52003DC0615

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss - Governance in entwicklungsländern /* KOM/2003/0615 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN EUROPÄISCHEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS - GOVERNANCE IN ENTWICKLUNGSLÄNDERN

INHALTSVERZEICHNIS

1. Einleitung

2. Hauptthemen und Grundprinzipien des Governance-Dialogs

2.1. Armutsminderung

2.2. Eigenverantwortung der Partnerländer

2.3. Governance und politischer Dialog

2.4. Sicherheit

2.5. Klauseln über Menschenrechte und verantwortungsvolle Staatsführung: Konsultationsverfahren

2.6. Korruption

2.7. Migration

2.8. Sektorbezogene Konzepte und Mainstreaming

2.9. Haushaltshilfe

2.10. Handel

2.11. Der Unternehmenssektor

3. Derzeitige Praxis und Konzepte in Eigenverantwortung der Länder

4. Der Weg zu einem dynamischeren und aktiveren Konzept

4.1. Eine politische Governance-Agenda

4.2. Schwierige Partnerschaften

4.3. Szenarien nach Konflikten

4.4. Effektive Partnerschaften

5. Schlussfolgerungen

1. Einleitung

(1) Strukturen und Qualität der Regierungsführung ("Governance") sind wesentliche Faktoren des sozialen Zusammenhalts oder sozialen Konfliktes, des Erfolgs oder Scheiterns der wirtschaftlichen Entwicklung, des Erhalts oder der Verschlechterung der Umwelt sowie der Wahrung oder Verletzung von Menschenrechten und Grundfreiheiten. Diese Zusammenhänge finden in der internationalen Gemeinschaft breite Anerkennung und zeigen, wie entscheidend Governance für die Entwicklungspolitik ist.

(2) In der Millenniums-Erklärung der Vereinten Nationen ist davon die Rede, dass die Schaffung eines entwicklungsfreundlichen Umfelds und die Beseitigung der Armut unter anderem von verantwortungsvoller Regierungsführung innerhalb jedes Landes und auf internationaler Ebene sowie von der Transparenz der Finanz-, Währungs- und Handelssysteme abhängt. Im Rahmen des Konsenses von Monterrey vereinbarten die Staatschefs, dass verantwortungsvolles Regieren auf allen Ebenen wesentliche Voraussetzung einer nachhaltigen Entwicklung, eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums und der Beseitigung der Armut ist. Governance, Demokratisierung und Entwicklung sind in den allgemeinen Zielen der EU, die in den Verträgen, im Weißbuch "Regieren" [1] sowie in der Schlussfolgerungen des Rates vom Mai 2002 festgelegt sind, ebenfalls miteinander verknüpft. Außerdem hat die Kommission in den letzten Jahren eine Reihe von Mitteilungen und Strategiepapieren veröffentlich, die aus dem Blickwinkel der Governance relevant sind. [2]

[1] KOM (2001) 428 endg. vom 25.7.2001; Bericht der Kommission über Europäisches Regieren, KOM (2002) 705 vom 11.12.2002.

[2] Zum Beispiel die Mitteilung "Größeres Europa - Nachbarschaft: Ein neuer Rahmen für die Beziehungen der EU zu ihren östlichen und südlichen Nachbarn" (KOM (2003) 104 endg. vom 11. März 2003) sowie die Mitteilung "Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung" (KOM (2003) 294 endg. vom 21. Mai 2003).

(3) Governance ist eine zentrale Komponente der Strategien und Reformen zur Verringerung der Armut, zur Demokratisierung und zur Schaffung globaler Sicherheit. Deshalb ist "der Aufbau institutioneller Kapazitäten, insbesondere im Bereich des verantwortungsvollen Regierens und der Rechtsstaatlichkeit" einer der prioritären Bereiche für die EG-Entwicklungspolitik und wird im Rahmen von EG-Programmen in Entwicklungsländern aufgegriffen.

(4) Zwar liegt keine international vereinbarte Definition des Begriffs "Regierungsführung" (Governance) vor, doch hat das Konzept in der letzten zehn Jahren an Bedeutung gewonnen und die Entwicklungspartner haben ihre Arbeit auf diesem Gebiet ausgeweitet. Außerdem hat die Gemeinschaft in den letzten Jahren auf pragmatische Art und Weise eine Reihe von Programmen in diesem weit gefassten Bereich finanziert. Governance bezieht sich auf die Fähigkeit des Staates, im Dienst seiner Bürger zu handeln. Dieser weite Ansatz erlaubt eine konzeptuelle Unterscheidung zwischen Governance und anderen Themen wie Menschenrechten, Demokratie und Korruption. "Governance" bezieht sich auf die Regeln, Verfahren und das Verhalten, über die in einer Gesellschaft Interessen artikuliert, Ressourcen verwaltet werden und Macht ausgeübt wird. In diesem Zusammenhang geht es hauptsächlich um die Frage, wie die öffentliche Ämter ausgeübt, öffentliche Ressourcen verwaltet und öffentliche Regulierungsbefugnisse wahrgenommen werden. Der echte Wert des Governance-Konzepts liegt darin, dass es von der Terminologie her pragmatischer ist als Demokratie, Menschenrechte usw. Trotz seines offenen und umfassenden Charakters ist "Governance" ein sinnvolles und praktisches Konzept, das sich auf die grundlegenden Aspekte der Funktionsweise jeder Gesellschaft und jedes politischen und sozialen Systems bezieht. Es lässt sich beschreiben als Grundmaß an Stabilität und Leistungsfähigkeit innerhalb einer Gesellschaft. In dem Maße, in dem die Konzepte Menschenrechte, Demokratisierung und Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Zivilgesellschaft, Dezentralisierung und effiziente öffentliche Verwaltung im Zuge der Weiterentwicklung der Gesellschaft zu einem komplexeren politischen System an Bedeutung und Relevanz gewinnen, entwickelt sich "Governance" zu "Good Governance". Inzwischen wird unter "Governance" allgemein das grundlegende Maß an Qualität und Leistungsfähigkeit jedes politischen-administrativen Systems verstanden.

(5) Artikel 9 Abs. 3 des Partnerschaftsabkommens von Cotonou sieht ein interessantes Konzept vor, das von den AKP-Staaten und der EU gemeinsam vereinbart wurde. "In einem politischen und institutionellen Umfeld, in dem die Menschenrechte, die demokratischen Grundsätze und das Rechtsstaatsprinzip geachtet werden, ist verantwortungsvolle Staatsführung die transparente und verantwortungsbewusste Verwaltung der menschlichen, natürlichen, wirtschaftlichen und finanziellen Ressourcen und ihr Einsatz für eine ausgewogene und nachhaltige Entwicklung. Sie beinhaltet klare Beschlussfassungsverfahren für Behörden, transparente und verantwortungsvolle Institutionen, den Vorrang des Gesetzes bei der Verwaltung und Verteilung der Ressourcen und Qualifizierung zur Ausarbeitung und Durchführung von Maßnahmen insbesondere zur Verhinderung und Bekämpfung der Korruption."

(6) Verantwortungsvolle Regierungsführung ist in erster Linie eine Frage der nationalen Politik. Eine unzulängliche nationale Politik hat in vielen Ländern - und nicht nur in Entwicklungsländern - dazu beigetragen, die Schere zwischen Arm und Reich sowohl innerhalb der einzelnen Ländern als auch zwischen den verschiedenen Ländern und Regionen weiter auseinander klaffen zu lassen. Gute Regierungsführung auf allen Ebenen des internationalen Systems - national, regional und multilateral- ist eine entscheidende Voraussetzung für ein legitimes, wirksames und kohärentes System der Global Governance. Die Überwindung der Defizite im globalen Governance-System war in den letzten Jahren Gegenstand verschiedener Initiativen und Dialoge auf multilateraler Ebene, die insbesondere durch die Vereinten Nationen - u.a. durch die Kommission für Global Governance und in jüngerer Zeit auf Konferenz über Entwicklungsfinanzierung in Monterrey und dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung in Johannesburg - gefördert wurden. Die EU hat sich intensiv an diesem Dialog beteiligt. Fragen der Global Governance sind aber auch Gegenstand des bilateralen Dialogs der EU mit einigen wichtigen Partnerländern wie China, Russland, Indien und Brasilien. Aus der Sicht der EU gehört zum Themenkomplex Global Governance auch die Notwendigkeit, die politische Kohärenz in allen relevanten Bereichen wie z.B. Umwelt, Handel und Landwirtschaft weiter zu verbessern.

(7) Good Governance ist eine Grundvoraussetzung für die Wirksamkeit der Entwicklungshilfe und für die Erreichung von Entwicklungszielen. Bei Good Governance handelt es sich allerdings um einen Prozess. Dort, wo Good Governance noch nicht verwirklicht wurde, sollten daher pragmatische Maßnahmen zur Förderung der Fortschritte auf dieses Ziel hin ergriffen werden. In diesem Zusammenhang sollten die entsprechenden Indikatoren nicht einfach als eine Liste von Themen begriffen werden, die - in einen Anzeiger aufgenommen - eine rein auf Governance-Kriterien beruhende Auswahl ermöglichen soll, sondern als Instrument zur Berücksichtung von Governance-Aspekten bei allen EG-finanzierten Maßnahmen und Strategien.

(8) Die vorliegende Mitteilung konzentriert sich auf den Aufbau von Kapazitäten und den Governance-Dialog in verschiedenen Situationen. Eingegangen dabei wird auf Beispiele sowohl für effektive als auch für schwierige Partnerschaften sowie auf Situationen nach Konflikten.

(9) Ausgehend von den Erfahrungen aus den Governance-Konzepten der EG und anderer Geber und von den Standpunkten der Partnerländer und deren eigenen Erfahrungen ist es Ziel der vorliegenden Mitteilung, praktische Wege aufzuzeigen, wie

- Governance-Kapazität aufgebaut und die Eigenverantwortung der Partnerländer bei der Formulierung der entsprechenden Reformprogramme verstärkt werden kann;

- Synergien und Kohärenz zwischen den verschiedenen Strategien und Instrumenten der EG und der EU gewährleistet werden können;

- die Entwicklungspartnerschaften für das jeweilige Land verstärkt werden können, um durch politischen Dialog sowie durch die Komplementarität zwischen Gebern eine Koordinierung zwischen den Prioritäten der Geber und der Agenda der Partnerländer zu erreichen;

- ein Beitrag zum Schutz der Menschenrechte und zur Verbreitung von Demokratie, guter Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit geleistet werden kann.

Dadurch will die Kommission eine Richtschnur für das Vorgehen der EU im Bereich Governance und Entwicklung vorgeben, die Art der Maßnahmen definieren, die in verschiedenen Situationen unterstützt werden sollen, und einen Beitrag zur internationalen Debatte zu diesen Themen leisten.

2. Hauptthemen und Grundprinzipien des Governance-Dialogs

2.1. Armutsminderung

(10) Governance ist inzwischen eine wesentliche Komponente der Entwicklungszusammenarbeit und Bestandteil der strategischen Prozesse zur Armutsverringerung.

(11) Dabei geht es sowohl um die Frage der wirksamen Mobilisierung, Vertretung und Befähigung der Zivilgesellschaft und insbesondere der armen Bevölkerungsgruppen als auch um die Frage, ob die öffentlichen Institutionen und Verwaltungen tatsächlich fähig sind, die erforderliche Politik zu formulieren und umzusetzen. In vielen Entwicklungsländern hängt die Verringerung der Armut weitgehend davon ab, ob die staatlichen Institutionen folgende Funktionen wirksam und verantwortungsvoll erfuellen können:

- Befähigung armer Bevölkerungsgruppen, ihren Lebensstandard zu heben und ihre Kapazitäten zur Erhöhung von Einkommen und Vermögenswerten zu stärken.

- Gewährleistung des Zugangs armer Bevölkerungsgruppen zu öffentlichen Dienstleistungen.

- Gewährleistung der Sicherheit der Bevölkerung und ihres Zugangs zu Rechtsmitteln sowie Schutz und Förderung ihrer Rechte.

(12) Marginalisierung ist ein Aspekt der Armut und Empowerment hilft, die Armut zu verringern. Die Förderung der Macht und des Einflusses armer Bevölkerungsgruppen in einer Gesellschaft durch einen dies begünstigenden politischen Prozess und die Förderung der Beteiligung von Frauen und Männern mit Schwerpunkt auf den institutionellen Regeln, Normen und Verfahren, von denen sich Rechte und Privilegien ableiten, und auf die Gender-Problematik, die sie beinhalten können, zählen zu den wichtigen Fragen, die zu behandeln sind. Die operative Umsetzung integrativer Konzepte und die Förderung der sozialen Eingliederung sollte Bestandteil einer jeden armutsorientierten Governance-Agenda bilden, um den Minderheiten, den ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen und den Ärmsten im politischen Entscheidungsprozess Stimme zu verleihen ihrer Warte Rechnung zu tragen.

(13) Andererseits tragen partizipatorische Konzepte auch zur verstärkten Generationengerechtigkeit auf Grundlage einer nachhaltigen Entwicklung bei, die neben dem Umweltschutz eine wichtige soziale und ökonomische Komponente umfassen. Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure und zivilgesellschaftlicher Organisationen an allen Phasen der Entscheidungsfindung und ihre Teilnahme an der politischen Debatte auf nationaler Ebene wird dazu beitragen, diese Fragen in Diskussionsprozess einfließen zu lassen. [3] Dies gilt auch für Fragen der Sozialpolitik. Die Sozialpolitik stellte einen Produktionsfaktor dar und trägt zur nachhaltigen Entwicklung bei. Der soziale Dialog und die Beteiligung der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen an der Ausgestaltung und Umsetzung der Sozial- und Beschäftigungspolitik und am Funktionieren der Arbeitsmarkteinrichtungen kann zu einer treibenden Kraft für die erfolgreiche Durchführung von Reformen werden, die sich positiv auf das tägliche Leben der Menschen auswirken. Ein zentraler Faktor für die wirksame Umsetzung dieser Agenda ist eine ordentliche Ausbildung im Zusammenhang mit der entstehenden wissensgestützten Wirtschaft und schließt den Zugang zur Informations- und Kommunikationstechnologie zur Vermeidung der digitalen Kluft ein. In diesem Zusammenhang kann eine spezifische internationale Zusammenarbeit in den Bereichen Wissenschaft und Technologie helfen, dieses Ziel zu verwirklichen. Das 6. EU-Rahmenprogramm für Forschung und technologische Entwicklung sieht ein solches System vor.

[3] Mitteilung der regierungsunabhängigen Akteure in der Entwicklungszusammenarbeit der EG (KOM (2002) 598 endg. Vom 7. November 2002).

2.2. Eigenverantwortung der Partnerländer

(14) Ein innerstaatlicher Dialog über Governance ist von wesentlicher Bedeutung, um vom jeweiligen Land vorangetriebene Reformprogramme in einem Umfeld der Legitimität und Verantwortlichkeit formulieren zu können.

(15) Nicht nur das Parlament und Institutionen, die nicht zur Zentralregierung gehören, sondern auch andere Akteure innerhalb des Landes (Vertreter politischer, soziale und wirtschaftlicher Interessen sowie von Gemeinden und anderen dezentralen Behörden) spielen eine wichtige Rolle in diesem Dialog. Jeder dieser Akteure besitzt das Potenzial, wertvolle Beiträge zu leisten und unter Federführung des jeweiligen Landes zu umfassenden Bewertungen von Governance-Reformprogrammen zu Gunsten der Armen mit klar identifizierten Bedürfnissen, Prioritäten und Zielen beizutragen.

