52001DC0416

Mitteilung der Kommission an den Rat, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und das Europäische Parlament - Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und sozialere Ausrichtung der Politik im Kontext der Globalisierung /* KOM/2001/0416 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS UND DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT - Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und sozialere Ausrichtung der Politik im Kontext der Globalisierung

Inhalt

1. Einleitung

2. Internationale Entwicklungen zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen

2.1. Auf dem Weg zu einer sozialeren Ausrichtung der Politik im internationalen Maßstab

2.1.1. Anerkennung der Universalität der grundlegenden Arbeitsnormen: Der Weltgipfel zur sozialen Entwicklung von 1995

2.1.2. Stärkung der grundlegenden Arbeitsnormen in der ILO: Die Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit von 1998

2.1.3. Ein Blick auf den größeren Zusammenhang: Die Schaffung einer ILO-Arbeitsgruppe über die soziale Dimension der Globalisierung

2.1.4. Der handelspolitische Kontext: Die WTO-Ministererklärung von Singapur 1996

2.1.5. Eine komplexe Beziehung: Die OECD-Studie über Welthandel und grundlegende Arbeitsnormen

2.1.6. Entwicklung internationaler Verhaltenskodizes: auf dem Weg zu einer sozialen Verantwortung der Unternehmen

3. Die Grundüberzeugungen des EU-Konzepts

3.1. Arbeitsnormen als Schlüsselelement der EU-Sozialpolitik

3.2. Ablehnung sanktionsgestützter Konzepte in der Handelspolitik

3.3. Armutsbekämpfung und Achtung der Grundrechte in der Entwicklungshilfe und bilateralen Abkommen

4. Eine EU-initiative, um internationale Aktionen voranzubringen

5. Elemente weiterer Maßnahmen in der EU und auf internationaler Ebene

5.1. Stärkung der internationalen Handlungsebene

5.1.1. Die ILO-Instrumente wirksamer machen

5.1.2. Mehr Unterstützung für multilaterale technische Hilfe, auch im Rahmen der ILO

5.1.3. Schaffung eines Forums für einen internationalen Dialog

5.2. Bündelung der politischen Instrumente der EU

5.2.1. Verstärkung der Handelsanreize: Das allgemeine Präferenzsystem (APS)

5.2.2. Bilaterale Beziehungen: Abkommen, Unterstützung und Kapazitätenausbau

5.2.3. Bessere Nutzung von Nachhaltigkeitsprüfungen

5.3. Private und freiwillige Regelungen zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen: Sozialgütesiegel und wirtschaftliche Verhaltenskodizes

6. Schlussfolgerungen

7. Anhänge

1. Einleitung [1]

[1] Die vorliegende Mitteilung ergänzt die Untersuchung in der Mitteilung der Kommission von 1996, die sich auf das Handelssystem und international anerkannte Arbeitsnormen konzentrierte, KOM(96)402 endg./2 vom 4. September 1996.

Den komplexen Berührungspunkten zwischen Globalisierung und Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen wird immer mehr Aufmerksamkeit geschenkt. Die Bürger spüren, dass ein gerechtes globales Wirtschaftssystem die soziale Entwicklung und die Grundrechte fördern sollte und dass unser gegenwärtiges Governance-Modell diesen Fragen nicht angemessen Rechnung trägt. In der europäischen Öffentlichkeit genießt die Frage unvermindert hohes Interesse. Darin spiegelt sich ein schärferes Bewusstsein für die Auswirkungen der Globalisierung, ein größeres Interesse für Wirtschafts beziehungen zum Nutzen aller Beteiligten sowie die Erkenntnis wider, dass Handel und Investitions ströme der breiten Bevölkerung zugute kommen und diejenigen unterstützen sollten, die am Produktionsprozess beteiligt sind und zum Wirtschaftswachstum beitragen. Das wachsende öffentliche Interesse fußt auf der Anerkennung der Universalität der grundlegenden Arbeitsnormen und zielt nicht darauf ab, den komparativen Vorteil von Entwicklungsländern mit niedrigem Lohnniveau in Frage zu stellen. Die Förderung von Grundrechten und nachhaltiger Entwicklung als Kernziel spiegelt sich in der Stellungnahme der EU wider, die in den Schlussfolgerungen des Rates von 1999 [2] dargelegt wurde.

[2] Die Schlussfolgerungen finden sich in Anhang 1 dieser Mitteilung.

In Europa selbst werden die strategischen Ziele der Wirtschafts- und Sozialpolitik der EU nunmehr von der Erkenntnis untermauert, dass nachhaltige Wirtschaftentwicklung und sozialer Zusammenhalt Hand in Hand gehen, was bedeutet, dass die grundlegenden Arbeitsnormen eingehalten werden müssen. In der Tat bildet die Idee der gegenseitigen Verstärkung von Sozial- und Wirtschaftspolitik den Kern der beim Europäischen Rat von Nizza im Dezember 2000 verabschiedeten sozialpolitischen Agenda der EU. Darüber hinaus werden diese Themen in der Strategie der EU für nachhaltige Entwicklung behandelt, einschließlich in der Mitteilung über den Beitrag der Union zur globalen nachhaltigen Entwicklung, die die Kommission, wie beim Europäischen Rat von Göteborg vereinbart, im Januar 2002 vorlegen wird.Die bestehenden internationalen wirtschaftlichen und sozialen Regelungen und Strukturen weisen auf globaler Ebene ein Ungleichgewicht auf [3]. ,Global Governance" hat sich im Marktbereich schneller entwickelt als im Bereich der Sozialpolitik. Der auf ratifizierte Überein kommen beschränkte Durchsetzungs mechanismus der ILO ist nur eingeschränkt wirksam. Im Vergleich dazu ist die Welthandels organisation (WTO), die ein regelgestütztes System und verbindliche Streitschlichtungs mechanismen besitzt, eine starke und relativ effektive Organisation. Diese relative Stärke der WTO hat Forderungen ausgelöst, sie solle auch in Bereichen außerhalb des Handels tätig werden und ihre politischen Steuerungs mechanismen in anderen Bereichen wie Arbeits normen und Umwelt ausbauen. Indes ist die ILO die für Arbeitsnormen und deren Formulierung zuständige Organisation und muss dies auch bleiben, und im Zuge der Herstellung eines neuen Gleichgewichts im globalen System sollte die soziale Säule gestärkt werden, indem bei den ILO-Mechanismen und nicht bei der WTO angesetzt wird.

[3] UN-Generalsekretär Kofi Annan führte in seinem Bericht beim Millenniumsgipfel aus, dass "... in den letzten Jahrzehnten ein Ungleichgewicht entstanden ist zwischen den erfolgreichen Bemühungen um die Schaffung starker und ordentlich durchgesetzter Regeln zur leichteren Expansion der globalen Märkte und der hinterherhinkenden Unterstützung für gleichwertige soziale Ziele, seien es Arbeitsnormen, Umwelt, Menschenrechte oder Armutsbekämpfung".

Diese umfassenderen Aspekte globaler Governance an sich reichen über den Gegenstand dieser Mitteilung hinaus, doch sie haben Auswirkungen auf die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen. Diese Überlegungen helfen uns, die Dynamik der internationalen Entwicklungen der letzten zehn Jahre in diesem Bereich zu verstehen und Wege zu finden, die soziale Entwicklung im Kontext der Globalisierung voranzubringen. Insbesondere untermauern sie die enge Verflechtung zwischen Handel und Investitionen, Wirtschafts wachstum und sozialer Entwicklung und die Notwendigkeit, diese Fragen in ihrer Gesamtheit anzugehen. Dazu ist ein übergreifendes Konzept zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen erforderlich.

In der vorliegenden Mitteilung soll eine Strategie zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und zur sozialeren Ausrichtung der Politik vorgelegt werden, damit der Beitrag der Globalisierung zur sozialen Entwicklung und zur Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen gestärkt werden kann. Im Rahmen einer solchen Strategie werden in verschiedenen Politikfeldern auf internationaler und europäischer Ebene Instrumente vorgeschlagen, so dass ein umfassendes, übergreifendes Konzept entsteht.

