52001IE0238

Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Vergleichende Studien über makroökonomische Leistungen"

Amtsblatt Nr. C 139 vom 11/05/2001 S. 0051 - 0059


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Vergleichende Studien über makroökonomische Leistungen"

(2001/C 139/12)

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss beschloss am 2. März 2000, gemäß Artikel 23 Absatz 3 seiner Geschäftsordnung eine Stellungnahme zu dem vorgenannten Thema zu erarbeiten.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Wirtschafts- und Währungsunion, wirtschaftlicher und sozialer Zusammenhalt nahm ihre Stellungnahme am 8. Februar 2001 an. Berichterstatterin war Frau Konitzer.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 379. Plenartagung am 28. Februar und 1. März 2001 (Sitzung vom 1. März) mit 91 gegen 3 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung folgende Stellungnahme.

1. Der Ausgangspunkt

1.1. Die wirtschaftlichen Bedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa haben sich in den letzten Jahren deutlich verbessert. Einerseits ist dies auf anhaltende strukturpolitische Bemühungen zurückzuführen, das Funktionieren der Waren- und Dienstleistungsmärkte sowie der Arbeits- und Kapitalmärkte zu verbessern. Andererseits wurden vor allem auch die makroökonomischen Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung entscheidend gestärkt. Der Abbau der Staatsdefizite, die Verwirklichung niedriger Inflationsraten, eine makroökonomische Lohnentwicklung, die die Verringerung der Inflation und eine signifikante Verbesserung der Rentabilität der arbeitsplatzschaffenden Investitionen erleichterte, trugen dazu bei, für Wachstum und Beschäftigung günstige monetäre Bedingungen zu schaffen. Diese im Laufe der 90er Jahre erreichten Fortschritte gilt es dauerhaft aufrecht zu erhalten. Deshalb muss vermieden werden, dass die durch die Ölpreis- und Wechselkursentwicklung bedingte leichte - und im Prinzip vorübergehende - Erhöhung der Inflationsrate zu Sekundäreffekten im Bereich der internen Kostenentwicklung führt.

1.2. Die Verwirklichung der WWU hat wesentlich zu diesen Fortschritten beigetragen. Dies gilt zum Teil auch für die EG-Länder, die noch nicht an der WWU teilnehmen, da auch sie sich erfolgreich um Konvergenz bemüht haben. Für die Zukunft vermeidet die WWU, dass internationale Spannungen zu internen Währungsturbulenzen führen, die in den letzten 30 Jahren häufig den Wachstumsprozess gestört oder unterbrochen haben. Damit ist ein wichtiges makroökonomisches Wachstumshemmnis beiseite geräumt. Darüber hinaus trägt die WWU dazu bei, das Risiko von Konflikten zwischen Haushalts-, Lohn- und Geldpolitik zu verringern, und sie schafft den Stabilitätsrahmen für gesunde makroökonomische Politiken und Entwicklungen. Auf diese Weise können in Zukunft Fehler im makroökonomischen Bereich, die in der Vergangenheit Wachstum und Beschäftigung wiederholt erheblich beeinträchtigt haben, leichter vermieden werden. Die WWU gibt somit einer gesunden makroökonomischen Politik eine neue Chance.

1.3. Damit diese Chance jedoch voll genutzt wird, ist es notwendig, bei allen wichtigen wirtschaftlichen und sozialen Gruppen, das Verständnis für makroökonomische Zusammenhänge und Größenordnungen zu stärken, um einen sachlichen Dialog zwischen den verschiedenen Gruppen zu erleichtern und um somit den Konsens über die markroökonomisch angemessenen Verhaltensweisen und Politiken zu verbessern. Der hierfür erforderliche Lernprozess braucht einen konsensfähigen wirtschaftspolitischen Ansatz und eine empirische, möglichst quantifizierte Veranschaulichung.

Zahlreiche Kommissionsdokumente insbesondere seit dem Weißbuch "Wachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung" (und insbesondere dessen makroökonomisches Kapitel), aber auch vom Rat verabschiedete Dokumente wie die jährlichen "Grundzüge der Wirtschaftspolitik" stellen eine ergiebige Fundquelle für einen wirtschaftspolitischen Grundansatz dar, der weitgehend konsensfähig ist(1).

Die empirische und möglichst quantifizierte Veranschaulichung makroökonomischer Größen ist allerdings weniger entwickelt. Sie erfolgt am besten durch den Zeit- und den Ländervergleich. In der Tat, die Analyse langer Reihen und der Vergleich zwischen EU und USA sowie zwischen den einzelnen Ländern der EU macht signifikante Unterschiede nicht nur im Bereich der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung, sondern auch im Bereich wichtiger makroökonomischer Parameter, die Wachstum und Beschäftigung bestimmen, deutlich. In diesem Zusammenhang kann auch gezeigt werden, wie in einzelnen Ländern institutionelle Gegebenheiten die makroökonomische Politik und Entwicklung beeinflussen. Der Vergleich und die Analyse dieser Faktoren erleichtert das Verständnis der Probleme, fördert den sachlichen Dialog und erlaubt unter gewissen Umständen auch die Herausarbeitung von Referenz- oder Zielgrößen (Benchmarking).

1.4. Die Bemühung um besseres Verständnis der makroökonomischen Entwicklungen und um größeren Konsens im Bereich der makroökonomischen Politiken sind somit von großer Bedeutung, um die verbesserten Grundbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung voll zu nutzen. Nur wenn es gelingt, den gegenwärtigen konjunkturellen Aufschwung - trotz der Ölpreissteigerung - in einen dauerhaften Pfad stärkeren Wachstums zu überführen, wird es möglich sein, in einer vernünftigen mittel- bis längerfristigen Perspektive das europäische Beschäftigungsproblem zu lösen. Eine solche Entwicklung ist auch notwendig, um die ehrgeizigen Ziele des Europäischen Rates von Lissabon zu verwirklichen(2).

1.5. Die vorliegende Stellungnahme kann natürlich nicht zu einer umfangreichen Studie ausgeweitet werden, die selbst ausführliche Ländervergleiche makroökonomischer Parameter durchführt und analysiert. Sie kann und soll jedoch wichtige makroökonomische Größenordnungen und Zusammenhänge (Kapitel 2) und wichtige Beiträge der wirtschaftspolitischen Akteure (Kapitel 3) herausarbeiten, damit diese in späteren Studien der Kommission und in zukünftigen Stellungnahmen des WSA wieder aufgegriffen und vertieft werden können. Der WSA hat die Initiative für diese Stellungnahme ergriffen, um in makroökonomischen Fragen über den institutionalisierten "makroökonomischen Dialoge" (Köln-Prozess) hinaus, einen sachlichen Dialog zu diesen Fragen zwischen allen Gruppen des wirtschaftlichen und sozialen Lebens zu fördern und seine Stimme in diesen entscheidenden Fragen gegenüber Kommission und Rat zur Geltung zu bringen.

