28.9.2004   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 241/58


Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge“

(KOM(2003) 448 endg. — 2003/0175 (COD))

(2004/C 241/16)

Der Rat beschloss am 12. September 2003, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 71 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu folgender Vorlage zu ersuchen: „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge“.

Die mit den Vorarbeiten beauftragte Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft nahm ihre Stellungnahme am 10. Mai 2004 an. Berichterstatter war Herr SIMONS.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 409. Plenartagung am 2./3. Juni 2004 (Sitzung vom 3. Juni) mit 109 gegen 82 Stimmen bei 7 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme:

1.   Einleitung

1.1

Am 23. Juli 2003 hat die Kommission einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG, der so genannten „Eurovignette-Richtlinie“, angenommen.

1.2

Mit diesem Vorschlag kommt die Kommission einer Aufforderung des Europäischen Rates vom 12./13. Dezember 2002 bzw. 20./21. März 2003 nach, bis spätestens Ende des ersten Halbjahres 2003 einen Vorschlag für eine „neue Richtlinie für die Eurovignette“ vorzulegen.

1.3

Mit ihrem Vorschlag entspricht die Kommission aber auch einem Anliegen des Europäischen Parlaments, das bei der Annahme des Berichts zu den Schlussfolgerungen des Weißbuchs am 12. Februar 2003 die Notwendigkeit einer Tarifierung der Infrastrukturen bekräftigt hat.

1.4

Deswegen zielt der Kommissionsvorschlag vor allem darauf ab, zu einer besseren Anlastung der Infrastrukturbenutzungsgebühren an die Benutzer zu gelangen. Der Grundsatz, dass der Benutzer die Kosten bezahlt, die er verursacht, kann bei der vorgeschlagenen Regelung besser in die Praxis umgesetzt werden als bei der Eurovignette-Richtlinie, weil das vorgeschlagene Tarifsystem die Möglichkeit bietet, die Entgelte nach Fahrzeugkategorie, Zeitpunkt und Ort der Infrastrukturnutzung zu differenzieren.

1.5

Mit der vorgeschlagenen Richtlinie wird ausdrücklich nicht bezweckt, die Steuer- und Abgabenbelastung im Verkehrssektor zu erhöhen, sondern einen besseren Einblick zu gewinnen, dergestalt dass die Kosten je nach Benutzungssituation sich genauer in der Tarifgestaltung widerspiegeln.

1.6

In dieser Phase beschränkt sich die Kommission darauf, für die Benutzung der Straßenverkehrsinfrastruktur durch Schwerlastkraftwagen Gebühren vorzusehen. Sie behält sich indes das Recht vor, in einem späteren Stadium auch Vorschläge in Form sektorieller Richtlinien über die Infrastrukturbenutzung im Luftverkehr, in der Binnenschifffahrt und im Seeverkehr zu unterbreiten und möchte es lieber den Mitgliedstaaten und Großstädten anheim stellen, für Pkw ein eigenes Bepreisungskonzept zu entwickeln.

1.7

Was den Schienenverkehr angeht, führt die Kommission an, dass die Tarifierung von Infrastruktureinrichtungen bereits in das Maßnahmenpaket für den Schienenverkehr aufgenommen wurde.

2.   Allgemeine Bemerkungen

2.1

Der Ausschuss befürwortet den Vorschlag der Kommission, die „Eurovignette-Richtlinie“ 1999/62/EG über die Erhebung von Gebühren für die Benutzung bestimmter Verkehrswege durch schwere Nutzfahrzeuge zu ändern, weil dadurch der Grundsatz, dass der Benutzer die Kosten bezahlt, die er durch seine Benutzung der Infrastruktur verursacht, besser in die Praxis umgesetzt werden kann.

2.2

Ein positiver Nebeneffekt der vorgeschlagenen Richtlinienänderung besteht nach Ansicht des Ausschusses darin, dass versucht wird, der Vielfalt an unterschiedlichen Bepreisungssystemen, die in den Mitgliedstaaten eingeführt werden oder bereits gelten, ein Ende zu bereiten.

