52004DC0376

Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat - Ausbau der Polizeilichen und Zollbehördlichen Zusammenarbeit in der Europäischen Union - I. Bericht über die Fortschritte seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam - II. Verbesserungsvorschläge /* KOM/2004/0376 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN RAT - AUSBAU DER POLIZEILICHEN UND ZOLLBEHÖRDLICHEN ZUSAMMENARBEIT IN DER EUROPÄISCHEN UNION - I. BERICHT ÜBER DIE FORTSCHRITTE SEIT INKRAFTTRETEN DES VERTRAGS VON AMSTERDAM - II. VERBESSERUNGSVORSCHLAEGE

1. EINLEITUNG

Der Politikbereich "Justiz und Inneres" einschließlich der Zusammenarbeit der Polizeidienste und Zollverwaltungen in den Mitgliedstaaten wurde mit dem Vertrag von Maastricht von 1992 [1] erstmals in den EU-Vertrag aufgenommen. In Artikel K dieses Vertrags werden die Zusammenarbeit im Zollwesen und die polizeiliche Zusammenarbeit als "Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse" ... (Z)ur Verwirklichung der Ziele der Union" bezeichnet. Verbesserte Möglichkeiten einer Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres eröffnete der durch den Vertrag von Amsterdam geänderte Vertrag über die Europäische Union (nachstehend: EUV) [2], der am 1. Mai 1999 in Kraft trat. Dieser Vertrag enthielt klarere Zielsetzungen und eine genaue Beschreibung der im Rahmen der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit zu treffenden Maßnahmen; außerdem wurden der institutionelle Rahmen gestärkt und die Beschlussfassungsverfahren in diesem Bereich weiterentwickelt.

[1] ABl. C 191 vom 29. Juli 1992. Dieser Vertrag markiert eine ,neue Stufe" im Prozess der europäischen Integration und führt ein neues Ziel ein, nämlich ,die Freizügigkeit unter gleichzeitiger Gewährleistung der Sicherheit ihrer Bürger" durch Aufnahme von Bestimmungen im Bereich Justiz und Inneres zu fördern.

[2] ABl. C 340 vom 10. November 1997.

Die Staats- bzw. Regierungschefs waren von Beginn an bestrebt, die Durchführung der Vertragsbestimmungen im Bereich Justiz und Inneres voranzutreiben. Daher forderte der Europäische Rat von Cardiff am 15./16. Juni 1998 den Rat und die Kommission auf, auf der Tagung im Dezember 1998 in Wien einen "Aktionsplan zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des EUV über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts" vorzulegen. Der daraus resultierende Wiener Aktionsplan vom Dezember 1998 [3] enthielt eine beträchtliche Zahl von Maßnahmen zur polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit. Einige dieser Maßnahmen sollten binnen zwei, andere binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags durchgeführt werden.

[3] ,Aktionsplan des Rates und der Kommission zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts", ABl. C 19 vom 23. Januar 1999, S. 1.

Nur fünf Monate nach Inkrafttreten des EUV fand im Oktober 1999 in Tampere eine Sondertagung des Europäischen Rates zu Angelegenheiten des Bereiches Justiz und Inneres statt. Hinsichtlich der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit forderte der Europäische Rat von Tampere eine Reihe von Maßnahmen in Ergänzung der im Wiener Aktionsplan genannten Maßnahmen. Im Rahmen des Tampere-Programms wurden der Rat und die Kommission ersucht, darauf hinzuwirken, dass der EUV auf der Grundlage des Wiener Aktionsplans und der in Tampere vereinbarten Maßnahmen in allen Teilen und unmittelbar durchgeführt wird. Sowohl der Wiener Aktionsplan als auch der EUV sahen die Verpflichtung zur Umsetzung bestimmter Maßnahmen binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des Vertrags, also bis Oktober 2004, vor.

Der Europäische Rat von Tampere beauftragte die Kommission mit der Ausarbeitung eines Anzeigers, anhand dessen sich die Fortschritte bei der Verwirklichung der in dem Programm festgelegten Ziele verfolgen lassen. Bei der Erstellung dieses Anzeigers sowie seiner regelmäßigen Aktualisierung konzentrierte sich die Kommission auf die vom Rat von Tampere geforderten Maßnahmen. Der Anzeiger hat sich als wirksames Instrument zur Überwachung der Entwicklungen im Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts erwiesen.

Der Europäische Rat von Laken (Dezember 2001) nahm eine Halbzeitbewertung der Durchführung der Schlussfolgerungen von Tampere vor. Die Kommission bereitet derzeit eine Bewertung des gesamten Fünfjahreszeitraums seit Tampere vor. Mit der vorliegenden Mitteilung soll diese offizielle Bewertung nicht vorweggenommen werden; vielmehr soll ermittelt werden, welche vorrangigen Maßnahmen der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in den nächsten Jahren auf der Tagesordnung der EU bleiben sollten oder um welche Maßnahmen sie ergänzt werden sollte, damit die erforderlichen Fortschritte erzielt werden können.

Seit Inkrafttreten des EUV verabschiedete die Europäische Union eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Polizeidiensten und Zollverwaltungen der Mitgliedstaaten. Ende 2002 erkannte die Kommission jedoch zunehmend, dass Bedarf an einer Mitteilung besteht, in der die wichtigsten Entwicklungen in diesem Bereich dargelegt werden.

Zunächst fiel auf, dass eine Reihe von Maßnahmen im Wiener Aktionsplan nicht umgesetzt wurden und sich einige der vom Europäischen Rat von Tampere geschaffenen Gremien wie die Task Force der europäischen Polizeichefs (TFPC) Schwierigkeiten gegenübersahen. Außerdem deutete einiges darauf hin, dass die Zusammenarbeit zwischen den Polizei- und Zollbehörden der Mitgliedstaaten verbessert werden musste. Es gab aber auch Beispiele einer äußerst erfolgreichen Zusammenarbeit einiger Mitgliedstaaten in Regionen entlang gemeinsamer Grenzen, die auf EU-Ebene nicht erörtert wurden.

Des Weiteren handelt es sich bei der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit um einen breiten Bereich, der viele verschiedene und sehr technische Themen umfasst, die in zahlreichen Arbeitsgruppen und Gremien erörtert werden, sodass es schwierig ist, alle relevanten Entwicklungen aufzuzeigen. Im Rahmen einer Mitteilung kann ein klarer und umfassender Überblick über den Stand der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in der EU gegeben werden.

Auch aufgrund der Erweiterung der Union war es erforderlich, die Prioritäten für die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit in der nahen Zukunft festzulegen und zu präzisieren. Die Einbeziehung der zehn neuen Mitgliedstaaten in alle EU-Strukturen für die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit wird beträchtliche Auswirkungen auf die ohnehin schon komplizierten Beschlussfassungsverfahren haben.

Und schließlich ist die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit offensichtlich langsamer vorangekommen als die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in der EU. Eine Mitteilung könnte Anhaltspunkte für eine bessere Beurteilung der Faktoren liefern, die die Fortschritte bei der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit beeinträchtigen.

Daher erachtete die Europäische Kommission es für notwendig, einen Überblick über die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit in der EU zu erstellen und die Entwicklung dieser Zusammenarbeit seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam im Jahr 1999 zu analysieren. Dabei soll aufgezeigt werden, welche Maßnahmen im Hinblick auf eine effizientere Zusammenarbeit zur Verwirklichung eines der Hauptziele der Union, nämlich ,... den Bürgern in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten ..." (Artikel 29 EUV), erforderlich sind.

Diese Mitteilung beschränkt sich auf die Zusammenarbeit zwischen den Polizei- und Zollbehörden der Mitgliedstaaten bei der Kriminalitätsbekämpfung. Nicht berücksichtigt werden Angelegenheiten, die ausschließlich die justizielle Zusammenarbeit betreffen, sowie die gegenseitige Amtshilfe in Zollangelegenheiten [4] und die Zusammenarbeit im Zollwesen gemäß Artikel 135 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EGV) [5], wenn auch erforderlichenfalls kurz auf diese verwandten Bereiche eingegangen wird. Die Mitteilung behandelt auch keine Präventivmaßnahmen, und zwar weder bereits beschlossene noch solche Maßnahmen, die derzeit vor der Annahme im europäischen Rahmen stehen. Gleichwohl sei festgestellt, dass die Gemeinschaft schrittweise Maßnahmen zur Verhütung vorsätzlicher Straftaten, insbesondere von Terrorakten im Luft- und Seeverkehr ergriffen hat. Außerdem ist darauf hinzuweisen, dass die Strategie der Europäischen Union für den Beginn des neuen Jahrtausends zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität vom Mai 2000 eine Reihe von Empfehlungen zur polizeilichen Zusammenarbeit enthält. Gegebenenfalls werden die betreffenden Maßnahmen in dieser Mitteilung kurz behandelt. [6]

[4] ABl. L 82 vom 22. März 1997, Verordnung (EG) Nr. 515/97 des Rates vom 13. März 1997 über die gegenseitige Amtshilfe zwischen Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten und die Zusammenarbeit dieser Behörden mit der Kommission im Hinblick auf die ordnungsgemäße Anwendung der Zoll- und der Agrarregelung.

[5] ABl. C 325 vom 24. Dezember 2002.

[6] Prävention und Bekämpfung der organisierten Kriminalität - Eine Strategie der Europäischen Union für den Beginn des neuen Jahrtausends, ABl. C 124 vom 3. Mai 2000.

Die Mitteilung ist wie folgt gegliedert: In Teil I wird an die spezifischen rechtlichen und politischen Verpflichtungen im Bereich der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit erinnert, die durch den EUV, das Schengener Übereinkommen, den Wiener Aktionsplan und den Europäischen Rat von Tampere festgelegt wurden. Außerdem werden die Entwicklungen in den wichtigsten Bereichen der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit zusammengefasst und kurz bewertet sowie Vorschläge zur Verbesserung der künftigen Zusammenarbeit dargelegt. In Teil II werden die Hauptfaktoren analysiert, die sich auf die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit in der EU auswirken; außerdem werden Maßnahmen empfohlen, die nach Auffassung der Kommission getroffen werden sollten, damit in naher Zukunft konkrete Kooperationsfortschritte gewährleistet sind.

I BERICHT ÜBER DIE FORTSCHRITTE SEIT INKRAFTTRETEN DES VERTRAGS VON AMSTERDAM

1. RECHTLICHE UND POLITISCHE VERPFLICHTUNGEN IM BEREICH DER POLIZEILICHEN UND ZOLLBEHÖRDLICHEN ZUSAMMENARBEIT (EUV, SCHENGEN, WIENER AKTIONSPLAN UND SCHLUSSFOLGERUNGEN DES EUROPÄISCHEN RATES VON TAMPERE)

Die rechtlichen und politischen Verpflichtungen im Bereich der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in Strafsachen in der EU sind im Vertrag über die Europäische Union (EUV), im Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen (SDÜ) (nachstehend: Schengener Übereinkommen) [7], im Wiener Aktionsplan von 1998 und in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom Oktober 1999 verankert.

[7] ABl. L 239 vom 22. September 2000.

Der EUV bestimmt in Artikel 29, dass die Union das Ziel verfolgt, ,den Bürgern in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts ein hohes Maß an Sicherheit zu bieten, indem sie ein gemeinsames Vorgehen der Mitgliedstaaten im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen entwickelt". Dieses Ziel soll erreicht werden durch die Verhütung und Bekämpfung der - organisierten oder nicht organisierten - Kriminalität u. a. im Wege einer engeren Zusammenarbeit der Polizei-, Zoll- und anderer zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten, sowohl unmittelbar als auch unter Einschaltung von Europol.

Gemäß Artikel 30 schließt das gemeinsame Vorgehen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit ein:

- die operative Zusammenarbeit der zuständigen Behörden einschließlich der Polizei, des Zolls und anderer spezialisierter Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten bei der Verhütung von Straftaten sowie ihrer Aufdeckung und Ermittlung;

- das Einholen, Speichern, Verarbeiten und Austauschen sachdienlicher Informationen, insbesondere unter Einschaltung von Europol;

- gemeinsame Initiativen in den Bereichen Aus- und Weiterbildung, Austausch von Verbindungsbeamten und kriminaltechnische Forschung;

- die gemeinsame Bewertung einzelner Ermittlungstechniken.

In diesem Artikel werden außerdem eine Reihe allgemeiner und spezifischer Verpflichtungen hinsichtlich der Zusammenarbeit durch Europol genannt.

Neben den Verpflichtungen aus den Artikeln 29 und 30 EUV gibt es auch Verpflichtungen aufgrund der Einbeziehung des Schengener Übereinkommens von 1990 in das EU-Recht. Das Schengener Übereinkommen sieht die Abschaffung der Grenzkontrollen zwischen den Mitgliedstaaten und die gleichzeitige Verstärkung der Kontrollmaßnahmen an den gemeinsamen Außengrenzen vor. Die Verpflichtungen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit wurden eingeführt, um einem etwaigen Sicherheits defizit aufgrund der Abschaffung der Binnengrenzkontrollen entgegenzuwirken. Die Angelegenheiten betreffend Einwanderung, Visa und Asyl wurden in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (Titel IV, ,erste Säule") und die Angelegenheiten betreffend die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen in Titel VI EUV (,dritte Säule") aufgenommen.

Außer diesen rechtlichen Verpflichtungen bestehen aufgrund weiterer wichtiger Dokumente auf höchster politischer Ebene Verpflichtungen zur Erzielung konkreter Fortschritte bei der polizeilichen Zusammenarbeit. Bei diesen Dokumenten handelt es sich um den Aktionsplan zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität von 1997 [8], den Wiener Aktionsplan vom Dezember 1998 und die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere vom Oktober 1999. Außerdem veröffentlichte die Kommission unlängst das Dokument ,Prävention und Bekämpfung der organisierten Kriminalität - Eine Strategie der Europäischen Union für den Beginn des neuen Jahrtausends" [9].

[8] ABl. C 251 vom 15. August 1997.

[9] ABl. C 124 vom 3. Mai 2000.

Nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam beschloss der Europäische Rat von Tampere weitere wichtige Maßnahmen, die im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit durchzuführen sind. Zu erwähnen sind hierbei vor allem die Einrichtung einer operativen Task Force der europäischen Polizeichefs, die unter anderem zur Planung operativer Maßnahmen beitragen soll, der Aufruf, Europol zu ermöglichen, sich an gemeinsamen Ermittlungsteams zu beteiligen und die Mitgliedstaaten um Einleitung von Ermittlungen zu ersuchen, sowie die Einrichtung einer Europäischen Polizeiakademie für die Schulung von hochrangigen Polizeibeamten. In den Schlussfolgerungen von Tampere wird ausdrücklich festgestellt, dass der Wiener Aktionsplan gültig bleibt.

Die Tatsache, dass sich zwei Europäische Räte kurz vor und unmittelbar nach Inkrafttreten des EUV auf diese wichtigen Maßnahmen verständigt haben, verdeutlicht die Verpflichtung zur Erzielung konkreter und zügiger Fortschritte bei der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit auf höchster politischer Ebene in der Union.

Neben den im EUV, im Wiener Aktionsplan und in den Schlussfolgerungen von Tampere geforderten Maßnahmen sind von weiteren Ereignissen politische Impulse für Fortschritte in einigen Bereichen ausgegangen. So wurde nach den Störungen der öffentlichen Ordnung während der Tagungen des Europäischen Rates in Nizza und Göteborg im Jahr 2001 die Zusammenarbeit zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung intensiviert. Ebenso wurden nach dem 11. September 2001 viele Maßnahmen zur Verstärkung der Zusammenarbeit bei der Terrorismus bekämpfung vereinbart.

Die polizeiliche Zusammenarbeit in der Union erweitert und ergänzt die bereits praktizierte erfolgreiche bilaterale Kooperation der Mitgliedstaaten. Eine neuere Entwicklung in der bilateralen Kooperation ist die Formalisierung und Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten mit einer gemeinsamen Grenze durch gemeinsame Kommissariate oder gemeinsame Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll. Eine Verknüpfung zwischen den bilateralen Entwicklungen und der polizeilichen Zusammenarbeit auf EU-Ebene erfolgte im Wiener Aktionsplan, in dem ausdrücklich der Ausbau dieser unionsweiten Zusammenarbeit gefordert wird.

2. DIE ZUSAMMENARBEIT SEIT MAI 1999 - FORTSCHRITTE UND BEWERTUNG

2.1. Polizeiliche Zusammenarbeit

2.1.1. Polizeiliche Aspekte der Zusammenarbeit im Rahmen von Schengen

Wie in Kapitel 1 erwähnt, wurde das Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen von 1990 mit dem Vertrag von Amsterdam von 1997 in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen.

Schengen zielte auf die ,Abschaffung der Kontrollen des Personenverkehrs an den gemeinsamen Grenzen" [10]. Die polizeiliche Zusammenarbeit wurde als eine der ,ergänzenden Maßnahmen zum Schutz der inneren Sicherheit" [11] angesehen.

[10] Siehe Präambel des Schengener Übereinkommens.

[11] Art. 17 des Schengener Übereinkommens von 1985.

Aus dem Schengener Übereinkommen ergeben sich eine Reihe von Verpflichtungen für die Mitgliedstaaten [12] hinsichtlich der polizeilichen Zusammenarbeit an den gemeinsamen Binnengrenzen, an den Außengrenzen des Schengen-Gebiets (Landgrenzen, internationale Flughäfen, Seegrenzen) und innerhalb des Schengen-Raums, deren Ziel generell darin besteht, einem etwaigen Sicherheitsdefizit aufgrund der Abschaffung der Binnengrenzkontrollen entgegenzuwirken. Der Wiener Aktionsplan von 1997 und die Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere von 1999 [13] enthielten die normativen und - in geringerem Umfang - operativen Grundlagen des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. ,Schengen" ist in diesem Zusammenhang von grundlegender Bedeutung, da es das Kernstück dieses Raums darstellt und Reisefreiheit gekoppelt mit Mindestmaß nahmen zum Ausgleich von Sicherheitsdefiziten ermöglicht und gewährleistet, dass die Justiz den Auswirkungen der verstärkten Mobilität gerecht werden kann. Das Schengener Übereinkommen schafft den Rechtsrahmen für die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen, die Einführung von Kontrollen an den Außengrenzen auf der Grundlage gemeinsamer Normen und die sich daraus ergebenden mandatorischen und Ermächtigungsvorschriften zur Intensivierung der Zusammenarbeit der Strafver folgungs behörden.

[12] Im Schengener Übereinkommen ist von ,Vertragsparteien" die Rede. Der Einfachheit halber wird in dieser Mitteilung der Begriff ,Mitgliedstaaten" verwendet.

[13] Siehe Anhang III.

Die folgenden Verpflichtungen aus dem Schengener Übereinkommen sind für die polizeiliche Zusammenarbeit am relevantesten.

Gemäß Artikel 39 ,verpflichten sich" die Mitgliedstaaten, dass ihre Polizeidienste sich untereinander im Interesse der vorbeugenden Bekämpfung und der Aufklärung von strafbaren Handlungen Hilfe leisten. Die Ersuchen um Hilfe müssen über die ,mit der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit beauftragten zentralen Stellen" ausgetauscht werden, es sei denn, die Dringlichkeit einer Angelegenheit rechtfertigt es, dass das Ersuchen direkt zwischen den zuständigen Polizeibehörden ausgetauscht wird. Probleme ergeben sich jedoch aufgrund der sehr unterschiedlichen Befugnisse der Polizei in den verschiedenen Mitgliedstaaten sowie daraus, dass nach Artikel 39 Absatz 2 SDÜ schriftliche Informationen nur mit Zustimmung der zuständigen Justizbehörde des ersuchten Mitgliedstaats in dem ersuchenden Mitgliedstaat als Beweismittel in einem Strafverfahren benutzt werden können.

Dieser Artikel liegt zusammen mit Artikel 46 (siehe unten) zahlreichen bilateralen Abkommen zwischen Schengen-Staaten zugrunde. Die umfassendsten Abkommen sind die zur Schaffung permanenter Kooperations- und Informationsaustausch strukturen in Form von gemeinsamen Kommissariaten (Joint Police Stations - JPS) und Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll (Police and Customs Co-operation Centres - PCCC) an den Binnengrenzen. Beispiele hierfür sind die PCCC in Kehl/Offenburg (Deutschland/Frankreich) [14], Tournai (Belgien/Frankreich) [15], Ventimiglia und Modane [16] (Frankreich/Italien), Canfranc-Somport-Urdos, Le Perthus-La Junquera, Melles Pont du Roy-Les und Biriatou-Irún (Frankreich/Spanien) [17] sowie Tuy/Valença do Minho, Caya/Elvas, Vilar Formoso/Fuentes de Oñoro, Vila Real de Santo Antonio/Ayamonte (Spanien/Portugal) [18].

[14] Vereinbarung vom 7. Dezember 1995 über polizeiliche Zusammenarbeit in den Grenzgebieten durch den Ausbau von ständigen deutsch-französischen Kommissariaten sowie Regierungsabkommen von Mondorf-les-Bains vom 9. Oktober 1997 über die Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden in den Grenzgebieten (am 1. April 2000 in Kraft getreten).

[15] Abkommen vom 5. März 2001 über die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit in den Grenzgebieten (zur Einrichtung des Zentrums für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll in Tournai).

[16] Abkommen von Chambéry vom 3. Oktober 1997 zur Einrichtung der gemeinsamen Dienststellen von Ventimiglia und Modane.

[17] Abkommen von Blois vom 7. Juli 1998 über die grenzüberschreitende polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit.

[18] Abkommen vom 19. November 1997.

Wichtige trilaterale Formen polizeilicher Zusammenarbeit haben sich zwischen den Niederlanden, Belgien und Deutschland im Gebiet Maastricht, Aachen und Eupen entwickelt. Frankreich und Luxemburg haben ein Abkommen geschlossen [19], das jedoch noch nicht in Kraft getreten ist. Eine quadrilaterale Struktur für die Kooperation zwischen Luxemburg, Frankreich, Belgien und Deutschland soll in Kürze formalisiert werden. Solche Kooperationszentren haben sich als effizient bei der Behebung der ,Sicherheitsdefizite" in Grenzregionen erwiesen, die darauf zurückzuführen sind, dass die Grenzkontrollen abgeschafft wurden und die Strafverfolgungs behörden nicht über die Binnengrenzen hinaus tätig werden dürfen. Die Zusammenarbeit umfasst die Erleichterung des Informationsaustauschs, gemeinsame Aktionen und Kontrollen sowie die Planung koordinierter Maßnahmen. Dabei ist darauf hinzuweisen, dass solche Kooperationsformen sowohl von den Dienststellen der beteiligten Mitgliedstaaten als auch von der Bevölkerung der betreffenden Regionen als nützlich erachtet werden.

[19] Abkommen vom 15. Oktober 2001 mit Luxemburg.

