Grünbuch - Europäische Raumfahrtpolitik /* KOM/2003/0017 endg. */
GRÜNBUCH - EUROPÄISCHE RAUMFAHRTPOLITIK (Von der Kommission vorgelegt) Dieses Dokument wurde in Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) erstellt. INHALTSVERZEICHNIS GRÜNBUCH Europäische Raumfahrtpolitik Vorwort EINFÜHRUNG Eine notwendige Diskussion Konsultationsverfahren: Das Grünbuch 1. EUROPÄISCHE RAUMFAHRTPOLITIK ANGESICHTS EINES SICH WANDELNDEN GLOBALEN KONTEXTES 1.1. Die "Grundlagen" 1.1.1. Unabhängiger Zugang zum Weltraum 1.1.2. Aufrechterhaltung eines hohen wissenschaftlichen Niveaus 1.1.3. Die industrielle und technologische Basis 1.1.4. Der kommerzielle Markt und der institutionelle Bedarf 1.1.5. Internationale Zusammenarbeit 1.1.6. Bemannte Raumfahrt 1.2. Haushalt und Finanzen 1.3. Talent und Fachwissen 2. RAUMFAHRT STÄRKER IM DIENST EUROPAS UND DER BÜRGER 2.1. Beitrag zur sich herausbildenden wissensbasierten Gesellschaft und zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie 2.2. Förderung der nachhaltigen Entwicklung 2.3. Verstärkte Sicherheit für die Bürger 3. EFFIZIENTERE UND AMBITIONIERTERE ORGANISATION UND RAHMEN 3.1. Europäische Union, ESA und Mitgliedstaaten: Rollen und Beziehungen 3.2. Raumfahrtpolitik und programmatischer Rahmen 3.3. Vorhersehbarer und stabiler ordnungspolitischer Rahmen für die Raumfahrtindustrie SCHLUSSFOLGERUNGEN Vorwort Die in den letzten Jahrzehnten unternommenen Anstrengungen in Europa waren motiviert durch das Streben nach Autonomie in Raumfahrtangelegenheiten. Diese Anstrengungen wurden bislang vor allem im Rahmen intergouvernementaler Zusammenarbeit und hier zuvorderst im Rahmen der ESA, die dank ihres Wissens- und Erfahrungsschatzes und ihrer einigenden Rolle ein maßgebender Akteur ist, aber auch im nationalen Rahmen (nationale Agenturen und nationale Industrien) vorangetrieben. All diese Bemühungen haben es ermöglicht, eine solide industrielle Basis zu bilden und Europa eine anerkannte Kapazität im Bereich der Trägerraketen, der Forschung und Technologie sowie bei Anwendungen, insbesondere bei den Telekommunikationssatelliten, zu verschaffen. Im Ergebnis konnte dadurch eine führende Position auf kommerziellem Gebiet erzielt werden. Überall kennen die Welt und Europa den profunden Wandel, der auch vor der Raumfahrt nicht Halt macht. Die dank der Europäischen Weltraumorganisation ESA erreichten Erfolge müssen verstärkt und aufgewertet werden, indem man sie in den Dienst der Union stellt und von derselben Unterstützung erfährt. Schon seit einigen Jahren ist sich die Union bewußt über die Bedeutung der Raumfahrt. Sie verhält sich zunehmend als Akteur, agierend insbesondere im Zusammenhang mit Anwendungen, die für ihre Politiken von Nutzen sind (s. Projekt für satellitengestützte Navigations- und Ortungssysteme (GALILEO) sowie die GMES-Initiative (Global Monitoring for Environment and Security) zur globalen Beobachtung zu Umwelt- und Sicherheitszwecken). Durch die Entwicklung der Anwendungen, insbesondere zur Erdbeobachtung, konnte das Nutzungsspektrum der Raumfahrt erweitert werden. Die Raumfahrt stellt heute ein ,Instrument" mit einzigartigen Merkmalen dar, das für zahlreiche Ziele und Politikbereiche eingesetzt werden kann, z.B. für Verkehr und Mobilität, Informationsgesellschaft und industrielle Wettbewerbsfähigkeit, Umweltschutz, Raumordnung, Landwirtschaft und Fischerei, zivile Sicherheit, nachhaltige Entwicklung und generell die in Lissabon beschlossene Strategie, wonach die Union die fortschrittlichste Wissensgesellschaft weltweit.." werden soll. Daneben sind auch die zunehmenden Herausforderungen der Sicherheit sowie die vielfachen Nutzungsmöglichkeiten der Raumfahrt Gründe dafür, heute die Rolle Europas in der Raumfahrt insgesamt neu zu überdenken. In diesem Zusammenhang erfordert vor allem auf die rasche Weiterentwicklung der gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) eine besondere Beachtung. Die Aufnahme der Raumfahrtpolitik in die aktuelle Dynamik der europäischen Politik hätte für diesen Sektor vor allem zwei Vorteile: einerseits die Öffnung für ein weites Spektrum von Anwendungen und Nutzern, andererseits die Möglichkeit einer besseren Integration der Ressourcen und einer größeren politische Aufmerksamkeit. Auf politischer Ebene stellt sich die grundsätzliche Frage nach den europäischen Ambitionen. Keine europäische Nation könnte auf unabhängige Weise eine Raumfahrtpolitik durchführen aufgrund der Höhe der hierzu notwendigen Mittel. Die Tatsache, dass die Vereinigten Staaten eine sechs Mal höhere Summe an öffentlichen Geldern in die Raumfahrt investieren als alle europäischen Länder zusammengenommen, muss Europa zu denken geben, wenn es weltweit in diesem Bereich eine Rolle spielen will. Einige der zu behandelnden Themen sind nicht einfach: der Grad der Unabhängigkeit, über den Europa in diesem strategisch wichtigen Bereich verfügen möchte, Europas Fähigkeit, Sicherheitsfragen global zu behandeln, sowie Art, Höhe und Kohärenz der Investitionen, zu denen Europa bereit ist. Auf organisatorischer Ebene ist eine Diskussion der Rollen und Zuständigkeiten der einzelnen Akteure im Sinne der Subsidiarität notwendig, um die politischen Entwicklungen besser widerspiegeln, einem erneuerten europäischen Willen wirkungsvoll entsprechen und einige Unklarheiten der jetzigen Situation auflösen zu können. EINFÜHRUNG Mit dem Grünbuch soll eine Debatte über die mittel- und langfristige Nutzung der Raumfahrt im Interesse Europas sowie über die Raumfahrtpolitik Europas eingeleitet werden. Diese Debatte reiht sich auf natürliche Weise in die Diskussionen über die Zukunft Europas ein, welche schließlich zur nächsten Regierungskonferenz führen sollten. Das Grünbuch gibt die Anliegen der Europäischen Kommission wieder, die häufig auch von der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) geteilt werden. Es beinhaltet insbesondere ein erstes Element zur Beantwortung der Aufforderung des Europäischen Parlaments ausgedrückt in seiner Resolution über die Raumfahrt [1]. [1] Resolution des Parlaments, 17. Januar 2002, PR TAPROV (2002)0015 "Europa und die Raumfahrt" Eine notwendige Diskussion ,..Ultimative Grenze", ,..Entdeckung des Universums und seines Ursprungs", ,..Leben auf anderen Planeten", ,..Betretung des Mondes", ,..Helden des Weltraumes" Die Raumfahrt repräsentiert für die Menschheit eine unerschöpfliche Quelle von zeitlosen Träumen und wichtigen Realitäten. In der Praxis stellt die Raumfahrt für Europa schon seit langem eine Quelle für technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt dar. Weltraumgestützte Systeme spielen bereits heute eine bedeutende Rolle im Hinblick auf zahlreiche Aspekte des täglichen Lebens des europäischen Bürgers: Satellitenkommunikation erlaubt die Beförderung von Nachrichten in die entlegensten Gebiete dieses Planeten; jeder kann die Fernsehkanäle seiner eigenen Kultur Tausende Kilometern entfernt von seinem Ursprungsland sehen; Daten aus der satellitengestützten Erdbeobachtung gehören zur Basis von meteorologischen Vorhersagen. Die Raumfahrttechnologie erlaubt die Rettung menschlichen Lebens, einerseits dank ihrer Bereitstellung von weltweiten Such- und Rettungstechnologien, andererseits dank ihrer Infrastrukturen, die der Beobachtung dienen und eine wirkungsvolle Intervention im Falle von Naturkatastrophen erlauben. Allgemein kann man sagen, dass die Daten und Informationen, die diese Systeme liefern, unabdingbar für die Organisation und das gute Funktionieren einer modernen Gesellschaft sind. Dennoch sind die gegenwärtige Situation und die zukünftigen Perspektiven des europäischen Raumfahrtsektors besorgniserregend. Zunächst ist und bleibt die Raumfahrt noch für lange Zeit ein Betätigungsfeld verbunden mit hohem Risiko und fragiler ökonomischer Überlebensfähigkeit, obwohl ihr Anwendungspotential weiterhin wachsen wird. In der Tat wurde das Gleichgewicht des ökonomischen Modells auf dem die Entwicklung der Raumfahrt bislang in Europa basiert hat, nämlich die Unterstützung durch die öffentliche Hand durch eine starke kommerzielle Komponente zu ergänzen, bereits stark beschädigt als Folge der Schwierigkeiten auf dem Telekommunikationsmarkt und des Machtzuwachses mehrerer anderer Regionen der Welt. Nun droht dieses Gleichgewicht gänzlich in Gefahr zu geraten. Gleichzeitig müssen unverzüglich Entscheidungen getroffen und erhebliche Investitionen getätigt werden, um im technologischen Bereich den Kurs beibehalten zu können, während sich das Ungleichgewicht bezüglich der Investitionen insbesondere im Hinblick auf die Vereinigten Staaten verstärkt. Schließlich reflektiert die Situation der Raumfahrt in Europa einige Widersprüche. Diese resultieren insbesondere aus der mehr strategischen als kommerziellen Natur der Raumfahrt sowie aus der wesentlichen Rolle, welche die Staaten spielen. Die Positionen, die diese Staaten im nationalen, im zwischenstaatlichen oder im gemeinschaftlichen Bereich einnehmen, können erheblich variieren und die nationalen Interventionen im industriellen Sektor, zu einem Zeitpunkt, in dem diese Industrie im Begriff ist, transnationalen Charakter anzunehmen, sind schwerwiegend. Die Präsenz im Weltraum ist synonym mit politischem Willen. Für seinen Teil hat Europa viel zu gewinnen - oder zu verlieren - abhängig von seinem Engagement oder fehlendem