2.3

Mit ihrem Vorhaben, mittels einer einzigen Änderungsrichtlinie zu der Richtlinie 1999/62/EG sechs verschiedene Probleme gleichzeitig zu lösen, nimmt sich die Kommission nach Meinung des Ausschusses zu viel vor. Und zwar geht es um folgende Probleme:

den unzureichenden Beitrag im Ausland zugelassener Fahrzeuge zu den Infrastrukturkosten in einigen Mitgliedstaaten,

die Vielfalt unterschiedlicher einzelstaatlicher Entgeltsysteme, die es derzeit in der EU gibt und die nicht auf gemeinschaftlichen Grundsätzen basieren,

die Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur,

die Einbeziehung der Staukosten,

die Einrechnung der Kosten von Verkehrsunfällen,

die Anlastung der Umweltkosten.

2.4

Es wäre das erste Mal, dass ein so ehrgeiziges Unterfangen gelänge. Dies erscheint nun um so utopischer, als die Berechnungen für die drei letzten Ziele ohnehin schon voneinander abweichen und einen ganz anderen Ansatz erfordern als bei den ersten drei Zielen.

2.5

Wie der Ausschuss auch in seiner Stellungnahme (1) zum Weißbuch KOM(1998) 466 endg. ausgeführt hat, kann nach seinem Dafürhalten das Verursacherprinzip erst dann angewandt werden, wenn genaue Erkenntnisse über den relativen Stellenwert der verschiedenen Kostenfaktoren vorliegen und gleiche Ausgangsbedingungen für alle Verkehrsarten herrschen. Außerdem muss vor der Einführung dieses Verursacherprinzips Klarheit bestehen über die Ertragsneutralität und deren konkrete Ausgestaltung. Der Ausschuss sieht hier gewaltige Probleme voraus, da die naheliegende Ausgleichsmöglichkeit — sprich die teilweise oder völlige Abschaffung der Kfz-Steuer — sich in vielen Mitgliedstaaten als nicht ausreichend erweisen wird, jedenfalls nicht, solange der vorgeschriebene EU-Mindestsatz gilt.

2.6

Hinzu kommt, dass sich an dem heutigen Mosaik an einzelstaatlichen Regelungen und Systemen, wenn auch mit einem anderen Tarifbildungskonzept, nichts ändert.

2.7

Der Kommissionsvorschlag beinhaltet einen Regelungsrahmen, der es den Mitgliedstaaten ermöglicht, ein Tarifsystem für die Bepreisung der Infrastrukturnutzung durch Kraftfahrzeuge eines höchstzulässigen Gesamtgewichts von über 3,5 Tonnen einzuführen. Dies stellt eine Erweiterung des Anwendungsbereichs gegenüber der derzeitigen Regelung dar. Bei der derzeitigen Eurovignette-Richtlinie liegt die Untergrenze nämlich bei 12 Tonnen. Da verkehrsbezogene Kosten wie etwa Kosten im Zusammenhang mit der Sicherheit, der Verkehrsüberlastung und Lärmschutzmaßnahmen als Argumente in den Richtlinienvorschlag einbezogen wurden und diese Kosten auch den Verkehr von Pkw und Klein-Lkw unter 3,5 Tonnen betreffen, müssten eigentlich auch diese Fahrzeugkategorien unter den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen. Genau diese Feststellung trägt die Kommission ja mit vielen Worten auch in ihrem Weißbuch „Die europäische Verkehrspolitik bis 2010: Weichenstellungen für die Zukunft“ aus dem Jahre 2001 vor. Obgleich es zahlreiche Änderungsvorschläge der Kommission gibt, die eine starke Erweiterung des Geltungsbereichs der bestehenden Regelung beinhalten, und von daher eigentlich nichts dagegen spräche, die Richtlinie auf den Pkw- und Klein-Lkw-Verkehr auszudehnen, möchte sich der Ausschuss der Haltung der Kommission nicht versagen, die es den Mitgliedstaaten und den Großstädten anheim stellt, ihr eigenes Bepreisungskonzept zu entwickeln. Die vorgeschlagene Änderungsrichtlinie ist folglich kein Anlass, um diese Verkehrsart, sprich aus der Sicht des EWSA sowohl Pkw als auch Klein-Lkw von weniger als 3,5 Tonnen, in den Anwendungsbereich der Richtlinie aufzunehmen.

