20.9.2005   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 231/72


Stellungnahme des Ausschusses der Regionen zu dem „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+)“

(2005/C 231/11)

DER AUSSCHUSS DER REGIONEN

gestützt auf den „Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das Finanzierungsinstrument für die Umwelt (LIFE+)“, KOM(2004) 621 endg. — 2004/0218 (COD);

aufgrund des Beschlusses der Kommission vom 1. Oktober 2004, ihn gemäß Artikel 175 Absatz 1 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu diesem Thema zu ersuchen;

aufgrund des Beschlusses seines Präsidenten vom 26. Mai 2004, die Fachkommission für nachhaltige Entwicklung mit der Erarbeitung dieser Stellungnahme zu beauftragen;

gestützt auf die „Mitteilung der Kommission an den Rat und an das Europäische Parlament: Finanzierung von Natura 2000“, KOM(2004) 431 endg.;

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zum Sechsten Aktionsprogramm der Europäischen Gemeinschaft für die Umwelt — Umwelt 2010: Unsere Zukunft liegt in unserer Hand“ und zu dem „Vorschlag für einen Beschluss des Europäischen Parlaments und des Rates über das Umweltaktionsprogramm 2001-2010 der Europäischen Gemeinschaft“ KOM(2001) 31 endg. — CdR 36/2001 fin (1);

gestützt auf seine Stellungnahme zu der „Mitteilung der Kommission: Unsere gemeinsame Zukunft aufbauen. Politische Herausforderungen und Haushaltsmittel der erweiterten Union2007-2013“, KOM(2004) 101 endg. — CdR 162/2004 fin;

gestützt auf seinen Entwurf einer Stellungnahme (CdR 253/2004 rev. 1), der am 1. März 2005 von der Fachkommission für nachhaltige Entwicklung angenommen wurde (Berichterstatterin: Frau Michèle EYBALIN, Mitglied des Regionalrates Rhône-Alpes (FR/SPE);

verabschiedete auf seiner 59. Plenartagung am 13./14. April 2005 (Sitzung vom 14. April) einstimmig folgende Stellungnahme:

Standpunkte und Empfehlungen des Ausschusses der Regionen

1.   Allgemeine Betrachtungen

Der Ausschuss der Regionen

1.1

teilt die Einschätzung der Europäischen Kommission, dass die Betrachtung des Instruments LIFE+ nicht getrennt von der allgemeinen Neudefinition der EU-Beihilfen und der Bedingungen für die Umsetzung der verschiedenen Aspekte der europäischen Umweltpolitik erfolgen kann; ist jedoch der Auffassung, dass es wünschenswert gewesen wäre,

eine umfassende Bilanz der Beihilfen der Gemeinschaft für die Umwelt zu erstellen, und zwar anhand einer Bewertung des Nutzens und der Auswirkungen der einzelnen Finanzhilfen im Hinblick auf ihre jeweiligen spezifischen Ziele und die allgemeinen Ziele der aufeinander folgenden Umweltaktionsprogramme der Gemeinschaft;

eine Bewertung des europäischen Mehrwerts der Projekte vorzunehmen, die durch diese verschiedenen Programme finanziert werden (die unmittelbar von der GD Umwelt verwalteten Programme einerseits und andererseits die Programme, die in andere Finanzierungsinstrumente der Gemeinschaft integriert wurden); außerdem wäre eine Bewertung der Kohärenz dieser Projekte mit den von der GD ENVI geförderten Projekten sinnvoll;

1.2

ist der Auffassung, dass die Europäische Kommission begleitend zu ihrem Vorschlag für eine Verordnung über LIFE+ eine Vor-Ort-Analyse des Finanzierungsbedarfs im Zusammenhang mit der Umsetzung der verschiedenen Prioritäten der EU-Umweltpolitik hätte durchführen müssen; ferner hätte sie eine Bewertung dieser Beihilfen im Hinblick auf das Subsidiaritätsprinzip vornehmen müssen;

1.3

begrüßt die Bemühungen der Europäischen Kommission um Vereinfachung durch den Vorschlag der Schaffung eines Einzelinstruments, unterstreicht jedoch, dass es derzeit schwierig ist, die tatsächlichen Möglichkeiten zur Finanzierung von Umweltprojekten mittels der verschiedenen Finanzierungsinstrumente, die für den Zeitraum 2007-2013 zur Verfügung stehen werden, zu ermitteln und zu ermessen, wie die unterschiedlichen Finanzhilfen koordiniert werden sollen, um die verschiedenen Prioritäten und Modalitäten der Gemeinschaftsförderung abzudecken;

1.4

nimmt zur Kenntnis, dass Projekte, die bislang über die Komponenten LIFE-Umwelt (Projekte aus dem Bereich Industrie/Umwelt) und LIFE-Drittländer finanziert werden konnten, für eine Finanzierung über LIFE+ nicht mehr in Frage kommen werden und fordert, dass ein speziell der Umwelt gewidmeter Teilbereich in den Programmen „Wettbewerbsfähigkeit und Innovation“ und „Nachbarschaftsinstrument“ eingerichtet wird und dort beibehalten wird, sodass die genannten Projekte im Zeitraum 2007-2013 über diesen Bereich finanziert werden können;