(16) Die Einbeziehung supranationaler oder regionaler Gremien sowie Bewertungen auf regionaler Ebene können in allen Bereichen helfen, die sich auf regionaler Ebene eindeutig besser angehen lassen (wirtschaftliche Integration, Konfliktprävention, Sicherheit); dies gilt auch für grenzüberschreitende Fragen, die sich häufig im Umweltbereich stellen, insbesondere im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Bewirtschaftung natürlicher Ressourcen.

2.3. Governance und politischer Dialog

(17) Im Rahmen eines politischen Dialogs sollten regelmäßige Kontakte zwischen den Partnern stattfinden, die auch alle Governance-bezogenen Fragen von gemeinsamem und gegenseitigem Interesse aufgreifen.

(18) Tendenziell wird ein Dialog ad hoc oder als Antwort auf besondere Ereignisse hauptsächlich mit Ländern geführt, in denen eine Krise/ein Problem eingetreten ist. Das könnte dem politischen Dialog aus der Sicht der Partnerländer eine negative Konnotation verleihen. Durch einen regelmäßigeren politischen Dialog ließen sich gemeinsame Agenden aufstellen und prioritäre Bereiche für die Zusammenarbeit, auch in Fragen der Governance, flexibel auf Grundlage der Bedürfnisse jedes Partnerlandes festlegen.

(19) Eine ordentliche Verknüpfung des Politikdialogs mit den entwicklungspolitischen Programmen und Prioritäten der EU kann zu einem stabileren und demokratischen politischen Umfeld, zu friedensschaffenden Prozessen und zur Sicherheit beitragen. Der Dialog sollte Mittel und Wege umfassen, um diese Ziele in die EU-Hilfeprogramme einzubauen und die Regierungen der Partnerländer zu ermutigen, diese Ziele als Bestandteil ihrer Gesamtentwicklungsstrategie zu verfolgen. In einigen schwierigen Partnerschaften setzt die EU das Instrument des Politikdialogs im Verbund mit angemessener Hilfe ein.

(20) Indikatoren sind wichtige Instrumente für die Überwachung und die Bewertung sowie für die Verbesserung der Qualität von Programmen und Maßnahmen, die den innerstaatlichen Dialog und von den Ländern durchgeführte Prozesse der Reform ihrer Governance-Systeme (Wahlsystem, Justiz) erleichtern. Governance-Indikatoren sind nur dann relevant, wenn sie partizipatorisch unter echter Einbeziehung aller entscheidenden Interessenträger in einem vom Partnerland vorangetriebenen transparenten Prozess ausgearbeitet und bewertet werden. Sie sollten alle Governance-Aspekte abdecken und sich nicht auf unmittelbar mit einem bestimmten Reformprogramm verbundene Gebiete beschränken. Sie dienen der Veranschaulichung politischer Konzepte, der Ergebnisse aus erbrachten Dienstleistungen, der Transparenz der öffentlichen Finanzverwaltung, der Gleichbehandlung der Geschlechter und der Einhaltung und Förderung von Menschenrechten, demokratischen Prinzipien und Rechtsstaatlichkeit. Jeder Indikator muss gleichermaßen spezifisch genug sein, um eine geeignete institutionelle Lösung vorzuschlagen. Weniger nützlich sind Indikatoren, die einfach in einem Sektor ein Problem, das viele Institutionen und Politikfelder gleichzeitig betreffen kann, aufzeigen, ohne irgendeine Lösung vorzuschlagen.

(21) Es bleibt jedoch eine anspruchsvolle Aufgabe, geeignete Verfahren zu entwickeln, um Governance-bezogene Indikatoren zu formulieren und zu vereinbaren. Derzeit leisten die Geber im Rahmen des Governance-Netzes des Entwicklungsausschusses der OECD (GOVNET), in dem alle Geber vertreten sind, gemeinsam erhebliche Arbeit über Governance-Indikatoren. Die EG beteiligt sich an GOVNET und trägt zur Finanzierung eines von der OECD geleiteten Projekts zur Aufstellung von Governance-Indikatoren bei.

2.4. Sicherheit

(22) Die Frage der Sicherheit hängt eng mit der Entwicklungsproblematik zusammen: In einem chronisch unsicheren Umfeld kann keine Entwicklung stattfinden. Umgekehrt ist das armutsbedingte Versagen des Governance-Systems ein wesentlicher Faktor beim Ausbruch gewaltsamer Konflikte. Die Sicherheit ist also von entscheidender Bedeutung für die regionale Stabilität, die Bekämpfung der Armut und die Vorbeugung von Konflikten. Die Menschen erwarten insbesondere, dass der Staat in der Lage ist, die Sicherheit ihrer Person und ihres Eigentums zu garantieren und ihre politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rechte zu wahren.

(23) Unter dem Begriff "Sicherheit" wird zunehmend nicht nur die Sicherheit des Staates verstanden, sondern im weiteren Sinne die Sicherheit der Menschen, welche die Möglichkeit in Freiheit, Frieden und Sicherheit zu leben einschließt. Die Sicherheit ist nicht nur als nationales Interesse zu betrachten, sondern auch als Teil der individuellen Rechte. Die Reform des Sicherheitssektors ist ein Schlüssel zur regionalen Stabilität, zur Verringerung der Armut und zur Konfliktprävention sowie integraler Bestandteil verantwortungsvoller Regierungsführung. Wirksames Management, Transparenz und Verantwortlichkeit des Sicherheitssystems sind notwendige Voraussetzung für die Schaffung eines sicheren Umfeldes, das die demokratischen Prinzipien und die Menschenrechte aufrechterhält. Daher erfordert die Arbeit an verantwortungsvoller Regierungsführung und nachhaltigem Frieden insbesondere nach Konflikten einen erfolgreichen Reformprozess im Sicherheitssystem.

(24) Nach der Definition der OECD umfasst das "Sicherheitssystem" Folgendes: a) die staatlichen Einrichtungen, die über ein förmliches Mandat verfügen, die Sicherheit des Staates und ihrer Bürger gegen Akte der Gewalt zu schützen (z.B. Streitkräfte, Polizei, paramilitärische Einheiten, Nachrichtendienste und ähnliche Behörden); und b) die gewählten und/oder ordnungsgemäß ernannten Zivilbehörden, die für die Kontrolle dieser Einrichtungen zuständig sind (z.B. Parlament, Exekutive, Verteidigungsministerium, Justiz und Strafvollzug). Die Reform der wichtigsten Sicherheitsakteure wie Sicherheitskräfte, Paramilitärs und Polizei sowie der zivilen Kontrollstrukturen ist von zentraler Bedeutung, um ein sicheres Umfeld zu schaffen und dafür zu sorgen, dass der Sicherheitssektor weiterhin den gleichen Governance-Normen unterliegt wie andere Teile des öffentlichen Sektors und der Streitkräfte, über die eine zivile Behörde die politische Kontrolle ausübt. Diese Einrichtungen sind Teil eines erweiterten Sicherheitsumfelds und hängen vom Vorhandensein wirksamer Justiz- und Vollzugsbehörden ab. Aus diesem Grund muss die Reform des Sicherheitssystems mit Maßnahmen zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit auf lokaler und nationaler Ebene einhergehen. Maßnahmen in den folgenden Bereiche können die Reform des Sicherheitssystems beeinflussen: Streitkräfte und Nachrichtendienste; Justiz und innere Sicherheitsorgane; nichtstaatliche Sicherheitskräfte; zivile Kontrollstrukturen; zivile Verwaltungsbehörden; ziviler Kapazitätenaufbau; regionale Initiative; Initiative zur Demilitarisierung der Gesellschaft.

(25) Globale Sicherheit und internationaler Terrorismus haben entwicklungs politische Auswirkungen. Neben der Bereitstellung von Unterstützung für Partnerländer im Zusammenhang mit der Resolution 1373 des UN-Sicherheitsrats kann Entwicklungshilfe zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus beitragen, indem sie sich auf die Verringerung der Armut und der Ungleichheit konzentriert.

2.5. Klauseln über Menschenrechte und verantwortungsvolle Staatsführung: Konsultationsverfahren

(26) Seit den frühen neunziger Jahren wird in jedes EG-Abkommen mit Drittländern, einschließlich Handels- und Kooperationsabkommen sowie Assoziierungs abkommen, systematisch eine Klausel aufgenommen, die als "wesentliches Element" die Achtung der Menschenrechte vorsieht. Danach bildet die Achtung grundlegender Menschenrechte und demokratischer Grundsätze die Grundlage der Innen- und Außenpolitik der Vertragsparteien und damit auch ein "wesentliches Element" des jeweiligen Abkommens. Im Falles eines Verstoßes gegen die Klausel kann einer Reihe von Maßnahmen in Erwägung gezogen werden, unter der Voraussetzung allerdings, dass bei ihrer Anwendung die Verhältnismäßigkeit zwischen Verstoß und Sanktion gewahrt bleibt. Zu diesen Maßnahmen gehören u.a. inhaltliche Änderung der Kooperationsprogramme oder der zu deren Umsetzung angewandten Verfahren; Einschnitte bei Programmen der kulturellen, wissenschaftlichen oder technischen Zusammenarbeit; Verschiebung von Sitzungen des Gemischten Ausschusses; Aussetzung hochrangiger bilateraler Kontakte; Verschiebung neuer Projekte; Weigerung, auf Initiativen des Partners einzugehen; Verhängung eines Handelsembargos; Aussetzung von Waffenverkäufen sowie Unterbrechung der militärischen Kooperation und der Zusammenarbeit insgesamt. Die Aufnahme solcher Klausel ist allerdings nicht Ausdruck eines negativen, strafbewehrten Ansatzes. Damit sollen vielmehr der Dialog und positive Maßnahmen gefördert werden, darunter die gemeinsame Unterstützung von Demokratie und Menschenrechten, die Unterzeichnung, Ratifizierung und Umsetzung internationaler Menschenrechtsabkommen und die Prävention von Krisen durch die Errichtung einer kohärenten und langfristig angelegten kooperativen Beziehung.

(27) Im Falles des Partnerschaftsabkommens von Cotonou [4] sind die EU und 77 AKP-Staaten übereingekommen, im Zusammenhang mit der Achtung wesentlicher Bestimmungen des Abkommens Konsultationsverfahren einzurichten. In Artikel 9 des Cotonou-Abkommens werden die Achtung der Menschenrechte, der demokratischen Prinzipien und der Rechtsstaatlichkeit als wesentliches Element und verantwortungsvolle Staatsführung als fundamentales Element bezeichnet. Gemäß Artikel 96 kann eine Partei im Falle einer Verletzung eines dieser wesentlichen Elemente, die andere Partei um Konsultationen ersuchen (ein ähnliches Verfahren wurde erstmals 1995 mit Artikel 366a des überarbeiteten Lomé-Übereinkommens eingeführt). Die Konsultationen im Rahmen von Artikel 96 und 97 (letzterer ist in Abschnitt 3 oben beschrieben) dienen der Prüfung der Situation im Hinblick auf eine für beide Vertragsparteien annehmbare Lösung. Führen die Konsultationen nicht zu einer Lösung, liegt ein besonders dringender Fall vor oder werden Konsultationen von einer Vertragspartei abgelehnt, so können geeignete Maßnahmen getroffen werden. Die Aussetzung der Zusammenarbeit stellt in diesem Zusammenhang das letzte Mittel dar. Mit den "geeigneten Maßnahmen", die in einem angemessenen Verhältnis zu der Verletzung des wesentlichen/fundamentalen Elements stehen müssen, soll an die Regierungen ein klares Signal im Hinblick auf die Einhaltung von Artikel 9 gesandt werden.

[4] ABl. L 317 vom 15.12.2000.

(28) Vor der Einführung des Konsultationsverfahrens im Jahr 1995 war bei einigen Ländern die Zusammenarbeit de facto teilweise oder ganz ausgesetzt. Seit 1995 wurde das Konsultationsverfahren in 12 Fällen angewandt, die 10 AKP-Länder betrafen. [5] Ein Beispiel aus jüngster Zeit für die Einleitung von Konsultationen nach Art. 96 des Cotonou-Abkommens ist Simbabwe. Nach den Konsultationen kam es in diesem Fall zu gezielten Sanktionen, darunter zum Einfrieren von Geldern und Vermögen einzelner Regierungsmitglieder, zum Reise-/Transitverbot für diese Personen, zum Ausfuhrverbot für Ausrüstungen, die zur Repression verwendet werden könnten, sowie zum Verbot von Ausbildungsmaßnahmen in Zusammenhang mit militärischen Aktivitäten. [6]

[5] Niger, Guinea Bissau, Togo, Haiti, Komoren, Elfenbeinküste, Fidschi, Liberia, Simbabwe und die Zentralafrikanische Republik.

[6] Gemeinsamer Standpunkt des Rates und Verordnung (EG) Nr. 310/2002 des Rates vom 18. Februar 2002.

(29) Vor dem Hintergrund dieser Erfahrung lassen sich einige wesentliche Faktoren für den Erfolg von Konsultationen, d.h. für eine für beide Vertragsparteien annehmbare Lösung und/oder die Umsetzung der zur Verbesserung der Situation notwendigen Maßnahmen, hervorheben. So sollte der grundlegende Rahmen Folgendes umfassen: a) die Verpflichtung der Behörden, zur Normalität zurückzukehren, die insbesondere nach einem Staatsstreich von grundlegender Bedeutung ist, sowie b) die Kohärenz des EU-Standpunkts und die Koordinierung zwischen den Gebern. Um eine ordnungsgemäße Überwachung des Prozesses zu gewährleisten, müssen die konkreten Verletzungen der wesentlichen Elemente identifiziert, die Sektoren, in denen Korrekturmaßnahmen seitens der Behörden erforderlich sind, festgelegt und ein enger politischer Dialog während und nach der förmlichen Zusammenkunft zu Konsultationen aufrechterhalten werden. Schließlich ist die Annahme positiver Maßnahmen notwendig wie etwa die robuste und aktive Teilnahme der EU an der Lösung von Krisen/Konflikten.

(30) Die Kommission prüft Mittel und Wege, wie sich die Anwendung der Menschrechtsklausel effektiver gestalten lässt. Deren Anwendung zur Einrichtung von gemeinsamen Arbeitsgruppen mit Drittländern zu Menschenrechtsthemen wird derzeit auf Pilotbasis erprobt. 2003 wurde zum ersten Mal im Rahmen des Kooperationsabkommens mit Bangladesch eine Arbeitsgruppe zu Governance und Menschenrechten eingerichtet, die ein Forum für einen eingehenden Meinungsaustausch zu Fragen der Menschenrechte zwischen der Beamten aus EU und Bangladesch bildet. Auf der ersten Sitzung am 19. Mai 2003 in Dhaka wurde eine ganze Reihe von Themen angesprochen, darunter die Todesstrafe, das Justizwesen, die Unterstützung von Wahlprozessen und die Einsetzung einer Menschenrechtskommission. Auch auf die Möglichkeit einer weiteren Unterstützung von Menschenrechtsprojekten wurde eingegangen. Darüber hinaus wird in der Kommissionsmitteilung "Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeerländern in den Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung" [7] auf die Klausel hingewiesen als Grundlage für einen verbesserten und differenzierteren Ansatz in diesen Bereichen in der Region. Dazu werden zehn Aktionsfelder genannt, darunter die Ausarbeitung regionaler und nationaler Aktionspläne im Menschenrechtsbereich, eine stärkere Ausrichtung des politischen Dialogs auf die Menschenrechte sowie eine verstärkte Berücksichtung von Fragen der Menschrechte und der Demokratisierung in den Länderstrategien und den Nationalen Richtprogrammen.