2.8

Wenn die Kommission bei ihrer Idee bleibt, dass für ein ordnungsgemäßes Funktionieren des Binnenmarktes ein Infrastrukturbenutzungsentgelt lediglich für Lkw und nicht etwa auch für Pkw ausreicht, wäre es eigentlich nur logisch, die derzeitige Gewichtsuntergrenze von 12 Tonnen bei Lkw beizubehalten. Der Anteil an leichten Lkw am grenzüberschreitenden Verkehrsaufkommen ist nämlich — wie die Kommission u. a. in der Begründung zu ihrem Richtlinienvorschlag selbst ausführt — dermaßen gering, dass die Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts, genau wie bei Pkw, zu vernachlässigen sind.

2.9

Der Ausschuss befürwortet den Ansatz, dass jeder Benutzer die Kosten zu tragen hat, die er verursacht, sofern — wie in Ziffer 2.4 dargelegt — genaue Erkenntnisse über den relativen Stellenwert der verschiedenen Kostenfaktoren vorliegen. Er kann auch nachvollziehen, dass der Schwertransport als erste Verkehrsart des Verkehrsträgers Straße mit einem solchen Regelungsrahmen konfrontiert wird. Er ist jedoch grundsätzlich der Auffassung, dass dasselbe auch für die anderen Straßenverkehrsformen und die anderen Verkehrsträger gelten sollte.

2.10

Der Vorschlag der Kommission lässt die Option anderer Entgelte als der Eurovignette oder Mautsystemen unangerührt. Es bleibt den Mitgliedstaaten überlassen, ob sie sich für Mautsysteme oder ein System von Benutzungsentgelten entscheiden. Diese Wahlmöglichkeit ist nach Einschätzung des Ausschusses der Transparenz nicht zuträglich. Außerdem ist es nach Meinung des Ausschusses eine Grundvoraussetzung, dass die Erhebungssysteme interoperabel sind.

2.11

Der Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie erstreckt sich auf das transeuropäische Straßennetz sowie andere, in unmittelbarer Autobahnnähe gelegene Teilstücke des Hauptverkehrsstraßennetzes. Auch Nebenstraßen, die nicht unbedingt für ein gutes Funktionieren des Binnenmarktes relevant zu sein brauchen, können mit Mautgebühren oder Benutzungsentgelten belegt werden, wenngleich in diesem Fall die Bepreisung nicht den Bestimmungen der vorgeschlagenen Richtlinie unterliegt. Der Ausschuss ist sich darüber im Klaren, dass die vorgeschlagene Änderungsrichtlinie (in Artikel 7) es den Mitgliedstaaten im Sinne des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht verbietet, auf anderen Straßen Mautgebühren/Benutzungsentgelte zu ergeben. Dies hält der Ausschuss für durchaus in Ordnung, da vor allem in den demnächst beitretenden Staaten das Hauptverkehrsstraßennetz noch nicht sehr weit ausgebaut ist. Allerdings müssen die betreffenden Staaten die geltenden Rechtsvorschriften und die bisherige Politik beachten.

2.12

In ihrem Vorschlag stellt die Kommission einen unmittelbaren Zusammenhang her zwischen den einzuführenden Benutzungsentgelten und Investitionen in und die Instandhaltung von Verkehrsinfrastruktur. Damit möchte die Kommission vermeiden, dass die Mitgliedstaaten die eingenommenen Benutzungsgebühren dazu verwenden, die Staatskasse zu füllen. Der Kommissionsvorschlag enthält aber auch Vorschriften über die Methode für die Berechnung des Benutzungsentgelts. Der Ausschuss kann sich diesem Ansatz anschließen, weil die Benutzer einer bestimmten Infrastruktur wissen, dass das von ihnen entrichtete Benutzungsentgelt Investitionen in diese Infrastruktur zugute kommt.

2.13

In ihrer Vorlage sieht die Kommission vor, dass in bestimmten Ausnahmefällen die Mautgebühren unter strengen Voraussetzungen und nach vorheriger Konsultation der Kommission um bis zu max. 25 % erhöht werden können, um die Investitionskosten für neue Infrastruktur von hohem europäischen Interesse im gleichen Korridor und der gleichen Verkehrsregion in besonders sensiblen Gebieten zu bestreiten. Nach Meinung des Ausschusses sollte von dieser Möglichkeit mit tunlichster Zurückhaltung Gebrauch gemacht werden und keine einzige Verkehrsinfrastruktur von vornherein von dieser Möglichkeit ausgeschlossen werden. Um allerdings sicher zu sein, dass das Projekt, für das höhere Mautgebühren erhoben werden, auch tatsächlich verwirklicht wird, sollte vorgesehen werden, dass diese Einnahmen auf ein EU-Konto zu hinterlegen sind und erst nach Vollendung des Projekt zinslos dem betreffenden Mitgliedstaat überwiesen werden.