2. Internationale Entwicklungen zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen

2.1. Auf dem Weg zu einer sozialeren Ausrichtung der Politik im internationalen Maßstab

Internationale Diskussionen über die Berührungspunkte zwischen Globalisierung und sozialer Entwicklung sind auf verschiedenen Plattformen, u.a. beim Millenniumsgipfel, mit unterschiedlicher Geschwindigkeit vorangetrieben worden. [4] Diese Diskussionen zeigen, dass die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen generell unterstützt wird und die soziale Entwicklung als wesentliche Komponente einer nachhaltigen Entwicklung größere Anerkennung findet. Ferner unterstreichen sie deutlich die Schwierigkeit, im Umgang mit der Verflechtung von handels- und sozialpolitischen Fragen die Anliegen aller Parteien angemessen zu berücksichtigen. Die größte Sorge gilt der Möglichkeit, die Verknüpfung von handels- und sozialpolitischen Fragen zu protektionistischen Zwecken zu missbrauchen oder dadurch dem häufigeren Rückgriff auf Handelssanktionen Tür und Tor zu öffnen. Es ist ferner erwähnenswert, dass in den letzten Jahren private freiwillige Initiativen zur Förderung der Umsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen zugenommen haben, die entweder von den Unternehmen selbst entwickelt wurden oder auf die Unterstützung von deren Aktivitäten abzielten. Neben den Maßnahmen, in die Regierungen und andere öffentliche Akteure einbezogen sind, kann das als Beitrag zur Verbesserung der Governance-Strukturen im Sozialbereich und zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen gewertet werden. Die Kommission hat mit ihrem Grünbuch über die "Förderung eines europäischen Rahmens für die soziale Verantwortung der Unternehmen" eine Debatte über solche Initiativen eingeleitet. [5]

[4] Ein Überblick über die internationalen Entwicklungen und Aktivitäten findet sich im ILO-Papier für die Arbeitsgruppe über die sozialen Dimensionen der Globalisierung im November 2000: Entwicklungen in anderen Organisationen: Überblick über die Entwicklungen in anderen internationalen Organisationen und Gremien von Bedeutung für die Arbeit der Arbeitsgruppe, GB.279/WP/SDG/1.

[5] KOM(2001)x vom 18. Juli 2001.

2.1.1. Anerkennung der Universalität der grundlegenden Arbeitsnormen: Der Weltgipfel zur sozialen Entwicklung von 1995

Im Rahmen des Weltgipfels zur sozialen Entwicklung wurde die soziale Dimension der Globalisierung erstmals auf höchster politischer Ebene thematisiert und die soziale Komponente der nachhaltigen Entwicklung in vollem Umfang anerkannt.

In der Kopenhagener Erklärung zur sozialen Entwicklung anerkannten die Teilnehmerstaaten, dass die Globalisierung [6] Möglichkeiten eines nachhaltigen Wirtschaftswachstums und der Entwicklung der Weltwirtschaft sowie des Erfahrungsaustauschs und der gegenseitigen Bereicherung mit Idealen, kulturellen Werten und Zielen eröffnet. Zugleich gelangten sie zu der Erkenntnis, dass Armut, Arbeitslosigkeit und soziale Ausgrenzung allzu häufig Begleiter scheinungen von Wandlungs- und Anpassungsprozessen waren. In der Kopenhagener Erklärung wird die Steuerung des Globalisierungsprozesses im Sinne einer Mehrung seiner Vorteile und einer Abfederung seiner potenziell negativen Auswirkungen auf die Menschen als Herausforderung benannt.

[6] Definiert als "eine Folge größerer Mobilität der Menschen, verstärkter Kommunikation, des hohen Anstiegs von Handel und Kapitalbewegungen und technologischer Entwicklungen", Kopenhagener Erklärung über soziale Entwicklung und Aktionsprogramm des Weltgipfels über soziale Entwicklung vom 12. März 1995.

Mit dem Aktionsprogramm [7] haben sich die Regierungen verpflichtet, "die Grundrechte der Arbeitnehmer zu schützen und deren Achtung zu fördern: das Verbot von Zwangsarbeit und Kinderarbeit, die Koalitionsfreiheit und das Recht auf Tarifverhandlungen, die gleiche Entlohnung von Mann und Frau für gleichwertige Arbeit und die Nichtdiskriminierung am Arbeitsplatz, die vollständige Umsetzung der ILO-Übereinkommen für Staaten, die Vertragsparteien sind, und die Berücksichtigung der in diesen Übereinkommen nieder gelegten Grundsätze für Staaten, die nicht Vertragsparteien sind, um so ein wirklich anhaltendes Wirtschaftswachstum und eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen." Damit wurden auf dem Gipfel erstmals die grundlegenden Arbeitsnormen festgelegt, eine Einigung über deren Universalität erzielt und alle Regierungen in die Verantwortung genommen, nicht nur diejenigen, die die einschlägigen Übereinkommen unterzeichnet haben.

[7] Absatz 54 b): Erweiterung produktiver Beschäftigung und Verringerung der Arbeitslosigkeit, größere Qualität von Arbeit und Beschäftigung.

2.1.2. Stärkung der grundlegenden Arbeitsnormen in der ILO: Die Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit von 1998

Zusammen mit der Dynamik infolge der OECD-Studie von 1996 und der Erklärung der WTO-Ministerkonferenz in Singapur lieferte der Kopenhagener Gipfel die Basis für die Verabschiedung der Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit von 1998 [8]. Mit dieser Erklärung ist die universelle Anerkennung der grundlegenden Arbeitsnormen einen wichtigen Schritt vorangekommen. Besonders interessant an diesem Übereinkommen ist, dass alle ILO-Mitglieder, einschließlich derer, die die einschlägigen Übereinkommen nicht ratifiziert haben, durch ihre Mitgliedschaft in der ILO verpflichtet sind, die Prinzipien, die die grundlegenden Rechte in den ILO-Übereinkommen betreffen, zu fördern und zu verwirklichen. Kernziel der Erklärung war es sicherzustellen, das die grundlegenden Arbeitsnormen universell anerkannt und angewandt werden, so wie es beim Kopenhagener Gipfel und in der Erklärung selbst zum Ausdruck gebracht wurde.

[8] Von der internationalen Arbeitskonferenz auf ihrer 86. Sitzung am 18. Juni 1998 beschlossen. Diese wichtige Entwicklung wurde anlässlich der Kopenhagen+5 Konferenz im Jahr 2000 in Genf anerkannt und unterstützt, bei der sich die Teilnehmer verpflichteten, die in der ILO-Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und ihre Folgemaßnahmen anzuerkennen, zu fördern und zu verwirklichen.

In der Erklärung von 1998 werden die vier grundlegenden Arbeitsnormen bestätigt, die der Kopenhagener Gipfel festgelegt hat:

1. Koalitionsfreiheit und tatsächliche Anerkennung des Rechts auf Tarifverhandlungen

2. Abschaffung aller Arten von Zwangs- oder Pflichtarbeit

3. Tatsächliche Abschaffung der Kinderarbeit

4. Abschaffung von Diskriminierungen im Hinblick auf das Arbeits- bzw. Beschäf tigungs verhältnis.

Diese vier grundlegenden Arbeitsnormen werden gegenwärtig von acht ILO-Übereinkommen erfasst [9].

[9] Die acht ILO-Übereinkommen und die derzeitige Anzahl der Ratifikationen in den Reihen der ILO-Mitglieder sind in Anhang 2 aufgeführt.

Die Erklärung von 1998 führte darüber hinaus zur Förderung der universellen Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen einen Follow-up-Mechanismus ein, der für alle ILO-Mitglieder gilt, auch für diejenigen, die die einschlägigen ILO-Übereinkommen nicht ratifiziert haben. Dieser Follow-up-Mechanismus soll die Mitglieder in ihren Bemühungen unterstützen und tritt zu dem in der ILO-Verfassung für die Anwendung ratifizierter Übereinkommen vorgesehenen Überwachungsmechanismus hinzu sowie zu dem besonderen Verfahren zur Koalitionsfreiheit, das bereits für Staaten galt, die nicht ratifiziert hatten.

