Grünbuch über eine gemeinschaftspolitik zur rückkehr illegal aufhältiger personen /* KOM/2002/0175 endg. */
GRÜNBUCH ÜBER EINE GEMEINSCHAFTSPOLITIK ZUR RÜCKKEHR ILLEGAL AUFHÄLTIGER PERSONEN (von der Kommission vorgelegt) GRÜNBUCH ÜBER EINE GEMEINSCHAFTSPOLITIK ZUR RÜCKKEHR ILLEGAL AUFHÄLTIGER PERSONEN Inhaltsverzeichnis Vorwort 1. Einführung 2. Teil I - Rückkehr als fester Bestandteil einer umfassenden Einwanderungs- und Asylpolitik der Gemeinschaft 2.1. Allgemeiner Kontext der Rückkehrproblematik 2.2. Einwanderung und Rückkehr 2.3. Asyl und Rückkehr 2.4. Menschenrechte und Rückkehr 2.5. Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern im Bereich Rückkehr und Rückübernahme 3. Teil II - Annäherung und verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich Rückkehr 3.1. Gemeinsame Normen 3.2. Rückübernahmeregeln zwischen den Mitgliedstaaten 3.3. Regeln für den Transit durch Mitgliedstaaten 3.4. Operationelle Zusammenarbeit 3.5. Rückkehrprogramme 4. Teil III - Schritte zu einer gemeinsamen Rückübernahmepolitik 4.1. Rückübernahmeabkommen und Rückübernahmeklauseln in Assoziierungs- oder Kooperationsverträgen 4.2. Transit- und Aufnahmeregelungen sowie Abkommen mit anderen Drittländern 5. Schlussfolgerung Anhang Vorwort Der Europäische Rat hatte auf seiner Tagung vom 14./15. Dezember in Laeken in Schlussfolgerung Nr. 40 den Rat unter anderem ersucht, einen Aktionsplan aufzustellen, der sich auf die Mitteilung der Kommission vom 15. November 2001 über eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet der illegalen Einwanderung stützt. Daher billigte der Rat am 28. Februar 2002 einen Gesamtplan zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung und des Menschenhandels in der Europäischen Union. Dieser Plan enthält auch einen Abschnitt über die Rückübernahme- und Rückkehrpolitik, in dem dieser Politikbereich als wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Einwanderung bezeichnet wird. In dem Aktionsplan des Rates werden Fortschritte in den Bereichen Transit und Rückübernahme sowie bei der Identifizierung illegal aufhältiger Personen, der Ausstellung von Reisedokumenten für die Rückkehr und der Aufstellung gemeinsamer Normen für Rückführungsverfahren gefordert. In der oben erwähnten Kommissionsmitteilung über die illegale Einwanderung hatte die Kommission bereits die Ausarbeitung eines Grünbuchs angekündigt; darin soll herausgestellt werden, dass gemeinsame Normen festgelegt und gemeinsame Maßnahmen für die Rückkehr ergriffen werden müssen. Das Grünbuch stützt sich auf die im Aktionsplan des Rates definierten Schwerpunkte und untersucht verschiedene Fragen im Zusammenhang mit der Rückkehr von Drittstaatsangehörigen. In Teil I wird hervorgehoben, dass sich eine Rückkehrpolitik der Gemeinschaft in die Gemeinschaftspolitik in den Bereichen Asyl und Einwanderung, die in den einschlägigen Kommissionsmitteilungen beschrieben und deren Ziele ausdrücklich bekräftigt werden, einfügen und diese ergänzen muss. Die verschiedenen Aspekte der freiwilligen und der erzwungenen Rückkehr werden in Bezug auf die Einwanderungspolitik, der Asylproblematik und den Beziehungen zu Drittländern kurz erläutert. Die nachfolgenden Ausführungen behandeln schwerpunktmäßig die künftige Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten bei der Rückkehr illegal aufhältiger Personen (Teil II) und die Ausarbeitung einer Rückübernahmepolitik in Zusammenarbeit mit Drittländern (Teil III). Wegen der Komplexität und Sensibilität der Rückkehrproblematik soll dieses Dokument lediglich eine Grundlage für Diskussionen über die Rückkehr illegal aufhältiger Personen bilden; es wird nicht beabsichtigt, alle Aspekte der Rückkehr von Drittstaatsangehörigen abzudecken. Ausgangspunkt für die Diskussionen über die Rückkehr illegal aufhältiger Personen könnten Überlegungen zu den nachstehenden allgemeinen Themen sein; in den nachfolgenden Abschnitten des Grünbuchs werden dann einige indikative Fragen angesprochen und weitere Punkte detaillierter erörtert: (1) Entwicklung einer gemeinsamen Rückkehrpolitik als Beitrag zu einer umfassenden Einwanderungspolitik, wie von der Kommission in ihrer Mitteilung vom 22. November 2000 befürwortet; (2) Vereinbarkeit einer gemeinsamen Rückkehrpolitik mit dem Schutzbedarf nach internationalen und europäischen Rechtsvorschriften im Rahmen des entstehenden gemeinsamen europäischen Asylsystems; (3) Umsetzung von Schlussfolgerung Nr. 40 des Europäischen Rates von Laeken, in Bezug auf die Rückkehr, in der die Einbeziehung der Politik zur Steuerung der Wanderungsbewegungen in die Außenpolitik der Europäischen Union gefordert wird; (4) Notwendigkeit gemeinsamer Normen für Rückführungsverfahren und die Frage nach deren Rechtsverbindlichkeit; (5) Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Dienststellen der Mitgliedstaaten und die Frage nach dem Nutzen eines künftigen Finanzinstruments; (6) Festlegung der Bestandteile einer gemeinsamen Rückübernahmepolitik, die eine ausgewogene Zusammenarbeit mit den betreffenden Drittländern umfassen sollte. 1. Einführung Nachdem der Vertrag von Amsterdam die Zuständigkeit der Gemeinschaft in den Bereichen Asyl und Migration festgeschrieben hatte, forderten die Staats- und Regierungschefs im Oktober 1999 auf der Tagung des Europäischen Rates in Tampere die Erarbeitung einer gemeinsamen EU-Politik in diesen Bereichen. Inzwischen hat die Kommission Vorschläge für eine Asyl- und Einwanderungs politik der Gemeinschaft vorgelegt, denen ein zweistufiger Ansatz zugrunde liegt: Annahme eines gemeinsamen Rechtsrahmens, wie im Vertrag vorgesehen, und Entwicklung eines offenen Koordinierungsmechanismus. Die Kommissionsvorschläge zur Einwanderungspolitik sollen eine effizientere Steuerung der Migrationsströme in allen Phasen gewährleisten. Der vorgeschlagene umfassende Ansatz sieht insbesondere die Festlegung gemeinsamer Verfahren für die rechtmäßige Aufnahme von Drittstaatsangehörigen vor; dies setzt einen intensiveren Dialog mit den Herkunftsländern und eine besser koordinierte Integrationspolitik auf nationaler Ebene voraus. Es ist davon auszugehen - dem haben sich die Mitgliedstaaten in der Diskussion über die Mitteilung vom November 2000 [1] generell angeschlossen -, dass der Migrationsdruck weiterhin besteht und der Migration angesichts der gegenwärtigen Wirtschaftslage und der demografischen Prognosen eine wichtige Rolle im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung der EU zukommt. [1] Siehe KOM (2000) 755 endg. und KOM (2000) 757 endg. vom 22. November 2000. Im Asylbereich wird die Einführung eines Gemeinsamen Europäischen Asylsystems angestrebt, das sich auf die uneingeschränkte und umfassende Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 stützt, damit niemand dorthin zurückgeschickt wird, wo er Verfolgung ausgesetzt ist, d. h. der Grundsatz der Nichtzurückweisung (Non-refoulement) gewahrt bleibt. Die Harmonisierung erfolgt in zwei Schritten und führt längerfristig zu einem gemeinsamen Asylsystem und einem einheitlichen Status für Personen, denen Asyl gewährt wird. Die Kommission hat betont, dass diese Politik durch flankierende Maßnahmen zur Bekämpfung der illegalen Migration und insbesondere der Schleuserkriminalität und des Menschenhandels ergänzt werden muss. Sie unterbreitete kürzlich in ihrer Mitteilung über eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet der illegalen Einwanderung [2] umfassende Vorschläge für die Verstärkung gemeinsamer Maßnahmen. In dieser Mitteilung hob sie hervor, dass Rückkehr und Rückübernahme in der EU illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger fester Bestandteil der gemeinsamen Politik sein müssen. Gemäß Artikel 63 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe b EGV beschließt der Rat Maßnahmen betreffend die illegale Einwanderung und den illegalen Aufenthalt, einschließlich der Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten. Außerdem wurde mit dem Vertrag von Amsterdam der - in dieser Hinsicht eher schwache - Schengen-Besitzstand betreffend Rückführungsfragen, insbesondere Artikel 23 des Schengener Durchführungsüberein kommens, in den Rahmen der Europäischen Union einbezogen. [3] [4] [2] KOM (2001) 672 endg. vom 15. November 2001. [3] Siehe EU Schengen Katalog, Empfehlungen und bewährte Praktiken Außengrenzkontrollen, Rückführung und Rückübernahme, Rat der Europäischen Union, 28. Februar 2002. [4] Siehe auch Vorschlag für eine Richtlinie des Rates betreffend die Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens drei Monaten Reisefreiheit genießen, und die Einführung einer besonderen Reisegenehmigung unter Festlegung der Voraussetzungen, unter denen Drittstaatsangehörige einreisen dürfen, um sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten während höchstens sechs Monaten frei zu bewegen (KOM (2001) 388 endg.) vom 10. Juli 2001, die zu einer Vergemeinschaftung von Artikel 23 des Schengener Übereinkommens führen wird. Wie in der Mitteilung über die illegale Einwanderung ausgeführt, erachtet es die Kommission für erforderlich, die Rückkehrproblematik einer gründlichen Analyse zu unterziehen, damit ein kohärentes Gemeinschaftskonzept entwickelt werden kann, das der Komplexität dieses wichtigen Themas Rechnung trägt. Bei der Ausarbeitung des Grünbuchs wurden verschiedene Veröffentlichungen von internationalen Organisationen, Regierungsstellen, Nichtregierungs organisationen (NRO) und aus dem Hochschulbereich berücksichtigt. [5] Ziel des Grünbuchs ist es, die komplexe Problematik der Rückkehr illegal in der EU aufhältiger Personen zu untersuchen und Vorschläge für eine koordinierte und effiziente Politik zu unterbreiten, die auf gemeinsamen Prinzipien und Normen basiert sowie den Menschenrechten und der Würde des Menschen Rechnung trägt.Dabei wird die Prämisse aufgestellt, dass es einer Rückkehrpolitik bedarf, um die Integrität der rechtlichen und humanitären Aufnahmesysteme zu gewährleisten. [5] Siehe unter anderem Empfehlung Nr. R(99) 12 des Ministerkomitees des Europarats zur Rückkehr abgelehnter Asylbewerber; IOM, The return and reintegration of rejected asylum seekers and irregular migrants, Genf, Mai 2001; UNHCR, Legal and practical aspects of the return of persons not in need of international protection, Genf, Mai 2001; ICMPD, Study on comprehensive EU return policies and practices for displaced persons under temporary protection, other persons whose international protection has ended and rejected asylum seekers, Wien, Januar 2002; IGC, Modular Structures on Return (nicht veröffentlicht); Nascimbene (Hrsg.), Expulsion and detention of aliens in the European Union countries, Mailand, 2001. 