[7] KOM (2003) 294 endg. vom 21. Mai 2003.

2.6. Korruption

(31) Korruptionsbekämpfung ist zunehmend Bestandteil der internationalen und europäischen Agenda zur Armutsverringerung. In dem von den Vereinten Nationen durchgeführten globalen Programm zur Korruptionsbekämpfung wird Korruption als Machtmissbrauch zum Zweck des persönlichen Nutzens definiert ("unter Korruption wird jede Transaktion zwischen Akteuren aus dem privaten und dem öffentlichen Sektor verstanden, durch die kollektive Güter unrechtmäßig in private Gewinne umgewandelt werden"). Korruption höhlt die Glaubwürdigkeit der Regierung und die Legitimität der Demokratie aus. Häufig belastet sind besonders die Armen. Weil förmliche Verfahren verletzt oder umgangen werden, wird auch die verantwortungsvolle Regierungsführung untergraben. Korruption bei Parlaments- oder Gemeindewahlen oder innerhalb des Parlaments verringert die Verantwortlichkeit und die Repräsentativität, Korruption innerhalb der Justiz negiert die Rechtsstaatlichkeit und Korruption innerhalb des öffentlichen Sektors führt zu einer ungerechten Verteilung von Sozialleistungen. Ein Merkmal verantwortungsvollen Regierens ist es, dass Institutionen und Prozesse jegliche Korruption und korruptes Verhalten bekämpfen.

(32) Die internationalen Erfahrungen aus der spezifisch auf Korruptionsprävention ausgelegten Entwicklungszusammenarbeit haben gezeigt, dass Korruptionsbekämpfung, wenn sie wirksam sein soll, im Rahmen einer umfassenderen Unterstützung zur Stärkung des verantwortungsvollen Regierens und des Demokratisierungsprozesses erfolgen muss. Die Zivilgesellschaft, die Massenmedien, die Staatsanwaltschaft und die Justiz, die Finanzverwaltung (ihre Verfahren wie Audits und Kontrolle) sollten allesamt gestärkt und die Transparenz der Verfahren für das öffentliche Beschaffungswesen sowie der Ernennungsverfahren im öffentlichen Dienst und eine wirksame Verantwortlichkeit des Parlaments gewährleistet werden.

(33) Toleranz gegenüber der Korruption ist mit Kooperationspartnerschaften nicht vereinbar. Doch Korruption lässt sich nur schwer messen und bewerten. Diese Frage lässt sich am besten im Rahmen eines regelmäßigen politischen Dialogs mit dem jeweiligen Partner behandeln. Ziel dabei ist es, die Anstrengungen des betreffenden Landes zur Bekämpfung der Korruption zu bewerten, indem beurteilt wird, welche Veränderungen im Gange sind und ob die Kontinuität der verwirklichten Fortschritte und die Qualität und Entschlossenheit der von den Behörden zur Umsetzung geeigneter Maßnahmen und Reformen unternommenen Anstrengungen gewährleistet sind. Die Stellungnahmen der Zivilgesellschaft werden zu diesem Prozess beitragen und sollten in allen Stadien ausdrücklich einbezogen werden.

(34) In dieser Hinsicht wurde mit dem Cotonou-Abkommen ein wichtiger Schritt vollzogen. Das Cotonou-Abkommen könnte zum Modell für künftige Abkommen mit anderen Drittländern oder Regionen werden. Die Verhandlungen über das umfassendere Konzept der verantwortungsvollen Regierungsführung führten zu einem zweigleisigen Ansatz: zum einen zu einer Verpflichtung auf verantwortungsvolles Regieren als grundlegendes und positives Element der Partnerschaft und Gegenstand eines regelmäßigen Dialogs sowie als Bereich, der aktiv von der Gemeinschaft unterstützt wird; zum anderen zu einer Einigung darüber, dass ernsthafte Korruptionsfälle, darunter Bestechung die zu dieser Korruption führt, als Verletzung dieses Elements betrachtet werden, das geeignete Abhilfemaßnahmen nach sich zieht. Das in Art. 97 festgelegte Konsultationsverfahren ist nicht nur in Korruptionsfällen anzuwenden, in denen es um Gemeinschaftsmittel geht, sondern umfassender in jedem Land, in dem die Gemeinschaft finanziell involviert ist und in dem die Korruption ergebnisorientierte Entwicklungsstrategien ernsthaft behindert. Das beschränkt sich nicht auf Korruptionsfälle, die finanzielle Kooperationsmaßnahmen der EG unmittelbar betreffen. Das ist insbesondere wichtig, wenn es um die Beurteilung der Fungibilität der öffentlichen Finanzen geht. Durch diese Bestimmungen machen die Vertragsparteien deutlich, dass sie die geeigneten Maßnahmen zur Verhinderung und Bekämpfung von Korruption treffen wollen. Sie zeigen, dass Korruption ein gemeinsames und kein unilaterales Anliegen ist.

(35) Ein weiteres Beispiel ist Lateinamerika. Die Korruptionsbekämpfung ist regelmäßig Gegenstand des Dialogs und der besonderen Zusammenarbeit in diesem Bereich, über den derzeit mit den zentralamerikanischen Staaten und den Ländern des Andenpakts verhandelt wird. Die Erklärung von Madrid (Gipfeltreffen EU-Lateinamerika/Karibik am 16./17. Mai 2002) beinhaltet eine Verpflichtung zur Stärkung der demokratischen Institutionen, der Rechtsstaatlichkeit und der Justiz, zur Förderung und zum Schutz der Menschenrechte sowie zur Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität. Darüber hinaus wird die neue Generation der bilateralen EU-Abkommen mit den Ländern Lateinamerikas auch eine nachdrückliche Verpflichtung zu den Grundsätzen der verantwortungsvollen Staatsführung umfassen.

(36) In den LSP und NRP wird das Ziel der Korruptionsbekämpfung so formuliert, dass die institutionellen Ursachen der Korruption oder ein Umfeld, das Korruption toleriert, bekämpft werden, indem die Kapazitäten von Institutionen und nichtstaatlichen Akteuren aufgebaut werden und bei der Verbesserung des rechtlichen Rahmens Unterstützung geleistet wird. Diese Frage wird insbesondere in Ländern behandelt, in denen die Korruption (nach Angaben von Quellen wie Transparency International) ein großes Entwicklungsproblem darstellt und die Korruptionsbekämpfung Teil der Regierungsagenda ist. Gemeinsam mit Transparency International hat die Kommission in den letzten drei Jahren insgesamt fünf Projekte zur Entwicklung von Korruptionsbekämpfungsstrategien auf regionaler und nationaler Ebene finanziert.

(37) In einer unlängst veröffentlichen Mitteilung über eine umfassende EU-Politik zur Bekämpfung der Korruption [8] fordert die Kommission die Organe und Mitgliedstaaten der EU auf, ihre Anstrengungen in diesem Bereich zu verstärken. In Bezug auf die Beziehungen der EU zu Drittstaaten schlägt die Kommission vor, dass die Beitritts- und Kandidatenländer sowie andere Partnerländer der EU ihre nationale Korruptionsbekämpfungsstrategie auf 10 Grundprinzipien stützen sollten. Dazu gehören u.a. präventive und repressive Maßnahmen, Verhaltenskodizes, Anreize für den Privatsektor sowie die Aufstellung von "weißen Listen". Auf multilateraler Ebene dürfte das künftige UN zur Bekämpfung der Korruption weitere Forschritte bringen. Dem Übereinkommen liegt ein umfassender und multidisziplinärer Ansatz zugrunde, der die Notwendigkeit zur Einrichtung funktionsfähiger Mechanismen zur Wiedererlangung von Vermögenswerten mit der Notwendigkeit zur Institutionalisierung vorbeugender Maßnahmen in Einklang bringt.

[8] KOM (2003) 317 endg. vom 28. Mai 2003.

2.7. Migration

(38) Eine solide Steuerung der Migration ist ebenfalls ein Faktor, der insgesamt verantwortungsvolles Regieren gewährleistet. Migration kann, wenn sie sorgfältig gesteuert wird, positiv zu Wachstum und Erfolg in Entwicklungsländern beitragen. Eines der Grundprinzipien der Verbesserung der Steuerung der Migration ist, dass dazu gemeinsame Anstrengungen nötig sind. Der Dialog zwischen dem Herkunftsland und den Bestimmungeländern muss intensiviert und die Zusammenarbeit muss partnerschaftlich ausgebaut werden. Die in der Mitteilung über Migration und Entwicklung vom 3. Dezember dargelegten Grundsätze liefern den Rahmen für die Stärkung des Dialogs über Migration mit den Entwicklungsländern. Durch Förderung verantwortungsvollen Regierens bekämpft die EU eine der wichtigen Migrationsursachen.

2.8. Sektorbezogene Konzepte und Mainstreaming

(39) Im Interesse der Eigenverantwortung, Koordinierung und Wirksamkeit sollte an das Thema "Good Governance" zunehmend mit sektorbezogenen Konzepten herangegangen werden, die Haushaltshilfe oder andere Finanzierungs mechanismen wie Korbfinanzierung umfassen.

(40) Die Durchführung von Sektorprogrammen setzt Folgendes voraus: Ein sektorales Konzept, das in einem umfassenden strategischen Rahmen (wie z.B. einer Armutsminderungsstrategie) eingebettet ist; eine mittelfristige Finanzplanung und ein Jahresbudget für den betreffenden Sektor; eine Abstimmung zwischen den Gebern unter Federführung der Regierung. In jedem Stadium kann eine "Good Governance"-Analyse durchgeführt werden.

(41) Governance-bezogene Maßnahmen können auch sektorbezogenen Konzepten folgen und sind besonders bei Verwaltungsreformen relevant (Reformprogramme für den öffentlichen Sektor, Dezentralisierung, Reform des Sicherheitssektors, Reform der Justiz usw.).

(42) Die Einbeziehung des Institutionen- und Kapazitätenaufbaus in die Sektorprogramme (Mainstreaming) trägt zur guten Regierungsführung bei. Im Rahmen des Institutionen- und Kapazitätenaufbaus werden die für die einzelnen Sektoren (Verkehr, Gesundheit, Bildung usw.) zuständigen Behörden dabei unterstützt, Konzepte und Maßnahmen auszuarbeiten und umzusetzen und die entsprechenden Haushaltmittel zu programmieren und zu verwalten.

2.9. Haushaltshilfe

(43) Mit der Bereitstellung von Haushaltshilfe für wirtschaftliche Reformprogramme begann die EG erstmals vor rund 15 Jahren, und zwar an die AKP-Staaten im Zusammenhang mit den Strukturanpassungsprogrammen, die von den Ländern mit den Bretton-Woods-Institutionen vereinbart wurden. In jüngster Zeit wird Haushaltshilfe zunehmend in Regionen außerhalb der AKP-Staaten eingesetzt.

(44) Zu den Voraussetzungen für wirksame Haushaltshilfe gehört ein ausreichendes bzw. besser werdendes System des öffentlichen Finanzmanagements. Eine Haushaltshilfe, die an die Erreichung konkreter Ergebnisse (gemessen an Fortschrittsindikatoren) bei der Verbesserung des öffentlichen Finanzmanagements geknüpft ist, schafft zusätzliche Anreize für Reformen. Außerdem versetzt diese Art von Finanzierung über den Staatshaushalt die Kommission in die Lage, am Dialog zu den Haushaltssystemen und -verfahren teilzunehmen. Die jährliche Berichterstattung über die erzielten Ergebnisse trägt zur Stärkung der Rechenschaftspflicht bei. Bei der Berichterstattung im Rahmen der Haushaltshilfe der EG wird zunehmend auf die regelmäßigen Berichte der Regierung an das Parlament zurückgegriffen. Dies führt zu einer inhaltlichen Verbesserung dieser Berichte und stärkt zugleich die Rechenschaftspflicht der Regierung auch gegenüber dem eigenen Parlament. Die Haushaltshilfe verringert zum Teil den extremen Druck auf den Staatshaushalt, der häufig das öffentliche Finanzmanagement erschwert.

(45) Der Ansatz der Kommission, bei dem der Umfang der Haushaltshilfe sich nach der Erreichung vereinbarter Ergebnisse im Hinblick auf Armutsminderung und Verbesserung des öffentlichen Finanzmanagements richtet, schafft zusätzliche Anreize für eine verbesserte Abstimmung zwischen dem Finanzministerien und den wichtigsten Fachministerien, da das Finanzministerium ein starkes Interesse daran hat, dass die Fachministerien die vereinbarten Ziele erreichen und über die dazu erforderlichen Mittel verfügen. Durch flankierende Maßnahme zum Aufbau von Kapazitäten trägt die Haushaltshilfe überdies dazu bei, die Fähigkeit zur Umsetzung vereinbarter Verbesserungen zu stärken.

(46) Darüber hinaus kann die Haushaltshilfe zu Verbesserungen in den Bereichen des öffentlichen Finanzmanagements, in denen die Entwicklungshilfe selber den Regierungen Schwierigkeiten bereiten kann. Denn die außerhalb des Staatshalts gewährte Projekthilfe wird selten in den nationalen Planungssystemen und so gut wie nie in den Rechnungslegungssystemen erfasst. Die Haushaltshilfe dagegen wird im Rahmen dieser Systeme bereitgestellt. Dadurch wird sichergestellt, dass die Finanzplanung auf einem Gesamtbild der Haushaltslage beruht und nicht nur auf einem Teilbild, das die durch die Geber außerhalb des Staatshalts finanzierten Investitionen sowie die künftigen Kosten, die möglicherweise damit verbunden sind, ausspart. Dadurch wird auch dem Parlament ein Gesamtbild vermittelt ohne die Lücken und Verzerrungen, die die Geberfinanzierung außerhalb des Staatshalts sonst verursacht. Dies trägt auch zur Stärkung der Verantwortlichkeit der Regierung bei.

(47) Zu den Errungenschaften dieser Reformen zählen in vielen Ländern eine nachhaltige Senkung der Haushaltsdefizite, die Beseitigung willkürlicher Steuer- und Zollbefreiungen, die der Schaffung gleicher Ausgangsbedingungen für Akteure des Privatsektors entgegengestanden, sowie die Erhöhung der Stabilität des Bankensektors durch Unterbindung der Vergabe politisch motivierter Darlehen. Gleichzeitig jedoch wurde zunehmend deutlich, dass sich Reformen nicht kaufen lassen, dass sie nicht in ausreichendem Maße den Armen zugute kamen und dass sie auf ausreichende Unterstützung (Ownership) im jeweiligen Land treffen müssen. Seit 1999 wurden die Strukturanpassungs programme durch die Unterstützung nationaler Strategien zur Armuts bekämpfung ersetzt.