Engagement in diesem Bereich. Um zu vermeiden, dass Gelegenheiten ungenützt gelassen werden und um Hilfestellung für Entscheidungen und Maßnahmen zu leisten, muss eine Grundsatzdiskussion geführt werden. Um diese zu ermöglichen und zu strukturieren präsentiert dieses Dokument zunächst einen Überblick über die ,Grundsätze" auf denen die Raumfahrtaktivitäten in Europa beruhen (Kapitel I); danach wird das erhebliche Potential, das dieselben zum Nutzen des Bürgers und der Politiken der Europäischen Union beitragen können, aufgezeigt (Kapitel II), und schließlich endet das Dokument mit Betrachtungen zu einigen institutionellen Aspekten und Regularien sowie den Konsequenzen, welche im organisatorischen Bereich daraus gezogen werden müssen (Kapitel III). Konsultationsverfahren: Das Grünbuch Das Grünbuch stellt eine neue Etappe in der dynamischen Entwicklung des europäischen Raumfahrtsektors dar. Vor diesem Hintergrund möchte die Kommission bei den politischen Entscheidungsträgern, den Unternehmen und den Bürger zu der Bewusstwerdung der strategischen und politischen Bedeutung dieses Themas beitragen, welches zu häufig oft nur Spezialisten vorbehalten sind. In diesem Dokument werden die gemeinsamen Überlegungen der Europäischen Kommission und der Europäischen Weltraumorganisation berücksichtigt [2], die im Rahmen der 2001 eingesetzten Task Force für Weltraumfragen angestellt wurden. Ferner werden die gemeinsamen Arbeiten an einer europäischen Strategie für die Raumfahrt und die Raumfahrtpolitik fortgeführt [3]. [2] Die Ausarbeitung beruht ferner auf kürzlich in den beiden Institutionen durchgeführten Arbeiten, insbesondere: [3] COM(2001)718 Ohne erschöpfend sein zu wollen, wird mit dem Grünbuch angestrebt, die Fragen zu stellen, die für die Ermittlung der Optionen für einen mittel- und langfristigen Zeitraum von größter Relevanz sind. Anhand der Antworten der Beteiligten auf die gestellten Fragen wird dann der ein Aktionsplan (,Weißbuch") erstellt werden können. 1. EUROPÄISCHE RAUMFAHRTPOLITIK ANGESICHTS EINES SICH WANDELNDEN GLOBALEN KONTEXTES Dem Grünbuch liegen eine Forderung und eine Prämisse zugrunde: - der Weltraum ist aufgrund seiner Natur in globaler Perspektive zu betrachten; - eine effektive Präsenz Europas im Weltraum ist Grundvoraussetzung für den Erfolg verschiedener europäischer Politiken. 1.1. Die "Grundlagen" Die Verfügbarkeit europäischer Kapazitäten in einer bestimmten Anzahl von Bereichen ist unverzichtbar, damit Europa und seine verschiedenen Akteure weiterhin in der Lage sind, die Bedingungen für ein erfolgreiches Wirken zu gewährleisten, sei es, um in den Wettbewerb oder in die Zusammenarbeit mit anderen Weltraummächten einzutreten. Die USA als erste dieser Weltraummächte nutzen Raumfahrtsysteme als Instrument zur Sicherung einer strategischen, politischen, wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Führungs position, bei der ,Weltraumdominanz" und ,Informationsdominanz" eine Rolle spielen. Dieser politische Wille spiegelt sich in Investitionen wider, die ihresgleichen suchen: Die Aufwendungen der USA für die Raumfahrt machen rund 80 % der weltweit in diesem Bereich (zivil und militärisch) getätigten Aufwendungen aus. Russland, das bei Raumfahrtentwicklungen ebenfalls Pionierleistungen vollbracht hat, ist es gelungen, eine sehr bedeutende wissenschaftliche, technische und operationelle Basis aufrechtzuerhalten. Im Bereich der institutionellen Verbindungen und der industriellen Zusammenarbeit hat Russland bislang stärker mit den USA als mit europäischen Partnern kooperiert. Die Ukraine verfügt ebenfalls über ein bedeutendes technisches Know-how, insbesondere bei den Trägerraketen. Die Aktivitäten der neuen Weltraummächte, die in jüngerer Zeit aufgetreten sind (Japan, China, Indien, Brasilien), sind stark von strategischen Überlegungen geprägt. Europa hat sich für einen eigenen Weg entschieden, für den bislang einige Besonderheiten kennzeichnend waren (s. Abb. 1): - eine politische Ambition: Erlangung und Aufrechterhaltung eines autonomen Zugangs zum Weltraum durch die Entwickung von unabhängigen Trägerraketen und Satelliten; - anhaltende Anstrengungen im Bereich der Wissenschaft, der Anwendungen und damit verbundener Infrastrukturen; - eine Industriepolitik, die auf den Ausbau einer wettbewerbsfähigen und innovativen industriellen Basis und auf die geographische Verteilung der Aktivitäten bedacht ist; - Vorrang von zivilen und kommerziellen Aspekten, besonders im Bereich der Startdienste und Satelliten; - Entscheidung zugunsten einer internationalen Zusammenarbeit mit den großen Weltraum mächten bei der Errichtung größerer Anlagen und der Durchführung umfangreicher Missionen, insbesondere bemannter Raumfluege. >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD> Abb. 1: Aufteilung öffentlicher und privater Investitionen in Europa im Raumfahrtsektor (Jahr 2000) [Quelle: Euroconsult, ESA] 1.1.1. Unabhängiger Zugang zum Weltraum Trägerraketen und Startzentren sind für jedes Raumfahrtprojekt grundlegend. Seit 1980 verfügt Europa mit der Trägerrakete Ariane und dem Raumfahrtzentrum in Guyana (welches eine Infrastruktur von europäischem Interesse darstellt) über einen unabhängigen und zuverlässigen Zugang zum Weltraum, der eine große Aktionsfreiheit bei der Umsetzung der europäischen Raumfahrtpolitischen Ambitionen sichert. Zu dieser Autonomie kommt der kommerzielle Erfolg, der seit den achtziger Jahren zu verzeichnen ist. Der günstige internationale Kontext war damals insbesondere gekennzeichnet durch: - die fast völlige Aufgabe der herkömmlichen Trägerraketen durch die USA, die sich bis zu dem Unfall des Jahres 1986 auf die Raumfähre konzentrierten; - das für russische Trägerraketen bis zum Ende des Sowjetregimes (1990) geltende Zugangsverbot am kommerziellen Markt. Diese Zeit gehört nun der Vergangenheit an. Der europäische Betreiber Arianespace sieht sich heute einer starken Konkurrenz gegenüber, zu der ein konjunkturbedingter Rückgang auf dem Markt für Startdienste hinzukommt. Ariane-5, die Trägerrakete der neuen Generation, ist operationell aber unter den gegebenen Bedingungen setzt ihre mittelfristige Wettbewerbsfähigkeit jedoch neue technische Entwicklungen sowie eine Modifizierung der Form der öffentlichen Unterstützung für ihre Nutzung (die derzeit vorbereitet wird) voraus. Gleichzeitig gibt es erste Pläne für eine Erweiterung des Produktspektrums: für 2006 ist eine weitere Trägerrakete (,Vega") vorgesehen, ferner wird - ebenfalls für 2006 - geprüft, ob die russische Trägerrakete Sojus im Raumfahrtzentrum in Guyana angesiedelt werden soll. Autonomie Europas und Wettbewerbsfähigkeit: ein empfindliches Gleichgewicht * Die ständige Verfügbarkeit einer zuverlässigen Trägerrakete für die institutionelle Nachfrage in Europa (0-3 Missionen jährlich) war bisher durch eine Trägerrakete gewährleistet, die ihren Nutzungsplan durch Dienstleistungsverträge auf dem Weltmarkt ergänzen konnte. In der Praxis handelte es sich um eine Trägerrakete, die für Telekommunikationssatelliten optimal war. * So stellte der kommerzielle Erfolg der Ariane die Wirtschaftlichkeit ihrer Nutzung sicher. Die Staaten konnten so ihr Hauptaugenmerk auf neue Entwicklungen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit richten. * Dieses wirtschaftliche Gleichgewicht ist derzeit durch drei Faktoren gefährdet: der finanziellen Belastung durch den Übergang zwischen den zwei Generationen Ariane-4 und Ariane-5, dem Einbruch des kommerziellen Marktes und dem Preisverfall aufgrund einer globalen Überkapazität bei den Startdiensten. Abgesehen von der Frage der mittelfristigen Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der europäischen Trägerrakete verbleibt die fundamentale Frage der langfristigen Garantie des Zugangs zum Weltraum für Europa. Frage 1: Will Europa weiterhin, bis 2020 und darüber hinaus, über einen unabhängigen Zugang zum Weltraum verfügen, basierend auf einer Familie europäischer Träger und ihrer bevorzugten Nutzung durch die institutionellen Akteure? Wie sollte sich, in einer solchen Perspektive, die zukünftige Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen öffentlicher Hand und Privatsektor entwickeln im Hinblick auf die Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit der Nutzung dieser Trägerraketen und der Finanzierung neuer Entwicklungen? 