2.14

Und schließlich soll dem Kommissionsvorschlag zufolge in jedem Mitgliedstaat eine Infrastrukturaufsichtsbehörde eingerichtet werden, die darüber wacht, dass gemeinschaftsweit eine ordnungsgemäße Kostenzuschreibung und Verwendung der Einnahmen aus Mautgebühren und Benutzungsentgelten stattfindet. Der Ausschuss befürwortet die Einrichtung einer solchen unabhängigen einzelstaatlichen Stelle, die angesichts der gemeinschaftlichen Aufgabe laut Vertrag der Aufsicht der Kommission unterliegt.

2.15

Deutlichkeitshalber müsste in den Erwägungsgründen des Vorschlags zur Änderung der Richtlinie 1999/62/EG eigens festgehalten werden, dass die Mitgliedstaaten unabhängig davon, für welches Entgeltsystem oder Aufsichtsorgan sie sich entscheiden, auch in Zukunft für die Vorhaltung eines angemessenen Straßennetzes verantwortlich sind. Die Instandhaltung und Wartung der Verkehrsinfrastruktur bleibt auch weiterhin eine Hauptaufgabe des Staates.

3.   Besondere Bemerkungen

3.1

Dem Kommissionsvorschlag zufolge müssen sich die Benutzungsentgelte an den Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes orientieren. Als Baukosten sind dabei ausschließlich die Kosten anzusehen, die mit der Schaffung neuer Infrastrukturen im Zusammenhang stehen. Darunter sind laut dem Kommissionsvorschlag Infrastrukturen zu verstehen, die nicht älter sind als 15 Jahre. Auf diese Weise möchte die Kommission verhindern, dass möglicherweise auch bereits vorhandene Infrastruktureinrichtungen, deren Kosten bereits gedeckt sind, dem Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie zugerechnet werden. Der Ausschuss hält dies für eine sehr vernünftige Altersgrenze und somit einen richtigen Ansatz.

3.2

Zu den Investitionskosten zählen laut dem Kommissionsvorschlag vor allem die zur Verringerung der Lärmbelästigung bestimmten Infrastrukturkosten, beispielsweise das Aufstellen von Lärmschutzwänden am Straßenrand. Der Ausschuss möchte darauf hinweisen, dass die mit Lärmbelastung in Zusammenhang stehenden Kosten, sprich die Kosten für Aufstellung von Lärmschutzwänden, zu einem großen Teil von Fahrzeugkategorien verursacht werden, die nicht unter die vorgeschlagene Richtlinie fallen. Deswegen muss eine gerechte Zuschreibung der Kosten für die Aufstellung von Lärmschutzwänden an die verschiedenen Kategorien von Straßenverkehrsinfrastrukturnutzern erfolgen.

3.3

Was die nicht gedeckten Unfallkosten angeht, schlägt die Kommission vor, bei der Gebührenberechnung einen Faktor der nicht durch Versicherungen gedeckten Kosten zu berücksichtigen. Dies ist zwar von der Theorie her durchaus richtig, aber nach Einschätzung des Ausschusses in der Praxis wegen der Berechnung indirekter Auswirkungen, wie etwa Schmerzensgeldleistungen, innewohnenden Unschärfen ein schwieriges Unterfangen. In der Praxis ist momentan die Situation so, dass die Versicherungsgesellschaften beispielsweise nur selten die Versicherungskosten zurückerstatten.

Um ein geeignetes Konzept für die Ermittlung der Kosten von Verkehrsunfällen entwickeln zu können, müssen nach Meinung des Ausschusses die Ursachen von Verkehrsunfällen erforscht werden. In diesem Zusammenhang verweist der Ausschuss auf seine Stellungnahme zu der Mitteilung der Kommission betreffend die Halbierung der Zahl der Unfallopfer im Straßenverkehr in der Europäischen Union bis 2010 (2).