2. Wichtige Größenordnungen und Zusammenhänge

2.1. Rahmen und Instrumentarium

Die in diesem Kapitel dargestellten Größenordnungen und Zusammenhänge sollen einen sachlichen Dialog über makroökonomische Fragen zwischen den verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Gruppen erleichtern; sie beruhen im Wesentlichen auf früheren Analysen der Kommission und sollten in künftigen vergleichenden Studien der Kommission aber auch in künftigen Stellungnahmen des WSA wieder aufgegriffen, weiter geführt und vertieft werden. (Der Anhang über Irland zu der Stellungnahme des WSA über die Wirtschaftslage in der Union 1999 kann als Beispiel hierfür dienen(3).)

2.2. Arbeitskräftereserve

2.2.1. Bemerkungen zu den Messziffern für Arbeitslosigkeit und Beschäftigung

Die Arbeitslosenquote ist die einfachste und gebräuchlichste Messziffer zur Charakterisierung der Beschäftigungssituation eines Landes. Jedoch, auch wenn die harmonisierte Definition von Eurostat verwandt wird, bleibt die Aussagefähigkeit dieser Messziffer sowohl im Zeit- als auch im Ländervergleich begrenzt. Zum Teil hängt dies auch mit den Unterschieden im Umfang der Schwarzarbeit, der Teilzeitarbeit und gewisser Formen der subventionierten Arbeit zusammen. Deshalb ist es nicht nur wichtig die Zusammensetzung der Arbeitslosigkeit z. B. nach Alter, Geschlecht, Ausbildung, Dauer der Arbeitslosigkeit usw. zu beobachten, sondern es sollten auch die Entwicklung der Erwerbsquote, der Erwerbstätigenquote, der Arbeitszeit und insbesondere der Teilzeitarbeit, sowie die Wanderungsbewegungen mit in die Analyse einbezogen werden. Eine besonders wichtige und synthetische Information ergibt sich aus der Entwicklung der auf Vollzeitarbeitsplätze umgerechneten Erwerbstätigenquote. Wenn z. B. ein Absinken der Arbeitslosigkeit von einem deutlichen Anstieg dieser Quote begleitet wird, kann man davon ausgehen, dass sich die Beschäftigungssituation des betreffenden Landes auf gesunde Weise verbessert hat und nicht auf eine Verringerung der Erwerbsquote durch Entmutigung der potentiellen Arbeitskräfte oder auf eine Umverteilung der Arbeit zurückzuführen ist. In den 90er Jahren konnte eine solch positive Entwicklung vor allem in Irland, in geringerem Umfang aber auch u. a. in Dänemark beobachtet werden. Eingehendere Analysen dieser Zusammenhänge finden sich vor allem in den Beschäftigungsberichten der Kommission.

2.2.2. Der Umfang der Arbeitskräftereserve

Eine genauere Analyse der Entwicklung der Messziffern für Beschäftigung und Arbeitslosigkeit macht deutlich, dass die Arbeitskräftereserve in der Gemeinschaft die statistisch erfasste Arbeitslosigkeit bei weitem überschreitet. Wenn im Wachstumsprozess Arbeitsplätze neu entstehen, drängen in erheblichem Umfang auch Personen auf den Arbeitsmarkt, die vorher statistisch nicht zu den Arbeitslosen gezählt wurden. Das heißt zusammen mit der Erwerbstätigenquote (Erwerbstätige in % der Bevölkerung im erwerbsfähigem Alter) steigt auch die Erwerbsquote (Erwerbspersonen(4) in % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter), außerdem vergrößert sich der Anreiz zur Zuwanderung.

Aufgrund dieser Beobachtungen und unter Berücksichtigung plausibler alters- und geschlechtsspezifischer Erwerbstätigenquoten schätzt die Kommission für die gegenwärtigen 15 Mitgliedsländer der Gemeinschaft die Arbeitskräftereserve auf etwa 30-35 Mio. Personen; diese Zahl ist etwa doppelt so hoch wie die Zahl der Arbeitslosen und entspricht fast der derzeitigen Gesamtzahl der Erwerbstätigen in Deutschland. Die Eingliederung dieser Arbeitskräftereserve in das Erwerbsleben in einem Zeitabschnitt von 10 Jahren würde ein Beschäftigungswachstum von 1,8 bis 2 % pro Jahr erforderlich machen; in einem Zeitabschnitt von 15 Jahre wären immerhin noch Zuwachsraten von 1,2 bis 1,4 % pro Jahr notwendig. Dies sind beachtliche Größenordnungen, sie liegen aber durchaus im Bereich des Realisierbaren! Die Perspektive der Erweiterung der Gemeinschaft und die Möglichkeit verstärkter Wanderungsbewegungen über die Binnen- und Außengrenzen der Gemeinschaft unterstreicht noch zusätzlich die Notwendigkeit, die umfangreiche Arbeitskräftereserve der Gemeinschaft so rasch und so weitgehend wie möglich in das Erwerbsleben einzugliedern.

2.2.3. Ist die Arbeitskräftereserve verfügbar?

Gelegentlich wird eingewandt, die große Arbeitskräftereserve sei wegen unzureichender Ausbildung der betreffenden Personen nicht voll im Erwerbsleben verwendbar. Die Qualifikation der Arbeitskräfte, das lebenslange Lernen, aber auch die Mobilität der Arbeitskräfte und ihre Bereitschaft, angebotene Stellen auch anzunehmen, stellen wichtige Themen der Arbeitsmarktpolitik dar. Auch die Steuer- und Abgabensysteme können die Verfügbarkeit der Arbeitskräfte positiv und negativ beeinflussen. Der WSA hat zu all diesen Fragen wiederholt Stellung genommen(5). In dem vorliegenden Zusammenhang kommt es jedoch in erster Linie darauf an zu prüfen, wo im makroökonomischen Wachstumsprozess die wichtigsten Engpässe liegen. Aufgrund einer schon 1995 von der Kommission veröffentlichten Studie (Europäische Wirtschaft Nr. 59, Studie Nr. 3 - vgl. insbesondere Schaubild 3) lassen sich die folgenden Überlegungen anstellen:

Die neu in das Erwerbsleben drängenden Arbeitskräfte (Jugendliche und die "stille" Reserve) bringen meist eine ausreichende Grundausbildung mit, die allerdings im Berufsleben weiter entwickelt werden muss. Der wichtigste Engpass liegt nicht bei den Qualifikationen, sondern bei der zu geringen Zahl neuer Arbeitsplätze, sodass es vielen nicht möglich ist, ihre Grundausbildung im Berufsleben entsprechend den Erfordernissen der wirtschaftlichen und technischen Entwicklung zu vertiefen.

Der größere Teil der Arbeitslosen befindet sich durchaus noch im Arbeitsmarkt. Auch hier ist das Problem nicht in erster Linie die "Verwendbarkeit", sondern die Tatsache, dass die Zahl der angebotenen Stellen nicht für alle ausreicht. Dies gilt nicht nur für die relativ geringe konjunkturelle Arbeitslosigkeit, die im konjunkturellen Aufschwung absorbiert werden kann: hier sind die Arbeitskräfte verfügbar und die physischen Arbeitsplätze vorhanden. Dies gilt auch für einen beachtlichen Anteil an der "nichtkonjunkturellen" Arbeitslosigkeit: Viele dieser Arbeitslosen haben noch vor wenigen Monaten gearbeitet; ihre dauerhafte Wiederbeschäftigung wäre (vielleicht mit geringem Umschulungsaufwand) möglich, wenn genügend physische Arbeitsplätze neu geschaffen werden.