1.1.2. Aufrechterhaltung eines hohen wissenschaftlichen Niveaus In den zwei Hauptdisziplinen der Weltraumwissenschaften (Astrophysik und Erforschung des Sonnensystems) nehmen die europäischen Wissenschaftler eine führende Position ein, ebenso im Bereich der Erdbeobachtung. Abgesehen von der Kompetenz der Laboratorien spielen folgende Faktoren eine entscheidende Rolle: - Ein stark integrierter Programmrahmen, vertreten durch ESA, der zur Festlegung der meisten Missionen und zur Entwicklung raumfahrttechnischer Systeme (s. Kasten) eingesetzt wird; Merkmale des integrierten wissenschaftlichen Programms der ESA * Stabilität des Haushalts, der jeweils für einen Zeitraum von fünf Jahren verabschiedet wird (jährlich verfügbare Mittel: 360Mio.EUR). Die ESA-Mitgliedstaaten leisten obligatorische Beiträge. * Langfristige Programmplanung, mit der der Wechsel zwischen Missionen unterschiedlichen Umfangs festgelegt, das Gleichgewicht der Disziplinen gewährleistet und die Wahl zwischen ausschließlich europäischer Durchführung und internationaler Zusammenarbeit getroffen wird. * Komplementäre Zuständigkeit der ESA, die die Plattformen zur Verfügung stellt, und der nationalen Laboratorien, die die mitgeführten Instrumente entwickeln. Ein vergleichbares Programm wurde von ESA für die wissenschaftlichen Nutzer der Erdbeobachtung eingeführt. - die Verfügbarkeit eines unabhängigen Startzentrums, das die Durchführung mehrerer ausschließlich europäischer Raumfahrtmissionen in großem Maßstab ermöglichte, womit Europa in einigen Bereichen (Astrometrie, Infrarot- und Röntgenastronomie) Pionierleistungen vollbringen konnte; - die technische Kompetenz der Industrie und die Synergien, die in diesem Bereich mit den zivilen und verteidigungspolitischen Anwendungsprogrammen vorliegen. Die europäische Weltraumwissenschaft hat wesentlich zur Kenntnis der physikalischen Welt und zur Erforschung des Lebens im Weltraum beigetragen. Heute kommen die Geowissenschaften und die Wissenschaften hinzu, bei denen die Mikrogravitation eine Rolle spielt. Die Weltraumwissenschaft ist eine starke technologische Antriebskraft, denn die Risiken sind höher als bei operationellen Systemen zulässig. Das Niveau der Finanzierung über lange Zeiträume, die Aufteilung der Verantwortlichkeiten zwischen nationalen und europäischen Akteuren und das Gleichgewicht zwischen Autonomie und internationaler Kooperation sind entscheidende Elemente für ein starkes Wissenschaftsprogramm, welches seinerseits eine wichtige Komponente des Europäischen Raumfahrtprogramms darstellt. 1.1.3. Die industrielle und technologische Basis Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit und ihrer Glaubwürdigkeit muss die Raumfahrttätigkeit Europas sich auf ein industrielles Gefüge von hoher Qualität stützen können und Zugang zu den wichtigsten Technologien haben. Industrie Wenn Europa in der Raumfahrt Aktionsfreiheit besitzen möchte, muss die existierende starke und international wettbewerbsfähige industrielle Basis, welche das ganze Spektrum der Tätigkeiten meistert, erhalten bzw. verstärkt werden. Heute stellt der Raumfahrtsektor in Europa 30000 direkte, hoch qualifizierte Arbeitsplätze in etwa 2000 Unternehmen, die alle Kompetenzen im Bereich der Systeme, Teilsysteme und Bauteile abdecken. Die Raumfahrtindustrie zeichnet sich gleichzeitig durch folgende Merkmale aus: - Sie ist von strategischer Bedeutung, denn sie sichert Europa Unabhängigkeit in fast allen Raumfahrtsektoren; - Sie ist dual : sie ist auf dem zivilen und auf dem Verteidigungsmarkt präsent; - Sie ist "Katalysator" für Bereiche außerhalb der Raumfahrt im eigentlichen Sinne, insbesondere für die Verbraucherelektronikindustrie und die Fernsehverteilung. Aufgrund der immer stärker werdenden Konkurrenz hat die europäische Raumfahrtindustrie in den letzten Jahren bedeutende Umstrukturierungen vorgenommen. Sie ist heute europaweit organisiert und ein glaubwürdiger Konkurrent bzw. Partner der amerikanischen Raumfahrtindustrie. Allerdings ist sie derzeit betroffen von derWachstumskrise s im Bereich der Telekommunikation und der damit verbundenen, rapide zurückgehenden Nachfrage für entsprechende Satelliten durch die Betreiber. Eine wettbewerbsfähige Industrie * Der Gesamtumsatz der europäischen Raumfahrtindustrie beläuft sich auf ca. 5,5 Milliarden EUR jährlich. * In den letzten Jahren ging die Hälfte des Gesamtumsatzes der Raumfahrtindustrie auf institutionelle Aufträge zurück, die andere Hälfte kam vom kommerziellen Markt (s. Abb. 2). Im Gegensatz dazu beruhen in den Vereinigten Staaten drei Viertel des Umsatzes auf Aufträgen der NASA und des Verteidigungsministeriums. * Bei den öffentlichen Ausgaben ist das Verhältnis zwischen Zivil- und Verteidigungssektor in Europa 1:5, in den Vereinigten Staaten 1:1. Die europäische Industrie kann daher nicht die gleichen Synergien nutzen wie die amerikanische Industrie. * Die Investitionen im Sektor Raumfahrtanwendungen führen im Allgemeinen zu einem zehnmal größeren Dienstleistungsmarkt (z. B. Fernsehverteilung) (s. Abb. 3). >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD> Abb. 2: Entwicklung des konsolidierten Umsatzes der europäischen Raumfahrtindustrie (in Mio. EUR [Quelle: Kommission] >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD> Abb. 3: Schätzung der kumulierten Wertekette für den globalen kommerziellen Markt (Navigation und Satellitenkommunikation - 1998-2007) (in Mrd. EUR) [Quelle: Arianespace, ESA] Europa muss entscheiden, ob es weiterhin über eine industrielle Basis verfügen will, die das gesamte Spektrum der Raumfahrtaktivitäten und seiner Anwendungen abdeckt. Im industriellen Bereich muss es zudem identifizieren, in welchen Bereichen der Mehrwert für Europa am größten ist und wo es die vergleichsweise größten Vorteile entwickeln kann. - Technologie Im Hinblick auf ihre Wettbewerbsfähigkeit benötigt die europäische Industrie breitangelegte und effiziente technologische Grundlagen, die durch Forschungs- und Demonstrationsprogramme instand gehalten werden. Dies setzt insbesondere voraus, dass Raumfahrtindustrie, Dienstleistungsunternehmen und öffentliche Forschungseinrichtungen weiterhin eng zusammenarbeiten, ebenso ist der Technologiebedarf für die nächsten Jahrzehnte frühzeitig zu ermitteln. In der Raumfahrttechnik ist die Verfolgung der technologischen Optionen kostspielig und die Marktvolumen sind begrenzt. Daher ist eine Beteiligung der öffentlichen Hand unerlässlich. Die Europäische Union, die ESA, die Akteure auf einzelstaatlicher Ebene und die Industrie haben vor diesem Hintergrund mehrere Instrumente geschaffen, die für die gesamte Wertschöpfungskette greifen. Unterstützung der Technologie: ein Spektrum von Maßnahmen * Der von der ESA entwickelte Leitplan für die Raumfahrttechnologie bildet den Rahmen, innerhalb dessen alle - öffentlichen und privaten - Akteure in diesem Bereich in Europa aufgerufen sind, den europäischen Bedarf zu ermitteln und sich an gemeinsamen Maßnahmen zu beteiligen. Die ESA führt selbst mehrere technologische Forschungs- und Demonstrationsprogramme durch. * Im Raumfahrtsektor legt das 6. Forschungsrahmenprogramm der EU den Schwerpunkt auf Anwendungen zur Fernerkundung, Navigation und Kommunikation. * Die einzelstaatlichen FuE-Programme und die von der Industrie selbst finanzierten Maßnahmen ergänzen das Bild der europäischen Raumfahrttechnologie. Dies schließt nicht einen weiteren letztendlichen Bedarf an Programmen, Instrumenten oder Koordinierungsmechanismen aus. Frage 2: In welchen Bereichen - auch im Hinblick auf die satellitengestützte Infrastruktur für die Sicherheit und Verteidigung - sind in Europa kritische technologische und industrielle Defizite zu verzeichnen und wie kann man die Lage verbessern? 1.1.4. Der kommerzielle Markt und der institutionelle Bedarf Der offene kommerzielle Markt macht rund 30% des Weltmarktvolumens für Raumfahrt aktivitäten aus. Der Saldo entfällt auf die institutionelle Nachfrage, deren überwiegender - amerikanischer - Teil den europäischen Akteuren bis heute verschlossen ist. Diese haben sich hauptsächlich auf das kommerzielle Segment verlegt. >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD> Abb. 4: kommerzielle Satelliten: Aufträge an europäische und amerikanische Industrie seit 1995 (in Anzahl von Satelliten) [Quelle: Euroconsult, AIA] Anm.: In 2000 war die gestiegene Nachfrage bei den Satellitenbetreibern in Verbindung mit der Verschärfung der Ausfuhrkontrollen durch die amerikanische Administration besonders vorteilhaft für die europäische Industrie. Die Fehlfunktionen des kommerziellen Raumfahrtmarktes (insbesondere bestimmte Preispraktiken, Überkapazitäten, staatliche Restriktionen) machen diesen Markt schwierig. Die europäischen Unternehmen sind hier anfälliger, weil ein größerer Prozentanteil ihrer Aktivitäten auf diesen Markt entfällt als bei amerikanischen Unternehmen. Untersuchungen zeigen jedoch übereinstimmend, dass bestimmte Nischen, im Wesentlichen im Anwendungsbereich, ein viel versprechendes kommerzielles Potenzial aufweisen. Um längerfristig ein besseres Gleichgewicht zu erreichen, fordern die Unternehmen den Ausbau einer tatsächlichen institutionellen Nachfrage in Europa, die sich insbesondere auf die Aspekte Umwelt, Sicherheit und Verteidigung konzentriert, wobei sich auch die Frage der europäischen Präferenz stellt. Die Vereinigten Staaten schützen ihre Industrie vor externem kommerziellem Druck insbesondere dank der Unterstützung durch einen großen nationalen Sicherheits- und Verteidigungsmarkt, der Lieferanten aus Drittstaaten verschlossen ist. Die Anwendung von Ausfuhrkontrollvorschriften auf kommerzielle zivile Satelliten, insbesondere von Bestimmungen für duale Technologien, verstärkt diese Situation. Der Weltmarkt im Raumfahrtsektor: Vergleich zwischen öffentlichen und kommerziellen Ausgaben [Quelle: ESA] * Der Weltmarkt im Raumfahrtsektor - einschließlich kommerzieller Einkünfte aus der Nutzung raumfahrttechnischen Anwendungen (Telekommunikation, Navigation, Erdbeobachtung) wird für das Jahr 2001 auf 167 Mrd EUR veranschlagt. * Die 2001 für institutionelle Raumfahrtprogramme weltweit zur Verfügung stehenden Mittel belaufen sich auf 42 Mrd. EUR (zivile Aktivitäten: 26 Mrd., Verteidigung: 16 Mrd.). Der kommerzielle Weltmarkt (Satelliten, Startdienste und Missionen) wird für 2001 auf 49 Mrd. EUR veranschlagt. * Für 2002 belaufen sich die in den USA im Raumfahrtsektor ausgegebenen öffentlichen Mittel auf 31,8 Mrd. EUR (5% mehr als 2001), aufgeteilt zu etwa gleichen Teilen auf den zivilen und den militärischen Bereich. * 2002 beliefen sich die Ausgaben der öffentlichen Hand in Europa im Raumfahrtbereich auf etwa 6 Mrd. EUR (leichter Rückgang im Vergleich zu 2001), 90% davon galten zivilen Programmen. Frage 3: Wie sind die Aussichten für die Entwicklung der institutionellen Nachfrage in Europa? Sollte man Abkommen mit den internationalen Schlüsselpartnern (Vereinigte Staaten, Rußland) abschließen, um einheitlichere Marktbedingungen zu etablieren? 