2. Teil I - Rückkehr als fester Bestandteil einer umfassenden Einwanderungs- und Asylpolitik der Gemeinschaft 2.1. Allgemeiner Kontext der Rückkehrproblematik Die Rückkehrproblematik umfasst eine Vielzahl von Facetten und Situationen, die sich grob in zwei Kategorien einteilen lassen. Zur ersten Kategorie gehören sich rechtmäßig in einem Land aufhaltende Personen, die nach einer gewissen Zeit den Wunsch haben, ins Herkunftsland zurückzukehren. Mitunter ist dies für die Betreffenden mit Schwierigkeiten verbunden, da es ihnen an finanziellen Mitteln fehlt, sie im Herkunftsland alles verloren haben oder sich dieser Schritt auf die Möglichkeiten einer Rückkehr in den jeweiligen Mitgliedstaat auswirken würde, um dort erneut Wohnsitz zu nehmen oder für einige Zeit Familienangehörige und Freunde zu besuchen. Menschen, die viele Jahre rechtmäßig in der EU gearbeitet haben, wollen vielleicht nach ihrem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben ins Herkunftsland zurückkehren, wagen diesen Schritt jedoch nicht, da er Folgen für ihre Ruhegehaltsansprüche hätte. Anders ist die Situation eventuell bei Unternehmern und hochqualifizierten Arbeitskräften, die nach einigen Jahren rechtmäßigen Aufenthalts gerne das Aufnahmeland für längere Zeit verlassen würden (vorübergehende Rückkehr). Eine besondere Gruppe innerhalb dieser Kategorie bilden anerkannte Flüchtlinge, die, nachdem sich die Lage im Herkunftsland stabilisiert hat, gerne dorthin zurückkehren und sich - insbesondere im Fall qualifizierter Arbeitskräfte - am Wiederaufbau und der Entwicklung ihres Landes beteiligen würden. Dies gilt derzeit für in Europa aufhältige Afghanen, für die die EU ein entsprechendes Hilfsprogramm ausarbeitet. Generell könnten konkrete administrative Lösungen und Unterstützungsprogramme entwickelt werden, um rückkehrwilligen Migranten zu helfen. Im Dialog mit den Herkunftsländern könnte insbesondere erörtert werden, wie diese in stärkerem Maße von der Abwanderung ihrer Bürger profitieren könnten. Im Rahmen des offenen Koordinierungsmechanismus für die Migrationspolitik der Gemeinschaft [6] schlug die Kommission europäische Leitlinien für Maßnahmen zur Förderung verschiedener Formen der Mobilität zwischen der EU und Drittländern vor: [6] KOM (2001) 387 endg. vom 11. Juli 2001; siehe Abschnitt 3.3. * Überprüfung der Rechtsvorschriften, die die Migranten daran hindern, sich frei zwischen ihrem Aufenthalts- und ihrem Herkunftsstaat zu bewegen; * Anreize für Migranten, sich für Entwicklungsprojekte, gewerbliche oder kommerzielle Unternehmungen sowie Berufsbildungsinitiativen in ihrem Herkunftsland zu interessieren; * finanzielle und sonstige Unterstützung, einschließlich Bereitstellung von Risikokapital, um zurückkehrenden Migranten die Niederlassung in ihrem Herkunftsstaat zu erleichtern. Zur zweiten Kategorie potenzieller Rückkehrer gehören Personen, die keines besonderen Schutzes bedürfen und sich illegal in der EU aufhalten. Diese Personen erfuellen nicht oder nicht mehr die Voraussetzungen für die Einreise ins, die Anwesenheit und den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der EU-Mitgliedstaaten, da sie illegal eingereist sind, ihr Visum bzw. ihre Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist oder ihr Asylantrag endgültig abgelehnt wurde. Die Betreffenden haben keinen Rechtsstatus, der ihnen den Aufenthalt im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten gestattet; sie können entweder ermutigt werden, die EU freiwillig zu verlassen, oder zur Ausreise gezwungen werden. Es kann durchaus der Fall sein, dass illegale Migranten oder abgelehnte Asylbewerber freiwillig zurückkehren. Diese Möglichkeit könnte durch spezifische Programme gefördert und unterstützt werden. Das vorliegende Grünbuch befasst sich mit dieser zweiten Kategorie, d. h. mit der erzwungenen oder freiwilligen Rückkehr von in der EU illegal aufhältigen Personen. Die Rückkehr von Personen, die sich rechtmäßig in der EU aufhalten, wird nicht behandelt. Doch dürfte zahlreichen rechtmäßig in der EU aufhältigen Drittstaatsangehörigen die Rückkehr als wünschenswerte oder sinnvolle Option erscheinen. Hierbei handelt es sich ebenfalls um ein wichtiges Thema, das intensiv diskutiert werden sollte, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Auswirkungen für die Herkunftsländer. Es wird daher zu einem späteren Zeitpunkt Gegenstand weiterer Überlegungen der Kommission sein. 2.2. Einwanderung und Rückkehr In ihrer Mitteilung vom 22. November 2000 über eine Migrationspolitik der Gemeinschaft [7] brachte die Kommission ihre Auffassung zum Ausdruck, die EU könne das Ziel einer wirksameren Steuerung der Migrationsströme am besten durch einen umfassenden Ansatz verwirklichen. Sie argumentierte, die Annahme gemeinsamer Verfahren für Arbeitsmigranten im Rahmen einer umfassenden Migrationspolitik könne auch bis zu einem gewissen Grad die Kanäle für die Aufnahme aus humanitären Gründen entlasten, und illegale Migranten würden durch effizientere gemeinsame Maßnahmen zur Bekämpfung der Schleuserkriminalität und des Menschenhandels stärker abgeschreckt. Die Kommission stellte fest, dass es eine Praxis gebe, den Aufenthalt illegaler Migranten zu regularisieren, wenn sie gewisse Kriterien wie Erwerbstätigkeit in einem Mitgliedstaat erfuellen. Diese Vorgehensweise könnte als Zugeständnis zu Erfordernissen des Arbeitsmarktes angesehen werden und dem Umstand gezollt sein, dass eine erfolgreiche Umsetzung von Rückkehrpolitiken mit Schwierigkeiten verbunden ist. [7] KOM (2000) 757 endg. Grundsätzlich müssen Drittstaatsangehörige ohne Rechtsstatus, der ihnen den dauerhaften oder vorübergehenden Aufenthalt in der EU gestattet, diese verlassen, sofern der betreffende Mitgliedstaat nicht rechtlich zur Duldung ihres Aufenthalts verpflichtet ist. Das ist unabdingbar, damit die Aufnahmepolitik nicht unterminiert wird und der Rechtsstaatlichkeit - einem wesentlichen Bestandteil des Raumes der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts - Geltung verschafft wird. Nach Möglichkeit sollte der freiwilligen Rückkehr aus nahe liegenden humanen Gründen Vorrang eingeräumt werden. Außerdem ist sie mit einem geringeren Verwaltungsaufwand verbunden als die Rückführung. Allerdings kann die Rückführung illegal aufhältiger Personen eine Signalwirkung für andere Illegale in den Mitgliedstaaten und für potenzielle illegale Migranten außerhalb der EU haben. Zusammen mit weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung nicht angemeldeter Erwerbstätigkeit in der EU, transparenteren Verfahren, Sensibilisierungskampagnen gegen die Schleuser kriminalität und einer besseren Aufklärung über legale Aufnahmemöglichkeiten kann eine effiziente Rückführungspolitik potenzielle Migranten dazu bewegen, die Möglichkeiten für einen legalen Aufenthalt in der EU zu prüfen, und jene abschrecken, die die Voraussetzungen für eine legale Einwanderung nicht erfuellen. Vor dem Hintergrund einer liberaleren Aufnahmepolitik - insbesondere für Arbeitsmigranten - kann sie außerdem dazu beitragen, dass die Akzeptanz der Bevölkerung gegenüber neuen legalen Zuwanderern wächst. 2.3. Asyl und Rückkehr Die freiwillige Rückkehr gehört ebenso wie Integration und Wiedereingliederung zu den langfristigen Lösungen für das Flüchtlingsproblem. Gleichzeitig bedarf es einer effizienten Rückführungspolitik für Personen, deren Anträge auf Gewährung internationalen Schutzes abgelehnt wurden, um die Integrität eines gemeinsamen Asylsystems und des in der Kommissionsmitteilung vom 22. November 2000 [8] erläuterten gemeinsamen Asylverfahrens zu gewährleisten. Wenn eine um Schutz nachsuchende Person Zugang zu einem fairen, angemessenen und umfassenden Verfahren hatte, alle Aspekte des Schutzbedarfs geprüft wurden und kein weiterer Grund für einen rechtmäßigen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat besteht, muss der Betreffende das Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats verlassen und ins Herkunfts- oder gegebenenfalls Transitland zurückkehren. [8] KOM (2000) 755 endg. Langfristig müssen im Sinne des gemeinsamen Asylverfahrens und des einheitlichen Status Personen, die in der EU um Schutz nachsuchen oder denen dort internationaler Schutz gewährt wurde, im Falle einer Rückkehr in allen Mitgliedstaaten eine ihrer jeweiligen Situation angemessene und vergleichbare Behandlung erwarten können. Dazu müssen Effizienz und Qualität des Asylverfahrens und der Bewertung des Schutzbedarfs verbessert werden. Bei der wirksamen Umsetzung der Rückkehrpolitik ist auch zu berücksichtigen, dass ein Asylantrag auf der Grundlage der Genfer Flüchtlings konvention zwar