Instrumente, die der ILO zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen zur Verfügung stehen

1. Der Überwachungsmechanismus

a) Regelmäßige Berichterstattung über die Umsetzung ratifizierter ILO-Übereinkommen

Alle zwei bis fünf Jahre legen die Mitglieder in einem Bericht dar, welche Schritte sie zur Umsetzung der ratifizierten Übereinkommen eingeleitet haben. Die Berichte werden von einem Expertenausschuss (CEACR) geprüft, der besondere Probleme herausgreifen und zusätzliche Informationen anfordern kann. Obwohl die Berichte alle ILO-Übereinkommen abdecken, beziehen sich die Bemerkungen des CEACR immer häufiger auf die Umsetzung der grundlegenden ILO-Übereinkommen. Zusätzlicher Erwartungsdruck kann durch die jährliche internationale Arbeitskonferenz über den dreigliedrigen Ausschuss für die Anwendung von Übereinkommen und Empfehlungen ausgeübt werden.

b) Beschwerdeverfahren

Zusätzlich zu den regulären Überwachungsinstrumenten sieht die ILO-Verfassung spezifischere Handlungswege vor. So können ILO-Mitglieder gemäß Artikel 26 Beschwerden einbringen und die Organisationen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern haben gemäß Artikel 24 in ähnlicher Weise die Möglichkeit, Protest einzulegen. Das Verfahren kann in die Einrichtung einer Untersuchungskommission münden, die sich aus Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern und der ILO zusammensetzt. Unterlässt ein Staat die Umsetzung der Empfehlungen der ILO-Untersuchungskommission, kann die ILO gegebenenfalls Artikel 33 anwenden. Danach kann der Verwaltungsrat der ILO der internationalen Arbeitskonferenz im Falle schwerer und anhaltender Verstöße empfehlen, für die Einhaltung der Empfehlungen der Untersuchungskommission zu sorgen.

Im Juni 2000 griff die internationale Arbeitskonferenz auf Artikel 33 zurück, weil Birma/ Myanmar den ILO-Empfehlungen zur tatsächlichen Abschaffung der Zwangsarbeit nicht nachgekommen war. Damit griff die Konferenz zum ersten Mal in der 81-jährigen Geschichte der ILO zu solchen Maßnahmen. In der Entschließung wurde den Mitgliedern der Organisation empfohlen, angesichts der Schlussfolgerungen der Untersuchungskommission ihre Beziehungen zu dem betreffenden Mitgliedstaat zu überprüfen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um sicherzustellen, dass das Mitglied diese Beziehungen nicht zur Weiterführung oder Ausweitung des Systems der Zwangsarbeit nutzen kann. Ferner wurden die internationalen Organisationen ersucht, im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und angesichts der Schlussfolgerungen der Untersuchungskommission jede mögliche Kooperationsform mit dem betreffenden Mitglied zu überprüfen und gegebenenfalls schnellstmöglich jede Aktivität einzustellen, die der Praxis der Zwangsarbeit direkt oder indirekt Vorschub leisten könnte. Der Zusammenhang zwischen den von Mitgliedern eventuell in diesem Rahmen ergriffenen handelspolitischen Maßnahmen und den WTO-Regeln, insbesondere den GATT-Artikeln XX und XXI, muss noch geklärt werden.

2. Folgemaßnahmen zur Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit von 1998

a) Berichterstattung über die grundlegenden Arbeitsnormen und -rechte durch die Staaten, die nicht ratifiziert haben

Als Folgemaßnahme zur Erklärung von 1998 wurde eine jährliche Berichterstattungspflicht eingeführt, in deren Rahmen Staaten, die die grundlegenden Übereinkommen nicht ratifiziert haben, darlegen müssen, welche Schritte sie zur Förderung der Prinzipien dieser Übereinkommen unternommen haben. Die Eingänge werden jährlich in einem Jahresbericht veröffentlicht. Arbeitgeber- und Arbeitnehmergruppen können dazu Stellung beziehen, wenngleich von dieser Möglichkeit bislang nur wenig Gebrauch gemacht wurde. Außerdem kann sich eine Expertengruppe über die Berichte der Länder äußern. Bislang werden diese Berichte noch nicht von allen Ländern erstellt.

b) Gesamtbericht

Gemäß der Erklärung von 1998 legt der Generaldirektor der ILO jährlich einen Gesamtbericht über die Staaten, die die einschlägigen Übereinkommen ratifiziert haben und diejenigen, die es nicht getan haben vor; darin werden Entwicklungstrends im Hinblick auf jedes der vier Prinzipien der grundlegenden Arbeitsnormen aufzeigt. Der Bericht 2000 konzentrierte sich auf die Koalitionsfreiheit und Schwerpunkt des diesjährigen Bericht ist die Zwangsarbeit.

3. Technische Hilfe

Technische Hilfe ist für die ILO ein Schlüsselinstrument zur Förderung der Prinzipien und Rechte aus der Erklärung von 1998 und hat in der Vergangenheit zu guten Ergebnissen geführt. Zur ILO-Hilfe zählt die Beratung bei Rechtsreformen, der Aufbau von Kapazitäten von Aufsichtsbehörden und Verwaltungen sowie die Ausbildung von Regierungsbeamten und die Stärkung der Kapazitäten der drei Mitgliederparteien. Technische Hilfe ist in integrierten Programmen häufig mit anderen Elementen verknüpft, wie etwa mit der Überwachung, der Unterstützung für Bildungseinrichtungen und der sozialen Wohlfahrt. Die Bemühungen im Rahmen des Internationalen Programms für die Abschaffung der Kinderarbeit (IPEC), wie etwa in Pakistan, liefern ein Beispiel für ein erfolgreiches, integriertes Programm (siehe Anhang 3).

2.1.3. Ein Blick auf den größeren Zusammenhang: Die Schaffung einer ILO-Arbeitsgruppe über die soziale Dimension der Globalisierung

Die ILO-Arbeitsgruppe über die soziale Dimension der Globalisierung wurde vom Verwaltungsrat der ILO bereits 1994 eingerichtet [10]. Die Arbeitsgruppe untersuchte eine breite Palette an Aspekten der wirtschaftlichen Globalisierung im Rahmen von drei Hauptthemen: (i) Prüfung der verfügbaren Handlungsinstrumente zur Erreichung der sozialpolitischen Zielsetzung der ILO im Kontext der Globalisierung (Stärkung der ,globale Governance"); (ii) Verbesserung des empirischen Wissens über die sozialen Auswirkungen der Globalisierung und (iii) Erörterung der Aktivitäten anderer Organisationen.

[10] Bei ihrer Einrichtung erhielt die Arbeitsgruppe die Bezeichnung "Arbeitsgruppe über die sozialen Dimensionen der Liberalisierung des internationalen Handels", die im Jahr 2000 geändert wurde.

Im März beschloss die Arbeitsgruppe die Ausweitung ihres Mandats und legte folgende Aktivitäten für die Zukunft fest:

"Ziel dieser Übung ist es, den Kenntnisstand der ILO im Hinblick auf die Wechsel wirkung verschiedener Dimensionen der Wirtschafts- und Sozialpolitik im neuen globalen Wirtschaftsrahmen zu vertiefen. Auf dieser Grundlage ließen sich politische Vorschläge formulieren, die die Länder in die Lage versetzen könnten, besser mit den sozialen Auswirkungen der Globalisierung umzugehen. Die Ergebnisse werden zum Dialog und Austausch über Fragen von gemeinsamen Interesse mit anderen internationalen Organisationen beitragen."

Nach Umformulierung ihrer Aufgaben beschäftigte sich die Arbeitsgruppe bei ihrer Sitzung im November mit der Frage, wie sich die Globalisierung auf den sozialen Fortschritt auswirkt und insbesondere mit dem möglichen Entwicklungsbeitrag von Koalitions freiheit und Tarifverhandlungen.