1.1.5. Internationale Zusammenarbeit Internationale Zusammenarbeit in der Raumfahrtkann in Betracht gezogen werden im Falle des Wunsches oder der Notwendigkeit: - bestimmte Ziele eher gemeinsam als unabhängig voneinander zu erreichen; - einige Fragen auf globaler Ebene zu klären, z.B. Fragen des internationalen Handels, der Rechtsvorschriften, der Normung u.ä.. ESA und verschiedene Mitgliedsstaaten haben eine lange Tradition der Zusammenarbeit mit den anderen Raumfahrtmächten etabliert. Vor kurzem sind neue internationale Kooperationen ins Leben gerufen worden, insbesondere anläßlich des Starts der Initiativen GALILEO und GMES durch die Europäische Union, so dass es nun wünschenswerter denn je ist, dass Europa "mit einer Stimme spricht". Europa hat im Raumfahrtbereich von Anfang an die Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten vorrangig betrieben, insbesondere aufgrund des Umfangs des amerikanischen Raumfahrtprogramms und einer ähnlichen Kultur in den Bereichen Wissenschaft, Technologie und Industrie. Die Zusammenarbeit ist jedoch geprägt von dem ständigen Streben der USA nach der Vormachtstellung im Weltraum. Europa ist an den weltraumwissenschaftlichen Initiativen der USA und im Bereich der bemannten Raumfahrt beteiligt, wobei NASA grundsätzlich, aufgrund der Höhe ihrer Investitionen, die Kontrolle über Konzept, Entwicklung und Startmittel zu behalten beabsichtigt und Europa weniger wichtige strategische Elemente zu den Missionen beiträgt. Der Anteil mitgeführter Instrumente, die Aufteilung der Beobachtungs- bzw. Versuchszeit zwischen den Wissenschaftlern beider Seiten im Rahmen eines Kooperationsprojekts spiegelt häufig dieses Verhältnis wider. Bei der - weniger intensiven - Zusammenarbeit mit Russland im Raumfahrtbereich beinhaltete der europäische Beitrag die Beistellung von wissenschaftlichen Instrumenten für interplanetarische Sonden oder Weltraumstationen. Siebzehn europäische Astronauten haben an den russischen Programmen teilgenommen. Aus politischer Sicht könnte eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Europa und Russland im Rahmen einer engen Partnerschaft mit Hilfe aktueller und zukünftiger Instrumente von beiderseitigem Interesse sein. Auch die Ukraine könnte ein besonderes politisches Interesse auf sich ziehen. Europa verfügt heute über bedeutende Kapazitäten im Bereich der Trägerraketen, in der Wissenschaft und bei den Anwendungen. Es kann von nun an Initiativen ergreifen, mit seinen Partnern auf gleichem Niveau tätig werden und bei den großen kooperativen Raumfahrtprojekten eine strategische Rolle spielen. Daher sollte nun die Gesamtheit der bedeutenden zukünftigen Raumfahrtprogramme im Hinblick auf die Erzielung eines Gleichgewichts zwischen europäischer Autonomie und internationaler Kooperation untersucht werden. 1.1.6. Bemannte Raumfahrt Bemannte Raumfluege stellen ein Aushängeschild aller Raumfahrtaktivitäten dar und nehmen einen bedeutenden Teil im Budget der ESA ein, welche ein europäisches Astronautencorps geschaffen hat. Vierzig Jahre nach der ersten Erdumkreisung finden bemannte Raumfluege heute ausschließlich im kooperativen Rahmen der Internationalen Raumstation (ISS) statt. An der ISS sind, unter amerikanischer Leitung, folgende Partner beteiligt: USA, Russland, Japan, Kanada und Europa. Es handelt sich um die ehrgeizigste und kostspieligste zivile Forschungsinfrastruktur, die jemals errichtet wurde (etwa 30Mrd. EUR Entwicklungskosten). Der europäische Beitrag zur ISS, via ESA, ist bescheiden (s. Kasten). Gegenüber der Zusammenarbeit mit den USA und Russland im Bereich der bemannten Raumfahrt (Spacelab, Zugang zur Station Mir) in der Vergangenheit handelt es sich jedoch um einen beträchtlichen Fortschritt, sowohl aufgrund der technologischen und industriellen Dimension der Entwicklungen als auch aufgrund größerer Möglichkeiten für Versuche, die europäischen Wissenschaftlern nun eingeräumt werden. Die europäische Beteiligung an der ISS Der europäische Beitrag beläuft sich auf etwa 8% der Gesamtmittel (3 Mrd. EUR an Investitionen und 300 Mio. EUR jährlich an Betriebskosten). Der Beitrag umfasst: - einen Teil der Station, das druckbeaufschlagtes Labor ,Columbus", - die dazugehörigen wissenschaftlichen Geräte, - ein automatisiertes Raumfahrzeug für den Gütertransport, das ,ATV" (Automated Transfer Vehicle), das von Ariane-5 in regelmäßigen Abständen zur Station geschossen werden soll, um die logistische Versorgung zu gewährleisten. Die europäischen Astronauten haben über die amerikanische Raumfähre oder das russische Raumfahrzeug Sojus Zugang zur Station, um dort an Versuchen teilzunehmen. Die Höhe der europäischen Anstrengungen im Bereich der bemannten Raumfahrt - im wesentlichen Spacelab und ISS - ist zuweilen diskutiert worden, insbesondere im Hinblick auf das wissenschaftliche Interesse, die effektiven Experimentiermöglichkeiten an Bord und den Zugang für europäische Astronauten. Derzeit müssen die amerikanischen Entscheidungen zur Finanzierung der ISS, zum Experimentalprogramm, zum Zugang für die Astronauten und zum Verlassen der Station im Notfall im Lichte der Ziele Europas evaluiert werden. Frage 4: Aus europäischer Sicht, entsprechen die bis zum Ende des Experimentalprogramms an Bord der ISS zu erwarteten Resultate der Höhe der Investitionen und Betriebskosten? Wie soll Europa seine Beteiligung und seine Ziele weiterentwickeln? 1.2. Haushalt und Finanzen Durchschnittlich werden in Europa weniger als 15 EUR pro Einwohner pro Jahr an öffentlichen Mitteln für die Raumfahrttechnik zur Verfügung gestellt. Im Vergleich dazu liegen diese Ausgaben in den Vereinigten Staaten bei 110 EUR. Die Verteilung der Ressourcen über den Raumfahrtsektor wird in der folgenden Figur dargestellt. >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD> Abb. 5: Verteilung der Einnahmequellen des Raumfahrtsektors in Europa (Jahr 2000) [Quelle: Euroconsult, ESA] Die Optimierung bestimmter Instrumente und des institutionellen Rahmens dürfte zu einer effizienteren Nutzung der vorhandenen Mittel führen (s. Kapitel 3). Im Vergleich zu unserem wichtigsten Konkurrenten sind die Investitionen jedoch noch viel zu gering und Europa muss entscheiden, ob es seine Investitionen im Raumfahrtsektor verstärken will. In Europa wurden die Weltraumaktivitäten bisher vorwiegend mit aus den Forschungshaushalten stammenden Mitteln finanziert. Die Entwicklung und Nutzung von Trägerraketen, Anwendungen und Infrastrukturen geht jedoch weit über diesen budgetären Rahmen hinaus. Ferner kann auf Gemeinschaftsebene auf mehrere Instrumente zurückgegriffen werden (transeuropäische Netze, Forschung und Entwicklung, Strukturfonds, Entwicklungshilfe, usw.) für die unterschiedliche Regeln gelten. Frage 5: Wie lässt sich die Finanzierung der Tätigkeiten im Bereich der Raumfahrt auf europäischer Ebene in kohärentester Weise organisieren und wie kann verhindert werden, dass eine Aufstockung der Mittel auf europäischer Ebene zu einer entsprechenden Verringerung der Investitionen auf einzelstaatlicher Ebene führt? 1.3. Talent und Fachwissen Die Überlegungen, die im Zusammenhang mit der Schaffung eines Europäischen Forschungsraums und mit STAR21 angestellt wurden, zeigen, dass die wissenschaftlichen Disziplinen mit einer Reihe ihnen eigener Probleme konfrontiert sind, insbesondere einer abnehmenden Studentenzahl. Aufgrund der langen Laufzeit der Weltraumprojekte und ihrer Besonderheiten ist der Sektor besonders darauf angewiesen, dass der Wissens - und Informationstransfer von einer Wissenschaftler - und Ingenieurgeneration zu nächsten erhalten bleibt. Es muss jedoch festgestellt werden, dass die Population von Fachpersonal im Bereich der Raumfahrttechnik altert. Humanressourcen: Eine besorgniserregende Bilanz * Schätzungen zufolge werden in Europa 30% der im Sektor der Raumfahrttechnik Beschäftigten in den nächsten 10 Jahren in den Ruhestand treten. In den Vereinigten Staaten werden 26% der im Sektor der Luft- und Raumfahrttechnik Beschäftigten in den nächsten 5 Jahren in den Ruhestand treten; 54% sind älter als 45 Jahre. Europa muss ungeachtet der Produktivitätssteigerungen der Raumfahrtindustrie (siehe Abb. 6) in das Personal und das Fachwissen investieren. Im Raumfahrtsektor ist die Frage der Berufsanwärterschaft und der Mobilität der Wissenschaftler und Ingenieure besonders akut. Europa muss die Zahl seiner Forscher in diesem Bereich erhöhen, beispielweise indem es das Potenzial weiblicher Wissenschaftler voll ausschöpft, Forscher und Ingenieure aus Drittländern anzieht, die Rückkehr abgewanderter europäischer Wissenschaftler erleichtert (und insbesondere das Risiko des "brain drain" vermeidet) und indem es attraktive Programme auflegt, die junge Wissenschaftler motivieren. >VERWEIS AUF EIN SCHAUBILD> Abb. 6: Entwicklung der Produktivität im Sektor der europäischen Raumfahrtindustrie (kEUR je Beschäftigtem [Quelle: Eurostat] Frage 6: Welche Maßnahmen sind in Bezug auf Berufe im Raumfahrtsektor und damit verbundenen Bereichen zu treffen, um diese insbesondere für junge Menschen attraktiver zu machen? 