Selbst die etwa 4-5 % der Erwerbspersonen, die in der Gemeinschaft Langzeitarbeitslose sind, müssen nicht notwendigerweise "abgeschrieben" werden. Zwar fehlt es hier wohl an beidem: an den physischen Arbeitsplätzen und zum Teil auch an den erforderlichen Qualifikationen. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass, wenn im Wachstumsprozess genügend Arbeitsplätze entstehen, viele Langzeitarbeitslose durch Umschulung und andere Maßnahmen wieder in den Arbeitsmarkt integriert werden können.

Die vorstehenden Überlegungen sprechen nicht gegen die berufliche Aus- und Weiterbildung, die zur Stärkung des europäischen Humankapitals in den nächsten Jahren unabdingbar ist. Hierdurch werden nicht nur die gesamtwirtschaftliche Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit, sondern auch die beruflichen Chancen der Individuen verbessert. Aber, ihren vollen Ertrag können diese - zum Teil kostspieligen - Bemühungen jedoch nur dann erbringen, wenn die Wirtschaft in einem lang anhaltenden Wachstumsprozess die zur Ausschöpfung des Beschäftigungspotentials notwendigen Arbeitsplätze zur Verfügung stellt. Die Qualifikation der Arbeitskräfte und die Schaffung der Arbeitsplätze müssen also in einem langfristigen Prozess miteinander einhergehen.

2.2.4. Wo können die neuen Arbeitsplätze entstehen?

Oft wird auch eingewandt, die Arbeitskräftereserve der Gemeinschaft könne gar nicht ausgeschöpft werden, da der technische Fortschritt und die Globalisierung ständig Arbeitsplätze vernichte. Dieses Argument ist zu pauschal und führt die Überlegung in eine nicht konstruktive Richtung.

Richtig ist, dass technischer Fortschritt und Globalisierung im Wachstumsprozess zu einem permanenten Strukturwandel führen. Der Druck zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit, zur Erhöhung der Produktivität und zur Einsparung von Arbeitskräften ist groß. In Sektoren mit hohem Produktivitätsfortschritt führt die starke internationale und innergemeinschaftliche Konkurrenz zu fallenden relativen (und in manchen Fällen auch absoluten) Preisen. Diese Sektoren setzen oft Arbeitskräfte frei, und die Beschäftigung steigt nur in besonders innovativen Bereichen, die ihren Beschäftigungsstand (z. B. Produktion und Verteilung der neuen elektronischen Produkte wie Komputer, Mobilofone, etc.) neu aufbauen müssen, oder wenn das gesamtwirtschaftliche Wachstum so stark ist, dass auch die traditionellen Industriesektoren (z. B. Automobilindustrie) ihre Beschäftigung ausweiten können. Allerdings stärken die fallenden relativen Preise die Wettbewerbsfähigkeit dieser Sektoren, und ein großer Teil des Produktivitätsfortschrittes wird über den Preismechanismus an den Rest der Wirtschaft weitergegeben. Dieser von Marktkräften bewirkte umfangreiche Kaufkrafttransfer erlaubt steigende relative Preise in Sektoren mit geringerem Produktivitätsfortschritt und geringerem Konkurrenzdruck, aber mit im Wachstumsprozess steigender Nachfrage, sodass viele Arbeitsplätze in diesen Sektoren rentabel werden und geschaffen werden können (z. B. viele persönliche Dienstleistungen, Restaurants, etc, aber auch Dienstleistungen im Zusammenhang mit den neuen Produkten und Medien).

Es handelt sich hierbei um einen säkularen, makrostrukturellen Prozess, der statistisch belegt werden kann. Er hat zur Voraussetzung, dass der Preismechanismus funktioniert. Diese Bedingung ist aufgrund der Öffnung der Märkte weitgehend erfuellt. Damit der Prozess jedoch genügend Arbeitsplätze schafft, müssen einige weitere Voraussetzungen erfuellt sein:

- der sektorale Strukturwandel muss sich möglichst ungehindert vollziehen können und sozial akzeptabel sein,

- die gesamtwirtschaftliche Wachstumsrate muss hoch genug sein, damit der Saldo von sektoraler Arbeitsplatzschaffung und sektoraler Arbeitsplatzvernichtung positiv und genügend groß ist, um einen Abbau der Arbeitslosigkeit zu bewirken.

Die beiden letzten Voraussetzungen bedingen sich gegenseitig. Je mehr Arbeitsplätze durch Wachstum entstehen, desto weniger schmerzlich ist der Prozess des sektoralen Strukturwandels und desto besser kann er auch sozial abgefedert werden.

Im Zuge dieses Prozesses entstehen die neuen Arbeitsplätze sowohl in Bereichen, die die neuen Technologien in Produkte umsetzen bzw. anwenden, als auch vor allem in hochwertigen und entsprechend bezahlten Dienstleistungsbereichen, die über den Mechanismus der relativen Preise, sowie über in der Gesamtwirtschaft steigende Beschäftigung und Einkommen rentabel werden und Absatz finden (vgl. die Stellungnahme des WSA über "Neues Wissen, neue Arbeitsplätze")(6).

Je besser dieser auf Wachstum und Veränderung der relativen Preise beruhende Mechanismus funktioniert, desto geringer wird übrigens auch der Druck der Marktkräfte in Richtung auf eine Öffnung der Lohnskala nach unten, wobei dann die Arbeitsplätze vor allem in Dienstleistungsbereichen mit niedrigem Produktivitäts- und Lohnniveau entstehen würden. Letzteres war in den USA in den 70er und 80er Jahren (aber nicht mehr so stark in den 90er Jahren) in großem Umfang der Fall; hier liegt auch eine Erklärung für das schwache gesamtwirtschaftliche Produktivitätswachstum der USA in den 70er und 80er Jahren.

2.2.5. Mögliche soziale und wirtschaftliche Auswirkungen einer Eingliederung der Arbeitskräftereserve

Die Eingliederung der Arbeitskräftereserve in das Erwerbsleben ist als ein mittel- bis längerfristiger Prozess von etwa 10 (bis 15) Jahren Dauer(7) vorstellbar, der allerdings mit dem derzeitigen Wirtschaftsaufschwung beginnen muss.

Die Eingliederung der Arbeitskräftereserve bedeutet definitionsgemäß die Rückkehr zur Vollbeschäftigung (Europäischer Rat von Lissabon) bzw. zu dem "hohen Beschäftigungsstand" des Artikels 2 des EG-Vertrages. Dies bedeutet eine niedrige Arbeitslosenquote und eine hohe Erwerbstätigenquote.

