Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmern /* KOM/2002/0149 endg. - COD 2002/0072 */
Amtsblatt Nr. 203 E vom 27/08/2002 S. 0001 - 0005
Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmern (Vorlage der Kommission) BEGRÜNDUNG 1. EINFÜHRUNG Die wissensbasierte Wirtschaft beruht auf Innovation und Humankapital und erfordert eine größere Anpassungsfähigkeit auf Seiten der Unternehmen wie auch der Arbeitnehmer. Soll der Übergang zu dieser Wirtschaftsform gelingen, so gilt es, gemeinsam mit den Sozialpartnern flexiblere Formen der Arbeitsorganisation zu fördern und die einschlägigen Rechtsvorschriften und vertraglichen Vereinbarungen zu reformieren, um Flexibilität und Sicherheit besser zu vereinbaren, aber auch, um mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen. In diesem Zusammenhang befürworten die beschäftigungspolitischen Leitlinien für das Jahr 2001 [1] und die Grundzüge der Wirtschaftspolitik für 2001 [2] die Entwicklung unterschiedlicher und flexibler Formen von Beschäftigungs verhältnissen und Arbeitsverträgen. [1] Beschluss des Rates vom 19. Januar 2001, ABl. vom 24. Januar 2001. [2] Empfehlung des Rates vom 15. Juni 2001 zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und der Gemeinschaft ABl. L 179 vom 2.7.2001, S. 1-45. Diese Maßnahmen werden zur Umsetzung der im März 2000 auf der Tagung des Europäischen Rates von Lissabon beschlossenen Strategie beitragen, die darauf abzielt, die Union zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen. Dies wird der Union die Mittel zur Erreichung der Vollbeschäftigung bis zum Jahr 2010 an die Hand geben; darunter ist eine Gesamt-Erwerbstätigenquote von 70 % zu verstehen sowie eine Erwerbstätigenquote von mindestens 60 % für die Frauen und von mindestens 50 % für die älteren Arbeitnehmer. Wie die von der Kommission vorgeschlagene Sozialagenda und die auf dem Gipfeltreffen von Nizza angenommenen Leitlinien befürworten, muss sich die Union auf alle verfügbaren Instrumente stützen, um die Schaffung hochwertiger Arbeitsplätze anzuregen, die Beschäftigungsformen zu diversifizieren und Flexibilität und Sicherheit zu vereinbaren. Eine der Maßnahmen zur Verwirklichung dieses prioritären Ziels baut auf den Verhandlungen der Sozialpartner über die Leiharbeit auf und definiert nach deren Scheitern für die Leiharbeit ähnliche Rahmenbedingungen wie die, die bereits für befristete Arbeitsverhältnisse und für die Teilzeitarbeit gelten. 2. DIE GEMEINSCHAFTLICHE DIMENSION DER LEIHARBEIT 1. Überblick über den Sektor der Leiharbeit in der Europäischen Union Einer kürzlich veröffentlichten Studie [3] der Europäischen Stiftung zur Verbesse rung der Lebens- und Arbeitsbedingungen zufolge, die ihrerseits auf einer Studie [4] des Internationalen Verbands der Zeitarbeitsunternehmen (CIETT) beruht, steigt der Anteil der Leiharbeit in Europa seit zehn Jahren ständig an und wies zwischen 1991 und 1998 einen Zuwachs von schätzungsweise auf 10 % im Jahr auf; allerdings ist ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung nach wie vor gering (1998 durchschnittlich 2,1 Mio. Arbeitnehmer im Vollzeitäquivalent, das sind 1,4 % der Gesamtbeschäfti gung in Europa). [3] Temporaray agency work in the European Union, Dublin, 2002 (noch nicht veröffentlicht). [4] Orchestrating the evolution of Private Employment Agencies towards a stronger society. Brüssel, 2000. Die im Folgenden genannten Zahlen stammen aus dieser Studie. Es liegen derzeit keine harmonisierten europäischen Daten zur Leiharbeit vor: Die ECHP-Erhebung liefert nämlich Zahlen über befristete oder kurzfristige Arbeitsverträge (EP-Anfrage 024), d. h. über eine Kategorie, unter die nicht nur die Leiharbeit fällt. Für dieses rasche Wachstum gibt es im wesentlichen vier Gründe, die aus der Leiharbeit ein Schlüsselelement für die Verbesserung der Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes, der Unternehmen und der Arbeitnehmer machen: * Allgemein gesehen, ist in den Unternehmen eine immer größere Flexibilität bei der Verwaltung des Personals erforderlich; dies liegt vor allem daran, dass die Aufträge rascher und stärker fluktuieren. Leiharbeit kann dazu dienen, einen Mangel an ständigem Personal oder einen vorübergehenden Anstieg des Arbeitsanfalls auszugleichen; dies ist besonders wichtig für KMU, bei denen Kosten für die Einstellung oder Entlassung ständiger Mitarbeiter stärker zu Buche schlagen als bei anderen Unternehmen. Aber dieser mit der Heranziehung von Leiharbeitnehmern verbundene Vorteil wird unter Umständen dadurch beein trächtigt, dass die gesellschaftliche Akzeptanz oder die Qualität der Leiharbeit zu wünschen übrig lässt. Die Unternehmen, vor allem die kleinen und mittelgroßen Unternehmen (KMU), verzeichnen einen zunehmenden Bedarf an qualifizierten Arbeitskräften mit unterschiedlichsten Kompetenzen, auch für befristete Zeiträume. Somit bietet hochwertige Leiharbeit die Möglichkeit, dem Flexi bilitäts- und Anpassungsbedarf der heutigen Wirtschaft besser zu entsprechen. Vom Standpunkt der Leiharbeitnehmer aus bietet diese Beschäfti gungs form häufig die Möglichkeit, erstmals oder erneut ins Erwerbsleben zu treten, besonders für junge Menschen. Nach Angaben der Mitgliedstaaten zählten zwischen 24 und 52 % der Menschen, die erstmals eine Leiharbeit aufnehmen, zuvor nicht zu den Erwerbstätigen, weil sie entweder arbeitslos waren oder sich noch in der Erstausbildung befanden. * In letzter Zeit gab es für die Heranziehung von Leiharbeitnehmern noch einen weiteren Grund, nämlich den Mangel an Arbeitskräften mit bestimmten Qualifikationen; hier sind in erster Linie die Berufe aus dem Bereich der Informationstechnologien zu nennen. Dies ist der Niederschlag eines auf europäischer Ebene zu verzeichnenden allgemeinen Defizits bei diesen Qualifikationen, welches durch den von der Kommission beim Gipfeltreffen von Barcelona vorgelegten "Aktionsplan für Qualifikation und Mobilität" behoben werden soll. * Und schließlich wurden die einschlägigen Bestimmungen deutlich gelockert: Heute haben die meisten Mitglied staaten ihre Vorschriften dieser Form der Beschäftigung angepasst - fast immer im Sinne einer größeren Flexibilität -, wohingegen die Leiharbeit noch vor einigen Jahren in manchen Staaten verboten war. Ungeachtet dieses generellen Wachstums hat sich die Leiharbeit innerhalb der Union sehr ungleich entwickelt. Der oben genannten Studie zufolge waren 1999 etwa 80 % der Leiharbeitnehmer in vier Mitgliedstaaten beschäftigt, nämlich in den Niederlanden, in Frankreich, in Deutschland und im Vereinigten Königreich. Betrachtet man ihren Anteil an der Gesamtbeschäftigung, so ergibt sich ein sehr unterschiedliches Bild: In den Niederlanden würden die Leiharbeitnehmer 4,0 % der Erwerbstätigen ausmachen, gefolgt von Luxemburg (3,5 %), Frankreich (2,7 %), vom Vereinigten Königreich (2,1 %), Belgien (1,6 %), Portugal (1 %), Spanien und Schweden (0,8 %), Österreich, Deutschland und Dänemark (0,7 %), Irland und Finnland (0,60 %) sowie Italien (0,2 %). Dieses unterschiedliche Gewicht der Leiharbeit spiegelt sich in der Struktur der betroffenen Arbeitsplätze wider, wenngleich sämtliche Wirtschaftszweige von der Leiharbeit Gebrauch machen. Im Vereinigten Königreich betreffen beispielsweise 80 % der Tätigkeit von Leiharbeitunternehmen das Dienstleistungsgewerbe und den öffentlichen Sektor, während in Frankreich 75 % das Verarbeitende Gewerbe und das Baugewerbe einschließlich der öffentlichen Bauaufträge betreffen. 2. Nationale Rechtsvorschriften Das wesentliche und stets vorhandene Charakteristikum der Leiharbeit ist ein "Dreiecksverhältnis" zwischen einem entleihenden Unternehmen, einem Arbeitnehmer und einem Leiharbeitunternehmen. Was jedoch über dieses grundsätzliche Schema hinausgeht, ist in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich geregelt. In etlichen Ländern sind die Bedingungen für die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und die Tätigkeit der Leiharbeitunternehmen streng reglementiert. In anderen Fällen, beispielsweise im Vereinigten Königreich und in Irland, lassen die Vorschriften recht großen Spielraum. Auch die Art der geltenden Bestimmungen unterscheidet sich. In einigen Staaten wie beispielsweise in Deutschland, ist dieser Bereich fast ausschließlich durch Gesetz geregelt. Häufig findet sich eine Kombination aus Rechtsvorschriften und vertraglichen Vereinbarungen, es gibt jedoch auch Fälle, in denen die Tätigkeit durch einen Verhaltenskodex geregelt wird. - Zusammenfassend kann man die Staaten in drei Kategorien einteilen: 1. Staaten, in denen Leiharbeit nicht definiert ist oder in denen es nur sehr wenige einschlägige Vorschriften gibt: Dänemark, Finnland, Irland und Vereinigtes Königreich. 2. Staaten, in denen die Leiharbeit definiert und reglementiert ist, und zwar mit Schwerpunkt auf dem Verhältnis, das zwischen dem Leiharbeitunternehmen, dem entleihenden Unternehmen und dem Arbeitnehmer besteht: Deutschland, Österreich, Spanien, Luxemburg, Niederlande und Schweden. 3. Staaten, die eine spezifische Definition und Regelung für die Leiharbeit besitzen, welche nicht nur das Verhältnis zwischen Leiharbeitunternehmen, entleihendem Unternehmen und Arbeitnehmer betreffen, sondern auch den Status des Leiharbeitnehmers: Belgien, Frankreich, Italien, Portugal und Griechenland. - Was im engeren Sinne die Regelung der Arbeitsbedingungen betrifft, lassen sich trotz der großen Unterschiede einige gemeinsame Merkmale herausarbeiten: - Im allgemeinen wird das Leiharbeitunternehmen als der Arbeitgeber des Leiharbeitnehmers betrachtet; dieser ist somit ein Arbeitnehmer. Ausnahmen sind das Vereinigte Königreich und Irland: Dort garantieren einige Leiharbeitunternehmen den Beschäftigten ausdrücklich den Status eines Arbeitnehmers, während sie in anderen Fällen als Selbständige betrachtet werden. Und schließlich gibt es Gerichtsentscheidungen, die besagen, dass die Leiharbeitnehmer einem Vertrag sui generis unterliegen, da sie weder dem Leiharbeitunternehmen noch dem entleihenden Unternehmen als Arbeitnehmer angehören. - Das Leiharbeitunternehmen unterliegt in seiner Eigenschaft als Arbeitgeber sämtlichen hieraus erwachsenden Verpflichtungen. Gleichwohl hat die für die Leiharbeit typische Dreiecksbeziehung häufig zur Folge, dass das entleihende Unternehmen einen Teil der Verantwortung übernimmt; in einigen Fällen gewährleistet es die Zahlung des Arbeitsentgelts und der Sozialabgaben und muss die arbeitsmedizinischen und Sicherheitsvorschriften anwenden. Jedoch ist im Allgemeinen das Leiharbeitunternehmen der Ort, an dem die Leiharbeitnehmer ihre kollektiven Rechte geltend machen können. In einigen Mitgliedstaaten ist dies jedoch unter bestimmten Voraussetzungen in beiden Unternehmen möglich (Österreich, Frankreich, Niederlande). - Die Leiharbeitnehmer werden mit einem befristeten Vertrag eingestellt. In Deutschland und Schweden handelt es sich allerdings in der Regel um unbefristete Verträge. In einigen Staaten, vor allem in Italien und den Niederlanden, werden die befristeten Verträge unter bestimmten Umständen in unbefristete Verträge umgewandelt. So gilt beispielsweise in den Niederlanden der Arbeitsvertrag zwischen dem Leiharbeitunternehmen und dem Arbeitnehmer als unbefristet, sobald der Leiharbeitnehmer länger als 18 Monate für ein und dasselbe entleihende Unternehmen oder mehr als 36 Monate für ein und dasselbe Leiharbeitunternehmen gearbeitet hat. - Leiharbeitnehmer erhalten eine Vergütung, die mindestens derjenigen entspricht, die ein ständig bei den betreffenden Unternehmen beschäftigter Arbeitnehmer erhalten würde, welcher die gleichen oder ähnliche Aufgaben verrichtet. Dieser Grundsatz lässt sich aus den Rechtsvorschriften, vertraglichen Vereinbarungen oder Verhaltenskodizes herleiten, die in Österreich, Dänemark, in den Niederlanden, in Belgien, Frankreich, Italien, Portugal, Spanien, Luxemburg und Griechenland gelten. - Ein streikender Arbeitnehmer darf nicht durch einen Leiharbeitnehmer ersetzt werden. Diese Regel ist in zahlreichen Fällen in den Rechtsvorschriften, Tarif verträgen oder Verhaltenskodizes verankert. - Der Zugang zu den sozialen Einrichtungen des entleihenden Unternehmens wird in zahlreichen Fällen durch die geltenden Vorschriften ermöglicht. 