2. RAUMFAHRT STÄRKER IM DIENST EUROPAS UND DER BÜRGER Die Raumfahrtkann in zunehmendem Maße vielfältig einsetzbare Anwendungen bieten, die es erlauben, Lösungsvorschläge hinsichtlich verschiedener Bedürfnisse des europäischen Bürgers zu erarbeiten. Dazu muss sie jedoch hinsichtlich der Kosten, der Anpassung an die tatsächlichen Bedürfnisse und der Kontinuierlichkeit der angebotenen Dienste besser auf die Erwartungen der Nutzer abgestimmt werden. Neben der intensiven Nutzung der Telekommunikationssatelliten für den Informationsaustausch (Fernsprechwesen, Fernsehen und Übermittlung numerischer Daten) hat Europa in den letzten Jahren bereits eine Reihe von Anwendungen entwickelt, von denen die meisten den gemeinnützigen Diensten zugunsten des Bürgers dienen, und aus denen der Beitrag der Raumfahrtinfrastrukturen klar ersichtlich ist. Derzeitige Beispiele für Raumfahrtanwendungen im Interesse der Bürger und der Politikbereiche * Dank der systematischen Nutzung von Erdbeobachtungssatelliten sind Wettervorhersagen kurzfristig für einen Zeitraum von bis zu 5 Tagen und mittelfristig für einen Zeitraum bis zu 3 Monaten möglich. Diese sind besonders auch für die Erkennung großer Witterungserscheinungen wie Wirbelstürme oder El Nino von Bedeutung. * Die Einführung eines weltweiten satellitengestützten Navigations- und Ortungssystems ermöglicht eine Verkürzung der Fahrzeiten der Reisenden, die jederzeit über genaue und zuverlässige Daten über ihren jeweiligen Standort verfügen und somit die von ihnen zurückzulegende Strecke optimieren können. * Die Nutzung der Raumfahrttechnologie kommt auch der Sicherheit der Bürger zugute (Überwachung von Gefahrguttransporten, Grenzüberwachung, Austausch sensibler Daten zwischen Verwaltungsbehörden). * Die lückenlose Umsetzung der gemeinsamen Agrarpolitik erfordert Möglichkeiten zur Kontrolle, insbesondere der Produktion oder der Flächenstilllegung. Die Erdbeobachtungssatelliten bieten den nationalen Verwaltungsbehörden und den betroffenen Akteuren Möglichkeiten, die für die gesamte Union einheitlich sind, zudem ohne größeren administrativen Aufwand und mit hoher Genauigkeit und Präzision. * Angesichts der Möglichkeiten der Überwachung auf hoher See wird in der maritimen Sicherheitspolitik und in der neuen Fischereipolitik die Technologie der satellitengestützten Ortung generell angewandt. Bei diesen Anwendungen werden satellitengestützte Positionierung und Telekommunikation kombiniert. Mehrwert für die Union Generell ist eine starke europäische Präsenz in bestimmten Schlüsselbereichen der Raumfahrtanwendungen unerlässlich, nicht nur, weil sie Vorteile auf politischer Ebene bringt, sondern auch, weil sie es der Union ermöglicht, ihre strategische Unabhängigkeit zu erhalten und zur Wettbewerbsfähigkeit ihrer Industrie beizutragen. Der Beschluss zur Einleitung des Programms Galileo stellt ein Zeichen für die Entschlossenheit Europas dar, sich auf dem aufstrebenden Markt der Navigations- und Ortungsdienste einen ihr gebührenden Platz zu erobern. In diesem Zusammenhang können neue Raumfahrttechnologien ein beträchtliches Potential an verstärkter internationaler Zusammenarbeit und und Teilnahme an neuen Märkten eröffnen (insbesondere in Asien und Südamerika). Aufgrund dieser grösseren Ausrichtung auf die Bürger und Interessen der Union kann eine Erweiterung des Aktionsbereichs auf andere Akteure als die herkömmliche Raumfahrtindustrie ins Auge gefasst werden: Die Bereitstellung von Diensten und Inhalten für private und öffentliche Nutzer. De facto stellt sie eine beachtliche Bereicherung des Potenzials der Raumfahrtindustrie dar. Dabei geht es darum, dem Prozess des Technologietransfers aus dem Bereich der Forschung in den kommerziellen Sektor eine höhere Priorität einzuräumen, beispielsweise über die Förderung privater Investitionen durch langfristige Verpflichtungen der öffentlichen Hand hinsichtlich ihres zu deckenden Bedarfs. Es ist gleichermaßen wichtig, den Übergang von Forschungsmaßnahmen auf industrielle Anwendungen und Mehrwertdienste zu fördern, die über den herkömmlichen Bereich der Raumfahrttechnik hinausgehen. Hierbei geht es darum, den Einfluss der Nachfrage der Nutzer auf Ausrichtung und Struktur des Raumfahrtsektors zu vergrößern. Die Union kann eine entscheidende Rolle hinsichtlich der weiteren Strukturierung und Zusammenschließung dieser Nachfrage spielen, insbesondere hinsichtlich des öffentlichen Bedarfs. In den kommenden Jahrzehnten wird sich Europa neuen Herausforderungen stellen und einen umfassenden Bedarf decken müssen. Drei große Themenbereiche, die auch auf europäischen Gipfeltreffen zur Sprache kamen, können zur Veranschaulichung des potenziellen Beitrags des Sektors der Raumfahrttechnik dienen. Sie betreffen - das Ziel, Europa bis 2010 zur fortschrittlichsten wissensbasierten Gesellschaft der Welt zu machen (in einer erweiterten Union und auf der Basis ihrer kulturellen Vielfalt) - den eindeutigen Standpunkt, den die Union in Fragen der nachhaltigen Entwicklung vertritt; - die sich rasch entwickelnden GASP und ESVP. 2.1. Beitrag zur sich herausbildenden wissensbasierten Gesellschaft und zur Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie Satellitengestützte Systeme sind eng verbunden mit der Entwicklung einer wissensbasierten wettbewerbsfähigen Gesellschaft: Diese stellt sicher, dass alle europäischen Bürger, insbesondere Bürger mit besonderen Bedürfnissen, Zugang zu den modernen Technologien und fortschrittlichen Dienstleistungen erlangen, und dass die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie weiter gesteigert wird. Digitales Fernsehen, Mobilfunk der dritten Generation und Internet sind für sich allein oder miteinander kombiniert Beispiele für nützliche Plattformen zur Entwicklung dieser Dienste, zu denen auch die satellitengestützten Systeme technisch beitragen können [4]. [4] Im Sommer 2002, hat die Kommission den Aktionsplan eEurope 2005 gestartet, der sich dieser Technologien bedient, um die öffentlichen Dienste zu modernisieren, günstige Bedingungen für e-business zu schaffen und um Breitbandnetzwerke zu sichern, die lebenswichtig für eine moderne Wirtschaft sind. Das zentrale Problem in diesem Bereich ist die Entwicklung neuer, wirtschaftlich tragfähiger Anwendungen, die die jeweiligen Vorteile der terrestrischen und satellitengestützten Technologien am besten nutzen, wobei diese im Allgemeinen verschiedene industrielle Zyklen und Ertragsprofile besitzen. In jedem Fall verdient die Höhe der öffentlichen Unterstützung zu diesen Entwicklungen vor dem Hintergrund des starken Wettbewerbsdrucks eine Diskussion. Beispiele von Diensten in einer Informationsgesellschaft * Mitte 2002 hatten 40% der Haushalte in der Union, d.h. etwa 150 Millionen Nutzer in Europa - ebenso viele wie in den Vereinigten Staaten, Zugang zum Internet. * Ungeachtet der derzeitigen Konjunkturprobleme bieten Telekommunikationssatelliten für die Raumfahrttechnologien weltweit den größten Markt. Die europäischen Unternehmen haben beachtliche Erfolge vorzuweisen; auf sie entfallen beispielsweise 2 der 4 ersten Diensteanbieter der Welt. * 1250 Fernsehskanäle werden in Europa über Satelliten direkt oder indirekt in 100 Millionen Haushalte übertragen. Dennoch wäre es nützlich, schon jetzt zu definieren, welche zukünftigen satellitengestützten Systeme notwendig werden für die Optimierung des globalen Informationsnetzwerks, welche Anwendungen und auf Basis welchen wirtschaftlichen Modells. Frage 7: Welche Rahmenbedingungen werden benötigt für die Enstehung von rentablen und wettbewerbsfähigen Anwendungen und Diensten für die Bürger und Unternehmungen? Sind hierbei politische Massnahmen gerechtfertigt und falls ja, in welchem Ausmass wird eine öffentliche Unterstützung für notwendig erachtet? Im Jahre 2004 werden zehn neue Mitgliedstaaten der Union beitreten, was zur Folge hat, dass zur heutigen Gemeinschaft von 375 Millionen Menschen 75 Millionen Bürger hinzukommen. Hiermit steigt automatisch der Nutzen, der mit den Investitionen in die Raumfahrt verbunden ist. Die "soziale Inklusion" in Bezug auf den Informationsaustausch, die Verbreitung kultureller Inhalte und der Zugang zu hochwertigen Diensten ist für eine rasche Integration von entscheidender Bedeutung, und die "digitale Inklusion" - bei der die Raumfahrttechnik herangezogen wird - ist ein wesentlicher Teil davon. Eine erweiterte Union mit kontinentaler Dimension, noch vielfältigeren geografischen Gegebenheiten und sehr unterschiedlicher Ausstattung hinsichtlich der Ausrüstungen und Infrastrukturen führt zu einer stärkeren Nachfrage, bei der die speziellen Kapazitäten der weltraumgestützten Infrastrukturen zum Tragen kommen. Diese Kapazitäten dürften dazu führen, dass sich die Integration der neuen Mitgliedstaaten beschleunigt und die Qualität der Dienste, auf die ihre Bürger, Unternehmen und öffentliche Verwaltungen Zugriff haben, schneller verbessert wird: - zum Ausbau ihrer Beziehungen zu den übrigen Ländern der Union (beispielsweise zur Verstärkung der Kommunikationsinfrastrukturen); - als Beitrag zur Lösung spezifischer Probleme; - zur Wahrung der Interessen der erweiterten Union (insbesondere hinsichtlich der Überwachung und der Sicherheit an den Grenzen). Die Flexibilität, die die Ausstrahlung der Fernsehsender über Satelliten bietet, wird auch der kulturellen Vielfalt und dem Austausch zwischen den Völkern zugute kommen. Raumfahrtanwendungen zur Unterstützung des Integrationsprozesses * Beispiele für geeignete Raumfahrtanwendungen gibt es im Bereich der Grenzkontrollen und der Datenübermittlung im Hinblick auf eine uneingeschränkte Beteiligung an dem Informationssystem von Schengen. * Die durch die Raumfahrt gesammelten Daten dienen der Erstellung des Katasters und der Raumplanung sowie der Verfolgung und der Kontrolle von Verfahren zur Reduzierung der Schadstoffbelastung durch die Industrie. * Satellitensysteme können zum breitbandigen Internetzugang beitragen, insbesondere im Hinblick auf ländliche Regionen. * Mehrere künftige Mitgliedstaaten haben bereits ihre Beteiligung an regionalen europäischen Satellitensystemen zur Ausstrahlung von Fernsehsendungen beschlossen. 