Im Wiener Aktionsplan wird der Ausbau dieser grenzüberschreitenden Zusammenarbeit gefordert. Die Kommission ist zu der Schlussfolgerung gelangt, dass eine breitere Anwendung dieses Modells in der gesamten Union erheblich zur Kriminalitätsbekämpfung und zur Verbesserung des gegenseitigen Vertrauens und der Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden in den verschiedenen Mitgliedstaaten beitragen würde. Es wäre zweckmäßig, wenn man sich auf Beispiele einer solchen Zusammenarbeit als Modell verständigen könnte, das von den in diesem Bereich bisher noch nicht kooperierenden Mitgliedstaaten anzuwenden ist. Der vom belgischen Vorsitz ausgearbeitete Entwurf einer Empfehlung des Rates betreffend gemeinsame Kommissariate und Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll [20] wäre hierfür eine ausgezeichnete Grundlage. Die Kommission wird die Einführung solcher Kooperationsmodelle im Rahmen des Programms AGIS weiter fördern.

[20] Ratsdokument ENFOPOL 45 vom 5. April 2002.

Artikel 44 des Schengener Übereinkommens enthält die sowohl kurzfristig als auch langfristig angelegte Verpflichtung zur Verbesserung der Kommunikations verbindungen insbesondere in den Grenzgebieten. Allerdings liegen nicht genügend Informationen vor, um bewerten zu können, inwieweit dies tatsächlich geschehen ist. Es müssen nicht nur Telefon- und Fax-Verbindungen, sondern auch Daten- und Computerverbindungen eingerichtet werden. Langfristig ist vor allem zu prüfen, wie die Funkkommunikation verbessert werden kann.

Hinderlich für die Funkkommunikation sind vor allem die technischen Unterschiede zwischen den beiden wichtigsten Kommunikationsnormen TETRA und TETRAPOL. Zur Lösung dieses Problems sehen viele der oben erwähnten bilateralen Abkommen den Austausch von Funkgeräten zwischen Polizeidienst stellen in Grenzregionen vor. Zur Förderung der Interoperabilität billigte der Ausschuss ,Artikel 36" am 15. Dezember 2002 die Schlussfolgerungen eines am 20./21. September 1999 in Helsinki abgehaltenen Seminars [21], in denen die Herstellung der Interoperabilität zwischen TETRA und TETRAPOL vorgeschlagen wurde. In diesem Zusammenhang begrüßt die Kommission den vom griechischen Vorsitz im ersten Halbjahr 2003 zusammengestellten Fragenkatalog zur Bestandsaufnahme der Entwicklungen in Bezug auf die Beschaffung, die Installation, den Betrieb und die Interoperabilität der digitalen Funksysteme [22].

[21] Siehe Ratsdokumente 11626/2/99 ENFOPOL 64 Rev 2 und 142117/99 CATS 40.

[22] Siehe Ratsdokument 15788/02 ENFOPOL 159.

Direkte Funkverbindungen sind insbesondere bei grenzüberschreitenden Aktionen erforderlich. In allen anderen Fällen reicht in der Regel der Informationsaustausch auf der Grundlage von Artikel 39 oder 46, und zunehmend über direkte (Funk-)Relais mit den JPS oder PCCC, um den Kommunikationsbedarf zu decken. Da für grenzüberschreitende Aktionen keine Daten vorliegen, lässt sich nicht beurteilen, ob ansonsten noch Kommunikationserfordernisse bestehen. Neben interoperablen Kommunikations systemen sind der Austausch von Telefonnummern und Frequenztabellen sowie die Kenntnis der Sprache des anderen Mitgliedstaats gleichermaßen Voraussetzungen für eine effiziente Kommunikation. Die Kommission unterstützt daher nachdrücklich die Durchführung von Sprachkursen für Polizeibeamte als eine der wichtigsten Maßnahmen im Hinblick auf eine gut funktionierende grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit.

Polizeibeamte in Grenzgebieten könnten auch die Verwendung von GSM/GPRS-Telefonen in Betracht ziehen, um - wenn direkte Kontakte erforderlich sind - mit ihren Kollegen auf der anderen Seite der Grenze in Verbindung zu treten. Dies mag zwar selbstverständlich erscheinen, dennoch stehen einige Polizeidienste dieser Möglichkeit wegen der Risiken hinsichtlich der Vertraulichkeit der übermittelten Informationen und wegen der Abhängigkeit von kommerziellen Anbietern eher ablehnend gegenüber. Wie die Polizeidienste in einigen Mitgliedstaaten bewiesen haben, lassen sich diese Probleme jedoch durch Verschlüsselung der Informationen lösen.

Gemäß Artikel 45 verpflichten sich die Mitgliedstaaten, ,die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen", um sicherzustellen, dass Ausländer die Meldevordrucke von Beherbergungsstätten eigenhändig ausfuellen und unterschreiben und sich dabei durch Vorlage eines gültigen Identitätsdokuments ausweisen und dass die ausgefuellten Meldevordrucke für die zuständigen Behörden bereitgehalten oder diesen übermittelt werden. Wie Erfolge in der Terrorismusbekämpfung gezeigt haben, können diese Informationen für die Strafverfolgungsbehörden von Bedeutung sein.

Allerdings ist derzeit nicht klar, inwieweit die Mitgliedstaaten dieser Verpflichtung nachkommen und wie die Informationen von den Strafverfolgungsbehörden praktisch genutzt werden. Daher erscheint eine Erörterung dieser Problematik im Rat geboten.

Der Schutz der ausgetauschten Daten ist im Einklang mit Artikel 129 sowie mit den Artikeln 126 und 127 des Schengener Übereinkommens zu gewährleisten, die unter anderem vorsehen, dass die Empfehlung R(87)15 vom 17. September 1987 des Ministerkomitees des Europarates über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich beachtet werden muss. Eine Verpflichtung, die in diesem Zusammenhang wegen des operativen Nutzens für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erwähnenswert ist, ist das Vorhaben, den so genannten ,Leitfaden zur grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit" halbjährlich zu überarbeiten. Diese Verpflichtung resultiert aus dem Beschluss des Schengener Exekutivausschusses vom 16. Dezember 1998 [23]. Der Leitfaden ist vor allem insofern nützlich, als er praktische Hinweise für die Kooperation der Polizeibehörden über die Binnengrenzen hinaus liefert. Zudem enthält er Angaben zu Kontaktadressen und Telefonnummern sowie Beschränkungen und Verpflichtungen im Bereich der grenzüberschreitenden polizeilichen Zusammenarbeit. Die Mitgliedstaaten haben sich verpflichtet, den Leitfaden in ihre nationalen Vorschriften aufzunehmen und zu aktualisieren. Daher sind die Initiative des griechischen Ratsvorsitzes 2003 zur Aktualisierung des Leitfadens sowie die Unterbreitung einer überarbeiteten Version durch die italienische Präsidentschaft zu begrüßen.

[23] Ratsdokument SCH.Com-ex (98) 52.

Außer den oben erwähnten Verpflichtungen wurden mit dem Schengener Übereinkommen die nachfolgenden Kooperationsinstrumente oder Ermächtigungs vorschriften geschaffen, die die Verwirklichung der Ziele des Übereinkommens erleichtern.

Zunächst einmal gibt es die Möglichkeit der Observation von Tatverdächtigen (Artikel 40); das zweite Instrument betrifft den Fall, dass eine Person auf frischer Tat ertappt wird und sich der Festnahme durch Flucht über die Landesgrenzen entzieht (grenzüberschreitende Nacheile nach Artikel 41 bis 43). Da Polizeibeamte nur in Ausnahmefällen jenseits der nationalen Hoheitsgrenzen tätig werden dürfen, wurden rechtliche Garantien und Beschränkungen in die diesbezüglichen Vorschriften aufgenommen, die deren Anwendung durch die Polizei erheblich erschweren. Genaue Angaben liegen zwar nicht vor, aber es deutet einiges darauf hin, dass von diesen Instrumenten kaum Gebrauch gemacht wird.

Die Beschränkungen können durch bilaterale Abkommen gelockert werden, aber es gibt keine Informationen über die Zunahme grenzüberschreitender Aktionen in diesem Zusammenhang. Auf EU-Ebene wurden eine Reihe von Maßnahmen getroffen, um die Anwendung der genannten Artikel zu erleichtern. So verabschiedete der Rat im Oktober 2000 einen Beschluss zur Vereinfachung des Verfahrens zur Änderung der Bezugnahmen auf unter anderem ,Beamte" und ,Behörden" in den Artikeln 40 und 41 des Schengener Übereinkommens [24]. Des Weiteren nahm er einen Beschluss zur Erweiterung des Anwendungsbereiches von Artikel 40 an: Die Straftaten, bei deren Vorliegen eine Observation zulässig ist, wurden ergänzt; außerdem dürfen nunmehr auch Personen observiert werden, die zur Auffindung eines Tatverdächtigen führen könnten [25]. Im zweiten Halbjahr 2001 berief der belgische Ratsvorsitz eine Sachverständigengruppe ein, die konkrete Empfehlungen zur grenzüber schreitenden Verfolgung in der Luft, auf der Schiene (internationale Züge) und auf See vorlegen sollte. Diese Empfehlungen wurden jedoch im Rat nicht weiter erörtert.

[24] Beschluss des Rates vom 28. September 2000, ABl. L 248 vom 3. Oktober 2000.

[25] Beschluss des Rates vom 2. Oktober 2003, ABl. L 260 vom 11. Oktober 2003.

Nach Ansicht der Kommission setzt die Schaffung eines Raums der Sicherheit voraus, dass die Kooperationshindernisse aufgrund der Form des grenzüber schreitenden Verkehrs beseitigt werden. Außerdem sollte die Polizei bei weiteren Arten von Straftaten grenzüberschreitende Verfolgungen durchführen können. In Fällen, in denen die zuständigen örtlichen Behörden der Mitgliedstaaten, in welchen die Verfolgung stattfindet, nicht unverzüglich tätig werden können, sollte die Polizei über die Mittel für ein wirksames Eingreifen verfügen, damit die Identität der verfolgten Person festgestellt und diese an die zuständigen örtlichen Behörden überstellt werden kann. Daher empfiehlt die Kommission, die Arbeit der oben erwähnten Sachverständigengruppe fortzusetzen, um weiter zu prüfen, welche Bedingungen und Befugnisse Voraussetzung für grenzüberschreitende Aktionen sind. Sie ist der Auffassung, dass dieses Instrument wirksamer und nachhaltiger eingesetzt werden könnte, wenn in den Mitgliedstaaten einheitliche Regeln und Bedingungen gelten würden.

Nach Artikel 46 des Schengener Übereinkommens können die Polizeibehörden verschiedener Mitgliedstaaten auf eigene Initiative ,ohne Ersuchen" Informationen, die zur Verhütung einer Straftat oder zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Ordnung ,von Bedeutung sein können", austauschen. Es liegen keine vergleichbaren Daten vor, anhand deren sich beurteilen lässt, inwieweit dieser Artikel umgesetzt wurde oder ob aufgrund von in seinem Rahmen ausgetauschten Informationen polizeiliche Maßnahmen getroffen wurden. Dasselbe gilt für die Anwendung und Inanspruchnahme der anderen in diesem Abschnitt erwähnten Artikel. Ein wirksames Mittel zur Erlangung und zum Austausch von Informationen ist die Entsendung von Verbindungsbeamten, auf die Artikel 47 Bezug nimmt. Das Verfahren für die Inanspruchnahme der Dienste solcher in Drittstaaten entsandter Beamter wurde mit dem Ratsbeschluss vom 27. Februar 2003 auf Initiative des dänischen Ratsvorsitzes geändert. [26] Inwieweit dieser Beschluss in der Praxis Anwendung findet, ist nicht klar. Die Kommission schlägt daher vor, dass der Rat diese Frage prüfen sollte.

[26] Beschluss des Rates 2003/170/JI vom 27. Februar 2003, ABl. L 67 vom 12. März 2003.

Die Artikel über das Schengener Informationssystem (SIS) verpflichten die Mitgliedstaaten, ,ein gemeinsames Informationssystem" zu errichten und zu unterhalten. Ferner wird erläutert, welche Maßnahmen im Falle einer positiven Identifizierung auf der Grundlage der Artikel 95-100 zu ergreifen sind und wie der Datenschutz zu gewährleisten ist. Die in den Artikeln 95-100 genannten Daten können eingegeben oder abgerufen werden. Als Bindeglieder zwischen den Mitgliedstaaten, die SIS-Daten eingeben, und den Strafverfolgungsbeamten, die eine gesuchte Person oder Sache identifizieren, dienen die SIRENE-Stellen in den Mitgliedstaaten. In den meisten Mitgliedstaaten ist die SIRENE-Stelle auch die in den Artikeln 39 und 46 erwähnte ,zentrale Stelle" (siehe oben).

1999 machten zehn Mitgliedstaaten vom SIS Gebrauch. Nach dem Beitritt der fünf nordischen Länder zum SIS belief sich die Zahl der Nutzer im März 2001 bereits auf 15. Der Rat billigte am 29. Mai 2000 den Antrag des Vereinigten Königreichs auf Beteiligung an einigen Schengen-Aspekten, unter anderem an der polizeilichen Zusammenarbeit, der Drogenbekämpfung und dem SIS. Ein entsprechender Beschluss wurde am 28. Februar 2002 in Bezug auf Irland gefasst. Zurzeit laufen die Vorbereitungen für die Einbeziehung des Vereinigten Königreichs in das SIS. Irland kommt zu einem späteren Zeitpunkt hinzu. Die Gesamtzahl der SIS-Nutzer wird dann auf 17 steigen.

Das derzeitige SIS verfügt nur über 18 Anschlussmöglichkeiten, künftig müssen aber zehn neue Mitgliedstaaten angeschlossen werden. Daher wurde die Kommission mit der Entwicklung eines SIS der zweiten Generation betraut. Aufgrund der Legislativinitiativen des spanischen Vorsitzes im ersten Halbjahr 2002 zur Einführung neuer SIS-Funktionen [27] und der Schlussfolgerungen des Rates betreffend SIS II [28] wird das neue SIS wesentlich mehr Nutzer haben (nicht nur die Mitgliedstaaten, sondern auch Eurojust und Europol) und zudem neue Funktionalitäten (z. B. die Möglichkeit der Suche anhand unvollständiger Daten, die Verknüpfung von Ausschreibungen zu Personen) sowie weitere Datenkategorien (z. B. biometrische Daten, Flugzeuge und Container) enthalten. Angesichts der äußerst positiven operativen Auswirkungen und der Bedeutung des SIS für die Kriminalitätsbekämpfung sollte eine zügige Einführung der neuen Funktionalitäten nach Möglichkeit noch in das derzeitige SIS gefördert werden.

[27] ABl. C 160 vom 4. Juli 2002.

[28] Vom Rat JI am 5./6. Juni 2003 angenommen.

Im Juli 2003 unterbreitete die Kommission einen Vorschlag, der vorsah, den Kfz-Zulassungsstellen der Mitgliedstaaten Zugang zum SIS zu gewähren, um die Zulassung gestohlener Fahrzeuge zu verhindern. [29] Die Verfahren für die Verknüpfung von SIS und SIRENE sind in einem Handbuch zusammengestellt, das regelmäßig aktualisiert werden muss, damit gewährleistet ist, dass die organisatorischen und neuen rechtlichen Verpflichtungen tatsächlich beachtet werden. Dies ist bislang nicht geschehen. Im ersten Halbjahr 2003 schlug der griechische Vorsitz ein förmliches Verfahren zur regelmäßigen Aktualisierung des Handbuches vor. Mit der Ausarbeitung des Verfahrens sollte die Kommission betraut werden. Es ist wichtig, dass dieses in Kürze beschlossen wird. [30]

[29] KOM (2003) 510 endg.

[30] Initiative der Hellenischen Republik im Hinblick auf die Annahme einer Verordnung des Rates über Verfahren zur Änderung des SIRENE-Handbuchs, ABl. C 82 vom 5. April 2003, sowie Initiative der Hellenischen Republik im Hinblick auf die Annahme eines Beschlusses des Rates über Verfahren zur Änderung des SIRENE-Handbuchs, ABl. C 82 vom 5. April 2003.

Das SIS gehört zu den wichtigsten Fortschritten im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit in der Union. Bis März 2003 waren mehr als 11 Millionen Einträge zu gesuchten Personen und Sachen zu verzeichnen. Über 35.000 positive Identifizierungen von Personen oder Sachen werden jährlich an das nationale SIRENE-System gemeldet. Dieser Erfolg ist hauptsächlich auf die zentrale Rolle des SIS bei der Abschaffung der Binnengrenzkontrollen und der Durchführung von Außengrenzkontrollen, die Integration des Systems in die üblichen nationalen Polizei- und Grenzkontrollanwendungen und das intensive Follow-up auf der Ebene der Arbeitsgruppen des Rates im Rahmen des jeweiligen EU-Ratsvorsitzes zurückzuführen.

Das SIS ist den hohen Erwartungen der Strafverfolgungsbeamten gerecht geworden und soll nun in einem ehrgeizigen Vorhaben (SIS II) um weitere Funktionalitäten ergänzt werden. Durch komplexere Funktionalitäten könnte es sich allmählich zu einem Instrument entwickeln, das auch für andere Zwecke eingesetzt werden könnte und somit der Realität der geteilten Verantwortung für einen gemeinsamen Raum der Sicherheit besser Rechnung tragen würde. Eine solche komplexere Funktionalität wäre beispielsweise die Möglichkeit der Speicherung biometrischer Daten. Ein wesentlicher Nutzen dieser Entwicklung bestuende darin, dass eine präzisere Suche möglich wäre und damit die Probleme der derzeitigen alphanumerischen Suche umgangen würden, die zwangsläufig mit dem Anwachsen der Datenbank weniger präzise wird. Wie der Rat "Justiz und Inneres" auf seiner Tagung vom 5./6. Juni 2003 bekräftigte, bedeutet dies aber nicht, dass das einfache und schnelle ,Treffer/kein Treffer"-System ("hit-no hit" system) seinem Wesen nach geändert werden sollte. In jedem Fall sollte diese etwaige Entwicklung nicht das derzeitige SIS, sondern vielmehr das künftige SIS II betreffen.

2.1.2. Europol

Die Artikel 29 und 30 EUV und die Schlussfolgerungen von Tampere betonen die Rolle von Europol bei der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in der Europäischen Union und enthalten eine Reihe konkreter Maßnahmen, die binnen fünf Jahren nach Inkrafttreten des EUV zu treffen sind. Zuvor waren bereits im Wiener Aktionsplan einige in Bezug auf Europol zu ergreifende Maßnahmen aufgelistet worden.

Zu den meisten im EUV und im Tampere-Programm erwähnten Themen betreffend Europol hat der Rat Beschlüsse gefasst. Viele im Wiener Aktionsplan genannte Maßnahmen wurden ebenfalls umgesetzt.

Der erste Schritt wurde im Jahr 2000 mit der Annahme eines Protokolls zur Erweiterung der Zuständigkeit von Europol auf Geldwäsche im Allgemeinen durch den Rat eingeleitet. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Mitteilung haben neun Mitgliedstaaten das Protokoll noch nicht ratifiziert. [31]

[31] ABl. C 358 vom 13. Dezember 2000. Bis zum 5. Juni 2003 war das Protokoll von DE, ES, FR, GR, PT und SW ratifiziert und notifiziert worden.

Da die internationale organisierte Kriminalität ihre Aktivitäten nicht auf die Zuständigkeits bereiche von Europol beschränkt, beschloss der Rat im Dezember 2001, das Mandat von Europol auf alle im Anhang zum Europol-Übereinkommen aufgeführten Formen der Kriminalität auszuweiten. [32] Diese Ausweitung des Mandats, die am 1. Januar 2002 wirksam wurde, wird es Europol erleichtern, seine Tätigkeit effizient zu organisieren.

[32] ABl. C 362 vom 18. Dezember 2001.

Im November 2002 verabschiedete der Rat ein Protokoll zur Änderung des Europol-Übereinkommens mit Artikeln über die Teilnahme von Europol an gemeinsamen Ermittlungsgruppen der Mitgliedstaaten und die Möglichkeit des Ersuchens der zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durch Europol um Einleitung oder Koordinierung strafrechtlicher Ermittlungen in bestimmten Fällen. Das Protokoll wird zurzeit von den Mitgliedstaaten ratifiziert. [33]

[33] ABl. C 312 vom 16. Dezember 2002.

Ein weiteres Protokoll, in dem einige Schwierigkeiten behandelt werden, die einer Ausweitung der operativen Kapazitäten von Europol entgegenstehen, wurde vom Rat im November 2003 angenommen. Es ermöglicht direkte Kontakte zwischen Europol und den zuständigen Polizeidienststellen der Mitgliedstaaten sowie Auskunftsersuchen letzterer beim Europol-Informationssystem.

Die Europol betreffenden Entwicklungen der vergangenen Jahre beschränkten sich nicht auf Maßnahmen, die der EUV, der Wiener Aktionsplan und die Schlussfolgerungen von Tampere vorschrieben. Bereits während des ersten Jahres, in dem Europol seine Tätigkeit aufgenommen hatte, wurde festgestellt, dass es in organisatorischer Hinsicht an Effizienz mangelte.

Eins der größten Probleme besteht darin, dass die Mitgliedstaaten nur ungern Informationen und Intelligence an Europol übermitteln; dies beeinträchtigt die Fähigkeit von Europol, den erforderlichen Mehrwert im Bereich der kriminalistischen Analyse auf EU-Ebene zu erzielen. Das wiederum hat zur Folge, dass die Mitgliedstaaten oftmals der Auffassung sind, Europol werde dem Bedarf seiner Kunden, d. h. der einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden, nicht gerecht, und sie deshalb nicht bereit sind, dem Amt mehr Informationen zur Verfügung zu stellen. Ein weiteres Problem ist das Fehlen eines Informationssystems, das zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieser Mitteilung noch entwickelt wird (siehe unten).

2002 wurde daher vom Europol-Verwaltungsrat ein Evaluierungsprozess eingeleitet, um die Haupthindernisse für eine wirksame Zusammenarbeit mit Europol zu ermitteln. Anschließend stellten die Leiter der nationalen Europol-Stellen (Heads of Europol National Units - HENU) eine lange Liste von Problemen und Lösungs möglichkeiten zusammen. Eine ihrer Hauptschlussfolgerungen lautete, dass das Europol-Übereinkommen angepasst und flexibler gestaltet werden müsse. In weiteren wichtigen HENU-Schlussfolgerungen ging es darum, dass die in den Mitgliedstaaten bestehenden - meist rechtlichen - Hindernisse für die Informations übermittlung beseitigt werden müssen. Es wurde vorgeschlagen, dass diese in einem internen Dokument enthaltenen Schlussfolgerungen vom Sommer 2002 binnen zwölf Monaten umgesetzt werden.