3. Leiharbeit und Qualität des Arbeitsplatzes Die sog. "Strategie von Lissabon" ruft Europa auf, mehr und bessere Arbeitsplätze zu schaffen. Die Leiharbeit stellt das Herzstück dieser beiden Forderungen dar: - Sie ermöglicht die Aufstockung des Gesamtvolumens an Arbeitsplätzen, da sie dem in der Wirtschaft heute vorhandenen steigenden Bedarf nach Flexibilität besonders entspricht, - aber sie kann nur dann einen dauerhaften Antrieb für die Schaffung von Arbeitsplätzen darstellen, wenn sie für die Arbeitnehmer und die Arbeitsuchenden hinreichend attraktiv ist, m. a. W. wenn sie trotz ihres befristeten Charakters (der die Beziehung zwischen Leiharbeitunternehmen und Arbeitnehmer nicht zum Verschwinden bringt) hochwertige Arbeitsplätze bietet. Dieser Gesichtspunkt der Qualität wird in den kommenden Jahren unaufhörlich an Bedeutung gewinnen, wenn die Bevölkerung im erwerbstätigen Alter abnehmen wird (- 9 Mio. Menschen in der Union von 2000 - 2025). Vor diesem Hintergrund erweist sich ein Vergleich der Arbeitsbedingungen als erforderlich, was die Qualität des Arbeitsplatzes des Leiharbeitnehmers und desjenigen Arbeitnehmers betrifft, der in dem entleihenden Unternehmen gleichartige Aufgaben verrichtet und dem der Leiharbeitnehmer während der Dauer seines Einsatzes an die Seite gestellt wird oder den er zu ersetzen hat. In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Stockholm [5], die die Kommission in ihrer Mitteilung "Beschäftigungspolitik und Sozialpolitik: ein Konzept für Investitionen in Qualität" [6] näher ausgeführt und präzisiert hat, wurden mehrere Dimensionen des Qualitätsbegriffs herausgearbeitet, die einen solchen Vergleich ermöglichen. [5] Im Absatz 26 geht es um die Chancengleichheit für Behinderte, die Gleichstellung von Männern und Frauen, eine gute und flexible Arbeitsgestaltung, die es ermöglicht, das Berufs- und das Privatleben besser miteinander zu vereinbaren, ferner um das lebensbegleitende Lernen, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, die Arbeitnehmerbeteiligung und die Vielfalt in der Arbeitswelt. [6] KOM (2001) 313 endg. Betrachtet man die einem Arbeitsplatz, für den ein Leiharbeitsvertrag besteht, innewohnende Qualität, so muss man zunächst feststellen, dass zahlreiche zur Qualität beitragende Elemente nicht an die Art der Arbeitsbeziehung gebunden sind, sondern mit dem Wirtschaftszweig oder der Art der auszuführenden Aufgaben zusammenhängen. Gaben beispielsweise einer Studie der Europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen [7] zufolge 70 % der Leiharbeitnehmer 1996 an, Probleme mit Gesundheitsschutz und Sicherheit zu haben, so entspricht dieser Prozentsatz demjenigen der Arbeitnehmer mit befristetem Arbeitsvertrag (BAV) (70 %) und unterscheidet sich nur geringfügig von demjenigen der Arbeitnehmer mit unbefristetem Arbeitsvertrag (UAV) (73 %). Der Unterschied ist größer, wenn es um den Arbeitsinhalt geht, den 76 % der UAV-Arbeitnehmer und 70 % der Leiharbeitnehmer interessant finden; allerdings muss man hierbei die Unterschiede zwischen beiden Kategorien berücksichtigen (insbesondere die auf dem Arbeitsmarkt zurückgelegte Zeit). [7] Les conditions de travail dans l'Union européenne, Luxemburg, 1996 Der wesentliche Qualitätsunterschied scheint im Bereich des Arbeitsentgelts zu liegen. Daten über das Verhältnis zwischen dem Entgelt der Leih arbeit nehmer und demjenigen der Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens liegen nicht vor. Gleichwohl lassen einige verfügbare Zahlen erkennen, dass das Entgelt des Leiharbeitnehmers - zumindest im Durchschnitt - eher geringer ist. In der nationalen Untersuchung zu Österreich führt die Europäische Stiftung Schätzungen an, die erkennen lassen, dass in bestimmten Fällen das reale Entgelt der Leiharbeitnehmer bis zu 30 % von dem Entgelt abweichen kann, das der für das entleihende Unternehmen geltende Tarifvertrag vorsieht. Im Gegensatz hierzu kommt eine andere Studie, die die durchschnittlichen monatlichen Bruttoeinkünfte von Leiharbeitnehmern mit dem für die gleiche Art von Arbeit gezahlten durchschnitt lichen Entgelt vergleicht, zu dem Schluss, dass die Abweichung nur etwa 5 % beträgt. Ein offizieller Bundestagsbericht über den Stand der Leiharbeit in Deutschland legt Zahlen vor, denen zu entnehmen ist, dass Leiharbeitnehmer 22 bis 40 % weniger verdienen als die "anderen Arbeitnehmer" im Durchschnitt. Andererseits schließen die Leiharbeit nehmer in Deutschland öfter unbefristete Verträge ab und erhalten auch zwischen zwei Überlassungen eine Vergütung, weswegen sich ein direkter Vergleich zwischen ihrem Entgelt und demjenigen anderer Arbeitnehmer verbietet. Schätzungen für Spanien (Europäische Beobachtungsstelle für die Entwicklung der Arbeitbeziehungen, 28. Juli 1999) ließen erkennen, dass vor dem Inkrafttreten (1999) eines neuen Gesetzes (welches vorschreibt, dass das Entgelt der Leiharbeitnehmer genau so hoch sein muss wie das in dem für das entleihende Unternehmen geltenden Tarifvertrag vorgesehene Entgelt) die von den Leiharbeitunternehmen gezahlten Löhne und Gehälter um 10 bis 15 % niedriger waren als diejenigen in den ent leihen den Unternehmen. In Bezug auf das Vereinigte Königreich zeigen die Zahlen in dem nationalen Bericht zu der genannten Studie der Dubliner Stiftung, dass das mittlere wöchentliche Entgelt der vollzeitbeschäftigten Leiharbeitnehmer 68 % des mittleren wöchent lichen Entgelts sämtlicher Arbeitnehmer ausmacht, während der entsprechende Anteil für Vollzeitbeschäftigte mit befristetem Vertrag bei 89 % liegt. Und schließlich variiert der freiwillige Charakter der Leiharbeit deutlich. So erklärt etwa ein Drittel der Leiharbeitnehmer, diese Beschäftigungsart zu bevorzugen, wobei als Gründe im Allgemeinen die damit verbundene Flexibilität, die freie Wahl des Arbeitgebers und die Möglichkeit genannt werden, vielfältige berufliche Erfahrungen zu sammeln und dadurch die eigene Beschäftigungsfähigkeit zu vergrößern. Was die am Arbeitsplatz gebotene Möglichkeit zum lebenslangen Lernen betrifft, so lässt sich feststellen, dass Leiharbeitnehmer deutlich weniger an beruflicher Weiterbildung teilnehmen (ihre Beteiligung beträgt etwa 20 %), verglichen mit den UAV-Arbeit nehmern (36 %) und auch den BAV-Arbeitnehmern (27 %). Für die entleihenden Unternehmen und die Leiharbeitunternehmen selbst bestehen nämlich aufgrund des per definitionem befristeten Charakters der Einsätze nur wenig Anreize, den Leiharbeitnehmern berufsbildende Maßnahmen anzubieten. Gleichwohl existieren Vorkehrungen zur Verbesserung des Zugangs der Leiharbeitnehmer zur Ausbildung, die teils freiwilligen Charakter haben (wie im Vereinigten Königreich) oder durch Tarifverträge oder gesetzlich vorgeschrieben sind (wie in Frankreich, Belgien, Spanien und Italien). Was die Gleichstellung von Männern und Frauen betrifft, so zeigt die Leiharbeit in den einzelnen Mitgliedstaaten ein recht unterschiedliches Bild. In einigen Ländern, hauptsächlich dort, wo diese Beschäftigungsart im Wesentlichen in der Industrie, im Baugewerbe und bei den öffentlichen Bauaufträgen anzutreffen ist, überwiegt der Anteil der Männer; dies gilt für Österreich (87 %), Deutschland (80 %), Frankreich (74 %), Luxemburg (77 %), Spanien (62 %) und Belgien(60 %). In den Niederlanden, in Portugal und im Vereinigten Königreich ist die Verteilung auf die beiden Geschlechter relativ ausgewogen. In Finnland und Schweden bilden hingegen die Frauen die Mehrheit; sie machen etwa 80 % der Leiharbeitnehmer aus. Betrachtet man die Aspekte Flexibilität und Sicherheit, so bietet die Leiharbeit den Unternehmen und den betroffen Beschäftigten einen offensichtlichen Spielraum bei der Gestaltung der Beschäftigung. Dies zeigt sich in der Dauer der Einsätze, die zum größten Teil nicht länger ist als 6 Monate. In Frankreich und Spanien betreffen 80 % der Einsätze einen Zeitraum von höchstens einem Monat. Österreich und die Niederlande bilden hier eine Ausnahme; in diesen Ländern machen die Einsätze von über 6 Monaten 30 % bzw. 17 % der Gesamtzahl aus. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Leiharbeit zu stabileren und dauerhafteren Arbeitsbeziehungen führen kann, die für den Beschäftigten eine gewisse Sicherheit bedeuten würden, oder ob sie die Leiharbeitnehmer in einem seiner Natur nach instabilen Verhältnis festhält, was zu einer ständigen Unsicherheit führen könnte. Die Zahlen [8] geben Anlass zu einem gewissen Optimismus: zwischen 29 und 53 % der Leiharbeitnehmer - je nach Land - schließen in dem auf ihre Einstellung bei dem Leiharbeitunternehmen folgenden Jahr einen UAV ab. [8] CIETT, 2000, op.cit. Betrachtet man schließlich Gesundheitsschutz und Arbeitssicherheit, so ergibt die dritte europäische Erhebung über die Arbeitsbedingungen (2000) der Europäischen Stiftung für die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, dass die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer schlechter sind als diejenigen von Beschäftigten mit anderen Arbeitsverträgen. Leiharbeitnehmer sind in stärkerem Maße gegenüber körperlichen Risiken (ungünstige Haltungen, Schwingungen, Lärm) exponiert und müssen mit einer größeren Arbeitsintensität und schnellerem Arbeitstakt fertig werden als die Arbeitnehmer mit UAV oder BAV. 3. BEGRÜNDUNG DER MASSNAHME 1. Vorausgegangene Initiativen Mit der hier vorgeschlagenen Richtlinie wird an verschiedene frühere legislative Vorschläge und an die Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern von Juni 2000 bis Mai 2001 angeknüpft, bei denen kein Einvernehmen erzielt wurde. Die Kommission hat festgestellt, dass diese Verhandlungen in zahlreichen Punkten Gemeinsamkeiten erkennen ließen, aus denen man schließen kann, dass die Parteien einem Konsens eigentlich sehr nahe gekommen waren. Aus diesem Grund möchte die Kommission unverzüglich eine Richtlinie vorschlagen, die die Verhandlungs ergebnisse aufgreift und Bestimmungen formuliert, die geeignet sind, die verbleibenden Sackgassen zu öffnen. A. Erste Initiativen der Kommission Bereits seit Beginn der 80er Jahre stellt die Leiharbeit eine wichtige Komponente für das Funktionieren des Arbeitsmarktes in Europa dar, denn die Unternehmen suchen nach Flexibilität in der Gestaltung der Beschäftigung. Vor diesem Hintergrund hatten der Rat und das Parlament vor nunmehr über 20 Jahren Entschließungen [9] angenommen, in denen sie die Notwendigkeit betonten, zur Regelung der Leiharbeit und zum Schutz der betroffenen Arbeitnehmer eine Gemeinschaftsaktion in die Wege zu leiten. 1982 unterbreitete die Kommission den genannten Organen in diesem Sinne einen Richtlinienvorschlag. Er wurde 1984 geändert, jedoch nie angenommen. [9] ABl. C 2 vom 4.1.1980, S.1 und ABl. C 260 vom 12.10.1981, S. 54. In der Folge hat die Kommission 1990 ein Bündel grundlegender Bestimmungen vorgeschlagen, mit denen ein Minimum an Kohärenz zwischen den verschiedenen Vertragsarten gewährleistet werden sollte. Sie schlug drei Richtlinien des Rates über atypische Arbeitsverhältnisse [10] vor, die die Teilzeitarbeit, die befristeten Arbeits verträge und die Leiharbeit regeln sollten. Hintergrund für diese Maßnahme war das Aktionsprogramm zur Gemeinschaftscharta der Grundrechte der Arbeitnehmer, in der vorgesehen war, dass diese neuartigen Lebens- und Arbeitsbedingungen (d. h. die befristete Arbeit, die Teilzeitarbeit, die Leiharbeit und die Saisonarbeit) Gegenstand einer ,Harmonisierung von oben" sein sollten. [10] KOM (90) 228 endg. vom 29.6.1990, ABL. C 224 vom 8.9.1990, S. 8. Mit zweien der von der Kommission vorgelegten Entwürfe sollte den betroffenen Arbeitnehmern eine breite Palette von Rechten zugestanden werden, die ihnen Gleichbehandlung mit den Arbeitnehmern mit unbefristeten Vollerwerbs arbeits plätzen verschaffen sollten. Der dritte Entwurf betraf Leiharbeitnehmer und hatte den Zweck, ihnen im Bereich des Gesundheitsschutzes und der Arbeitssicherheit die gleichen Bedingungen zu garantieren wie den Arbeitnehmern des entleihenden Unternehmens. Nur dem letztgenannten Vorschlag war Erfolg beschieden; er führte im Jahr 1991 zum Erlass der Richtlinie 91/383/EWG des Rates vom 25. Juni 1991 zur Ergänzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis. B. Anhörung der Sozialpartner Als der Rat bezüglich der oben genannten Maßnahmen keine Fortschritte erzielte, beschloss die Kommission, das Verfahren gemäß Artikel 3 des Abkommens über die Sozialpolitik im Anhang zum Protokoll (Nr. 14) über die Sozialpolitik einzuleiten, das dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft beigefügt ist. Daher hat sie am 27. September 1995 ihre Zustimmung zur Anhörung der Sozialpartner gemäß Artikel 3 Absatz 2 des genannten Abkommens in der Frage der Flexibilität der Arbeitszeit und der Sicherheit der Arbeitnehmer gegeben. Den Antworten der Sozialpartner war eine breite Unterstützung des grundlegenden Leitgedankens der Nichtdiskriminierung der Arbeitnehmer mit neuen flexiblen Arbeitsformen zu entnehmen, mit dem ihnen die gleiche Behandlung wie diejenige der Vollzeitbeschäftigten mit unbefristetem Vertrag garantiert werden soll. Zwar wichen die Ansichten bezüglich Form und Rahmen der zu ergreifenden Maßnahme beträchtlich voneinander ab, jedoch haben sich die Sozialpartner in ihrer Mehrheit bereit erklärt, sich aktiv an der Festlegung der entsprechenden Grundsätze und deren Umsetzung zu beteiligen, insbesondere im Wege von Tarifverträgen auf geeig neter Ebene. Nach Prüfung der Reaktionen kam die Kommission zu dem Schluss, eine Gemeinschaftsaktion sei wünschenswert, und beschloss, am 9. April 1996 die zweite Anhörung der Sozialpartner gemäß Artikel 3 Absatz 3 des Abkommens über die Sozialpolitik einzuleiten. Am 19. Juni 1996 haben drei Organisationen (Union der Industrie- und Arbeitgeber verbände Europas (UNICE), Europäischer Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB)) ihre Absicht kundgetan, Verhandlungen über diesen Gegenstand aufzunehmen, dabei jedoch die einzelnen Punkte nacheinander zu behandeln. Erster Verhandlungspunkt war die Teilzeitarbeit; in dieser Frage wurde am 6. Juni 1997 eine Vereinbarung erzielt, die mit der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 durchgeführt wurde. Den nächsten Verhandlungspunkt bildeten die befristeten Arbeitsverträge, über die am 18. März 1999 eine Vereinbarung erzielt wurde; sie wurde durch die Richtlinie 1999/70/EG vom 28. Juni 1999 durchgeführt. Im Mai 2000 beschlossen die Sozialpartner dann, die Verhandlungen über die Leiharbeit zu eröffnen. Am 21. Mai 2001 mussten sie jedoch feststellen, dass in dieser Frage kein Einvernehmen zu erzielen war. Es zeigt sich, dass der Punkt, über den prinzipielle Meinungsverschiedenheit herrscht, der Begriff des "vergleichbaren Arbeitnehmers" ist. Aus Sicht der Arbeitnehmer sollte als Basis für den Vergleich ein Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens gelten, der die gleiche Arbeit oder eine ähnliche Arbeit verrichtet. Die Arbeitgeber lehnen das Konzept ab, dass der vergleichbare Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens den wesentlichen Bezugspunkt darstellen soll. Ihrer Auffassung nach ist ein solcher Vergleich in denjenigen Ländern nicht gerechtfertigt, in denen die Leiharbeitnehmer mit dem Leiharbeitunternehmen einen unbefristeten Vertrag geschlossen haben und von ihrem Arbeitgeber auch dann bezahlt werden, wenn keine Überlassung in einem entleihenden Unternehmen erfolgt. Für die Gewerkschaften muss hingegen als Bezugspunkt für die wesentlichen Beschäftigungsbedingungen, wie Arbeitsentgelt