abgelehnt werden kann, aber der Betreffende möglicherweise anderweitig internationalen Schutz benötigt. Daher muss ein geeignetes System zur Gewährung subsidiären Schutzes geschaffen werden. Auch in diesem Bereich ist der freiwilligen Rückkehr Vorrang einzuräumen. Als letztes Mittel kann jedoch eine Rückführung erforderlich sein. Dies gilt eventuell auch für Personen, deren Anspruch auf einen in einem Mitgliedstaat gewährten internationalen Schutz (als Flüchtling oder im Rahmen subsidiärer oder vorübergehender Schutzregelungen) nach einer gewissen Zeit erlischt. Rückführungen müssen im Einklang mit dem internationalen Schutz und den Menschenrechten der Rückkehrer erfolgen. Hierzu gehört auch die Verpflichtung zum Schutz vor Zurückweisung (Non-refoulement), die im Genfer Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (Genfer Flüchtlingskonvention) von 1951 und dem Protokoll von 1967, insbesondere in den Artikeln 32 und 33, verankert ist. Flüchtlinge, die sich rechtmäßig im Hoheitsgebiet der vertragschließenden Staaten befinden, dürfen nur aus Gründen der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung ausgewiesen werden. Zudem ist im Zusammenhang mit dem Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung auf die EMRK, insbesondere Artikel 3, und auf die einschlägige Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie auf Artikel 4 der Charta der Grundrechte hinzuweisen. Ebenfalls relevant sind die Artikel 18 und 19 der Charta der Grundrechte der EU. Gemäß Artikel 18 wird das Recht auf Asyl nach Maßgabe des Genfer Abkommens vom 28. Juli 1951 und des Protokolls vom 31. Januar 1967 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge sowie im Einklang mit dem Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft gewährt. Artikel 19 betrifft den Schutz bei Abschiebung, Ausweisung und Auslieferung. Gemäß Absatz 1 sind Kollektivausweisungen nicht zulässig. Nach Absatz 2 darf niemand in einen Staat abgeschoben oder ausgewiesen oder an einen Staat ausgeliefert werden, in dem für sie oder ihn das ernsthafte Risiko der Todesstrafe, der Folter oder einer anderen unmenschlichen oder erniedrigenden Strafe oder Behandlung besteht. Setzt nach einem - meist infolge einer Konfliktsituation eingetretenen - Massen zustrom eine umfangreiche Rückkehrbewegung schutzbegünstigter Personen in die Herkunftsländer ein, die gewöhnlich mit Wiederaufbau- und Entwicklungsherausforderungen einhergeht, müssen die Aufnahmemitgliedstaaten und die Herkunfts- und Transitländer mitunter gezielte Lösungen oder abgestufte Ansätze entwickeln; so könnten Abschiebungsverfügungen ausgesetzt, Orientierungsbesuche oder -aufenthalte ermöglicht, "Hilfspakete" erarbeitet, die von Basisangeboten (Information, Beförderung, geringe Geldleistungen) bis zu vorbereitenden und maßgeschneiderten Maßnahmen (Fortbildung, Anreize für nichtqualifizierte, qualifizierte und hochqualifizierte Arbeitskräfte usw.) reichen, und Transit- und Beförderungsvereinbarungen geschlossen werden. Der von der Kommission vorgeschlagene offene Koordinierungsmechanismus für die Asylpolitik [9] könnte auch auf die Rückkehrproblematik im Zusammenhang mit abgelehnten Asylbewerbern und Personen, denen Schutz gewährt wurde, angewandt werden. So könnten im Zusammenhang mit der freiwilligen und - gegebenenfalls - der erzwungenen Rückkehr [9] KOM (2001) 710 endg. vom 28. November 2001, siehe Abschnitt 5.2. * Maßnahmen festgelegt werden, um die Zusammenarbeit zwischen Aufnahmestaaten, Herkunftsländern, dem UNHCR und der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sowie NRO zu verbessern und somit die freiwillige Rückkehr und die Rückführung zu erleichtern; * Maßnahmen zur Information und Vorbereitung der betreffenden Personen auf die Rückkehr entwickelt werden, einschließlich der Bewertung des Nutzens von Orientierungsbesuchen; * die Mittel bestimmt, gegebenenfalls genaue Ziele festgelegt und die konkreten Auswirkungen der eingesetzten Mittel bewertet werden, um die Quote der tatsächlich durchgeführten Rückführungsentscheidungen zu erhöhen; * Leitfäden über bewährte Verfahren im Zusammenhang mit der Rückkehr, einschließlich der Rückführung (Begleitung, Art der Beförderung, Auflagen für Abschiebungshafteinrichtungen usw.) erstellt werden, die eventuell bei der Ausarbeitung entsprechender Leitfäden auf Unionsebene herangezogen werden können. 2.4. Menschenrechte und Rückkehr Eine europäische Rückkehrpolitik muss den Menschenrechten und Grundfreiheiten in vollem Umfang Rechnung tragen und ist daher vor dem Hintergrund der internen und externen Menschenrechtspolitik der Europäischen Union zu sehen. Wie in Artikel 6 des Vertrags über die Europäische Union bekräftigt wird, beruht die Union "auf den Grundsätzen der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der Rechtsstaatlichkeit; diese Grundsätze sind allen Mitgliedstaaten gemeinsam." Sowohl die Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) von 1950 als auch die im Dezember 2000 in Nizza proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union [10] enthält Bestimmungen, die auf eine Politik zur Rückkehr illegal aufhältiger Personen anwendbar sind (Artikel 3, 5, 6, 8 und 13 der EMRK sowie Artikel 3, 4, 19, 24 und 47 der Charta der Grundrechte). Auf die Artikel, die hinsichtlich der Ausprägungen des internationalen Schutzes besonders relevant sind, wurde bereits im Abschnitt "Asyl und Rückkehr" eingegangen. [10] ABl. C 364 vom 18. Dezember 2000, S. 1. Außerdem müssen illegal aufhältige Personen während des Rückführungsverfahrens über hinlängliche Möglichkeiten zur Einlegung eines Rechtsbehelfs bei einem Gericht verfügen. In diesem Zusammenhang ist auf Artikel 6 der EMRK und Artikel 47 der Charta der Grundrechte hinzuweisen, in denen das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren verankert ist. Menschenrechts fragen sind auch im Zusammenhang mit der Inhaftnahme illegal aufhältiger Personen von Belang: Im Einklang mit Artikel 5 der EMRK ist dabei stets der Grundsatz der richterlichen Kontrolle zu wahren. Das Familienleben wird durch Artikel 8 der EMRK und Artikel 7 der Charta der Grundrechte geschützt; es ist daran zu erinnern, dass die Rechte des Kindes im Einklang mit Artikel 24 der Charta der Grundrechte und dem Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 besonders beachtet werden müssen; bei allen Maßnahmen, die Kinder betreffen, ist vorrangig das Wohl des Kindes zu berücksichtigen. Ein weiterer besonders zu beachtender Aspekt ist der Schutz personenbezogener Daten, der in Artikel 8 der Charta der Grundrechte und den bestehenden Bestimmungen zum Schutz personenbezogener Daten verankert ist. [11] [11] Siehe Richtlinie 1995/46/EG, ABl. L 281 vom 23. November 1995, S. 31, sowie Übereinkommen des Europarats vom 28. Januar 1981 zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten und gegebenenfalls die rechtlich nicht bindende Empfehlung Nr. R(87) 15 des Ministerkomitees des Europarats über die Nutzung personenbezogener Daten im Polizeibereich. 2.5. Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern im Bereich Rückkehr und Rückübernahme Eine erfolgreiche Politik zur Rückkehr illegal aufhältiger Personen ist nur möglich, wenn mit den betreffenden Herkunfts- oder Transitländern wirkungsvoll zusammengearbeitet wird. Hierzu müssen das gegenseitige Verständnis und die Kooperationsbereitschaft aller beteiligten Behörden gefördert werden. Eine Zusammenarbeit ist in verschiedenen Phasen und auf verschiedenen Ebenen des Rückkehrprozesses von entscheidender Bedeutung. Beispielsweise wird Hilfestellung benötigt, um Reisedokumente für die Rückkehr illegal aufhältiger Personen zu erlangen, die nicht im Besitz gültiger Reisepapiere sind. Eine Unterstützung ist auch bei Abwicklung des Rückübernahmeverfahrens bei Ankunft im Rückkehrland, hauptsächlich auf Flughäfen, erforderlich. Tatsächlich kooperieren viele Länder auf offene und pragmatische Weiseund erleichtern die Rückkehr. Andere Länder zeigen sich dagegen weniger kooperativ bei der Rückübernahme von Rückkehrern und verlangen häufig aufwendigere Verwaltungsverfahren, um die Staatsangehörigkeit oder Identität des Betroffenen zu bestimmen. In solchen Fällen könnte es hilfreich sein, auf politischer Ebene ein Rückübernahmeabkommen auszuhandeln, das die Vorgehensweise und die Modalitäten für die Beförderung der zurückkehrenden und zurückzunehmenden Personen regelt. Gleichwohl hat die Rückkehr illegal aufhältiger Personen auch beträchtliche Auswirkungen für die Herkunfts- und Transitländer. Es sollte sorgfältig geprüft werden, ob eine Rückkehrpolitik entwickelt werden kann, die sich nicht negativ auf die Lage in diesen Ländern auswirkt. Eine Rückführung in großem Maßstab könnte sich erheblich auf die Entwicklung eines Landes und die Bereitschaft der Behörden zur Kooperation bei der Migrationssteuerung auswirken. Die Kooperationsbereitschaft nimmt zu, wenn die betreffenden Länder an der Rückkehr illegal aufhältiger Personen interessiert sind. Die EU sollte daher prüfen, wie angemessen Unterstützung geleistet werden kann, um eine auf Dauer angelegte Rückkehr zu sichern. Die Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr wächst insbesondere, wenn den Rückkehrern Chancen im Herkunftsland geboten werden. Einige Projekte zur Förderung der freiwilligen Rückkehr waren offensichtlich wenig erfolgreich, weil im Rückkehrland nicht die erforderlichen Vorbereitungen getroffen worden waren. Zudem ist von Bedeutung, dass für das Einleben den Rückkehrern die für die Deckung ihrer Grundbedürfnisse erforderlichen Mittel zugesichert werden. In diesem Zusammenhang könnte die Einführung eines finanziellen Hilfssystems zur Überbrückung der ersten Phase nach der Rückkehr erwogen werden. Der Europäische Rat hob auf seiner Tagung vom Oktober 1999 in Tampere hervor, dass die Europäische Union ein umfassendes Migrationskonzept benötigt, in dem die Fragen behandelt werden, die sich in Bezug auf Politik, Menschenrechte und Entwicklung in den Herkunfts- und Transitländern und -regionen stellen. Die Zusammenarbeit mit den betroffenen Drittländern sei von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der externen Migrationspolitik, die auch den Rückkehraspekt umfasst. Darüber hinaus betonte der Europäische Rat auf seiner Tagung vom Dezember 2001 in Laeken, dass die Politik zur Steuerung der Wanderungsbewegungen, insbesondere die Rückübernahmepolitik, in die Außenpolitik der Europäischen Union einbezogen werden muss. Rückkehr und Rückübernahme bilden somit eine der Dimensionen einer umfassenden Migrationspolitik der EU gegenüber Drittländern, und es muss ein Gleichgewicht zwischen Aufnahme- und Rücküber nahme gefunden werden. 