Auf der Grundlage eingehender Überlegungen im ersten Halbjahr 2002 wurde das Protokoll zur Änderung des Übereinkommens ausgearbeitet. Gegenstand des Protokolls waren nicht nur die Bereiche Analyse, Datenzugriff und Datenschutz, sondern auch die demokratische Kontrolle von Europol. Am 19. Dezember 2002 erzielte der Rat politische Einigung hierüber. [34] Ferner wurde im Frühjahr 2003 im Rahmen der dritten Begutachtungsrunde mit einer Bewertung des Austauschs von Informationen und Intelligence zwischen den Mitgliedstaaten und Europol sowie zwischen den Mitgliedstaaten untereinander begonnen. Diese Bewertung dürfte zu wichtigen Empfehlungen zur weiteren Verbesserung dieses Aspekts der Zusammenarbeit führen.

[34] Ratsdokument 13254/02-EUROPOL 76 Rev 5.

Damit Europol über eine bessere Informationsgrundlage für die Durchführung seiner Aufgaben verfügt, ist das Amt nicht nur auf Informationen aus den EU-Mitgliedstaaten angewiesen, sondern auch auf Informationen von außerhalb. Beträchtliche Fortschritte wurden bei der Zusammenarbeit von Europol mit Drittstaaten und internationalen Organisationen auf der Grundlage der durch den Ratsbeschluss vom 27. März 2000 erstellen Liste erzielt. [35] Diese Kooperationsvereinbarungen sind von wesentlicher Bedeutung für die Tätigkeit von Europol, da sie die förmliche Voraussetzung dafür darstellen, dass Europol personenbezogene Daten mit den betreffenden Drittstaaten und Stellen austauschen kann.

[35] ABl. C 106 vom 13. April 2000.

Bislang hat Europol Kooperationsvereinbarungen, die unter anderem die Möglichkeit des Austausches personenbezogener Daten vorsehen, mit mehreren Beitrittsländern, Island, Norwegen und Interpol unterzeichnet. Außerdem hat das Amt Vereinbarungen mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Zentralbank unterzeichnet. Derzeit führt es Verhandlungen über den Abschluss einer Vereinbarung mit Eurojust und einer Verwaltungsvereinbarung mit dem Europäischen Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF). Bis Ende 2003 sollte Europol Vereinbarungen mit allen Beitritts- und Bewerberländern abgeschlossen haben.

Die Ereignisse des 11. September 2001 beschleunigten den Abschluss von Vereinbarungen mit den USA. Am 6. Dezember 2001 unterzeichnete Europol eine Vereinbarung zur strategischen Kooperation mit den Vereinigten Staaten und im Dezember 2002 eine Vereinbarung zum Austausch personenbezogener Daten. Angesichts der unterschiedlichen Datenschutzregelungen in den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union ist der Abschluss der letztgenannten Vereinbarung als positive Entwicklung zu werten.

Eine wesentliche Voraussetzung für ein effizientes Funktionieren von Europol ist das Europol-Informationssystem (EIS). In den vergangenen Jahren hat Europol an einem sehr komplexen System gearbeitet, das die dezentrale Speicherung und Abfrage von Informationen der Mitgliedstaaten und von Europol zu organisierter Kriminalität ermöglichen würde. Bislang konnte das System wegen seiner Komplexität (automatische Übersetzung in elf Sprachen) jedoch noch nicht in Betrieb genommen werden. Nach Auffassung der Kommission ist es für die Effizienz von Europol wichtig, dass eine vereinfachte Version des EIS so bald wie möglich zur Verfügung steht. Die komplexere Version sollte zu einem späteren Zeitpunkt eingeführt werden.

Auch die Führungsebene von Europol war Gegenstand einer kontinuierlichen Bewertung. Dabei wurde festgestellt, dass das Statut der Bediensteten von Europol nicht auf das Europol-Direktorium anwendbar war bzw. keine diesbezüglichen Bestimmungen enthielt. Daher wurde dieses Statut dahingehend geändert, dass Bestimmungen über das Auswahlverfahren, die Entlassungsmodalitäten und die Disziplinarverfahren für den Direktor und die stellvertretenden Direktoren von Europol aufgenommen wurden. [36]

[36] Rechtsakt des Rates vom 19. Dezember 2002 zur Änderung des Statuts der Bediensteten von Europol, ABl. C 24 vom 31. Januar 2003.

Ein weiteres wichtiges Thema ist die demokratische Kontrolle von Europol. Vor allem das Europäische Parlament hat regelmäßig kritisiert, dass diese Kontrolle unzureichend sei. Um einen besseren Überblick über diese Problematik zu ermöglichen, unterbreitete die Europäische Kommission am 26. Februar 2002 dem Europäischen Parlament und dem Rat eine Mitteilung über die demokratische Kontrolle von Europol. [37] Darin erläuterte und bewertete sie die vielen Arten der Kontrolle von Europol (Europol-Übereinkommen, Datenschutzvorschriften, Über wachungs aufgaben des Verwal tungs rats). Die Kommission gelangte zu der Schlussfolgerung, dass bei Europol, da seine Befugnisse im Vergleich zu denen der einzelstaatlichen Polizeibehörden begrenzt sind, nicht von einem Mangel an demokratischer Kontrolle die Rede sein kann.

[37] KOM(2002) 95 endg.

Nach Ansicht der Kommission ist die demokratische Kontrolle von Europol jedoch fragmentiert, da sie von fünfzehn nationalen Parlamenten ausgeübt wird und das Europäische Parlament nur beschränkte Kontrollbefugnisse besitzt. Daher sprach die Kommission einige Empfehlungen zur Verbesserung der Situation aus. Vor allem empfahl sie die Einrichtung eines gemeinsamen Ausschusses aus Vertretern der nationalen Parlamente und des Europäischen Parlaments, der die Entwicklungen im Zusammenhang mit Europol genau überwachen und mit Europol Informationen austauschen sollte.

In den vergangenen vier Jahren hat Europol viel erreicht. Die auf Europol bezogenen Punkte des Vertrags und der Schlussfolgerungen von Tampere wurden umgesetzt; allerdings müssen noch einige der im Wiener Aktionsplan genannten Punkte umgesetzt oder im Detail geprüft werden. In einigen Fällen müsste eventuell geprüft werden, ob die Empfehlungen von 1998 noch relevant sind.

Im Wiener Aktionsplan wird bei den binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des EUV zu treffenden Maßnahmen die Überprüfung des Europol-Zugriffs auf SIS-Daten gefordert. Über dieses Vorhaben wird seit einiger Zeit diskutiert. Der Rat hat grundsätzlich zugestimmt, dass Europol ein teilweiser Zugang zum SIS, insbesondere der Zugriff auf die nach Artikel 95, 99 und 100 des Schengener Übereinkommens gespeicherten Daten, gewährt wird. Daher wird er in Kürze eine Änderung der SIS-Bestimmungen beschließen, um einen neuen Artikel 101a einzuführen, der die Rechtsgrundlage für den SIS-Zugang von Europol festlegt.

Aufgrund der technischen Beschränkungen kann es jedoch sein, dass der SIS-Zugang von Europol erst nach Einführung von SIS II, also nicht vor 2006, möglich sein wird. Die Kommission ist der Auffassung, dass diese Frist viel zu lang ist und schlägt vor, pragmatische Alternativlösungen zu erwägen; beispielsweise könnte Europol ein Lesezugang über das nationale SIS gewährt werden. Allerdings ist zu beachten, dass eine solche Vereinbarung eine entsprechende Änderung des Schengener Übereinkommens erfordern würde.

Die Forderung nach einer Datenbank über laufende Ermittlungen wurde von Europol mit den nationalen Europol-Stellen erörtert, bisher wurden jedoch noch keine weiteren diesbezüglichen Schritte eingeleitet. Angesichts der technischen und rechtlichen Komplexität eines solchen Projekts wäre es unrealistisch, seine Verwirklichung in naher Zukunft zu erwarten.

Bei den im Wiener Aktionsplan festgelegten binnen fünf Jahren zu treffenden Maßnahmen sind folgende Punkte noch näher zu prüfen:

Keine Fortschritte wurden bei der Verbesserung der statistischen Angaben über die grenzüberschreitende Kriminalität erzielt. Es wurden noch keine Kriterien für EU-weite Statistiken vereinbart, da es keine gemeinsamen Definitionen der Straftatbestände gibt; dies hat zur Folge, dass die nationalen Statistiken nicht vergleichbar sind. Wie die Diskussionen über die Ausweitung des Mandats von Europol gezeigt haben, dürfte es schwierig sein, sich bei bestimmten Straftaten auf gemeinsame Definitionen zu verständigen.

Die Frage, ob und nach welchen Modalitäten Europol Zugang zum Zollinformationssystem (ZIS) haben sollte, wurde noch nicht eingehend erörtert. Nach Artikel 7 Absatz 3 des ZIS-Übereinkommens wäre es grundsätzlich möglich, Europol den Zugang zu gestatten. Allerdings müsste in diesem Fall ein Zusatzprotokoll geschlossen werden. Nach Auffassung der Kommission sollte diese wichtige Frage so bald wie möglich geklärt werden.

Was das Netz für Forschung und Dokumentation über die grenzüberschreitende Kriminalität anbelangt, wurde mit der Einrichtung des Knowledge Management Centre bei Europol ein erster konkreter Schritt eingeleitet. Dieses Zentrum liefert Angaben darüber, ob - beispielsweise an Hochschulen - Fachwissen im Bereich der Strafverfolgung in der Union vorhanden ist; zudem informiert es über eher operative Fragen wie die technische Ausrüstung. Darüber hinaus arbeitet Europol mit den Mitgliedstaaten und der Kommission an der Weiterentwicklung des jährlichen Berichts über die organisierte Kriminalität in der EU, in dem die Sachlage beschrieben wird, zu einer Bedrohungsbewertung. Dieser Bericht soll zu einem wichtigen Planungsinstrument für das Vorgehen der EU gegen die organisierte Kriminalität gemacht werden. Die Kommission schlägt vor, mit Europol zu erörtern, ob die bereits getroffenen Maßnahmen den vom Wiener Aktionsplan vorgesehenen entsprechen und welche zusätzlichen Maßnahmen möglicherweise ergriffen werden müssen.

Hinsichtlich der Forderung nach der Ausarbeitung und Durchführung einer Informationsstrategie mit dem Ziel, die Öffentlichkeit mit den Arbeiten und Zuständigkeiten von Europol vertraut zu machen, hat sich in den beiden vergangenen Jahren gezeigt, dass es wichtiger ist, das Bewusstsein der Strafverfolgungsbeamten in den Mitgliedstaaten für diese Thematik zu schärfen als das der breiten Öffentlichkeit. Daher waren die Informationsstrategien von Europol und der Mitgliedstaaten schwerpunktmäßig auf die Ausarbeitung eines Sensibilisierungs programms für die Strafverfolgungsbehörden ausgerichtet, das 2003 und 2004 im Rahmen einer Kofinanzierung aus dem EU-Programm AGIS durchgeführt wird.

Die Kommission ist der Auffassung, dass ein wirksames, langfristig angelegtes Sensibilisierungsprogramm wesentlich zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses und der Zusammenarbeit zwischen Europol und den Strafverfol gungs behörden der Mitgliedstaaten beiträgt. Sie begrüßt, dass die Einleitung dieses Programms vorübergehend aus Mitteln des Programms AGIS gefördert werden kann. Eine längerfristige Finanzierung muss allerdings von Europol und den Mitgliedstaaten bereitgestellt werden.

Im ersten Halbjahr 2002 prüfte der Rat die Möglichkeit eines vereinfachten Verfahrens für künftige Änderungen des Europol-Übereinkommens. Eine solche Maßnahme wurde als notwendig erachtet, da jede einzelne Änderung des Übereinkommens nach den derzeitigen Modalitäten von allen Mitgliedstaaten ratifiziert werden muss. Bislang konnten die diesbezüglichen Diskussionen nicht abgeschlossen werden. Nach Ansicht der Kommission ist es vor allem angesichts der Erweiterung äußerst wichtig, dass das Verfahren für künftige Änderungen des Europol-Übereinkommens vereinfacht wird. Die einzige realisierbare Option besteht darin, das Übereinkommen durch einen Ratsbeschluss nach Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c zu ersetzen. Die Kommission ist bereit, einen Vorschlag für den Entwurf eines entsprechenden Ratsbeschlusses vorzulegen.

Europol ist nunmehr seit vier Jahren in vollem Umfang operationell. In dieser Zeit trat sein Potenzial als wichtiges Instrument des Kampfes der EU gegen schwerwiegende Formen der internationalen Kriminalität immer deutlicher zutage. Alle im EUV und in den Schlussfolgerungen von Tampere geforderten konkreten Maßnahmen wurden vom Rat in Form von Beschlüssen oder Rechtsakten angenommen, von denen einige von den Mitgliedstaaten zu ratifizieren sind. Die vollständige Ratifizierung und Umsetzung all dieser Maßnahmen wird eine effizientere Arbeitsweise von Europol ermöglichen.

Was die künftige Entwicklung von Europol betrifft, so bedarf es kurzfristig einer Konsolidierungsphase, in der alle Rechtsakte betreffend Europol ratifiziert und umgesetzt werden sowie das Sensibilisierungsprogramm fortgesetzt, eine einfache Version des EIS eingeführt und der HENU-Bericht umgesetzt wird.

Nach dieser Konsolidierung sollten Europol gewisse Ermittlungsbefugnisse übertragen werden. Bei der Erörterung einer solch wichtigen Entwicklung müssten auch die etwaigen Konsequenzen für die justizielle und parlamentarische Kontrolle von Europol berücksichtigt werden.

2.1.3. Operative polizeiliche Zusammenarbeit einschließlich der Task Force der europäischen Polizeichefs (TFPC)

Im Wiener Aktionsplan wurde die Entwicklung und Ausweitung der operativen Zusammenarbeit zwischen den Strafverfolgungsbehörden in der Union binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des EUV gefordert. Es wurde vorgeschlagen, dass die von den Zollbehörden der Mitgliedstaaten durchgeführten gemeinsamen Aktionen dabei als Vorbild dienen sollten.

Die Schlussfolgerung 44 des Europäischen Rates von Tampere kann als erster konkreter Schritt zur Entwicklung und Ausweitung einer solchen Zusammenarbeit angesehen werden. In dieser Schlussfolgerung wird die Einrichtung einer ,operativen Task Force der europäischen Polizeichefs" gefordert, ,die in Zusammenarbeit mit Europol Erfahrungen, bewährte Methoden und Informationen zu aktuellen Trends der grenzüberschreitenden Kriminalität austauscht und zur Planung operativer Maßnahmen beiträgt".

Seit dem ersten Treffen im April 2000 ist die Task Force der europäischen Polizeichefs (TFPC) achtmal, einmal pro Ratsvorsitz, zusammengekommen. Dabei war sie vor allem bemüht, die genauen von ihr durchzuführenden Aufgaben zu vereinbaren. Bei ihrem Treffen vom Juli 2002 in Kopenhagen verständigte sie sich auf die folgenden Hauptaufgaben:

* Förderung eines koordinierten Ansatzes zur Bekämpfung der grenzüberschreitenden Kriminalität in der EU, unter anderem auf der Grundlage der Europol-Analysen der organisierten Kriminalität;

* Annahme von Initiativen, Planung und Einleitung von Aktionen mit Beteiligung von zwei oder mehr Mitgliedstaaten, die auf Schwerpunktbereiche bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität ausgerichtet sind;

* Forum für den Informationsaustausch und für Diskussionen über kriminelle Tendenzen sowie Festlegung von Strategien für die Kriminalitätsbekämpfung;

* Ausarbeitung politischer Empfehlungen betreffend die Polizei an den Rat sowie Gewährleistung ihrer Umsetzung und des Follow-up;

* Beitrag zur Erreichung eines hohen Standards der europäischen Polizeisysteme hinsichtlich der Rechtsstaatlichkeit und der demokratischen Grundsätze.

Auf dem Kopenhagener Treffen im Jahr 2002 verständigte sich die TFPC auch auf eine Methodik für die Vorbereitung, die Durchführung und das Follow-up gemeinsamer Aktionen. Ab diesem Zeitpunkt sollten gemeinsame Aktionen von einem ,führenden Land" auf der Grundlage der von Europol erstellten strategischen Analysen vorgeschlagen werden; weitere interessierte Länder könnten sich dann an dem operationellen Team beteiligen; Europol würde analytische Unterstützung leisten und der TFPC wären Fortschritts- und Abschlussberichte zu übermitteln. Noch nicht ganz klar ist jedoch, wer für die Vorbereitung, Planung, Überwachung und Bewertung der gemeinsamen operativen Aktionen verantwortlich ist.

Auf dem Treffen im April 2002 vereinbarte die TFPC die Einsetzung eines Lenkungsausschusses, der die Kontinuität ihrer Tätigkeit durch adäquate Vorbereitung der Treffen, Überwachung des Follow-up der Empfehlungen sowie Festlegen und Vorschlagen der zu erörternden Themen gewährleisten soll. Der Lenkungsausschuss wird aus Vertretern des amtierenden, des vorangegangenen und des künftigen Ratsvorsitzes, von Europol, der Kommission und des Generalsekretariats des Rates gebildet. Auf ihrer Sitzung im Jahr 2003 in Rom kam die TFCP zu dem Ergebnis, dass die Rolle des Lenkungsausschusses z. B dadurch gestärkt werden könnte, dass er häufiger zusammentrifft oder Vertreter der Einheiten für Internationale Beziehungen der einzelstaatlichen Polizeien bei seinen Zusammenkünften zulässt. Die nächste Sitzung des Lenkungsausschusses war für den 30. Januar 2004 geplant.

Die TFPC hat zahlreiche Maßnahmen vorgeschlagen, die zum Beispiel den Schutz des Euro, die illegale Einwanderung, den Menschenhandel, die Kfz-Kriminalität und den Kindesmissbrauch betreffen. Es besteht jedoch Einigkeit darüber, dass diese Anstrengungen bislang keinen operativen Mehrwert auf EU-Ebene bewirkt haben (obwohl die Beschlüsse, die auf dem letzten TFPC-Treffen am 19./20. Mai 2003 über künftige gemeinsame Aktionen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung, des Menschenhandels und des Drogenkonsums gefasst wurden, viel versprechend sind).

Diese unzureichende Effizienz ist auf eine Reihe von Faktoren zurückzuführen. Die Führungskräfte der Polizei in den Mitgliedstaaten sind in der Regel mit zahlreichen Fragen - von administrativen bis hin zu hochpolitischen Angelegenheiten - konfrontiert, sodass europäische Themen nur eine von vielen Prioritäten bilden.

Außerdem unterscheiden sich die Zuständigkeiten der Polizeivertreter der Mitgliedstaaten in der TFPC erheblich. In einigen Ländern gibt es nur einen Polizeichef, der somit auch über die Zuweisung der Mittel beschließen kann, während in anderen Mitgliedstaaten der Hauptdelegierte in der TFPC einen dezentralisierten Polizeidienst seines Landes vertritt. In Ländern mit föderalen Systemen stellt die Vertretung ein recht komplexes Problem dar. Außerdem ist es schwierig, die Kontinuität der Plenartagungen der TFPC zu wahren, obwohl sich die Situation mit der Einsetzung des oben genannten Lenkungsausschusses verbessert hat.

Zu den Problemen der TFPC kamen organisatorische Defizite hinzu. Da pro Ratsvorsitz in der Regel nur ein Treffen stattfindet, stehen jeweils zu viele Themen auf der Tagesordnung, sodass nur selten eingehende Diskussionen möglich sind; außerdem hat die späte Übermittlung der Dokumente zur Folge, dass sich die Delegationen nur unzureichend auf die Treffen vorbereiten können. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Funktionieren der TFPC nicht durch ihr Agieren außerhalb der Ratsstrukturen gefördert wird.

Dennoch sollte die Bedeutung der TFPC-Treffen im Hinblick auf die Verbesserung der bilateralen und multilateralen Kontakte zwischen den polizeilichen Führungs kräften der Mitgliedstaaten nicht unterschätzt werden, da es sich dabei um die einzigen Treffen handelt, bei denen alle gleichzeitig zusammenkommen.

Als polizeilichen Führungskräften in der Union kommen den Mitgliedern der TFPC zwei wichtige Aufgaben zu: Aufgrund ihrer Nähe zu den Ministern können sie politische Beschlüsse in Polizeiangelegenheiten beeinflussen und sind gleichzeitig befugt, über den Einsatz polizeilicher Ressourcen zu entscheiden. Hinsichtlich der künftigen Entwicklung der Task Force ist die Kommission der Ansicht, dass die Integration der TFPC in die förmlichen Ratsstrukturen ernsthaft erwogen werden sollte. Dies würde der Task Force ermöglichen, an Entscheidungen in allen relevanten Angelegenheiten der polizeilichen Zusammenarbeit in der EU mitzuwirken. Solange diese Integration noch nicht verwirklicht worden ist, sollte sich die Task Force auf die Vorbereitung, die Planung und das Follow-up gemeinsamer operativer Polizeimaß nahmen in Schwerpunktbereichen konzentrieren.

Auf ihrem letzten Treffen im März 2004 beriet die TFPC auf der Grundlage eines Diskussionspapiers über die Zukunft der Task Force im Lichte des Vorschlags, der im Verfassungsentwurf niedergelegt ist.

2.1.4. Europäische Polizeiakademie (EPA)

In den Schlussfolgerungen von Tampere wurde die Einrichtung einer Europäischen Polizeiakademie für die Schulung von hochrangigen Angehörigen der Strafver folgungs behörden gefordert, die zunächst als Netz der bestehenden nationalen Ausbildungseinrichtungen geschaffen werden sollte. Am 22. Dezember 2000 verabschiedete der Rat einen Beschluss über die Errichtung der Europäischen Polizeiakademie (EPA) [38].

[38] ABl. L 336 vom 30. Dezember 2000.

Gemäß Artikel 6 Absatz 1 des Ratsbeschlusses vom 22. Dezember 2000 hat die EPA ,zum Ziel, an der Schulung von hochrangigen Führungskräften der Polizeidienste der Mitgliedstaaten mitzuwirken. Sie unterstützt und entwickelt einen europäischen Ansatz für die Hauptprobleme, die sich den Mitgliedstaaten im Bereich der Bekämpfung der Kriminalität, der Verbrechensverhütung und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung insbesondere auf grenzüberschreitender Ebene stellen."

Die wichtigsten Zielsetzungen und Aufgaben der EPA lauten: Vertiefung der Kenntnisse über die nationalen Polizeisysteme und -strukturen der anderen Mitgliedstaaten sowie über Europol und die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union; Verbesserung der Kenntnisse über die internationalen Regelungen, insbesondere diejenigen, die auf der Ebene der Europäischen Union im Bereich der Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Kriminalität bereits bestehen; Gewährleistung einer angemessenen Aus- und Fortbildung hinsichtlich der Wahrung der demokratischen Garantien, insbesondere der Verteidigungsrechte, sowie Förderung der Zusammenarbeit mit den anderen Einrichtungen für polizeiliche Ausbildung.