Der Generaldirektor des ILO, Somavía, brachte diese Arbeit bei der Sitzung der Arbeitsgruppe im März 2001 einen weiteren Schritt voran, als er eine Reihe von Möglichkeiten zur Stärkung und zum weiteren Ausbau der Arbeitsgruppe vorschlug. Bei der Internationalen Arbeitskonferenz im Juni 2001 erörterte die Arbeitsgruppe daraufhin Somavías detailliertere Vorschläge zur Stärkung ihrer Tätigkeit. Man einigte sich darauf, dass die technischen Kapazitäten der Arbeitsgruppe gestärkt werden müssen. Darüber hinaus wird das ILO-Sekretariat im November 2001 weitere Vorschläge zur Rolle der Arbeitsgruppe als ein Forum für hochrangigen Dialog und Austausch vorlegen.Der Generaldirektor wird seine Konsultationen im Hinblick auf einige der längerfristigen Optionen der Arbeitsgruppe fortsetzen, insbesondere um Umsetzungsmöglichkeiten des Vorschlags für eine Weltkommission aus herausragenden Persönlichkeiten auszuloten, die zur Erarbeitung eines zuverlässigen Berichts über die soziale Dimension der Globalisierung eingerichtet werden könnte.

2.1.4. Der handelspolitische Kontext: Die WTO-Ministererklärung von Singapur 1996

Das Verhältnis zwischen dem multilateralen Handelssystem und den Arbeitsnormen stand auf der Tagesordnung der Ministerkonferenz in Marrakesch im April 1994, als einige Teilnehmer die WTO ersuchten, weitere Arbeiten zu dieser Frage einzuleiten. Auf der ersten WTO-Ministerkonferenz im Dezember 1996 in Singapur schlugen einige WTO-Mitglieder, darunter die EG, die Einrichtung einer WTO-Arbeitsgruppe vor, die sich mit der Beziehung zwischen Welthandel und Arbeitsbedingungen beschäftigen sollte. Insbesondere die Industrieländer befürworteten diesen Vorschlag, während ihn die meisten Entwicklungsländer ablehnten, weil sie darin versteckten Protektionismus sahen und einen Versuch, unter Hinweis auf Arbeitsnormen Handelsbeschränkungen einzuführen. Das Ergebnis der Diskussion wurde in Absatz 4 der WTO-Ministererklärung von Singapur 1996 aufgegriffen, in dem es heißt:

"Wir erneuern unsere Verpflichtung zur Achtung der international anerkannten grundlegenden Arbeitsnormen. Die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) ist für diese Normen und ihre Formulierung zuständig, und wir bekräftigen, sie in ihrer Arbeit bei deren Förderung zu unterstützen. Wir sind der Auffassung, dass mehr Handel und eine weitere Handelsliberalisierung das Wirtschaftswachstum und die Entwicklung fördern und sich positiv auf diese Normen auswirken. Wir lehnen den Einsatz von Arbeitsnormen zu protektionistischen Zwecken ab und stimmen überein, dass der komparative Vorteil von Ländern, insbesondere von Entwicklungsländern mit niedrigem Lohnniveau, nicht in Frage gestellt werden darf. In dieser Hinsicht stellen wir fest, dass die Sekretariate von WTO und ILO ihre bestehende Zusammenarbeit weiterführen werden."

Die Berührungspunkte von handels- und sozialpolitischen Fragen wurden ferner im Rahmen der dritten WTO-Ministerkonferenz im November 1999 in Seattle diskutiert, als einige Industrieländer die Aufnahme von Handel und Arbeitsnormen in die WTO-Agenda forderten [11]. Die EG-Position zur dritten WTO-Ministerkonferenz in Seattle wurde in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 1999 dargelegt (Wortlaut in Anhang 1). Die Ministerkonferenz in Seattle brachte keine Schlussfolgerungen hervor. Der Gerechtigkeit halber muss gesagt werden, dass die Frage von Handel und Arbeitsnormen sowie das offensichtliche Bestreben wenigstens eines großen WTO-Mitglieds, Arbeitsnormen an Handelssanktionen zu knüpfen, zum Scheitern der Konferenz führten. Allgemein bestätigte der Verlauf der Ministerkonferenz, mit welch großer Sensibilität praktisch alle Entwicklungsländer auf diese Frage reagieren. Trotz dieser Sensibilität gelang es jedoch damals und seitdem, durch informelle Gespräche einen Weg in Richtung eines möglichen internationalen Konsens zur Frage nach der Verknüpfung zwischen Globalisierung, Handel und sozialer Entwicklung zu weisen. Ein solcher Konsens würde höchstwahrscheinlich die folgenden Komponenten umfassen:

[11] Die zweite WTO-Ministerkonferenz bestätigte lediglich die Verpflichtungen und Bewertungen von Singapur und nahm keinen besonderen Bezug auf die Verknüpfung zwischen Handel und Arbeitsnormen.

- einen regelmäßigen Dialog über Handel und soziale Entwicklung

- unter Beteiligung von ILO, WTO, UNCTAD, Weltbank, Regierungen und Zivilge sellschaft;

- die Durchführung von Untersuchungen und Erfahrungsaustausch über die Berührungs punkte zwischen Handel und sozialer Entwicklung, wobei

- Ansätze, die auf Sanktionen beruhen, klar abgelehnt werden.

2.1.5. Eine komplexe Beziehung: Die OECD-Studie über Welthandel und grundlegende Arbeitsnormen

Die OECD-Studie von 1996 über Welthandel und grundlegende Arbeitsnormen lieferte eine nützliche Analyse der Verknüpfung zwischen Handel, Wettbewerbsfähigkeit, Wachstum und grundlegenden Arbeitsnormen. Die Studie konzentrierte sich auf die grundlegenden Arbeitsnormen, die sich im Hinblick auf ihre Substanz und ihre wirtschaftlichen Auswirkungen von den übrigen Arbeitsnormen unterscheiden. Sie kam zu dem Schluss, dass

- der Faktor Nichteinhaltung oder unzureichende Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen in einem Land keinen signifikanten Beitrag zur Steigerung der komparativen Vorteile dieses Landes im Welthandel oder bei der Einwerbung ausländischer Direktinvestitionen leistet, und dass

- eine positive Wechselwirkung zwischen der Liberalisierung des Welthandels und der Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen besteht.

Die aktualisierte Studie aus dem Jahr 2000 bietet einen Überblick über die Entwicklungen seit der Studie von 1996 sowie über die neuere Literatur. Der aktualisierte Bericht bestätigt weitgehend die wichtigsten Ergebnisse der Studie von 1996 (siehe die Hauptelemente der aktualisierten Fassung 2000 in Anhang 4).

2.1.6. Entwicklung internationaler Verhaltenskodizes: auf dem Weg zu einer sozialen Verantwortung der Unternehmen

Multinationale Unternehmen spielen bei der Aufrechterhaltung eines sozial verantwortlichen Unternehmerverhaltens auf den globalen Arbeitsmärkten eine Schlüsselrolle. Die Auswirkungen des Welthandels auf die grundlegenden Arbeitsnormen hängt außerdem von der jeweiligen Innenpolitik der Entwicklungsländer ab. Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich im Wettbewerb internationaler Märkte zu behaupten. Die Kommission ermutigt die Unternehmen besonders dazu, soziale Verantwortung zu zeigen und erkennt dabei den freiwilligen Charakter derartiger Initiativen an. Darüber hinaus sollte die soziale Verantwortung von Unternehmen nach Auffassung der Kommission in Partnerschaft mit allen Beteiligten ausgebaut werden.