(48) Im Zusammenhang mit den PSRP ist es bewährte Praxis der Geber, dass Hilfe unterstützend wirken und an eine vom jeweiligen Land selbst verantwortetes Reformprogramm angepasst sowie in den Haushalt eingestellt werden soll. In vielen PRSP-Ländern (Burkina Faso, Tansania, Uganda, Benin, Mosambik und andere) einigen sich die Geber auf einen gemeinsamen Rahmen, in dem die Grundsätze für die Haushaltshilfe festgelegt sind, und beschreiben häufig in Form einer Matrix, auf welche Reformbereiche und erwünschten Ergebnisse sie ihren Dialog mit den Regierungen ausrichten wollen. Die Verbesserung der Governance im Wirtschaftsbereich durch Steigerung der Effektivität, Effizienz und Transparenz der öffentlichen Ausgaben und durch Verbesserung der Bereitstellung sozialer Leistungen an Arme sind wichtige Elemente dieses Dialogs zwischen Gebern und Regierungen. Die meisten PRSP-Länder haben begonnen, durch Einführung eines mittelfristigen Schwerpunkts mit mittelfristigen Ausgaben oder Haushaltsrahmen die Nachhaltigkeit der öffentlichen Ausgaben zu verbessern. Zur Weiterverfolgung der Ausgaben im sozialen Sektor werden außerdem zunehmend Erhebungen durchgeführt, um zu sehen, in welchem Maße die staatlichen Mittel den Endbegünstigten erreichen.

2.10. Handel

(49) Verantwortungsvolles Regieren auf allen Ebenen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Einbeziehung der Entwicklungsländer in das multilaterale Handelssystem und für die Schaffung attraktiver Rahmenbedingungen für die Wirtschaft, unter denen sich Investitionen und Handel entwickeln können. Es ist daher ein entscheidender Faktor der wirtschaftlichen Entwicklung, ohne die sich die Armut nicht überwinden und armutsbezogene Probleme nicht lösen lassen.

(50) Die Integration der Entwicklungsländer in das multilaterale Handelssystem hängt nicht nur von einem richtigen Marktzugang und einer höheren inländischen Produktion handelbarer und exportfähiger Waren und Dienstleistungen ab. Die Nutzung des möglichen Potenzials der Globalisierung hängt entscheidend vom den innenpolitischen Governance-Kontext ab. Nur wenn die Entwicklungsländer über angemessene institutionelle Kapazitäten verfügen, sind sie bereit, ein transparentes, vorhersehbares und effizientes Umfeld in Bezug auf Rechtsvorschriften, Regeln, Justiz und Institutionen einzurichten und können Regeln und Verordnungen durchsetzen sowie ausreichend inländische, regionale und ausländische Investitionen anzuziehen. In Anerkennung dieses Sachverhalts hat die Kommission einen besonderen politischen Rahmen für handelsbezogene technische Hilfe entwickelt, der die Grundlage der Zusammenarbeit in diesem Bereich bildet [9].

[9] KOM (2002) 513 endg., 18.09.2002.

(51) Im Zusammenhang mit ihrer eigenen Handelspolitik gewährt die EU den Entwicklungsländern präferenziellen Zugang zum EU-Markt im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystems (APS). Dieses System soll die Entwicklung fördern, indem auf Waren aus Entwicklungsländern niedrigere Zölle erhoben werden als auf Waren aus Industrieländern. Diese Präferenzen können jedoch auch entzogen werden [10] (wie derzeit bei Myanmar der Fall), wenn eindeutige Verletzungen der Governance-Grundsätze vorliegen wie Zwangsarbeit, Sklaverei und Verletzung der Vereinigungsfreiheit. Außerdem bietet das APS auch positive Anreize durch zusätzliche Präferenzen für Länder, die bestimmte ILO-Übereinkommen in ihr nationales Recht übernommen haben und/oder die nachhaltige Bewirtschaftung ihrer Wälder gewährleisten. So will die EU mit positiven und negativen Anreizen verantwortungsvolles Regieren in handelsbezogenen Bereichen fördern.

[10] Gemäß Artikel 26 des APS.

2.11. Der Unternehmenssektor

(52) Die Förderung sozialer Entwicklung in Entwicklungsländern kann im Allgemeinen nicht durch den öffentlichen Sektor allein auf nachhaltiger Grundlage verwirklicht werden. Private Unternehmen können in dieser Hinsicht eine wichtige Rolle spielen.

(53) In Entwicklungsländern gehen aufgrund schwacher Governance-Systeme (im Sinne ineffizienter Verwaltungen, mangelnder Verantwortlichkeit und finanzieller Transparenz, Korruption, ineffizienter Finanzsysteme und anderer Formen von Staatsversagen) die Anreize für Investitionen, Ersparnisse und die Bereitstellung von Ressourcen innerhalb des Landes und auf internationaler Ebene verloren. Ein sich rasch verschlechterndes Governance-System kann sogar zum plötzlichen Abziehen von Kapital und zur Kapitalflucht führen. Angesichts der normalerweise sehr dünnen Besteuerungsgrundlage können der Gesundheitssektor und andere soziale Leistungen nicht aus Steuereinnahmen finanziert werden. Nur ein starkes nachhaltiges Wirtschaftswachstum kann den Wohlstand schaffen, der erforderlich ist, um Armut erfolgreich zu bekämpfen, und damit die Steuereinnahmen die Fundamente des öffentlichen Sektors unterstützen können. Ein dynamischer Unternehmenssektor ist ein Schlüsselfaktor wirtschaftlichen Wachstums. Ausländische Direktinvestitionen können in Entwicklungsländern eine entscheidende Rolle spielen. Um ausländische Direktinvestitionen anzuziehen, müssen die Länder günstige Ausgangsbedingungen schaffen. Dazu gehören die Vorhersehbarkeit, Verantwortlichkeit und Transparenz des Regierungshandelns ebenso wie die Beständigkeit einer soliden Wirtschaftspolitik und die Förderung eines stabilen makroökonomischen Rahmens zusammen mit einem starken Rechtsrahmen, der den Schutz vor staatlicher Nötigung, willkürlichen Handlungen und Korruption sichergestellt. Inländischen und ausländischen Investoren muss gewährleistet werden, dass ihre Vermögenswerte sicher sind und die vertraglichen Verpflichtungen eingehalten werden.

(54) Ein wirksamer Dialog zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor und eine Partnerschaft sind wichtig, um eine nachhaltige Entwicklung zu fördern und sollten Fragen wie Menschenrechte und die soziale Verantwortung von Unternehmen (CSR) umfassen. Nach dem CSR-Konzept [11] beziehen Unternehmen soziale und ökologische Belange in ihre Geschäftsaktivitäten und in das Zusammenspiel mit den Interessenträgern freiwillig ein. Freiwilliges soziales und ökologisches Verhalten von Unternehmen über deren bestehende rechtlichen Verpflichtungen hinaus kann eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht, den Mangel an Governance auf innovative Weise auszufuellen. CSR ist kein Ersatz, sondern eine Ergänzung zu geltendem Recht und sozialem Dialog. Als solcher darf sie nicht zulasten der Aufgabe der staatlichen Behörden gehen, im Land und/oder auf internationaler Ebene verbindliche Regeln für die Einhaltung bestimmter sozialer und ökologischer oder die Berichterstattung betreffender Standards aufzustellen. Fragen wie die Umsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen, die Entwicklung von Humanressourcen und menschenwürdige Arbeit, finanzielle Transparenz und Umweltschutz können von einem verantwortungsbewussten Engagement des Privatsektors profitieren.

[11] KOM (2002) 347 endg., Juli 2002, "soziale Verantwortung der Unternehmen: ein Beitrag zur nachhaltigen Entwicklung".

(55) Die Annahme des Entwurfs für UN-Normen über die Verantwortung transnationaler Unternehmen und anderer Unternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte [12] im August 2003 hebt die wachsende Anerkennung der Verantwortung von Unternehmen gegenüber ihren Interessenträgern hervor. Diese Normen umfassen eine Reihe ethischer Leitlinien und vereinen zahlreiche Rechtsverpflichtungen für Unternehmen, die von den geltenden Menschenrechten sowie den Arbeits- und Umweltnormen abgeleitet sind und sie liefern Leitlinien für Unternehmen, die in Konfliktgebieten tätig sind.

[12] Entwurf für Normen über die Verantwortung transnationaler Unternehmen und anderer Unternehmen im Hinblick auf die Menschenrechte (Draft Norms on the Responsibilities of Transnational Corporations and other Business Enterprises with regard to Human Rights) E/CN.4/Sub.2/2003/12/Rev.1.

(56) Mit seiner Entschließung über EU-Standards für in Entwicklungsländern tätige europäische Unternehmen: zu einem Europäischen Verhaltenskodex und seiner Überwachung [13] anerkannte das Europäische Parlament den Einfluss des Europäischen Privatsektors auf den Prozess der Entwicklung, die Umwelt und die Menschenrechte in den Entwicklungsländern, in denen sie tätig sind.

[13] Bericht über EU-Standards für in Entwicklungsländern tätige europäische Unternehmen: zu einem Europäischen Verhaltenskodex und seiner Überwachung A4-0508/98.

(57) Die OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen stellen ein umfassendes und anerkanntes Instrument für unternehmerische Verantwortung dar, das freiwillige Grundsätze und Standards für verantwortungsvolles unternehmerisches Verhalten in Bereichen wie Menschenrechte, Kernarbeitsnormen und Korruptionsbekämpfungs maßnahmen enthält. Die Leitlinien wurden von den Regierungen der 37 Unterzeichner staaten [14] den in diesen Ländern angesiedelten multinationalen Unternehmen, unabhängig davon, wo in der Welt diese tätig sind, empfohlen und haben daher einen weltweiten Bezug. Die Kommission hat bei der Förderung dieser Leitlinien eine aktive Rolle gespielt.

[14] Zu den Mitgliedern zählen die 30 OECD-Staaten sowie Argentinien, Brasilien, Chile, Estland, Israel, Litauen und Slowenien. Der Beitritt Lettlands ist in der Abschlussphase und der Antrag Singapurs wird geprüft.

3. Derzeitige Praxis und Konzepte in Eigenverantwortung der Länder

(58) Die Gründung der Afrikanischen Union (AU) und die Errichtung der Neuen Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas (NEPAD) haben eine neue gesamtafrikanische Governance-Ebene errichtet. Die Führer Afrikas haben vereinbart, dass Frieden, Sicherheit, Demokratie, verantwortungsvolles Regieren, Menschenrechte und eine solide Verwaltung zu den Schlüsselvoraussetzungen für eine nachhaltige Entwicklung und die Beseitigung der Armut sowie für die Beendigung der bewaffneten Konflikte auf dem Kontinent gehören.

(59) Das Governance-Konzept der NEPAD ist in der Erklärung der Staats- und Regierungschefs über Demokratie, Regierungsführung und Ordnungspolitik und Unternehmensführung enthalten [15].

[15] Versammlung der Staats- und Regierungschefs, 38. Ordentliche Sitzung der Organisation für die Afrikanische Einheit, Durban, Südafrika, 8. Juli 2002.

(60) Eines der Elemente der Initiative ist der Afrikanische Peer Review-Mechanismus (APRM), ein Instrument, dem AU-Mitgliedstaaten als afrikanischem Selbstüber wachungsmechanismus freiwillig beitreten. Bislang haben 15 afrikanische Staaten eine Vereinbarung über den Beitritt zum APRM-Prozess unterzeichnet. Dieser Prozess soll sicherstellen, dass die Politik und die Praxis der Mitglieder in Einklang mit den in der NEPAD-Erklärung vereinbarten Werten, Kodizes und Standards der Regierungsführung, Ordnungspolitik und Unternehmensführung steht. Der Beitritt zum Peer-Review-Prozess erfordert, dass jeder Staat ein zeitlich gebundenes Aktionsprogramm für die Umsetzung der Erklärung über Regierungsführung und auch regelmäßige Überprüfungen festlegt. Der APRM könnte Länder anspornen, ernsthaft zu prüfen, wie sich die nationale Politik nicht nur auf die interne politische Stabilität und das Wirtschaftswachstum, sondern auch auf die Nachbarländer und die Förderung wechselseitiger Verantwortung auswirkt.

(61) In anderen Regionen gibt es ein breites Spektrum regionaler und subregionaler Zusammenschlüsse, Foren und Kooperationsvereinbarungen, die sich mit Governance-Fragen beschäftigen. Das Thema "Governance" steht weit oben auf der Agenda der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) (und auch in den allgemeinen Berichten der Generalversammlung). Im Bereich der Korruptionsbekämpfung beispielsweise hat die OAS einen umfassenden Follow-up-Mechanismus für das Interamerikanische Übereinkommen zur Korruptions bekämpfung eingerichtet, der einen besonderen Mechanismus für die Assoziierung der Zivilgesellschaft umfasst. Demokratisches Regieren ist ebenfalls eine der fünf Prioritäten für Maßnahmen, die von der Rio-Gruppe bei ihrem letzten Gipfel in Cuzco (Mai 2003) festgelegt wurden. Dabei bekräftigten die Länder ihr Engagement für die Festigung der Demokratie, den Rechtsstaat und die Notwendigkeit, wirksamere politische Systeme einzurichten. Dasselbe gilt in Asien, wo Governance-Fragen auf der Agenda der asiatischen Länder oder ihre Zusammenschlüsse insbesondere nach der asiatischen Finanzkrise einen hohen Stellenwert einnehmen. Die Debatte in diesem Teil der Welt konzentriert sich auf eine weniger um sich greifende und direkte Rolle des Staates in der Wirtschaft, die Umsetzung marktgestützter Wirtschaftsprinzipien, die Förderung der regionalen Handelsintegration, die Stärkung der inländischen Finanzmärkte und die Vergrößerung der Möglichkeiten einer kollektiven Antwort auf potenzielle destabilisierende Bedrohungen usw. Die regionalen Entwicklungsbanken, beispielsweise die Asiatischen Entwicklungsbank (ADB) und die Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB), in denen die Partnerländer und andere Länder in den jeweiligen Regionen die mehrheitlichen Anteilseigner stellen und die mit umfassenden Entwicklungsmandaten ausgestattet sind, beschäftigen sich auch mit Governance-Fragen (z. B. im Zusammenhang mit der Modernisierung des Staates und den Reformen des öffentlichen Sektors), denen im Rahmen ihrer Strategien und Maßnahmen Priorität zukommt. Darüber hinaus hat insbesondere die IDB unter der Bezeichnung "Modernisierung des Staates" unlängst einen strategischen Rahmen für die Reform des Staates und die Festigung demokratischen Regierens entwickelt.

4. Der Weg zu einem dynamischeren und aktiveren Konzept

4.1. Eine politische Governance-Agenda

(62) Es gibt unterschiedliche Governance-Konzepte, die bei unterschiedlichen Perspektiven und der unterschiedlichen Lage in den jeweiligen Ländern ansetzen können. Je nachdem, ob es sich um schwierige Partnerschaften, eine Lage nach Konflikten oder effektive Partnerschaften handelt, werden die politischen Rezepte voneinander abweichen. Verantwortungsvolles Regieren muss spezifisch für jedes Land untersucht und gefördert werden und lässt sich nicht nach einem Einheitsmodell für alle, sondern nur ausgehend von den jeweiligen Ausgangsbedingungen verwirklichen. Das umfasst einen Prozess der allmählichen Konsolidierung verantwortlicher, wirksamer und demokratischer Institutionen sowie einen offenen Dialog mit nichtstaatlichen Akteuren, darunter die Wirtschafts- und Sozialpartner und andere zivilgesellschaftliche Organisationen. Institutionelle Nachhaltigkeit und Kapazitätenaufbau sind Kernelemente einer Governance-Agenda.