2.2. Förderung der nachhaltigen Entwicklung Die Union hat sich verpflichtet, vor allem zugunsten der Entwicklungsländer, eine Politik der nachhaltigen Entwicklung zu unterstützen. Dies hat insbesondere zu den auf dem Weltgipfel für die nachhaltige Entwicklung vom August 2002 in Johannesburg eingegangenen Verpflichtungen geführt. In der Erdbeobachtung, insbesondere zu Wettervorhersage- und Umweltschutzzwecken, ist Europa insbesondere dank der Programme der ESA in diesem Bereich (z.B. Meteosat, verwaltet durch die Organisation EUMETSAT, Envisat) führend. Mit solchen Raumfahrtanwendungen lassen sich die weltweiten Veränderungen auf der Erde, beispielsweise des Wetters, des Klimas, der Meere und der Vegetation, verfolgen. Ferner ermöglicht die Erdbeobachtung eine bessere Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen und eine strengere Kontrolle der Parameter der Umweltvorschriften. Auch werden nach und nach Strukturen zur Beherrschung von Umweltkatastrophen entwickelt. Trotzdem werden Raumfahrtanwendungen dieser Art im Allgemeinen noch viel zu wenig genutzt, weil sich die einzelnen verfügbaren Systeme entweder noch im Versuchsstadium befinden oder unvollständig sind. Die Initiative GMES hat daher zum Ziel, bis 2008 ein kohärentes Bündel operationeller Anwendungen bereitzustellen. Auf globaler Ebene ist längst nachgewiesen, dass Systeme der Raumfahrttechnik dank ihrer Überwachungs- und Kontrollkapazitäten bei der Einführung und Kontrolle der Anwendung internationaler Abkommen eine entscheidende Rolle spielen können. Im Falle des Kyoto-Protokolls sind die von der Union eingegangenen Verpflichtungen von erheblicher wirtschaftlicher Tragweite. Die Union muss sich vergewissern können, dass ihre Vertragspartner ihre Verpflichtungen einhalten. Ferner muss sie die Auswirkungen von Emissionsminderungsmaßnahmen feststellen können. Europa könnte seine Beteiligungen an Abkommen dieser Art durch Entwicklung und Nutzung entsprechender satellitengestützter Technologien zur Kontrolle und Beobachtung wirkungsvoller gestalten, wie kürzlich durch den Satelliten Envisat eingeleitet. Beitrag der Raumfahrttechnik zur nachhaltigen Entwicklung Umweltaspekte: Schutz und Überwachung der globalen Umwelt * Beobachtungssatelliten können aktuelle und kohärente Informationen über die Entwicklung des Waldbestands und die Bedeckung und Nutzung des Bodens liefern, d.h. Faktoren, die die globale Klimaänderung beeinflussen. Im Laufe der letzten zehn Jahre gingen auf unserem Planeten 94 Millionen Hektar Wald verloren. * Die von Radarsatelliten durchgeführten Temperaturmessungen der Atmosphäre und der Wasseroberflächen liefern wertvolle Indikatoren für Prognosen über den Anstieg des Meeresspiegels und die globale Erwärmung. Der Rückzug der Gletscher und die Bewegungen des Packeises lassen sich ebenfalls verfolgen. * Ferner können Satellitensysteme zur Ermittlung und Überwachung von Ölteppichen auf der Meeresoberfläche sehr nützlich sein. Wirtschaftliche und soziale Aspekte: Einsatz von Raumfahrttechniken im Verkehrsbereich Dank der Nutzung von Satellitennavigationssystemen wie Galileo können beispielsweise Flugnavigationsdienste ihre redundante und kostspielige Infrastruktur am Boden rationalisieren, indem sie herkömmliche Einrichtungen durch Satelliten ersetzen. Zahlreiche Möglichkeiten bieten sich auch im Hinblick auf die meeres- und landbezogene Navigation, insbesondere bezüglich der Vereinfachung und Durchführbarkeit von Verwaltungsaufgaben und Kontrollarbeiten. * Laut den in der Konzeptionsphase des Programms Galileo durchgeführten Studien sind in 20 Jahren makroökonomische Vorteile in Höhe von etwa 18 Mrd. EUR sowie die Schaffung von 145000 Arbeitsplätzen möglich. [Quelle: Price Waterhouse] 2.3. Verstärkte Sicherheit für die Bürger Die ESVP, die nach und nach die europäische Einigung vollenden wird, ist darauf angelegt, der EU mit Hilfe verschiedener ziviler und/oder militärischer Instrumente (siehe "Petersberg-Liste") die Fähigkeit zur schnellen Beschlussfassung und zum autonomen Handeln im Hinblick auf ein globales Krisenbewältigungskonzept, einschließlich der Konfliktverhütung, zu geben. Sie trägt den tiefgreifenden Veränderungen des Sicherheitskonzepts der letzten Jahre und dem großen Fortschrittspotenzial, das ihre wissenschaftliche, technologische und industrielle Dimension bietet, Rechnung. Außerdem ist es wichtig, dass die satellitengestützten Dienste sowohl in normalen als auch in Krisenzeiten gebührend geschützt sind. Die Systeme der Raumfahrttechnik sind das wichtigste Instrument zur Erfassung, Übertragung und Verteilung von Informationen weltweit und das einzige eingriffsfreie Instrument dank der Möglichkeiten, die beispielsweise die Breitbandkommunikationssysteme und die Optik- Infrarot- oder Radar-Bildgebungssysteme bieten, bei deren Entwicklung spektakuläre Fortschritte erzielt werden. Eine Raumfahrtkomponente zur Unterstützung einer schnellen Entscheidungsfindung würde zur Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit der GASP beitragen. In einem gewissen Mass stehen die kritischen Defizite beim Krisenmanagement in unmittelbarem Zusammenhang mit der Beherrschung der Raumfahrttechnologien, was für sämtliche - zivile wie militärische - Akteure des Krisenmanagements gilt, ob sie nun gemeinsam oder getrennt handeln [5]. [5] ECAP - "European Capabilities Action Plan" - Bericht, November 2002, Ref. Nr. 13809/1/02 Für Europa kann die Raumfahrt eine einzigartige Rolle spielen, wenn es darum geht, verschiedene Prozesse auf gemeinsame Ziele auszurichten. Die rein militärischen Kapazitäten verbleiben weitgehend in der Kompetenz der Mitgliedstaaten, was zur Entwicklung mehrerer verschiedener Satellitenprogramme geführt hat. Ein Beispiel für Parallelentwicklungen von Raumfahrtsystemen in Europa * Auf dem militärischen Sektor der Raumfahrttechnik gibt es in Europa fünf Programme für Satelliten-Fernmeldesysteme und drei für Satellitenbeobachtungssysteme mit jeweils eigener Technologie, was eine eventuelle Interoperabilität zu einer heiklen Frage macht. * Diese Systeme wurden praktisch ohne vorherige Absprache verwirklicht: in keinem militärischen Bereich gibt es bisher ein operationelles europäisches System. Darüber hinaus haben die Raumfahrttechnologien für zivile und militärische Zwecke zahlreiche gemeinsame Merkmale, die für eine weit gehende Zusammenlegung der Mittel sprechen, besonders, wenn man den Leistungszuwachs der kommerziell betriebenen Systeme, die haushaltspolitischen Engpässe in Europa und die technologische Kluft zwischen Europa und Amerika betrachtet. Im Bericht STAR21 wird empfohlen, dass die Europäische Union eine europäische Verteidigungs- und Sicherheitskapazität aufbauen sollte. Inzwischen haben sich mehrere nationale Stäbe zusammengetan, um die "Gemeinsamen operativen Erfordernisse für ein weltweit einsetzbares europäisches Satellitenbeobachtungssystem für Sicherheits- und Verteidigungszwecke (BOC)" zu definieren, das auf andere Partner ausgeweitet werden könnte. Dieses System könnte durch die GMES-Initative zu einem europäischen raumgestützten Beobachtungssystem ausgebaut werden, das später auch durch die Geheimdienste und zu Aufklärungszwecken eingesetzt werden kann. Schätzungen zufolge sind für die Beschaffung einer gemeinsamen Grundkapazität in der Raumfahrt über einen Zeitraum von zehn Jahren Investitionen von rund 800 Mio.EUR jährlich erforderlich. Frage 8: Wie kann man in einem kohärenten Gesamtzusammenhang (einschließlich Rahmen und Zeithorizont) Merkmale und Umfang der für eine Konkretisierung der politischen Ziele der GASP erforderlichen Raumfahrtkapazitäten besser definieren und präzisieren?Gemäss welcher Modalitäten könnten neue Raumfahrtkapazitäten gegebenenfalls in den Dienst der Sicherheit der Bürger gestellt werden könnten?Das Ziel ist sicherzustellen, dass die Mitgliedsstaaten in dem Vorgehen einen Mehrwert erkennen. 