2.1.6.1. Die dreigliedrige ILO-Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozial politik

Die ILO hatte 1977 eine dreigliedrige Grundsatzerklärung über multinationale Unternehmen und Sozialpolitik verabschiedet. Die Erklärung wurde im Jahr 2000 angesichts der Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit aktualisiert. Der Wert der Erklärung liegt sowohl in ihrem umfassenden Inhalt - der von den Arbeitsbeziehungen bis hin zu Ausbildung und Beschäftigung alle sozialpolitischen Aspekte abdeckt - als auch in der Tatsache, dass sie sich an einen breiten Kreis wichtiger Wirtschaftakteure richtet, d.h. an multinationale Unternehmen, Regierungen sowie Arbeitgeber- und Arbeit nehmerorga nisationen.

2.1.6.2. Die OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen

Die im Jahr 2000 verabschiedeten OECD-Leitlinien für multinationale Unternehmen sind von zentraler Bedeutung. Sie umfassen eine Reihe Empfehlungen der Regierungen an die multinationalen Unternehmen. Trotz ihres unverbindlichen Charakters werden sie von den OECD-Ländern unterstützt, aus denen die meisten multinationalen Unternehmen stammen. Durch ihr Festhalten am Begriff der sozialen Verantwortung der Unternehmen, ihr Werben für einen Beitrag der Wirtschaft zur sozialen Entwicklung und ihr Eintreten für die Grundrechte der Arbeitnehmer liefern die Leitlinien freiwillige Prinzipien und Standards für verantwortliches unternehmerisches Verhalten in Bereichen wie Beschäftigungsverhältnisse, Arbeitsbeziehungen, Menschenrechte, Umwelt, Wettbewerb, Bekanntgabe von Informa tionen, Besteuerung, Bekämpfung von Bestechung und Verbraucherschutz. Um die Kosten fehlender sozialer Verantwortung der Unternehmen und die Auswirkungen im Hinblick auf die Entwicklungshilfe einzugrenzen, sollte die Umsetzung der Leitlinien unterstützt werden.

Nach Maßgabe der Leitlinien haben die multinationalen Unternehmen zum wirtschaftlichen, sozialen und umweltpolitischen Fortschritt beizutragen, um im Einklang mit den inter nationalen Verpflichtungen des Aufnahmelandes den von ihren Aktivitäten Betroffenen eine nachhaltige Entwicklung zu ermöglichen und die Einhaltung der Menschenrechte zu gewähren. Speziell im Sozialbereich legen die Leitlinien den multinationalen Unternehmen nahe, Verpflichtungen einzugehen, die im Einklang mit den grundlegenden ILO-Überein kommen stehen. Darunter fallen:

- die Achtung des Rechtes der Arbeitnehmer, sich in Gewerkschaften vertreten zu lassen und mit diesen Vertretern konstruktive Verhandlungen zu führen

- der Beitrag zur tatsächlichen Abschaffung der Kinderarbeit

- der Beitrag zur Abschaffung aller Arten von Zwangs- oder Pflichtarbeit

- die Nichtdiskriminierung der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz.

2.1.6.3. Die "Global Contact Initiative" der Vereinten Nationen

Die "Global Contact Initiative" der Vereinten Nationen ist ein weiteres Beispiel eines international empfohlenen Verhaltenskodex für sozial verantwortliches Verhalten von Unternehmen. Sie wurde 1999 zuerst von UN-Generalsekretär Kofi Annan vorgeschlagen, um Wirtschaftsführer zur Förderung und Anwendung von neun Prinzipien zu bewegen, die von internationalen Instrumentarien zur Förderung der Menschenrechte und der Arbeits- und Umweltnormen abgeleitet sind. Wirtschaft, Arbeitnehmer und Zivilgesellschaft haben die Initiative formal im Juli 2000 auf den Weg gebracht. Sie einigten sich in diesem gemeinsamen Rahmen darauf, im Wege des Dialogs und durch operationelle Maßnahmen zusammenzuarbeiten, um die unternehmerische Verantwortung für staatsbürgerliche Aufgaben und die sozialen Säulen der Globalisierung zu stärken.

Hauptziel dieser Initiative, die erstmals Wirtschaft und Zivilgesellschaft im Rahmen der Vereinten Nationen zusammenbringt, ist es, die Privatwirtschaft dazu zu bewegen, sich die neun Kernprinzipien in der unternehmerischen Praxis zu eigen zu machen und umzusetzen sowie die staatlichen Politiken in diesen Bereichen zu unterstützen. Der UN-Generalsekretär hat die Wirtschaft aufgefordert, im Arbeitsbereich "eine globale Führerschaft zu demonstrieren, indem die anständiger Arbeit innewohnenden Werte aufrechterhalten werden. Mithilfe dieser Grundsätze können konstruktive Beziehungen am Arbeitsplatz und in der Gemeinschaft aufgebaut und stabilere Investitionen erreicht werden. Für die Unternehmen ergeben sich Vorteile in der Produktivität, durch einen besseren Ruf und ein kooperatives Arbeitsumfeld, die alle zusammen die Bilanz verbessern können." Die im Arbeitsbereich vorgeschlagenen Prinzipien spiegeln die acht Kernübereinkommen der ILO wider (Die "Global Compact"-Prinzipien sind in Anhang 5 aufgeführt).

3. Die Grundüberzeugungen des EU-Konzepts

Die EU setzt sich seit langem für die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und die soziale Entwicklung im Allgemeinen ein. Die EU selbst stützt sich auf die Achtung der Grundrechte. Die im Dezember 2000 in Nizza proklamierte Charta der Grundrechte der Europäischen Union [12] bestätigt das Ziel der EU, die Grundrechte - einschließlich der grundlegenden Arbeitsnormen - zu fördern und vollständig in alle ihre Politiken und Aktionen zu integrieren.

[12] Einschlägig in diesem Zusammenhang ist insbesondere Kapitel IV zur Solidarität: Artikel 27 über das Recht auf Unterrichtung und Anhörung der Arbeitnehmer im Unternehmen, Artikel 28 über das Recht auf Kollektivverhandlungen und Kollektivmaßnahmen, Artikel 30 über den Schutz bei ungerechtfertigter Entlassung, Artikel 31 über gerechte und angemessene Arbeitsbedingungen und Artikel 32 über das Verbot der Kinderarbeit und den Schutz der Jugendlichen am Arbeitsplatz sowie Kapitel I über die Würde des Menschen Artikel 5, der Sklaverei und Zwangsarbeit verbietet.

3.1. Arbeitsnormen als Schlüsselelement der EU-Sozialpolitik

Wirtschaftlicher Fortschritt und sozialer Zusammenhalt bilden zusammen mit einem hohen Schutzniveau und der Verbesserung der Umweltqualität komplementäre Säulen der nachhaltigen Entwicklung und stehen im Zentrum des europäischen Integrationsprozesses. Die Anhebung des Lebensstandards, die Verbesserung des Beschäftigungsniveaus, der sozialen Absicherung, der Lebens- und Arbeitsbedingungen und die Förderung der Lebensqualität zählten daher zu den Zielen der Europäischen Union. Kürzlich billigte die EU beim Europäischen Rat in Nizza eine sozialpolitische Agenda, die bei der Arbeitsmarktpolitik, den Arbeitsbeziehungen und den Arbeitsbedingungen das Konzept der Qualität als treibende Kraft einer florierenden Wirtschaft ohne Ausgrenzung mit mehr und besseren Arbeitsplätzen fördert.

Die Einhaltung der Arbeitsnormen ist ein integraler Bestandteil des europäischen Sozialmodells und macht einen erheblichen Teil der Rechtsordnung der Gemeinschaft aus, die von Normen über Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz bis hin zur Chancengleichheit und Nicht-Diskriminierung reicht und seit den Anfangsjahren der Gemeinschaft im Ausbau begriffen ist. Was speziell die von der ILO identifizierten grundlegenden internationalen Arbeitsnormen und die Rechte bei der Arbeit betrifft, so gelten diese selbstverständlich in der Gesamtheit der EU-Staaten [13].

[13] Da eine schnelle Ratifikation aller acht ILO-Kernübereinkommen durch alle EU-Mitgliedstaaten angesichts der Verpflichtung der Union zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen eine Selbstverständlichkeit darstellt, hat die Kommission den Mitgliedstaaten in einer Empfehlung vom 15. September 2000 die Ratifikation des jüngsten Kernübereinkommens der ILO (Nr. 182, 1999) nahegelegt.