(63) Die EG verfügt dank ihrer Präsenz in fast allen Entwicklungs- und Schwellenländern und dank ihrer Politik und ihres breiten Spektrums an Instrumenten über eine lange Erfahrung mit der Unterstützung von und dem Dialog mit Regierungen in verschiedenen Ländern. In allen Fällen ist die politische Linie der EG und die Unterstützung für Regierungsführung in ihre normalen Kooperationsinstrumente einbezogen. Je nach den Ausgangsvoraussetzungen im jeweiligen Land kann dies Folgendes umfassen:

* Dialog

* humanitäre Hilfe

* das gesamte Spektrum der Entwicklungshilfe einschließlich:

- Unterstützung des Aufbaus institutioneller Kapazitäten

- Unterstützung der Dezentralisierung der Verwaltung, von Wahlen und nichtstaatlichen Akteuren

- Unterstützung für Maßnahmen im Bereich Menschenrechte.

Die technischen und finanziellen Instrumente umfassen Projekte, Sektorprogramme und Haushaltshilfe, die Deckung wiederkehrender Kosten sowie technische Hilfe. Bei all ihren Maßnahmen strebt die EG mehr Kohärenz, Komplementarität und Koordinierung der EG und der Politik der EU-Mitgliedstaaten sowie mit anderen Gebern an, um die Wirksamkeit zu erhöhen und gegenüber den Regierungen und der in den Partnerländern lebenden Bevölkerung Geschlossenheit zu demonstrieren.

(64) In diesem Rahmen sollte der Dialog für regelmäßige Kontakte mit den Partnerländern genutzt werden und über drohende/anhaltende Krisen hinausgehen. Das sollte eine regelmäßige und möglichst gemeinsame Bewertung der Entwicklungen in Bezug auf die Wahrung der Menschenrechte, der demokratischen Grundsätze, des Rechtsstaats und des verantwortungsvollen Regierens umfassen. Ferner kann eine engere Zusammenarbeit zwischen der EU, den Mitgliedstaaten und anderen Gebern zur Wirksamkeit des Dialogs beitragen.

(65) Der Umgang mit schwierigen Partnerschaften ist ein Thema, dem sich die internationale Gemeinschaft weiterhin widmen sollte. Die Entwicklungs zusammenarbeit mit diesen Ländern erfordert besondere Konzepte, die die häufig Governance-bezogenen Ursachen der Probleme bekämpfen, und ein auf das spezifische Umfeld des Landes zugeschnittenes Maßnahmenspektrum.

(66) Bei ihren Governance-bezogenen Maßnahmen sollte die EU gegebenenfalls dem Übergang von einem "Projektansatz" zu einem sektorbezogenen Programmansatz Rechnung tragen. Damit soll es den Partnerregierungen leichter gemacht werden, schlüssige Strategien und Aktionspläne zu entwickeln, die die Geber und andere relevante Akteure in einen einheitlichen Prozess und Rahmen einbinden. Der sektorbezogene Ansatz ist ein Weg zur Harmonisierung der Praxis und der Verfahren der Geber und für den koordinierten Umgang mit Fragen wie den wiederkehrenden Kosten in der öffentlichen Verwaltung.

(67) Um die Effizienz und die Wirkung der Governance-bezogenen EU-Maßnahmen und andere Entwicklungsbereiche zu verbessern, sind Fortschritte im Hinblick auf gemeinsame EU-Politiken und EU-Konzepte, Länder-/Regionalstrategien und die Harmonisierung der Verfahren notwendig. Insgesamt geht das Governance-Konzept der EU-Mitgliedstaaten weg von seinem anfänglichen Schwerpunkt auf Wirtschaftsprozesse und Verwaltungseffizienz hin zur einer stärkeren Berücksichtigung der Themen Demokratie, Gerechtigkeit und Partizipation. Auch bei anderen bilateralen und multilateralen Gebern lässt sich dies nachvollziehen. Anscheinend wird allgemein zu mehr landesweiten bilateralen Kooperationsprogrammen übergegangen. Die Stärkung des institutionellen und rechtlichen Rahmens zur Untermauerung der institutionellen Stabilität, der Demokratisierungsprozesse, des Rechtsstaats und der Wahrung und des Schutzes der Menschenrechte und individuellen Freiheiten ist ein gemeinsames Merkmal der EG-Maßnahmen. Diese unterschiedlichen Bereiche sind sowohl Interventionssektoren als auch Querschnittsfragen in den LSP/RSP. Die EG wird auch weiterhin Komplementarität und Kohärenz mit anderen bilateralen und multilateralen Gebern anstreben.

(68) Die Nutzung von Governance-Indikatoren liegt im gegenseitigen Interesse der Partner. Sie können den Dialog innerhalb des Landes und von den Ländern angeführte Prozesse zur Reform der Governance-Systeme (Wahlsystem, Justiz) erleichtern und die Qualität der Entwicklungsmaßnahmen verbessern.

(69) Im Folgenden wird vorgestellt, mit welchen Governance-Konzepten die EU an verschiedene Situationen herangeht, d.h. an schwierige Partnerschaften, Szenarien nach Konflikten und effektive Partnerschaften. Zur Veranschaulichung dieser Konzepte und als auf Erfahrungen gestützte politische Hilfestellung in verschiedenen Bereichen und Situationen wurden Fallstudien ausgewählt.

(70) Der Schwerpunkt der folgenden Mitteilung liegt gemäß der Gemeinsamen Stellungnahme des Rates und der Kommission zur Entwicklungspolitik der Gemeinschaft [16] auf den Entwicklungsländern. Doch auch Erfahrungen in anderen Ländern und Regionen können interessante Konzepte und nützliche Verfahren hervorbringen, die Regionen übergreifend ausgetauscht werden können.

[16] Gemeinsame Stellungnahme vom 10.11.2000; Mitteilung über die Entwicklungspolitik der Europäischen Gemeinschaft (KOM(2000)212 endg., 26.4.2000).

(71) Die westlichen Balkanländer können zur Veranschaulichung der EU-Politik nach Konflikten dienen.

Westliche Balkanländer

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER: Wichtigste Merkmale sind die Lage nach dem Konflikt und das Erbe der Teilung Jugoslawiens. Des Weiteren ergibt sich eine besondere Komplexität des Institutionengefüges aus den Friedensabkommen (z.B. das dreigliedrige BiH, die neue Verfassung für Serbien und Montenegro, das von den Vereinten Nationen verwaltete Kosovo, das Ohrid-Abkommen in der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien); die internationale Gemeinschaft ist mit der vollständigen oder teilweisen Verwaltung großer Einheiten (z.B. UN-Mandate für BiH und Kosovo) stark beteiligt. Weitere Parameter sind die Notwendigkeit der Einrichtung ganzer Verwaltungsabteilungen in den Nachfolgestaaten (z.B. staatlicher Grenzschutz), Grenzziehung und -kontrolle sowie das Streitpotenzial aufgrund von Problemen mit Eigentumsrechten/Katasterwesen. Ferner sieht sich die Region klassischeren Problemen mit der Transformation eines sozialistischen Systems in eine echte Demokratie und eine funktionierende Marktwirtschaft gegenüber. Mit dem Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess (SAP) will die EU diesen Ländern helfen, diese institutionellen Herausforderungen zu bewältigen, in eine Partnerschaftsbeziehung einzutreten, Eigenverantwortung zurückzugewinnen und auf dem Weg zur europäischen Integration voranzuschreiten.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN: Im Zentrum der Politik der EU gegenüber der Region bedeutet der SAP die Anerkennung, dass die westlichen Balkanländer mögliche Kandidaten auf einen EU-Beitritt sind (Europäischer Rat von Feira, Juni 2000, bekräftigt im Dezember 2002 in Kopenhagen und im Juni 2003 in Thessaloniki), und dass weiterhin die Kopenhagener Kriterien [17] gelten. Die Unterstützung der Regierungsführung und der institutionellen Reformen ist somit durch die umfassendere Perspektive vorbestimmt, wonach die westlichen Balkanländer politisch, wirtschaftlich und rechtlich die Übernahme der europäischen Standards anstreben. Vor allem geht es der EU darum, die äußerste wertvolle Erfahrung aus dem Erweiterungsprozess (Erfahrung mit der Transformation postkommunistischer Staaten, der Übertragung des EU-Rechts auf Mittel- und Osteuropa) anzuwenden. Das Konzept ist umfassend und schließt die Stabilisierung der Demokratie (d.h. Schutz von Minderheiten, Rückkehr der Flüchtlinge usw.), mögliche Verfassungsreformen, die Rechtsstaatlichkeit (darunter Polizei- und Justizreform, Korruptionsbekämpfung), die Reform der öffentlichen Verwaltung, die Ordnungspolitik (öffentliches Ausgabenmanagement, Privatisierungsprozess, Wahrung der Eigentumsrechte) sowie die Fähigkeit zur Einhaltung der SAP-Verpflichtungen ein (d.h. Handelserleichterung und statistische Zusammenarbeit). Die Gemeinschaftshilfe im Rahmen des Programms CARDS stellt derzeit 40 % ihrer Ressourcen bereit, um den institutionellen Herausforderungen und dem institutionellen Aufbaubedarf zu begegnen. In Ausnahmefällen gewährt die EG den westlichen Balkanländern Haushaltshilfe, die bei der Verbesserung der Ordnungspolitik in diesen Ländern eine bedeutende Rolle spielt. Darüber hinaus baut die EG ihre Strategien im Bereich Justiz und Inneres aus, indem sie die westlichen Balkanländer dabei unterstützt, ihre Kapazitäten zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität zu stärken. Intensive Anstrengungen gelten der Entwicklung einer integrierten Grenzverwaltung. Einen weiteren Schwerpunkt bilden die Themen Migration und Asyl.

[17] Diese Kriterien für die EU-Mitgliedschaft von Beitrittsländern wurden 1993 vom Europäischen Rat in Kopenhagen vereinbart: Eine stabile Demokratie, Wahrung der Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Minderheitenschutz, eine funktionierende Marktwirtschaft sowie die Übernahme der zum EU-Recht gehörenden gemeinsamen Regeln, Normen und Politikbereiche.

4.2. Schwierige Partnerschaften

(72) Schwierige Partnerschaften zeichnen sich durch mangelndes Engagement für verantwortungsvolles Regieren aus. Sie unterschieden sich von Fällen schwacher Governance, in denen sich die Regierung bemüht und Engagement zeigt, ihre Kapazitäten jedoch schwach und ihre Ergebnisse begrenzt sind.

(73) Die Geber können es sich insbesondere aus drei Gründen nicht leisten, leistungsschwache und schwierige Partner völlig fallen zu lassen: 1) aus Gründen der Solidarität: Die Bevölkerung sollten nicht den Preis für das mangelnde Engagement ihrer Regierungen zahlen; 2) aus Gründen der Sicherheit in Verbindung mit der Gefahr, ein Land zu isolieren und in gescheiterten Staaten den Extremismus und den Terrorismus gedeihen zu lassen; 3) längerfristig aus Gründen der Effizienz der Hilfe unter Berücksichtigung der potenziell hohen Gefahren und Kosten im Zusammenhang mit dem Verlassen eines Landes über einen langen Zeitraum hinweg (Anstieg der Armut, Zusammenbruch der Institutionen, Lähmung des Privatsektors, sofern vorhanden, usw.) Ferner besteht insbesondere bei Konflikten die Gefahr eines Übergreifens auf die Nachbarländer oder die internationale Gemeinschaft.

(74) Daher sollten die EU und andere Geber statt eines vollständigen Rückzugs aus dem jeweiligen Land alternative Ansatzpunkte und Konzepte für die Zusammenarbeit mit dem betreffenden Land finden.

(75) Das Spektrum schwieriger Partnerschaften reicht von Ländern, in denen das Governance-Konzept der EU Dialog und finanzielle Unterstützung durch verschiedene Finanzinstrumente umfasst, bis hin zu äußerst schwierigen Partnerschaften dort, wo die Zusammenarbeit ausgesetzt wurde.

(76) Ansatzpunkte sind besonders in den meisten Extremfällen schwierig zu finden, wo möglicherweise "geeignete Maßnahmen" ergriffen oder Sanktionen verhängt wurden oder seitens der internationalen Gemeinschaft erforderlich sind. Selbst in diesen Situationen können noch Maßnahmen folgender Art durchgeführt werden:

* Humanitäre Hilfe oder Nahrungsmittelhilfe, vorausgesetzt die ihr zugrundeliegende Logik wird weiterhin respektiert (Zugang aller Betroffenen unabhängig von deren politischer Anschauung, Geschlecht usw.).

* Unterstützung von Maßnahmen zivilgesellschaftlicher Organisationen, d.h. zur Unterstützung der Menschenrechte oder Deckung der Grundbedürfnisse der Bevölkerung.

* Politische Initiativen auf internationaler oder regionaler Ebene mit dem Ziel, eine dauerhafte Lösung der Krise zu finden.

* Wurden Artikel 96 oder 97 des Cotonou-Abkommens oder andere einschlägige Konsultationsverfahren durchgeführt, ist es Aufgabe der EG, die beschlossene Agenda von Abhilfemaßnahmen zu überwachen einschließlich der Maßnahmen, zu deren Annahme sich das Partnerland selbst verpflichtet hat. Nach den Konsultationen müssen - möglichst gemeinsam - die notwendigen Anpassungen dieser Maßnahmen festgelegt und bewertet werden. Sind die Konsultationen erfolgreich und werden die entsprechenden Maßnamen von der Regierung tatsächlich umgesetzt, können sich diese Fälle allmählich zu effektiveren Partnerschaften entwickeln.

(77) NORDKOREA

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - Die Demokratische Volksrepublik Korea (DPRK) ist wirtschaftlich und sozial in einem sehr schlechten Zustand. Die internationale humanitäre Hilfe hat dazu beigetragen, die schlimmsten Folgen des Hungers und des wirtschaftlichen Zusammenbruchs abzufangen, reicht jedoch nicht aus, um die Wirtschaft wiederzubeleben und die sozialen Bedingungen für die nordkoreanische Bevölkerung zu verbessern. Trotz einiger Wirtschaftsreformen im Jahr 2002 (Freigabe der Preise und Gehälter, keine staatliche Lebensmittelverteilung, Genehmigung von Landwirtschaftsmärkten) fehlen die Grundlagen für eine nachhaltige wirtschaftliche Erholung. Der DPRK fehlen einfach die Ressourcen, um ihre landwirtschaftlichen, industriellen und sozialen Grundlagen sowie ihre Infrastruktur wiederaufzubauen. Abhilfe kann nicht geschaffen werden ohne i) die Verpflichtung auf politische und institutionelle Reformen, um die Wirtschaft auf eine nachhaltigen Wachstumspfad zu bringen (Einführung von Governance-Grundsätzen und der Rechtsstaatlichkeit, von Transparenz und einer Bürgergesellschaft, die derzeit nicht existiert); und ii) den Aufbau wirtschaftlicher Beziehungen mit der internationalen Gemeinschaft, um den Handel, die Investitionen und die Wirtschaftshilfe anzuziehen, die für die mittel- und langfristig zur Verwirklichung wirtschaftlichen Wachstums notwendig sind. Die gegenwärtige nordkoreanische Nuklearkrise kommt dem nicht entgegen und verhindert bis ist zu ihrer Lösung die nötige internationale Wirtschafthilfe.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Seit Ausbruch der Nuklearkrise im Oktober 2002 leistet die EU weiter humanitäre Hilfe und Nahrungsmittelhilfe. Seit 1995 hat die EU der DPRK 283 Mio. EUR für humanitäre und Nahrungsmittelhilfe bereitgestellt. Trotz der derzeitigen politischen Lage beschloss der Rat "Allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen" am 18. November 2002, dass die EU Nordkorea weiter mit humanitärer und Nahrungsmittelhilfe versorgen soll.