und -zeit, Gesundheitsschutz und Sicherheit, der vergleichbare Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens dienen, wie es bereits in den meisten Ländern der Gemeinschaft der Fall ist. Sieht man jedoch von diesem Punkt der prinzipiellen Meinungsverschiedenheit ab, der trotz unbestreitbarer Annäherungen auf beiden Seiten nach wie vor besteht, so sind die Sozialpartner in etlichen anderen Fragen zu konvergierenden Positionen gelangt. Daher kann sich der vorliegende Richtlinienvorschlag in großen Teilen auf diejenigen Punkte stützen, über die die Verhandlungsführer Konsens erzielt haben. Schließlich ist noch anzumerken, dass der Vorschlag den Erwartungen der Sozialpartner aus dem Sektor der Leiharbeitunternehmen (Euro-Ciett als Arbeitgeberverband und Uni-Europa als Arbeitnehmerorganisation) entspricht, die sie in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 8. Oktober 2001 zum Ausdruck gebracht haben; in dieser Erklärung haben beiden Organisationen ihre Positionen und ihre Wünsche bezüglich einer künftigen Richtlinie dargelegt. C. Grenzüberschreitende Arbeitnehmerüberlassung Am 16. Dezember 1996 erließen das Europäische Parlament und der Rat die Richtlinie 96/71/EG über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen, deren Hauptzweck die Förderung des länderübergreifenden Dienstleistungsverkehrs war. Der Gesetzgeber war sich bewusst, dass diese Förderung einen fairen Wettbewerb und Maßnahmen voraussetzt, die die Einhaltung der Arbeitnehmerrechte garantieren. Das grundlegende Prinzip dieser Richtlinie besagt, dass die im Gastland geltenden wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen nicht nur auf die inländischen Arbeitnehmer, sondern auch auf die entsandten Arbeitnehmer anzuwenden sind, die bei einem in einem anderen Staat ansässigen Unternehmen beschäftigt sind. Grenzüberschreitende Einsätze von Arbeitnehmern im Bereich der Leiharbeit unterfallen dieser Richtlinie. Konkret bedeutet dies, dass Leiharbeitunternehmen, die ihre Beschäftigten einem in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen entleihenden Unter nehmen überlassen möchten, verpflichtet sind, ihnen einen Kern von zwingenden Mindestvorschriften zu garantieren, der in dem Land gelten, in dem die Überlassung stattfindet. Zu diesen zwingenden Vorschriften zählen auch die Bedingungen für die Arbeitnehmerüberlassung. Der vorliegende Richtlinienvorschlag beabsichtigt somit die Präzisierung und Annäherung der für die Überlassung von Arbeitskräften geltenden einzelstaatlichen Bedingungen. Gleichzeitig kann er als Fortschreibung der bereits für die grenzüberschreitende Entsendung von Leiharbeitnehmern geltenden Bestimmungen verstanden werden. Es ist nur folgerichtig, dass man im Rahmen eines echten Binnenmarktes die Vorschriften für die Überlassung von Arbeitskräften angleicht, unabhängig davon, ob diese im Inland oder im Ausland erfolgt. Es sei noch darauf hingewiesen, dass der vorliegende Richtlinienvorschlag den Geltungsbereich der Entsenderichtlinie und die darin vorgesehenen Abweichungsmöglichkeiten völlig unberührt lässt. 2. Das IAO-Übereinkommen C 181 von 1997 über private Arbeitsvermittler Die Allgemeine Konferenz der Internationalen Arbeitsorganisation nahm am 19. Juni 1997 das Übereinkommen über private Arbeitsvermittler an, dessen Zweck es unter anderem ist, die Arbeitnehmer, die deren Dienste in Anspruch nehmen, zu schützen. Das Übereinkommen legt die Art von Maßnahmen fest, die die Mitglieder ergreifen müssen, um einen angemessenen Schutz der Leiharbeitnehmer zu garantieren. Spanien, Finnland, Italien und die Niederlande haben das Übereinkommen ratifiziert. 3. Subsidiarität Der Richtlinienvorschlag zu den Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer entspricht den in Artikel 136 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemein schaft genannten Zielen, insbesondere hinsichtlich der Arbeitsbedingungen, der Beschäftigungsförderung und des sozialen Dialogs. In diesem Sinne ergänzt der Vorschlag die Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten gemäß Artikel 137 EG-Vertrag, indem er einen gemeinschaftlichen, gemeinsamen und flexiblen Rahmen schafft für die Verbesserung der Arbeitsplatzqualität der Leiharbeitnehmer und die Förderung des Sektors der Leiharbeit. Ein Tätigwerden der Gemeinschaft in diesem Bereich ist aus mehreren Gründen gerechtfertigt. Erstens besteht auf Gemeinschaftsebene Bedarf an einer Ausweitung des Grund satzes der Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern der entleihenden Unternehmen, der bereits in neun Mitgliedstaaten gilt. Da der Richtlinienvorschlag dies leistet, wird er einen stabilen Rahmen für die Weiterentwicklung der Leiharbeit schaffen. Indem er den Leiharbeitnehmern Mindest rechte garantiert, wird er dem Sektor größere Attraktivität und einen besseren Ruf verschaffen. Wird die Leiharbeit attraktiver, so werden sich für die entleihenden Unternehmen größere Wahlmöglichkeiten ergeben, und da sie Zugang zu einem breiteren Spektrum von Bewerbern haben werden, können sie ihrem Flexibilitätsbedarf besser entsprechen. Somit wird die vorgeschlagene Richtlinie die Basis für eine neue Expansion des Sektors schaffen, zur vollen Ausschöpfung seines Beschäftigungspotenzials beitragen und das Funktionieren des Arbeitsmarktes verbessern. Will man die Leiharbeit fördern, so müssen zweitens auf Gemeinschaftsebene die Voraussetzungen geschaffen werden für die Beseitigung bestehender Einschrän kungen des Einsatzes von Leiharbeitnehmern, die nicht mehr mit dem Allgemein interesse oder dem Arbeitnehmerschutz begründet werden können. Drittens besteht dringender Bedarf an einer Ergänzung der bestehenden gemeinschaftsrechtlichen Bestimmungen - Richtlinien 91/383/EWG, 97/81/EG und 1999/70/EG des Rates -, die den Grundsatz der Nichtdiskriminierung bereits für atypische Arbeitsverhältnisse festgeschrieben haben. In Bezug auf Gesundheits schutz und Sicherheit ist der Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Leih arbeit nehmern gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern der entleihenden Unter nehmen bereits in Kraft. Viertens entsprechen gemeinschaftliche rechtliche Rahmenbedingungen für Leih arbeit nehmer den Wünschen der Sozialpartner aller Branchen auf Gemeinschafts ebene, die im Mai 2000 Verhandlungen aufgenommen hatten, um solche Rahmen bedingungen zu schaffen. Ebenso wird den Erwartungen der Sozialpartner des Leiharbeitssektors entsprochen, die in einer gemeinsamen Erklärung vom 8. Oktober 2001 die Notwendigkeit einer einschlägigen Richtlinie der Gemeinschaft anerkannt haben. In diesem Zusammenhang sei angemerkt, dass der Internationale Verband der Zeitarbeitsunternehmen (Euro-Ciett) in seinem Beitrag zur Tagung des Europäischen Rates in Barcelona seine Zufriedenheit über eine Richtlinie zur Leiharbeit zum Ausdruck bringt, deren Zweck es ist, ein Gleichgewicht zwischen dem Arbeit nehmer schutz und der Schaffung von Arbeitsplätzen herzustellen. 4. Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Der Inhalt der vorgeschlagenen Maßnahme entspricht ferner dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er ein gemeinschaftliches Mindestmaß an Schutz festlegt und es den Mitgliedstaaten, aber auch den Sozialpartnern überlässt, Anpassungen vorzunehmen, die sie mit Blick auf die jeweiligen nationalen Besonderheiten für erforderlich halten. In diesem Sinne ist der von dem Richtlinienvorschlag geschaffene Rahmen flexibel. Vor allem ist er bestens zur Konsolidierung und zum Ausbau der vorbildlichen Verfahren in etlichen Mitgliedstaaten geeignet. Er lässt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, immer dann, wenn Leiharbeitnehmer einen unbefristeten Vertrag geschlos sen haben, weitgehend vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung abzu weichen. Die Mitgliedstaaten können die Sozialpartner damit betrauen, unab hängig von der Form des Arbeitsvertrags von diesem Grundsatz abzuweichen. Außer dem verpflichtet der Vorschlag die Mitgliedstaaten, etwaige Einschränkungen des Einsatzes von Leiharbeitnehmern regelmäßig zu überprüfen. In dem Maße, wie sich der Mindestschutz für die Leiharbeitnehmer künftig verbessern wird, müsste es möglich werden, Einschränkungen aufzuheben, die bislang aus dem Wunsch heraus, die Leiharbeitnehmer zu schützen, gerechtfertigt waren. 4. RECHTSGRUNDLAGE Artikel 137 Absatz 1 EG-Vertrag lautet: ,Zur Verwirklichung der Ziele des Artikels 136 unterstützt und ergänzt die Gemeinschaft die Tätigkeit der Mitgliedstaaten auf folgenden Gebieten: (...) - Arbeitsbedingungen (...)". Gemäß Absatz 2 des gleichen Artikels kann der Rat für die Zwecke des Absatzes 1 ,unter Berücksichtigung der in den einzelnen Mitgliedstaaten bestehenden Bedingungen und technischen Regelungen durch Richtlinien Mindestvorschriften erlassen, die schrittweise anzuwenden sind. Diese Richtlinien sollen keine verwaltungsmäßigen, finanziellen oder rechtlichen Auflagen vorschreiben, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen. Der Rat beschließt gemäß dem Verfahren des Artikel 251 nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses sowie des Ausschusses der Regionen." Dieser Absatz 2 des Artikels 137 bildet die Rechtsgrundlage des vorliegenden Vorschlags. Die vorgeschlagene Maßnahme entspricht diesen Vorgaben. Mit dem Richtlinienvorschlag wird ein gemeinsamer Bestand an Mindestvorschriften geschaffen, um die Weiterentwicklung der Leiharbeit zu fördern und gleichzeitig die Qualität dieser Beschäftigungsform zu verbessern. Was die kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) betrifft, so liegt es auf der Hand, dass die Leiharbeit ein bevorzugtes Instrument für Flexibilität darstellt, indem sie ihre Belegschaftsstärke den Marktbedingungen anpassen können. Diese Unternehmen setzen nämlich Leiharbeitnehmer ein, um einen zeitweisen Anstieg der Tätigkeit oder saisonale Schwankungen aufzufangen oder auch, um abwesende Arbeitnehmer zu ersetzen. Sie suchen qualifizierte und motivierte Arbeitnehmer, die gute Qualität liefern. Sofern die Richtlinie das Image der Leiharbeit durch Anhebung der Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmern verbessert, wird diese Arbeitsform für immer mehr Arbeitnehmer an Attraktivität gewinnen. Dies wiederum wird dazu führen, dass die Leiharbeitunternehmen über eine breite Palette von Qualifikationen verfügen und somit in der Lage sind, sehr genau auf den Bedarf der entleihenden Unternehmen einzugehen. Im übrigen wird der Richtlinienvorschlag durch die Festlegung eines stabilen, klaren und verständlichen Rahmens, der die offen kundigsten Verzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten beseitigt, die Tätigkeit derjenigen KMU erleichtern, die im Binnenmarkt operieren. 5. DER VORSCHLAG IM EINZELNEN 1. Die Richtlinie als Ganzes Der vorliegende Richtlinienvorschlag etabliert den allgemeinen Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern. Diesem Grundsatz zufolge dürfen Leiharbeitnehmer, was die wesentlichen Arbeitsbedingungen betrifft, nicht schlechter gestellt sein als ein vergleichbarer Arbeitnehmer, worunter ein Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens verstanden wird, der den gleichen oder einen ähnlichen Arbeitsplatz bekleidet. Der Richtlinienvorschlag sieht eine Beschränkung dieses Grundsatzes und zwei Ausnahmemöglichkeiten vor. Eine Beschränkung kann dann vorgenommen werden, wenn eine unterschiedliche Behandlung aus sachlichen Gründen gerechtfertigt ist. Dies ist dann der Fall, wenn der Leiharbeitnehmer sich je nach Umständen in einer anderen Situation befindet als der normalerweise vergleichbare Arbeitnehmer, was erklärt, dass er nicht die gleiche Behandlung erwarten kann. Davon abgesehen, kann es Ausnahmen von dem Grundsatz geben, vor allem dann, wenn der Leiharbeitnehmer mit dem Leiharbeitunternehmen einen unbefristeten Vertrag abgeschlossen hat. In diesem Fall und sofern die Leiharbeitnehmer auch zwischen zwei Überlassungen bezahlt werden, können die Mitgliedstaaten nämlich angesichts des dadurch gegebenen zusätzlichen Schutzes die Möglichkeit vorsehen, vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung abzuweichen. Außerdem können die Mitgliedstaaten die Sozialpartner ermächtigen, im Wege von Tarifverträgen Arbeitsbedingungen festzulegen, die von dem genannten Grundsatz abweichen, sofern ein angemessener Schutz gewährleistet ist. Mit dieser Ausnahmeregelung wird bezweckt, die Rolle der Sozialpartner zu stärken, damit sie die geltenden Regeln so weit wie möglich an die Interessen und Bedürfnisse der Betroffenen anpassen können. Mit diesen beiden Ausnahmen wird angesichts der festgefahrenen Verhandlungen eine flexible Formulierung vorgeschlagen. Sie stellen einen Kompromiss dar zwischen der Notwendigkeit, im Wege des Fortschritts zur Angleichung der Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer zu gelangen, und der Berücksichtigung der nationalen Vorschriften und Gepflogenheiten. Gleichzeitig fordert der Richtlinienvorschlag die Staaten auf, die eventuell noch bestehenden Einschränkungen und Verbote in Bezug auf die Leiharbeit regelmäßig zu überprüfen. Die Anwendung eines Mindestbestands an Vorschriften für Leiharbeitnehmer soll es in Zukunft ermöglichen, Beschränkungen abzuschaffen, die zu ihrer Zeit aus Sorge um den Schutz der betroffenen Arbeitnehmer gerechtfertigt waren. Es versteht sich, dass jedwede Einschränkung der Dienstleistungsfreiheit nur dann vorgenommen werden darf, wenn sie notwendig ist und in einem angemessenen Verhältnis zum angestrebten Zweck steht. Ergänzend hierzu enthält der Richtlinienvorschlag Bestimmungen, mit denen die Situation der Leiharbeitnehmer verbessert werden soll. Hier geht es vor allem darum, ihnen den Zugang zur dauerhaften Beschäftigung zu erleichtern. Zu diesem Zweck ist einerseits vorgesehen, dass Leiharbeitnehmer, die in einem entleihenden Unternehmen tätig sind, über die dort ausgeschriebenen Stellen informiert werden müssen, und zum anderen, dass alle Klauseln, die die Einstellung eines Leiharbeitnehmers in einem entleihenden Unternehmen verbieten oder unmöglich machen, null und nichtig sind. Des Weiteren geht es um die Verbesserung der materiellen Arbeitsbedingungen, indem den Leiharbeitnehmern Zugang zu den sozialen Leistungen des entleihenden Unternehmens verschafft und ihre Fähigkeit zur beruflichen Eingliederung dadurch verbessert wird, dass sie an Ausbildungsmaßnahmen im Leiharbeitunternehmen und im entleihenden Unternehmen teilnehmen können. Und schließlich ist vorgesehen, dass die Leiharbeitnehmer innerhalb des Leiharbeitunternehmens bei der Berechnung der Schwelle berücksichtigt werden, oberhalb deren die in den nationalen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Arbeitnehmervertretungen eingeführt werden müssen Es steht den Mitgliedstaaten frei, diese Berücksichtigung bei der Schwellenberechnung auch auf das entleihende Unternehmen auszuweiten. Dieses muss auf jeden Fall seine Arbeitnehmervertretung im Falle einer Heranziehung von Leiharbeitnehmern informieren. 