3. EFFIZIENTERE UND AMBITIONIERTERE ORGANISATION UND RAHMEN In Europa sind mehrere staatliche Programme in unterschiedlichem Maß und in einem hinsichtlich der Politik und der Instrumente unterschiedlichen Rahmen mit Raumfahrtaktivitäten befasst. Diese Vielfalt ist kennzeichnend für Europa und verlangt jedes Mal eine Hinterfragung des optimalen Einsatzes der Mittel und der verschiedenen notwendigen Instrumente, um eine hohe Wirksamkeit sicherzustellen. 3.1. Europäische Union, ESA und Mitgliedstaaten: Rollen und Beziehungen Die Erkenntnis das eine Raumfahrtpolitik in Europa auf nationaler Ebene undenkbar ist, hat sich bereits vor etwa dreißig Jahren manifestiert. Die ESA, gegründet im Jahre 1975, hat sich mit Erfolg hinsichtlich des ursprünglichen Ziels, die für die Erstellung eines integrierten Raumfahrtprogramms und den Bau einer europäischen Trägerrakete erforderlichen Mittel und Kompetenzen zu sammeln, bewährt. Die nationalen Agenturen einzelner Mitgliedstaaten, die operationelle Einrichtungen und die Raumfahrtinitiativen der Gemeinschaft ergänzen die europäische Raumfahrtlandschaft.. Staatliche Raumfahrtaktivitäten in Europa: Institutionelle und programmatische Vielfalt ESA, als Entwicklungsagentur von Raumfahrttechnologien und -systemen ist ein Instrument der Kooperation zwischen europäischen Staaten. ESA hat Europa die Beherrschung der Raumfahrt und die Autonomie in diesem Bereich gegeben. Weitere Aktivitäten existieren, insbesondere im Grundsatz: - eigene Zuständigkeiten und Initiativrechte, die einige Mitgliedstaaten dank nationaler Raumfahrtagenturen und nationaler Forschungszentren erhalten möchten; - Rollen, die Einrichtungen zur Nutzung operationeller Systeme übertragen wurde, welche von ESA entwickelt wurden und deren Betrieb langfristig gewährleistet werden soll (insbesondere mit EUMETSAT), sowie verschiedene spezialisierte Einrichtungen (beispielsweise das European Southern Observatory); - von der Gemeinschaft ergriffene Initiativen zur Einbeziehung der Raumfahrt in die Gemeinschaftspolitiken, von denen die wichtigsten mit der ESA gemeinsam durchgeführt werden (z.B. Galileo, GMES). Diese Vielfalt im Raumfahrtbereich hat sich im Laufe der Jahre pragmatisch herausgebildet. Sie bedingt heute die Frage nach einer optimierten Organisation, die das Subsidaritätsprinzip respektiert und Europa erlaubt, sich auf neue Ziele und Ambitionen zu konzentrieren. - ESA und nationale Raumfahrtagenturen: Die ESA-Programme arbeiten eng mit den nationalen Agenturen zusammen. Um Lücken oder Überlappungen zwischen den technischen Zentren der ESA- und den nationalen Zentren zu vermeiden, hat ESA begonnen, das Ensemble in einem kohärenten Netzwerk der europäischen und nationalen technischen Zentren zu organisieren., Hierfür muss eine langfristige Optimierung der Kompetenzen und Mittel gefunden werden, im Sinne des Europäischen Forschungsraums. - Europäische Union und ESA: Die Raumfahrt ist der ,Seinsgrund" der ESA mit starker Betonung auf der wissenschaftlichen und industriellen Beherrschung der Technologie und der Systeme ("technology push"). Die Union sieht in der Raumfahrttechnik ein allgemeines Instrument zur Unterstützung der einzelnen gemeinschaftlichen Politikbereiche ("demand pull"). Die Zusammenführung dieser beiden Ansätze zu einer gemeinsamen europäischen Raumfahrtvision könnte sich also besonders fruchtbar erweisen. Die bislang unternommenen Anstrengungen zu Kooperation und Annäherung treffen sichtbar auf das Fehlen von Verbindungen zwischen den Organisationen im institutionellen und prozeduralen Bereich, was die Beziehungen und Entscheidungen kompliziert. Beispielhaft können die folgenden Fragen und Themenbereiche aufgeführt werden, welche sich nicht im derzeitigen Rahmen lösen lassen: - die Zusammensetzung (z.B. der Fall der zwei Mitgliedsstaaten der Union, welche nicht Mitglied in der ESA sind, und für die es zu wissen gilt, ob sie derselben beitreten möchten, der Fall der ESA-Mitgliedsstaaten, die nicht Mitglied in der Union sind sowie die letztendliche Aufnahme der Beitrittsländer der Union in die ESA) - die Arbeitsprinzipien (z.B. das Prinzip ,geographischer Rückfluß") - Entscheidungen (in Abwesenheit einer gemeinsamen Entscheidungsinstanz) Frage 9: Wie lässt sich am wirkungsvollsten die ,erlangte Kompetenz" in der Raumfahrt in Europa für die Politiken der Union nutzen? 3.2. Raumfahrtpolitik und programmatischer Rahmen Die gegenwärtige Vielfalt des institutionellen und programmatischen Rahmens des Raumfahrtbereichs und die laufenden Diskussionen über das Regieren (Governance) der Union geben Anlass zu einer Überprüfung der Struktur des diesbezüglichen Sektors in Europa. Erste Bewegungen in diesem Sinne wurden kürzlich im Rahmen von ad-hoc Strukturen wie der Gemeinsamen Task Force zwischen der Kommission und der ESA-Exekutive zur Raumfahrt unternommen. Nun sollten permanente institutionelle Lösungen vorangebracht werden. Der Umfang des Bereichs, der in Europa von den Raumfahrttechniken abgedeckt wird, die Vielfalt der betroffenen Strukturen und die zunehmende Notwendigkeit einer größeren Kohärenz der Aktionen untereinander plädieren zugunsten einer Globalisierung der europäischen Raumfahrtpolitik. Diese globaleRaumfahrtstrategie soll auch die Leitlinien festlegen, die gewährleisten, dass die Beiträge der einzelnen institutionellen Akteure, insbesondere der Mitgliedstaaten, zu den gemeinsam festgelegten Zielen führen. Dabei sind sämtliche Aspekte des zivilen Bereichs, der Sicherheit und der Verteidigung abzudecken. Als positive Konsequenz dieser Politik wird erwartet, dass die Mitgliedstaaten im Rahmen der verschiedenen Programme, Entscheidungen treffen, die zu einer wirklichen Kohärenz führen. Die verschiedenen Programme stellen aufgrund des globalen Ansatzes und basierend auf einer gemeinsamen strategischen Agenda das Europäische Raumfahrtprogramm dar, welches zugleich ein essentielles Werkzeug zur Umsetzung der gewählten Politik ist. Ziel ist u.a. eine genauere Definition der jeweiligen Zuständigkeiten und der Beziehungen der institutionellen Akteure im Bereich der Raumfahrt - insbesondere der Entwicklungsagenturen und Betriebsstrukturen - untereinander sowie mit dem Privatsektor. - Künftiger Vertrag der Union Es sprechen mehrere Gründe für die Einführung von Bestimmungen zur Raumfahrt in den zukünftigen Vertrag der Union. Zunächst ist der Weltraum definitionsgemäß ein staatenübergreifender Bereich, der sich größtenteils dem rein nationalen Rahmen und entsprechender personeller und finanzieller Mittel entzieht. Wie im vorhergehenden Kapitel gesehen, handelt es sich um einen Bereich, der einzigartige Möglichkeiten im Dienst der Union für die Entwicklung und Umsetzung ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Politiken bieten kann, sowohl im zivilen als auch im verteidigungspolitischen Bereich. Schließlich bietet die Union einen globaleren politischen Rahmen, um die Gesamtheit der bezüglich Raumfahrt anfallenden Fragen behandeln zu können. Zu einem Zeitpunkt, zu dem ein neuer Unionsvertrag ausgearbeitet wird, erscheint es angebracht, sowohl über die Möglichkeit, die Union mit einer Raumfahrtpolitik auszustatten sowie über die zukünftige Kompetenz- und Rollenverteilung zwischen Union, Mitgliedsstaaten und ESA in diesem Bereich nachzudenken. Frage 10: Wie sollte die politische und juristische Basis für eine wirkungsvolle Aktion der Union und Europas im Raumfahrtbereich verstärkt werden, insbesondere im Hinblick auf die Definition des zukünftigen Vertrages der Union? 3.3. Vorhersehbarer und stabiler ordnungspolitischer Rahmen für die Raumfahrtindustrie Der Bereich der Raumfahrttechnik erfordert oft beträchtliche, risikoreiche Investitionen und lange Vorlauf- und Umsetzungszeiten. Daher müssen unbedingt solide und vorhersehbare Grundlagen für die Entscheidungsfindung und Investitionen vorhanden sein. Auch sind sowohl auf nationaler als auch auf europäischer Ebene noch bestimmte verwaltungstechnische Hindernisse zu beseitigen. Entwicklung des industriellen Gefüges Raumfahrtanwendungen sind ein strategischer und "bahnbrechender"-Markt, der durch extreme technische und finanzielle Risiken und sehr hohe Zugangskosten für neue Akteure gekennzeichnet ist, was die bedeutende Rolle erklärt, die die öffentliche Hand in diesem Bereich spielt. Das Ziel des Wettbewerbs in diesem Zusammenhang liegt insbesondere in der Sicherstellung der Bereitstellung ausreichender Mittel, der Wahrung der Transparenz, eines hohen Niveaus an Wettbewerbsfähigkeit und letztlich der Senkung der Kosten. Neue Zusammenschlüsse im Raumfahrtbereich sind nicht auszuschließen, insbesondere nicht in der europäischen Szene. Dieser Industriebereich wurde bislang weitgehend staatlich beeinflußt, auch durch eine Industriepolitik der ESA. Frage 11: Der wirtschaftliche Druck hat zur Restrukturierung der Luft- und Raumfahrtindustrie in Europa aber auch anderswo geführt. Welche Auswirkungen hat eine solche Restrukturierung? Wie kann man die Aktionen der öffentlichen Hand besser organisieren, um die Wettbewerbsfähigkeit der Raumfahrtindustrie zu steigern? Regulierung und Normung Der Betrieb globaler weltraumgestützter Systeme und Netze wirft komplexe Probleme auf. Insbesondere in drei Bereichen erscheinen eine Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren erforderlich: Frequenzspektrum, Umlaufbahnpositionen: Die Frequenzen und Umlaufbahn-positionen für Satelliten sind mehr und mehr limitierte