Das Länderstrategiepapier für 2001-2004 hat 15 Mio. EUR für TH-Projekte vorgesehen, um Nordkorea mit Hilfe eines umfangreichen Programms für Ausbildung und Institutionenaufbau bei der Entwicklung der nötigen Wirtschaftsreform zu unterstützen. Die Durchführung dieser Wirtschaftskooperationshilfe (die mit zwei Pilotprojekten in Höhe von jeweils 1 Mio. EUR in den Bereichen Ausbildung in den Grundsätzen der Marktwirtschaft und Energieeffizienz sowie von 15 Mio. EUR für Folgemaßnahmen hätte beginnen sollen) ist angesichts der politischen Lage vorübergehend ausgesetzt. Doch die EU steht bereit, um die Wirtschaftszusammenarbeit mit Korea zu stärken, wenn sich die derzeitige Krise zufriedenstellend lösen lässt.

Im Zuge unserer Zusammenkünfte des politischen Dialogs mit Nordkorea hat die EU ihre Besorgnis in Bezug auf die Menschenrechtslage zum Ausdruck gebracht, zuletzt im Juni 2002 in Pjöngjang. Es gab einige Fortschritte bei unseren Gesprächen und die DPRK hat in den Menschenrechtsgesprächen ein konstruktiveres Engagement gezeigt und sich positiv zur Rolle von NRO geäußert sowie versprochen, die offenen Probleme in Bezug auf deren Arbeitsbedingungen zu lösen. Die EU hat eine humane Behandlung der aus China zurückkehrenden Flüchtlinge gefordert, da China hierzu seine Position nach zahlreichen Zwischenfällen mit nordkoreanischen Flüchtlingen, die in ausländischen Botschaften in Beijing Asyl suchten, verhärtet hat. Bei der Sitzung der UN-Menschenrechtskommission in Genf legte die EU eine Entschließung zu Nordkorea vor, die am 16. April angenommen wurde.

(78) Bei weniger dramatischen, aber dennoch schwierigen Partnerschaften kann die politische Linie der EG und ihre Unterstützung in ihre normalen Kooperationsinstrumente einbezogen werden. Folgende Prioritäten sind in der Regel am wichtigsten:

* Aufrechterhaltung eines regelmäßigen Dialogs mit den Behörden der Partnerländer

* Unterstützung des Aufbaus institutioneller Kapazitäten

* Unterstützung der Menschenrechte oder anderer Governance-bezogener Maßnahmen

* Projekte oder Programme zur Deckung der Grundbedürfnisse der gefährdetsten Bevölkerungsgruppen, u.a. die Verbesserung der Erbringung von Dienstleistungen gegenüber den Armen und die Stärkung der Zivilgesellschaft, insbesondere durch Unterstützung der nichtstaatlichen Akteure und Zusammenarbeit mit ihnen.

(79) ANGOLA

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - Nach 28 Jahren Bürgerkrieg, die verhindert haben, dass sich in Angola stabile und verantwortungsvolle demokratische Institutionen und Praktiken herausbilden, mangelt es dem Land nach wie vor an Humankapital und seine institutionellen Kapazitäten sind nach dem Konflikt schwach. Die Grundlage für die Umstrukturierung eines unabhängigen Rechtssystems ist sehr brüchig. Die Transparenz der öffentlichen Finanzen ist ein besonderer Schwachpunkt. So erscheinen beispielsweise große Teile der Öleinkommen nicht dem Haushalt, was bedeutet, dass sich die Einnahmen aus den umfassenden natürlichen Ressourcen Angolas zum Nutzen der eigenen Bevölkerung besser verwalten ließen. Zivilgesellschaftliche Organisationen sind immer noch sehr schwach und die Achtung der Menschenrechte dürftig. Korruption ist weit verbreitet. Die Regierung und die EG haben eine unterschiedliche Sicht der derzeitigen Prioritäten. Aus der Warte der Regierung kommen institutionelle Reformen nach dem materiellen Wiederaufbau erst an zweiter Stelle. Die EG bringt erste Besorgnis in Bezug auf die Durchführung zentraler institutioneller Reformprogramme zum Ausdruck, insbesondere im Justizwesen und bei der öffentlichen Verwaltung.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Im Umgang mit Governance-Fragen in Angola sind drei verschiedene Aspekte relevant. Oberste Priorität nach dem Konflikt sind dringende Fragen, d. h. hauptsächlich humanitäre Hilfe. Andere Fragen mussten in dieser Phase hinten angestellt werden. Zweitens ist zu berücksichtigen, dass die Maßnahmen in einem neuen Kontext stattfinden, d. h. im Rahmen des Cotonou-Abkommens und Governance-bezogener internationaler Verpflichtungen und daher ein Konzept erforderlich ist, das die Kohärenz zwischen politischen, entwicklungspolitischen und humanitären Aspekten gewährleistet. In diesem Zusammenhang kommt der politische Dialog ins Spiel und im Falle von Angola kam es zu einem engen Zusammenwirken zwischen dem Instrument des gemeinsamen Standpunkts und der Kooperationsstrategie (LSP/NRP). Unter Berücksichtigung dieser Aspekte sowie des Grundsatzes der Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung (LRRD), der die Grundlage für die Kooperationsstrategie zwischen der EG und Angola bildet, wird ein abgestuftes Konzept verfolgt, das von der sich entwickelnden Lage nach dem Konflikt in dem Land sowie von seinem Übergang von der Soforthilfe zur Phase der Rehabilitation ausgeht. Dieses allgemeine Konzept führte zu einer Auswahl geeigneter Ansatzpunkte und Instrumente. Der gemeinsame Standpunkt des Rates vom 25.6.2002 [18] legt großen Wert auf Good Governance als das Instrument, das die Verbindung zwischen den politischen und den auf die Verringerung der Armut bezogenen Aspekten der Zusammenarbeit sicherstellt. Es liefert den Rahmen für den politischen Dialog. Die mangelnde Transparenz der Öleinnahmen ist eines der zentralen Elemente der Gespräche zwischen der Regierung und den Gebern. Die Regierung hat geäußert, dass die sich zu einer uneingeschränkt transparenten Verwaltung des Haushalts verpflichtet. Die positive Stellungnahme der Regierung wird als möglicher Ansatzpunkt für den Dialog über Governance-bezogene Reformen verstanden. Im Hinblick auf die Transparenz der Öleinnahmen könnte ein dem Kimberley-Prozess [19] ähnlicher Prozess in Erwägung gezogen werden. Die Gespräche und Entwicklungen in dieser Sache könnten außerhalb der klassischen Kooperationsbereiche in einer möglichen "nicht hilfebezogenen" Strategie erfolgen. Die Initiative "Publish What you Pay", die vorschlägt, die Transparenz der Öleinnahmen dadurch sicherzustellen, dass an Börsen in der EU oder den Vereinigten Staaten notierte Ölgesellschaften ihre Zahlungen an Regierungen in Drittländern veröffentlichen müssen, könnte in diesem Zusammenhang ein nützliches Instrument sein. Dasselbe gilt für die im Juni 2003 im Vereinigten Königreich auf den Weg gebrachte Transparenzinitiative der Minenindustrie (EITI), die sich auf die "Publish What you Pay"-Initiative stützt. Derzeit hat Angola beschlossen, an diesem Prozess lediglich als Beobachter teilzunehmen.

[18] ABl. L 167 vom 26.6.2002.

[19] Der Kimberley-Prozess ist eine globale Initiative, in der festgelegt wurde, dass ausgeführte Diamanten nicht aus Konfliktgebieten stammen dürfen, um so den Handel mit so genannten "Blutdiamanten" zu unterbinden.

(80) BANGLADESCH

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - Angesichts des Ausmaßes der Governance-Probleme und ihrer nachteiligen Auswirkungen auf Armut und Entwicklung wurde verantwortungsvolles Regieren als zentrale entwicklungspolitische Herausforderung für Bangladesch festgehalten. Im Bereich der politischen Governance ist die Lage besonders kritisch. Zu den am dringendsten zu lösenden Problemen zählen hier: 1) eine umfassende Korruptionsbekämpfungsstrategie und die Einrichtung einer unabhängigen und wirksamen Korruptionsbekämpfungs kommission; 2) die Reform des Strafgerichtswesens einschließlich einer umfassenden Reform des Polizeidienstes und der Trennung der Justiz von der Exekutive; 3) die Dezentralisierung und die Verbesserung der Effizienz der lokalen Erbringung staatlicher Leistungen; 4) die Institutionalisierung und Förderung der Menschenrechte und die Einrichtung einer unabhängigen Menschenrechtskommmission sowie eines Ombudsmanns.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Die EG fährt zweigleisig sowohl als Teil der internationalen Gebergemeinschaft als auch als bilateraler Partner. Als Teil der internationalen Gebergemeinschaft hat die EG den Staat durch die Unterstützung sektorbezogener Programme in einen politischen Dialog eingebunden. Auf bilateraler Ebene hat das Kooperationsabkommen von 2001 die Bedeutung der Governance-Thematik in den Beziehungen zwischen der EG und Bangladesch erhöht. Wenngleich sich die Finanzierung besonderer Governance-Maßnahmen im NRP gemessen am Ausmaß des Problems gering ausnimmt, stellt verantwortungsvolles Regieren im NRP eine wichtige Querschnittsfrage dar. Unlängst hat die EG mit dem Staat einen politischen Dialog eingeleitet, der sich als konstruktiv und fruchtbar erweist. Seit der dramatischen Operation "Clean Heart" nimmt die klägliche Governance-Situation auf der politischen Agenda der EU-Institutionen einen hohen Stellenwert ein. Während öffentliche Rügen Bangladesch unangenehm sind, haben jüngste Kontakte gezeigt, dass die Governance-Botschaft der EU langsam ernster genommen wird.

4.3. Szenarien nach Konflikten

(81) In vielen Fällen funktionieren staatliche Institutionen nach Konflikten nicht mehr oder sind sogar nicht mehr vorhanden. In ihrer Fähigkeit, staatliche Leistungen zu erbringen sind sie ernsthaft beschränkt. Ein Waffenstillstand oder ein Friedensabkommen, die den Rahmen für die Rehabilitation eines Landes bilden, enthalten den Demokratisierungs- und den nationalen Aussöhnungsprozess sowie eine Strategie für die wirtschaftliche Entwicklung. Normalerweise gibt es einen Mechanismus für den Dialog zwischen den Ländervertretern und der Gebergemeinschaft. Es wird beabsichtigt, die Gespräche zwischen den Partnern über die Unterstützung für das Land und seinen Übergang zu einer langfristigen Entwicklung zu fördern.

(82) Im Zusammenhang mit einem Umfeld nach Konflikten müssen in der Regel folgende Prioritäten angegangen werden:

* die Ermittlung der Konfliktursachen

* die Fähigkeit und Bereitschaft der einzelnen Akteure (Regierung, Parlament und Justiz, politische Parteien, Zivilgesellschaft), die Konfliktursachen zu bekämpfen

* die im Rahmen des Aussöhnungsprozess zu ergreifenden Maßnahmen

* die Bereitschaft der Regierung, Governance-Fragen zu behandeln, die sehr häufig zu dem Konflikt geführt haben und im Nachkriegsumfeld weiter verwurzelt sein können

* die Verknüpfung von Soforthilfe, Rehabilitation und Entwicklung.

(83) Zur Förderung einer Governance-Agenda zugunsten der Armen und um die Regierung zu politischen Veränderungen zu bewegen, kombinieren die Geber den Dialog mit verschiedenen Finanzinstrumenten. Parallel dazu leisten sie humanitäre Hilfe, die neutral und auf die Deckung der Bedürfnisse der Bevölkerung abgestellt ist. Die Koordinierung zwischen den Gebern ist eine wesentliche Voraussetzung für einen wirksamen, ergebnisorientierten Dialog mit dem Partnerland.

(84) GUATEMALA

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - Die wichtigsten Parameter sind die langsame Umsetzung der 1996 unterzeichneten Friedensabkommen und der mangelnde Fortschritt auf dem Weg zur Demokratisierung und zur wirtschaftlichen Entwicklung. Die meisten strukturellen Ursachen des Konfliktes bleiben weiterhin ungelöst. Es fehlt an institutionellen Kapazitäten und politischem Willen, den im Friedensabkommen geforderten Reformprozess umzusetzen. Weitere Hauptprobleme sind der Ausschluss und die Diskriminierung indigener Bevölkerungsgruppen, die die Mehrheit der Bevölkerung stellen, das geringe Maß an Partizipation der Zivilgesellschaft besonders in ländlichen Gebieten, die Bedrohung von Menschenrechtlern und des Vorgehens der Justiz, Korruption, Drogenhandel, Geldwäsche. Ein schwaches Justizsystem und schwache nationale Polizeikräfte stehen in Kontrast zu den zunehmenden Sicherheitsmängeln und der vermutlichen Existenz paralleler Machstrukturen. Auf Seiten der Wirtschaft muss etwas gegen die Schieflage bei der Einkommensverteilung, die äußerst schwache Besteuerungsgrundlage und das im Vergleich zum BIP niedrige Steueraufkommen unternommen werden, auch durch die Reform des Steuersystems.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Ein erheblicher Teil der EG-Hilfe für Governance-bezogene Bereiche (Demobilisierung und Rehabilitation ehemaliger Guerillakämpfer und Soldaten; Verbesserung der Sicherheit der Bürger durch Errichtung und Gewährleistung einer funktionierenden Zivilpolizei; Stärkung des Justizsystems; Gewährleistung eines rechtlichen Eigentumsschutzes durch Einführung eines nationalen Landregisters; Unterstützung des nationalen Ombudsmanns für Menschenrechte). Hauptziel des LSP für 2002-2006 ist die Schaffung und Stärkung der notwendigen Voraussetzungen für die Umsetzung des Friedensabkommens. Die Kooperationsagenda konzentriert sich hauptsächlich auf die Folgemaßnahmen zur Zusammenkunft der Beratenden Gruppe - mit dem Ziel der Beschleunigung der Umsetzung des Friedensabkommens - und auf die kommenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen im November 2001 einschließlich die Durchführung einer EU-Wahlbeobachtungsmission. Ferner ist Guatemala Schwerpunktland der Europäischen Initiative für Demokratie und Menschenrechte (EIDMR). Der "Mesodialogo", ein permanentes Forum für die Zusammenarbeit zwischen der EG und Guatemala aus der EG, den EU-Mitgliedstaaten, der Regierung und lokalen sowie europäischen zivilgesellschaftlichen Organisationen, das von der EU gefördert wird, muss weiter konsolidiert werden. Im Rahmen des LSP 2002-2006 hat der Mesodialogo zur Ausarbeitung zentraler Maßnahmen beigetragen, die unter anderem auf die verstärkte Beteiligung der Zivilgesellschaft und die Festigung des staatlichen Dezentralisierungsprozesses abzielen. Das EG-Konzept auf bilateraler Ebene wird ergänzt durch die vom so genannten San José-Dialog zwischen der EU und sechs zentralamerikanischen Ländern festgelegten Prinzipien und Ziele, dem es gelungen ist, einen Beitrag zum Friedensprozess und zur Demokratisierung der Region zu leisten. Er wurde in der Folge auf die neuen Herausforderungen im Zusammenhang mit einer nachhaltigen und gerechten wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung sowie auf die Vertiefung der wirtschaftlichen Verbindungen zwischen den beiden Regionen neu ausgerichtet.