3. Teil II - Annäherung und verstärkte Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich Rückkehr 3.1. Gemeinsame Normen Die Rückführung stellt einen wesentlichen Eingriff in die Freiheit und Wünsche der betroffenen Person dar. Es könnten gemeinsame Normen für Ausweisung, Abschiebungshaft und Abschiebung festgelegt werden. Derartige Normen könnten, unabhängig von dem die Abschiebung vollstreckenden Mitgliedstaat, eine angemessene und vergleichbare Behandlung illegal aufhältiger Personen, gegen die aufenthaltsbeendende Maßnahmen erlassen wurden, gewährleisten. Darüber hinaus könnten sie darauf abzielen, die Tätigkeit der beteiligten Dienste zu erleichtern, und durch Anwendung von in den Mitgliedstaaten gefundenen bewährten Praktiken zu effizienteren Verfahren führen. Die Kommission könnte die Festlegung gemeinsamer Normen für alle Rückkehrphasen vorschlagen und fördern. Die Grundvoraussetzungen für die Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts könnten insbesondere im Hinblick auf Ausweisungsentscheidungen bestimmt werden. Außerdem könnten Mindestnormen für Abschiebungshaft und Abschiebung festgelegt werden. Daher beabsichtigt die Kommission, wie bereits in der Mitteilung über die illegale Einwanderung angekündigt [12], auf der Grundlage der Ergebnisse der Diskussion über dieses Grünbuch einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates über Mindestnormen für Rückführungsverfahren auszuarbeiten. [12] KOM (2001) 672 endg., siehe Abschnitt 4.8. 3.1.1. Definitionen Aufgrund der unterschiedlichen Rechtssysteme der Mitgliedstaaten wird im Rückkehrbereich keine einheitliche Terminologie verwendet. Die synonyme Verwendung verschiedener Begriffe löst oftmals Verwirrung aus. Aus Gründen der Klarheit müssen gemeinsame Definitionen festgelegt werden, um etwaige Missverständnisse zu vermeiden. In Anhang I werden für eine erste Auswahl von Begriffen Definitionen vorgeschlagen. Ist diese erste Aufstellung gemeinsamer Definitionen geeignet, und welche Definitionen könnten hinzugefügt werden- 3.1.2. Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts Aufenthaltsbeendende Maßnahmen kommen nicht nur für Personen in Frage, die illegal in ein Land eingereist und dort nicht zum Aufenthalt berechtigt sind. Einige Personen erhalten Ausweisungsverfügungen, wenn von ihnen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht, weil sie zum Beispiel wegen einer schweren Straftat verurteilt wurden. Rückführungsmaßnahmen werden auch gegen Personen ergriffen, deren Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen ist, und gegen rechtmäßig aufhältige Personen, deren Aufenthaltsgenehmigung widerrufen wurde. All diese Personen sind grundsätzlich rechtlich dazu verpflichtet, das Land unmittelbar oder - wenn ihnen eine Frist für die Ausreise gesetzt wurde - vor Ablauf dieser Frist zu verlassen. Die rechtliche Verpflichtung zum Verlassen des Landes könnte als nicht eingehalten gelten, wenn eine Person ohne entsprechende Einreise- und Aufenthaltsgenehmigung in einen anderen Mitgliedstaat einreist. Die Mitgliedstaaten sollten dafür Sorge tragen, dass Maßnahmen zur Beendigung des illegalen Aufenthalts unionsweit gelten. 3.1.2.1. Bedingungen für Ausweisungsentscheidungen Sind bestimmte gesetzlich vorgeschriebene Bedingungen erfuellt, kann der rechtmäßige Aufenthalt durch eine Ausweisungsentscheidung beendet werden. Erste Normen für Ausweisungsentscheidungen wurden in der im Mai 2001 erlassenen Richtlinie 2001/40/EG über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen [13] festgelegt. Gemäß dieser Richtlinie ergeht im Falle einer schwerwiegenden und akuten Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder die nationale Sicherheit gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Rückführungsentscheidung. [13] Siehe ABl. L 149 vom 2. Juni 2001, S. 34. Erstens wird eine solche Entscheidung erlassen, wenn der Drittstaatsangehörige aufgrund einer Straftat verurteilt wurde, die mit einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr bedroht ist, oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass der Drittstaatsangehörige schwere Straftaten begangen hat, oder konkrete Hinweise vorliegen, dass er solche Taten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats plant. Zweitens ergeht gegen den Drittstaatsangehörigen eine Rückführungsentscheidung, wenn er gegen die innerstaatlichen Rechtsvorschriften über die Einreise oder den Aufenthalt von Ausländern verstoßen hat. Auf der Grundlage dieser allgemeinen Definitionen könnten jedoch spezifische, gesetzlich zu verankernde Gründe für den Erlass einer Ausweisungsentscheidung erarbeitet werden. Dabei könnte beispielsweise unterschieden werden zwischen Gründen, die aufgrund einer besonderen Gefahr zwingend eine Ausweisung nach sich ziehen, und sonstigen legitimen Gründen, die regelmäßig zu einer Ausweisung führen. So könnte geprüft werden, ob zwingend eine Ausweisungsentscheidung zu erlassen ist, wenn 1) ein Drittstaatsangehöriger wegen einer oder mehrerer vorsätzlich begangener Straftaten von einem Gericht zu einer Freiheitsstrafe von einer gemeinsam festzulegenden Dauer verurteilt wurde; 2) ein Drittstaatsangehöriger wegen bestimmter vorsätzlich begangener Straftaten (wie Herstellung, Transport und Verkauf von Drogen, Menschenhandel und Schleuserkriminalität, Terrorismus und sonstige Straftaten gegen die nationale Sicherheit) zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde. Darüber hinaus könnte geprüft werden, ob sich andere zwingende Gründe wie die Bedrohung der nationalen oder öffentlichen Sicherheit ermitteln lassen. Allerdings ist bei jeder Ausweisungsentscheidung der Aufenthaltsstatus zu berücksichtigen. Bestimmte Personengruppen benötigen einen besonderen Schutz vor Ausweisung. Bevorrechtigte Drittstaatsangehörige wie langfristig Aufenthaltsberechtigte [14], Familienangehörige eines Unionsbürgers bzw. eines Staatsangehörigen des betreffenden Mitgliedstaats sowie Flüchtlinge und Personen, denen anderweitig internationaler Schutz gewährt wurde, sollten nur abgeschoben werden dürfen, wenn von ihnen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und die öffentliche Ordnung ausgeht. Ein besonderer Schutz könnte auch für Drittstaatsangehörige vorgesehen werden, die in einem Mitgliedstaat geboren wurden und nie in dem Land, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzen, gelebt haben. Das Vorliegen solcher schwerwiegenden Gründe ist sorgfältig zu prüfenund in der Ausweisungsverfügung zu begründen. [14] Siehe Artikel 13 von KOM (2001) 127 endg. Schließlich muss betont werden, dass stets die Situation des Einzelnen zu berücksichtigen ist. Die Menschenrechte des Betroffenen und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme müssen gewahrt werden, vor allem in Fällen unzumutbarer Härte bei zwingenden Ausweisungsgründen oder in Fällen besonderer Härte bei sonstigen Ausweisungsgründen. Sollten genauere Bedingungen für Ausweisungsentscheidungen festgelegt werden- Welche Aspekte sind zu berücksichtigen- Welche Personengruppen benötigen neben den bereits genannten besonderen Schutz vor Ausweisung und wie sollte dieser Schutz aussehen- 3.1.2.2. Bedingungen für eine anderweitige Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts Ist die Aufenthaltsgenehmigung abgelaufen und hat der Betreffende keine Verlängerung oder einen anderen Aufenthaltstitel erlangt, sollte er rechtlich verpflichtet sein, das Land zu verlassen. Es könnte erwogen werden, dass ein Rechtsbehelf gegen eine anschließend ergangene Abschiebungsanordnung aufschiebende Wirkung erhält. Die Verpflichtung zum Verlassen des Landes könnte auch dann gelten, wenn sich eine Person länger in einem Land aufhält als sie von der Visumpflicht befreit ist. Der rechtmäßige Aufenthalt könnte somit beendet werden, wenn eine Person zwar rechtmäßig in ein Land einreist, in dem sie von der Visumpflicht befreit ist, aber nicht innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Frist eine erste Aufenthalts genehmigung beantragt. Die Gründe für den Widerruf einer Aufenthaltsgenehmigung könnten gesetzlich auf eine bestimmte Anzahl wesentlicher Sachverhalte beschränkt werden; hierzu gehören das Nichtvorhandensein eines gültigen Reisepasses oder eines Passersatzpapiers, der Wechsel oder Verlust der Staatsangehörigkeit und sonstige unerläßliche administrative Erfordernisse. In jedem Fall sollten die zuständigen Behörden verpflichtet sein zu prüfen und entsprechend zu begründen, ob es angemessen ist, die Aufenthaltsgenehmigung wegen der eingetretenen Änderungen zu widerrufen, und ob der Betreffende dafür verantwortlich