Auch wenn möglicherweise die niedrigen Arbeitslosenquoten der Periode 1960-1973 (EUR - 15: 2,4 %; D: 0,7 %) wegen vielleicht höherer friktioneller Arbeitslosigkeit nicht wieder voll erreichbar sind, so erscheint es doch legitim, Quoten in der Größenordnung von 3 % als erreichbar anzusehen. (NL 2000: 2,4 %!). Die Erwerbstätigenquote könnte schrittweise von jetzt etwa 61 bis 62 % auf einen mit den USA und Japan vergleichbaren Wert von 70 bis 75 % der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ansteigen. Dieser Anstieg wäre im Wesentlichen zurückzuführen auf eine höhere Erwerbstätigkeit der Frauen sowie allgemein in den Altersklassen über 50/55 und unter 30 Jahren.

Ein solcher Anstieg der Erwerbstätigkeit und der Möglichkeit einen Arbeitsplatz zu finden, würde die Gefahr der sozialen Ausgrenzung größerer Bevölkerungsgruppen entscheidend verringern. Darüber hinaus würde sich die Situation der Sozialversicherungssysteme deutlich verbessern(8):

- im Falle der Arbeitslosenversicherung: steigende Zahl von Beitragszahlern, stark sinkende Zahl von Leistungsempfängern;

- im Falle der Krankenversicherung: steigende Zahl der Beitragszahler bei wahrscheinlich unveränderter Entwicklung der Zahl der Leistungsempfänger;

- im Falle der Rentenversicherung; steigende Zahl der Beitragszahler bei wahrscheinlich (wegen geringerer Frühverrentung) langsamer wachsender Zahl der Leistungsempfänger.

Insbesondere was die Auswirkungen einer stark ansteigenden Erwerbstätigenquote auf die Rentenversicherungssysteme betrifft, erscheinen vergleichende Studien von großem Interesse.

Natürlich hat die Eingliederung der Arbeitskräftereserve in das Erwerbsleben auch einen entscheidenden Einfluss auf Wachstum und Wohlstand in der Gemeinschaft. Wenn die Beschäftigung bei in etwa stabiler Gesamtbevölkerung um 30 bis 35 Millionen Personen bzw. um deutlich mehr als 20 % des derzeitigen Beschäftigungsstandes oder im Anteil an der Gesamtbevölkerung um fast 10 %-Punkte steigt, so ergibt sich nicht nur ein beträchtlich höheres BIP, das wahrscheinlich das der USA deutlich überschreitet, sondern auch der Wohlstand, gemessen am BIP pro Kopf der Bevölkerung, wird sich dem der USA merklich annähern(9).

2.3. Makroökonomische Bedingungen für dauerhaftes Wachstum von BIP und Beschäftigung

2.3.1. Einige einfache Zusammenhänge zwischen Wachstum, Produktivität und Beschäftigung

Die Arbeitskräftereserve der Gemeinschaft stellt also ein beträchtliches Wachstums- und Wohlstandspotential dar. Um dieses Potential zu erschließen, muss in einem jahrelang anhaltenden Trend das BIP schneller wachsen als die Produktivität je Erwerbstätigen. Beschäftigungswachstum ist BIP-Wachstum über den Trend des Produktivitätswachstums hinaus. Wenn das Beschäftigungswachstum einhergeht mit einer Verringerung der Arbeitslosigkeit und einem Anstieg der Erwerbstätigenquote (gemessen in Vollzeitarbeitskräften), steigt das BIP pro Kopf der Bevölkerung schneller als die Produktivität je Erwerbstätigen. Die Rückkehr zur Vollbeschäftigung würde also eine große Wohlstandsreserve der Gemeinschaft erschließen, die z. B. die USA schon weitgehend ausgeschöpft hat. Auch innerhalb der Gemeinschaft gibt es hier signifikante Unterschiede, die analysiert werden sollten (vgl. die Situation z. B. von Luxemburg, Irland und Spanien). Noch größer sind die Unterschiede, wenn man den Vergleich mit den Beitrittsländern anstellt.

Das Produktivitätswachstum bleibt Quelle von Wettbewerbsfähigkeit und Wohlstand. Es beruht letztlich auf wirtschaftlich angewandtem technischen Fortschritt (und der dazu gehörigen Ausbildung der Arbeitskräfte) sowie auf der Substitution von Arbeit durch Kapital. Allerdings ist der Produktivitätsbegriff überaus komplex und wird oft unpräzise benutzt. Zu unterscheiden sind z. B. Produktivitätsniveau, Produktivitätsentwicklung je Erwerbstätigen, je Arbeitsstunde etc. Hier gibt es signifikante Unterschiede zwischen den USA und der EG und zwischen den Mitgliedstaaten der EG. Untersuchungen zu den Bestimmungsgründen unterschiedlicher Produktivitätsniveaus und der sich in den letzten Jahren abzeichnenden Beschleunigung des Produktivitätswachstums in den USA und der entsprechenden Verlangsamung in der EG wären von Interesse.

Eine Beschleunigung des Produktivitätswachstums ist willkommen, trägt aber zur Lösung des Beschäftigungsproblems nur dann bei, wenn sich zugleich das BIP-Wachstum noch stärker beschleunigt! Ein hohes Beschäftigungswachstum ist dann notwendig, wenn (1.) das Wachstum der Erwerbsbevölkerung stark ist (USA) und/oder (2.) wenn eine große Arbeitskräftereserve in den Wirtschaftsprozess einzugliedern ist (EG). Die ökonomischen Bestimmungsgründe für Produktivitäts- und Beschäftigungswachstum sind unterschiedlich. Hier ist zusätzliche Analyse- und Aufklärungsarbeit notwendig!

Besonders wichtig für das Beschäftigungswachstum ist die Entwicklung der arbeitsplatzschaffenden Erweiterungsinvestitionen. Damit sie in ausreichendem Umfang stattfinden, ist ein angemessen hohes Rentabilitätsniveau und eine günstige Nachfrageentwicklung (ohne inflationäre Spannungen) erforderlich. In diesem Zusammenhang sollte auch die folgende Überlegung berücksichtigt werden: auch Erweiterungsinvestitionen sind Träger des technischen Fortschritts; Beobachtungen deuten darauf hin (EG: 1986-90; IRL: 1994-2000), dass sie das Wachstum der gesamten Faktorproduktivität beschleunigen und gleichzeitig die Substitution von Arbeit durch Kapital zurückdrängen.

2.3.2. Ein illustratives Referenzszenario für die nächsten fünf Jahre (2001-2005)

Wachstum und Beschäftigung können nicht per Dekret erzwungen werden. Die Politik kann und soll jedoch günstige Bedingungen hierfür schaffen. In diesem Zusammenhang ist es nützlich, eine Vorstellung zu haben, wie sich das Wachstum entwickeln könnte und müsste, damit die Arbeitskräftereserve schrittweise genutzt werden kann, ohne dass in diesem Prozess inflationäre Spannungen entstehen.