(85) RUANDA

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - Zwischen 1959 - 1994 wurden Rechtsvorschriften aufgrund der Volksgruppenzugehörigkeit eingeführt und es fanden mehrere Massaker gegen die Minderheiten der Tutsi und Twa statt, die Flüchtlingswellen auslösten. Mit der Invasion der von der ruandischen Miliz unter der Fahne der von der Tutsi dominierten Rwandan Patriotic Army (RPA) brach 1990 der Bürgerkrieg aus. Die 1993 in Arusha unterzeichneten Abkommen sahen die Bildung einer breit abgestützten Regierung, die Verringerung der Streitkräfte und ein Übergangsprogramm vor. Dann allerdings begann im April 1994 der Völkermord der Tutsi und der gemäßigten Hutu und machte die Umsetzung der Abkommen unmöglich. Der Völkermord führte zu einem massiven Verlust an Humankapital und zur Zerstörung der institutionellen Kapazitäten sowie der sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur: rund 800 000 Menschen wurden getötet, 2 Millionen Menschen flohen in andere Länder und 1,5 Millionen wurden zu Binnenvertriebenen. Die Folgen des Krieges und des Völkermords sind die Ursachen der heutigen sozialen, politischen und wirtschaftlichen Probleme Ruandas. Gebildete Bevölkerungsschichten wurden ausgedünnt, getötet, inhaftiert und ins Exil getrieben. Die Sicherung der Grenzen hat den Haushalt belastet und die Schuldenlast erhöht. Eine weitere Belastung des Haushalts stellt die Inhaftierung der des Völkermords Verdächtigen und das Justizverfahren sowie die Entschädigung für Opfer dar. Die Kosten des ruandischen Programms für Demobilisierung und Wiedereingliederung sind ebenfalls erheblich. Ruander leidet traditionell unter knappen Landressourcen und einem hohen Bevölkerungsdruck, so dass die Integration von Tausenden ehemaligen Kombattanten nicht ohne Probleme einhergehen wird. Ruanda ist im Begriff, eine neue, nicht auf die Volksgruppenzugehörigkeit abgestellte Identität aufzubauen. Das zentrale Problem ist es, durch den Übergang zur Demokratie, indem die der Beteiligung am Völkermord Angeklagten vor Gericht gestellt werden und die Menschenrechtslage verbessert wird, den Aussöhnungsprozess zu verwirklichen.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Die EU und ihre Mitgliedstaaten gehörten zu den ersten internationalen Akteuren, die das Regime nach dem Völkermord anerkannten. In der Zeit nach dem Völkermord konzentrierte sich die EG-Zusammenarbeit auf humanitäre Hilfe und Rehabilitation. Ende 1999 waren die humanitären Bedürfnisse in Ruanda nicht mehr dringend und ECHO zog sich aus dem Land zurück. Die Geber haben das wirtschaftliche Reformprogramm der Regierung unterstützt und einige, darunter die EG, haben begonnen, Ruanda mit Haushaltshilfe zu unterstützen. Ruanda hat den Entscheidungspunkt der HIPC-Initiative erreicht und kann somit in den Genuss dieser Initiative kommen.

Die laufenden Maßnahmen konzentrieren sich auf institutionelle Unterstützung mit technischer/logistischer Unterstützung für das Finanzministerium, die allgemeine Volkszählung und Unterstützung für verantwortungsvolles Regieren und den Justizsektor. Die Infrastrukturkomponente konzentriert sich auf Wasserversorgungs systeme und die Verwaltung der Straßensektors. Schließlich wurden die Wirtschaftshilfe und die Finanzierung von Kleinstprojekten auf dem Land und arbeitsintensiven Vorhaben in Städten fortgesetzt. Das Nationale Richtprogramm des 9. EEF wurde im März 2003 unterzeichnet. Sein Schwerpunktsektor ist die ländliche Entwicklung, einschließlich die ländliche Wirtschaft sowie das Verkehrswesen und die Wasserversorgung in ländlichen Gebieten. Das wirtschaftliche Reformprogramm der Regierung wird weiterhin gefördert. Ziele sind ferner der Aufbau institutioneller Kapazitäten, der Übergang zur Demokratie und Justiz sowie die Stärkung der dezentralisierten Strukturen und der Zivilgesellschaft.

Den Rahmen des politischen Dialogs bildet der gemeinsame Standpunkt der EU [20], der jedes Jahr überprüft wird. Er deckt die Aspekte der innenpolitischen Lage (Völkermordsjustiz, Menschenrechte, Demokratisierungsprozess usw.) und die Außenpolitik Ruandas (Beteiligung am Konfliktes der DRK, illegale Ausbeutung der natürlichen Ressourcen der DRK) ab. 1996 wurde ein EU-Sonderbeauftragter für die Region der Großen Seen benannt. Die Delegationsleiter berichten regelmäßig über die Menschenrechtslage und über politische Fragen. Am 4. Juni 2003 wurde durch Referendum eine neue Verfassung angenommen, die das Ende der Übergangszeit kennzeichnet. Ferner haben im August 2003 allgemeine und direkte Präsidentschaftswahlen stattgefunden und wurden von der EU beobachtet und selbst wenn einige Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden, überwog die Auffassung, dass es sich dabei um einen wichtigen Schritt hin zur Konsolidierung des Demokratisierungsprozesses handelt. Um den Übergangsprozess zur Demokratie zu vervollständigen, fanden Ende September/Anfang Oktober 2003 Parlamentswahlen statt, die ebenfalls von der EU beobachtet wurden. Der Abschlussbericht der EU-Wahlbeobachtungsmission über den gesamten Wahlprozess wird Mitte Oktober 2003 erwartet.

[20] ABl. L 285 vom 23.10.2002.

4.4. Effektive Partnerschaften

(86) Bei einer effektiven Kooperationspartnerschaft geht eine Regierung Verpflichtungen im Hinblick auf Entwicklungsziele und international vereinbarte Ziele ein. Nationale Institutionen, Zivilgesellschaft und Geber nehmen an den Gesprächen teil, die zu einer nationalen Entwicklungs- (oder Armuts verringerungs-)Strategie führen, die nach und nach von der Regierung mit Unterstützung der Geber umgesetzt wird. Die erwarteten Ergebnisse hängen weitestgehend nicht nur vom Engagement des Partnerlandes und vom politischen Willen oder von der technischen und finanziellen Unterstützung durch die Geber, sondern auch von den Kapazitäten des Partnerlandes und vom Grad der institutionellen Nachhaltigkeit ab. Im Rahmen des normalen Dialogs mit dem Partnerland werden alle Themen und Probleme im Zusammenhang mit der Zusammenarbeit regelmäßig offen erörtert.

(87) Die Prioritäten für Maßnahmen in einer effektiven Partnerschaft sollten darauf ausgerichtet sein sicherzustellen, dass angemessene Strategien und Reformprogramme zu Gunsten der Armen angenommen und im Bereich der Regierungsführung umgesetzt werden. Die wichtigsten Prioritäten sind normalerweise:

* Gewährleistung eines fortlaufenden und wirksamen Dialogs mit den Partnerländern

* die Bereitstellung von Unterstützung, die zur Stärkung der demokratischen Regierungsführung, zur Bürgerbeteiligung und zum Zugang zur Justiz beiträgt

* die Bereitstellung von Unterstützung für Maßnahmen im Bereich Menschenrechte

* die Stärkung der Transparenz, Verantwortlichkeit und Wirksamkeit staatlicher Institutionen durch Unterstützung des institutionellen Kapazitätenaufbaus auf allen Ebenen im Bereich verantwortungsvolles Regieren und Rechtsstaatlichkeit einschließlich der Reform des öffentlichen Dienstes in allen Bereichen, der Absicherungssysteme, des Steuerwesens und der Verwaltung, des Haushaltsverfahrens und der Kontrollverfahren, der Statistiken usw.

* die Integration der institutionellen Unterstützung in andere Sektoren der Kooperationsprogramme

* die Unterstützung zur Förderung der Fähigkeit der Zivilgesellschaft zur Beteiligung an der politischen Entscheidungsfindung und an Debatten.

(88) MITTELMEERREGION

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - Alle MEDA-Länder stehen sowohl politisch als auch wirtschaftlich vor großen Herausforderungen. Auf politischer Seite herrscht in den meisten Ländern eine Kombination aus undurchsichtigen Regierungspraktiken und einer dürftig entwickelten Zivilgesellschaft. Wirtschaftlich gesehen besteht in der Region Bedarf an Strukturreformen, um die Wachstumsbilanz der MEDA-Partner zu verbessern und Arbeitsplätze für eine schnell wachsende Bevölkerung zu schaffen. Zur Stabilisierung des gegenwärtigen hohen Beschäftigungsniveaus wäre eine Wachstumsrate von rund sieben Prozent nötig, die weit über der gegenwärtigen liegt. Gelingt dies nicht, steigen die Armut und der soziale Druck, was erhebliche Auswirkungen über die Grenzen der Länder hinaus haben wird. Außerdem stellen die Transparenz der Märkte und die Korruptionsbekämpfung eine große Herausforderung dar. Migration ist der zentrale Schwerpunkt und die EU ist zunehmend besorgt über den Zustrom illegaler Migranten aus den Mittelmeerpartnerländern und über diese Länder. Die Partner ihrerseits klagen über die Behandlung der in der EU rechtmäßig niedergelassenen Einwanderer. Unsere gemeinsame Herausforderung liegt darin, ein insgesamt ausgewogenes Migrationskonzept zu finden. Fragen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des Terrorismus, der organisierten Kriminalität und des Drogenhandels stellen weitere Prioritäten dar. Die Lage im Hinblick auf die Wahrung der Menschenrechte und der Demokratie in der Region gibt weiterhin Anlass zur Sorge. Autokratische Regime und eine dürftig entwickelte Zivilgesellschaft führen zu großen Defiziten in Bezug auf die Einhaltung der Menschenrechte und der demokratischen Prinzipien.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Die institutionelle Reform ist auf multilateraler und bilateraler Kooperationsebene ein zentrales Element der Europa-Mittelmeer-Partnerschaft. Der Barcelona-Prozesse wird in verschiedenen Gremien umgesetzt, darunter Europa-Mittelmeer-Ministertagungen, der Europa-Mittelmeer-Ausschuss und verschiedene technische Gruppen und Ausschüsse, in denen Governance-bezogene Fragen behandelt werden (institutionelle Reformen, Transparenz und Marktöffnung, gerechte Justizverwaltung usw.). Im Rahmen der bilateralen Beziehungen werden die institutionellen Reformen durch die Assoziationsabkommen vorangetrieben, die mit allen MEDA-Partnern außer einem (Syrien) geschlossen wurden. Diese Abkommen sehen einen politischen Dialog, die allmähliche Schaffung von Freihandel mit der EU und die Zusammenarbeit in zahlreichen wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereichen vor.

In ihrer Mitteilung "Größeres Europa" über eine umfassendere Initiative zwischen Europa und seinen neuen Nachbarn legte die Kommission eine ehrgeizige Vision vor: die Schaffung eines erweiterten Raums des Friedens, der Stabilität und des Wohlstands, der die Nachbarn im Osten und im Süden (Mittelmeerländer) umfasst und sich auf gemeinsame Werte und eine tiefe Integration stützt. Im Gegenzug zu Fortschritten bei der Umsetzung der politischen, wirtschaftlichen und institutionellen Reformen erhält Nachbarschaft der EU die Aussicht auf engere wirtschaftliche und politische Beziehungen zur EU. Dieses Ziel wird mit Hilfe von Aktionsplänen umgesetzt, die unter anderem Reformen zur Stärkung der Demokratie und der Achtung der Menschenrechte, des verantwortlichen Regierens und des Rechtsstaats abdecken.

Die Unterstützung der politischen Reformen und der Wirtschaftspolitik ist ein wichtiger Schwerpunkt der Beziehungen der EU zu ihren Mittelmeerpartnern. Dazu finden regelmäßige Zusammenkünfte des wirtschaftlichen Dialogs auf bilateraler und regionaler Ebene statt. Der Dialog über Wirtschaftspolitik und über den Rechtsrahmen wird mit politischer Hilfe kombiniert, die die Modernisierung des Haushaltsverfahrens zur Stärkung der Transparenz und der Kontrollmechanismen im Bereich der öffentlichen Finanzen und Institutionen umfasst. Um den Reformprozess zu erleichtern, wird außerdem geeignete technische Hilfe geleistet.

Die Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres ist im Mittelmeerraum ein Phänomen jüngerer Zeit. Zu diesem Zweck nahmen die Außenminister bei ihrer Tagung im April 2002 in Valencia ein Rahmendokument für ein Europa-Mittelmeerprogramm im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit, der Bekämpfung von Terrorismus, Drogenhandel und organisierter Kriminalität sowie für die Zusammenarbeit bei Fragen im Hinblick auf die soziale Eingliederung von Einwanderern, Migration und Bevölkerungsbewegungen an. Bei der Europa-Mittelmeer-Ministertagung in Valencia wurde außerdem ein regionaler Aktionsplan über Angelegenheiten aus dem Bereich Justiz und Inneres vereinbart. Infolge mehrerer Tagungen und eines fünftägigen Workshops (Juni 2003) mit den MEDA-Partnern wurden Prioritäten festgelegt. Experten und Praktiker aus den Mitgliedstaaten und den Mittelmeerländern werden nun zusammenarbeiten, um gemeinsame Instrumente/Programme für die Ausbildung von Richtern, Staatsanwälten und Polizeibeamten in den obersten Prioritätsbereichen Terrorismus, organisierte Kriminalität und Geldwäsche auszuarbeiten. Auch in mehrere Nationale Richtprogramme wurden Programme für den Bereich Justiz und Inneres einbezogen.

Menschenrechte und Demokratie werden mit den MEDA-Partnern im Zusammenhang mit den Assoziationsabkommen, der EIDMR-Initiative und im Rahmen des Programms MEDA vorangetrieben. Unlängst hat die Kommission eine Mitteilung über die Intensivierung der EU-Maßnahmen für die Mittelmeer-Partnerländer in den Bereichen Menschenrechte und Demokratisierung angenommen, in der zahlreiche strategische Leitlinien im Hinblick auf die Ausarbeitung eines umfassenden Konzepts für diese zentrale Frage festgelegt sind.

(89) BURKINA FASO

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - Die institutionellen Kapazitäten und Zivilgesellschaft bedürfen der Stärkung. Die notwendige Reform des Rechtssystems ist im Gange. Der Mangel an natürlichen Ressourcen, Umweltdegradation, Dürre (Sahel-Klima) sowie die hohe Abhängigkeit von der Landwirtschaft (in der 80 % der aktiven Arbeitskräfte beschäftigt sind und die 40 % des BIP ausmacht) und eine geringe Diversifizierung der Ausfuhren behindern die langfristige Entwicklung. Eine weitere Sorge ist der begrenzte und sporadische soziale Konflikt. Schließlich kann die Lage in der Region wirtschaftliche und soziale Folgen nach sich ziehen, da zahlreiche Burkiner in den Nachbarländern leben.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Die Armutsverringerung steht an vorderster Front aller EG-Maßnahmen, die sich auf den PRSP-Prozess unter Führung der Regierung stützen. Die verschiedenen Arten der EG-Unterstützung weisen einen hohen Grad an Konsistenz und Konvergenz mit den Maßnahmen der EU-Mitgliedstaaten und anderer Partner auf. Durch die Aufrechterhaltung der Unterstützung für die Konsolidierung der makroökonomischen und sektorbezogenen Politik soll die Partnerschaftsstrategie zwischen Burkina Faso und der EU den Reformprozess durch Festigung des Rechtsstaats und der Dezentralisierung stärker unterstützen, was auch eine stärkere Partizipation der Begünstigten einschließt. Zu den wichtigsten EG-finanzierten Programmen, die sich auf Haushaltshilfe, Verkehr und Institutionenaufbau konzentrieren, gehört die Konsolidierung des Justizwesens, die Verbesserung der Lebensbedingungen der Bevölkerung durch Wasserversorgung sowie ein Programm für dezentralisierte Zusammenarbeit. Ferner kommt Burkina Faso in den Genuss einer Hilfe über den Haushalt, die unter anderem Kofinanzierungen mit NRO, Menschenrechte, Demokratie usw. einschließt.