zu machen ist. Welche weiteren Bedingungen für die Beendigung des rechtmäßigen Aufenthalts sollten festgelegt werden- Welche Gründe sollten den Widerruf einer Aufenthaltsgenehmigung rechtfertigen- 3.1.3. Abschiebungshaft Zur Durchsetzung der Abschiebung werden in der Praxis häufig Zwangsmaßnahmen angewandt. Festzustellen ist, dass alle Zwangsmaßnahmen einen schwerwiegenden Eingriff in die persönliche Freiheit der Betroffenen darstellen. Dies gilt vor allem für die Abschiebungshaft, die angeordnet werden kann, um die Identifizierung der illegal aufhältigen Person zu erleichtern, damit die Reisedokumente für die Rückkehr beschafft werden können oder die illegal aufhältige Person daran gehindert wird, sich der Abschiebung zu entziehen. Auf EU-Ebene könnten Mindestnormen für Abschiebungshaftanordnungen vorgegeben werden, welche die Kompetenzen der zuständigen Behörden und die Bedingungen für die Inhaftnahme definieren. Dabei könnte festgelegt werden, welche Gruppen von Personen generell oder nur unter bestimmten Voraussetzungen in Abschiebungshaft genommen werden sollten. Auf jeden Fall muss die Abschiebungshaftanordnung umgehend und innerhalb der gesetzlichen Fristen von einem Gericht ausgestellt oder bestätigt werden. Darüber hinaus könnten Mindestregeln für die Abschiebungshaftbedingungen, insbesondere die Unterbringung in Betracht gezogen werden, um in allen Gewahrsamseinrichtungen der Mitgliedstaaten eine humane Behandlung zu gewährleisten. Falls keine speziellen Einrichtungen vorhanden oder die bestehenden Kapazitäten erschöpft sind, wäre sicherzustellen, dass zurückzuführende Personen, die in regulären Haftanstalten untergebracht sind, von den übrigen Häftlingen getrennt werden, um jegliche Kriminalisierung zu vermeiden. Die Dauer der Abschiebungshaft ist in den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich geregelt und reicht von einer gesetzlichen Befristung auf wenige Tage über verlängerbare Fristen von mehreren Monaten bis hin zu keinerlei gesetzlichen Beschränkungen. Deshalb wäre zu untersuchen, ob gewisse Vorgaben für die reguläre oder maximale Dauer der Abschiebungshaft zweckdienlich wären. Ferner sollte eingehend geprüft werden, welche anderen praktischen oder rechtlichen Alternativen zur Abschiebungshaft bestehen, die ebenso effizient sein könnten. Sollen verbindliche Normen für die Inhaftnahme festgelegt werden und welche Alternativen zur Abschiebungshaft sind in Betracht zu ziehen- Welche gesetzlichen Voraussetzungen und Durchsetzungsmassnahmen sind auf Gemeinschaftsebene als verbindlichen Normen für die Abschiebungshaft vorzugeben- Welche Personengruppen sollten nicht oder nur unter außergewöhnlichen Umständen in Haft genommen werden- Welche Unterbringungsstandards sollten für Abschiebehäftlinge gelten- Auf welche zeitliche Dauer sollte die Abschiebungshaft begrenzt werden- 3.1.4. Abschiebung Auch die Abschiebung als Vollstreckungsmaßnahme könnte auf EU-Ebene harmonisiert werden. Denkbar wären Mindestnormen in vier Bereichen. Erstens könnte in Einklang mit den völkerrechtlichen Verpflichtungen eine Non-Refoulement-Klausel in Betracht gezogen werden, soweit keine anderen Gemeinschaftsvorschriften über den internationalen Schutz zur Anwendung gelangen. Zweitens könnten grundlegende Kriterien für den körperlichen und seelischen Zustand der Betroffenen festgelegt werden, damit auf eine Erkrankung, welche die zurückzuführende Person unmittelbar vor der Abschiebung geltend macht, oder auf die psychische Verfassung des Betreffenden sachgemäß reagiert werden kann. Erörterungswürdig wären auch die Behandlung besonders schutzbedürftiger Gruppen wie Minderjährige sowie die sensible Frage, inwieweit es zulässig sein soll, dass Familien während des Abschiebungsverfahrens getrennt werden. Drittens könnten Normen für die Vollstreckung bzw. Sicherheitsnormen für die Abschiebung selbst, für den Einsatz von Zwangsmitteln und die Kompetenzen des Begleitpersonals ins Auge gefasst werden. Schließlich wäre zu prüfen, wie die Mitgliedstaaten ihre Rückführungspraxis gegenüber bestimmten Herkunftsländern vereinheitlichen könnten, wenn Abschiebungen aus zwingenden humanitären Gründen aufgrund der aktuellen Lage (Beispiel Angola) fragwürdig sind. Die Mitgliedstaaten könnten versuchen, gemeinsam zu bewerten, ob Abschiebungen durchführbar sind, und eine Liste der Länder erstellen, in die vorerst nicht abgeschoben werden soll. Dabei könnten die Stellungnahmen von Organisationen wie dem UNHCR oder UN-Verwaltungen (z. B. UNMIK im Kosovo) oder sonstigen relevanten Akteuren angemessen berücksichtigt werden. Besteht die Notwendigkeit, in eine künftige Richtlinie über Mindestnormen für Rückführungsverfahren eine Non-Refoulement-Klausel einzubeziehen- Welche Normen sollten in Bezug auf die körperliche und seelische Verfassung der zurückzuführenden Personen berücksichtigt werden- Welche Normen sollten für die Anwendung von Zwangsmitteln oder die Kompetenzen des Begleitpersonals festgelegt werden- Sollte eine gemeinsame Bewertung von Abschiebungen in bestimmte Länder vorgenommen werden, wenn Abschiebungen aufgrund der aktuellen Lage fragwürdig sind- 3.1.5. Gegenseitige Anerkennung von Rückführungsentscheidungen Die Richtlinie 2001/40/EG über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen [15] ist als erste Etappe auf dem Wege dahin zu sehen, dass eine Rückführungsentscheidung eines Mitgliedstaates in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden kann, ohne dass dieser eine neue Rückführungsentscheidung erlassen muss. [15] ABl. L 149 vom 2. Juni 2001, S. 34. Allerdings sieht die Richtlinie keinen bindenden Rahmen für die gegenseitige Anerkennung der Entscheidungen vor. Dennoch wäre dies ein logischer Schritt, um die Rückführung illegal aufhältiger Personen, die nach einer Rückführungsentscheidung eines Mitgliedstaates untergetaucht sind und in einem anderen Mitgliedstaat aufgegriffen werden, effizientzu bewerkstelligen. Ebenso könnte in Fällen illegal aufhältiger Personen verfahren werden, die im Transit durch andere Mitgliedstaaten abgeschoben werden. Es könnte zweckdienlich sein, in Verbindung mit der Festlegung eines rechtlich bindenden Rahmens für die gegenseitige Anerkennung aller aufenthaltsbeendenden Maßnahmen, insbesondere von Ausweisungsentscheidungen, gemeinsame rechtliche Standards aufzustellen. Ein verbindlicher Rahmen für die gegenseitige Anerkennung rückkehrbezogener Verwaltungs- oder Gerichtsakte könnte in einen künftigen Vorschlag über Rückführungsverfahren einbezogen werden, wobei die notwendigen Harmonisierungsfortschritte im Asylbereich gebührend zu berücksichtigen wären. Dazu gehören auch geeignete Kriterien und praktische Vorkehrungen in Zusammenhang mit der ungleichen finanziellen Belastung, die sich aus solchen Entscheidungen ergeben kann. Sollte ein verbindliches, umfassendes System der gegenseitigen Anerkennung von Rückführungsentscheidungen festgelegt werden, das über die Richtlinie 2001/40/EG hinausgeht- Welcher Ansatz würde eine Lösung bieten, um finanzielle Ungleichgewichte, die sich aus der gegenseitigen Anerkennung von Rückführungsentscheidungen ergeben können, aufzufangen- 3.1.6. Nachweis der Ausreise und Wiedereinreise Besonders in Fällen der freiwilligen Rückkehr scheint ein hinreichender Nachweis der Ausreise wichtig, damit eine dauerhafte Rückkehr gesichert wird und eine Vorzugsbehandlung freiwilliger Rückkehrer möglich ist, d.h. es soll vermieden werden, dass diesen Personen eine spätere legale Wiedereinreise verweigert wird, weil sie die vorherige freiwillige Ausreise nicht belegen können. Ein solcher Nachweis könnte in unterschiedlicher Form erbracht werden. Eine Grenzübertrittsbescheinigung beweist lediglich, dass die betreffende Person eine Grenze eines Mitgliedstaats überschritten hat, aber nicht, dass sie in dem vermeintlichen Bestimmungsland angekommen ist. Auch kann eine solche Bescheinigung nur an den Außengrenzen ausgestellt werden, da die Kontrollen an den Binnengrenzen abgeschafft sind. Eine andere Möglichkeit wären Anreize für Rückkehrer, sich im Herkunftsland bei einer konsularischen Vertretung eines Mitgliedstaates persönlich zu melden. Gegebenenfalls könnte der Ausreisenachweis auch von einer zuverlässigen Organisation ausgestellt werden, die an dem Rückkehrprozess beteiligt ist. Die Mitwirkung des Rückkehrers bei diesem Verifikationsverfahren könnte auf unterschiedliche Weise gefördert werden. So könnten erste Zuwendungen aus Rückkehrförderprogrammen, die als Überbrückungs- oder Starthilfe gedacht sind, ausschließlich im Bestimmungsland gezahlt werden, entweder von einer mit der Abwicklung der freiwilligen Rückkehr betrauten Stelle oder einer Konsularbehörde des betreffenden Mitgliedstaates. Geprüft werden könnte auch, wie sich die Rückkehr auf einen nachfolgenden Antrag auf Wiedereinreise rechtlich auswirkt. Wünschenswert wäre ein kohärenter Ansatz hinsichtlich der Versagensgründe für eine Wiedereinreise. Hierzu müsste definiert werden, welche Umstände die erneute Beantragung eines Visums oder einer Aufenthaltsgenehmigung ausschließen. In diesem Zusammenhang sollte erörtert werden, wie die Voraussetzungen für Mitteilungen im Rahmen der SIS-Liste der Ausschreibungen zur Einreiseverweigeriung nach Artikel 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens besser harmonisiert werden oder in einem zukünftigen europäischen Visa-Identifizierungssystem aussehen könnten. Da die freiwillige Rückkehr grundsätzlich Vorrang haben soll, wäre zu überlegen, ob freiwillige Rückkehrer gegenüber abgeschobenen Personen bevorzugt behandelt werden könnten. Bei freiwilliger Rückkehr sollte ein künftiger Visumsantrag