2. Beschreibung der einzelnen Artikel Kapitel I : Allgemeine Bestimmungen 1. Artikel 1 bis 3 : Anwendungsbereich und Begriffsbestimmungen Artikel 1 legt den Anwendungsbereich der vorgeschlagenen Richtlinie fest. Hier wird der Begriff des ,Leiharbeitsverhältnisses" aufgegriffen, wie er in der Richtlinie vom 25. Juni 1991 zur Ergänzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis [11] definiert wurde. Absatz 2 sieht vor, dass die Richtlinie für private und öffentliche Unternehmen gilt. [11] Richtlinie 91/383/EWG -ABl. L 206 vom 29.7.1991, S. 19. Absatz 3 gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Personen, die an einem spezifischen öffentlichen oder von öffentlichen Stellen unterstützten Ausbildungs-, Eingliederungs- oder Umschulungsprogramm teilnehmen, vom Geltungsbereich auszuschließen. Artikel 2 nennt das Ziel der Richtlinie. Artikel 3 enthält im ersten Absatz eine Bestimmung der Begriffe ,Arbeitnehmer" ,vergleichbarer Arbeitnehmer", ,Einsatz" und ,wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen". Im zweiten Absatz wird bezüglich der Definition von ,Arbeitsvertrag" und ,Arbeitsverhältnis" auf das einzelstaatliche Recht verweisen; dabei wird präzisiert, dass die Mitgliedstaaten Arbeitnehmer nicht mit der Begründung vom Geltungsbereich der Richtlinie ausschließen dürfen, dass sie einen befristeten Vertrag geschlossen haben, dass sie teilzeitbeschäftigt sind oder dass sie sich als Leiharbeitnehmer im Einsatz befinden. Mit dieser Klarstellung sollen rechtliche Unsicherheiten beseitigt werden, denen sich im Einsatz befindliche Leiharbeitnehmer möglicherweise gegenübersehen. Die sehr unterschiedliche Einstufung des Vertrags, aufgrund dessen sie eingesetzt werden, kann ihnen unter Umständen den Zugang zum arbeitsrechtlichen Schutz versperren. Artikel 4 verlangt von den Mitgliedstaaten die regelmäßige Überprüfung der Einschränkungen und Verbote, die im Bereich der Leiharbeit bezüglich bestimmter Kategorien von Leiharbeitnehmern oder bestimmter Wirtschaftszweige gelten. Kapitel II: Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen Artikel 5 Absatz 1 stellt den Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf und legt die Bedingungen für seine Umsetzung fest. Eine Einschränkung und zwei Ausnahmen sind bezüglich dieses Grundsatzes möglich, vor allem dann, wenn sachliche Gründe seiner Anwendung entgegenstehen. Andererseits ermächtigt der Absatz 2 die Mitgliedstaaten, im Sonderfall der Leiharbeitnehmer mit einem unbefristeten Vertrag, der ihre Bezahlung auch dann vorsieht, wenn sie nicht im Einsatz sind, von dem Grundsatz abzuweichen. Absatz 3 sieht vor, dass die Mitgliedstaaten die Sozialpartner damit betrauen können, Tarifverträge zu schließen, die von dem Grundsatz abweichen. Absatz 4 gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, im Falle von Arbeiten, deren Ausführung weniger als sechs Wochen in Anspruch nimmt, den in Absatz 1 genannten Grundsatz der Nichtdiskriminierung nicht anzuwenden. Absatz 5 schreibt vor, wie in dem Fall zu verfahren ist, dass kein vergleichbarer Arbeitnehmer existiert. Absatz 6 regelt die Modalitäten für die Durchführung des Artikels. Artikel 6 enthält eine Reihe von Bestimmungen, mit denen die Qualität der Beschäftigung von Leiharbeitnehmern verbessert werden soll. Um ihnen Zugang zu einer unbefristeten Beschäftigung zu verschaffen, müssen Leiharbeitnehmer über offene Stellen informiert werden, und sie dürfen nicht behindert werden, wenn sich die Gelegenheit bietet, nach Abschluss ihres Einsatzes einen unbefristeten Vertrag mit dem entleihenden Unternehmen zu schließen (Absätze 1 und 2). Hierfür darf dem Leiharbeitnehmer kein Honorar in Rechnung gestellt werden (Absatz 3). Er muss Zugang zu den sozialen Einrichtungen des entleihenden Unternehmens haben (Absatz 4). Schließlich müssen alle erdenklichen Maßnahmen zur Verbesserung seiner Ausbildung ergriffen werden, und zwar sowohl im Leiharbeitunternehmen als auch im entleihenden Unternehmen (Absatz 5). Artikel 7 schreibt vor, dass Leiharbeitnehmer innerhalb des Leiharbeitunternehmens bei der Berechnung der Schwelle zu berücksichtigen sind, oberhalb deren die einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Vorschriften die Einführung von Arbeitnehmervertretungen vorsehen. Den Mitgliedstaaten wird die Möglichkeit gegeben, diese Berücksichtigung bei der Schwellenberechnung auch auf das entleihende Unternehmen auszuweiten. Artikel 8 schreibt vor, dass die Beschäftigten des entleihenden Unternehmens über den Einsatz von Leiharbeitnehmern in ihrem Unternehmen zu informieren sind. Kapitel III: Schlussbestimmungen Artikel 9: Mindestvorschriften (Standardformulierung) Artikel 10: Sanktionen (Standardformulierung) Artikel 11: Durchführung (Standardformulierung) Artikel 12: Überprüfung durch die Kommission: vorgeschlagen werden 5 Jahre nach dem Erlass, um eventuelle Änderungen vorzuschlagen. 2002/0072(COD) Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES über die Arbeitsbedingungen von Leiharbeitnehmern DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 137 Absatz 2, auf Vorschlag der Kommission [12], [12] ABl. C [...] vom [...], S. [...]. nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses [13], [13] ABl. C [...] vom [...], S. [...]. nach Stellungnahme des Ausschusses der Regionen [14], [14] ABl. C [...] vom [...], S. [...]. nach dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag [15], [15] ABl. C [...] vom [...], S. [...]. in Erwägung nachstehender Gründe: (1) Dieser Rechtsakt steht im Einklang mit den Grundrechten und befolgt die insbesondere in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannten Prinzipien als allgemeine Grundsätze des Gemeinschaftsrechts; er soll insbesondere die uneingeschränkte Einhaltung von Artikel 31 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleisten, dem zufolge jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das Recht auf gesunde, sichere und würdige Arbeitsbedingungen sowie auf eine Begrenzung der Hoechstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub hat. (2) Ferner sieht Ziffer 7 der Gemeinschaftscharta der sozialen Grundrechte der Arbeitnehmer unter anderem Folgendes vor: "Die Verwirklichung des Binnenmarktes muss zu einer Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen der Arbeitnehmer in der Europäischen Gemeinschaft führen. Dieser Prozess erfolgt durch eine Angleichung dieser Bedingungen auf dem Wege des Fortschritts und betrifft namentlich andere Arbeitsformen als das unbefristete Arbeitsverhältnis, wie das befristete Arbeitsverhältnis, Teilzeitarbeit, Leiharbeit und Saisonarbeit." (3) In den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Lissabon (23./24. März 2000) wurde ein neues strategisches Ziel für die Europäische Union aufgestellt, nämlich ,zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum in der Welt" zu werden, ,der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen." (4) In Übereinstimmung mit der europäischen Sozialagenda, die auf der Grundlage der Mitteilung der Kommission vom Europäischen Rat von Nizza (7. bis 9. Dezember 2000) angenommen wurde, ferner mit den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Stockholm (23./24. März 2001) und mit dem Beschluss des Rates vom 19. Januar 2001 über die Leitlinien für beschäftigungspolitische Maßnahmen im Jahr 2001 empfiehlt es sich, eine befriedigende und flexible Arbeitsorganisation im Rahmen neuer flexibler Verträge einzuführen, welche den betroffenen Arbeitnehmern angemessene Sicherheit und einen höheren beruflichen Status garantieren, der sowohl mit ihren Bestrebungen als auch mit dem Bedarf der Unternehmen vereinbar ist. (5) Die Kommission hat die Sozialpartner am 27. September 1995 zur möglichen Ausrichtung einer Gemeinschaftsaktion im Bereich der Flexibilität der Arbeitszeit und der Sicherheit der Arbeitnehmer gehört. (6) Da die Kommission nach dieser Anhörung eine Gemeinschaftsaktion für zweckmäßig hielt, hat sie die Sozialpartner am 9. April 1996 erneut zum Inhalt des geplanten Vorschlags gehört. (7) In der Präambel zu der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge bekundeten die Unterzeichneten ihre Absicht, zu prüfen, ob eine ähnliche Vereinbarung zum Thema Leiharbeit erforderlich sei. (8) Die branchenübergreifenden Wirtschaftsverbände - die Union der Industrie- und Arbeitgeberverbände Europas (UNICE), der Europäische Zentralverband der öffentlichen Wirtschaft (CEEP) und der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) - haben der Kommission in ihrem gemeinsamen Schreiben mitgeteilt, dass sie den in Artikel 138 Absatz 4 EG-Vertrag genannten Prozess in Gang setzen wollen. Sie haben die Kommission in einem gemeinsamen Schreiben um eine Verlängerung von drei Monaten ersucht; die Kommission hat dieser Bitte entsprochen und die Verhandlungsfrist bis zum 15. März 2001 verlängert. (9) Am 21. Mai 2001 erkannten die Sozialpartner an, dass ihre Verhandlungen über Leiharbeit zu keinem Ergebnis geführt hatten. (10) Die rechtliche Stellung der Leiharbeitnehmer weist innerhalb der Union große Unterschiede auf. (11) Die Leiharbeit sollte dem Flexibilitätsbedarf der Unternehmen ebenso entsprechen wie dem Bedürfnis der Arbeitnehmer, Privatleben und Beruf zu vereinbaren; sie sollte ferner zur Schaffung von Arbeitsplätzen und zur Teilnahme am Erwerbsleben bzw. zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt beitragen. (12) Ziel der vorliegenden Richtlinie ist die Festlegung eines Rahmens zum Schutz der Leiharbeitnehmer, der gleichzeitig einen gemeinsamen und flexiblen Rahmen für die Tätigkeit der Unternehmen in diesem Bereich innerhalb der Europäischen Gemeinschaft darstellt; dabei soll vermieden werden, verwaltungsmäßige, finanzielle oder rechtliche Auflagen vorzuschreiben, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen könnten. (13) Die vorliegende Richtlinie steht im Einklang mit dem Vertrag, insbesondere mit den Vorschriften über die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit, und unbeschadet der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 [16] über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen. [16] ABl. L 18 vom 21.1.1997, S. 1. (14) Die Richtlinie 91/383/EWG vom 25. Juni 1991 [17] zur Ergänzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis enthält die für Leiharbeitnehmer geltenden Bestimmungen im Bereich von Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz. [17] ABl. L 206 vom 29.7.1991, S. 19. (15) In Bezug auf die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sollten Leiharbeitnehmer nicht schlechter gestellt sein als ein ,vergleichbarer Arbeitnehmer", d. h. ein Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens, der einen gleichen oder ähnlichen Arbeitsplatz bekleidet, wobei Berufserfahrung, Qualifikation und Kompetenz berücksichtigt werden. (16) Gleichwohl könnte eine ungleiche Behandlung dann erfolgen, wenn sie sachlich und nachvollziehbar durch ein legitimes Ziel gerechtfertig ist. (17) Für Arbeitnehmer, die einen unbefristeten Vertrag mit dem Leiharbeitunternehmen geschlossen haben, ist es angesichts des hierdurch gegebenen besonderen Schutzes angezeigt, die Möglichkeit vorzusehen, von den im entleihenden Unternehmen geltenden Regeln abzuweichen. (18) Da es notwendig ist, eine gewisse Flexibilität im Arbeitsverhältnis walten zu lassen, sollte vorgesehen werden, dass die Mitgliedstaaten die Sozialpartner damit betrauen können, für bestimmte Arbeitsplatzarten oder Wirtschaftszweige wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen festzulegen, die deren Besonderheiten angepasst sind. (19) Im Falle von Überlassungen, die der Ausführung einer Tätigkeit dienen, welche aufgrund ihrer Natur oder ihrer Dauer nicht mehr als sechs Wochen in Anspruch nimmt, ist eine gewisse Flexibilität bei der Anwendung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung zu gewährleisten. (20) Die aus der Anwendung der vorliegenden Richtlinie resultierende Verbesserung des Schutzes der Leiharbeitnehmer rechtfertigt eine regelmäßige Überprüfung der Einschränkungen oder Verbote, die möglicherweise in Bezug auf Leiharbeit gelten, sowie gegebenenfalls ihre Aufhebung, wenn sie nicht mehr aus Gründen des Allgemeininteresses, vor allem des Arbeitnehmerschutzes, gerechtfertigt sind. (21) Leiharbeitnehmer müssen wirksam vertreten werden. (22) Entsprechend dem Subsidiaritätsprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Artikel 5 EG-Vertrag können die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden, denn es handelt sich um einen auf Gemeinschaftsebene harmonisierten Rahmen zum Schutz der Leiharbeitnehmer. Wegen ihres Umfangs und ihrer Wirkungen können die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahme besser auf Gemeinschaftsebene erreicht werden, und zwar durch Einführung von Mindestvorschriften, die in der gesamten Europäischen Gemein schaft Geltung besitzen. Die vorliegende Richtlinie beschränkt sich auf das für die Erreichung der Ziele erforderliche Maß - HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN: KAPITEL I ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN Artikel 1 Anwendungsbereich 1. Diese Richtlinie gilt für Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse zwischen einem Leiharbeitunternehmen als Arbeitgeber und einem Arbeitnehmer, der zur Verfügung gestellt wird, um für ein entleihendes Unternehmen unter dessen Aufsicht zu arbeiten. 