Die Angebotsseite: Gegenwärtig wächst das BIP in der Eurozone und in der EG insgesamt mit einer Rate von etwa 3,5 % p. a. Das Produktionspotential wächst mit etwa 2,5 % p. a., die freien Produktionskapazitäten reduzieren sich um etwa 1 %-Punkt des BIP(10). Trotzdem erscheint dauerhaft ein BIP-Wachstum von 3-3,5 % p. a. möglich, wenn die Ausrüstungsinvestitionen um etwa 7-8 % p. a. zunehmen (2000 Euro 11:8,1 %). Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, beschleunigt sich das Wachstum des Produktionspotentials um etwa 0,2 bis 0,3 Prozentpunkte pro Jahr; d. h. spätestens nach 5 Jahren wächst das Produktionspotential mit 3,5 % p. a. Dann ist ein dauerhafter Wachstumstrend von 3,5 % ohne inflationäre Spannungen möglich. Bis dahin ist ein Wachstum von 3-3,5 % p. a. möglich, wenn Kapazitätsspielräume ausgenutzt werden können und wenn von Seiten der Haushalts- und Lohnpolitik keine kostenbedingte Inflationsbeschleunigung erfolgt. Bei gegebenem Produktivitätstrend von etwa 2 % p. a. würde in diesem Szenario die Beschäftigung mit etwa (1-1,5 %) 1,3 % pro Jahr steigen (später vielleicht mit 1,5 % p. a. oder mehr). Dies wäre ein guter Einstieg in die Wiedereingliederung der Arbeitskräftereserve in einem Zeitraum von 10-15 Jahren.

Die Nachfrageseite: Ein solches Wachstum ist natürlich nur dann möglich, wenn es von einer entsprechenden Nachfrageentwicklung getragen wird, ohne dass es zu inflationären Spannungen kommt. Dies erscheint durchaus möglich und plausibel. Nach der internationalen Krise von 1998 und 1999 hat im Jahre 2000 die Exportnachfrage (Euro-Wechselkurs, Wachstum in der übrigen Welt) einen gewissen belebenden Einfluss ausgeübt, der allerdings zum Teil durch den ölpreisbedingten Kaufkraftentzug abgeschwächt wurde. Der Nachfrageeffekt der Nettoexporte könnte jedoch in den nächsten Jahren durchaus neutral werden; das Wachstum würde dann getragen von der Konsumnachfrage (Reallohn-plus Beschäftigungsanstieg) und von der Investitionstätigkeit, die selbst eine wichtige Nachfragekomponente darstellt.

Auf diese Weise könnte sich ein dynamisches Gleichgewicht herausbilden, wobei ein BIP-Wachstum von 3-3,5 % p. a. einherginge mit einer Zunahme des privaten Verbrauchs von 2,7-3 % p. a. und der Ausrüstungsinvestitionen von 7-8 % p. a.

In einem solchen Szenario würde das Staatsdefizit ceteris paribus sich in einen gemäßigten Überschuss verwandeln, die Investitionsquote deutlich ansteigen und das außenwirtschaftliche Gleichgewicht gewahrt bleiben. (Vgl. Die Entwicklung in Irland in den letzten 10-15 Jahren). Solange nicht durch Nachfrageüberhitzungs- oder zu schnelle Kostenentwicklung die Inflationsrate beschleunigt wird, hätte die Geldpolitik keinerlei Anlass, diesen Wachstumsprozess mit einer restriktiven Politik zu unterbrechen.

2.3.3. Wachstumshemmnisse überwinden oder, soweit als möglich, vermeiden

Das eben skizzierte Referenzszenario liegt zwar eher an der Untergrenze dessen, was zur Lösung des Beschäftigungsproblems der Gemeinschaft erforderlich ist; es erscheint jedoch eher optimistisch im Lichte der in den 90er Jahren in der Gemeinschaft erzielten Ergebnisse. Trotzdem gibt es eine Reihe von Gründen, seine Realisierbarkeit bei einer angemessenen Wirtschaftspolitik und einem entsprechenden Verhalten der wichtigsten Akteure und insbesondere der Sozialpartner für plausibel zu halten. Zu Beginn dieser Stellungnahme wurde darauf hingewiesen, wie sehr sich die wirtschaftlichen Bedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung in Europa verbessert haben. Aber auch die Analyse der Vergangenheitszahlen stützt die These, dass die europäische Wirtschaft spontan mit Wachstumsraten von über 3 % p. a. wachsen könnte, wenn gewisse Wachstumshemmnisse überwunden werden.

Ein Wachstum von BIP (3,3 % p. a.), Beschäftigung (1,3 % p. a.) und Ausrüstungsinvestitionen (7,3 % p. a.) in der Nähe der Zahlen des Referenzszenarios wurde schon in der Periode 1986-1990 verwirklicht. Auch in den Aufschwungperioden 1994/1995, 1997/1998 und 1999/2000 reagierten die Ausrüstungsinvestitionen mit Zuwachsraten von 7, 8 oder 9 % p. a. auf eine Beschleunigung des BIP-Wachstums in oder über einer Größenordnung von 3 % p. a.

Im Wesentlichen waren es makroökonomische Ereignisse, die die Wachstums- oder Aufschwungsperioden unterbrachen:

- unzureichendes Wachstum des Produktionspotentials im Vergleich zum Produktivitätstrend kombiniert mit Fehlern der makroökonomischen Politik führten zu Kapazitätsengpässen und einer Beschleunigung der Inflation (1989-1991);

- ein Stabilitätskonflikt (1988-1992) zwischen Geldpolitik, Haushaltspolitik (1989-1991, Art der Finanzierung der deutschen Vereinigung) und Lohnentwicklung 1990-1992 führte zur Rezession 1992/1993;

- ein Mangel an Glaubwürdigkeit der Haushaltskonsolidierung in einigen Ländern verstärkte bzw. verursachte die innergemeinschaftlichen Währungsturbulenzen (1995 aber auch in den 70er und 80er Jahren).

Hinzu kamen allerdings auch außergemeinschaftliche Ereignisse wie z. B. die Asienkrise 1999 und (möglicherweise) der Ölpreisanstieg 2000, die Wachstum und Beschäftigung in jüngster Zeit in der Gemeinschaft verlangsamten.

Die Chancen, die innergemeinschaftlichen makroökonomischen Wachstumshemmnisse zu vermeiden oder zu überwinden sind mit der europäischen WWU erheblich gestiegen (vgl. oben Punkte 1.1 und 1.2).

Für die Zukunft kommt es darauf an:

- Kapazitätsengpässe des Produktionsapparates mit daraus folgenden inflationären Spannungen zu vermeiden (Unternehmensinvestitionen, Rentabilität, öffentliche Investitionen);

- Qualifikationsengpässe bei den Arbeitskräften vermeiden (Förderung der Humankapitalbildung - möglichst marktnah und ohne Fehlinvestitionen);

- Die Art und Weise überwachen, in der sich das Gleichgewicht von Ersparnis und Investition herausbildet (Höhere Investitionsquote - höhere Ersparnisquote, stabile private Ersparnis macht mehr öffentliche Ersparnis und öffentliche Kapitalbildung erforderlich); Stabilitätspakt, Vermeidung von Druck auf Leistungsbilanz und langfristige Zinsen;

- Beschäftigung, Wachstum und Umwelt miteinander vereinbar zu halten;

- neue Stabilitätskonflikte zu vermeiden, die die Geldpolitik zu neuer Restriktion veranlassen (kurzfristig: keine Sekundäreffekte aus der Ölpreisentwicklung, als permanente Aufgabe: angemessene Lohnentwicklung in der WWU, Stabilitäts- und Beschäftigungspakt, makroökonomischer Dialog).