1.5

ist der Ansicht, dass sämtliche vorstehend genannten Faktoren eine notwendige Voraussetzung für die Formulierung von Vorschlägen für die Inhalte und Finanzierungsmodalitäten von Projekten sind, die mit den Grundzügen der europäischen Umweltpolitik (und den Tätigkeiten der Europäischen Umweltagentur) im Einklang stehen; werden diese Aspekte nicht berücksichtigt, wird der Vorschlag für eine Verordnung über LIFE+ wohl eher als Produkt eines schwer durchschaubaren Finanz-Engineerings wahrgenommen, und die Projektträger werden nicht in der Lage sein, die Prioritäten der Gemeinschaft klar zu erkennen und genau abzuschätzen, welche Möglichkeiten zur Einbeziehung ihrer Initiativen bestehen;

1.6

warnt davor, dass im Entwurf für LIFE+ nur noch Studien, Konzepte und Planungen förderfähig sind und konkrete Umsetzungsmaßnahmen nicht mehr aus Mitteln des LIFE-Programms finanziert werden können. Die von der Kommission angestrebte Bündelung aller Förderschwerpunkte (Strukturfonds und Fonds für die ländliche Entwicklung) führt zu dem Nachteil, dass ökologische Vorhaben mit anderen Aufgabenstellungen in Konkurrenz treten müssen.

2.   Inhalt und Durchführungsmodalitäten von LIFE+

Der Ausschuss der Regionen

2.1

zeigt sich besorgt über den von der Europäischen Kommission geäußerten Wunsch, die Programmplanung sowie die Haushaltsvollzugsaufgaben im Zusammenhang mit LIFE+ zu einem erheblichen Teil (75 bis 80 % des Gesamtbudgets des Instruments) auf die einzelnen Mitgliedstaaten zu übertragen, ohne dass die Umstände und Modalitäten dieser „Dezentralisierung“ jedoch im Wortlaut des Vorschlags festgelegt werden;

2.2

warnt davor, dass das Bemühen um Vereinfachung und Flexibilität, das dem Verordnungsvorschlag zugrunde liegt, nicht in eine Renationalisierung der Umweltpolitik der Gemeinschaft münden darf; stellt weiterhin fest, dass hiermit zum ersten Mal ein wichtiges Unterstützungsprogramm für einen maßgeblichen Politikbereich der Kommission auf diese Weise „nationalisiert“ wird, obwohl keine Notwendigkeit dazu besteht, da bereits EU-Mittel für die Durchführung lokaler Umweltprojekte bereitgestellt werden;

2.3

hält es nicht für angebracht, dass sämtliche Rahmenelemente der geförderten Maßnahmen in einem mehrjährigen strategischen Programm und in jährlichen Arbeitsprogrammen festgelegt werden sollen und weist diesbezüglich darauf hin, dass die Einzelheiten der Finanzierung (Höhe der Beihilfen, förderfähige Maßnahmen und Kriterien für die Zuerkennung der Förderfähigkeit) in dem Verordnungsvorschlag nicht genauer geregelt sind;

2.4

fordert, dass das Konzept des europäischen Mehrwerts klar definiert wird, und bittet um Klarstellung hinsichtlich der Frage, wie dieses Ziel in der Art der Projekte, die durch LIFE+ gefördert werden sollen, zum Ausdruck kommen soll und wie es bei deren Auswahl sowie im Hinblick auf andere EU-Beihilfen, die möglicherweise ebenfalls in Anspruch genommen werden, berücksichtigt werden soll; unterstreicht in diesem Zusammenhang die Notwendigkeit, eine Reihe objektiver Kriterien festzulegen und die Möglichkeit von Anpassungen in Bezug auf den eindeutigen europäischen Mehrwert zu prüfen;

2.5

stellt fest, dass in Titel 3 der Begründung des Vorschlags das Bestreben geäußert wird, LIFE+ zu einem vereinfachten und angemessenen Instrument zu machen, und wünscht, dass streng darauf geachtet wird, dass zwischen den fünf Hauptförderbereichen ein ausgewogenes Verhältnis gewahrt wird, denn unabhängig von jeglichen Haushaltserfordernissen darf das Instrument LIFE+ nicht zum alleinigen Werkzeug eines einzelnen Teilbereichs der EU-Umweltpolitik werden; hierfür ist nicht nur im Rahmen der beiden auf Gemeinschaftsebene vorgesehenen Mehrjahresprogramme (2007-2009 und 2010-2013) gewissenhaft Sorge zu tragen, sondern gegebenenfalls auch im Rahmen der einzelstaatlichen Programme;

2.6

fordert die Kommission daher auf, zu prüfen, ob die Einführung einer Mindestmittelbindung für jeden einzelnen Hauptförderbereich machbar ist und welche Auswirkungen dies hätte;