2. Diese Richtlinie gilt für öffentliche und private Unternehmen, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausüben, unabhängig davon, ob sie Erwerbszwecke verfolgen oder nicht. 3. Die Mitgliedstaaten können nach Anhörung der Sozialpartner vorsehen, dass diese Richtlinie nicht für Arbeitsverträge oder -verhältnisse gilt, die im Rahmen eines spezifischen öffentlichen oder von öffentlichen Stellen geförderten Ausbildungs-, Eingliederungs- und Umschulungsprogramms geschlossen wurden. Artikel 2 Ziel Ziel der Richtlinie ist es, 1. die Qualität der Leiharbeit zu verbessern, indem die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern gesichert wird; 2. einen angemessenen Rahmen für den Einsatz von Leiharbeit aufzustellen, um zu einem reibungslosen Funktionieren des Arbeitsmarktes und zur Beschäftigung beizutragen. Artikel 3 Begriffsbestimmungen 1. Im Sinne dieser Richtlinie gelten folgende Begriffsbestimmungen : a) Arbeitnehmer ist jede Person, die in dem betreffenden Mitgliedstaat aufgrund des einzelstaatlichen Arbeitsrecht und nach den Gepflogenheiten als Arbeitnehmer geschützt wird; b) vergleichbarer Arbeitnehmer ist derjenige Arbeitnehmer des entleihenden Unter nehmens, der - unter Berücksichtigung von Berufserfahrung, Qualifikation und Kom petenz - einen gleichen oder ähnlichen Arbeitsplatz bekleidet wie der von dem Leiharbeit unternehmen überlassene Arbeitnehmer; c) Überlassung ist der Zeitraum, während dessen der Leiharbeitnehmer dem entleihenden Unternehmen zur Verfügung gestellt wird; d) wesentliche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sind diejenigen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen, die sich auf folgende Punkte beziehen: i) Dauer der Arbeit, Ruhezeiten, Nachtarbeit, bezahlter Urlaub, arbeitsfreie Tage, ii) Arbeitsentgelt iii) Arbeit von Schwangeren und Stillenden, Kindern und Jugendlichen, iv) Maßnahmen zur Bekämpfung jeglicher Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, der Rasse oder der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Orientierung. 2. Diese Richtlinie lässt das einzelstaatliche Recht in Bezug auf die Begriffsbestimmungen des Arbeitsvertrags oder des Arbeitsverhältnisses unberührt. Gleichwohl dürfen die Mitgliedstaaten Arbeitsverträge oder Arbeitsverhältnisse nicht lediglich deshalb aus dem Geltungsbereich dieser Richtlinie ausschließen, weil sie a) Teilzeitbeschäftigte im Sinne der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 betreffen; b) befristet beschäftigte Arbeitnehmer im Sinne der Richtlinie 99/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 betreffen; c) Personen betreffen, die einem entleihenden Unternehmen überlassen werden. Artikel 4 Überprüfung der Einschränkungen und Verbote 1. Nach Anhörung der Sozialpartner gemäß den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen und Gepflogenheiten überprüfen die Mitgliedstaaten regelmäßig, mindestens alle fünf Jahre, die in Bezug auf bestimmte Arbeitnehmerkategorien oder bestimmte Wirtschaftszweige geltenden Einschränkungen oder Verbote der Leiharbeit darauf, ob die ihnen zugrunde liegenden besonderen Bedingungen noch gelten. Ist dies nicht der Fall, so müssen die Mitgliedstaaten sie aufheben. 2. Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission das Ergebnis der Überprüfung mit. Sofern sie solche Einschränkungen oder Verbote aufrechterhalten, teilen die Mitgliedstaaten mit, aus welchen Gründen sie diese Einschränkungen oder Verbote für notwendig und gerechtfertigt halten. Diejenigen Einschränkungen oder Verbote, deren Aufrechterhaltung in Betracht gezogen wird, müssen aus Gründen des Allgemeininteresses, vor allem des Schutzes der Arbeitnehmer, gerechtfertigt sein. KAPITEL II ARBEITS- UND BESCHÄFTIGUNGSBEDINGUNGEN Artikel 5 Grundsatz der Nichtdiskriminierung 1. Leiharbeitnehmer werden während der Dauer der Überlassung mindestens ebenso günstig behandelt wie ein vergleichbarer Arbeitnehmer des entleihenden Unternehmens was die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen betrifft, einschließlich derjenigen, für die eine bestimmte zurückgelegte Beschäftigungsdauer Voraussetzung ist, es sei denn, eine unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. Es gilt, wo dies angemessen ist, der Pro-rata-temporis-Grundsatz. 2. Die Mitgliedstaaten können die Möglichkeit vorsehen, dass von dem in Absatz 1 formulierten Grundsatz abgewichen wird, wenn Leiharbeitnehmer, die einen unbefristeten Vertrag mit dem Leiharbeitunternehmen abgeschlossen haben, auch in der Zeit zwischen zwei Überlassungen bezahlt werden. 3. Die Mitgliedstaaten können den Sozialpartnern auf der geeigneten Ebene die Möglichkeit geben, Tarifverträge zu schließen, die von dem in Absatz 1 formulierten Grundsatz abweichen, sofern ein angemessenes Schutzniveau für die Leiharbeitnehmer gewährleistet ist. 4. Unbeschadet der Absätze 2 und 3 können die Mitgliedstaaten veranlassen, dass Absatz 1 dann nicht gilt, wenn ein Leiharbeitnehmer im Rahmen einer oder mehrerer Überlassungen in ein und demselben entleihenden Unternehmen eine Tätigkeit ausführt, die aufgrund ihrer Dauer oder ihrer Natur nicht mehr als sechs Wochen in Anspruch nimmt. Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um eine missbräuch liche Anwendung dieses Absatzes zu verhindern. 5. Soll gemäß dieser Richtlinie ein Vergleich mit einem vergleichbaren Arbeitnehmer im entleihenden Unternehmen erfolgen und existiert ein solcher Arbeitnehmer nicht, so wird der Vergleich unter Bezugnahme auf den für das entleihende Unternehmen geltenden Tarifvertrag abgestellt; existiert ein solcher Tarifvertrag nicht, so wird der Vergleich unter Bezugnahme auf den für das Leiharbeitunternehmen geltenden Tarifvertrag vorgenommen; wenn keine anwendbaren Tarifverträge bestehen, so finden die wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen gemäß den nationalen Rechtsvorschriften und den nationalen Gepflogenheiten Anwendung. 6. Die Durchführungsmodalitäten für diesen Artikel werden von den Mitgliedstaaten nach Anhörung der Sozialpartner festgelegt. Die Mitgliedstaaten können ferner die Sozialpartner auf der geeigneten Ebene damit betrauen, diese Modalitäten im Wege einer Vereinbarung festzulegen. Artikel 6 Zugang zu unbefristeten und hochwertigen Beschäftigungsverhältnissen 1. Die Leiharbeitnehmer werden über die im entleihenden Unternehmen offenen Stellen unterrichtet, damit sie die gleichen Chancen auf einen unbefristeten Arbeitsplatz haben wie die übrigen Arbeitnehmer dieses Unternehmens. 2. Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, damit Klauseln, die den Abschluss eines Arbeitsvertrags oder die Begründung eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem entleihenden Unternehmen und dem Leiharbeitnehmer nach Beendigung seines Einsatzes verbieten oder darauf hinauslaufen, diese zu verhindern, nichtig sind oder für nichtig erklärt werden können. 3. Leiharbeitunternehmen verlangen für die Überlassung an ein entleihendes Unternehmen kein Honorar von den Arbeitnehmern. 4. Leiharbeitnehmer können die sozialen Einrichtungen des entleihenden Unternehmens in Anspruch nehmen, es sei denn, eine unterschiedliche Behandlung ist aus sachlichen Gründen gerechtfertigt. 5. Die Mitgliedstaaten treffen die geeigneten Maßnahmen oder fördern den Dialog zwischen den Sozialpartnern nach ihren nationalen Traditionen und Gepflogenheiten mit dem Ziel, - den Zugang der Leiharbeitnehmer zu Ausbildungsangeboten in den Leiharbeitunternehmen zu verbessern, auch in der Zeit zwischen den Überlassungen, um die berufliche Entwicklung und die Beschäftigungsfähigkeit zu fördern; - den Zugang von Leiharbeitnehmern zu Ausbildungsangeboten für Arbeitnehmer der entleihenden Unternehmen, denen sie überlassen werden, zu verbessern. Artikel 7 Vertretung der Leiharbeitnehmer Leiharbeitnehmer werden im Leiharbeitunternehmen bei der Berechnung der Schwellenwerte für die Einrichtung von Arbeitnehmervertretungen berücksichtigt, die nach den einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften vorgesehen sind. Die Mitgliedstaaten können unter den von ihnen festgelegten Bedingungen vorsehen, dass diese Arbeitnehmer im entleihenden Unternehmen bei der Berechnung der Schwellenwerte für die Einrichtung der nach nationalen und gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften vorgesehenen Arbeitnehmervertretungen berücksichtigt werden. Artikel 8 Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter Unbeschadet strengerer und/oder spezifischerer nationaler oder gemeinschaftlicher Vorschriften über die Information und Konsultation hat das entleihende Unternehmen der gemäß gemeinschaftlichem und nationalem Recht eingerichteten Arbeitnehmervertretung im Zuge der Unterrichtung über die Beschäftigungslage in dem Unternehmen angemessene Informationen über die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern in dem Unternehmen vorzulegen. KAPITEL III SCHLUSSBESTIMMUNGEN Artikel 9 Mindestvorschriften 1. Die vorliegende Richtlinie lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen oder den Abschluss von Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern zu fördern oder zuzulassen, die für die Arbeitnehmer günstiger sind. 2. Die Durchführung dieser Richtlinie ist unter keinen Umständen ein hinreichender Grund zur Rechtfertigung einer Senkung des allgemeinen Schutzniveaus für Arbeitnehmer in den von dieser Richtlinie abgedeckten Bereichen. Dies gilt unbeschadet der Rechte der Mitgliedstaaten und/oder der Sozialpartner, angesichts sich wandelnder Bedingungen andere Rechts- und Verwaltungsvorschriften oder vertragliche Regelungen festzulegen als diejenigen, die zum Zeitpunkt des Erlasses dieser Richtlinie gelten, sofern die Mindestvorschriften dieser Richtlinie eingehalten werden. Artikel 10 Sanktionen Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Anwendung dieser Richtlinie zu verhängen sind, und treffen alle erforderlichen Maßnahmen, um deren Durchführung zu gewährleisten. Die Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen diese Bestimmungen der Kommission spätestens bis zu dem in Artikel 11 genannten Datum mit und melden alle sie betreffenden späteren Änderungen unverzüglich. Sie stellen insbesondere sicher, dass die Arbeitnehmer und/oder ihre Vertreter über angemessene Verfahren zur Durchsetzung der in dieser Richtlinie vorgesehenen Verpflichtungen verfügen. Artikel 11 Durchführung 1. Die Mitgliedstaaten erlassen die erforderlichen Rechts- und Verwaltungs vorschriften, um dieser Richtlinie bis spätestens ... (zwei Jahre nach dem Erlass) nachzukommen, oder sie vergewissern sich, dass die Sozialpartner die erforderlichen Vorschriften im Wege von Vereinbarungen festlegen; dabei sind die Mitgliedstaaten gehalten, die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen, damit sie jederzeit gewährleisen können, dass die von dieser Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis. 2. Wenn die Mitgliedstaaten diese Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffentlichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzelheiten der Bezugnahme. Artikel 12 Überprüfung durch die Kommission Die Kommission überprüft im Benehmen mit den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern auf Gemeinschaftsebene die Anwendung dieser Richtlinie spätestens ... (fünf Jahre nach ihrem Erlass), um dem Parlament und dem Rat erforderlichenfalls die notwendigen Änderungen vorzuschlagen. Artikel 13 Inkrafttreten Diese Richtlinie tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Artikel 14 Diese Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet. Brüssel, den [...] Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates Der Präsident Der Präsident [...] [...] FOLGENABSCHÄTZUNGSBOGEN AUSWIRKUNGEN DES VORGESCHLAGENEN RECHTSAKTS AUF DIE UNTERNEHMEN UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN (KMU) Bezeichnung des vorgeschlagenen Rechtsakts Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Arbeitsbedingungen für Leiharbeitnehmer Dokumentennummer KOM(2002)149 endgültig Der vorgeschlagene Rechtsakt 1. Warum ist ein Rechtsakt der Gemeinschaft unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips in diesem Bereich notwendig und welche Ziele werden in erster Linie verfolgt- Wie in der Begründung dargestellt, basiert der Richtlinienvorschlag auf einer Reihe vorausgegangener Initiativen auf europäischer Ebene, vor allem auf den Verhand lungen der Sozialpartner. Diese bildeten die Reaktion der Sozialpartner auf eine von der Kommission im Jahr 1995 vorgenommene Anhörung, mit der der Anstoß zu einer europäischen Rechtsetzungsinitiative bezüglich der Arbeitsbedingungen von Teilzeitbeschäftigten, befristet Beschäftigten und Leiharbeitnehmern gegeben wurde. Zweck dieser Anhörung war es, Mittel und Wege zu finden, um die Arbeitszeit flexibler zu gestalten und dabei gleichzeitig die Sicherheit der Arbeitnehmer zu verbessern. Für die Teilzeitarbeit und für befristete Arbeitsverträge haben die Sozialpartner bereits Rahmenvereinbarungen geschlossen, die beide durch Richtlinien des Rates durchgeführt wurden. Die Verhandlungen über die Leiharbeit scheiterten im Mai 2001, obgleich die tatsächlichen Positionen der Sozialpartner sich sehr nahe waren und Einvernehmen bestand hinsichtlich des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern mit befristetem Vertrag. In seiner Reaktion auf das Scheitern der Verhandlungen erklärte CIETT, der internationale Verband der Branche, er halte diese Verhandlungen für einen Dreh- und Angelpunkt, denn der Sektor der Leiharbeit im Besonderen und der europäische Arbeitsmarkt im Allgemeinen würden von einer europäischen Regelung, die die Sozialpartner ausgehandelt hätten, profitieren. Der vorliegende Vorschlag stützt sich weitgehend auf den von den Sozialpartnern bei den Verhandlungen erzielten Konsens und schlägt für diejenigen Probleme, die dabei nicht gelöst werden konnten, einen Kompromiss vor, der die unterschiedlichen Positionen der Sozialpartner in Rechnung stellt. Damit entspricht er den Erwartungen der Sozialpartner des Sektors (nämlich Euro-CIETT und Uni-Europa), die sie in ihrer gemeinsamen Erklärung vom 13. Juli 2001 ausdrückten, mit der sie die Ankündigung der Europäischen Kommission begrüßten, einen Rechtsakt über die Leiharbeit vorzuschlagen. Es ist auch sinnvoll, daran zu erinnern, dass der Grundsatz der Nichtdiskriminierung der Leiharbeitnehmer gegenüber den vergleichbaren Arbeitnehmern des entleihenden Unternehmens bereits in den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften des Bereichs Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz verankert ist, und zwar in der Richtlinie 91/383/EWG des Rates vom 25. Juni 1991 zur Ergänzung der Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von Arbeitnehmern mit befristetem Arbeitsverhältnis oder Leiharbeitsverhältnis. Die vorgeschlagene Richtlinie schafft einen allgemeinen Rahmen für die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer in Europa. Durch die Festschreibung eines allgemeinen Grundsatzes der Nichtdiskriminierung wird sie größere Transparenz und einen Vertrauenszuwachs für den Sektor bewirken. Sie wird die Sicherheit der Arbeitnehmer verbessern und gleichzeitig den Unternehmen größere Flexibilität ermöglichen. Die vorgeschlagene Richtlinie stellt einen stabilen Rahmen für die Weiter entwicklung der Leiharbeit bereit. Durch die Garantie von Mindestrechten für Leiharbeitnehmer und die Festsetzung grundlegender Standards wird sie die Attraktivität des Sektors steigern und seinen Ruf verbessern. Dies wird die Sicherheit für die Leiharbeitnehmer erhöhen und bewirken, dass ihnen keine Nachteile erwachsen. Die größere Attraktivität der Leiharbeit wird für die entleihenden Firmen eine größere Auswahl und die Möglichkeit zur Folge haben, ihrem Flexibilitätsbedarf besser zu entsprechen, indem sie aus einem größerem Kreis von Kandidaten auswählen können. Ferner schreibt die Richtlinie eine regelmäßige Überprüfung bestehender Einschränkungen und Verbote bezüglich des Einsatzes von Leiharbeitnehmern vor. Damit wird sie zur Aufhebung dieser Einschränkungen beitragen, da diese angesichts der Verbesserung der Arbeitsbedingungen zunehmend veralten werden. Insgesamt wird die Richtlinie somit die Grundlage für einen neuen Aufschwung des Sektors legen, einen Beitrag zur vollen Verwirklichung seines Beschäftigungspotenzials leisten und das Funktionieren des Arbeitsmarkts verbessern. Auf diese Weise will die Richtlinie ein Gleichgewicht herstellen zwischen dem Schutz der Leiharbeitnehmer und der Aufwertung der positiven Rolle, die die Leiharbeit für den europäischen Arbeitsmarkt spielen kann. Auswirkung auf die Unternehmen 2. Wer wird durch den vorgeschlagenen Rechtsakt betroffen sein- Der Vorschlag wird den Sektor der Leiharbeit in der EU betreffen, und zwar sowohl die Leiharbeitunternehmen als auch die entleihenden Unternehmen. Wie in der Begründung dargelegt, ist Leiharbeit in sämtlichen Mitgliedstaaten verbreitet. 1999 arbeiteten im Tagesdurchschnitt etwa 2,1 Mio. Arbeitnehmer (Vollzeit äquivalent) auf Rechnung von Leiharbeitunternehmen, das sind 1,5 % aller Beschäf tig ten in Europa. Der Umsatz des Leiharbeitssektors betrug 1999 etwa 59 Mrd. EUR. Am stärksten verbreitet ist Leiharbeit im Vereinigten Königreich, in Frankreich, Deutschland, Spanien und Belgien. Etwa 80 % aller Leiharbeit nehmer waren im Vereinigten Königreich, in Frankreich, den Niederlanden und Deutschland beschäftigt. Betrachtet man den Anteil an der Gesamterwerbstätigen zahl, so ist der Sektor in den Niederlanden, in Luxemburg, in Frankreich und im Vereinigten Königreich am stärksten entwickelt. Bezüglich der Verteilung auf die einzelnen Wirtschaftszweige sind zwischen den Ländern deutliche Unterschiede festzustellen. In Frankreich ist der Anteil der Leiharbeitnehmer am höchsten im Baugewerbe (6,7 %) und in der Industrie (5,8 %). Im Vereinigten Königreich verzeichnen die Industrie, das Bau- und das Dienstleistungsgewerbe mit etwa 2 - 2,5 % ähnliche Werte, jedoch liegt der Anteil im öffentlichen Sektor mit 5,3 % deutlich darüber. Im Gegensatz hierzu ist in den Niederlanden der Prozentsatz am höchsten in der Industrie und im Dienstleistungs gewerbe (6,6 % bzw. 4,4 %). Die wichtigsten Gründe für den Einsatz von Leiharbeitnehmern sind eine fluktuie rende Auftrags lage - durch saisonale Schwankungen oder unvorhergesehene Nachfrage spitzen - und Mangel an Stammpersonal. Demgegenüber scheinen Kostenvorteile eine nahezu vernachlässigbare Rolle zu spielen. Nur in 1 % der Fälle wurden Leiharbeitnehmer deswegen eingesetzt, weil sie billiger waren. Der Markt der Leiharbeit ist in den meisten Ländern relativ konzentriert. In einigen Ländern entfallen um die 80 % des Marktes auf die fünf größten Leiharbeitunternehmen. Die Leiharbeitnehmer weisen sehr unterschiedliche Merkmale auf. Fast drei Viertel sind jünger als 35 Jahre, die Mehrzahl (60 %) besitzt einen Sekundarschulabschluss, und etwa zwei Drittel verrichten manuelle Tätig keiten. Dennoch ist die Leiharbeit in allen Altersklassen verbreitet, sie ist gleichmäßig auf Arbeitnehmer mit Primar- und weiterführender Schulbildung verteilt, und ein wesentlicher Teil der Leiharbeitnehmer ist mit Büroarbeit beschäftigt. Auch die Gründe für die Suche nach Beschäftigung in Form von Leiharbeit variieren erheblich; etwa ein Drittel der Leiharbeitnehmer nennen eine ausdrückliche Vorliebe für diese Art der Arbeit. Die Verteilung auf die Geschlechter lässt ebenfalls kein einheitliches Schema erkennen. In einigen Fällen sind mehr als drei Viertel der Leiharbeitnehmer Männer, während in anderen Ländern die Verteilung etwa gleich ist oder Frauen die Mehrheit bilden. Diese Unterschiede spiegeln im Großen und Ganzen die Aufteilung auf die Wirtschaftszweige wider. Dort, wo die Leiharbeit im verarbeitenden Gewerbe oder im Baugewerbe konzentriert ist, wird sie mehr männliche als weibliche Arbeitnehmer verzeichnen. Ist sie im Dienstleistungs gewerbe oder bei nichtmanuellen Tätigkeiten stärker verbreitet, gibt es in der Regel mehr Leiharbeitnehmerinnen als Leiharbeitnehmer. Die Überlassungen von Leiharbeitnehmern an entleihende Unternehmen sind in der Regel sehr kurz. In der großen Mehrzahl der Fälle dauern sie weniger als sechs Monate. Dies gilt in den meisten Ländern für über 90 % der Einsätze. In Frankreich und Spanien sind äußerst kurze Überlassungen (weniger als ein Monat) die Regel. Im Gegensatz hierzu werden in Schweden und Deutschland die Leiharbeitnehmer meist länger als einen Monat zur Verfügung gestellt, jedoch selten länger als sechs Monate. Im Vereinigten Königreich dauern den von CBI vorgelegten Zahlen zufolge die meisten Einsätze weniger als drei Monate. 3. Was werden die Unternehmen zu tun haben, um dem Rechtsakt nachzukommen- Die vorgeschlagene Richtlinie schreibt den allgemeinen Grundsatz fest, dass Leih arbeit nehmer gegenüber vergleichbaren Arbeitnehmern des entleihenden Unterneh mens hinsichtlich der wesentlichen Arbeitsbedingungen und unter Berücksichtigung von Dienstalter, Qualifikation und Kompetenz nicht diskriminiert werden dürfen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind möglich bei Leiharbeitnehmern mit unbefristetem oder befristetem Vertrag. Im Einzelnen geregelt werden die Unterrichtung von Leiharbeitnehmern über offene Stellen im entleihenden Unternehmen, das Verbot von Praktiken, die verhindern, dass Leiharbeit nehmer einen dauerhaften Arbeitsplatz erhalten, sowie der Zugang von Leiharbeitnehmern zu sozialen Maßnahmen und zur Ausbildung. Leiharbeit nehmer müssen außerdem bei der Berechnung der Schwellen für die Arbeitnehmer vertretung in den Leiharbeitunternehmen berücksichtigt werden, und die entleihen den Unternehmen müssen die bestehende Arbeitnehmervertretung über den Einsatz von Leiharbeitnehmern informieren. Diese Bestimmungen stellen größtenteils eine Kodifizierung üblicher Praktiken und gängiger Vorschriften dar, die bereits im einzelstaatlichen Recht, in Tarifverträgen oder in Verhaltenskodizes festgeschrieben sind. Darüber hinaus lässt die Richtlinie im Falle von Leiharbeitnehmern mit unbefristetem oder befristetem Arbeitsvertrag einen beträchtlichen Spielraum. Somit dürften die vorgeschlagenen Bestimmungen nur in sehr begrenztem Umfang unmittelbare Änderungen für die Unternehmen mit sich bringen. Sie werden jedoch das Fundament legen für eine Verbesserung der Arbeitsplatzqualität in dem betroffenen Sektor und sich stimulierend auf seine künftige Weiterentwicklung auswirken. 4. Welche wirtschaftlichen Folgen wird der vorgeschlagene Rechtsakt voraussichtlich haben- Für die meisten in der Richtlinie vorgeschlagenen Maßnahmen ist es nicht möglich, Kosten und Nutzen zu beziffern. Die hierfür erforderlichen statistischen Angaben liegen nicht vor. Informationen über die wirtschaftliche Situation des Sektors gibt es nur in begrenztem Umfang; vor allem vergleichbare Daten fehlen nahezu gänzlich. Anhand der beschränkten verfügbaren Informationen wurde eine qualitative Analyse der möglichen Folgen der Richtlinie unternommen. Sie stützt sich im Wesentlichen auf Angaben, die der Sektor selbst geliefert hat, auf eine von CIETT, dem Berufsverband des Sektors, durchgeführte Studie und auf eine neuere (noch nicht veröffentlichte) Untersuchung der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen, die auch nationale Berichte über die Mitglied staaten enthält. Bei der Beurteilung der Folgen, die der Vorschlag nach sich ziehen wird, muss der beträchtliche Spielraum, den er bietet, berücksichtigt werden. So sind beispielsweise Ausnahmen vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung möglich - aus objektiven Gründen, - aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen, - im Falle von Leiharbeitnehmern mit befristetem Vertrag und - wenn weder ein vergleichbarer Arbeitnehmer noch ein für das entleihende Unternehmen geltender Tarifvertrag existiert. Angesichts der oben herausgestellten Heterogenität des Sektors sind diese Ausnah men und Ausschlüsse besonders wichtig. Jedoch machen es diese Flexibilität und Diversität unmöglich, vereinfachende Folgerungen hinsichtlich Kosten und Nutzen der Richtlinie zu ziehen. * Allgemeine Bemerkungen Vor einer detaillierteren Analyse der Folgen der vorgeschlagenen Richtlinie für Beschäftigung, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen lohnt es sich vielleicht, das allgemeine Konzept dieser Folgenabschätzung deutlich zu machen und einige ihrer allgemeinen Schlussfolgerungen vorwegzunehmen. Die Folgenabschätzung umfasst eine vollständige Analyse des derzeitigen rechtlichen Rahmens der Leiharbeit in den Mitgliedstaaten sowie eine Bewertung von Umfang und Größenordnung der durch die vorgeschlagene Richtlinie notwendig werdenden Änderungen. Den zweiten Pfeiler der Folgenabschätzung bildet die Ermittlung der wichtigsten Faktoren, die die Entwicklung des Leiharbeitssektors bestimmen, einschließlich der für sein zukünftiges Wachstum wichtigsten Herausforderungen. Dieser Teil basiert hauptsächlich auf der Analyse des Berufsverbandes CIETT sowie, in einigen Fällen, auf dem Bericht der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen. Somit steht die Basis für eine qualitative Analyse der Auswirkungen der in der Rechtsvorschrift geforderten Veränderungen auf die oben aufgeführten Faktoren zur Verfügung - nämlich auf die Lohnkosten und nicht lohnbezogenen Kosten, das generelle Image und die gesellschaftliche Akzeptanz der Branche, ihre Fähigkeit, den Flexibilitätsbedarf der entleihenden Unternehmen zu befriedigen und den entleihenden Unternehmen differenzierte, maßgeschneiderte Dienstleistungen anzubieten, und die bestehenden Einschränkungen für die Heranziehung von Leiharbeitnehmern. Es ist besonders zu unterstreichen, dass die tatsächlichen Veränderungen, die durch die Richtlinie notwendig werden, insgesamt sehr begrenzt sind, da durch sie großteils nur Bestimmungen kodifiziert werden, die bereits jetzt der gängigen Praxis entsprechen und in den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, Tarifverträgen und Verhaltenskodizes enthalten sind. Außerdem werden selbst in denjenigen Fällen, in denen bestimmte Änderungen erforderlich sein können, die tatsächlichen Auswirkungen durch die von der Richtlinie ermöglichte starke Flexibilität abgemildert. Angesichts der Tatsache, dass der Richtlinienvorschlag folglich nur sehr begrenzte Änderungen des rechtlichen Rahmens zur Folge haben wird, müssten natürlich auch die eventuell von der Richtlinie verursachten Kosten auf jeden Fall sehr begrenzt sein. Es sei noch eine zweite ebenso wichtige Schlussfolgerung vorweggenommen. Wie in der Untersuchung des CIETT unterstrichen, besteht die Hauptmotivation der entleihenden Unternehmen für den Einsatz von Leiharbeitskräften in ihrem Bedarf an Flexibilität. In der großen Mehrheit der Fälle wird auf die Leiharbeit zurückgegriffen, um die Abwesenheit von ständigem Personal oder einen vorüber gehenden Anstieg der Arbeitsbelastung zu bewältigen. Dagegen spielen die Kostenvorteile eine fast vernachlässigbare Rolle. Bei einer kohärenten Analyse der wirtschaftlichen