auf Wiedereinreise in die EU nicht allein deshalb abgelehnt werden, weil sich der Antragsteller unrechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat. Die freiwillige Rückkehr könnte somit einen vorherigen illegalen Aufenthalt entstigmatisieren. Dies könnte auch ein Anreiz sein, einer Obligation zur Rückmeldung bei der zuständigen Stelle im Herkunftsland nachzukommen. Andererseits könnten für ausgewiesene oder abgeschobene Personen Versagungsgründe vorgesehen werden. So könnten für verschiedene Personengruppen wie Drittstaatsangehörige, die wegen schwerer Straftaten verurteilt wurden oder abgeschobene Personen, bestimmte Fristen eingeführt werden. Sollte ein künftiger Vorschlag für Rückführungsverfahren einen Mechanismus umfassen, anhand dessen die Ausreise des Rückkehrers nachgewiesen werden kann, und sollten die rechtlichen Konsequenzen von Wiedereinreiseanträgen in die EU geregelt werden- Sollten die Bedingungen für Mitteilungen im Rahmen der Einreiseverweigerungsliste des Schengener Informationssystems definiert werden- Welche Personengruppen sollten erfasst werden- 3.2. Rückübernahmeregeln zwischen den Mitgliedstaaten Soweit das Dubliner Übereinkommen und das Verfahren für die Bestimmung des für die Prüfung von Asylanträgen zuständigen Mitgliedstaates bzw. Artikel 11 der Richtlinie 2001/55/EG des Rates über den vorübergehenden Schutz [16] nicht zur Anwendung gelangen, findet die Rückübernahme zwischen Mitgliedstaaten ausschließlich auf Grundlage bilateraler Rückübernahmeabkommen oder im Rahmen informeller Kooperation statt [17]. Im Jahr 1999 legte Finnland eine Initiative für eine Verordnung des Rates zur Bestimmung der gegenseitigen Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Bereich der Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen vor [18]. Allerdings hat dieser Vorstoß noch zu keinen konkreten Ergebnissen geführt. [16] Artikel 11: "Ein Mitgliedstaat muss eine Person, die in seinem Hoheitsgebiet vorübergehenden Schutz genießt, rückübernehmen, wenn diese sich während des vom dem Beschluss des Rates nach Artikel 5 erfassten Zeitraums unrechtmäßig im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder versucht, unrechtmäßig in dieses einzureisen. Die Mitgliedstaaten können auf der Grundlage einer bilateralen Vereinbarung beschließen, dass dieser Artikel keine Anwendung findet." [17] Siehe auch KOM(2001) 127 endg., Art. 26 des Vorschlags betreffend langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige. [18] ABl. C 353 vom 7.12.1999, S. 6. Daher könnte sondiert werden, wie die Chancen für Fortschritte auf Grundlage der finnischen Initiative stehen oder ob ein überarbeiteter Vorschlag in Betracht zu ziehen ist, um einen klaren Rechtsrahmen für die Rückübernahme in den Mitgliedstaaten zu schaffen, da dies notwendig und zweckmäßig erscheint. Der Geltungsbereich eines solchen Rückübernahmesystems sollte umfassender sein als für die Bestimmung des für die Prüfung eines Asylantrags zuständigen Mitgliedstaats, wie im Dubliner Übereinkommen oder einer nachfolgenden Ratsverordnung vorgesehen [19]. Darin würden Vorschriften für die Rückübernahme aller illegal aufhältigen Drittstaatsangehörigen durch einen anderen Mitgliedstaat einbezogen. [19] Siehe KOM(2001) 447 endg. Sollte ein Rechtsrahmen für die gegenseitige Rückübernahme aller illegal aufhältiger Personen geschaffen werden- 3.3. Regeln für den Transit durch Mitgliedstaaten Ins Auge gefasst werden könnte ein gemeinsamer Regelungsrahmen für Fragen des Transits der Rückkehrer. Häufig müssen Flughäfen in anderen Mitgliedstaaten genutzt werden, weil keine Verbindungen zum Rückkehrland bestehen. In solchen Fällen scheint es wichtig, dass ein klarer Rahmen für das Transitverfahren besteht, der den Einsatz und die Kompetenzen des Begleitpersonals während des Transits regelt und vorgibt, wie zu verfahren ist, wenn die Rückführung scheitert. Außerdem müssen vor allem im Falle der freiwilligen Rückkehr pragmatische Lösungen für Rückkehrer gefunden werden, welche die Binnengrenzen der Mitgliedstaaten überschreiten. Dieses Problem tritt insbesondere auf, wenn der Rückkehrer die Staatsangehörigkeit eines Landes besitzt, das unter die Visumspflicht fällt und er daher für den Transit durch das Gebiet der anderen Mitgliedstaaten ein Visum benötigen würde. In diesem Fall könnte die Verwendung eines sicheren Standard-Reisedokuments, das von dem die Rückkehr veranlassenden Mitgliedstaat ausgestellt, von allen Mitgliedstaaten anerkannt und einem Visum gleichgestellt würde, in Betracht gezogen werden, um die Rückführung möglichst "unbürokratisch" abzuwickeln. Denkbar wäre auch eine Befreiung von dem Visumserfordernis, was jedoch mit einer Änderung des geltenden Gemeinschaftsrechts verbunden wäre. Welche Vorschläge sollten unter angemessener Berücksichtigung der laufenden Diskussionen im Rat zu den Transitaspekten der Rückkehr vorgelegt werden- 3.4. Operationelle Zusammenarbeit Häufig sehen sich die Mitgliedstaaten zahlreichen Hindernissen gegenüber, wenn sie Rückführungen vornehmen wollen: Aufenthaltsort und Identität der betroffenen Person sind unbekannt; es fehlen Reisedokumente oder es gibt Probleme bei der Zusammenarbeit mit bestimmten Ländern, die Identitäts- oder Reisepapiere ausstellen; die zurückzuführende Person leistet Widerstand; es sind keine geeigneten Beförderungsmittel vorhanden. Eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten könnte dazu beitragen, diese praktischen Probleme zu lösen. Erleichtert würde dies durch die Einrichtung der technischen Unterstützungseinheit, die in der jüngsten Mitteilung über eine gemeinsame Politik auf dem Gebiet der illegalen Einwanderung [20] angeregt wurde, wie auch durch die geeignete Nutzung der finanziellen Möglichkeiten, die im Rahmen des vorgeschlagenen Aktionsprogramms ARGO [21] geboten werden. [20] KOM (2001) 672 endg. [21] KOM (2001) 567 endg. Wie könnte die operationelle Zusammenarbeit auf technischer Ebene verbessert werden- 3.4.1. Bessere Kenntnis des Phänomens Auf EU-Ebene werden in begrenztem Umfang Rückkehrdaten erfasst. Nach den vorliegenden Angaben wurden im Jahr 2000 [22] insgesamt 367 552 Personen abgeschoben; im Jahr 1999 [23] belief sich die Zahl der abgeschobenen Ausländer auf 324 206. Im Rahmen freiwilliger Rückkehrprogramme, die von der IOM abgewickelt werden, haben in den Jahren 2000 und 1999 87 628 bzw. 78 273 Personen die EU freiwillig verlassen [24]. [22] Quelle: Eurostat - keine Angaben für IRL, NL und UK, unvollständige Angaben für B, DK und L. [23] Quelle: Eurostat - keine Angaben für DK, IRL, NL und UK, unvollständige Angaben für FIN. [24] Quelle: IOM. Bei den freiwilligen Rückkehrern weist Deutschland die höchsten Zahlen aus (2000: 68 648; 1999: 58 469). Allerdings sollten zwischen den Mitgliedstaaten vollständige [25] und detailliertere Angaben zur freiwilligen Rückkehr und über Abschiebungen ausgetauscht werden, die auf gemeinsamen Definitionen beruhen und so eine bessere Vergleichbarkeit ermöglichen. Die Kommission wird einen Aktionsplan [26] zur Umsetzung des Ratsbeschlusses vom Mai 2001 über die Einführung eines Jahresberichts über Asyl und Zuwanderung vorlegen. In diesem Bericht sollen auch die Rückkehrdaten analysiert werden. Auch eine virtuelle europäische Beobachtungsstelle für Migration, die sich derzeit im Aufbau befindet, könnte hierzu einen Beitrag leisten. [25] Für 2001 können keine Zahlen über abgeschobene Ausländer vorgelegt werden, da einige Mitgliedstaaten noch keine Angaben mitgeteilt haben. [26] Siehe auch SEK(2001) 602 vom 9. April 2001. Wie könnte die Datenbasis für Rückkehrinformationen weiter verbessert werden- 3.4.2. Identifizierung und Dokumentation Wichtigstes Hindernis für die Rückführung innerhalb vorgegebener Fristen sind eine nicht geklärte Identität und das Fehlen geeigneter Reisedokumente. Die Ausstellung von Reisedokumenten wird von den Herkunftsländern häufig verzögert oder verweigert, weil Angaben zur Staatsangehörigkeit oder Identität fehlen. Daher haben die EU-Mitgliedstaaten die Einführung eines Standard-Reisedokuments für Rückkehrzwecke eingeführt. [27] Allerdings akzeptieren die Rückkehrländer nur ausnahmsweise oder nur im Einzelfall diesen EU-Laissez-passer und bestehen meist auf eigene Rückkehrpapiere. [27] ABl. C 274 vom 19. September 1996, S. 18. Entscheidend für die Lösung rückkehrbezogener Probleme ist daher, dass während der Verwaltungsverfahren, wenn die betroffene Person ein Interesse daran hat, korrekte Angaben zu machen, angemessene Identifizierungsmaßnahmen durchgeführt werden. Soweit dies noch nicht geschehen ist, könnten die Mitgliedstaaten im Rahmen des Visums-Beantragungsverfahrens entsprechende Maßnahmen vorsehen. In der Mitteilung zur illegalen Einwanderung hat die Kommission ausdrücklich die Schaffung eines europäischen Online-Visa-Identifizierungssystems unterstützt, dessen Daten auch für Rückkehrzwecke genutzt werden könnten. Dieser Ansatz wurde im Aktionsplan des Rates zur illegalen Einwanderung vom 28. Februar 2002 bestätigt. Bei einem solchen System muss auch auf den notwendigen Ausgleich zwischen begründeten Identifizierungserfordernissen und der Privatsphäre von Bona-fide-Migranten und Reisenden geachtet werden. Wie könnte die Identifizierung illegal aufhältiger Personen ohne Papiere und die Ausstellung von Rückreisedokumenten verbessert werden- Welche Elemente sollten in das künftige Europäische Visa-Identifizierungssystem einbezogen werden, um die Identifizierung illegal aufhältiger Personen ohne Papiere zu gewährleisten- 3.4.3. Aufgabe der Verbindungsbeamten für Einwanderung Die Verbindungsbeamten für Einwanderung, die in den Herkunfts- oder