Zur Verwirklichung dieser Ziele kann die EPA insbesondere folgende Maßnahmen ergreifen: Durchführung von Ausbildungsveranstaltungen für hochrangige Führungskräfte der Polizeidienste auf der Grundlage gemeinsamer Standards; Beteiligung an der Ausarbeitung harmonisierter Lehrpläne und Beitrag zur Ausarbeitung geeigneter Fortbildungsprogramme; Durchführung einer Fachaus bildung für Polizeibeamte; Entwicklung und Durchführung einer Ausbildung für Ausbilder; Verbreitung der bewährten Verfahren und der Forschungsergebnisse; Ausarbeitung und Durchführung von Ausbildungsmaßnahmen für die Polizeikräfte der Europäischen Union, die diese auf ihre Mitwirkung bei der nichtmilitärischen Krisenbewältigung vorbereiten sollen, und für die Polizeidienste der EU-Beitrittsstaaten sowie Erleichterung des Austauschs und der Abordnung von Polizeibeamten im Rahmen der Ausbildung. Die EPA kann mit den für die polizeiliche Ausbildung zuständigen nationalen Einrichtungen von Drittstaaten zusammenarbeiten. So stellt sie hochrangigen Führungskräften der Polizeidienste der Bewerberländer sowie Islands und Norwegens ihre Infrastrukturen zur Verfügung und prüft Zugangsmöglichkeiten für Beamte der europäischen Organe und anderer EU-Einrichtungen.

Nach dem Ratsbeschluss zur Errichtung der EPA sollte diese vor Ablauf des Jahres 2003 dem Rat einen Bericht über ihre Tätigkeit und ihre weitere Entwicklung vorlegen. Da der Ratsbeschluss vom 22. Dezember 2000 die EPA weder mit Rechtspersön lichkeit noch mit einem Budget ausstattete, hatte sie am Anfang mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Im ersten Jahr ihrer Tätigkeit verfügte sie weder über ein Budget noch über ein Sekretariat; aber auch nachdem beschlossen worden war, ihr Sekretariat vorübergehend in Kopenhagen anzusiedeln, sah sie sich administrativen Schwierigkeiten gegenüber, da ihr kein Personal zugewiesen werden konnte.

Die Tätigkeit der EPA sollte vor dem Hintergrund dieser schwierigen Anfangsphase bewertet werden. Die erzielten Fortschritte sind beachtlich. Das Lehrgangsangebot der EPA ist seit 2001 stetig gewachsen. So stieg die Zahl der Lehrgänge, die eine immer breitere Themenpalette (Terrorismusbekämpfung, öffentliche Ordnung, Grenzkontrolle usw.) abdeckten, von 10 im Jahr 2001 auf 38 im Jahr 2003. Außerdem hat die EPA eine eigene Website eingerichtet und vor allem das European Police Learning Network (EPLN) geschaffen; dieses innovative Instrument ermöglicht eine virtuelle polizeiliche Schulung über das Internet. Die Kommission hat den Aufbau des EPLN im Rahmen der Programme OISIN und AGIS unterstützt.

Der Europäische Rat traf am 13. Dezember 2003 in Brüssel eine Einigung über den Sitz mehrerer europäischer Einrichtungen, u. a. der EPA (Vereinigtes Königreich). Kurz vor der Annahme der vorliegenden Mitteilung werden derzeit im Zusammenhang mit der EPA zwei Initiativen diskutiert: Die irische Initiative zielt auf die Änderung des Beschlusses des Rates vom 22. Dezember 2000, um der EPA Rechtspersönlichkeit zu verleihen [39], die des Vereinigten Königreichs hat die Änderung des genannten Beschlusses und der Bestimmung von Bramshill als Sitz der EPA zum Ziel [40].

[39] ABl. C 1 vom 6. Januar 2004.

[40] ABl. C 20 vom 24. Januar 2004.

Die Annahme dieser beiden Initiativen dürfte einen Beitrag zur kurzfristigen Lösung von zwei der dringendsten Probleme der EPA sein. Gleichwohl ist offenkundig, dass diese Änderungen des ursprünglichen Ratsbeschlusses zur Schaffung der EPA nur Teillösungen darstellen. Eine eingehendere Diskussion über die zukünftige EPA-Struktur wäre erforderlich.

Neben den spezifischen Schwierigkeiten aufgrund der fehlenden Rechts persönlichkeit der EPA und der Frage des ständigen Sitzes ihres Sekretariats sind bei ihrer Tätigkeit strukturelle Probleme zutage getreten. Diese Probleme waren vor allem auf die Unfähigkeit der einzelnen Polizeischulen, eine angemessene Organisation der Lehrgänge zu gewährleisten, bzw. auf die geringe Beteiligung aufgrund der unzureichenden Sprachkenntnisse der potenziellen Begün stigten zurückzuführen. Einige Bewerberländer sahen sich zudem finanziellen Schwierigkeiten gegenüber, die ihrer Mitwirkung an EPA-Aktivitäten Grenzen setzten.

Die oben skizzierten strukturellen Probleme sind schon seit einiger Zeit Gegenstand von Überlegungen und Diskussionen in der EPA. Es wurde erkannt, dass Bedarf an einer besseren Sprachausbildung für Polizeibeamte in der EU besteht; dieses Defizit soll - zumindest teilweise - durch das EPLN behoben werden. Dennoch gehören unzureichende Sprachkenntnisse weiterhin zu den größten Hindernissen für eine engere Zusammenarbeit auf dem Gebiet der polizeilichen Aus- und Fortbildung; daher sollten entsprechende Maßnahmen vorrangig durchgeführt werden.

Die Tatsache, dass die verschiedenen Polizeischulen in der EU unterschiedliche Ausbildungsansätze verfolgen, sollte an sich kein Problem darstellen. Allerdings bedarf es einer gemeinsamen Methodik und gemeinsamer Qualitätsnormen, um ein gewisses Mindestniveau der polizeilichen Ausbildung in der EU, zumindest in Bereichen von gemeinsamem Interesse und für die in diesen Bereichen tätigen Beamten, gewährleisten zu können.

Künftig sollte sich die EPA auf die Ausarbeitung gemeinsamer Lehrpläne und Lehrmethoden in Schwerpunktbereichen der polizeilichen Zusammenarbeit konzentrieren, die sodann in allen nationalen Polizeischulen einheitlich Anwendung finden würden. Um ihre Aufgaben angemessen wahrnehmen zu können, sollte die EPA Rechtspersönlichkeit besitzen, über ein mit angemessenen personellen Mitteln ausgestattetes Sekretariat verfügen und aus dem EU-Haushalt finanziert werden.

2.1.5. Weitere in Art. 30 EUV erwähnte Themen

2.1.5.1. Ermittlungstechniken

Im Zusammenhang mit Straftaten kommen der Polizei zwei Aufgaben zu: Zum einen sammelt sie Informationen zur Aufdeckung von Straftaten und Gefahren für die öffentliche Sicherheit; zum anderen führt sie Ermittlungen durch und unterstützt damit die Justizbehörden bei der Strafverfolgung. Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben bedient sich die Polizei verschiedener Ermittlungstechniken.

Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe d EUV bestimmt, dass das gemeinsame Vorgehen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit ,die gemeinsame Bewertung einzelner Ermittlungstechniken in Bezug auf die Aufdeckung schwerwiegender Formen der organisierten Kriminalität" einschließt. Nach dem Wiener Aktionsplan ist diese Bewertung binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des EUV vorzunehmen. Obwohl im Rahmen von Europol gemeinsame Leitlinien beispielsweise für den Einsatz von Informanten oder für kontrollierte Lieferungen erarbeitet worden sind, handelt es sich doch nur um Leitlinien, die nicht unbedingt von allen Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Bislang gibt es noch keine allgemein akzeptierte Auslegung von Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe d EUV auf EU-Ebene.

In Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe a EUV wird eindeutig unterschieden zwischen ,der Verhütung von Straftaten sowie ihrer Aufdeckung und Ermittlung". Demnach besteht offensichtlich ein Unterschied zwischen der Aufdeckung und der Ermittlung von Straftaten. Daher lässt sich schlussfolgern, dass es sich bei den ,einzelnen Ermitt lungs techniken" nach Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe d um Techniken handelt, die den Strafverfolgungsbehörden Hinweise auf etwaige kriminelle Aktivitäten liefern könnten; hierzu gehören die Risikoanalyse, die Erstellung von Täterprofilen (Profiling) und die Überwachung von Geldbewegungen. Solche Techniken haben sich als wirksame Instrumente zur Aufdeckung schwerwiegender Formen der Kriminalität im Zusammenhang mit dem Drogenhandel und der Geldwäsche erwiesen. [41] Nach Auffassung der Kommission wäre eine gemeinsame Bewertung dieser Techniken durch Sachverständige daher in der Tat nützlich, um zu ermitteln, welche von ihnen in bestimmten Situationen als geeignete bzw. bewährte Praktiken angewandt werden können.

[41] Berichte über die zweite Runde der gegenseitigen Begutachtung betreffend "Die Strafverfolgung und ihre Rolle bei der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels". Dokument 6153/3/03 REV 3 CRIMORG 43 vom 22. September 2003.

Nach Ansicht der Kommission sollte sich die Bewertung nicht auf die zur Aufdeckung von Straftaten angewandten Ermittlungstechniken beschränken; vielmehr sollten auch die Techniken berücksichtigt werden, die für die Ermittlung schwerwiegender Straftaten von besonderer Bedeutung sind. Dazu gehören die Techniken zur Informationsgewinnung und -verarbeitung (z. B. Umgang mit Informanten, Überwachung, kontrollierte Lieferungen, verdeckte Ermittlungen, Durchsuchungen und Beschlagnahmen), die im Übereinkommen über gegenseitige Amtshilfe und Zusammenarbeit der Zollverwaltungen [42] und im Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen [43] erwähnt sind. Des Weiteren sind Beispiele aus dem Bereich der Forensik zu nennen, u. a. die Spurensuche am Tatort.

[42] Rechtsakt des Rates vom 18. Dezember 1997, ABl. C 24 vom 23. Januar 1998.

[43] ABl. C 197 vom 12. Juli 2000.

In dem vom Konvent zur Zukunft der Europäischen Union vorgeschlagenen Entwurf eines Verfassungsvertrags wird der Wortlaut von Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe d geringfügig geändert. So ist nicht mehr die Rede von der ,gemeinsamen Bewertung" der Ermittlungstechniken; statt dessen sieht der Vertragsentwurf vor, dass durch Rahmengesetze ,Maßnahmen festgelegt werden" können, die ,gemeinsame Ermittlungstechniken zur Aufdeckung schwerer Formen der organisierten Kriminalität" betreffen.

Nach Auffassung der Kommission sollte der Rat nunmehr anstreben, Einigung über den unionsweiten Einsatz bewährter Ermittlungstechniken zur Aufdeckung schwerwiegender Formen der Kriminalität zu erzielen. Allerdings sollten sich solche Maßnahmen nach Meinung der Kommission nicht auf die Aufdeckung von Straftaten beschränken, sondern auch deren Verhütung und Ermittlung abdecken.

Im Übrigen sollte nach Ansicht der Kommission kurz auf die Bedeutung hingewiesen werden, die der Verwendung von DNS-Profilen bei der Verbrechensaufklärung zukommt. In den letzten Jahren konnten einige Mitgliedstaaten dank der von ihnen aufgebauten nationalen DNS-Datenbanken beeindruckende Erfolge bei der Verbrechensaufklärung erzielen: einige Verbrechen konnten so schneller oder überhaupt erst aufgeklärt werden. Die Fähigkeit der Union zur gezielten und wirksamen Verbrechens aufklärung ließe sich beträchtlich verbessern, wenn in allen Mitgliedstaaten solche Datenbanken aufgebaut würden. Dabei wäre dafür Sorge zu tragen, dass die Datenschutzregelungen der Mitgliedstaaten und der EU in vollem Umfang beachtet werden. Eine noch bessere Verbrechensaufklärung wäre in der Union möglich, wenn die Strafverfolgungs behörden der Mitgliedstaaten in der Lage wären, die DNS-Profile zu vergleichen.

2.1.5.2. Forensische Wissenschaft

Gegenstand der forensischen Wissenschaft sind die Untersuchung des Tatorts, das Sammeln von materiellen Beweismitteln, Laboruntersuchungen, die Auslegung der Erkenntnisse und die Zusammenstellung von Schlussfolgerungen für Intelligence- und Ermittlungszwecke oder zur Beweisführung vor Gericht. Zu den verschiedenen forensischen Fachgebieten gehören unter anderem die Toxikologie, die Serologie und das Erstellen von DNS-Profilen, die Spurensuche (Feuer- und Glasschäden, Farbreste, Schmauchspuren usw.), der Bereich der Schusswaffen und der Ballistik, Untersuchungen von Handschriften und Dokumenten, Fingerabdrücke, sonstige Spuren und Abdrücke (z. B. Werkzeugspuren, Schuhabdrücke), Audio-, Video- und Computeranalysen, Unfallermittlungen, Ermittlungen am Tatort und die forensische Pathologie.

Diese Maßnahmen dienen letztendlich der Wahrheitsfindung in Strafverfahren. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, dass forensische Untersuchungen mit höchster Präzision und von unabhängigen, unparteiischen und integren Personen durchgeführt werden.

In Europa nehmen die staatlichen forensischen Laboratorien routinemäßig jährlich tausende von Einzelfalluntersuchungen, d. h. Untersuchungen im Zusammenhang mit strafrechtlichen Ermittlungen in den verschiedenen Bereichen der forensischen Wissenschaft, vor. Darüber hinaus umfasst die Arbeit der Laboratorien auch andere Aktivitäten wie Forschung und Entwicklung oder Erziehung und Ausbildung.

Die meisten forensischen Laboratorien sind Teil von polizeilichen Einrichtungen oder öffentliche Laboratorien, die mit den Strafverfolgungsbehörden eng zusammenarbeiten.

Seit Anfang der neunziger Jahre tauschen die wichtigsten europäischen forensischen Laboratorien im Rahmen des Europäischen Netzes der kriminaltechnischen Institute (European Network of Forensic Science Institutes - ENFSI) Informationen aus. Zurzeit gehören dem ENFSI 49 Laboratorien aus 33 Ländern an. Nach der Satzung des ENFSI besteht dessen Ziel darin zu gewährleisten, dass die forensische Wissenschaft in Europa hinsichtlich ihrer Leistungen und der Weiterentwicklung führend in der Welt ist. Zusammenkünfte und die Arbeit der 15 Sachverständigen-Arbeitsgruppen, die sich mit allen Aspekten der verschiedenen forensischen Fachgebiete befassen, tragen dazu bei, dass das ENFSI seine Zielsetzungen verwirklichen kann.

In den letzten Jahren haben die forensischen Laboratorien der EU-Mitgliedstaaten - im Rahmen des ENFSI - die Zusammenarbeit untereinander sowie mit forensischen Laboratorien anderer europäischer Länder beträchtlich verstärkt.

In den meisten Ländern, einschließlich der EU-Mitgliedstaaten, gelten für forensische Laboratorien nur einige formale Anforderungen bezüglich der Qualitätsnormen. Ganz anders ist die Situation im Nahrungsmittel- und Getränkesektor, bei der Kontrolle von Fleisch, der Zulassung neuer Arzneimittel, bei Trinkwasser usw. In all diesen Bereichen sind offizielle Stellen für die Überprüfung der Einhaltung von Qualitätsnormen verantwortlich, sodass die Ergebnisse von Labortests nicht angezweifelt werden können und als Grundlage für zumeist weit reichende Entscheidungen akzeptiert werden.

Ein erster entscheidender Schritt zur Verbesserung des Qualitätsniveaus der forensischen Laboratorien in der EU ist die Forderung nach konkreten Qualitätsvorschriften. Seit den achtziger Jahren besteht eine allgemein akzeptierte Methode zur Verbesserung der Qualität eines bestimmten Laboratoriums darin, eine allgemein anerkannte Norm als Grundlage seines Qualitätssicherungssystems vorzuschreiben. Solche Normen gibt es seit vielen Jahren; sie umfassen alle technischen und organisatorischen Aspekte, die für die Gewährleistung eines gewissen Mindestqualitätsnivaus erforderlich sind. Die für forensische Laboratorien empfohlenen Normen lauten: NEN-EN-ISO/IEC 17025 (betrifft nicht speziell forensische Laboratorien) und ILAC-G19:2002 (erläutert 17025 mit Bezugnahme auf forensische Laboratorien). Ein solcher Ansatz ist wesentlich effizienter als eine starre Vereinheitlichung der Methoden.

Die Einführung eines Qualitätssicherungssystems ist kosten- und zeitaufwendig. Daher sollte den Laboratorien eine akzeptable Frist für die Umsetzung der Normen zugestanden werden. Zeitgleich mit der Einführung eines (zugelassenen) Qualitätssicherungssystems durch die forensischen Laboratorien sollten die Polizei- und Justizbehörden dazu angehalten werden, ausschließlich mit ,zugelassenen" Laboratorien zusammenzuarbeiten.

Bislang verfügen nur sechs dem ENFSI angehörende Laboratorien (alle aus den Mitgliedstaaten) über ein offiziell anerkanntes Qualitätssicherungssystem auf der Grundlage der beiden oben genannten Normen. Ein erster entscheidender Schritt zur Verbesserung der Qualität der forensischen Laboratorien in der Union besteht daher darin, dass alle forensischen Laboratorien in der EU ein Qualitätssicherungssystem auf der Grundlage dieser beiden Normen einführen und dass diese von den nationalen Zulassungsstellen anerkannt werden (wobei die nationalen Zulassungs stellen dem internationalen Zulassungs- und Zertifizierungssystem angehören müssten).

Das ENFSI hat sich zu einem nützlichen Kooperationsinstrument für die forensische Wissenschaft in der Union entwickelt. Da ihm auch außerhalb der Europäischen Union befindliche Laboratorien angehören, kann die EU das ENFSI nicht als offizielle Stelle zur Vertretung ihrer Interessen im Bereich der forensischen Wissenschaft heranziehen. Daher wäre es ratsam, dass die ENFSI-Mitglieder aus der Europäischen Union eine eigene Untergruppe innerhalb des ENFSI bilden, mit der die Europäische Union offiziell kommunizieren könnte.

Auf EU-Ebene bestehen nur zwei Instrumente betreffend die forensische Wissenschaft: die Entschließung des Rates vom 9. Juni 1997 über den Austausch von DNS-Analyseergebnissen [44] und die Entschließung des Rates vom 25. Juni 2001 zu demselben Thema [45]. Beide Instrumente sind nicht rechtsverbindlich. Mehrere im Rahmen des Programms OISIN kofinanzierte Projekte hatten die Festlegung gemeinsamer Qualitätsnormen für forensische Laboratorien zum Ziel. Die Ergebnisse der betreffenden Studien könnten auf EU-Ebene von Nutzen sein. Die Kommission schlägt vor, dass die Ergebnisse zusammengestellt und der Ratsgruppe ,Polizeiliche Zusammenarbeit" zur Erörterung und Weiterbehandlung vorgelegt werden.

[44] ABl. C 193 vom 24. Juni 1997.

[45] ABl. C 187 vom 3. Juli 2001.

2.1.6. Sonstige Themen der polizeilichen Zusammenarbeit

2.1.6.1. Terrorismus

Das Erfordernis der Terrorismusbekämpfung wird in Artikel 29 EUV allgemein erwähnt. Terrorismus ist eine besondere Form der Schwerkriminalität. In dieser Mitteilung sollen nicht die einzelnen Formen der Kriminalität behandelt werden. Seit den Ereignissen vom 11. September 2001 und vom 11. März 2004 genießt die Bekämpfung des internationalen Terrorismus jedoch höchste politische Aufmerksamkeit. Die Union hat viele Maßnahmen unter anderem zur polizeilichen Zusammenarbeit eingeleitet, um ein wirksameres Vorgehen der Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten gegen den Terrorismus zu ermöglichen. Eine Mitteilung zur polizeilichen Zusammenarbeit wäre daher unvollständig ohne eine kurze Analyse der Zusammenarbeit in diesem besonderen Bereich.

Die nationalen Antiterrormaßnahmen basieren vor allem auf der Zusammenarbeit der Nachrichtendienste, Polizeidienste und Justizbehörden. Mitgliedstaaten, die sich schon lange internen terroristischen Bedrohungen gegenübersahen, haben innerhalb des Polizeisystems Nachrichtendienste speziell zur Terrorismusbekämpfung aufgebaut. Die polizeilichen Nachrichtendienste dieser Länder befassen sich in der Regel mit internen terroristischen Bedrohungen, die traditionellen Nachrichten dienste eher mit den externen Gefahren für die nationale Sicherheit. In Mitgliedstaaten, die innenpolitisch bislang kaum mit Terrorismus konfrontiert waren, sind die Sicherheits- und Nachrichtendienste für das Sammeln, die Analyse und die Verbreitung von Intelligence im Rahmen der Terrorismusbekämpfung verantwortlich.

Somit lassen sich in der Union zwei Kooperationskonzepte unterscheiden, die die Kapazität der institutionellen Strukturen für die Kooperation zur wirksamen Terrorismusbekämpfung maßgeblich bestimmen: Ein Konzept betrifft die Zusammenarbeit der Polizeidienste, das andere die der Sicherheits- bzw. Nachrichtendienste. Die Nachrichtendienste der Mitgliedstaaten arbeiten bei der Terrorismusbekämpfung bereits seit geraumer Zeit im informellen Rahmen des so genannten Clubs von Bern zusammen, dem auch einige andere europäische Länder angehören. Diese Zusammenarbeit basiert auf gegenseitigem Vertrauen und Flexibilität. Nach dem 11. September 2001 haben die Nachrichten dienste der Mitgliedstaaten im Einklang mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 21. September 2001 ihre Maßnahmen zur Koordinierung der Terrorismusbekämpfung im Rahmen der ,Antiterrorgruppe" (Counter-terrorism group - CTG) des Club von Bern, in der die Antiterrorexperten der Nachrichtendienste zusammenkommen, verstärkt. Die Polizeidienste sind an dieser Gruppe nicht beteiligt.

Die institutionelle Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung in der Union im Rahmen der dritten Säule wird in der Ratsgruppe ,Terrorismus" koordiniert. Einige Delegationen in dieser Gruppe vertreten die ,polizeilichen Nachrichtendienste", andere die Sicherheits- bzw. Nachrichtendienste und wiederum andere beide. Diese heterogene Zusammensetzung der Delegationen ist wegen des mangelnden Vertrauens zwischen den verschiedenen Diensten ein Faktor, der die Zusammenarbeit behindert. Europol ist ebenfalls an der Gruppe beteiligt.

Was Europols Rolle in der Terrorismusbekämpfungspolitik der EU anbelangt, so fehlt es dem Amt nach Ansicht vieler Polizei- und Nachrichtendienste an Kapazitäten, um eine Führungsrolle in diesem Bereich zu übernehmen; sein Informationsaustauschsystem sei außerdem nicht flexibel genug. Vor allem die Nachrichtendienste tun sich weiterhin schwer damit, Europol als Partner zu akzeptieren. Die Kommission hatte es in ihrem Beitrag zur Tagung des Europäischen Rates über die Verbesserung der Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung in der EU [46] (19. März 2004 in Brüssel), die als Reaktion auf die Anschläge in Madrid vom 11. März stattfand, als notwendig bezeichnet, dass die Mitgliedstaaten Europol sämtliche operativen Informationen und Intelligence zur Verfügung stellen.

