteien - Verkehrsunternehmer, Unternehmerverbände und nationale Behörden - auf, ihre Bemerkungen zu den folgenden Szenarien zu übermitteln:

Frage Nr. 2

Ist das Verfahren gemäß der Verordnung Nr. 684/92 in der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 11/98, nach dem Genehmigungen für den grenzüberschreitenden Linienverkehr und für Sonderformen des Linienverkehrs beantragt und erteilt werden, gerechtfertigt und ausgewogen in Bezug auf das Ziel einer Liberalisierung der Verkehrsdienste im Binnenmarkt?

Welcher Grad der Liberalisierung sollte erreicht werden ?

a. 1. Szenario : Begrenzung der Fälle, in denen die Genehmigung abgelehnt wird gemäß Artikel 7 Absatz 4 der Verordnung Nr. 684/92 in der geänderten Fassung der Verordnung Nr. 11/98. Welche Fälle der Ablehnung sollten geändert bzw. gestrichen werden?

b. 2. Szenario : Begrenzung der Fälle, in denen die Genehmigung abgelehnt wird und stillschweigende Genehmigung durch die ausstellende Behörde, wenn diese nicht binnen vier Monaten nach Antragstellung durch den Verkehrsunternehmer entschieden hat.

c. 3. Szenario : Vollständige Liberalisierung des grenzüberschreitenden Linienverkehrs und der noch genehmigungspflichtigen Sonderformen des Linienverkehrs nach dem Muster des Gelegenheitsverkehrs. Welche Formalitäten und Dokumente wären in diesem Fall als Ersatz für die im Rahmen des derzeitigen Genehmigungsverfahrens vorgesehenen erforderlich ?

Auf der Grundlage der zu diesem Thema eingehenden Bemerkungen und Anregungen beabsichtigt die Kommission die Annahme eines Vorschlags (Ende 2004 oder Anfang 2005) zur Änderung der in den Verordnungen Nr. 684/92 und 11/98 vorgesehenen Bedingungen für den grenzüberschreitenden Linienverkehr.

2. Die Kabotagebeförderung von Personen

Die Verordnung Nr. 12/98 über die Kabotagebeförderung von Personen war nicht Gegenstand von Auslegungs- oder Anwendungsproblemen. Die Mitgliedstaaten haben keinen einzigen Verstoß gegen das grundlegende Merkmal der Kabotage, wonach die Dienstleistung im Aufnahmemitgliedstaaat nur zeitweise erbracht werden darf, gemeldet. Die durchschnittliche Dauer des Gelegenheitsverkehrs ist sehr kurz, sie liegt zwischen 1-5 Tagen im Aufnahmemitgliedstaat. Die Zahl der Kabotagebeförderungen im Linienverkehr ist sehr gering. Sonderformen der Kabotage im Linienverkehr gibt es fast keine.

Zu den Auswirkungen der Kabotagebeförderung auf den innerstaatlichen Verkehrsmarkt hat die analye ergeben, dass:

- Der Anteil der Kabotagebeförderung am innerstaatlichen Verkehrsmarkt der Mitgliedstaaten sind unbedeutend und weiter rückläufig. Die Verkehrsunternehmer konzentrieren daher ihre Tätigkeit auf ihren innerstaatlichen Markt.

- Kabotagefahrten finden vornehmlich in den angrenzenden Mitgliedstaaten statt.

- Die schwache Präsenz nichtniedergelassener Verkehrsunternehmen am Markt der Gelegenheitsverkehrsdienste der anderen Mitgliedstaaten liegt vor allem darin begründet, dass die Kabotagebeförderung nur «zeitweise» durchgeführt werden darf. Wenn sich dagegen ein Personenkraftverkehrsunternehmen wirklich in einen anderen Markt eintreten will, so muss es seine Dienste dauerhaft anbieten. Die einfachste Lösung hierfür ist, in dem betreffenden Mitgliedstaat eine feste Niederlassung zu gründen oder dort ein Unternehmen zu erwerben.

Daher ist keine Änderung der Bestimmungen der Verordnung Nr. 12/98 geplant.

3. Verkehrssicherheit und Fahrgastrechte

Was die Verkehrssicherheit betrifft, so haben die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zusammen mit dem technischen Fortschritt dazu geführt, dass die Fahrzeuge immer sicherer werden. Diese Entwicklung ist von grundlegender Bedeutung für den Kraftomnibusverkehr. Die gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften sind zwar von maßgeblicher Bedeutung, doch hängt die Entwicklung des Personenverkehrssektors auch von der Qualität der angebotenen Dienste ab, wobei die Sicherheit der Busse in den Augen der Kunden ein immer wichtigeres Kriterium wird. Zu diesem Zweck sollten geprüft werden, ob ein System zur Zertifizierung von Verkehrsunternehmern, die neben den in den gemeinschaftlichen und nationalen Rechtsvorschriften festgelegten Mindestsicherheitsanforderungen auch besonders hohe Verkehrssicherheitsnormen einhalten, zweckmäßig und durchführbar ist.

Schließlich muss der Kraftomnibusverkehrssektor leistungsfähige und qualitativ hochwertige Dienste sicherstellen: verbesserter Komfort für die Fahrgäste, Recht auf Information über die Tarife, Vertragsklauseln, die Bearbeitung von Reklamationen, die Regelung von Streitfällen, besser für die Beförderung von Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignete Fahrzeuge usw.. Zu allen Fragen in Zusammenhang mit den Fahrgastrechten im Kraftomnibusverkehr müssen neue Überlegungen angestellt werden. Die Kommission fordert alle interessierten Parteien, insbesondere die Verkehrsunternehmer und die Verbraucherverbände auf, ihr diesbezügliche Anmerkungen und Vorschläge zu unterbreiten.

Interessenten können ihre Bemerkungen oder Anregungen zu diesem Bericht bis 15. Oktober 2004 an folgende Anschrift richten:

Postanschrift Europäische Kommission

Generaldirektion Energie und Verkehr

Frau Isabelle Kardacz

B-1049 Brüssel

Fax : Frau Isabelle Kardacz

+ 32 (2) 295.21.65

E-Mail isabelle.kardacz@cec.eu.int