3.4

Die den Mitgliedstaaten im Richtlinienvorschlag eingeräumte Möglichkeit der Einbeziehung eines Verkehrsüberlastungsfaktors als Parameter für die Berechnung des Infrastrukturbenutzungsentgelts, ist abgesehen davon, dass eine Definition des Begriffs „Verkehrsüberlastung“ fehlt, auch von daher ungerecht, als die Verkehrsüberlastung vor allem vom Pkw-Verkehr verursacht wird.

3.5

Der Ausschuss unterschreibt den Ausgangspunkt des Kommissionsvorschlags, dass die Gesamtkostenbelastung des Straßenverkehrssektors durch die geänderte Richtlinie nicht zunehmen darf, ist allerdings der Ansicht, dass die teilweise oder völlige Abschaffung der Kfz-Steuer nicht ausreicht, um Steuerneutralität zu gewährleisten. Deshalb müsste als logische Konsequenz auch eine Senkung der Verbrauchsteuer für Dieselkraftstoff als Möglichkeit vorgesehen werden.

3.6

Auch mit der den Mitgliedstaaten eingeräumten Möglichkeit der Differenzierung der Benutzungsentgelte nach Umweltfreundlichkeit des Fahrzeugs (Euro-Norm-Einstufung) und der von den Fahrzeugen ausgehenden Straßenschäden ist der Ausschuss einverstanden.

3.7

Und schließlich teilt der Ausschuss voll und ganz das Anliegen der Kommission, zu einer einheitlichen Infrastrukturbepreisungsmethode zu gelangen und dadurch der Vielfalt an unterschiedlichen Maut- und Benutzungsgebührensystemen ein Ende zu bereiten.

4.   Zusammenfassung und Schlussfolgerungen

4.1

Der Ausschuss begrüßt die Initiative der Kommission, auf die praktische Anwendung des Grundsatzes hinzuwirken, dass der Infrastrukturnutzer die Kosten für die Inanspruchnahme der Infrastruktur trägt.

4.2

Er ist jedoch der Auffassung, dass die Kommission sich mit ihrem Vorhaben, mittels einer einzigen Änderungsrichtlinie zu der Richtlinie 1999/62/EG sechs verschiedene Probleme gleichzeitig zu lösen, zu viel vornimmt.

4.3

In seiner Stellungnahme zum Weißbuch KOM(1998) 466 endg. hat der Ausschuss bereits geäußert, dass das Verursacherprinzip erst dann angewandt werden kann, wenn genaue Erkenntnisse über den relativen Stellenwert der verschiedenen Kostenfaktoren vorliegen und gleiche Ausgangsbedingungen für alle Verkehrsarten herrschen.

4.4

Einer der Ausgangspunkte des Kommissionsvorschlags besteht darin, dass die Bepreisung der Benutzung von Infrastruktureinrichtungen nicht zur Einführung neuer bzw. höherer Steuern und Abgaben führen darf. Deshalb schlägt die Kommission vor, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit einzuräumen, durch die völlige oder teilweise Abschaffung der Kfz-Steuer einen Ausgleich zu gewähren. Hierzu merkt der Ausschuss an, dass viele EU-Mitgliedstaaten bei der Kfz-Steuer aber bereits (nahe) an der EU-Untergrenze angelangt sind und deswegen auf diese Weise keine hinreichenden Ausgleichsmöglichkeiten geboten werden können. Steuerneutralität kann nur dann gewährleistet werden, wenn im Bedarfsfalle auch die Verbrauchsteuer auf Dieselkraftstoffe gesenkt werden kann.

4.5

In diesem Zusammenhang stellt der Ausschuss fest, dass die derzeitige Vielfalt an einzelstaatlichen Regelungen und Systemen auch bei der neuen Regelung bestehen bleibt, weswegen das Ziel, zu einer einheitlichen Tarifierungsmethode für die Infrastrukturbenutzung zu gelangen, leider nicht erreicht wird.

4.6

Die Kommission ist nach Meinung des Ausschusses in ihrer Argumentation nicht konsequent, wenn sie auf der einen Seite eine Senkung der Gewichtsuntergrenze, ab der für Fahrzeuge Infrastrukturbenutzungsentgelte anfallen, auf 3,5 Tonnen vorsieht, aber auf der anderen Seite zwar Faktoren wie Staukosten, Unfallkosten und Umweltkosten in ihren Vorschlag einbezieht, aber Pkw, auf deren Konto zumal die letztgenannten Kosten in der Hauptsache gehen, außerhalb des Anwendungsbereichs der vorgeschlagenen Richtlinie belässt.