In all diesen Bereichen gibt es schwierige Probleme zu lösen, aber die Voraussetzung für ihre Lösung haben sich deutlich verbessert.

3. Die Beiträge der wirtschaftspolitischen Akteure

3.1. Makroökonomische Bedingungen für Wachstum und Beschäftigung und die Akteure der makroökonomischen Politik

Ob das makroökonomische "Policymix" in der Währungsunion insgesamt günstig für Wachstum und Beschäftigung ist, hängt im Wesentlichen vom Zusammenspiel der gemeinsamen Geldpolitik auf der einen Seite mit der durchschnittlichen Haushalts- und Lohnentwicklung in den teilnehmenden Ländern auf der anderen Seite ab. Entsprechend ihrer Verantwortung für diese drei großen Politikvariablen unterscheidet man gewöhnlich drei Gruppen von Akteuren:

1. die Zentralbank und das Europäische System der Zentralbanken für die Geldpolitik,

2. die Regierungen der teilnehmenden Staaten für die Haushaltspolitik,

3. die Sozialpartner für die Lohn- bzw. Einkommenspolitik.

Der im sogenannten "Köln-Prozess" auf Gemeinschaftsebene organisierte Dialog zwischen diesen drei Gruppen von Akteuren (einschließlich der Kommission als Vertreter des Gemeinschaftsinteresses) baut auf den in einigen Mitgliedstaaten erfolgreich praktizierten Bemühungen um einen Konsens zwischen den Sozialpartnern und mit der Regierung über wichtige wirtschaftspolitische Fragen auf (z. B. das Wirtschaftswunder, das in Irland seit Mitte der 80er Jahre stattgefunden hat, wäre ohne einen solchen Konsens nicht möglich gewesen!).

Dieser europäische makroökonomische Dialog soll vor allem dazu beitragen, das Zusammenspiel der drei großen makroökonomischen Politikvariablen zu verbessern.

Ganz allgemein gilt: je besser das Stabilitätsziel der Geldpolitik durch eine angemessene Budget- und Lohnpolitik unterstützt wird, desto günstiger für Wachstum und Beschäftigung können sich die monetären Bedingungen, einschließlich des Wechselkurses und der langfristigen Zinsen, entwickeln.

Natürlich enthält diese Darstellung eine Reihe von Vereinfachungen: Die Inflationsraten müssen nicht in allen Ländern und Regionen der Währungsunion identisch sein; im Gegenteil, die Marktkräfte machen innerhalb gewisser Grenzen Inflationsdivergenzen erforderlich; die Beurteilung der Folgen bzw. der Notwendigkeit divergierender Entwicklungen zwischen Ländern (und Regionen) der Währungsunion stellt ein weites Feld für vergleichende Länderuntersuchungen dar.

Auch die Zusammenfassung der makroökonomischen Akteure in drei (übrigens nicht homogene) Gruppen stellt eine gewisse Vereinfachung dar; zwar sind die genannten drei Gruppen in der Tat für die Entwicklung der drei großen makroökonomischen Politikvariablen verantwortlich, aber die Bedingungen von Wachstum und Beschäftigung hängen auch von dem wirtschaftlichen und sozialen Klima insgesamt ab, das von allen relevanten wirtschaftlichen und sozialen Gruppen geprägt wird. Dies gilt insbesondere für die Überwindung des in Europa tief verwurzelten (und 25 Jahre alten) Wachstumspessimismus, den man fast als ein eigenständiges Wachstums- und Beschäftigungshemmnis bezeichnen kann. In diesem Bereich könnte der WSA als umfassende Vertretung dieser Gruppen eine besondere Rolle spielen.

Aufgrund der vorstehenden Überlegungen sollen im weiteren Verlauf dieses Kapitels für die drei großen makroökonomischen Politikvariablen und für das Problem des Wachstumspessimismus Anregungen für vertiefende und ländervergleichende Studien gegeben werden.

3.2. Die klassischen makroökonomischen Politikbereiche

Die folgenden drei Unterkapitel geben einige Anregungen, auf welche Aspekte sich die vergleichenden Studien und die sachliche öffentliche Debatte beziehen könnten.

3.2.1. Geldpolitik und monetäre Entwicklungen

Analysen in diesem Bereich sollten selbstverständlich die Unabhängigkeit der Zentralbank respektieren. Dies steht jedoch nicht im Widerspruch mit einer sachlichen und kompetenten Diskussion der Frage, wie die Zentralbank das Stabilitätsziel am besten gewährleistet und wie sie unter Wahrung des Stabilitätsziels am besten die allgemeinen Ziele der Wirtschaftspolitik in der Gemeinschaft unterstützt (Art. 105-1 des Vertrages).

Beispiele für Untersuchungs- und Diskussionsgegenstände könnten sein:

a) Vergleich der Geldpolitik in Europa und in den USA im Konjunkturverlauf vor und nach Einführung der WWU.

b) Ist der Referenzwert für die Geldmengenentwicklung des Euro angemessen, angesichts der Entwicklung des Produktionspotentials und der freien Produktionskapazitäten?

c) Wie entwickeln sich die monetären Bedingungen insgesamt und welche abweichenden Entwicklungen ergeben sich in den teilnehmenden Ländern; wie sind letztere zu beurteilen?

d) Wie soll die Zentralbank auf Budget- oder Lohnentwicklungen in der WWU insgesamt und in einzelnen Ländern reagieren? Soll und kann sie versuchen, die Überwälzung der Ölpreissteigerung in die Lohn- bzw. Budgetentwicklung zu beeinflussen?

e) Welche Inflationsdivergenzen treten zwischen den an der WWU teilnehmenden Ländern auf und nach welchen Kriterien kann beurteilt werden, ob sie das Ergebnis notwendiger marktwirtschaftlicher Entwicklungen sind (Vgl. z. B.: IRL, NL)?

3.2.2. Haushaltspolitik und Entwicklungen im Bereich der öffentlichen Finanzen

In diesem Bereich liegt ein weites Feld für vergleichende makroökonomischen Studien; sowohl Studien mit einfacher faktischer Information über Entwicklungen und Größenordnungen als auch die Darlegung politischer Optionen und ihren quantitativen Implikationen würde erheblich zu einer Versachlichung des wirtschaftspolitischen Dialogs beitragen.