Die Sozialpartner spielten beim Ausbau der sozialen Dimension der europäischen Integration eine zentrale Rolle, und der soziale Dialog auf europäischer Ebene erweiterte sich schrittweise, so dass die Sozialpartner in der EU heute institutionell eng in die Ausarbeitung einer EU-weiten Sozial- und Beschäftigungspolitik sowie von Rechtsakten einbezogen sind. Ein entscheidender Faktor in den Bemühungen der Gemeinschaft um die sozialen Dimensionen des Strukturwandels war es, den Sozialpartnern selbst die Gelegenheit zu geben, Regeln zu den Fragen vorzuschlagen, die sie im Prozess der wirtschaftlichen und sozialen Integration Europas am meisten betreffen. Darüber hinaus ist im EU-Vertrag bei der Politikformulierung auf europäischer Ebene die Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses vorgesehen, der Vertreter der verschiedenen Bereiche wirtschaftlicher und sozialer Aktivitäten umfasst. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss könnte bei der weiteren Förderung des Dialogs über die in dieser Mitteilung erörterten Fragen eine nützliche Rolle spielen.

3.2. Ablehnung sanktionsgestützter Konzepte in der Handelspolitik

Die Position der EU zu Handel und Arbeitsnormen ist in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 1999 über die Vorbereitung der dritten WTO-Ministerkonferenz dargelegt und stellt weiterhin die Grundlage der EU-Position zu Handel und sozialer Entwicklung dar. [14] In diesen Schlussfolgerungen einigte sich der Rat darauf, dass die EU den Schutz der grundlegenden Arbeitsnormen nachdrücklich unterstützen solle. Weitere Kernelemente der Schlussfolgerungen sind die Unterstützung der Arbeit der ILO sowie ihrer Zusammenarbeit mit der WTO, auch im Rahmen eines regelmäßigen Dialogs; die Unterstützung positiver Aktionen zur Förderung der Achtung der grundlegenden Arbeitsnormen; sowie die klare Ablehnung aller sanktionsgestützten Konzepte.

[14] Die Schlussfolgerungen finden sich in Anhang 1 dieser Mitteilung.

Der Rat bestätigte die kategorische Ablehnung sanktionsgestützter Konzepte durch die EU und erklärte, die EU werde sich allen Initiativen entgegenstellen, die Arbeitsnormen zu protektionistischen Zwecken zu missbrauchen. Darüber hinaus, einigte sich der Rat darauf, dass der komparative Vorteil von Ländern, insbesondere von Entwicklungsländern mit niedrigem Lohnniveau, auf keinen Fall in Frage gestellt werden darf. Ferner wurde in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 1999 eine kohärentere Wirtschaftspolitik auf globaler Ebene als oberstes Ziel benannt. Die Bemühungen um die Verknüpfung zwischen Handel und sozialer Entwicklung sollten im Zusammenhang mit diesem Oberziel gesehen werden, das eine Antwort auf die Sorge um das Ungleichgewicht im ,globale Governance-System" darstellt und die Notwendigkeit einer Stärkung der ILO bestätigt.

3.3. Armutsbekämpfung und Achtung der Grundrechte in der Entwicklungshilfe und bilateralen Abkommen

Armut, schlechte Regierungsführung und ein extensiver informeller Sektor sind oft der Hauptgrund dafür, dass die grundlegenden Arbeitsnormen in den Entwicklungsländern zu wenig umgesetzt werden. In vielen Entwicklungsländern findet ein Großteil der wirtschaftlichen Aktivitäten im informellen Sektor und ohne Regulierung statt. Ärmere Menschen sind sowohl als Arbeitnehmer als auch als Verbraucher stark auf den informellen Sektor angewiesen und folglich tendenziell weniger durch die Übereinkommen über die grundlegenden Arbeits normen geschützt. Ferner sollte berücksichtigt werden, dass ein anhaltendes Wirtschafts wachstum zur Achtung und wirksamen Anwendung von Arbeitsnormen und des sozialen Regelwerks beitragen kann und umgekehrt: Die Stärkung der grundlegenden Arbeitsnormen kann wachstums- und effizienzfördernd wirken.

Das wichtigste entwicklungspolitische Ziel der Gemeinschaft ist die Armutsbekämpfung. Die soziale Entwicklung, zu der Beschäftigung, Zugang zu sozialen Dienstleistungen, soziale Integration und Sozialgesetzgebung zählen, ist ein wesentlicher Bestandteil der Bemühungen um die Minderung der Armut. Aus dem entwicklungspolitischen Ziel der EU, die Armut zu verringern ergibt sich die Unterstützung für eine nachhaltige Entwicklung in der Wirtschaft, im Sozial- und im Umweltbereich. Eine bessere Einbeziehung der grundlegenden Arbeitsnormen stuende im Einklang mit den Oberzielen der gemeinschaftlichen Entwick lungspolitik, die auf den Grundsätzen der nachhaltigen, gerechten und partizipativen menschlichen und sozialen Entwicklung beruht. In ihrer Erklärung vom November 2000 bestätigten Rat und Kommission, dass die im Rahmen der Strategien zur Armutsbekämpfung verfügbaren Handlungsinstrumente der EG so aufeinander abgestimmt werden sollen, dass unter anderem die sozialen Entwicklungsaspekte abgedeckt werden [15].

[15] Gemeinsame Erklärung des Rates und der Kommission vom November 2000 über die Entwicklungspolitik der Gemeinschaft.

Die Kooperationsabkommen zwischen der EG und Drittstaaten erstrecken sich auf den wirtschaftlichen und den sozialen Bereich. Die umfassende Natur dieser Abkommen ermöglicht ein einander ergänzendes Zusammenwirken verschiedener Instrumente im Hinblick auf die Ziele Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung, einschließlich ihrer sozialen Dimension. Diese Ziele finden sich nunmehr in allen Kooperationsabkommen mit Drittländern wieder: Seit 1992 müssen alle zwischen der EG und Drittländern geschlossenen Abkommen als Basiselement eine Menschenrechtsklausel enthalten. Diese umfasst auch die grundlegenden Arbeitsnormen wie sie in den acht Kernübereinkommen der ILO festgelegt sind. Ferner enthalten seit dem Kopenhagener Weltgipfel für soziale Entwicklung 1995 alle Abkommen der EU mit Drittländern auf der gleichen Basis wie der Bezug auf die Menschen rechte einen Hinweis auf die Abschlusserklärung dieses Gipfels.

Das Übereinkommen von Cotonou zwischen der EG und 77 AKP-Staaten aus dem Jahr 2000 stellt einen Fortschritt auf diesem Gebiet dar, denn es enthält eine besondere Bestimmung über Handel und Arbeitsnormen, die die Verpflichtung der Parteien auf die grundlegenden Arbeitsnormen bestätigt [16]. Das Übereinkommen von Cotonou ist ein herausragendes Beispiel für ein umfassendes Konzept, das verschiedene Politikinstrumente integriert: Handel, Entwicklung und politischen Dialog. Die soziale Entwicklung und Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen ist ebenfalls Bestandteil der gesamten Entwicklungsstrategie des Übereinkommens, das als Ziel der Zusammenarbeit vorsieht, "die AKP-Staaten in ihren Anstrengungen zur Entwicklung einer allgemeinen und einer sektorbezogenen Politik und entsprechender Reformen [zu unterstützen], die den Wirkungsbereich der grundlegenden sozialen Infrastruktur und der wichtigsten Sozialleistungen erweitern, ihre Qualität verbessern und den Zugang zu ihnen erleichtern..." und dass die Zusammenarbeit unter anderem der "Förderung partizipativer Methoden des sozialen Dialogs und der Achtung der sozialen Grundrechte" dient. [17]

[16] Titel II: Wirtschaftliche und handelspolitische Zusammenarbeit, Kapitel 5: Handelsrelevante Bereiche, Artikel 50: Handel und Arbeitsnormen. Der Wortlaut ist in Anhang 5 wiedergegeben.