Transitländer ihren Dienst versehen, könnten ebenfalls für rückkehrbezogene Aufgaben herangezogen werden. Bestehende Kontakte mit den lokalen Behörden könnten dazu beitragen, dass die Zulassung in das betreffende Land reibungslos erfolgt und den Rückkehrern sowie erforderlichenfalls dem Begleitpersonal die nötige Unterstützung zuteil wird. Das Netz der Verbindungsbeamten für Einwanderung könnte hierzu weiter ausgebaut werden. Könnten die Mitgliedstaaten einander Unterstützung leisten, um die Rückkehr zu erleichtern- 3.4.4. Bewährte Verfahren, Schulung und Informationsaustausch Für Beamte, die mit der sehr schwierigen und anspruchsvollen Aufgabe betraut sind, Abschiebungen durchzuführen, könnten bessere Bedingungen geschaffen werden. In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass eine besondere Schulung angeboten werden könnte, die es den Betreffenden ermöglicht, Abschiebungen in angemessener Weise durchzuführen. Hierzu könnte ein Erfahrungsaustausch zwischen Sachverständigen und Beamten der Mitgliedstaaten vorgesehen werden, die sich sowohl mit freiwilligen Rückkehrprogrammen als auch mit Abschiebungsverfahren befassen. In Betracht gezogen werden könnten nicht nur Seminare, sondern auch gemeinsame Schulungsveranstaltungen. Darüber hinaus könnte ein Informationsaustausch über konkrete Rückkehraktionen entwickelt werden, um Ressourcen gemeinsam zu nutzen. Zur Koordinierung dieses spezifischen Informationsaustausches könnte ebenfalls die technische Unterstützungseinheit hilfreich sein. Wie könnte der Austausch bewährter Verfahren verbessert werden- Sollte die Idee gemeinsamer Schulungsmaßnahmen in Rückkehrangelegenheiten weiterentwickelt werden- Wie könnte ein Informationsaustausch über konkrete Rückkehraktionen gestaltet werden- 3.5. Rückkehrprogramme 3.5.1. Bisherige Erfahrungen mit der Durchführung von Rückkehrprogrammen Die Kommission hat bereits Projekte zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen, abgelehnten Asylbewerbern und sonstigen Migranten in ihre Herkunftsländer durchgeführt. Seit 1997 finanzierte sie im Rahmen verschiedener Gemeinsamer Maßnahmen [28] und des Europäischen Flüchtlingsfonds [29] zahlreiche Projekte von nationalen und regionalen Regierungen sowie internationalen und Nichtregierungsorganisationen, die zum Ziel hatten, die Betreffenden und ihre Angehörigen zur Rückkehr zu bewegen. Im Wesentlichen wurden die Projekte in den Mitgliedstaaten selbst durchgeführt. Wie sich zeigte, waren in vielen Fällen Folgemaßnahmen im Herkunftsland erforderlich, da die Rückkehrer oft versuchten, in das Gastland zurückzukehren, sobald sie mit materiellen Problemen, Arbeitslosigkeit oder sonstigen Schwierigkeiten konfrontiert waren. [28] Siehe ABl. L 114 vom 1. Mai 1999, S. 2; ABl. L 138 vom 9. Mai 1998, S. 6; ABl. L 205 vom 31. Juli 1997, S. 3. [29] Siehe Entscheidung des Rates vom 28. September 2000 über die Errichtung eines Europäischen Flüchtlingsfonds (EFF), ABl. L 252 vom 6.10.2000, S. 12-18. Schwerpunkte der Projekte im Rahmen der Gemeinsamen Maßnahmen waren Berufsbildung, Vorbereitung der Rückkehr durch unterstützte Informationsbesuche und allgemeine Beratung zur Lage im Herkunftsland, Beschäftigung, Hilfe bei der Gründung von Kleinunternehmen im Herkunftsland, Begleit- und Folgemaßnahmen nach der Rückkehr. Bei der Durchführung der Projekte kam es vielfach zu großen, wenngleich nicht unüberwindbaren Problemen: politisch bedingte Schwierigkeiten wegen der Lage im Rückkehrland, Unwillen der Betreffenden, in ein Land mit schlechten Zukunftsaussichten zurückzukehren, Ausstellung von Reisedokumenten an potenzielle Rückkehrer, die damit, sofern sie dies wünschten, in das Gastland zurückkehren konnten, und häufiger Missbrauch durch die Zielgruppe der Rückkehrer. Außerdem erwies es sich als wenig sinnvoll, Menschen die Rückkehr in Dörfer zu ermöglichen, in denen es an Unterkunft oder Beschäftigungschancen mangelte, außer wenn die Projekte ausdrücklich (wie beispielsweise in Bosnien) Wiederaufbaumaßnahmen vorsahen. Neben weniger erfolgreichen Rückkehrprojekten kann die Kommission aber auch auf solche verweisen, die eine größere Wirkung erzielt haben. Dies sind zum Beispiel Ausbildungsprogramme zur Förderung unternehmerischer Fähigkeiten speziell für in Deutschland lebende Bosnier, in denen die vorgegebenen Ziele sogar übertroffen wurden. Am erfolgreichsten waren generell Projekte, die von erfahrenen Organisationen unter Einsatz einer ausgereiften Methodik durchgeführt wurden. Im Folgenden sei auf einige Faktoren eingegangen, die bei den erfolgreicheren Projekten, die zur dauerhaften Rückkehr führten, eine Rolle spielten: * ausreichende Kenntnis des Herkunftslands in der durchführenden Organisation; * Einrichtung konkreter Verbindungen der Organisation zum Herkunftsland entweder in Form eines Büros, einer Kontaktperson oder durch Nutzung der Infrastruktur einer anderen Organisation im Herkunftsland und Zusammenarbeit mit Organisationen der lokalen Zivilgesellschaft; * Auswahl potenzieller Rückkehrer nach Maßgabe ihrer Bedürfnisse und den durch das Projekt gebotenen Möglichkeiten (professionell geführte Projekte zur Gründung von Kleinunternehmen, wobei z. B. die Marktfähigkeit der Unternehmen und die unternehmerische Kompetenz interessierter Personen bewertet wurden); * global angelegte Projekte, die auf Beratung, berufliche Bildung, Hilfe vor und nach der Rückkehr sowie Folgemaßnahmen ausgerichtet waren; * Follow-up und (zumindest) Beratung nach erfolgter Rückkehr hatten häufig konkrete Auswirkungen im Hinblick auf die Dauerhaftigkeit der Rückkehr; * Projekte, bei denen der Gruppe der Rückkehrer ein gewisses Maß an Hilfe zuteil wurde. Profitiert die örtliche Bevölkerung von den Rückkehrmaßnahmen, ist die Akzeptanz der Rückkehrer umso größer; * da die Projekte von den EU-Mitgliedstaaten aus geleitet wurden, verbesserten sich die Erfolgsaussichten, wenn sie sich die Ergebnisse anderer, im Herkunftsland angestammter Projekte und Programme (Bau, Infrastruktur, Gründung von Schulen, Schaffung von Arbeitsplätzen usw.) zu Nutze machen konnten. Wie schätzen Sie die bestehenden Rückkehrprogramme generell ein- Gewährleisten die genannten Faktoren eine bessere Umsetzung von Rückkehrprogrammen; welche sonstigen Faktoren wären außerdem zu berücksichtigen- 3.5.2. Möglichkeit eines europäischen Rückkehrprogramms Da die Mitgliedstaaten für die Durchführung von Programmen zur freiwilligen Rückkehr und für Rückführungsmaßnahmen ebenfalls Mittel in beträchtlicher Höhe vorgesehen haben, sollten die genannten und gegebenenfalls weitere Faktoren bei einer gemeinsamen Bewertung berücksichtigt werden, die im Rahmen des Verfahrens der offenen Koordination vorzunehmen ist und deren Ergebnissen bei der Weiterführung des Europäischen Flüchtlingsfonds, der in seiner jetzigen Form bis 2004 befristet ist, Rechnung zu tragen wäre. Nach einer weitergehenden Evaluierung der Erfahrungen mit dem Europäischen Flüchtlingsfonds wäre langfristig ein unabhängiges europäisches Rückkehrprogramm denkbar, sofern der zusätzliche Nutzen eines von der EG finanzierten Programms klar aufgezeigt werden könnte. Demnach könnte es insofern erforderlich sein, die Anstrengungen der Mitgliedstaaten zur Rückkehr illegal aufhältiger Ausländer zu unterstützen, als jede dauerhafte Rückkehr eines illegalen Ausländers im Interesse aller Mitgliedstaaten liegt und sich somit Sekundärbewegungen vermeiden ließen. Ein eigenständiges europäisches Rückkehrprogramm könnte die freiwillige und erzwungene Rückkehr sowie die Unterstützung der Rückkehr irregulärer Migranten in Transitländer abdecken. Rückübernahme und Reintegration könnten die zwei Hauptziele der freiwilligen Rückkehr im Rahmen eines Rückkehrprogramms bilden. Denkbar wäre außerdem die Unterstützung der Ansiedlung von rückkehrwilligen Personen in einem Drittstaat, der zur Aufnahme von Migranten bereit ist. Es könnten dahin gehend Überlegungen angestellt werden, ob Mittel zur Deckung der Reisekosten des Betreffenden, der Beförderung seiner persönlichen Habe und der ersten Ausgaben nach der Rückkehr bereitgestellt und eine begrenzte Starthilfe gezahlt werden sollten. Ein europäisches Rückkehrprogramm könnte auch die finanzielle Unterstützung von Vollstreckungsmaßnahmen vorsehen und die Notwendigkeit der Solidarität zwischen Mitgliedstaaten bei der Rückführung beispielsweise im Zusammenhang mit der Übernahme von Reisekosten der Rückkehrer und etwaiger Begleitpersonen herausstellen. Schließlich könnten Drittländer bei der Rückkehr von sich unrechtmäßig in ihrem Gebiet aufhaltenden Migranten, die nicht die Einreisebedingungen erfuellen, und bei der Rückkehr von Personen, die sich im Transit mit dem Ziel der illegalen Einreise in die EU befinden, unterstützt werden. Wäre es ratsam, ein eigenständiges europäisches Rückkehrprogramm aufzulegen- Sollte ein solches Programm die freiwillige und erzwungene Rückkehr sowie die Rückkehrbemühungen von Drittländern abdecken- 4. Teil III - Schritte zu einer gemeinsamen Rückübernahmepolitik Der Europäische Rat bestätigte in den Schlussfolgerungen von Tampere (Nr. 26) von Oktober 1999 die völkerrechtliche Verpflichtung zur Rückübernahme eigener Staatsangehöriger. In der Schlussfolgerung Nr. 27 bekräftigte er, dass der Gemeinschaft durch den Vertrag von Amsterdam Befugnisse im Bereich der Rückübernahme zugewiesen wurden. Der Rat wurde daher beauftragt, Rückübernahmeabkommen zu schließen oder die Rückübernahme betreffende Standardklauseln in sonstige Abkommen zwischen der Europäischen Gemeinschaft und betreffenden Drittländern bzw. Ländergruppen aufzunehmen. Ausgangspunkt war die Erkenntnis, dass solche Abkommen im