Beispiele für Untersuchungs- und Diskussionsgegenstände könnten sein:

a) Wie wurde in den einzelnen Ländern die Reduzierung der Budgetdefizite seit Beginn der 90er Jahre erreicht: Ausgabenkürzungen, Steuer- und Abgabenerhöhungen, mechanische Effekte wie z. B. Verringerung der Zinslast durch die WWU selbst, konjunkturbedingte Steuermehreinnahmen; wie sind diese Entwicklungen zu beurteilen?

b) Der Anteil der öffentlichen Investitionen am BIP sank im Konsolidierungsprozess deutlich; welche statistischen Probleme gibt es in diesem Bereich; wie müssten sich die öffentlichen Investitionen entwickeln, wenn die Gemeinschaft dauerhaft auf einen Wachstumspfad einschwenkt, der ausreicht, um das Beschäftigungsproblem mittel- und längerfristig zu lösen?

c) Der Stabilitäts- und Wachstumspakt sieht für die nächsten Jahre in den Mitgliedstaaten Budgetdefizite in der Nähe von Null oder leichte Budgetüberschüsse vor. Ist dieses Ziel mittel- und längerfristig ausreichend, wenn die Gemeinschaft auf einen investitionsgetragenen, deutlich höheren Wachstumspfad einschwenkt, der einen signifikanten Anstieg der Investitionsquote voraussetzt (Anstieg der Investitionsquote in den 90er Jahren in den USA + 4 %-Punkte des BIP, in IRL + 10 %-Punkte des BIP)?

Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Anteil der privaten Ersparnis am BIP (private Haushalte und Unternehmen) am BIP in der Gemeinschaft traditionell sehr stabil ist (bei etwa 21 % des BIP) und dass die Gemeinschaft wohl ein umfangreiches und dauerhaftes Leistungsbilanzdefizit vermeiden sollte (Leistungsbilanz 2000 in USA: - 4,1 % des BIP, in EUR - 15: + 0,1 % des BIP).

d) Welches waren in der Gemeinschaft und in den Mitgliedstaaten die Bestimmungsgründe für den kräftigen Anstieg der Sozialversicherungsabgaben und -Leistungen in % des BIP seit Anfang der 70er Jahre: großzügigere Leistungen der Sozialversicherungssysteme oder Verringerung der Zahl der Beitragszahler und Anstieg der Zahl der Leistungsempfänger im Vergleich zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Wie würden sich ceteris paribus die Abgaben und Leistungen der Sozialversicherungssysteme in % des BIP entwickeln, wenn die Gemeinschaft mittel- und längerfristig die Erwerbstätigenquoten realisieren würde, die der Europäische Rat von Lissabon als Referenzwerte festgelegt hat?

e) In praktisch allen Ländern der Gemeinschaft sind zum Teil umfangreiche Reformen im Bereich der öffentlichen Finanzen im Gange, die sowohl die Struktur der Einnahmen als auch die Struktur der Ausgaben und die Höhe des Staatsanteils am BIP betreffen. Wie können diese Reformen synthetisch dargestellt werden? Sind sie mit den "Grundzügen der Wirtschaftspolitik" vereinbar? Welche Argumente sprechen für und gegen eine stärkere Koordinierung dieser Reformen auf Gemeinschaftsebene?

3.2.3. Lohnpolitik und die Entwicklung der Lohnkosten und Lohneinkommen

Als makroökonomische Variable haben in der Gemeinschaft die gesamten Lohnkosten im Sinne der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (d. h. einschließlich aller Beiträge zur Sozialversicherung) mit rund 50 % des BIP etwa ein Gewicht wie die öffentlichen Haushalte. Gleichzeitig ist aber die Lohnentwicklung auch ein wichtiger Bestimmungsfaktor für die Entwicklung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und insbesondere des privaten Verbrauchs. Ihre Entwicklung wird - mit Unterschieden nach Ländern - im Wesentlichen von autonomen Sozialpartnern bestimmt. Wegen ihres makroökonomischen Gewichts und der bestehenden Interdependenzen mit der Geld- und Haushaltspolitik sowie mit Inflation, Wachstum und Beschäftigung liegt die Beobachtung und Beurteilung der Entwicklung dieser makroökonomischen Variablen im allgemeinen Interesse. Obwohl die europäischen Sozialpartner in ihren gemeinsamen Stellungnahmen der letzten 10 bis 15 Jahre einen beachtlichen Konsens über die angemessene Lohnentwicklung im gesamtwirtschaftlichen Kontext entwickelt haben und obwohl die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der Gemeinschaft allgemein gehaltene Empfehlungen zur makroökonomischen Lohnentwicklung enthalten, mangelt es in der wirtschaftspolitischen Diskussion oft an einer Kenntnis der Fakten und Größenordnungen, der Zusammenhänge und der bestehenden Probleme.

Beispiele für informative Darstellungen und für problembezogene Analysen könnten sein:

a) Synthetische und faktische Darstellung für die Gemeinschaft und für die Mitgliedsländer, wie sich seit den 60er bis Anfang der 80er Jahre die makroökonomische Lohnanpassung vollzogen hat (Reaktion auf Ölschocks, auf Verlangsamung des Produktivitätstrends, auf Währungsturbulenzen). Das gilt auch für die Anpassung an niedrigere Inflationsraten, Überwälzung der gestiegenen Lohnnebenkosten auf die Nettolöhne, Erhöhung der Gewinnmargen und den kräftigen Anstieg der Rentabilität in den 80er und 90er Jahren. Gemessen in % des BIP ist der Umfang der makroökonomischen Lohnanpassung eher noch umfangreicher als die Budgetkonsolidierung der 90er Jahre (für EU-15: 5 bis 10 %-Punkte des BIP, für IRL: 15 bis 20 %-Punkte des BIP).

b) Vergleichende Analyse der Entwicklung der Rentabilität in der EG, den Mitgliedsstaaten sowie USA und Japan 1960 bis 2000; Analyse der Bestimmungsgründe (reale Lohnstückkosten, Kapitalproduktivität), der Konvergenz auf Gemeinschaftsebene (Ausnahmen IRL, Lux) und in Richtung USA, Diskussion der Argumente für und wider einen weiteren signifikativen Rentabilitätsanstieg in der Gemeinschaft.

c) Darstellung und quantitative Veranschaulichung eines einfachen Schemas zur Beurteilung der makroökonomischen Lohnentwicklung in der WWU (Löhne pro Kopf und nominale Lohnstückkosten für Preisentwicklung, Reallohnentwicklung (plus Beschäftigung und Sparquote) für Verbrauchernachfrage, relative nominale Lohnstückkosten für Wettbewerbsfähigkeit, reale Lohnstückkosten für Rentabilität).

d) Welche Unterschiede der makroökonomischen Lohnentwicklung sind zwischen den an der Währungsunion teilnehmenden Ländern möglich und ökonomisch gerechtfertigt? (Beispiele: Unterschiede in der Produktivitätsentwicklung, in der WWU notwendige Anpassungen des Preis- und Kostenniveaus einzelner Länder, reale Aufholprozesse und relativer Preis der Dienstleistungen (IRL)). Was sind die möglichen Folgen nicht gerechtfertigter Divergenzen der Lohnentwicklung?

e) Untersuchungen zur Frage, wie sich die Lohnfindungssysteme und die Organisation der Sozialpartner (Sozialpartnerschaft) auf die makroökonomische Lohnentwicklung auswirken und Stand der Diskussion über die Notwendigkeit der stärkeren Lohndifferenzierung nach Regionen, Qualifikationen und eventuell Sektoren. Beispiele aus der EU und den USA.