[17] Titel I: Entwicklungsstrategien, Abschnitt 2: soziale und menschliche Entwicklung, Artikel 55: Entwicklung des sozialen Sektors.

4. Eine EU-initiative, um internationale Aktionen voranzubringen

Wie bereits erwähnt, hat die internationale Debatte einen weiten Weg durchlaufen, angefangen von der Grundeinsicht, dass die soziale Entwicklung eine der Säulen der nachhaltigen Entwicklung ist und der Bestätigung der sozialen Dimension der Globalisierung in der Kopenhagener Erklärung für soziale Entwicklung von 1995, über die Singapurer WTO-Ministererklärung 1996 bis hin zur Verabschiedung der ILO-Erklärung über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit 1998.

In diesen Entwicklungen spiegelt sich international eine zunehmende Konvergenz der Erkenntnis wider, dass die vollständige Achtung der grundlegenden Arbeitsnormen erforderlich, dabei jedoch das Risiko jeglichen Missbrauchs durch einseitige protektio nistische Maßnahmen zu vermeiden ist. Indes hat die internationale Gemeinschaft bislang weder geeignete Wege gefunden, die Verknüpfung von Globalisierung, Handel und sozialer Entwicklung anzugehen, noch hat sie alle Möglichkeiten einer wirksamen Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen ausgeschöpft. Die in ihrem Wortlaut sorgfältig abgewogene Erklärung von Singapur und die Ereignisse von Seattle zeigen, wie heikel es ist, sich der Verknüpfung von Handels- und Arbeitsfragen zu stellen. Die Verabschiedung der ILO-Erklärung von 1998 stellt einen bedeutenden Entwicklungsschritt dar, auch im institutionellen Bereich, doch gestaltet sich das Ungleichgewicht zwischen den Säulen Wirtschaft und Soziales im globalen Governance-System im Hinblick auf beide Punkte weiterhin als kompliziert.

Während sich die Sache selbst fortentwickelt hat und eine Einigung über die Universalität der grundlegenden Arbeitsnormen erzielt werden konnte, wurden die zur universellen Verwirklichung dieser Rechte nötigen Instrumente nur bruchstückhaft und eher sporadisch ausgebaut. Die ILO-Instrumente können wirksamer eingesetzt und gegebenenfalls kann deren Ausbau erwogen werden, um eine effiziente Umsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen zu gewährleisten.

Die EU sollte die Stärkung der internationalen und europäischen Instrumente zur Förderung der universellen Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen fördern und die sozialere Ausrichtung der Politik auf globaler Ebene vorantreiben, indem sie einen integrierten, übergreifenden Ansatz verfolgt und dabei protektionistische oder sanktions gestützte Konzepte konsequent ablehnt.

5. Elemente weiterer Massnahmen in der EU und auf internationaler Ebene

Die in den folgenden Abschnitten dargelegten Elemente sind als Teile eines integrierten Ansatzes zur Förderung der universellen Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen und einer sozialeren Ausrichtung der Politik konzipiert. Der Ansatz umfasst Instrumente und Maßnahmen innerhalb bestehender Politikfelder in der EU und auf internationaler Ebene. Er schließt die Nutzung und den Ausbau bestehender sowie die Einführung neuer Instrumente ein, um die universelle Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen mit einem abgestuften Instrumentarium fördern zu können. Der Ansatz stützt sich auf die Politik der EU und die in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 1999 dargelegten Grundsätze, d.h. die Universalität der grundlegenden Arbeitsnormen, die Unterstützung der Arbeit der ILO und ihrer Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen sowie die Ablehnung jeglicher sanktionsgestützter Ansätze.

5.1. Stärkung der internationalen Handlungsebene

5.1.1. Die ILO-Instrumente wirksamer machen

Die ILO hat in den letzten Jahren ihre Mittel zur Förderung der Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen erheblich ausgebaut, insbesondere durch die Erklärung von 1998 über die grundlegenden Prinzipien und Rechte bei der Arbeit und deren Folgemaßnahmen, aber auch durch den Einsatz von Beschwerdeverfahren in zahlreichen Fällen, die auf nationaler und internationaler Ebene zu Maßnahmen geführt haben. Darüber hinaus wurde, wie in der Erklärung von 1998 vorgesehen, stärker auf zielgerichtete technische Hilfe als Anreiz zur Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen zurückgegriffen. Diese positive Entwicklung sollte fortgesetzt werden, und die EU könnte wichtige Anstöße in Richtung einer größeren Wirksamkeit der ILO-Instrumente geben. In diesem Zusammenhang könnte Folgendes in Erwägung gezogen werden:

* Mittel zur stärkeren Gewichtung der Folgemaßnahmen zu den Beobachtungen, die der Sachverständigenausschuss zur Anwendung der Übereinkommen, und insbe sondere zu den Kernübereinkommen macht, und Gewährleistung einer systematischeren Weiterverfolgung dieser Beobachtungen. Dies sollte verstärkt durch technische Hilfe geschehen.

* Dem Überwachungsmechanismus muss mehr Öffentlichkeit verschafft werden, insbesondere im Bereich der Kernübereinkommen. Damit soll sichergestellt werden, dass die von den Ländern innerhalb der ILO durch die Ratifizierung von Übereinkommen eingegangenen Verpflichtungen international größere Beachtung finden.

* Maßnahmen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Beschwerdeverfahren. Zahlreiche Länder haben autonome Maßnahmen zur Aussetzung der Entwicklungszusammen arbeit oder der APS-Behandlung in Fällen von schweren und anhaltenden Verletzungen der grundlegenden Arbeitsnormen eingeführt. Es erscheint im Sinne größerer Kohärenz vorteilhaft, wenn solche Maßnahmen nicht infolge einer einseitigen Bewertung ergriffen würden, sondern infolge eines Beschwerdeverfahrens bei der ILO. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass die Beschwerdeverfahren nur für Länder gelten, die die einschlägigen Kernübereinkommen ratifiziert haben.

Neben der Erhöhung der Wirksamkeit der bestehenden Beschwerdeverfahren wären neue Fördermöglichkeiten denkbar, um einen Anreiz zur wirksamen Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen zu schaffen. Folgende Ideen ließen sich in diesem Zusammenhang in Erwägung ziehen:

* Ein System, mit dem sich die Staaten gegenseitig freiwillig zur Achtung der grundlegenden Arbeitsnormen verpflichten. Dazu könnte etwa eine Verpflichtung eingegangen werden, um sicherzustellen, dass die Kernübereinkommen im Hoheitsgebiet des betreffenden Staates wirksam durchgesetzt werden. Um einen Marktanreiz für die Beteiligung an solch einem System zu schaffen, könnte ein Mechanismus der öffentlichen Anerkennung für die beteiligten Länder vorgesehen werden. Die Ratifizierung der einschlägigen Übereinkommen wäre ein erster und leicht nachzuprüfender Schritt. Über den genauen institutionellen Rahmen eines solchen Systems und die Möglichkeit seiner Verankerung bei einer bestehenden internationalen Organisation wäre weiter nachzudenken.

* Erwägung positiver Anreize im weiteren Sinne. Hierunter könnte zusätzliche technische Hilfe durch die ILO fallen, um die Einhaltung der Normen im Rahmen der Erklärung zu erleichtern.

Die universelle Anwendung der Grundrechte ist mit Sicherheit eine notwendige, jedoch aber keine hinreichende Voraussetzung, um parallel wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt zu gewährleisten. Es stellt sich die Frage, ob auf internationaler Ebene mehr für eine größere Synergie zwischen Globalisierung und Fortschritt im Sinne der sozialen Entwicklung und für Gerechtigkeit im weiteren Sinne getan werden kann. Die ILO hat bereits einen bedeutenden Beitrag zum besseren Verständnis der Beziehung zwischen Globalisierung und Sozial- und Arbeitsmarktpolitik auf Länderebene geleistet [18]. Daher sollte die Schaffung eines regelmäßigeren und systematischen Rahmens für solche Aktivitäten erwogen werden, um ein System zur regelmäßigen Einschätzung der gesamten sozialpolitischen Leistungsfähigkeit eines Landes einzurichten. Die ILO wäre aufgrund ihrer international anerkannten Expertise und ihrer dreigliedrigen Struktur die natürliche Plattform für einen derartigen Prozess.