[46] SEK(2004) 348 - Europäische Sicherheitsstrategie - Terrorismusbekämpfung vom 18. März 2004.

Gleichwohl hat sich die unionsweite Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung nach dem 11. September verbessert. Auf der Sondertagung am 20. September 2001 nahm der Rat ,Justiz und Inneres" zahlreiche wichtige Maßnahmen für ein wirksameres Vorgehen der Union an. Diese zielen auf die Verstärkung der justiziellen und der polizeilichen Zusammenarbeit, die Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung, Grenzkontrollen, die Sicherheit im Luft- und Seeverkehr sowie die Zusammenarbeit mit den USA ab (dies führte zu Vereinbarungen zwischen Europol und amerikanischen Polizeidienststellen über den Austausch von Personendaten oder Verbindungsbeamten).

Hinsichtlich der polizeilichen Zusammenarbeit wurden gute Fortschritte bei der Vereinbarung konkreter Maßnahmen zur Verbesserung der Beziehungen zwischen den Polizeikräften, Europol und den Nachrichtendiensten der Mitgliedstaaten erzielt. In diesem Zusammenhang ist auf folgende Entwicklungen hinzuweisen: die Einsetzung einer Gruppe von Antiterror experten (Task Force ,Terrorismus bekämpfung") bei Europol; die Bildung multinationaler Gruppen zum Sammeln und Austauschen von Informationen über Terroristen; die Treffen der Leiter der Antiterroreinheiten und der polizeilichen Nachrichtendienste; die Verstärkung der Außengrenzkontrollen und der Sicherheitsvorschriften in Flughäfen und für Flugzeuge sowie die Erstellung von Terroristenprofilen. Darüber hinaus verständigte sich die Task Force der europäischen Polizeichefs auf Verbesserungen bei der Informationsverarbeitung und der Zusammenarbeit zwischen den Interventionsein heiten.

Im Bereich der justiziellen und polizeilichen Zusammenarbeit verabschiedete der Rat am 13. Juni 2002 einen Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung [47], der eine Angleichung der Definition terroristischer Straftaten in allen Mitgliedstaaten und die Festlegung gemeinsamer Mindeststrafen und -sanktionen zum Ziel hat. Ein weiteres neues Instrument ist der Europäische Haftbefehl [48], der die bereits bestehenden Instrumente ersetzen und somit die Auslieferung von Straftätern zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern soll. Er betrifft unter anderem Gesetzesübertretungen und Straftaten von Terroristen. Außerdem wurde im Februar 2002 die Stelle Eurojust errichtet [49], in der Staatsanwälte, Richter oder Polizeibeamte mit gleichwertigen Befugnissen zusammengeschlossen sind. Am 28. November 2002 verabschiedete der Rat einen Beschluss [50] zur Schaffung eines Mechanismus für die Begutachtung der einzelstaatlichen gesetzlichen Regelungen zur Bekämpfung des Terrorismus und ihrer Anwendung. Am 19. Dezember 2002 wurde ein Beschluss des Rates über die Anwendung besonderer Maßnahmen im Bereich der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit bei der Bekämpfung des Terrorismus [51] angenommen.

[47] Rahmenbeschluss des Rates 2002/475/JI vom 13. Juni 2002, ABl. L 164 vom 22. Juni 2002.

[48] Rahmenbeschluss des Rates 2002/584/JI vom 13. Juni 2002, ABl. L 190 vom 18. Juli 2002.

[49] Beschluss des Rates 2002/187/JI vom 28. Februar 2002, ABl. L 63 vom 6. März 2002.

[50] Beschluss des Rates 2002/996/JI vom 28. November 2002, ABl. L 349 vom 24. Dezember 2002.

[51] Beschluss des Rates 2003/48/JI vom 19. Dezember 2003, ABl. L 16 vom 22. Januar 2003.

Die Anschläge von Madrid haben indes gezeigt, dass der Terrorismus weiterhin die Sicherheit in der EU bedroht. Wie die Kommission in ihrer Reaktion auf die Europäische Sicherheitsstrategie mit Blick auf die Terrorismusbekämpfung erklärt [52], ,stellt [Terrorismus] die Kernziele der EU der Förderung des freien Personen-, Waren-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehrs infrage und verdeutlicht den engen Zusammenhang zwischen innerer und äußerer Sicherheit". Eine bessere Koordination ist für die wirkungsvollere Terrorismusbekämpfung somit unerlässlich.

[52] SEK(2004) 332 vom 19. März 2004.

Daher gilt es, die Koordination zwischen allen an der Terrorismusbekämpfung beteiligten Diensten im Rahmen der Ratsstrukturen zu stärken. Dazu sollten zunächst einmal alle Delegationen in der Gruppe ,Terrorismus" sowohl die polizeilichen als auch die nichtpolizeilichen Nachrichtendienste umfassen und die Rolle von Europol bei der Terrorismus bekämpfung der EU gestärkt werden. Zu einem späteren Zeitpunkt sollte eine engere Kooperation zwischen der CTG des Clubs von Bern sowie der Gruppe ,Terrorismus" (TWG) und der Gruppe ,Terrorismus (Internationale Aspekte)" (COTER) hergestellt werden. Europol sollte in ein echtes ,Intelligence Centre" umgewandelt werden; hierzu sollte unter anderem in vollständiger Beachtung der Datenschutz bestimmungen des Europol-Übereinkommens eine gemeinsame Terrorismus-Datenbank aufgebaut werden, in der Angaben zu Personen, Vorfällen, Hinweisen und Operationen erfasst sind. Fortschritte wurden unlängst dadurch möglich, dass Europol die Ad-hoc-Teams für die Sammlung und den Austausch von Informationen über die Terrorismusbekämpfung unterstützt und daher Zugang zum BDL-Netz erhalten wird, sobald dieses den Sicherheitsanforderungen und dem Europol-Übereinkommen genügt. Die Empfehlung des Rates betreffend die Bildung multinationaler Gruppen zum Sammeln und Austauschen von Informationen über Terroristen [53] sollte zu einem rechtsverbindlichen Instrument gemacht werden.

[53] Empfehlung des Rates JI vom 13. Juni 2002.

Wie in der genannten Arbeitsunterlage der Kommission über Terrorismusbekämpfung festgestellt wird, spricht einiges dafür, die diesbezüglichen Aktivitäten innerhalb der EU-Organe (nach dem Muster des von der TWG und der COTER verfassten EU-Kompendiums über Bedrohungsbewertungen sowie in gemeinsamen Treffen der beiden Gruppen) besser zu koordinieren und die Rolle der TWG bei der Ausarbeitung politischer Konzepte der EU zu stärken. Selbstverständlich müssen alle in diesem Kapitel vorgesehenen Maßnahmen den geltenden Rechtsvorschriften zum Schutz personenbezogener Daten in vollem Umfang Rechnung tragen.

2.1.6.2. Sonstige Themen der polizeilichen Zusammenarbeit

Die öffentliche Ordnung und Sicherheit bei Treffen auf hoher Ebene

Nach den gewalttätigen Demonstrationen während der Tagungen des Europäischen Rates in Nizza und Göteborg und insbesondere nach dem G8-Treffen vom Juli 2001 in Genua wuchs die Besorgnis, dass die Polizeikräfte nicht in der Lage sein könnten, die öffentliche Ordnung und Sicherheit unter gleichzeitiger Wahrung der Grundrechte zu gewährleisten. Am 13. Juli 2001 befasste sich der Rat ,Justiz und Inneres" auf einer Sondertagung mit dieser Problematik und vereinbarte eine Reihe von Maßnahmen zur Verhütung gewalttätiger Ausschreitungen bei Treffen auf hoher Ebene, darunter eine intensivere Kooperation in den Bereichen Polizei, Informations austausch unter Wahrung des Rechts auf Schutz personenbezogener Daten, Überschreiten der Grenzen, justizielle Zusammenarbeit und Organisation.

Gleichzeitig betonte der Rat, es müsse sichergestellt werden, dass die Bürger ihr Recht auf freie Meinungsäußerung und ihr Recht, sich friedlich zu versammeln, ohne dass ihre Sicherheit oder die anderer Personen oder ihr Eigentum gefährdet sind, in Anspruch nehmen können. Er empfahl einen konstruktiven Dialog zwischen den Organisatoren öffentlicher Demonstrationen und den Behörden des Gastgeberlandes sowie enge internationale Kontakte, damit ausgeschlossen ist, dass gewalttätige Gruppen rechtmäßige Demonstrationen für ihre Zwecke ausnutzen oder missbrauchen.

Die Task Force der europäischen Polizeichefs schlug die Einsetzung einer Sachverständigen gruppe durch den Rat vor, die einen gemeinsamen Leitfaden ausarbeiten sollte, der von der Polizei und den Behörden bei der Vorbereitung von Treffen auf hoher Ebene herangezogen werden könnte. Der Leitfaden liegt nun vor.

Außerdem nahm der Rat eine Reihe von Rechtsvorschriften zur Intensivierung der polizeilichen Zusammenarbeit in anderen Bereichen an, von denen einige rechtsverbindlich sind, so der Ratsbeschluss vom 25. April 2002 über die Sicherheit bei Fußballspielen von internationaler Bedeutung [54], der Ratsbeschluss vom 13. Juni 2002 zur Einrichtung eines Europäischen Netzes von Anlaufstellen betreffend Personen, die für Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen verantwortlich sind [55] und der Ratsbeschluss vom 28. November 2002 zur Schaffung eines Europäischen Netzes zum Schutz von Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens [56].

[54] JI/348/2002 vom 25. April 2002, ABl. L 121 vom 8. Mai 2002.

[55] 2002/494/JI vom 13. Juni 2002, ABl. L 167 vom 26. Juni 2002.

[56] 2002/956/JI vom 28. November 2002, ABl. L 333 vom 10. Dezember 2002.

Viele der angenommenen Dokumente sind jedoch nicht rechtsverbindlich. Die Zunahme nicht rechtsverbindlicher Instrumente gehört zu den Faktoren, die die polizeiliche Zusammenarbeit in der EU beeinträchtigen und die im nächsten Kapitel eingehender untersucht werden.

2.1.6.3. Artikel 32 EUV

Dieser Artikel sieht Folgendes vor: ,Der Rat legt fest, unter welchen Bedingungen und innerhalb welcher Grenzen die in den Artikeln 30 und 31 genannten zuständigen Behörden im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in Verbindung und in Absprache mit dessen Behörden tätig werden dürfen." Der Wiener Aktionsplan nennt diesen Artikel als einen Bereich, in dem binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des EUV Fortschritte erzielt werden sollten, ,wobei der Schengen-Besitzstand zu berücksichtigen ist". Er stellt heraus, dass die Einrichtung eines Kollektivrahmens für derartige Maßnahmen eine der Prioritäten der polizeilichen Zusammenarbeit ist. Dieser Rahmen könne flexibel sein.

Bislang ist Artikel 32 noch nicht als Rechtsgrundlage für Legislativvorschläge oder Initiativen herangezogen worden. Allerdings wurden Rechtsakte im Sinne dieses Artikels erlassen, beispielsweise das Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen aus dem Jahr 2000 und der Rahmenbeschluss des Rates über gemeinsame Ermittlungsgruppen aus dem Jahr 2002 [57]. Beide legen neue Bedingungen und Grenzen für das Tätigwerden der Polizei im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats fest. Weitere Beispiele hierfür sind die Vorschläge zur Ausweitung der Anwendung und des Geltungsbereichs der Artikel 40 bis 43 des Schengener Übereinkommens (grenzüberschreitende Observation und Nacheile). Außerdem werden die Befugnisse von Beamten, denen zufolge diese im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats tätig werden können, in einer Reihe im Schengen-Kontext geschlossener bilateraler Abkommen erweitert.

[57] Rahmenbeschluss 2002/465/JI vom 13. Juni 2002, ABl. L 162 vom 20. Juni 2002.

Wegen der potenziellen Bedeutung von Artikel 32 EUV für die operative polizeiliche Zusammenarbeit und da dieser Artikel im Wiener Aktionsplan als eine der wichtigsten Prioritäten erwähnt wird, sollten nach Ansicht der Kommission die Möglichkeiten seiner Umsetzung im Rat erörtert werden.

Dass klare Bedingungen für das Tätigwerden der Dienste der Mitgliedstaaten im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats festgelegt werden müssen, verdeutlichen auch die Diskussionen über eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Interventionseinheiten der Polizei sowie zwischen den Interventionseinheiten für nuklearbiologischen, atomaren, chemischen und radiologischen Schutz. In künftigen Krisensituationen müssen diese Dienste eines Mitgliedstaats unter Umständen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats operieren und möglicherweise Gewalt anwenden.

Dieser Bedarf besteht auch im Hinblick auf die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in Regionen der Mitgliedstaaten mit gemeinsamen Grenzen (siehe auch den Abschnitt zur Zusammenarbeit im Rahmen von Schengen). Bei den diesbezüglichen Diskussionen könnte auch die Möglichkeit eines gemeinsamen Modells für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit erörtert werden, das sich auf die positiven Erfahrungen einiger Mitgliedstaaten sowie auf die geltenden bilateralen Abkommen zur polizeilichen Zusammenarbeit stützt.

In diesem Zusammenhang ist ein kürzlich ausgehandeltes bilaterales Abkommen zur polizeilichen Zusammenarbeit zwischen Österreich und Deutschland zu erwähnen, das einen wichtigen Fortschritt gegenüber den bereits bestehenden Abkommen darstellt. Es sieht unter anderem folgende Möglichkeiten vor: nationale Beamte können den Behörden des anderen Mitgliedstaats unterstellt werden; Ausübung von Zwangsbefugnissen im Hoheitsgebiet des anderen Mitgliedstaats; Beteiligung an Maßnahmen zum Schutz von Personen und Eigentum im Hoheitsgebiet des anderen Mitgliedstaats; Übermittlung und Abgleich von DNS-Profilen; Vereinfachung und Ausdehnung der grenzüber schreitenden Observation und Nacheile sowie Möglichkeit der Observation zum Schutz von Personen und Eigentum. Die Kommission hält dieses Abkommen für ein viel versprechendes Beispiel dafür, wie sich die polizeiliche Zusammenarbeit in der EU entwickeln sollte.

2.2. Zollbehördliche Zusammenarbeit

Die polizeiliche und die zollbehördliche Zusammenarbeit wurden gemeinsam in die zwischenstaatlichen Bestimmungen des Maastrichter Vertrags von 1992 über die Europäische Union aufgenommen. Artikel 29 sieht die engere Zusammenarbeit zwischen den Polizei-, Zoll- und anderen zuständigen Behörden in den Mitgliedstaaten vor. Auch wenn in den Schlussfolgerungen von Tampere nicht ausdrücklich auf die Zusammenarbeit des Zolls Bezug genommen wird, fallen viele Angelegenheiten doch in dessen Zuständigkeit. Bei der Bekämpfung der schweren internationalen Kriminalität, z. B. Bekämpfung des illegalen Handels mit Sucht stoffen, Waffen, Munition und Sprengstoffen, Bekämpfung des Raubs von Kulturgütern, Schutz des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert (Art. 30 EGV), Bekämpfung von Straftaten im Zusammenhang mit gefährlichen und giftigen Abfällen, des Handels mit Nuklearmaterial oder Material und Geräten zur Herstellung atomarer, biologischer oder chemischer Waffen, spielen die Zollbehörden der Mitgliedstaaten eine wichtige Rolle.

Anders als bei der polizeilichen Zusammenarbeit bezieht sich die Kooperation im Zollwesen großenteils auf die erste Säule, wie der Umstand, dass Artikel 135 in den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft eingefügt wurde, verdeutlicht. Beim Thema zollbehördliche Zusammenarbeit in der Europäischen Union sind daher stets die verschiedenen Verantwortlichkeiten des Zolls im Rahmen der einzelnen Säulen zu berücksichtigen.

Einzelziele dieser Zusammenarbeit sind im Wiener Aktionsplan genannt, u. a. die Ratifizierung des Übereinkommens über gegenseitige Amtshilfe und Zusammen arbeit der Zollverwaltungen (Neapel II) [58] und des Übereinkommens über den Einsatz der Informationstechnologie im Zollbereich (ZIS) [59]. Auch wenn bei beiden Übereinkommen gewisse Fortschritte erzielt wurden, haben einige Mitgliedstaaten die Ratifizierungsverfahren gleichwohl noch abzuschließen.

[58] ABl. C 24 vom 23. Januar 1998.

[59] ABl. C 316 vom 27. November 1995.

Keiner der Mitgliedstaaten, die die Übereinkommen bislang ratifiziert haben (ZIS: 13; Neapel II: 10) wendet gegenwärtig die im Übereinkommen Neapel II vorgesehenen besonderen Formen der Zusammenarbeit an oder stellt Daten für die ZIS-Datenbank im Rahmen der dritten Säule zur Verfügung, obwohl sie die Übereinkommen provisorisch anwenden könnten. Daher lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen, ob die genannten Übereinkommen Verbesserungen für die gegenseitige Amtshilfe und die Zusammenarbeit zwischen den einzelstaatlichen Straf verfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten bringen.

Der Zoll trägt auf vielfache Weise, u. a. durch den Austausch von Informationen und Intelligence, zur Bekämpfung des illegalen Handels bei. Gerade in diesem Bereich werden das ZIS-Übereinkommen und die Datenbank im Rahmen der dritten Säule den Austausch und die Verbreitung von Informationen erleichtern, die auf die Verhütung bzw. Aufdeckung von Verstößen gegen einzelstaatliches Recht und entsprechende Gegenmaßnahmen zielen. Mit ihrem Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) hat die Kommission dank der Unterstützung der Mitgliedstaaten zufrieden stellende Fortschritte bei der Entwicklung der Datenbank erzielt, die am 24. März 2003 voll in Betrieb genommen wurde.

Geplant ist, das der dritten Säule zuzuordnende ZIS durch das Aktennachweissystem für Zollzwecke (ANS) auszuweiten, das den Zollbehörden wertvolle Informationen über natürliche oder juristische Personen liefern wird, die schwere Zuwiderhandlungen gegen die Zollvorschriften begangen haben oder gegen die wegen solcher Vergehen ermittelt wird. Das erforderliche Protokoll zur Änderung des ZIS-Übereinkommens wurde am 8. Mai 2003 vom Rat angenommen. [60] Die Kommission (OLAF) hat 2003 Mittel für die Entwicklung des ANS bereitgestellt. Die technische Entwicklung wird im Jahr 2004 beginnen, sodass diese nützliche Ergänzung des ZIS in nicht allzu langer Zeit betriebsbereit sein wird.

[60] ABl. C 139 vom 13. Juni 2003.

Das Übereinkommen Neapel II wurde am 18. Dezember 1997 unterzeichnet. Es soll zu einer wirkungsvollen Zusammenarbeit der Zoll- und Strafverfolgungsbehörden in der EU beitragen, indem Zuwiderhandlungen gegen nationale Zollbestimmungen verhütet bzw. aufgedeckt und solche gegen Zollbestimmungen der Gemeinschaft und der Mitgliedstaaten verfolgt und bestraft werden. Das Übereinkommen sieht besondere Formen der Zusammenarbeit vor, wie die grenzüberschreitende Nacheile und Überwachung, kontrollierte Lieferungen, verdeckte Ermittlungen und Einsatz gemeinsamer besonderer Ermittlungsgruppen. Diese Maßnahmen schienen nach der Vollendung des Binnenmarktes und der Abschaffung von Routine-Zollkontrollen an den EU-Binnengrenzen geboten

Das Übereinkommen nimmt speziell auf ,Zollverwaltungen" Bezug, definiert diese in Artikel 4 Absatz 7 jedoch als Zoll- und andere Behörden der Mitgliedstaaten, die für die Durchführung der Vorschriften dieses Übereinkommens zuständig sind. Das Übereinkommen sieht somit die Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungs behörden vor, die entsprechend befugt sind, um gegen Zuwider handlungen im Sinne von Artikel 4 Absätze 1 und 2 vorzugehen.

Zur Erleichterung der Anwendung des Übereinkommens erarbeitete die Ratsgruppe ,Zusammenarbeit im Zollwesen" (CCWP) 2002 ein Handbuch mit Erklärungen zu den einzelnen Vorschriften und ihrer praktischen Anwendung.

Die Mitgliedstaaten haben auch einige bilaterale Maßnahmen eingeleitet. Wie in Abschnitt 2.1.1. dargelegt, wurden im Rahmen von Artikel 39 SDÜ Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll (PCCC) mit dem Ziel eingerichtet, an der Grenze die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zwischen den beteiligten Einrichtungen im Kampf gegen grenz überschreitende Kriminalität, Schmuggel und illegale Einwanderung zu verbessern. Die Zentren sind für die Intensivierung der Zusammenarbeit und den Ausbau der Kenntnis der anderen Strafverfolgungs behörden und des gegenseitigen Verständnisses von zentraler Bedeutung.

Alljährlich führen die Mitgliedstaaten, vielfach unter Rückgriff auf das Programm OISIN und, seit 2003, zusätzlich auf das Programm AGIS, mindestens vier gemeinsame Zollüberwachungs aktionen durch. Schwerpunkte waren in den letzten Jahren der Schmuggel von harten Drogen, Zigaretten und Alkohol sowie Geldschieberei. Diese Aktionen sind überaus nützlich, da sie fortlaufend Druck auf kriminelle Organisationen ausüben, Beschlagnahmen ermöglichen und zu neuen nachrichten dienstlichen Erkenntnissen führen. Andererseits nimmt die Öffentlichkeit wahr, dass die Zollbehörden zum Schutz der Gesellschaft tätig werden und zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts beitragen. Durch die Aktionen verbessern sich außerdem die Arbeitsbeziehungen der Zollbehörden, und zwar nicht allein dadurch, dass sie zusammenarbeiten, sondern auch, weil auf diese Weise besondere Formen der Kooperation, wie das Erstellen von Risikoprofilen, Bedrohungsbewertungen, Targeting und Informationsaustausch, gefördert werden. Die Berichte über diese Aktionen enthalten auch Verbesserungsvorschläge, die bei der Planung weiterer Aktionen jedoch nicht immer berücksichtigt werden.

Besondere Anliegen waren in den letzten Jahren die Einbeziehung der Beitritts- und Kandidatenländer und die Unterstützung für diese im Hinblick auf ihren Beitritt. Europol war an mehreren Aktionen beteiligt, stellte Räumlichkeiten und Ausrüstung für Sitzungen und operative Kontrollzentren zur Verfügung und half bei der Analyse von Ergebnissen. Um die Vertraulichkeit des Informationsaustauschs zu gewährleisten, hat die Kommission durch das OLAF diese Aktionen unter Zuhilfenahme der Infrastruktur des AFIS (Informationssystem für die Betrugs bekämpfung) technisch maßgeblich unterstützt und auch die operative Koordinationseinheit (OCU) konkret unterstützt. Weitere Unterstützung für diese Aktionen ist von der kürzlich von der Kommission entwickelten virtuellen OCU-Anwendung zu erwarten, die eine Kostenersparnis bewirken und gewährleisten wird, dass alle beteiligten Länder in die Tätigkeit der OCU einbezogen werden können und keine Vertreter physisch anwesend sein müssen. Die Beteiligung von Europol war hilfreich und sollte insbesondere mit Blick auf die Verbrechensanalyse weiter gestärkt werden. Auch bei der Planung und Vorbereitung von Aktionen sollte Europol eine größere Rolle spielen, da auf diese Weise ein wirksameres Targeting möglich wäre und aktuellen Tendenzen und Bedrohungen Rechnung getragen würde.