2.7

bringt seine große Besorgnis hinsichtlich der Frage zum Ausdruck, ob die Prioritäten und Finanzierungsmöglichkeiten bestimmter Projekte — insbesondere die Finanzierung des Aufbaus und der Erhaltung der NATURA-2000-Gebiete und des Netzes NATURA 2000 sowie Projekte zur Verbesserung des ökologischen Zustandes von Oberflächengewässern — beibehalten werden können; ist der Auffassung, dass die im Rahmen der Finanziellen Vorausschau 2007-2013 vorgesehenen Finanzierungsinstrumente keine angemessene Umsetzung des Netzes gewährleisten, und bittet die Kommission, die Zusammenhänge klarzulegen und eindeutige Angaben über die Haushaltsmittel zu machen, die in den anderen, neben LIFE+ bestehenden Finanzierungsinstrumenten (EFLL, EFRE) (fest) verfügbar sind und die zur Finanzierung dieser Projekte herangezogen werden sollten;

2.8

bittet die Kommission insbesondere, den für LIFE+ vorgesehenen finanziellen Rahmen von jährlich 300 Mio. Euro signifikant zu erhöhen, um den verschiedenen Anforderungen gerecht werden zu können, und einen Mindestprozentsatz für die Umsetzung des Netzes NATURA 2000 vorzusehen;

2.9

betrachtet den Maßnahmenbereich der Komponente „Umsetzung und gute Verwaltungspraxis“ kritisch, der u.a. auf den Ausbau der „Wissensbasis“ im Hinblick auf die Entwicklung und Umsetzung der Umweltpolitik abzielt; ohne in Frage stellen zu wollen, dass diese Notwendigkeit besteht, scheinen diese Aufgaben vorrangig in den Tätigkeitsbereich der Europäischen Umweltagentur (EUA) zu fallen;

2.10

fordert die Europäische Kommission daher auf, die in diesem Rahmen angestrebten Maßnahmen präziser zu definieren und genauer festzulegen, wie sie mit den Initiativen und dem Haushalt der EUA koordiniert werden sollen.

3.   Rolle der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften bei der Umsetzung von LIFE+

Der Ausschuss der Regionen

3.1

vertritt die Auffassung, dass die Ausgaben, die im Rahmen der nächsten Finanziellen Vorausschauen für Umweltverbesserungen vorgesehen sind, ausreichen müssten, um die Wirksamkeit, Wirtschaftlichkeit und Komplementarität von EU-Maßnahmen zu gewährleisten und so eine Hebelwirkung auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene zu erzielen; unterstreicht, dass der Großteil dieser Ausgaben von der regionalen und lokalen Ebene bestritten wird und dass den regionalen und lokalen Gebietskörperschaften eine maßgebliche Rolle bei der Finanzierung dieser Maßnahmen zukommt;

3.2

ist der Ansicht, dass LIFE+ jedoch mehr sein muss als ein reines Begleitinstrument für diese Maßnahmen, nämlich — genau wie die über das bestehende LIFE-Instrument finanzierten Projekte — ein Finanzierungsinstrument, mit dem vor allem Initiativen gefördert werden, die einen besonderen europäischen Mehrwert im Bereich der Umweltpolitik der Gemeinschaft aufweisen;

3.3

misst der Mitwirkung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Entwicklung und Umsetzung der Finanzierungsprogramme im Umweltbereich große Bedeutung bei; befürchtet jedoch, dass diese Rolle in dem Verordnungsvorschlag — trotz des Bestrebens der Kommission, die Programmplanung und Verwaltung von LIFE+ stark zu dezentralisieren — nicht klar und ausdrücklich festgeschrieben wird;

3.4

ist der Auffassung, dass bestimmte Bedingungen für die Umsetzung des Instruments LIFE+ einer Präzisierung in Bezug auf die Modalitäten bedürfen, anhand derer LIFE+ einen Mechanismus für die Mitfinanzierung durch Mitgliedstaaten, regionale oder lokale Behörden sowie sonstige öffentliche und private Stellen bieten soll; betont in diesem Zusammenhang, wie schwierig es ist, von verschiedenen Akteuren — insbesondere aus dem privaten Sektor — auf rein freiwilliger Basis Finanzmittel für wenig einträgliche Umweltprojekte aufzubringen;

3.5

fordert in diesem Zusammenhang die Ermittlung flexibler Methoden der partnerschaftlichen Zusammenarbeit und die Entwicklung eines auf einem dreigliedrigen Modell beruhenden Ansatzes; hierbei geht es um auf vertraglich geregelten Tätigkeiten beruhende Methoden zur Beteiligung der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften an der Verwirklichung der politischen Ziele, um die Effizienz von Implementierungsmechanismen zu steigern.

Brüssel, den 14. April 2005

Der Präsident

des Ausschusses der Regionen

Peter STRAUB


(1)  ABl. C 357 vom 14.12.2001, S. 44.