4.7

In ihrem Vorschlag stellt die Kommission einen unmittelbaren Zusammenhang her zwischen den einzuführenden Benutzungsgebühren und Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Die betreffenden Einnahmen müssen in irgendeiner Weise wieder dem Sektor zufließen, in dem sie erhoben wurden, und dürfen nicht etwa dazu verwendet werden, den Staatssäckel zu füllen. Der Ausschuss ist mit diesem Ansatz der Kommission einverstanden.

4.8

Die Benutzungsentgelte im Straßenverkehr müssen sich nach Darstellung der Kommission an den Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes orientieren. Als Baukosten sind ausschließlich die Kosten anzusehen, die mit der Schaffung neuer Infrastrukturverbindungen im Zusammenhang stehen. Als neue Infrastrukturverbindungen sind in diesem Zusammenhang Infrastrukturen zu verstehen, die nicht älter sind als 15 Jahre. Der Ausschuss hält dies für einen vernünftigen Ansatz, um zu verhindern, dass bereits vorhandene Infrastruktureinrichtungen, deren Kosten bereits gedeckt sind, erneut in Rechnung gestellt werden.

4.9

Die Kommission sieht in ihrem Vorschlag die Möglichkeit vor, dass Einnahmen aus (um maximal 25 %) erhöhten Mautgebühren unter strengen Bedingungen dazu verwendet werden dürfen, die Investitionskosten für neue Verkehrsinfrastrukturen von hohem europäischen Interesse im gleichen Korridor oder in der gleichen Verkehrsregionen in besonders sensiblen Gebieten zu bestreiten. Nach Meinung des Ausschusses muss von dieser Möglichkeit mit tunlichster Zurückhaltung Gebrauch gemacht werden und ohne irgendeine Verkehrsinfrastruktur von vornherein auszuschließen. Wird diese Möglichkeit tatsächlich in Anspruch genommen, dann müssen die betreffenden Einnahmen allerdings bis zur Fertigstellung des betreffenden Projekts auf einem EU-Konto hinterlegt werden.

4.10

Mit dem Anwendungsbereich des Kommissionsvorschlags, sprich das transeuropäische Straßennetz und in unmittelbarer Autobahnnähe gelegene Teilstücke des Hauptverkehrsstraßennetzes, sowie — wenn auch außerhalb des eigentlichen Geltungsbereichs — auch Nebenstraßen, die für ein gutes Funktionieren des Binnenmarktes nicht relevant sind, und dem Vorschlag, in jedem Mitgliedstaat eine Infrastrukturaufsichtsbehörde einzurichten, um eine ordnungsgemäße Kostenzuschreibung und Verwendung der Einnahmen aus Mautgebühren und Benutzungsentgelten zu gewährleisten, ist der Ausschuss einverstanden.

4.11

Und schließlich kritisiert der Ausschuss, dass Staukosten, Unfallkosten und Umweltkosten als Kostenfaktoren in den Richtlinienvorschlag einbezogen werden, da diese Kosten jeweils überwiegend durch Pkw verursacht werden, eine Fahrzeugklasse, die aber nicht unter diese Richtlinie fällt, dass keine eingehende Analyse der Unfallursachen vorgenommen wird und im Kommissionsvorschlag eine Definition des Begriffs sensible Gebiete fehlt.

Brüssel, den 3. Juni 2004

Der Präsident

des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Roger BRIESCH


(1)  Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Weißbuch der Kommission „Faire Preise für die Infra-strukturbenutzung: Ein abgestuftes Konzept für einen Gemeinschaftsrahmen für Verkehrsinfrastrukturgebühren in der EU“ (ABl. C 116 vom 28. April 1999).

(2)  Stellungnahme des EWSA, ABl. C 80 vom 30.03.2004, S. 77.