Seit dem Inkrafttreten des EU-Vertrags ergreifen die einzelstaatlichen Zollverwaltungen Maßnahmen, um die Zusammenarbeit untereinander zu verbessern. So haben sie zum Ausbau des Informationsaustauschs und der gegenseitigen Amtshilfe ein Netz operativer Kontaktstellen aufgebaut. Eine weitere Verbesserung der Zusammenarbeit ist zu erwarten, wenn das ZIS-Übereinkommen und das Übereinkommen Neapel II ratifiziert sind und in allen Mitgliedstaaten umfassend angewandt werden. Die gemeinsamen Aktionen bringen weiterhin gute Ergebnisse, doch wäre es wichtig, dass Empfehlungen aufgrund früherer Aktionen berücksichtigt werden. Im Interesse einer engeren Zusammenarbeit ist die volle Teilnahme von Europol und anderen Strafverfolgungsbehörden wünschenswert.

Im Juli 2003 unterbreitete die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat die Mitteilung über die Rolle des Zolls bei einer integrierten Verwaltung der Außengrenzen [61], in der sie die Zusammenarbeit der Zollbehörden im Rahmen der ersten und der dritten Säule behandelt. Die Mitteilung enthält den Vorschlag zur Rationalisierung der Arbeit an den Außengrenzen durch die Festlegung von Prioritäten für die Zollkontrolle und die Entwicklung eines gemeinschaftlichen Konzepts für das Risikomanagement, die Förderung der Zusammenarbeit und des raschen Informationsaustauschs zwischen allen für die Sicherheit zuständigen Diensten und nennt etwaige Maßnahmen, die die Verfügbarkeit der erforderlichen Ausrüstungen sowie vergleichbare Kontrollniveaus an den EU-Außengrenzen gewährleisten sollen. Der Rat ,Wirtschaft und Finanzen" vom 4. November 2003 forderte die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, Anstrengungen für eine integrierte Verwaltung der Außengrenzen zu unternehmen, um ein koordiniertes Vorgehen der Dienste, die für die Personenkontrolle und derjenigen, die für die Warenkontrolle zuständig sind, zu gewährleisten.

[61] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Rolle des Zolls bei einer integrierten Verwaltung der Außengrenzen, KOM (2003) 452 endg. vom 24. Juli 2003.

Die Gruppe ,Zusammenarbeit im Zollwesen" (CCWP) hat ein auf 18 Monate, d. h. die Dauer von drei Ratspräsidentschaften, angelegtes Programm für die Zoll zusammenarbeit im Rahmen der dritten Säule ausgearbeitet, zu dem der Rat am 2. Oktober 2003 die Entschließung über eine Strategie für die Zusammenarbeit im Zollwesen [62] annahm. Darin erkennt er an, dass ein integrierter Ansatz bei der Verbrechensbekämpfung, einschließlich eines Beitrags zur Bekämpfung des Terrorismus, in einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts neben der Zusammenarbeit im Zollwesen auch eine enge und effiziente multilaterale Zusammenarbeit zwischen den Zollverwaltungen und anderen Strafverfolgungs behörden sowie EU-Einrichtungen und -Organen wie Europol, Eurojust und Kommission (OLAF) beinhalten sollte.

[62] ABl. C 247 vom 15. Oktober 2003.

Die Strategie und der dazugehörige Aktionsplan wurden von der CCWP im Dezember 2003 angenommen, die Umsetzung wird während der irischen Präsidentschaft beginnen. Diese Instrumente bilden den Rahmen für die engere zollbehördliche Zusammen arbeit in den kommenden Jahren. Die Strategie sollte mehrere von der Kommission vorgeschlagene Maßnahmen aufgreifen, mit denen die Wirksamkeit dieser Zusammenarbeit in der EU erhöht werden wird: z. B. Einrichtung einer operativen Koordinationseinheit, Austausch von Verbindungsbeamten, Erstellung EU-weiter Bedrohungsbewertungen und gemeinsamer Risikoprofile, gemeinsame Aus- und Fortbildung, Öffnung ausgewählter Lehrgänge für Polizeibeamte und gegebenenfalls Maßnahmen betreffend die Verfügbarkeit von Ausrüstungen und die Sicherung eines vergleichbaren Kontrollniveaus an den EU-Außengrenzen. Die unverzügliche, umfassende Ratifizierung des Übereinkommens Neapel II ist unerlässlich.

In den vorstehend genannten Bereichen sollten die einschlägigen Arbeiten zur Zoll zusammenarbeit im Rahmen der ersten Säule sorgfältig berücksichtigt werden.

2.3. Die Programme OISIN und AGIS als Mittel zur Förderung der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in der EU

Am 20. Dezember 1996 nahm der Rat eine Gemeinsame Maßnahme zur Festlegung eines gemeinsamen Programms für den Austausch, die Aus- und Fortbildung sowie die Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden [63] (OISIN) an. Der Rat beschloss am 28. Juni 2001 die Durchführung der zweiten Phase des Programms [64] für den Zeitraum 2001-2002 (OISIN II).

[63] 97/12/JI, ABl. L 7 vom 10. Januar 1997.

[64] 2001/513/JI, ABl. L 186 vom 7. Juli 2001.

Dieses Programm wurde wie die anderen von der Kommission verwalteten Programme im Rahmen von Titel VI [65] durch das Programm AGIS ersetzt (Beschluss des Rates vom 22. Juli 2002 [66]), das der Förderung der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen dient und die mit der Weiterentwicklung der einschlägigen europäischen Politik in der Praxis befassten Personen unterstützen soll. Zwischen 1999 und 2002 finanzierte die Kommission im Rahmen der Programme OISIN und OISIN II 192 Vorhaben zur polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit. [67]

[65] Grotius II Strafrecht, Falcone, Hippokrates und Stop II.

[66] 2002/630/JI, ABl. L 203 vom 1. August 2002.

[67] Siehe Bericht über das Programm OISIN II für das Jahr 2001 an das Europäische Parlament und den Rat, SEK(2003) 316 vom 14. März 2003.

Als erfolgreiche Vorhaben sind zu nennen Viking und TRACK, die Drogenlieferungen bzw. Kraftfahrzeugdiebstahl betrafen, und mehrere Vorhaben zur Festlegung gemeinsamer Qualitätsstandards für Forensiker mit Blick auf die Untersuchung von Tatorten. OISIN und OISIN II haben wesentlich zur Förderung der praktischen Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden in der EU ebenso wie mit den Beitritts- und Kandidatenländern beigetragen. Bei der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedstaaten und den Beitritts- und Kandidaten ländern betrug der Nutzen jedes investierten Euro nahezu das Doppelte.

Auf die erste Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen für das Programm AGIS, veröffentlicht Anfang 2003, gingen 216 Vorschläge ein, von denen 99 die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit betrafen. Insgesamt schlug die Kommission 2003 die Kofinanzierung von 148 Vorhaben vor, von denen sich 77 auf diesen Bereich beziehen.

Im Rahmen von AGIS kofinanzierte Vorhaben müssen zur Lösung objektiver Probleme in vorrangigen Bereichen der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit beitragen. Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten gemeinsame Anstrengungen unternehmen, um eine wirkungsvollere Verwendung der AGIS-Mittel zu gewährleisten. Die Kommission wird daher vorschlagen, das AGIS-Arbeitsprogramm ab 2004 im Bereich der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit vor allem auf die in dieser Mitteilung herausgearbeiteten Prioritäten auszurichten. Eine bessere Abstimmung auf der Ebene der Mitgliedstaaten wäre wünschenswert, damit die Projektvorschläge der Polizei- und Zollbehörden mehr den Schwerpunkten des AGIS-Arbeitsprogramms entsprechen. Die Kommission wird außerdem prüfen, inwieweit sich die Antragsverfahren vereinfachen und die Zahlungen beschleunigen lassen.

Schließlich plant die Kommission, einen Katalog mit den Berichten über die im Laufe der Zeit im Rahmen von OISIN und OISIN II kofinanzierten Programme zu erarbeiten. Damit ließe sich besser erkennen, in welchen Bereichen die polizeiliche Zusammenarbeit bereits gut funktioniert, und in welchen weitere Maßnahmen zweckmäßig wären.

II. VERBESSERUNGSVORSCHLAEGE

1. Faktoren mit Wirkung auf die Zusammenarbeit von Polizei- und Zollbehörden

1.1. Wesen der Polizeiarbeit

Die Durchsetzung des Rechts und die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit durch die Polizei sind zentrale Aufgaben des souveränen Staates; sie verkörpern das Gewaltmonopol, beispielsweise in Form des Rechts, Personen festzuhalten, zu vernehmen und zu verhaften und des Rechts auf den Gebrauch von Schusswaffen. Vom nationalen Standpunkt aus gesehen ist es daher verständlich, dass Länder sich nur ungern an internationalen Vereinbarungen beteiligen, die ihre Souveränität berühren. Dieser Widerstand seitens der einzelstaatlichen Behörden tritt vor allem dann zutage, wenn solche Vereinbarungen den Polizeibehörden eines anderen Landes oder Vertretern einer internationalen Einrichtung die Wahrnehmung von Polizeifunktionen im eigenen Land gestatten, und zwar selbst, wenn deren Präsenz für die effizientere Verbrechensbekämpfung objektiv betrachtet erforderlich ist.

Daneben sind weitere Faktoren zu nennen, die die internationale Zusammenarbeit der Polizeibehörden hemmen: eine natürliche Zurückhaltung beim Informations austausch, das gleichzeitige Bestehen verschiedener Polizeidienste in den Mitglied staaten und der Umstand, dass die Weiter entwicklung der polizeilichen Zusammenarbeit eng mit der Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen zusammenhängt.

Die Sammlung und Verarbeitung von Informationen insbesondere im Zusammen hang mit der Verhütung, Aufdeckung und Untersuchung von Straftaten ist wesent licher Bestandteil der Polizeiarbeit. Wie erfolgreich die Ermittlungen und die anschließende Strafverfolgung verlaufen, hängt von der Qualität und der Analyse der gewonnenen Informationen ab, die keinesfalls an unbefugte Personen oder Organisationen gelangen dürfen. Daraus erklärt sich, wie bereits erwähnt, die natürliche Zurückhaltung beim Austausch von Informationen insbesondere mit Diensten oder Personen, zu denen kein Vertrauensverhältnis besteht.

Dieses Problem tritt nicht nur bei internationalen Kontakten, sondern auch bei den Polizeidiensten ein und desselben Landes (mitunter sogar im selben Dienst) auf. Deshalb werden für den Austausch auf internationaler Ebene auch heute noch Verbindungsbeamte eingesetzt. Wird die Zusammenarbeit in offiziellen Einrich tungen der EU, wie den Gruppen des Rates, Europol oder der Task Force der europäischen Polizeichefs (TFPC) fortgesetzt und vertieft, kann sich mit der Zeit gegenseitiges Vertrauen entwickeln. Nun sind Mittel erforderlich, um diesen Vorgang auf anderen Wegen zu beschleunigen.

Der Aufbau einer vertrauensvollen Zusammenarbeit ist Thema von EPA-Lehrgängen und ein Aspekt des Sensibilisierungsprogramms von Europol; die diesbezüglichen Anstrengungen sollten verstärkt werden. Die Ausweitung der Strukturen für die grenzüberschreitende Zusammenarbeit an allen EU-Binnengrenzen dürfte dazu ebenfalls beitragen.

Die internationale Zusammenarbeit wird zudem dadurch erschwert, dass in vielen Ländern verschiedene Polizeibehörden, wie Zivilpolizei, Militärpolizei, nationale, regionale und lokale Polizeien oder eine völlig regionalisierte Polizei nebeneinander bestehen. Unter organisatorischen Gesichtspunkten erschwert dieses Nebeneinander getrennter Polizeikräfte verständlicherweise die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch. Deshalb gibt es in den Mitgliedstaaten im Allgemeinen einen Dienst, der für alle internationalen Kontakte zuständig ist. Jeder Mitgliedstaat sollte seine interne Koordination dergestalt regeln, dass alle betreffenden Dienste an der internationalen Zusammenarbeit teilnehmen können.

Zur Verbesserung des internationalen Informationsaustauschs bedürfte es eines elektronischen Systems zum raschen, sicheren Austausch von Informationen zwischen allen beteiligten Diensten. Es sollte die Analyse von Straftaten auf nationaler Ebene ermöglichen; alle Dienste können einen Beitrag zu diesem System leisten und Erkenntnisse abrufen.

Außerdem sollten in allen Mitgliedstaaten zentrale nationale Kontaktstellen benannt werden, wie bereits im Aktionsplan zur Kriminalitätsbekämpfung von 1997 [68] empfohlen und erneut im Schlussbericht über die zweite Begutachtungsrunde [69] in Punkt 5.4.2. angesprochen: "Die internationale Zusammenarbeit war noch nicht optimal, da nicht alle Mitgliedstaaten eine zentrale Kontaktstelle eingerichtet hatten. Insbesondere im Anfangsstadium einer Ermittlung kann es durch die Vielfalt der Strafverfolgungsbehörden in der Union zu einer eher zufallsgesteuerten Aufgabe werden, den korrekten Partner für die Zusammenarbeit ausfindig zu machen." Im Idealfall würden die Kontaktstellen den nationalen Europol-Kontaktstellen, den SIRENE-Stellen, den Interpol-NKS sowie Vertretern der Zoll- und Justizbehörden einen gemeinsamen Rahmen unter einem Dach bieten. Mitgliedstaaten, die solche Kontaktstellen eingerichtet haben, stellen fest, dass sich die Kommunikation zwischen den beteiligten Diensten und der Informationsaustausch mit anderen Ländern deutlich verbessert haben.

[68] Beschluss des Rates vom 28. April 1997, ABl. C 251, S. 1.

[69] Ratsdokument 9615/1/03 REV 1 LIMITE CRIMORG 43 vom 30. Juni 2003.

Der dritte Faktor betrifft die internationale polizeiliche Zusammenarbeit in konkreten Ermittlungsfällen. Die meisten Ermittlungstechniken, wie Überwachung, Abhör maßnahmen, kontrollierte Lieferungen und verdeckte Ermittlungen, dürfen nur mit Genehmigung der Justizbehörden und im Einklang mit den innerstaatlichen Vorschriften für Strafverfahren eingesetzt werden. Mithilfe des Europäischen Übereinkommens über die Rechtshilfe in Strafsachen von 2000 sollen die allgemeinen Verfahren der justiziellen Zusammenarbeit vereinfacht und die Kooperation im Zusammenhang mit speziellen Ermittlungstechniken erleichtert werden.

Bisher haben allerdings erst drei Mitgliedstaaten das Übereinkommen ratifiziert. Das ist insofern bedauerlich, als dieses potenziell wichtige Instrument somit nicht von der Union genutzt werden kann. Gelegentlich ist der Einwand zu hören, dass einige Bestimmungen zu einer Reihe von Ermittlungstechniken keinen Fort schritt gegen über der bestehenden Zusammenarbeit erwarten lassen, weil deren Anwendung normalerweise nach innerstaatlichem Recht geregelt wird. Nach Ansicht der Kommission ist daher zu prüfen, inwieweit es eines Rechtsakts bedarf, um die justizielle Zusammenarbeit mit Blick auf diese Techniken massiv voranzubringen.

1.2. Fehlendes Strategiekonzept

Eins der Hauptprobleme bei der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in der EU besteht darin, dass es kein strategisches Konzept gibt. Die Kommission verfolgt die Entwicklung der bereits beschlossenen Maßnahmen anhand ihres halbjährlichen Anzeigers. Da die Mitgliedstaaten weiterhin ein Initiativrecht haben, legt jeder neue Ratsvorsitz jedoch eine Reihe von vorrangigen Themen fest, die seinen eigenen Prioritäten entsprechen. Fortschritte sind auch deshalb mühsam, weil für Beschlüsse in diesem Bereich zumeist Einstimmigkeit erforderlich ist.

Der Konvent über die Zukunft Europas hat verbesserte Beschlussfassungsverfahren und Änderungen zum Initiativrecht vorgeschlagen (siehe dazu Punkt 1.4). Sollte die Regierungskonferenz die neuen Regeln beschließen, dürfte es aber trotzdem noch Jahre dauern, bis alle Mitgliedstaaten ihre Beschlüsse ratifiziert haben. Deshalb sollten im Rahmen der geltenden Beschlussfassungsverfahren Arbeitsweisen vereinbart werden, die ab sofort bis zum Abschluss des Ratifizierungsprozesses konkrete substanzielle Fortschritte ermöglichen.

Eine große Verbesserung wäre es, wenn auf der Grundlage eines Mehrjahres-Arbeitsprogramms für jedes Jahr bestimmte Schwerpunkte festgelegt würden. Nach dem Beschluss des Rates vom 22. Juli 2002 muss der Rat "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" dem Europäischen Rat ein mehrjähriges Strategieprogramm für die folgenden drei Jahre zur Annahme vorschlagen. [70] Die einzelnen Programme sollen dann auf der Basis eines gemeinsamen Vorschlags der beteiligten Ratspräsidentschaften in Abstimmung mit der Kommission festgelegt werden. Im Lichte des mehrjährigen Strategieprogramms hätten die beiden Ratspräsident schaften im darauf folgenden Jahr gemeinsam den Entwurf eines jährlichen operativen Programms für die Tätigkeit des Rates in dem betreffenden Jahr zu unterbreiten, der dem Rat "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" jeweils im Dezember vorgelegt würde.

[70] ABl. L 230 vom 28. August 2002.

Auch in Zukunft werden die Fortschritte bei der Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden mithilfe des Anzeigers überwacht werden. Mehrere Mitgliedstaaten haben sich unlängst konkret mit der Frage befasst, wie die Prioritäten und die Arbeitsplanung objektiv festgelegt werden könnten. Belgien, Luxemburg und die Niederlande haben dazu Verfahren vorgeschlagen, die auch die Festlegung ein- und mehrjähriger Arbeitsprogramme umfassen. Außerdem wurden Überlegungen darüber angestellt, wie eine wirkungsvolle operative Zusammenarbeit der Polizeibehörden in der Union zu gewährleisten und die Zusammenarbeit in die förmliche polizeiliche Zusammenarbeit zu integrieren wäre. Das Thema operative Zusammenarbeit wird in Abschnitt 2.1.3. dieser Mitteilung behandelt.

1.3. Zunahme nicht rechtsverbindlicher Instrumente

Ein weiteres Problem im Bereich der dritten Säule ist die Zunahme nicht rechtsverbindlicher Instrumente, wie Empfehlungen und Schlussfolgerungen, die vom Rat verabschiedet oder zur Kenntnis genommen werden. Der Nutzen dieser Art von Instrumenten, die immerhin mit großem Zeit- und Ressourcenaufwand verbunden sind, ist begrenzt; außerdem bewirken sie mitunter Verwirrung bei den Mitgliedstaaten, die sich nicht darüber im Klaren sind, ob die Instrumente umgesetzt werden müssen. Halten die Mitgliedstaaten eine Frage für wichtig genug, dass sie darüber auf Ratsebene debattieren, sollten die Beratungen Maßnahmen zur Folge haben, die von allen tatsächlich umgesetzt werden.

1.4. Beschlussfassungsverfahren im Rahmen der dritten Säule

In den letzten Jahren kam die Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden nur langsam voran, was hauptsächlich auf die Regeln zur Beschlussfassung in Angelegenheiten unter Titel VI EUV zurückzuführen ist. So kann der Rat nach Artikel 34 Absatz 2 nur einstimmig auf Initiative eines Mitgliedstaats oder der Kommission beschließen.

Im günstigsten Fall ist die Beschlussfassung auf allen Ebenen der Ratsstrukturen und in den verschiedenen Einrichtungen wie Europol, der EPA und der TFPC langwierig. Schlimmstenfalls fasst der Rat keinen Beschluss oder nimmt lediglich nicht rechtsverbindliche Instrumente wie Schlussfolgerungen oder Empfehlungen an. Denn jeder Vorsitz will mit Fortschritten bei der Zusammenarbeit von Polizei und Zoll im Rahmen der dritten Säule aufwarten.

Nach Artikel 34 Absatz 2 Buchstabe c können die zur Durchführung von Ratsbeschlüssen erforderlichen Maßnahmen zur Förderung der Zusammenarbeit jedoch auch mit qualifizierter Mehrheit angenommen werden. Von dieser nie genutzten Möglichkeit sollte im Interesse der Zusammenarbeit künftig Gebrauch gemacht werden.

Über die Abstimmungsverfahren und das Initiativrecht in Angelegenheiten unter Titel VI hat der Konvent beraten. Es wurde vorgeschlagen, dass das Initiativrecht von der Kommission und einer Gruppe, die mindestens 25 Prozent aller Mitgliedstaaten vertritt, wahrgenommen wird. Der Entwurf des Verfassungsvertrags sieht bereits eine wesentliche Verbesserung des Beschlussfassungsverfahrens für die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit vor. Während Beschlüsse über die operative Zusammenarbeit und über das Tätigwerden eines Mitgliedstaats im Gebiet eines anderen Mitgliedstaats weiterhin Einstimmigkeit erfordern, sollen Beschlüsse über den Rahmen und die Verfahren der Zusammenarbeit (z.B. Europol) künftig mit qualifizierter Mehrheit im Mitentscheidungsverfahren gefasst werden. Nach Ansicht der Kommission spiegelt das im Entwurf des Verfassungsvertrags erreichte Gleichgewicht die jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Union in diesem Bereich angemessen wider.

1.5. Ungenügende Umsetzung einiger vom Rat angenommener Rechtsinstrumente

Fortschritte bei der Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden werden dadurch behindert, dass mehrere vom Rat bereits angenommene Rechtsinstrumente nur langsam und ungenügend umgesetzt werden. Dies gilt beispielsweise für das Übereinkommen Neapel II von 1997 und das im September 2000 geschlossene Protokoll zur Ausweitung der Befugnisse von Europol auf die Geldwäsche generell. Weder das eine noch das andere Instrument ist bisher von allen Mitgliedstaaten ratifiziert worden.

Angesichts dieser Sachlage bei der Umsetzung bekräftigte der Europäische Rat von Laken im Dezember 2001 die Notwendigkeit, Beschlüsse der Union rasch in innerstaatliches Recht umzusetzen. Er betonte außerdem, dass die seit Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags unterzeichneten Übereinkommen baldmöglichst ratifiziert werden müssten. Dieser Appell scheint allerdings im Bereich Justiz und Inneres wenig bewirkt zu haben.