Rahmen einer aktiven Rückkehrpolitik nützlich sind, da sie eindeutige Verpflichtungen und Verfahren festlegen, die die Rückkehr erleichtern und beschleunigen. Darüber hinaus bieten sie einen verlässlichen institutionellen Kooperationsrahmen und tragen dazu bei, die Glaubwürdigkeit der beteiligten Schleusernetze zu erschüttern und ihren finanziellen Interessen zu schaden. Diese Grundsätze wurden durch die Schlussfolgerung Nr. 40 des Europäischen Rates von Laeken im Dezember 2001 bekräftigt und gestärkt, in der die Einbindung der Politik betreffend Wanderungsströme in die Außenpolitik der Europäischen Union gefordert wird. Insbesondere müssen europäische Rückübernahmeabkommen mit den betreffenden Ländern auf der Grundlage einer neuen Prioritätenliste und eines klaren Aktionsplans geschlossen werden. Künftige Zielländer könnten anhand folgender Kriterien bestimmt werden: (1) Wanderungsdruck auf die EU und/oder (2) regionale Kohärenz und/oder (3) geografische Nähe zur EU. Sollten zur Bestimmung der Länder weitere Kriterien herangezogen werden- 4.1. Rückübernahmeabkommen und Rückübernahmeklauseln in Assoziierungs- oder Kooperationsverträgen 4.1.1. Rückübernahmeabkommen der Gemeinschaft Die Kommission wurde bisher ermächtigt, Rückübernahmeabkommen mit Russland, Marokko, Pakistan, Sri Lanka und den chinesischen Sonderverwaltungsregionen Hongkong und Macau gemäß Artikel 300 EGV auszuhandeln. Am 22. November 2001 paraphierte die Kommission das Rückübernahmeabkommen der Gemeinschaft mit Hongkong, das voraussichtlich das erste jemals von der Europäischen Gemeinschaft geschlossene Rückübernahmeabkommen sein wird. Die Kommission wird die laufenden Verhandlungen vorantreiben, damit sie rechtzeitig und im Rahmen des Möglichen in Übereinstimmung mit den Verhandlungsleitlinien abgeschlossen werden. Aus dem sehr unterschiedlichen Verlauf der Verhandlungen mit dieser ersten Gruppe von sechs Ländern lässt sich bereits eine wichtige Schlussfolgerung ziehen. Da Rückübernahmeabkommen ausschließlich den Interessen der Gemeinschaft dienen, hängt deren erfolgreicher Abschluss in hohem Maße davon ab, welches politische Gewicht die Kommission in die Waagschale werfen kann. Im Bereich JI - darauf ist hinzuweisen - können praktisch keine Gegenleistungen angeboten werden. Insbesondere die erleichterte Ausstellung von Visa oder die Aufhebung der Visumpflicht wären nur in Ausnahmefällen realistisch (z. B. Hongkong, Macau), aber in den meisten Fällen keine Option. Die Kommission ersucht daher den Rat, diesen komplexen Aspekt eingehender zu erörtern und dabei insbesondere die Möglichkeit zu erwägen, die Komplementarität mit anderen Gemeinschaftspolitiken zu stärken, damit die Ziele der Gemeinschaft im Bereich Rückführung und Rückübernahme besser erreicht werden. Wie können Komplementarität und Kohärenz zwischen den verschiedenen Gemeinschaftspolitiken weiter gestärkt werden- 4.1.2. Standardklauseln zur Rückübernahme Parallel zu diesen Aktivitäten wird die Kommission auch weiterhin in alle künftigen Assoziations- oder Kooperationsabkommen Standardklauseln zur Rückübernahme aufnehmen. Die derzeit geltenden Klauseln wurden am 3. Dezember 1999 [30] vom Rat angenommen, womit die 1996 festgelegten Klauseln [31] an die neue Rechtssituation nach dem Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam angepasst wurden. Die Klauseln stellen keine Rückübernahmeabkommen im engeren Sinne dar; vielmehr sollen sie die Vertragsparteien verpflichten, eigene Staatsangehörige, Drittstaatsangehörige und Staatenlose wieder zuzulassen. Die eigentlichen operativen Vorkehrungen und Verfahrensmodalitäten ergeben sich aus Durchführungsabkommen, die bilateral von der Gemeinschaft oder einzelnen Mitgliedstaaten zu schließen sind. Als der Rat die neuen Klauseln im Dezember 1999 annahm, wies er darauf hin, dass sie künftig in alle Abkommen der Gemeinschaft aufzunehmen sind, während die "alten" Klauseln von 1996 lediglich in einzelnen Fällen eingefügt wurden, was der EU bei Verhandlungen den Vorwurf der Diskriminierung eingebracht hat. Rückübernahmeklauseln wurden - teilweise abweichend von dem 1996 festgelegten Standardwortlaut - u. a. in die Abkommen mit Algerien [32], Armenien [33], Aserbaidschan [34], Kroatien [35], Ägypten [36], Georgien [37], Libanon [38], Mazedonien [39], Usbekistan [40] und das Abkommen zwischen der EU und den AKP-Ländern von Cotonou [41] aufgenommen. Entsprechende Verhandlungen laufen zurzeit mit weiteren Ländern. [30] Siehe Dokument des Rates 13409/99. [31] Siehe Dokument des Rates 4272/96. [32] Paraphiert am 19. Dezember 2001. [33] ABl. L 239 vom 9. September 1999, S. 22. [34] ABl. L 246 vom 17. September 1999, S. 23. [35] KOM (2001) 371 endg. vom 9. Juli 2001, S. 46. [36] ABl. C 304E vom 30. Oktober 2001, S. 16. [37] ABl. L 205 vom 4. August 1999, S. 22. [38] Paraphiert am 10. Januar 2002. [39] ABl. C 213E vom 31. Juli 2001, S. 44. [40] ABl. L 229 vom 31. August 1999, S. 22. [41] ABl. L 317 vom 15. Dezember 2000, S. 10-11. 4.2. Transit- und Aufnahmeregelungen sowie Abkommen mit anderen Drittländern Andere Wege der Zusammenarbeit mit Drittländern im Hinblick auf die rückkehrbezogene Fragen könnten ebenfalls in Betracht gezogen werden, wenn eine unmittelbare Rückkehr in das Herkunftsland nicht möglich oder angemessen ist. Bei fehlenden oder mangelhaften Reiseverbindungen in das betreffende Land könnte geprüft werden, ob andere Drittländer bereit wären, den Transit der Personen zu ermöglichen. Gegebenenfalls ließen sich Transitregelungen vereinbaren. Darüber hinaus könnte geprüft werden, inwieweit mit Drittländern Kontakt aufgenommen werden kann, um Alternativen zur Repatriierung zu finden. Es wäre zu prüfen, ob Drittländer bereit wären, Personen für eine begrenzte Zeit oder auf Dauer zuzulassen, wenn eine solche Regelung für den Mitgliedstaat akzeptabel und für den Rückkehrer angemessen ist. Welche Alternativen zur Repatriierung könnten im Dialog mit anderen Drittländern erwogen werden- 5. Schlussfolgerung Die Kommission hat versucht, einen Grundriß für eine künftige Rückkehrpolitik der Gemeinschaft zu zeichnen, die bei der Entwicklung einer umfassenden europäischen Asyl- und Einwanderungspolitik unverzichtbar ist. Das Grünbuch dient in erster Linie dazu, Reaktionen der interessierten Kreise einzuholen und eine breite Diskussion aller Beteiligten in Gang zu setzen. Das Europäische Parlament, der Rat, der Wirtschafts- und Sozialausschuss, der Ausschuss der Regionen, die Beitrittsländer, Drittländer, internationale Regierungsorganisationen, Nichtregierungsorganisationen, Hochschulen und sonstige interessierte Organisationen der Zivilgesellschaft sowie Einzelpersonen sind eingeladen, zu dieser Diskussion beizutragen. Damit die Kommission die Ergebnisse dieser Auseinandersetzung einbeziehen und eine Anhörung zur Rückkehrpolitik der Gemeinschaft im Sommer 2002 vorbereiten kann, bittet sie alle interessierten Kreise, ihre Beiträge bis spätestens 31. Juli 2002 zu richten an den: Generaldirektor Generaldirektion Justiz und Inneres Europäische Kommission Rue de Luxembourg 46 B-1049 Brüssel jai-immigration-asile@cec.eu.int ANHANG I - Vorgeschlagene Definitionen Begriff // Definition Rückkehr // Oberbegriff des Politikbereichs, der die Vorbereitung bzw. Durchführung der Rückreise in das Herkunfts- oder Transitland abdeckt, unabhängig davon, ob es sich um eine freiwillige oder erzwungene Rückkehr handelt. Illegal aufhältiger Ausländer // Jede Person, die die Voraussetzungen für Einreise, Anwesenheit oder Aufenthalt im Gebiet der Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht oder nicht mehr erfuellt. Freiwillige Rückkehr // Rückkehr in das Herkunfts- oder Transitland auf eigene Initiative des Rückkehrers ohne Anwendung von Zwangsmaßnahmen. Rückführung // Erzwungene Rückkehr in das Herkunfts- oder Transitland unter Androhung und/oder Anwendung von Zwangsmaßnahmen. Widerstandsfreie Rückführung // Rückführung unter Androhung und begrenzter Anwendung von Zwangsmaßnahmen wie Begleitpersonal. Nicht konforme Rückführung // Rückführung mit erheblicher Anwendung von Zwangsmaßnahmen, z.B. von Zwangsmitteln. Rückübernahme // Entscheidung eines Aufnahmestaats über die Wiedereinreise einer Person. Rückübernahmeabkommen // Abkommen zur Regelung der praktischen Verfahrensschritte und Beförderungsmodalitäten im Hinblick auf die Rückkehr und Rückübernahme von Personen, die sich unrechtmäßig im Gebiet einer der Vertragsparteien aufhalten. Repatriierung // Freiwillige oder erzwungene Rückkehr in das Herkunftsland. Ausweisung // Behördlicher oder gerichtlicher Akt, mit dem die Rechtmäßigkeit eines zuvor legalen Aufenthalts beendet wird, z. B. bei Vorliegen einer Straftat. Ausweisungsverfügung // Behördliche oder gerichtliche Entscheidung, mit der die rechtliche Grundlage für die Ausweisung geschaffen wird. Abschiebungshaft // Vollstreckungsmaßnahme, Entzug der persönlichen Freiheit und Unterbringung in einer geschlossenen Einrichtung Abschiebungshaftanordnung // Behördliche oder gerichtliche Entscheidung, mit der die rechtliche Grundlage für die Inhaftierung geschaffen wird. Abschiebung // Vollstreckungsmaßnahme, die tatsächliche Verbringung des Betreffenden aus dem Land. Abschiebungsanordnung // Behördliche oder gerichtliche Entscheidung, mit der die rechtliche Grundlage für die Abschiebung geschaffen wird. Wiedereinreise // Erneute Zulassung in das Hoheitsgebiet eines Staates nach einer früheren Ausreise. Zurückweisung // Verweigerung der legalen Einreise an einer Grenzübergangsstelle. Transit // Aufenthalt in einem Drittland bzw. Durchreise durch ein Drittland während der Reise vom Ausreiseland ins Bestimmungsland.