Außerdem war Burkina Faso Pilotland für das neue Haushaltshilfekonzept. Durch Bereitstellung von Mittel über den Haushalt werden Mittel für wiederkehrende Aufwendungen (Lehregehälter, Schulbücher, Medikamente usw.) zur Verfügung gestellt, die benötigt werden, um Investitionen wirksam zur Armutsverringerung einzusetzen. Die Nutzung des nationalen Haushaltssystems hilft, akute Mitteldefizite zu verringern, die ein verantwortungsvolles Regieren praktisch unmöglich machen. Die Verknüpfung der Finanzierung mit Fortschritten bei der Verwaltung der öffentlichen Finanzen schafft Anreize zur Verbesserung und durch flankierende Unterstützung des Kapazitätenaufbaus ermöglicht es Verbesserungen. Indem andere Mittel an Ergebnisse geknüpft werden, entsteht ein Anreiz für die Regierung, ihre Aufmerksamkeit von den Inputs - was wo ausgegeben wird - auf Ergebnisse - was diese Ausgaben im Sinne höherer Quoten für Einschulung, bestandene Prüfungen, Impfschutz usw. bringen - zu verlagern. Geeignetere Anreize und Verantwortung für die Ergebnisse tragen so dazu bei, den Verwaltungsaspekt des Regierens zu verbessern. In Burkina wurde bei den frühen Haushaltshilfemissionen der Zugang zu Gesundheitsleistungen als Indikator herangezogen, was zu der Entdeckung führte, dass zwar mehr Gesundheitszentren errichtet wurden, die Anzahl der Behandelten jedoch mangels anderer Beiträge zurückging. Auf diese Entdeckung hin wurde der Schwerpunkt der Anstrengungen auf den Gesundheitssektor ausgerichtet und diese Umorientierung wurde dadurch gefördert, dass zusätzliche Mittel für wiederkehrende Aufwendungen über den Haushalt zur Verfügung standen. Außerdem wurde durch die Verknüpfung mit anderen Gebern in einem gemeinsamen Prozess die Belastung des burkinischen öffentlichen Dienstes durch zahlreiche Gebermissionen verringert - was in einem Land mit begrenzten Verwaltungskapazitäten eine große Einsparung bedeutet - und die Bereitstellung von Mitteln über die nationalen Haushaltssysteme ermöglichte einen einheitlichen Planungs- und Rechnungslegungsrahmen.

(90) OSTEUROPA UND ZENTRALASIEN

WICHTIGSTE ENTWICKLUNGSPOLITISCHE PARAMETER - In vielen Ländern Osteuropas und Zentralasiens sind die Institutionen und damit die Governance immer noch schwach. Die verschiedenen Messungen der Korruption, darunter der Index der wahrgenommenen Korruption (Corruption Perception Index) von Transparency International, zeigen, dass Korruption in vielen der NUS-Länder ein Problem ist. Das beweisen auch die Erhebungen über das wirtschaftliche Umfeld und die Leistungsfähigkeit der Unternehmen, die von der EBWE und der Weltbank bei Firmen in der Region durchgeführt wurden. Der öffentliche Dienst in den NUS-Ländern leidet unter zahlreichen Defiziten wie a) dem Fortbestand von Institutionen, deren funktionelle und organisatorische Struktur nicht reformiert wurde, b) der Notwendigkeit, zur Erfuellung neu festgelegter staatlicher Aufgaben neue Organe und Institutionen aus dem Nichts heraus zu schaffen, c) oder unnötige Aufgaben abzuschaffen, d) unvollständige und nicht reformierte Rechtsvorschriften über die Rechte und Pflichten von Bediensteten im öffentlichen Dienst, e) die wegen mangelnder Transparenz, mangelnder Verantwortlichkeit und niedrigen Gehältern weit verbreitete Korruption in der staatlichen Verwaltung, f) die schwachen oder zumindest zu wenig genutzten Kapazitäten für die Bewirtschaftung der Humanressourcen in der öffentlichen Verwaltungen, g) der Mangel an Professionalität in der öffentlichen Verwaltung, der sich auch auf bestimmte wichtige Fragen wie niedrige Gehälter, den Mangel an Anreizen und den Mangel an Möglichkeiten für die Verbesserung der beruflichen Kapazitäten auswirkt.

WICHTIGSTE POLITISCHE ANTWORTEN/MASSNAHMEN - Die Kooperationsziele der EU sind der Aufbau einer Partnerschaft mit den NUS, in der die demokratischen Prinzipien und Menschenrechte und der Übergang zur Marktwirtschaft gefördert und unterstützt werden. Diese Ziele stützen sich auf die Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) mit den meisten dieser Länder und die gemeinsamen Strategien mit Russland und der Ukraine und sind Bestandteil einer Nachbarschaftspolitik, in der sich die politische und strategische Bedeutung der Region für die EU widerspiegelt. Die strategische Bedeutung dieser Partnerschaft nimmt nun mit der Erweiterung der EU nach Osten zu. Bei Russland und den westlichen NUS wird Initiativen zur Lösung der großen grenzüberschreitenden Probleme wie organisierte Kriminalität und Korruption besondere Bedeutung beigemessen. Die Verwaltungsreform ist ein entscheidender Faktor für die Verbesserung der Regierungsführung und die Bekämpfung der Korruption, da sie das Problem bei der Wurzel packt, d. h. bei der bürokratischen Überregulierung des Wirtschaftslebens, an der die Korruption ansetzen kann. Eine zentrale langfristige Priorität des Programms TACIS ist die Unterstützung der Reform des öffentlichen Dienstes, der Justiz und der Rechtsvorschriften. TACIS liefert politische Beratung in Bereichen wie Reform des Staatshaushalts, regionale Finanzreform, Reform des öffentlichen Beschaffungswesens, Regelungen zur Verhinderung von Interessenkonflikten im öffentlichen Dienst, öffentlicher Zugang zu Informationen, Rechtsstatus von Bediensteten im öffentlichen Dienst sowie Ausbildung und Bewirtschaftung von Humanressourcen im öffentlichen Dienst. Die Europäische Initiative für Demokratie und Menschenrechte unterstützt in den NUS die Förderung und die Stärkung des Rechtsstaats, die Unabhängigkeit der Justiz und ein menschliches Haftsystem, die Förderung verantwortungsvollen Regierens und die Korruptionsbekämpfung. Im Bereich Governance, Geldwäsche und Bekämpfung der organisierten Kriminalität arbeitet die EU eng mit den betreffenden europäischen und internationalen Organisationen zusammen, insbesondere mit dem Europarat, der OSZE und den Vereinten Nationen. Im Rahmen des OECD-Netzes zur Korruptionsbekämpfung für Transformationsländer haben unlängst 6 NUS (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, die Russische Föderation, Tadschikistan und die Ukraine) einen regionalen Plan zur Bekämpfung der Korruption angenommen. Mit dem Plan verpflichten sich diese Länder auf spezifische Maßnahmen zur Steigerung der Integrität und der Transparenz im öffentlichen Dienst, zur Förderung der Verantwortlichkeit und Rechenschaftspflicht von Unternehmen und zur aktiven Beteiligung der Öffentlichkeit an der Ausarbeitung von Reformen.

5. Schlussfolgerungen

(91) Governance ist inzwischen ein wichtiger Bereich für die Unterstützung der Geber im Zusammenhang mit Programmen der Entwicklungszusammenarbeit, die sich in Anerkennung der vorrangige Verantwortung der nationalen Regierungen und der Rolle der jeweiligen Innenpolitik auf von den Ländern selbst verantwortete Strategien stützen. Der Begriff bezieht sich auf die Regeln, Prozesse und das Verhalten bei der Artikulation von Interessen, der Bewirtschaftung von Ressourcen und der Ausübung der Staatsgewalt in einer Gesellschaft. Governance ist eine zentrale Komponente der Strategien zur Armutsverringerung. Die Schwerpunktlegung auf Governance umfasst die Zusammenarbeit mit Regierungen und einen Beitrag zum Aufbau ihrer Kapazitäten in allen Sektoren der Zusammenarbeit wie Gesundheit, Bildung, Verkehr, ländliche Entwicklung usw. Ferner umfasst das Konzept eine spezifische Unterstützung von Verwaltungsreformen, Verbesserungen bei der Bewirtschaftung der Staatsfinanzen, der Sicherungssysteme usw. Schließlich geht es aber auch um die Förderung der Zivilgesellschaft und partizipatorischer Ansätze staatlicher Politik. Die Governance-Analyse in den jeweiligen Ländern liefert ein grundlegendes Maß für die Qualität und Leistungsfähigkeit des politischen und administrativen Systems.

(92) Das Cotonou-Abkommen spiegelt dieses Gesamtkonzept wieder und liefert eine nützliche Referenz für die übrigen EU-Abkommen mit Drittländern. Es enthält eine Verpflichtung auf verantwortungsvolle Regierungsführung als grundlegendes Element der AKP-EU-Partnerschaft, über das ein regelmäßiger Dialog stattfindet und das als ein Bereich festgelegt wurde, den die Gemeinschaft unterstützt. Die Beteiligung nichtstaatlicher Akteure ist Bestandteil dieses Prozesses. Außerdem enthält es spezifische Bestimmungen für den Umgang mit ernsten Korruptionsfällen, was nach Konsultationen geeignete Maßnahmen nach sich ziehen kann.

(93) Als einer der in der politischen Stellungnahme vom November 2000 festgelegten Prioritätsbereiche der EG-Entwicklungspolitik ist die Governance-Thematik Gegenstand zahlreicher Programme und Instrumente in den Außenbeziehungen der EU. Ihre Auswirkungen auf die Verringerung der Armut, eine nachhaltige Entwicklung und institutionelle Nachhaltigkeit hängt weitgehend von der Qualität des politischen Dialogs und der Einbindung aller Interessenträger in den Reformprozess ab. Die EG verwaltet derzeit viele Programme und führt in den meisten Entwicklungsländern und Regionen (Mittelmeerregion, Asien, Lateinamerika, Afrika usw.) einen politischen Dialog, der veranschaulicht, wie die EU zur Verbesserung der administrativen, wirtschaftlichen und politischen Governance in Partnerländern beiträgt. Außerdem findet ein Dialog auf multilateraler Ebene statt.

(94) Im Umgang mit der Governance-Thematik entwickelt die EG allmählich einen politischen Rahmen, der auf die Erfahrungen der Mitgliedstaaten und anderer Geber sowie auf die bewährtesten Verfahren aufbaut. Die in Kapitel 4 der vorliegenden Mitteilung vorgestellte politische Agenda und die spezifischen Beispiele für Maßnahmen bilden die Grundlage für weitere Debatten mit dem Rat, dem Europäischen Parlament und den Partnern. Sie liefern eine Auswahl an Konzepten mit zentralen Leitsätzen, die auf das jeweilige Land zugeschnitten umgesetzt werden müssen. Ferner werden in der vorliegenden Mitteilung ein pragmatischer Umgang mit Governance und Möglichkeiten der Anwendung von Indikatoren vorgeschlagen und es wird bekräftigt, dass verschiedene politische und finanzielle Instrumente auf schlüssige Weise eingesetzt werden müssen.

(95) Außerdem sollten die Koordinierung und die Komplementarität zwischen der EG und den EU-Mitgliedstaaten durch die Annahme gemeinsamer politischer Grundsätze in diesem spezifischen Bereich vorangetrieben werden. Das Maß der Übereinstimmung zwischen den Governance-Konzepten der EU-Mitgliedstaaten insgesamt scheint hierfür eine brauchbare Grundlage zu bieten.

(96) Auf Grundlage der Ergebnissen der Debatte mit dem Rat und dem Parlament wird die Kommission die oben genannten politischen Grundsätze in Leitlinien und in einem Leitfaden, der den Delegationen helfen sollen, die Governance-bezogenen EG-Kooperationsprogramme schlüssig zu verwalten, operativ umsetzen. Der LSP/RSP-Prozess und dessen wiederkehrende Überprüfungen bilden den geeigneten Rahmen für eine kohärente Verknüpfung der außenpolitischen Prioritäten der EU, ihrer Instrumente und ihrer Zuweisungen auf Länderebene oder regionaler Ebene.

ANHANG Glossar

ACP Afrika, karibischer Raum und Pazifischer Ozean

ADB Asiatische Entwicklungsbank

APRM Afrikanischer Peer Review-Mechanismus

AU Afrikanische Union

BiH Bosnien und Herzegowina

CARDS EG-Hilfeprogramm für die westlichen Balkanländer

CSR Corporate Social Responsibility - Soziale

Verantwortung von Unternehmen

DAC Entwicklungshilfeausschuss

DRK Demokratische Republik Kongo

DVRK Demokratische Volksrepublik Kongo Korea

ECHO Amt für humanitäre Hilfe der Europäischen

Gemeinschaft

EEF Europäischer Entwicklungsfonds

EG Europäische Gemeinschaft

EIDMR Europäische Initiative für Demokratie und

Menschenrechte

EU European Union

FDI Ausländische Direktinvestitionen

FYROM Ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien

GAERC Rat "Allgemeine Angelegenheiten und

Außenbeziehungen"

GOVNET Governance-Netz des Entwicklungsausschusses der

OECD

HIPC Hochverschuldete arme Länder

IDB Interamerikanische Entwicklungsbank

LRRD Verbindung von Soforthilfe. Rehabilitation und

Entwicklung

LSP Länderstrategiepapier

MEDA EG-Hilfeprogramm für Marokko, Algerien,

Tunesien (Maghreb), Ägypten, Israel,

Jordanien, die Palästinensische Behörde, Libanon,

Syrien (Maschrek), Die Türkei, Zypern, Malta und

Libyen haben derzeit Beobachterstatus

MTBF Mittelfristiger Haushaltsrahmen

MTEF Mittelfristiger Ausgabenrahmen

NEPAD Neue Partnerschaft für die Entwicklung Afrikas

Nicaragua, Panama

NRO Nichtregierungsorganisation

NSA Nichtstaatlicher Akteur

NUS Neue Unabhängige Staaten

OAS Organisation Amerikanischer Staaten

OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit

und Entwicklung

PA Friedensvertrag

RSP Regionales Strategiepapier

SAN JOSE GRUPPE Costa Rica, El Salvador, Guatemala, Honduras,

SAP Stabilisierungs- und Assoziierungsprozess

(Westliche Balkanländer)

TACIS EG-Hilfeprogramm für Armenien, Aserbaidschan,

Belarus, Georgien, Kasachstan, Kirgisistan,

Moldau, Mongolei, Russland, Tadschikistan,

Turkmenistan, Ukraine, Usbekistan

UN Vereinte Nationen

UNSC Sicherheitsrat der Vereinten Nationen

WSSD Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung

WTO Welthandelsorganisation