Obwohl verschiedene Verfahren zur systematischen Überwachung des Standes der Umsetzung der vom Rat verabschiedeten bindenden Rechtsinstrumente (wie Rahmenbeschlüsse) durch die Mitgliedstaaten bestehen, gibt es kein Standardverfahren, um ihre Umsetzung durchzusetzen. Nachdem der Entwurf des Verfassungsvertrags nicht mehr die Säulen-Struktur enthält, werden künftig die üblichen Regeln für Vertrags verletzungsverfahren auf die Rechtsinstrumente, die derzeit in den Rahmen der dritten Säule fallen, Anwendung finden. Bis dahin prüft die Kommission systematisch die Um setzung durch die Mitgliedstaaten.

1.6. Defizit an empirischer Forschung über die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit

Wirkungsvolle politische Maßnahmen in einem bestimmten Bereich sind am besten dann zu entwickeln, wenn eine objektive Analyse der Probleme und Lösungs möglichkeiten vorgenommen wurde und Statistiken für einen Länder vergleich vorliegen. Dies gilt umso mehr für schwierige, sensible Politikbereiche, wie die Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden. Bei der Erstellung einer solchen Analyse kommt wissenschaftlichen Sachverständigen eine wichtige Rolle zu.

Die wissenschaftliche Forschung über die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit in der EU ist in mehrerer Hinsicht unzureichend. Einerseits wird nur wenig auf diesem Gebiet unternommen, die Arbeiten bleiben vielfach auf eine normative Analyse von Verträgen, Institutionen, Kompetenzen und Verfahren begrenzt, und das tatsächliche Funktionieren der Zusammenarbeit wird kaum behandelt. Andererseits wird einzelnen Aspekten der polizeilichen Zusammenarbeit besondere Aufmerksamkeit geschenkt, sodass der Blick auf die Organisation und das Funktionieren insgesamt verloren geht. Die konkreten Probleme der Union im Bereich der grenzüberschreitenden Kriminalität werden in der Forschung meist außer Acht gelassen.

Zudem bleiben die Forschungsarbeiten in der Regel auf eine Analyse der Kooperationsmethoden begrenzt und untersuchen nicht, wie die Kooperation in das Polizei- und Justizwesen der Mitgliedstaaten integriert werden kann. Auch die Frage, welche Investitionen für diese Zusammenarbeit erforderlich sind und in welcher Weise die nationalen Systeme angepasst werden müssen, ist kaum erforscht. Schließlich fehlt es an statistischen Angaben zu den wichtigsten Straftaten in den Mitgliedstaaten. Diese Angaben sind aber notwendig, um Unterschiede hinsichtlich Auftreten und Schwere erkennen zu können. Solche Informationen würden die Konzeption wirkungsvoller politischer Maßnahmen auf EU-Ebene ermöglichen.

Positiv anzumerken ist, dass für die Forschung im Bereich Justiz und Inneres Mittel aus dem 6. Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung [71], u. a. für Forschungsprojekte zur Kriminalitätsbekämpfung, bereit gestellt werden. Eine neue Aufforderung zur Einreichung von Vorschlägen ist für Oktober 2004 geplant.

[71] Entscheidung des Rates vom 30. September 2002 (2002/834/EG), ABl. L 294 vom 29. Oktober 2002, S.1.

Nach Auffassung der Kommission muss die für die Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden in der EU erforderliche Wissensgrundlage in den nächsten Jahren erheblich verbessert werden. Zunächst wäre festzustellen, welchen Forschungsbedarf die Strafverfolgungsbehörden in der EU haben und welche Forschungsmaßnahmen die einschlägigen Einrichtungen durchführen könnten. Nach Ansicht der Kommission ist die EPA dafür auf EU-Ebene besonders geeignet.

Für die Forschung müssen Gelder in angemessener Höhe zur Verfügung stehen. Die Zuständigkeit hierfür liegt gemeinsam bei den Mitgliedstaaten und der Union. Die Kommission schlägt vor, im Rahmen des Programms AGIS Mittel für Forschungsmaßnahmen zu den in dieser Mitteilung genannten vorrangigen Themen vorzusehen. Gleichzeitig wird sie auch künftig das 6. Rahmenprogramm für den JI-Bereich in Anspruch nehmen. Längerfristig könnte ein eigenes Forschungsprogramm erforderlich sein. Die Kommission wird dieser Frage nachgehen.

1.7. Wesen der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit

Artikel 29 EUV bestimmt als Ziel die engere Zusammenarbeit der Polizei-, Zoll- und anderer zuständiger Behörden in den Mitgliedstaaten.

Die internationale Zusammenarbeit von Polizei und Zoll funktioniert in den Mitgliedstaaten offenbar unterschiedlich, scheint aber auf nationaler Ebene nicht in allen Ländern zu existieren, wie sich besonders auf dem Gebiet der Drogen bekämpfung zeigt. Einige Mitgliedstaaten haben allerdings eine engere Zusammen arbeit der Polizei- und Zollbehörden für diesen Bereich vereinbart, wie der Rat in seiner Entschließung vom 29. November 1996 [72] forderte. Danach sollen die Mitglied staaten auf einzelstaatlicher Ebene förmliche Vereinbarungen oder sonstige Ab machungen treffen, in denen die Leitlinien aus der Entschließung berücksichtigt werden. Die Zuständigkeiten der Polizei- und der Zollbehörden sollen genau abgegrenzt und beachtet, sachdienliche Erkenntnisse sollen ausgetauscht und gemeinsam genutzt werden.

[72] ABl. C 375 vom 12. Dezember 1996.

Zu den Bereichen, in denen eine engere Zusammenarbeit von Zoll- und Strafverfolgungsbehörden angestrebt wird, gehören die Terrorismusbekämpfung und die Sicherung der internationalen Versorgungskette. Die Notwendigkeit einer intensiveren Zusammenarbeit ergibt sich aus den Terroranschlägen, die in letzter Zeit weltweit verübt wurden. Es ist zu hoffen, dass dank der verbesserten Zusammen arbeit bekannte oder mutmaßliche Terroristen aufgespürt werden und mehr Sicher heit im Warenverkehr erreicht wird.

In einigen Mitgliedstaaten wurde eine engere Zusammenarbeit entwickelt, die dem Fachwissen der Beteiligten Rechnung trägt, beispielsweise bei der Zusammenarbeit und Amtshilfe in Grenzgebieten, bei Strafverfolgungs maßnahmen unter Beteiligung mehrerer Einrichtungen, bei der Stärkung des Strafverfolgungspotenzials sowie beim Aufbau gemeinsamer Intelligence-Zellen für den Austausch von Informationen und Erkenntnissen zum Nutzen aller beteiligten Stellen.

Die Kommission hat sich einen Eindruck von der Lage verschafft und die Mitgliedstaaten gehört. Sie vertritt die Auffassung, dass in den Mitgliedstaaten und in den Arbeitsstrukturen des Rates Anstrengungen für eine effizientere Koordination der polizeilichen und zollbehördlichen Tätigkeit und eine bessere Kommunikation zwischen diesen Behörden unternommen werden sollten.

1.8. Datenbanken und Kommunikationssysteme im Rahmen der dritten Säule

Seit mehreren Jahren werden in der Union Datenbanken und Kommunikationssysteme für die Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten entwickelt; einige stehen bereits zur Verfügung. Einzelheiten finden sich in den entsprechenden Abschnitten dieser Mitteilung. Wichtigste Beispiele sind das Europol-Informationssystem, das Schengener Informationssystem, das Zollinformationssystem (erste und dritte Säule), das Aktennachweissystem für Zollzwecke und das Europol Virtual Private Network. Überschneidungen zwischen zumindest einigen dieser Systeme sind nicht ausgeschlossen; außerdem könnte es Schwierigkeiten im Zusammenhang mit der erforderlichen Interoperabilität geben.

Um dem Rat eine deutlichere Vorstellung von dieser höchst technischen und schwierigen Materie zu vermitteln und diesbezügliche Beschlüsse zu ermöglichen, unterbreitete die Kommission dem Ausschuss ,Artikel 36" ein Dokument mit einer summarischen Beschreibung des Zwecks und der Funktionsweise der einzelnen Datenbanken und Kommunikationssysteme. Dieses Papier bildete die Grundlage für die Tätigkeit der Ad-hoc-Gruppe, die der Ausschuss ,Artikel 36" im November 2002 zur Prüfung der Angelegenheit und zur Erarbeitung von Vorschlägen einsetzte.

Die Ad-hoc-Gruppe aus Vertretern des Vorsitzes, der Kommission, Europol, Eurojust, der gemeinsamen Aufsichtsbehörde für den Datenschutz und des Generalsekretariats des Rates kam zu dem Schluss, dass das Risiko der Überschneidung von Daten gering sei und es bisher keine Probleme gegeben habe [73]. Die Gruppe legte drei Optionen für die langfristige Entwicklung der Strafverfolgungssysteme vor:

[73] 8857/03 JAI 118 vom 6. Mai 2003.

* Verschmelzung der bestehen Systeme zu einem einzigen "Unions-Informationssystem", das weiterzuentwickeln wäre, um den künftigen Bedarf an Systemen in allen relevanten Tätigkeitsbereichen zu decken;

* Beibehaltung der unabhängigen Systeme, gegebenenfalls Schaffung neuer Systeme entsprechend dem künftigen Bedarf;

* Prüfen der Möglichkeit einer Harmonisierung von Datenformaten und ihren jeweiligen Zugangsregeln zwischen den verschiedenen Systemen und Durchführung der Harmonisierung; parallel dazu Weiterentwicklung der bestehenden Systeme bis zur Interoperabilität [74] (Kompromisslösung).

[74] Ermittlung von Datenkategorien ("business objects") und Standardisierung des für den Austausch vorgesehenen Datenformats; Harmonisierung der Sicherheitsvorschriften für den Zugang zu und die Verarbeitung von Daten; Entwicklung von Standard-Schnittstellen, die den Netzverbund ohne menschliches Zutun ermöglichen.

Die Gruppe empfahl eine weitere eingehende Untersuchung zur Ermittlung der technischen, finanziellen und rechtlichen Auswirkungen der drei Optionen. Bis dahin sollen die Vertreter der Organisationen, die für die genannten Informationssysteme zuständig sind, regelmäßig zusammenkommen, um Probleme zu erörtern und bewährte Verfahren auszutauschen.

Der Ausschuss ,Artikel 36" unterstützte den Bericht und stimmte zu, dass weitere Arbeiten erforderlich seien. Die Kommission hält die Kompromisslösung auf kurze Sicht für geeignet, längerfristig wäre jedoch die Errichtung eines einheitlichen EU-Systems zu erwägen.

Nach Ansicht der Kommission muss diese Angelegenheit dringend behandelt werden, damit so rasch wie möglich abschließende Empfehlungen zu langfristigen Perspektiven für die EU-Informationssysteme im Bereich der Strafverfolgung ab gegeben und entsprechende Beschlüsse gefasst werden können.

2. Schlussfolgerungen und Empfehlungen

Auf der Grundlage der Verpflichtungen gemäß dem EU-Vertrag, dem Schengener Übereinkommen, dem Wiener Aktionsplan und den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Tampere hat die Union seit dem Inkrafttreten des EUV im Mai 1999 bereits zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden ergriffen. Damit hat die Union bei der Verbrechens bekämpfung an Effizienz gewonnen und ist bei der Verwirklichung des Ziels gemäß Artikel 29 EUV vorangekommen.

Offiziell wurden die in Tampere geforderten Maßnahmen im Bereich der polizeilichen Zusammenarbeit umgesetzt; so wurden die Task Force der europäischen Polizei chefs und die Europäische Polizeiakademie eingerichtet. Hingegen steht die Umsetzung wichtiger, im Wiener Aktionsplan genannter Maßnahmen, und teilweise sogar solcher, die binnen zwei Jahren nach Inkrafttreten des EUV hätten umgesetzt sein sollen, noch aus. Mehrere EUV-Bestimmungen, einschließlich des Schengen-Protokolls, müssen ebenfalls noch umgesetzt werden (Art. 30 Abs. 1d und Art. 32 EUV; Art. 44 und 45 Schengen).

Nach Ansicht der Kommission sind die nachstehend genannten Maßnahmen für die wichtigsten JI-Bereiche daher im Hinblick auf die effektive Verbesserung und die zügige Weiterentwicklung der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit von großer Bedeutung. Alle Maßnahmen könnten im Rahmen des geltenden Vertrags umgesetzt werden, ausgenommen die Bestimmungen zur etwaigen Übertragung bestimmter Ermittlungsbefugnisse an Europol und die allgemeine Neuorganisation dieser Einrichtung, zu der der Konvent eine Reihe von Vorschlägen formuliert hat, welche die Kommission unterstützt. Die Neufassung des Europol-Übereinkommens sollte als Option ernsthaft geprüft werden.

Die Maßnahmen betreffen zum einen inhaltliche Aspekte, zum anderen die Verbesserung der Arbeitsweise. Bei der zweiten Gruppe sollten als übergreifende Maßnahme gemeinsam von Rat und Kommission Mehrjahres- und Jahresarbeitsprogramme für die polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit erarbeitet werden. Gegenstand der Programme sollten u. a. die in dieser Mitteilung genannten vorrangigen Maßnahmen, gegebenenfalls in Verbindung mit Initiativen im Rahmen der ersten Säule, sein. Wichtig ist außerdem, dass der Rat statt Maßnahmen ohne rechtliche Bindungskraft, die nur wenig zusätzlichen Nutzen bringen, rechtsverbindliche Instrumente gemäß Artikel 34 Absatz 2 EUV annimmt. Die Kommission wird einen ersten Entwurf dieses Arbeitsprogramms erstellen. Die Mitgliedstaaten sind aufgefordert, die Umsetzung der einschlägigen verbindlichen und nicht verbindlichen Rechtsinstrumente zu verbessern. Zur Überwachung und Berichterstattung über die Umsetzung bedürfte es eines allgemeinen Überwachungssystems.

Für konkrete Maßnahmen in Politikbereichen sollten die Anstrengungen zur Verbesserung der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit in der EU auf zwei Schwerpunkte ausgerichtet werden: Informationsfluss und effektive grenzüberschreitende Zusammenarbeit.

2.1. Verbesserung des Informationsflusses

Eine wirkungsvolle Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten ist nur möglich, wenn die verschiedenen Polizei- und sonstigen Strafverfolgungsbehörden in den Mitgliedstaaten selbst gut zusammenarbeiten. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang entsprechende zentrale nationale Kontaktstellen für den internationalen Informationsaustausch (die Benennung solcher Stellen wurde im Übrigen bereits im Aktionsplan zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität von 1997 empfohlen). In diesen nationalen Kontaktstellen sollten die nationalen Europol-Stellen, die SIRENE-Stellen, die Interpol-NKS sowie die Vertreter von Justizbehörden im Idealfall unter einem Dach vereint sein. Schließlich sollte ein Mechanismus geschaffen werden, mit dem sich regelmäßig begutachten lässt, ob die Mitgliedstaaten die Instrumente in zufrieden stellender Weise umsetzen, wie in der Gemeinsamen Maßnahme vom 5. Dezember 1997 [75] vorgesehen.

[75] Gemeinsame Maßnahme betreffend die Schaffung eines Mechanismus für die Begutachtung der einzelstaatlichen Anwendung und Umsetzung der zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität eingegangenen internationalen Verpflichtungen. 97/827/JI, ABl. L 344 vom 15. Dezember 1997.

Die Interoperabilität der von den Strafverfolgungsbehörden der Mitgliedstaaten genutzten Datenbanken und Kommunikationssysteme von Polizei und Zoll sollte gewährleistet werden. Die EU-Organe sollten Verfahren zur Förderung der Zusammenarbeit und des Datenaustauschs zwischen dem OLAF und Europol entwickeln. Die Vereinbarung über den Austausch personenbezogener Daten zwischen den genannten Stellen wäre abzuschließen. Die Kommission beabsichtigt in Kürze die Vorlage einer Mitteilung über die Informationspolitik in der Strafverfolgung, mit der sie zur Entwicklung einer hauptsächlich auf Intelligence basierenden Strafverfolgung auf EU-Ebene beitragen will.

Die Verbesserung der Effizienz von Europol erfordert nach Ansicht der Kommission vor dem geplanten Verfassungsvertrag keine zusätzlichen Rechtsinstrumente des Rates. Die neuen Mitgliedstaaten müssen gleichzeitig das Europol-Überein kommen und die Rechtsakte zu seiner Änderung ratifizieren. Erforderlich ist sodann eine Zeit der Konsolidierung, in der alle Beschlüsse, die der Rat in den letzten Jahren zu Europol gefasst hat, ratifiziert und umgesetzt werden. Parallel dazu wäre das Sensibilisierungsprogramm durchzuführen, das kürzlich zur Verbesserung des gegenseitigen Verständnisses zwischen Europol und den einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden aufgelegt wurde. [76]

[76] "Corporate Europol awareness strategy and program" - AGIS-Projekt JAI/2003/188.

Eine vereinfachte Version des Europol-Informationssystems sollte so bald wie möglich verfügbar sein. Außerdem sollten die Empfehlungen aus dem HENU-Bericht vom Sommer 2002, die die Verbesserung der Datenübertragung zwischen den Mitgliedstaaten betreffen, umgesetzt werden. Auch die Schlussfolgerungen der kürzlich eingeleiteten dritten Begutachtungsrunde sind umzusetzen, sobald sie vorliegen.

Es wäre zweckmäßig, Beratungen über Möglichkeiten zum Aufbau der im Wiener Aktionsplan geforderten Datenbank über laufende Ermittlungen aufzunehmen. Der Rat sollte sich mit dieser Frage befassen. Auch gilt es, konkrete Schritte zur Verbesserung der statistischen Angaben zur grenzüberschreitenden Kriminalität zu unternehmen und Europol Zugang zum Zollinformationssystem (ZIS) zu gewähren. Nach Ansicht der Kommission müsste Europol sowohl zum ZIS als auch zum ANS einen direkten Zugang haben, wie dies beide Rechtsinstrumente vorsehen.

Nach Abschluss der Europol-Konsolidierung muss - vorausgesetzt, ein neuer Verfassungsvertrag sieht die Ersetzung des Übereinkommens durch ein europäisches Gesetz vor - eine Debatte über die etwaige Übertragung bestimmter Ermittlungs befugnisse stattfinden. Ein geeignetes Feld wäre zunächst die Be kämpfung von Euro-Fälschungen, da diese Form der organisierten Kriminalität den Interessen der gesamten Union schadet. Außerdem ist Europol gemeinsam mit der Europäischen Zentralbank und der Kommission seit der Einführung des Euro einschlägig tätig und verfügt über beträchtliche Sachkenntnis. Flankierend zu den Beratungen über eine solch wichtige Entwicklung wären natürlich Diskussionen über die rechtliche und parlamentarische Kontrolle von Europol erforderlich, eine Frage, die in den nächsten Jahren außerordentliches Gewicht haben wird.

2.2. Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit

Die Task Force der europäischen Polizeichefs ist am besten in der Lage, die Maßnahmen zur Verbesserung der eigentlichen grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vor Ort zu koordinieren. Wie im ersten Teil dieser Mitteilung in Abschnitt 2.1.3 ausgeführt, sieht sie sich mit Problemen konfrontiert, die daher rühren, dass sie nicht vollständig in die institutionellen Strukturen der EU integriert ist. Um die Wirksamkeit der Task Force zu gewährleisten, muss diese Organisation zwingend in die Ratsstrukturen eingegliedert werden. Selbstverständlich würde sie sich weiterhin auf operative Aufgaben konzentrieren und nicht an der Vorbereitung von Rechtsakten mitwirken, was nach wie vor eine Angelegenheit des CATS wäre.

Die Organisation würde mindestens einmal während jedes Ratsvorsitzes zusammentreffen und zu operativen Fragen der polizeilichen Zusammenarbeit und anderen ausgewählten Themen gehört. Dies wäre mit der etwaigen Einsetzung eines Ausschusses zur Förderung der operativen Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit in der Union vereinbar, der im endgültigen Entwurf des Verfassungs vertrags angeregt wurde.

Die bestehenden ständigen Einrichtungen wie Europol sollten bestmöglich genutzt werden, um die Polizeichefs bei der Prüfung von Vorschlägen und Initiativen für Aktionen sowie bei deren Umsetzung, Überwachung und Bewertung zu unterstützen. Die Kommission schlägt deshalb vor, Europol zu beauftragen, auf der Grundlage regelmäßiger Bedrohungsbewertungen Vorschläge für gemeinsame Aktionen zu erarbeiten und diese auf den Treffen der Polizeichefs vorzustellen. Europol sollte für die Koordinierung, Überwachung und Bewertung mit zuständig sein und die für die Aktionen verantwortlichen nationalen Polizeibeamten intensiv an den Arbeiten beteiligen. Europol soll ferner der Ratsgruppe "Polizeiliche Zusammenarbeit" operative Unterstützung leisten.

Die TFPC sollte an der Organisation von Polizeimissionen der EU im Ausland, insbesondere an der Planung, Ressourcenzuteilung und der diesbezüglichen Logistik, beteiligt werden.

Speziell in den letzten Jahren haben mehrere Mitgliedstaaten - häufig auf der Grundlage des SDÜ - die grenzüberschreitende Zusammen arbeit ausgeweitet und dabei beachtliche Erfolge bei der Kriminalitätsbekämpfung erzielt. Etliche andere Mitgliedstaaten haben offenbar noch keine entsprechende Initiative ergriffen. Nach Ansicht der Kommission wäre es zweckmäßig, gemeinsame Kommissariate (JPS) oder gemeinsame Zentren für die Zusammenarbeit von Polizei und Zoll (PCCC) nahe allen Binnengrenzen der Union, einschließlich der Grenzen zu den Kandidatenländern, einzurichten, um so mehrere Ziele gleichzeitig zu verfolgen: Verringerung der Kriminalität, Erhöhung der Sichtbarkeit gegenüber der Öffentlichkeit, Schaffung gegenseitigen Vertrauens unter den Diensten der beteiligten Mitgliedstaaten und Aufbau einer wirkungsvollen Zusammenarbeit zwischen Polizei-, Justiz- und Zollbehörden, sofern diese drei Dienste in solchen Zentren zusammenarbeiten.

Die Kommission schlägt daher vor, dass die Mitgliedstaaten, die ihre grenzüberschreitende Zusammenarbeit als erfolgreich bewerten, der zuständigen Ratsgruppe über ihre Erfahrung berichten. Daraufhin könnte ein Katalog bewährter Verfahren als Hilfestellung für interessierte Mitgliedstaaten erarbeitet werden. Die Bereitstellung von AGIS-Mitteln hierfür wäre zu erwägen. Der Katalog könnte zu gegebener Zeit auch Grundlage eines rechtsverbindlichen Instruments zur Institutionalisierung dieser Zusammenarbeit in der EU sein.