Folgen der vorgeschlagenen Richtlinie muss die Betonung daher auf der Art und Weise liegen, wie sie die den entleihenden Unternehmen angebotenen Möglichkeiten beeinflusst, die Leiharbeit zur Bewältigung unvorhergesehener Ereignisse zu nutzen. In diesem Zusammenhang dürften Faktoren wie die Verfügbarkeit von Personal, das dem Bedarf der entleihenden Unternehmen entspricht, wesentlich wichtiger sein als ein Kostenvorteil welcher Art auch immer. * Auswirkungen auf die Beschäftigung Für eine vollständige und systematische Bewertung der Auswirkungen der vorgeschlagenen Richtlinie auf die Beschäftigung muss eine Reihe verschiedener Faktoren in Betracht gezogen werden. Die Auswirkungen der Richtlinie auf die Lohnkosten stellen in diesem Zusammenhang nur ein Element dar. Allermindestens muss bei jeder Bewertung auch eine eventuelle Wirkung auf die Produktivität der Leiharbeitskräfte berücksichtigt werden. Außerdem werden sich einige Elemente des Richtlinienvorschlags auf die Nachfrage nach Leiharbeit in einer Weise auswirken, die weit über eine einseitige Überbetonung der Löhne hinausführt und davon vollständig unabhängig ist. Dies betrifft ganz speziell Punkte wie das Image und die gesellschaftliche Akzeptanz der Leiharbeit, die Attraktivität der Branche für potenzielle Arbeitnehmer und die vorgezogene Aufhebung der derzeitigen Beschränkungen. Tatsächlich werden diese Aspekte angesichts der Hauptsorge der entleihenden Unternehmen - der Flexibilität - sehr viel wichtiger sein als eine wie auch immer geartete Wirkung auf die Löhne. Nicht lohnbezogene Aspekte Laut Untersuchung des CIETT könnte nach Einführung eines angemessenen rechtlichen Rahmens mit einem Tagesdurchschnitt von 6,5 Millionen Leiharbeitnehmern bis zum Jahr 2010 gerechnet werden. Dies entspräche einem Nettozuwachs von über 4 Millionen Arbeitnehmern. Nach Angaben des CIETT sind im Zusammenhang mit diesem rechtlichen Rahmen zwei Elemente besonders wichtig. Das eine betrifft die Aufhebung der bestehenden Einschränkungen und Verbote, das zweite eine Weiterentwicklung der arbeitsrechtlichen Bestimmungen. Wie bereits erwähnt, sieht die Richtlinie eine regelmäßige Überprüfung eventuell noch bestehender Einschränkungen und Verbote im Zusammenhang mit der Leiharbeit vor. Ebenso wird sie durch Verbesserung der Bestimmungen über die Arbeitsbedingungen in dieser Branche ein wichtiges Hindernis für eine weitere Deregulierung der Branche selbst aus dem Weg räumen. Sie wird so einen bedeutenden Beitrag dazu leisten, dass ein für die Weiterentwicklung des Leiharbeitssektors förderlicher rechtlicher Rahmen entsteht. Ganz offensichtlich ist dies nicht auf die Aufhebung bestehender Einschränkungen begrenzt. Die Bedeutung von Maßnahmen, mit denen die gesellschaftliche Akzeptanz der Leiharbeit verbessert werden soll - u. a. dank der Reglementierung der Arbeitsbedingungen -, für das Wachstum der Branche wird in der CIETT-Studie folgendermaßen unterstrichen: ,Es ist wichtig, dass alle neuen Bestimmungen und Bedingungen für die Leiharbeit - insbesondere im Bereich des Entgelts und der Beschäftigungssicherheit - im Rahmen angemessener arbeitsrechtlicher Vorschriften angewandt werden. Alle diese Maßnahmen werden das Image der Branche verbessern und die gesellschaftliche Akzeptanz der Leiharbeit erhöhen. Dies ist wichtig, damit sich der Sektor der [privaten Arbeitsvermittler] weiterentwickeln kann. Die Niederlande bieten ein Beispiel dafür, wie eine schrittweise Veränderung der gesellschaftlichen Akzeptanz der Leiharbeit die Entwicklung der niederländischen Branche der privaten Arbeitsvermittler ermöglicht und eine Grundlage für deren künftiges Wachstum geschaffen hat." Ebenfalls im Zusammenhang mit den Gesetzesinitiativen in bestimmten Ländern, mit denen die Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern gegenüber anderen Arbeitnehmern beim Arbeitsentgelt sichergestellt werden soll, kommt die CIETT-Studie zu dem Schluss, dass sich dies als notwendig erweisen könnte, um die gesellschaftliche Akzeptanz der Leiharbeit zu erhöhen, zumindest in den Fällen, in denen die Leiharbeitunternehmen und die Leiharbeitnehmer oder ihre Vertreter nicht fähig sind, das Problem des Arbeitsentgelts selbst zu lösen. Genau dies ist das im Richtlinienvorschlag vertretene Konzept: Den Tarifverträgen wird ein eindeutiger Vorrang zuerkannt und der Grundsatz der Nichtdiskriminierung beim Arbeitsentgelt wird nur angewandt, wenn auf dieser Ebene keine Lösung gefunden werden kann. Der Richtlinienvorschlag wird so ein wichtiges Element für die Schaffung eines geeigneten rechtlichen Rahmens sein, der die weitere Expansion des Leiharbeit sektors ermöglicht. Die Einführung eines allgemeinen Grundsatzes der Nicht diskriminierung wird dazu beitragen, die gesellschaftliche Akzeptanz der Leiharbeit zu verbessern, sie attraktiver zu machen und die Beseitigung der Hindernisse zu erleichtern, die einer Weiterentwicklung entgegenstehen. Die Verfügbarkeit von Arbeitnehmern, insbesondere von Arbeitnehmern mit besseren Qualifikationen und vielfältigeren Kompetenzen, wird die entleihenden Unternehmen noch stärker ermutigen, Leiharbeitskräfte zu beschäftigen. Dies wird es den Leiharbeit unter nehmen ermöglichen, ihre Beschäftigten aus einem größeren Kreis von Kandidaten anzuwerben und sich in neuen Bereichen zu entwickeln. Ausgehend von dieser Analyse ist also damit zu rechnen, dass dieser Vorschlag zur Schaffung von neuen Arbeitsplätzen in Europa, zur Verbesserung der Funktion der Arbeitsmärkte und zur Erreichung der auf dem Gipfel in Lissabon aufgestellten Ziele beitragen wird. Die Lohnkosten Die Auswirkungen der Richtlinie auf die Lohnkosten sind schwerer abzuschätzen. Es liegen keine Zahlen über den Unterschied zwischen Leiharbeitnehmern und vergleich baren Arbeitnehmern der entleihenden Unternehmen vor. Tatsächlich gibt es praktisch überhaupt keine Daten über das Lohnniveau oder die Lohnstruktur der Leiharbeitnehmer. Die wenigen konkret verfügbaren Zahlen in diesem Bereich beziehen sich nur auf aggregierte Daten und auf einen Vergleich der durchschnittlichen Löhne der Leiharbeitnehmer mit dem mittleren Einkommen der ,anderen" Arbeitnehmer, sei es in der gleichen Branche, sei es in der gesamten Wirtschaft. Folglich wird der Lohnabstand zwischen Leiharbeitnehmern und vergleichbaren Arbeitnehmern in den entleihenden Unternehmen zu groß angegeben, weshalb die Zahlen nicht als Hinweis auf einen wie auch immer gearteten Anstieg der Löhne angesehen werden können, der sich aus dieser Richtlinie ergeben könnte. Der Vollständigkeit halber werden diese Daten hier aufgeführt. Es sei aber darauf hingewiesen, dass es sich in den meisten Fällen um reine Schätzungen handelt, die sich nicht auf eine eindeutige Methode oder systematische Datenerfassung gründen. Die Schätzungen in der von der Europäischen Stiftung durchgeführten nationalen Studie über Österreich besagen, dass in bestimmten Fällen der Unterschied zwischen dem tarifvertraglich für das entleihende Unternehmen festgelegten Lohn und dem tatsächlichen Lohn der Leiharbeitnehmer bis zu 30 % ausmachen kann. Dagegen wird in einer anderen (hier erwähnten) Studie, in der das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen eines Leiharbeitnehmers mit dem durchschnittlichen Einkommen für die gleiche Art von Arbeit verglichen wird, geschätzt, dass der Lohnabstand nur ungefähr 5 % ausmacht. Nach den Zahlen eines offiziellen Bundestagsberichts über die Situation der Leih arbeit in Deutschland sollen Leiharbeitnehmer zwischen 22 % und 40 % weniger verdienen als die ,anderen" Arbeitnehmer. Jedoch schließen in Deutschland die Leiharbeitnehmer häufiger unbefristete Arbeitsverträge ab, sodass sie auch zwischen zwei Überlassungen eine Vergütung erhalten, was einen direkten Vergleich ihres Einkommens mit dem anderer Arbeitnehmer unmöglich macht. Schätzungen für Spanien (Europäische Beobachtungsstelle für die Entwicklung der Arbeitsbeziehungen, 28. Juli 1999) besagen, dass vor Inkrafttreten eines neuen Gesetzes (nach dem die Löhne von Leiharbeitnehmern denen entsprechen müssen, die für das entleihende Unternehmen tarifvertraglich vorgesehen sind) im Jahr 1999 die von den Leiharbeitunternehmen gezahlten Löhne um 10 % bis 15 % niedriger lagen als die in den entleihenden Unternehmen üblichen Löhne. Für das Vereinigte Königreich ergeben die im nationalen Bericht der Studie der Dubliner Stiftung genannten Zahlen, dass das durchschnittliche Wocheneinkommen der Zeitarbeitnehmer bei Vollzeitbeschäftigung 68 % des durchschnittlichen Wocheneinkommens sämtlicher Arbeitnehmer ausmacht, während die entsprechende Zahl für vollzeitbeschäftigte Personen mit befristetem Vertrag 89 % lautet. Auch hier ist zu unterstreichen, dass diese Zahlen nur zur Verdeutlichung und der Vollständigkeit halber angeführt werden. Bei all diesen Angaben handelt es sich nur um Schätzungen und um aggregierte Daten; sie geben keinerlei Hinweis auf einen Lohnanstieg, der durch die vorgeschlagene Richtlinie verursacht werden könnte. Dies vorausgeschickt, ist es natürlich nicht ausgeschlossen, dass der Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern gegenüber vergleichbaren Arbeit nehmern, zumindest in bestimmten Fällen, zu einer Anhebung der Lohnkosten für die Leiharbeitunternehmen und/oder die entleihenden Unternehmen führen wird. Doch werden einem eventuellen Anstieg durch bestimmte Faktoren Grenzen gesetzt. Erstens ist noch einmal zu unterstreichen, dass in einer Mehrheit der Mitgliedstaaten der Grundsatz der Nichtdiskriminierung beim Entgelt bereits angewandt wird, was bedeutet, dass in diesen Fällen die Richtlinie keinerlei Anstieg zur Folge haben wird. Zweitens gilt: Dort, wo dies nicht der Fall ist, erlaubt die Richtlinie weitgehende Ausnahmebestimmungen sowohl für die Leiharbeitnehmer mit befristetem Vertrag als auch für diejenigen mit unbefristetem Vertrag. Insbesondere wird der Grundsatz der Nichtdiskriminierung beim Arbeitsentgelt nur dann angewandt, wenn es in diesem Bereich keinen Tarifvertrag gibt. Dies wird die Auswirkungen der Richtlinie, was einen Lohnanstieg angeht, begrenzen. Drittens liegen gewisse empirische Belege für Fälle vor, in denen die Leiharbeitnehmer tatsächlich mehr verdienen als vergleichbare Arbeitnehmer, beispielsweise weil sie über bestimmte sehr gefragte Kompetenzen verfügen, was ebenfalls bedeutet, dass in diesen Fällen kein Lohnanstieg zu erwarten ist. Berücksichtigt man all dies, dann fällt es schwer, zu vermuten, dass die vorgeschlagene Richtlinie auf breiter Ebene zu einer Erhöhung der Lohnkosten führen würde. Jegliche Erhöhung dieser Art dürfte sich jedenfalls auf bestimmte Sonderfälle beschränken. Selbst in den Fällen, in denen die Richtlinie tatsächlich eine gewisse Erhöhung der Arbeitskosten verursachen sollte, werden diese durch potenzielle Produktivitäts gewinne begrenzt. Einige Bestimmungen der Richtlinie dürften einen positiven Effekt auf die Produktivität der Leiharbeitnehmer haben. Beispielsweise wird die Leiharbeit in den Augen besser qualifizierter Arbeitnehmer attraktiver werden, und es wird möglich sein, das Profil der Leiharbeitnehmer und den besonderen Bedarf der entleihenden Unternehmen besser aufeinander abzustimmen. Mit der Richtlinie wird auch ein besserer Zugang der Leiharbeitnehmer zu den Ausbildungs angeboten gefördert. Die Nichtdiskriminierung und andere Maßnahmen zur Verbesserung der Integration der Leiharbeitnehmer in die entleihenden Unter nehmen, etwa die Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter über die Heranziehung von Leiharbeitnehmern oder deren Zugang zu den sozialen Maßnahmen, werden sich positiv auf ihre Motivation auswirken und dazu beitragen, eventuelle Konflikte mit dem ständigen Personal zu vermeiden. Alle diese Maßnahmen werden die Produktivität positiv beeinflussen und so die Auswirkungen eines eventuellen Lohnanstiegs begrenzen. Schließlich wird die tatsächliche Wirkung eines Lohnanstiegs auf das Beschäftigungsniveau auch davon abhängen, wie sensibel die Löhne auf die Nachfrage nach Leiharbeitnehmern reagieren. Selbst wenn auch hier keinerlei konkrete Daten vorliegen, ist unbedingt darauf hinzuweisen, dass nach der CIETT-Studie die Hauptmotivation der entleihenden Unternehmen für den Rückgriff auf Leiharbeitnehmer die Vertretung abwesenden Personals und die Bewältigung eines zeitweilig stärkeren Arbeitsanfalls sind. So gilt auch, dass es selbst dann, wenn die Richtlinie in bestimmten Situationen zu einem Lohnanstieg führen sollte, unwahrscheinlich wäre, dass dies zu einem bedeutenden Rückgang der Tätigkeit der Leiharbeitsbranche führt und spürbare negative Auswirkungen auf die Beschäftigungslage hat. Zusammenfassend lässt sich sagen, das die Richtlinie gewisse Folgen haben wird - sowohl lohnbezogene als auch nicht lohnbezogene -, die sich auf das Potenzial des Leiharbeitssektors zur Schaffung neuer Arbeitsplätze auswirken werden. Einige Gründe machen deutlich, weshalb jegliche Auswirkung auf die Lohnkosten in Umfang und Tragweite recht begrenzt sein und von bestimmten Faktoren abgemildert werden wird. Gleichzeitig wird die Richtlinie durch die Schaffung eines angemessenen rechtlichen Rahmens für eine Weiterentwicklung des Leiharbeitssektors dazu beitragen, dass deren Arbeitsplatzschaffungspotenzial voll ausgeschöpft wird. In diesem Kontext ist darauf hinzuweisen, dass vergleichbare oder identische Bestimmungen wie die in der Richtlinie vorgeschlagenen - einschließlich insbesondere des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung bei den wesentlichen Arbeitsbedingungen - in bestimmten Ländern bereits in Kraft sind, und dass diese Länder zu denjenigen gehören, in denen die Leiharbeitsbranche besonders floriert. * Auswirkungen auf die Investitionen und die Gründung neuer Unternehmen Die vorgeschlagene Richtlinie hat keine direkten Auswirkungen auf die Investitionen und die Gründung neuer