Ressourcen, die auf globaler Ebene geteilt werden. Sie werden den Staaten durch eine Facheinrichtung der Vereinten Nationen, die Internationale Fernmelde-Organisation, zugeteilt. Die Entscheidungen werden im Rahmen von Weltkonferenzen der Funkverwaltungen getroffen. Es liegt im Interesse der Mitgliedstaaten, in diesen Instanzen gemeinsam aufzutreten, was teilweise bereits der Fall ist, insbesondere über die Conférence Européenne des Postes et Telecommunications (CEPT), weitere Anstrengungen in diese Richtung sind jedoch noch erforderlich, um die europäischen Positionen besser im Rahmen der internationalen Instanzen vertreten zu können. Normung: Mit einigen wenigen Ausnahmen werden Satellitensysteme nach spezifischen Normen entwickelt, die vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI) praktisch automatisch genehmigt werden. Offene und gemeinsame Normen würden eine breitere Befriedigung der Nachfrage der Öffentlichkeit und somit eine höhere kommerzielle Effizienz begünstigen [6]. Man sollte die weltweite Satellitenindustrie dazu anregen, sich auf derartige Normen zu verständigen. [6] Die Initiative "Cooperation Européenne pour la Normalisation Spatiale" (ECSS) setzt sich den Aufbau von industriellen Normen für die Raumfahrt zum Ziel. Lizenzen: Es geht darum, die ordnungspolitischen Hindernisse zu beseitigen, die einer raschen Regelung der Probleme im Zusammenhang mit den Lizenzen für die Nutzung und Installation von Terminals im Wege stehen. Dies ist unerlässlich, um Investitionen in die europäischen Weltraumkommunikationsdienste anzuziehen und um den Markt für neue Anwendungen zu entwickeln, wie dem satellitengestützten Hochgeschwindigkeitszugang zum Internet. Organisationen, die ein kommerzielles Satellitensystem in Europa einrichten wollen, können über eine "zentrale Anlaufstelle" einen einheitlichen Antrag bei dem Aufsichtsamt eines Landes stellen, das die Zuteilung der Lizenzen erleichtern sollte. Nach den geltenden Vorschriften fällt diese weiterhin unter die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Es ist notwendig zu untersuchen, inwieweit das derzeitige System der Lizenzerteilung für den Raumfahrtsektor angepasst werden kann, insbesondere im Hinblick auf die Erleichterung der Errichtung von Satellitensystemen mit gesamteuropäischer Abdeckung, welche neue Dienste beinhalten. Frage 12: Gibt es regulative Barrieren, die die Entwicklung neuer Anwendungen in der satellitengestützten Telekommunikation bremsen? Welche Massnahmen wären geeignet, das regulative Umfeld zu verbessern? SCHLUSSFOLGERUNGEN Im Grünbuch werden Fragen aufgeworfen, mit denen sich der europäische Weltraumsektor mittel- und langfristig zwangsläufig auseinandersetzen muss. Die Zukunft Europas als Weltraummacht hängt davon ab, wie diese Fragen beantwortet und welche Entscheidungen getroffen werden. Das wird zwangsläufig Auswirkungen auf die Ambitionen und die Entwicklung Europas haben. Im Anschluss an die Veröffentlichung des Grünbuchs werden offizielle Konsultationen stattfinden. Diese werden am 30. Mai 2003 abgeschlossen. Die Gemeinsame Task Force Kommission/ESA ist für die Organisation der Konsultationen zuständig und wird Seminare, Workshops und Anhörungen veranstalten, um den Prozess zu erleichtern. Auch wird eine Internetseite für Antworten auf die Fragen eingerichtet, die von den verschiedenen Stellen eingehen. Danach wird ein Aktionsplan ("Weißbuch") ausgearbeitet, in dem die erforderlichen Maßnahmen und die Aufgaben dargelegt werden, die jeder Partner übernehmen muss, wenn der Plan erfolgreich durchgeführt werden soll. Der Plan wird vor Ende 2003 vorgelegt. Grünbuch Europäische Raumfahrtpolitik Konsulatationsprozess Beginn der Konsultation: 22. Januar 2003; Ende der Konsultation: 30. Mai 2003 Beiträge können an folgende Anschrift gesandt werden: c/o Commission/ESA Joint Task Force "Green paper on space" rue Joseph II n°79 - Büro Nr. 02/06 - B - 1049 Brüssel (eine E-Mail-Adresse kann über die Internetseite abgerufen werden). Ferner sind eine Web-Seite und ein Web-Forum, die jedem erlauben, seine Meinung beizutragen, unter folgender Adresse verfügbar: http://europa.eu.int/comm/ space Hinweis: Eine Reihe von Workshops ist im Verlauf des ersten Hälfte 2003 geplant, um die Debatte an verschiedenen Orten Europas zu animieren. Die bereits vorgesehenen Städte sind: Berlin, Brüssel, London, Madrid, Paris, Prag und Rom. Möglicherweise werden im Rahmen der bereits vorgesehenen Konferenzen zusätzliche Veranstaltungen organisiert. Diese Workshops sollen einen offenen Meinungsaustausch ermöglichen. Vorträge von Vertretern der gemeinsamen Task Force Kommission/ESA sollen die Debatte in Gang bringen und strukturieren. FOLGENABSCHÄTZUNGSBOGEN AUSWIRKUNGEN DES VORSCHLAGS AUF DIE UNTERNEHMEN UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN (KMU) BEZEICHUNG DES VORSCHLAGS: "Grünbuch - Europäische Raumfahrtpolitik" DOKUMENTENNUMMER D/549542 DER VORSCHLAG Die beiliegende Mitteilung soll einen breit angelegten Konsultationsprozess mit folgenden Hauptzielen in Gang bringen: - Erfuellung der Forderung des Europäischen Parlaments (siehe jüngste Raumfahrt-Entschließung [7]), die die Kommission ersucht hat, ein Weißbuch über Europas Zukunft im Weltraumsektor auszuarbeiten, [7] P5_TAPROV(2002)0015 Entschließung des Europäischen Parlaments - Europäische Raumfahrt, C5-0146/2001 - Weiterentwicklung und Ausbau der europäischen Rahmfahrtpolitik, - Förderung der Nutzung des Weltraums bei der Durchführung europäischer Politiken, - Förderung der Festlegung eines politischen Standpunkts zur strategischen Rolle der Raumfahrttechnik für Europa und Sensibilisierung der Bürger, - Behandlung noch anstehender politisch heikler Fragen wie Sicherheit, mehrfacher Verwendungszweck und bestimmte institutionelle Fragen. AUSWIRKUNG AUF UNTERNEHMEN In den letzten Jahren hatten die Globalisierung und die zunehmende kommerzielle Nutzung des Weltraums eine erhebliche Umstrukturierung der Raumfahrtindustrie in der Welt und in Europa zur Folge. In der europäischen Rahmfahrindustrie ist das Verhältnis zwischen kommerziellen und institutionellen Aktivitäten im Gegensatz zur amerikanischen Raumfahrtindustrie ausgewogen. Die europäische Industriepolitik muss für die notwendige technologische und industrielle Basis für die Raumfahrttechnik sorgen, um die europäische Unabhängigkeit in wichtigen strategischen Bereichen und eine gute Wettbewerbsposition auf dem Weltmarkt sowie ein angemessenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu sichern. Dennoch ist die Marktlage für die europäische Raumfahrtindustrie sehr schwierig. Auf die europäische Industrie, die in erheblichem Maß auf den kommerziellen Markt angewiesen ist, kommen in den nächsten Jahren bedeutende Umstrukturierungsmaßnahmen zu. Die Kommission und die ESA sind sich insbesondere einig, dass kleine und mittlere Unternehmen (KMU) eine wichtige Rolle bei der Nutzung der Technologien spielen können, die mit Mitteln der Institutionen entwickelt wurden, da sie nahe am Markt und an den Nutzern, überall präsent sind und schnell Innovationen einführen und auf den Bedarf reagieren können. Beide Institutionen beabsichtigen, eine solche Nutzung besonders in den Bereichen der Navigation oder Telekommunikation zu unterstützen. Die europäische Raumfahrtindustrie wird umfassend konsultiert und später in den Konsultationsprozess des Grünbuchs und in die sich daraus ergebenden politischen Maßnahmen eingebunden. Wenn der Prozess erfolgreich durchgeführt wird, kann das zur Schaffung von Arbeitsplätzen in der Raumfahrtindustrie und damit verbundenen Industriezweigen führen. Die Zahl der Arbeitsplätze sollte zumindest auf dem jetzigen Stand gehalten, wenn nicht aufgestockt werden. KONSULTATION Zielgruppen sind die Unternehmen und KMU, die direkt oder indirekt im Raumfahrtbereich tätig sind oder in dem Bereich Interessen haben (Zulieferer von Materialien, Unternehmen für Raketenstarts, Telekom-Anbieter, usw.). Zu definieren ist, wer die Beteiligten sind, welche Themen zu besprechen sind und wie das Konsultationsverfahren durchgeführt werden sollte. Aufgrund der großen Zahl an Themen, der Heterogenität der Beteiligten, der Komplexität der Aufgabe und zeitlicher Sachzwänge muss das Konsultationsverfahren gründlich vorbereitet werden. Die Konsultation kann in die folgenden Etappen untergliedert werden: - Informationskampagne: Verbreitung und Internetseite - Gezielte Konsultation: Workshops und Konferenzen - breit angelegte Konsultation: E-Mail, Webforum, per Post Auf einem informellen Workshop (3. Oktober 2002 in Brüssel) wurden erste Reaktionen der Industrie erfasst. Der Grundtenor war, dass die Konsultation im Rahmen des Grünbuchs über den Weltraumsektor möglichst bald begonnen werden sollte. Folgende Industrieverbände wurden konsultiert: Eurospace: Eurospace wurde 1961 als Organisation der europäischen Raumfahrtindustrie gegründet. Es handelt sich um einen internationalen Verband ohne Erwerbscharakter, dem die größten europäischen Raumfahrtunternehmen angehören. Auf die Mitgliedsunternehmen entfällt 90% des Gesamtumsatzes der verarbeitenden Raumfahrtindustrie in Europa. ESOA : Europäischer Verband der Betreiber von Satellitendiensten Folgende Unternehmen wurden bisher konsultiert: EUTELSAT EUMETSAT EADS ARIANESPACE ALENIA SPAZIO ALCATEL SPACE SES-GLOBAL