Was die grenzüberschreitende Nacheile (Art. 40 und 41 SDÜ) anbelangt, müssen die Hemmnisse für die Zusammenarbeit im europäischen Raum der Sicherheit aufgrund der Form des grenzüberschreitenden Verkehrs nach Ansicht der Kommission beseitigt werden. Sie schlägt daher vor, dass die während des belgischen Ratsvorsitzes 2001 einberufene Sachverständigengruppe ihre Beratungen fortsetzt und konkrete Vorschläge zur Verfolgung von Straftätern in der Luft, auf der Schiene (internationale Züge) und auf See vorlegt. Darüber hinaus sollte die Polizei bessere Möglichkeiten zur grenzüberschreitenden Nacheile erhalten, und zwar nicht nur mit Blick auf weitere Formen von Straftaten, sondern auch hinsichtlich der Mittel, um mutmaßliche Täter - im Einklang mit den betreffenden Rechtsinstrumenten für die justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen - den zuständigen örtlichen Behörden überstellen zu können. Die Polizei sollte zur Nacheile befugt sein, wenn eine Person der Aufforderung, anzuhalten, nicht Folge leistet.

Der Leitfaden zur polizeilichen Zusammenarbeit im Rahmen von Schengen muss in Zukunft regelmäßig aktualisiert werden. Um den Übersetzungsaufwand gering zu halten, sollten Templates verwendet werden; die veränderlichen Informationen würden dann nur ein Minimum ausmachen. Zur Erleichterung der grenz überschreitenden Kontakte sollte der Leitfaden außerdem aktuelle Informationen über Kontaktstellen enthalten.

Der Stand der Umsetzung von Artikel 44 SDÜ bezüglich der Schaffung direkter Kommunikationsverbindungen zwischen Polizei und Zoll wäre baldmöglichst zu evaluieren. Neben Telefon- und Telefaxverbindungen sind auch Daten- und Computerverbindungen erforderlich.

Zurzeit ist unklar, wie die Mitgliedstaaten Artikel 45 SDÜ betreffend Meldevordrucke von Beherbergungsstätten wie Hotels umsetzen und die Informationen praktisch bei der Strafverfolgung nutzen. Über diese Frage sind Beratungen auf EU-Ebene erforderlich, weil dies die Verbesserung der Strafverfolgung auf der Grundlage der bestehenden Verpflichtungen und Strukturen ermöglicht.

Mit Blick auf Artikel 46 SDÜ betreffend den Informationsaustausch auf Initiative eines Mitgliedstaats schlägt die Kommission vor, den Grad der Umsetzung in einer Umfrage bei den zuständigen einzelstaatlichen Stellen zu ermitteln; festgestellt werden soll außerdem, wie oft die Polizei aufgrund des in dem Artikel vorgesehenen Informationsaustauschs Maßnahmen ergriffen hat. Anhand der Schlussfolgerungen könnten bestimmte Muster der Zusammenarbeit an den Binnengrenzen vereinheitlicht werden.

Mit Blick auf das SIS (sowohl das derzeitige System wie das geplante SIS II) wäre die rasche Einführung der neuen Funktionalitäten möglichst noch im bestehenden System hilfreich. Die Kommission unterbreitete im September 2003 einen Vorschlag, wonach die Kfz-Zulassungsstellen der Mitgliedstaaten Zugang zum SIS erhalten sollen. Damit könnte die Anmeldung gestohlener Fahrzeuge verhindert werden. Außerdem forderte der griechische Vorsitz die Kommission auf, das Handbuch für die Zusammenarbeit zwischen SIS und SIRENE gemeinsam mit den Mitgliedstaaten fortlaufend zu aktualisieren.

Im Wiener Aktionsplan wird die zentrale Bedeutung von Artikel 32 EUV für die polizeiliche Zusammenarbeit herausgestellt. Danach legt der Rat fest, unter welchen Bedingungen die Strafverfolgungsbehörden eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats tätig werden dürfen. Diesen Aspekt decken das Europäische Übereinkommen über die Rechtshilfe in Strafsachen und der Rahmenbeschluss über gemeinsame Ermittlungsgruppen (beide von 2000) offenbar teilweise ab. Die Kommission begrüßt, dass die betreffenden Ratsgruppen bereits Beratungen aufgenommen haben und setzt sich für deren Fortsetzung und die eingehende Prüfung dieser Frage ein. Wichtig ist dies nicht nur mit Blick auf die Beratungen über die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit, sondern auch, um zu klären, unter welchen Bedingungen Polizei-Interventionseinheiten im Krisenfall in anderen Mitgliedstaaten tätig werden dürfen.

Schließlich sollten zu gemeinsamen Überwachungsaktionen im Rahmen der Gruppen ,Zusammenarbeit im Zollwesen" (CCWG) und ,Polizeiliche Zusammenarbeit" (PCWG) gegebenenfalls Beamte aller beteiligten Strafverfolgungsbehörden hinzugezogen werden. Europol wäre auf jeden Fall in der Lage, bei Angelegenheiten der dritten Säule die operative Koordinationseinheit (OCU) zu stellen.

2.3. Entwicklung einer gemeinsamen Kultur, gemeinsamer Instrumente und Methoden

Die Verbesserung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erfordert verstärkt Maßnahmen, die zur Entwicklung von Gemeinsamkeiten zwischen den einzelstaatlichen Polizei- und Zolldiensten mit ähnlichen Aufgaben im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung beitragen. Schwierigkeiten, die einer effizienteren Zusammenarbeit der Polizeibehörden in der EU entgegenstehen, ließen sich besser überwinden, wenn bei den Strafverfolgungsbehörden eine Kultur des Vertrauens und der Kooperation existierte. Zu deren Entwicklung kann die Polizeiausbildung wesentlich beitragen. Die EPA ist als einzige EU-Einrichtung mit dieser Aufgabe betraut und müsste daher eine zentrale Stellung in der künftigen Strategie für die EU-weite polizeiliche Zusammenarbeit haben.

Damit die EPA ihre Aufgaben ordnungsgemäß wahrnehmen kann, muss sie mit den notwendigen Ressourcen und dem entsprechenden Rechtsrahmen ausgestattet werden, d. h. sie muss Rechtspersönlichkeit erhalten, über ein voll funktionsfähiges ständiges Sekretariat verfügen und aus dem Gemeinschaftshaushalt finanziert werden.

Neben allgemeinen Lehrgängen in bestimmten vorrangigen Bereichen für hochrangige Beamte der Polizeikräfte der Mitgliedstaaten - wie Kurse für Polizeibeamte mit schneller Laufbahn oder für die nächste Generation ranghoher Polizeibeamter - soll sich die EPA auf die Entwicklung von gemeinsamen Lehrplänen für die Polizeiausbildung konzentrieren, die in allen Polizeischulen der Mitgliedstaaten zu Grunde gelegt würden, und gemeinsame Qualitätsstandards für Ausbildung und Ausbilder erarbeiten. Die EPA soll beauftragt werden, regelmäßig zu prüfen, ob die gemeinsamen Lehrpläne und Standards in den nationalen Polizeischulen zur Anwendung kommen, und nach einer Peer Review ein EPA-Zertifikat ausstellen.

Nach Ansicht der Kommission kommt der EPA auch bei der Fortbildung ranghoher Beamter, die an der zollbehördlichen Zusammenarbeit im Rahmen der dritten Säule beteiligt sind, eine wichtige Rolle zu. Sie begrüßt daher, dass an einigen EPA-Lehrveranstaltungen auch Zollbeamte teilnehmen können, und somit Polizei- und Zollbeamte gemeinsame Veranstaltungen zu ausgewählten Bereichen besuchen. Die Kommission wünscht, dass die EPA und die Mitgliedstaaten Überlegungen darüber anstellen, ob der Auftrag der EPA langfristig nicht ausgeweitet und die nationalen Zollschulen einbezogen werden sollten, um die Bekämpfung der grenzüber schreitenden Kriminalität in der EU zu verbessern.

Die Kommission setzt sich darüber hinaus für den Ausbau von Austausch programmen und Entsendungen ein, die ebenfalls die Vertrauensbildung und die Zusammenarbeit begünstigen. Die EPA, die ihre Tätig keit in diesen beiden Bereichen 2004 aufnimmt, dürfte dabei eine zentrale Rolle spielen. Im Zusammen hang mit Entsendungen und Austauschmaßnahmen darf im Übrigen nicht die Bedeu tung von Sprachkenntnissen unterschätzt werden. Sowohl Austauschprogramme als auch Sprachkurse für Beamte der Polizei- und sonstigen Strafverfolgungsbehörden können gegebenenfalls im Rahmen des Programms AGIS und anderen Gemein schafts programmen durchgeführt werden. Entsprechende Möglichkeiten sollten sondiert werden.

Die wissenschaftliche Forschung kann die Grundlagen für die Beschlussfassung in allen Bereichen wesentlich verbessern helfen. Allerdings findet bisher nur wenig Forschung zum Thema polizeiliche und zollbehördliche Zusammenarbeit statt. Die erforderlichen Finanzmittel wären gemeinsam von der EU und den Mitgliedstaaten aufzubringen. Die Kommission wird dafür sorgen, dass im Rahmen von AGIS Studien über mehrere der in dieser Mitteilung genannten Schwerpunktthemen finanziert werden. Außerdem wird sie dafür Sorge tragen, dass relevante Teile des 6. Rahmenprogramms dafür gezielt eingesetzt werden. Wichtig sind vor allem klarere Vorstellungen von den Forschungs schwerpunkten. Hier könnte die EPA vielleicht eine nützliche Rolle spielen.

Polizeiethik war von Anfang an Teil des EPA-Lehrplans. Die Kommission ersucht die Mitgliedstaaten, Überlegungen über den Nutzen eines etwaigen EU-Kodexes für Polizeiethik anzustellen, durch den die öffentliche Meinung günstig beeinflusst und das Vertrauen der nationalen Polizeidienste zueinander gestärkt würde.

Die gemeinsame Bewertung einzelner Ermittlungstechniken, auf die Artikel 30 Absatz 1 Buchstabe d EUV Bezug nimmt, findet in der Union bisher nicht statt. Die Kommission schlägt vor, dass nationale Sachverständige im Rat die diese Frage im Lichte des ähnlichen Artikels im Verfassungsentwurf prüfen. Die Kommission ist bereit, zu diesem Zweck eine Sachverständigen sitzung einzuberufen und gegebenenfalls Mittel aus dem Programm AGIS bereitzustellen. Wichtig ist auch, dass alle Mitgliedstaaten DNS-Datenbanken als wirksame und leistungsfähige Hilfsmittel zur Lösung von Kriminalfällen aufbauen. Schließlich sollte ein System entwickelt werden, mit dessen Hilfe die Mitgliedstaaten prüfen können, ob DNS-Proben, die in ihrem Gebiet untersucht wurden, Proben in anderen Mitgliedstaaten entsprechen.

Das Thema forensische Wissenschaft wurde in der Union bisher nicht systematisch behandelt. Vorrangig wäre zunächst, das Niveau der forensischen Laboratorien in den Mitgliedstaaten anzuheben. Sie müssten verpflichtet werden, auf einem allgemein anerkannten Standard basierende Qualitätssicherungssysteme einzuführen. Die Kommission fordert außerdem die betreffenden Ratsgruppen auf, sich mit der Rolle des Europäischen Netzwerks forensischer Institute unter dem Aspekt einer diesbezüglichen Zusammenarbeit in der EU auseinanderzusetzen.

2.4. Terrorismusbekämpfung

Die Zusammenarbeit bei der Terrorismusbekämpfung in der EU verdeutlicht wie kein anderes Feld die Wichtigkeit einer besseren Kooperation in den vorstehend genannten Schwerpunktbereichen Informationsfluss zwischen den zuständigen Diensten und effektive grenzüberschreitende Zusammenarbeit vor Ort. Terrorabwehr umfasst sämtliche Aspekte der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden, von gemeinsamen Ermittlungsteams bis hin zu besonderen forensischen Techniken zur Rückverfolgung von Sprengstoffen.

Wie die Kommission in ihren Beiträgen zur Tagung des Europäischen Rates vom 19. März 2004 und zur Umsetzung der Europäischen Sicherheitsstrategie bezüglich der Terrorismusbekämpfung aufgezeigt hat, erfordert ein wirksameres Handeln zuerst eine bessere Koordination aller für die Terrorismusbekämpfung zuständigen Dienste innerhalb der Ratsstrukturen. So müssen allen Delegationen in der Ratsgruppe ,Terrorismus" (TWG) Vertreter der polizeilichen und nichtpolizeilichen Intelligence-Dienste angehören. Zweckmäßig wäre auch die Stärkung der Rolle von Europol im Kampf gegen den Terrorismus in der EU, indem das Informationssystem über die Verbindungsbeamten von Europol durch ein System direkter Beziehungen zwischen den Antiterror-Einheiten von Europol und den Mitgliedstaaten ersetzt wird; dadurch würde eine Verbindung zwischen Europol und dem Netzwerk der Verbindungsbüros geschaffen und Europol in den Club von Bern aufgenommen.

Später müsste die Tätigkeit der Antiterrorgruppe (CTG) des Clubs von Bern mehr mit den Beratungen der Ratsgruppe ,Terrorismus" verknüpft werden. Europol sollte zu einem regelrechten Intelligence Centre für Terrorismusbekämpfung umgestaltet werden: eine gemeinsame Terrorismus-Datenbank mit Angaben zu Personen, Vorfällen, Hinweisen und Operationen ist erforderlich. Die Empfehlung des Rates betreffend die Bildung multinationaler Teams zur Sammlung von Informationen über Terroristen [77] (gemeinsame Ermittlungsgruppen) sollte zu einem verbindlichen Rechtsakt umgewandelt werden, der die Grundlage für die Zusammenarbeit der polizeilichen und nichtpolizeilichen Nachrichtendienste und Europol bildet.

[77] Empfehlung des Rates JI vom 13. Juni 2002.

Viel spricht auch dafür, die Koordination von Antiterrormaßnahmen innerhalb der EU-Organe und -institutionen zu verbessern und der Gruppe ,Terrorismus" bei der Planung eines politischen Konzepts der EU mehr Gewicht zu geben. Europol sollte eine proaktivere Rolle übernehmen, was der Arbeitsweise der TWG zugute kommen dürfte. Die Gruppe sollte sich mit allen Aspekten der Terrorismus bekämpfung, insbesondere der Finanzierung von Terrorismus und der Zusammenarbeit mit Drittländern bei der Umsetzung der Resolution 1371 des UN-Sicherheitsrats, befassen und an der Vorbereitung von Antiterror-Maßnahmen der EU beteiligt werden.

Nach den Anschlägen vom 11. März in Madrid beschloss der Rat eine Reihe von Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit in der EU-Terrorismusbekämpfung. Einige betreffen Aspekte der eigentlichen operativen Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden, wie Verbesserung der Kontrolle und Rückverfolgung von Schusswaffen und Sprengstoffen, möglicher Aufbau einer EU-Datenbank zu forensischem Material, Erleichterung der grenzüberschreitenden Nacheile und Vereinfachung des Informations- und Intelligence-Austauschs zwischen den einzelstaatlichen Strafverfolgungsbehörden. Andere zielen auf die Ratifizierung und/oder Umsetzung einschlägiger Rechtsinstrumente, wie das Rechtshilfe-Übereinkommen mit den dazugehörigen Protokollen und die drei Protokolle zum Europol-Übereinkommen.

In den beiden Unterlagen, die die Kommission nach den Anschlägen vom 11. März 2004 ausgearbeitet hat [78] und auf die vorstehend in Abschnitt 2.1.6.1 Bezug genommen wird, sind mehrere Maßnahmen zur Verbesserung der operativen Kapazitäten der EU zur wirksameren Terrorismus-Verhütung und -Bekämpfung aufgeführt. Dazu zählen - und darauf ist an dieser Stelle besonders hinzuweisen - die bessere Nutzung bestehender Instrumente, wie Europol und Eurojust, oder des Rahmenbeschlusses über gemeinsame Ermittlungsgruppen sowie die Stärkung der Rolle der Task Force der europäischen Polizeichefs.

[78] SEK(2004) 348 vom 18. März 2004 und SEK(2004) 332 vom 19. März 2004.

2.5. Zusammenarbeit der Zollbehörden

Die Zusammenarbeit zwischen den Zollbehörden im Rahmen der dritten Säule funktioniert gut, ist aber in folgenden Punkten entwicklungs- und verbesserungsfähig.

Alle Empfehlungen zu gemeinsamen Überwachungsaktionen im Zollbereich sollen registriert und bei der Planung ähnlicher Aktionen berücksichtigt werden, um Überschneidungen, zu denen es gegenwärtig kommt, zu vermeiden. Während gemeinsamer Zollaktionen sollte ein einheitliches Antwortformular verwendet und nur in einer Sprache ausgefuellt werden. Die Informationen lägen in einer einzigen Sprache vor, sodass die derzeitigen Schwierigkeiten behoben wären. Europol sollte bei derartigen Aktionen Unterstützung insbesondere in Form der Datenanalyse leisten.

Außerdem bedarf es einer ständigen operativen Koordinationseinheit zur logistischen und technischen Unterstützung gemeinsamer Zollaktionen. Eine solche Einheit ist von wesentlicher Bedeutung für die wirksame Durchführung künftiger gemeinsamer Zollaktionen sowohl im Rahmen der dritten wie der ersten Säule. Die Kommissionsdienste sollten prüfen, wie die Unterstützung am effizientesten geleistet werden könnte.

Die Zollverwaltungen in der EU sollten verstärkt Verbindungsbeamte aus anderen Ländern einsetzen, was in punkto Effizienz und Wirtschaftlichkeit vorteilhaft wäre.

Zurzeit läuft eine Studie über die allgemeine Ausstattung des Zolls an den Außengrenzen. [79] Zweckmäßig wäre eine ergänzende Untersuchung über die in den Mitgliedstaaten verfügbare und notwendige Ausstattung für Außengrenzkontrollen, die insbesondere im Rahmen der dritten Säule erforderlich sind. Die Studie sollte Empfehlungen zur Anzahl und Art der benötigten Ausrüstungsgegenstände sowie zu deren etwaiger gemeinsamer Nutzung oder Anmietung enthalten, was Mitgliedstaaten, die nicht über ausreichende Mittel verfügen, dienen könnte.

[79] Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die Rolle des Zolls bei einer integrierten Verwaltung der Außengrenzen. KOM(2003) 452 endg. vom 24. Juli 2003.

Gemeinsame Risikoindikatoren und -profile sind eine grundlegende Voraussetzung für eine wirksamere Kontrolle und Bekämpfung des Handels mit illegalen Gütern. Als Teil eines kohärenten, wirtschaftlichen Ansatzes wäre zu untersuchen, wie sich diese am besten im Rahmen der dritten Säule entwickeln ließen. Einsparungen wären dadurch zu erzielen, dass auf den laufenden Arbeiten zum Risikomanagement im Rahmen der ersten Säule aufgebaut wird.

Ferner sollten gemeinsame Bedrohungsbewertungen im Zusammenhang mit verbotenen Waren oder Waren, die Handelsbeschränkungen unterliegen, entwickelt werden. So ließen sich klare Schwerpunkte für gemeinsame Aktionen festlegen, die bei der Bekämpfung des Handels mit illegalen Gütern größere Wirkung hätten.

Die Kommission ist darüber besorgt, dass fünf Mitgliedstaaten das Übereinkommen Neapel II von 1997 möglicherweise wegen Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Polizei- und den Zollbehörden einiger Mitgliedstaaten noch immer nicht ratifiziert haben. Neapel II ist für die Bekämpfung schwerwiegender Formen internationaler Kriminalität von grundlegender Bedeutung und muss daher schnellstens ratifiziert werden. Gleichzeitig sollte die Union ein Verfahren zur Bewertung aller Übereinkommen und Instrumente im Bereich der Zollzusammenarbeit im Rahmen der dritten Säule annehmen, um deren konsequente Anwendung zu sichern und eine wirkungsvolle Kontrolle durch die Mitgliedstaaten an den Außengrenzen zu gewährleisten.

Die Zollverwaltungen sollten Möglichkeiten zur Entwicklung eines gemeinsamen Konzepts für die Aus- und Fortbildung im Zollwesen in Angelegenheiten der dritten Säule prüfen, um einen vergleichbaren Wissensstand sicherzustellen. Zu erwägen wäre beispielsweise, Zollbeamten aus anderen EU-Ländern im Rahmen ihrer Grundausbildung die Teilnahme an nationalen Lehrgängen zu ermöglichen. Durch die Begegnung mit ausländischen Zollbeamten würde sich ein größeres Problembewusstsein entwickeln, außerdem wäre die Möglichkeit zu Kontakten gegeben. Die Gemeinschafts programme Matthaeus und Zoll 2002 haben sich für die Zollausbildung bewährt.

Zweckmäßig wäre eine gemeinsame Aus- und Fortbildung für Zoll- und Polizeibeamte mit ähnlichen Aufgaben und Zuständigkeiten. Dazu könnte der Aufgabenbereich der EPA auf Zollschulen der Mitgliedstaaten ausgeweitet werden.

Mit Blick auf die Verbesserung der polizeilichen und zollbehördlichen Zusammenarbeit schlägt die Kommission vor, dass die Mitgliedstaaten zunächst die Entschließung des Rates von 1996 zur Formalisierung der Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden bei der Bekämpfung des Drogenhandels umsetzen; später sollten solche Kooperationsabkommen auf alle übrigen schwerwiegenden Formen der Kriminalität ausgedehnt werden. Die Intensivierung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit sowie die Aus- und Fortbildung wurden bereits als Ziele genannt. Gefördert werden sollte außerdem die Teilnahme von Zollvertretern an Sitzungen der Leiter der nationalen Europol-Stellen und die Entsendung von Zoll-Verbindungsbeamten aller Mitgliedstaaten zu Europol. Die Schaffung eines besonderen Zollreferats innerhalb von Europol wäre zu erwägen.

Schließlich regt die Kommission an, die Erfahrung verschiedener Mitgliedstaaten, die wirkungsvolle Vereinbarungen für die polizeiliche und zollbehördliche Kooperation getroffen haben, zu nutzen. Sie schlägt Beratungen darüber in den einschlägigen Ratsgruppen vor, um festzustellen, inwieweit andere Mitgliedstaaten solche Vereinbarungen treffen könnten. In diesem Zusammenhang wäre eine bessere Abstimmung zwischen den Ratsgruppen ,Polizeiliche Zusammenarbeit", ,Multidisziplinäre Gruppe zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität" und ,Zusammenarbeit im Zollwesen" wünschenswert.

3. Schlussbemerkungen

Die Kommission fordert das Europäische Parlament und den Rat auf, die in dieser Mitteilung dargelegten Maßnahmen zur Verbesserung der Zusammenarbeit der Polizei- und Zollbehörden in der EU zu prüfen und so zur vollständigen Anwendung von Artikel 29 EUV beizutragen.

Nach Abschluss der Beratungen über diese Mitteilung mit dem Europäischen Parlament und dem Rat wird die Kommission konkrete Vorschläge zur Lösung der ermittelten Probleme ausarbeiten.