ANHANG

zu der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende Änderungsanträge, die mindestens ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen erhalten haben, wurden im Lauf der Beratungen abgelehnt (Artikel 39 Absatz 2 GO):

Ziffern 2.3, 2.4, 2.6, 2.7 und 2.8

Ziffern streichen und durch folgenden Text ersetzen:

„2.3

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass der Kommissionsvorschlag nicht weitreichend genug ist. Ein gerechtes und effizientes Preissystem sollte auch die Kosten für Infrastrukturen sowie die umweltrelevanten und sozialen Kosten berücksichtigen, die durch Straßenschäden, Umweltbeeinträchtigungen, Unfälle und Gesundheitsbelastung durch Verkehrsüberlastungen verursacht werden. Alle diese Kosten sollten auf wissenschaftlicher Grundlage bewertet werden. Deshalb sollte die Richtlinie eine gemeinsame Methode sowie einen Zeitplan für die Mitgliedstaaten zur Berücksichtigung aller externen Kosten bei der Berechnung der Straßenbenutzungsgebühren beinhalten. Denjenigen Mitgliedstaaten, die diese Anforderung bereits erfüllen, sollte eine sofortige Einbeziehung dieser Kosten gestattet werden. Ferner erhöht die Einbeziehung externer Verkehrskosten die Markteffizienz, sie stärkt die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und verringert Umweltverschmutzung und Infrastrukturüberlastungen.“

Begründung

Bei den Benutzungsentgelten sollen alle Kosten berücksichtigt werden: sowohl Investitionen und Erhaltungsaufwand einerseits, als auch die externen Kosten wie umweltrelevante und soziale Kosten andererseits. Einige Mitgliedstaaten haben diese Kosten bereits ermittelt. Ferner werden in der von der Europäischen Kommission finanzierten Studie „UNITE“ alle verfügbaren Beispiele aufgelistet. Sie kommt zum Schluss, dass zwar immer noch keine Einmütigkeit bezüglich der genauen Wertangaben besteht, jedoch über die zu Grunde liegenden Berechnungskonzepte und -methoden weitgehend Konsens besteht. Warum sollen all diese Kosten berücksichtigt werden? Weil wir denken, dass das Gemeinschaftsrecht den Grundsatz anwenden sollte, nachdem Verkehrsteilnehmer und Schadensverursacher zur Kasse gebeten werden.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

77

Nein-Stimmen

:

86

Stimmenthaltungen

:

9

Ziffer 2.12

Die beiden letzten Sätze streichen und durch folgenden Wortlaut ersetzen:

„Nach Auffassung des Ausschusses muss dieser Ansatz auf die gesamte Verkehrsinfrastruktur ausgedehnt werden. Einnahmen sollten nicht nur für den Straßenverkehr bestimmt sein, sie sollten auch zur Finanzierung nachhaltiger Verkehrsarten sowie zur verbesserten Anwendung der Sozialgesetzgebung für Arbeitnehmer in der Transportbranche verwendet werden können.“

Begründung

Sind alle Einkünfte für den Straßenverkehrssektor bestimmt, so wird dadurch eindeutig eine optimale Verwendung öffentlicher Mittel verhindert und kein Beitrag zu einem nachhaltigeren Verkehrssystem geleistet, wie dies aber im Weißbuch der Kommission zur europäischen Verkehrspolitik aus dem Jahr 2001 gefordert wird.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

86

Nein-Stimmen

:

89

Stimmenthaltungen

:

9

Ziffer 2.13

Die beiden letzten Sätze streichen und durch folgenden Wortlaut ersetzen:

„Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Möglichkeit, die Mautgebühren in sensiblen Regionen um bis zu maximal 25 % erhöhen zu können, bei weitem nicht ausreicht. Er schlägt deshalb vor, eine umfangreichere Erhöhung vorzusehen, damit die Infrastrukturkosten in sensiblen Gebieten gedeckt werden können.“

Begründung

Ergibt sich aus dem Text.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

86

Nein-Stimmen

:

99

Stimmenthaltungen

:

6

Ziffer 3.1

Diese Ziffer sollte folgendermaßen abgeändert werden:

„3.1

Dem Kommissionsvorschlag zufolge müssen sich die Benutzungsentgelte an den Kosten für Bau, Betrieb, Instandhaltung und Ausbau des betreffenden Verkehrswegenetzes orientieren. Als Baukosten sind dabei ausschließlich die Kosten anzusehen, die mit der Schaffung neuer Infrastrukturen im Zusammenhang stehen. Darunter sind laut dem Kommissionsvorschlag Infrastrukturen zu verstehen, die nicht älter sind als 15 Jahre. Auf diese Weise möchte die Kommission verhindern, dass möglicherweise auch bereits vorhandene Infrastruktureinrichtungen, deren Kosten bereits gedeckt sind, dem Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie zugerechnet werden. Der Ausschuss hält dies für eine sehr vernünftige Altersgrenze und somit einen richtigen Ansatz. Dem ist entgegenzuhalten, dass bei Straßenbauvorhaben langfristige Zeiträume zur Ausfinanzierung herangezogen werden. Eine derartige kurze Abschreibungsdauer würde somit einen Großteil der Kosten von bisherigen Projekten ausschließen und deshalb zu einer falschen Kostenbetrachtung führen. Der Ausschuss ist daher der Ansicht, dass die Staaten die Baukosten unabhängig vom Alter ihres Netzes und den Finanzierungsmodalitäten des Netzes berücksichtigen können.“

Begründung

Nicht alle Investitionskosten für Infrastrukturen, die vor mehr als 15 Jahren gebaut wurden, wurden bereits wieder hereingeholt.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

84

Nein-Stimmen

:

100

Stimmenthaltungen

:

1

Ziffern 3.2, 3.3, 3.4 und 3.5

Streichen

Begründung

Wenn man die Internalisierung der externen Kosten befürwortet, kann man mit diesen Textstellen nicht einverstanden sein.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

89

Nein-Stimmen

:

93

Stimmenthaltungen

:

3

Ziffer 4.2

Streichen und wie folgt ersetzen:

„4.2

Der Ausschuss ist der Auffassung, dass es der Kommission entgangen ist, eine gemeinsame Methodologie auf der Grundlage einer wissenschaftlichen Vorgehensweise sowie einen Zeitplan aufzustellen, um die externen Kosten im Zusammenhang mit der Nutzung der Straßeninfrastrukturen zu ermitteln“.

Begründung

Der Ansatz der Kommission erscheint nicht ehrgeizig genug.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

89

Nein-Stimmen

:

93

Stimmenthaltungen

:

3

Ziffer 4.6

Streichen und wie folgt ersetzen:

„4.6

Der Ausschuss ist der Ansicht, dass auch Nutzfahrzeuge unter 3,5 Tonnen, die für den Gütertransport eingesetzt werden, insbesondere für Kurier- und Eillieferungen, Benutzungsgebühren entrichten sollten.“

Begründung

Warum werden Pkw nicht aber Nutzfahrzeuge unter 3,5 Tonnen, etwa für Kurier- und Eillieferungen, genannt, die nebenbei gesagt für zahlreiche Unfälle verantwortlich sind?

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

89

Nein-Stimmen

:

93

Stimmenthaltungen

:

3

Ziffer 4.7

Nach dem ersten Satz den Wortlaut streichen und wie folgt ersetzen:

„Die Einnahmen sollten nicht nur in den Straßenverkehrssektor fließen. Sie sollten auch zur Finanzierung nachhaltiger Verkehrsträger sowie zur besseren Durchsetzung des Sozialrechts für im Straßenverkehr tätige Arbeitnehmer genutzt werden.“

Begründung

Siehe die Begründung zum Änderungsantrag betreffend Ziffer 2.12.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

89

Nein-Stimmen

:

93

Stimmenthaltungen

:

3

Ziffer 4.8

Diese Ziffer sollten durch folgenden Wortlaut ersetzt werden:

„4.8

Der Ausschuss ist daher der Ansicht, dass die Staaten die Baukosten unabhängig vom Alter ihres Netzes und den Finanzierungsmodalitäten des Netzes berücksichtigen können, da in der Praxis lange Zeiträume zur Ausfinanzierung herangezogen werden.“

Begründung

Siehe die Begründung zum Änderungsantrag betreffend Ziffer 3.1.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

89

Nein-Stimmen

:

93

Stimmenthaltungen

:

3

Ziffern 4.9, 4.10 und 4.11

Diese Ziffern sollten entfallen.

Begründung

Siehe die Begründung zum Änderungsantrag betreffend die Streichung der Ziffern 3.2 bis 3.4.

Ergebnis der Abstimmung:

Ja-Stimmen

:

89

Nein-Stimmen

:

93

Stimmenthaltungen

:

3