3.3. Die Überwindung des allgemeinen Wachstums- und Beschäftigungspessimismus

Als Vertretung aller wichtigen wirtschaftlichen und sozialen Gruppen könnte der WSA hier einen wichtigen eigenständigen Beitrag leisten. Frage nach den Ursprüngen des Wachstumspessimismus:

- Begründeter Wachstumspessimismus: So lange dieses oder jenes Grundproblem nicht gelöst ist, ist ausreichendes Wachstum nicht möglich. (Gilt das noch? - Wohl kaum!)

- Naiver Wachstumspessimismus: Warum sollte in den nächsten 10 Jahren möglich sein, was in den letzten 25 Jahren nicht möglich war ? (Ist das eine rationale Haltung?)

- Umweltbedingte Wachstumsskepsis.

Wie kann dieser Pessimismus überwunden werden:

- durch Erkenntnis, dass die wichtigsten Hemmnisse überwunden sind;

- durch Erkenntnis der Chancen, die sich für die Gesellschaft insgesamt und für die einzelnen wirtschaftlichen und sozialen Gruppen ergeben (Aufgaben der einzelnen Gruppen: KMU, Dienstleistungsentwicklung, etc.);

- zur Überwindung der umweltbedingten Wachstumsskepsis ist die entschlossene und glaubwürdige Umsetzung der Agenda 21 (Rio) von besonderer Bedeutung; außerdem ist das künftige von Dienstleistungen und der Anwendung neuer Technologien getragene Wachstum weniger umweltbelastend als das traditionelle Industriewachstum.

4. Empfehlungen des WSA

Im Rahmen der Gemeinschaftskonstruktion ist der Wirtschafts- und Sozialausschuss der Ort, an dem die Interessen der verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Gruppe artikuliert und soweit als möglich zu einem Konsens zusammengeführt werden. Da er über Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertreter hinaus in der dritten Gruppe einen breiten Fächer der Zivilgesellschaft repräsentiert, hat er die Möglichkeit, eine umfassend integrierende Rolle zu spielen.

Die Tätigkeit des WSA wirkt in beide Richtungen: (1.) Interessenvertretung gegenüber den Gemeinschaftsinstitutionen wie Kommission, Rat und Parlament, aber auch (2.) Übermittlung der Problematik, der Diskussion und der gemeinsamen Ideen auf Gemeinschaftsebene in die eigenen Organisationen und Verbände.

Die vorliegende Stellungnahme enthält zahlreiche Anregungen für "vergleichende Studien über makroökonomische Leistungen", die in den wirtschaftspolitischen Gesamtansatz eingeordnet sind. Die Durchführung solcher Studien würde es ermöglichen, das Verständnis für makroökonomische Zusammenhänge und Größenordnungen zu stärken, den Dialog zwischen und innerhalb der verschiedenen Gruppen zu versachlichen und den Konsens über die makroökonomisch angemessenen Verhaltensweisen und Politiken zu verbessern (vgl. Punkt 1.3).

Fortschritte in dieser Richtung würden nicht nur die Qualität und das Gewicht der Stellungnahmen des Wirtschafts- und Sozialausschusses weiter verbessern, sondern auch das Gesamtklima für die Durchführung einer gesunden makroökonomischen Politik in der Gemeinschaft günstig beeinflussen.

Der Wirtschafts- und Sozialausschuss wird sich bemühen, in Zukunft diese Aspekte in seinen Stellungnahmen zur allgemeinen Wirtschaftspolitik und zur makroökonomischen Politik verstärkt zu berücksichtigen. Er fordert die Kommission auf, regelmäßig zu allen wichtigen wirtschaftspolitischen Dokumenten die Stellungnahme des WSA so rechtzeitig einzuholen, damit sie auch dem Rat übermittelt werden kann.

Der WSA beabsichtigt, regelmäßig mit der Kommission darüber zu beraten, welche "vergleichenden Studien über makroökonomische Leistungen" im Arbeitsprogramm der betreffenden Dienststellen der Kommission eine besondere Priorität erhalten sollen.

Darüber hinaus beabsichtigt der WSA zu diesen Fragen Expertenanhörungen und Seminare zu veranstalten, an denen neben Vertretern der Kommission, des Parlamentes und des Rates auch hochrangige Experten der Sozialpartner und aus dem akademischen Bereich teilnehmen sollten.

Der WSA ist der Ansicht, dass die öffentliche und professionelle Diskussion makroökonomischer Fragen die Chancen vergrößert, im Stabilitätsrahmen der WWU dauerhaftes Wachstum, höheren Wohlstand und letztlich Vollbeschäftigung zu erreichen, wobei sich zugleich weitreichende und positive Folgen im Bereich der Sozial- und Allgemeinpolitik ergäben.

Brüssel, den 1. März 2001.

Der Präsident

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) Der WSA hat im Februar 2001 eine Stellungnahme zu den Grundzügen der Wirtschaftspolitik für 2000 verabschiedet.

(2) Im Hinblick auf den Europäischen Rat von Lissabon hat der WSA die Stellungnahme "Beschäftigung, Wirtschaftsreform und sozialer Zusammenhalt - Für ein Europa der Innovation und des Wissens" ausgearbeitet (vgl. ABl. C 117 vom 26.4.2000, S. 62).

(3) ABl. C 140 vom 18.5.2000, S. 44.

(4) Erwerbspersonen = Erwerbstätige plus Arbeitslose.

(5) Zu Fragen des Arbeitsmarktes und der europäischen Beschäftigungsstrategie nimmt der WSA regelmäßig Stellung; folgende Dokumente seien in diesem Zusammenhang erwähnt: insbesondere Punkt 3.1.2.2; ABl. C 209 vom 22.7.1999, S. 60; ABl. C 368 vom 20.12.1999, S. 31; ABl. C 19 vom 21.1.1998, S. 108; ABl. C 355 vom 21.11.1997, S. 64.

(6) ABl. C 14 vom 16.1.2001.

(7) Zur Vereinfachung wird die Überlegung für die gegenwärtige Gemeinschaft der 15 angestellt. Mutatis mutandis gelten diese Überlegungen aber auch für eine erweiterte Gemeinschaft.

(8) Zur demographischen Entwicklung und zur Problematik der "Älteren Arbeitnehmer" hat der WSA kürzlich Stellung genommen; ABl. C 14 vom 16.1.2001.

(9) Wie stark sich relative Wohlstandspositionen bei starkem Wachstum von BIP und Beschäftigung verschieben können zeigt das Beispiel Irlands; BIP pro Kopf in KKS: 1986: 65,3; 2000: 114,3; EUR 15 = 100.

(10) In diesem Zusammenhang sollte auch angemerkt werden, dass das Wachstum des Produktionspotentials statistisch nur schwer zu messen ist. Verschiedene Beobachtungen (z. B. USA in den 90er Jahren) und Plausibilitätsüberlegungen (New economy, Entwicklung des Dienstleistungssektors, größere Anpassungsfähigkeit der Wirtschaft, steigende Kapitalproduktivität etc.) deuten darauf hin, dass das Wachstum des Produktionspotentials vielleicht stärker ist, als üblicherweise angenommen wird. Dies würde ein kräftigeres BIP-Wachstum ohne inflationäre Spannungen ermöglichen. Der WSA hält vergleichende Studien zu diesem Problemkreis von besonderem Interesse.