Unternehmen. Wie im vorherigen Abschnitt nachgewiesen, schafft sie jedoch die Grundlagen für eine weitere Expansion der Leiharbeit in ganz Europa und kann dadurch zu Investitionen führen. Leiharbeit ist wichtig für neugegründete Firmen, in denen ein großer Bedarf an qualifiziertem Personal besteht, es jedoch nicht immer möglich ist, unbefristete Arbeitsverträge zu schließen. Soweit die vorgeschlagenen Bestimmungen die Leiharbeit attraktiver machen, dürfte es für neugegründete Unternehmen leichter werden, Arbeitnehmer zu finden, die ihrem besonderen Bedarf entsprechen. * Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen Zur Abschätzung der Folgen des Richtlinienvorschlags für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen können etliche der Argumente herangezogen werden, die bereits zu den Auswirkungen auf die Beschäftigung vorgebracht wurden. In der folgenden Analyse werden die Hauptfolgen für die Leiharbeitunternehmen und die entleihenden Unternehmen gesondert betrachtet. Leiharbeitunternehmen Für diese Unternehmen können durch den Richtlinienvorschlag Kosten im Wesentlichen dadurch entstehen, dass sich das Arbeitsentgelt durch den Grundsatz der Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern gegenüber vergleichbaren Arbeit nehmern in den entleihenden Unternehmen erhöhen könnte. Die konkreten Auswirkungen dieser Eventualitäten sind allerdings durch bestimmte Faktoren begrenzt. Erstens - und dies ist der wichtigste Grund - greift das Prinzip der Nichtdiskriminierung beim Arbeitsentgelt nur dann, wenn kein Tarifvertrag besteht. Zweitens sind nur einige Leiharbeitunternehmen in manchen Ländern betroffen, teils weil der Grundsatz der Nichtdiskriminierung für die anderen bereits gilt, teils weil die Leiharbeitnehmer in Wirklichkeit bereits ein ähnliches oder höheres Entgelt erhalten. Drittens sind für Leiharbeitnehmer mit einem befristeten oder unbefristeten Arbeitsvertrag weiterhin umfangreiche Ausnahmen möglich. Viertens können gewisse Einkommensunterschiede weiterhin bestehen, etwa weil sie dadurch bedingt sind, dass Qualifikation, Erfahrung oder beruflicher Werdegang unterschiedlich sind. Schließlich werden die Leiharbeitunternehmen in manchen Fällen in der Lage sein, die Erhöhungen des Entgelts auf die entleihenden Unternehmen abzuwälzen, da diesen vor allem an der Flexibilität gelegen ist. Generell dürften die durch die Richtlinie bedingten Mehrkosten für die Leiharbeitunternehmen in Europa recht begrenzt bleiben. Die Notwendigkeit, das maßgebliche Niveau des Entgelts der vergleichbaren Arbeit nehmer in den entleihenden Unternehmen zu ermitteln, kann für die Leiharbeit unternehmen einen übermäßigen Verwaltungsaufwand bedeuten. In vielen Fällen wird diese Information allerdings direkt verfügbar sein, entweder aus den betreffenden Tarifverträgen, die als Anhaltspunkt dienen könnten, oder aus dem entleihenden Unternehmen selbst, weil es sie ohnehin zusammenstellen muss, um die jeweiligen Überlassungen festzulegen. Aus dem Verbot von Praktiken, die Leiharbeitnehmer daran hindern, einen unbefristeten Arbeitsvertrag abzuschließen, können für die Leiharbeitunternehmen Kosten erwachsen, weil ihnen Einnahmen entgehen oder weil ihre Mitarbeiter rascher wechseln. Solche Praktiken sind in Europa allerdings nicht sehr verbreitet und die damit verbundenen Kosten dürften relativ gering sein. Beispielsweise hat die britische Regierung Vorschriften ausgearbeitet, durch die Provisionen beim Übergang eines Leiharbeitsverhältnisses in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis verboten werden, und in einer Studie des Department of Trade and Industry wurden die den Leiharbeitunternehmen daraus entstehenden Kosten auf 0,04 % bis 0,08 % des Gesamtumsatzes dieses Sektors beziffert. Gleichzeitig bietet die Richtlinie den Leiharbeitunternehmen etliche Vorteile, die ihnen dabei helfen könnten, direkt oder zumindest indirekt viele Probleme zu bewältigen, vor denen der Sektor heute steht. Wie weiter oben und auch in der Studie des CIETT bereits nachgewiesen wurde, wird eine stärkere Ausweitung der Leiharbeit zumindest in manchen Ländern durch deren negatives Image gehemmt. In anderen Ländern steht der Sektor vor der Herausforderung, sich neue Bereiche zu erschließen und seinen Kunden maßgeschneiderte, stärker diversifizierte und spezialisierte Leistungen anzubieten. Dafür müssen jedoch hochqualifizierte, motivierte und flexible Arbeitnehmer mit diversifizierten Fähigkeiten zur Verfügung stehen. In beiden Fällen kann die vorgeschlagene Richtlinie für den Leiharbeitssektor erheblichen Nutzen bringen. Indem der Grundsatz der Gleichbehandlung von Leiharbeitnehmern und anderen Arbeitnehmern des entleihenden Unternehmens aufgestellt wird, lässt sich ein großer Fortschritt auf dem Weg nach einer besseren gesellschaftlichen Akzeptanz der Leiharbeit erzielen. Gleichzeitig macht die vorgeschlagene Richtlinie die Leiharbeit für mehr Gruppen von Arbeitnehmern attraktiver und sie wird es den Leiharbeitunternehmen erlauben, bei der Einstellung ihrer Mitarbeiter auf ein breiteres Bewerberangebot zurückzugreifen. Zudem, und vielleicht vor allem, schwindet dadurch, dass gewisse Mindeststandards für die Arbeitsbedingungen der Leiharbeitnehmer festgelegt werden, die Grundlage vieler Bedenken, die heute der Leiharbeit entgegengebracht werden. Dadurch wird es in vielen Fällen leichter, die Einschränkungen aufzuheben, die die Tätigkeit der Leiharbeitunternehmen häufig noch behindern. Ihre in der Richtlinie vorgesehene regelmäßige Überprüfung wird noch zusätzlich dazu beitragen, dass sie verschwinden. Entleihende Unternehmen Hauptgrund für die Einstellung von Leiharbeitnehmern durch die entleihenden Unternehmen ist ihr Bedarf an größerer Flexibilität zur Bewältigung der Nachfragefluktuation oder bei der Abwesenheit ständiger Mitarbeiter. Die entleihen den Unternehmen müssten also ein starkes Interesse daran haben, mit Hilfe der Leiharbeitunternehmen qualifizierte, motivierte und anpassungsfähige Arbeitnehmer zu rekrutieren, die sich rasch und leicht in ihre Organisation integrieren lassen. Der Richtlinienvorschlag bringt also einen gewissen Nutzen für die entleihenden Unternehmen. In dem Maße, wie er die Leiharbeit attraktiver macht, wird es für die entleihenden Unternehmen leichter, Arbeitnehmer einzustellen, die ihrem spezifischen Bedarf entsprechen. Viele Bestimmungen des Vorschlags bergen die Möglichkeit für eine gesteigerte Produktivität der Leiharbeitnehmer und eine bessere Integration in das entleihende Unternehmen. Dies betrifft insbesondere den Grundsatz der Nichtdiskriminierung, die Unterrichtung der Arbeitnehmervertreter über die Beschäftigung von Leiharbeitnehmern und deren Zugang zu den sozialen Maßnahmen. Durch diese Aspekte werden auch Reibungen und potenzielle Konflikte mit den ständigen Mitarbeitern abgebaut und mögliche dadurch bedingte Kosten vermieden. Insbesondere die Tatsache, dass die Leiharbeitnehmer nicht gegenüber den fest angestellten Mitarbeitern benachteiligt werden, mit denen sie täglich zusammenarbeiten, wird eine ständige Quelle von Spannungen und Konflikten verschwinden lassen. Die Abschaffung von Praktiken, die Leiharbeitnehmer daran hindern, einen unbefristeten Arbeitsvertrag zu schließen, wird den entleihenden Unternehmen noch mehr zugute kommen, da sie keine Provisionen mehr zahlen müssen und die Einstellung von Leiharbeitnehmern erleichtert wird. Möglicherweise entstehen den entleihenden Unternehmen gewisse Kosten dadurch, dass die Leitarbeitunternehmen erhöhtes Entgelt in Form von höheren Gebühren auf sie abwälzen. Die Kosten für Leiharbeitnehmer sind jedoch für die meisten entleihenden Unternehmen nur ein Bruchteil der Gesamtlohnkosten. Solche Kosten erhöhungen dürften somit keine größeren Auswirkungen für die entleihenden Unternehmen haben. In allen weiter oben erwähnten Fällen, wo von der Richtlinie keine Erhöhung des Entgelts gefordert wird, wird sich für die entleihenden Unternehmen auch nichts ändern. Wie bereits gesagt, geht es dabei hauptsächlich um Fälle, in denen Tarifverträge vorliegen. Dass Zugang zu den sozialen Maßnahmen des entleihenden Unternehmens geboten wird, ist wichtig, um die Leiharbeitnehmer voll und ganz in das Unternehmen zu integrieren. In den meisten Fällen wird dies nur geringe oder gar keine zusätzlichen Kosten verursachen. Die meisten sozialen Einrichtungen (Kantinen, Kindertages stätten, Transport usw.) verursachen wohl feste Einrichtungskosten. Die Grenzkosten jedoch, die dadurch entstehen, dass diese Einrichtungen für mehr Arbeitnehmer zugänglich gemacht werden, sind wahrscheinlich gering oder fast gleich null. Andererseits wird sich dadurch die Motivation der Arbeitnehmer verbessern. Es wird ihr Gefühl der Zugehörigkeit zum Unternehmen stärken, das Verhältnis zu den anderen Mitarbeitern beeinflussen und ihre Gesamtproduktivität steigern. Die Unterrichtung der Leiharbeitnehmer über offene Stellen im Unternehmen wird diesem wahrscheinlich keine Kosten verursachen, dürfte jenen jedoch gewisse Vorteile bieten. Es könnten höchstens gewisse Verwaltungskosten für die Einführung und die Anwendung eines Verfahrens entstehen, durch das Leiharbeitnehmer systematisch und regelmäßig über diese offenen Stellen informiert werden. Dies erlaubt nicht nur eine bessere Integration, Motivation und Produktivität der Leiharbeitnehmer. Es bedeutet auch, dass die Unternehmen in der Lage sein werden, Leiharbeit systematischer als einen Weg zur Begründung unbefristeter Arbeitsverhältnisse zu nutzen, was dazu beitragen kann, dass die Kosten eingespart werden, die normalerweise mit der Suche nach Bewerbern, deren Beurteilung und Einstellung verbunden sind. Die Bestimmung, wonach die Arbeitnehmervertreter über den Einsatz von Leih arbeit nehmern durch das entleihende Unternehmen unterrichtet werden, bringt keine oder nur begrenzte Kosten mit sich. Sie wird jedoch helfen, Vorbehalte und Einwände des Personals zu beantworten und diese zu mildern, und so dazu beitragen, mögliche Konflikte und Reibungen zu vermeiden. Bezüglich der Ausbildung fördert die Richtlinie einen besseren sozialen Dialog, um den Zugang der Leiharbeitnehmer zu Ausbildungsangeboten zu verbessern. Die Richtlinie hat in dieser Hinsicht keine direkten Auswirkungen auf die Kosten. 5. Enthält der vorgeschlagene Rechtsakt Bestimmungen, die der besonderen Lage kleiner und mittlerer Unternehmen Rechnung tragen (etwa reduzierte oder andersartige Anforderungen)- Die vorgeschlagene Richtlinie gilt gleichermaßen für alle Unternehmen. Der Sektor der Leiharbeitunternehmen weist in den meisten Ländern eine starke Konzentration auf, und die fünf größten Unternehmen haben einen Marktanteil von über 80 %. Über die Größe der entleihenden Unternehmen liegen keine Daten vor. Für kleine und mittlere Leiharbeitunternehmen wird es durch die Aufhebung der gegenwärtigen Einschränkungen für die Tätigkeit der Leiharbeitunternehmen möglich, besser in Wettbewerb mit den großen Leiharbeitunternehmen zu treten, da sie sich eher auf bestimmte Nischen spezialisieren können. Die in der Richtlinie vorgesehene Flexibilität für Leiharbeitnehmer mit unbefristetem oder befristetem Arbeitsvertrag wird flexible Organisationsformen ermöglichen, sowohl innerhalb des Sektors als auch im Unternehmen, und dürfte dazu beitragen, Verwaltungs- und Finanzkosten zu vermeiden, die die kleinen und mittleren Leiharbeitunternehmen belasten. Die Bestimmung, wonach der Grundsatz der Nichtdiskriminierung auf Überlassungen von weniger als einem Monat nicht angewandt wird - zumindest für eine gewisse Zeit und in den Ländern, wo dieser Grundsatz noch nicht gilt - zielt besonders darauf ab, diesen kleinen und mittleren Leiharbeitunternehmen Zeit zu geben, sich an die Veränderungen anzupassen. Die entleihenden KMU profitieren ganz besonders von manchen der weiter oben erwähnten Vorteilen, wie der Verfügbarkeit besser qualifizierter Arbeitnehmer mit umfassender Berufserfahrung, und sie werden dadurch künftig ihren Flexibilitäts bedarf durch Beschäftigung von Leiharbeitnehmern decken können. Anhörung 6. Führen Sie die Organisationen auf, die zu dem vorgeschlagenen Rechtsakt konsultiert wurden, und stellen sie deren wichtigste Auffassungen dar. Grundlage des Richtlinienvorschlags sind die Verhandlungen zwischen den Sozialpartnern auf europäischer Ebene. 1995 leitete die Kommission eine Anhörung der Sozialpartner zur ,Flexibilität bei der Arbeitszeit und Sicherheit für Arbeitnehmer" ein, in deren Rahmen Teilzeitarbeit, befristete Arbeitsverträge und Leiharbeit behandelt wurden. Die Sozialpartner haben bereits Rahmenverein barungen über Teilzeitarbeit und befristete Arbeitsverhältnisse geschlossen, die durch Richtlinien des Rates umgesetzt wurden. Ähnliche Verhandlungen über Leiharbeit sind im Mai 2001 gescheitert. Die tatsächlichen Positionen der Sozialpartner divergieren allerdings kaum. So gab es beispielsweise grundsätzliches Einvernehmen bezüglich des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung von Leiharbeitnehmern gegenüber vergleichbaren Arbeitneh mern in entleihenden Unternehmen, sofern Arbeitnehmer mit befristetem Vertrag betroffen waren. Allerdings konnte bezüglich Leiharbeitnehmern mit unbefristetem Vertrag keine Einigung erzielt werden. Der vorliegende Vorschlag basiert im Wesentlichen auf dem von den Sozialpartnern im Rahmen ihrer Verhandlungen erreichten Konsens. Er sieht eine flexible Lösung vor, die es erlaubt, vom Grundsatz der Nichtdiskriminierung abzuweichen - vorausgesetzt, dass die betroffenen Leiharbeitnehmer auch zwischen zwei Über lassun gen bezahlt werden. Die vorgeschlagene Richtlinie schafft also eine euro päische Regelung, die auf den Verhandlungen der Sozialpartner basiert, und sie bietet in der Frage der Leiharbeitnehmer mit unbefristetem Vertrag einen Kompromiss an, der den unterschiedlichen Positionen der Sozialpartner Rechnung trägt.