[18] Vgl. die ILO Länderstudien über die soziale Dimension der Globalisierung (Genf, 2001).

| | Die EU sollte im Rahmen der ILO die Diskussion über weitere Schritte zur Effizienzsteigerung der Überwachung durch die ILO fördern, einschließlich größerer Publizität, wirksamerer Folgemaßnahmen und Wegen zur Aufwertung des Status und der Ergebnisse der ILO-Überwachungsmechanismen im internationalen System. Die EU selbst sollte die Ergebnisse des Überwachungsmechanismus in ihren bilateralen und multilateralen Beziehungen systematischer berücksichtigen.

| | Die EU sollte, unter anderem innerhalb der ILO, eine Diskussion über neue Anreizmechanismen zur besseren Achtung der grundlegenden Arbeitsnormen anstoßen. In diesem Zusammenhang könnte ein neues System wechselseitiger Verpflichtungen in Erwägung gezogen werden, um die Beachtung der Kernübereinkommen der ILO sicherzustellen, darunter ein Mechanismus zur Gewährleistung einer angemessenen öffentlichen Anerkennung dieser Verpflichtung.

| | Die EU sollte mit der ILO eine Diskussion über einen neuen Mechanismus der regelmäßigen Prüfung der Sozialpolitik auf Länderebene vorantreiben.

5.1.2. Mehr Unterstützung für multilaterale technische Hilfe, auch im Rahmen der ILO

Die EG und ihre Mitgliedstaaten unterstützen die Aktivitäten der ILO im Bereich der technischen Hilfe finanziell. Die Kommission ihrerseits bestätigte vor kurzem ihre Verpflichtung zur Zusammenarbeit mit der ILO in Fragen wie die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und im Mai 2001 erfolgte ein neuer Briefwechsel zwischen der Kommission und der ILO. Die EG wird - und die Mitgliedstaaten sollten - jedoch erwägen, ILO-Programme zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen finanziell stärker zu unterstützen.

Außerdem sollten sich die EG und die Mitgliedstaaten für die Diskussion und die Berücksichtigung von sozialer Entwicklung und grundlegenden Arbeitsnormen in anderen Entwicklungsorganisationen wie den Bretton-Woods-Institutionen und der UNCTAD einsetzen, um politische Kohärenz in der Unterstützung der grundlegenden Arbeitsnormen und stärkere Unterstützung zur Durchsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen als Teil der Hilfsprogramme zu gewährleisten. Die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen und der sozialen Entwicklung sollte als Bestandteil der Erstellung der Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung (PRSPS) oder ähnlicher Instrumentarien auf Ebene der Länder betrachtet werden.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten die Aktivitäten ILO im Bereich der technischen Hilfe als ein Mittel zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen verstärkt unterstützen.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten sich aktiv für die Berücksichtigung und die Diskussion von sozialer Entwicklung und grundlegenden Arbeitsnormen in anderen Entwicklungsorganisationen einsetzen, um politische Kohärenz bei der Unterstützung der grundlegenden Arbeitsnormen und stärkere Unterstützung zur Durchsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen als Teil der Hilfsprogramme zu gewährleisten.

5.1.3. Schaffung eines Forums für einen internationalen Dialog

Die Einrichtung und Fortsetzung eines regelmäßigen internationalen Dialogs mit Regierungen, internationalen Organisationen und der Zivilgesellschaft bleibt ein Grundpfeiler der umfassenden EU-Strategie zur sozialeren Ausrichtung der Politik im Rahmen der Globalisierung und zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen. In Einklang mit den Schlussfolgerungen des Rates von 1999 hat die EU versucht, einen regelmäßigen internationalen Dialog über Handel und soziale Entwicklung einschließlich der grundlegenden Arbeitsnormen einzuleiten. Fernziel dieses Dialogs ist es, möglichst viele positive Berührungspunkte zwischen Handel und sozialer Entwicklung herauszuarbeiten und damit die grundlegenden Arbeitsnormen zu fördern.

Dieser Prozess muss interinstitutionell sein und sich auf die Ergebnisse stützen, die bereits auf internationalen Konferenzen und in den internationalen Organisationen erzielt wurden (Vgl. Teil 1 dieser Mitteilung). Die ILO als die zuständige Stelle für Arbeitsnormen und deren Formulierung soll durch technische Hilfe, Überwachung, Berichterstattung sowie durch ihre analytischen Aktivitäten in einem solchen Dialog eine Schlüsselrolle spielen. Die Aktivitäten der Arbeitsgruppe über die soziale Dimension der Globalisierung könnten einen nützlichen Ausgangspunkt für eine konstruktive Fortsetzung dieses Prozesses liefern; die Diskussionen bei der Sitzung der Arbeitsgruppe im Juni 2001 weisen in Richtung einer Aufwertung der Arbeitsgruppe als Forum für Austausch und Dialog. WTO, UNCTAD und die Weltbank sowie andere internationale Organisationen bieten sich in diesem Prozess als natürliche Partner der WTO an und sollten die Debatte durch die Fachkompetenz in ihren speziellen Zuständigkeitsbereichen bereichern.

Der Dialog soll insbesondere durch den Austausch konkreter Erfahrungen helfen herauszufinden, mit welchen Mitteln die positiven sozialen Auswirkungen der Liberalisierung von Handel und Investitionen maximiert werden können. Soziale Auswirkungen sind im weiteren Sinne zu verstehen, nämlich auf Grundlage der Prozesse von Kopenhagen und Rio über soziale und nachhaltige Entwicklung. Angesichts der engen Verkettung zwischen wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung sollte der Prozess die mit der Armutsbekämpfung zusammenhängenden Aspekte der nachhaltigen Entwicklung umfassen und die Verbindung zwischen Wirtschaftswachstum, Beschäftigung, Ungleichheiten, Armutsbekämpfung und sozialer Sicherheit untersuchen. Dies schließt die Analyse von Arbeitsbedingungen, Wettbewerbsfähigkeit, flankierende Sozialpolitik zur Unterstützung einer Handelsreform (einschließlich der Berufsausbildung), Ausbildung, die Auswirkung des Handels auf Gender-Fragen und andere Formen der Diskriminierung ein. Diese Analyse würde zu einem gemeinsamen Verständnis beitragen, das helfen könnte, die Liberalisierung von Handel und Investitionen zur Stütze der sozialen Entwicklung und der grundlegenden Arbeitsnormen zu machen. Außerdem soll im Rahmen des Forums für einen internationalen Dialog über Handel und soziale Entwicklung ein Erfahrungsaustausch über die sozialen Auswirkungen der Handelsreform gepflegt und somit zur Verbesserung der Methoden beigetragen werden, mit denen sich ex-ante die sozialen Auswirkungen der Handels liberalisierung bewerten lassen.

| | Die EU sollte ihre Bemühungen fortsetzen, einen regelmäßigen internationalen Dialog über Handel und soziale Entwicklung einschließlich der grundlegenden Arbeitsnormen einzuleiten.

5.2. Bündelung der politischen Instrumente der EU

5.2.1. Verstärkung der Handelsanreize: Das allgemeine Präferenzsystem (APS)

Die APS-Regelung der Gemeinschaft gewährt Entwicklungsländern einen Marktzugang auf präferenzieller Grundlage. Die EG gewährt den präferenziellen Marktzugang auf einseitiger Basis; die Modalitäten der Gewährung von Präferenzen im Rahmen des APS werden in einer Verordnung des Rates geregelt. Soziale Anreize im Rahmen des APS sind ein wichtiges Instrument zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen, und die EG sollte auf diesem Gebiet politisch stärker tätig werden. Die gegenwärtige APS-Verordnung [19] greift die Frage der grundlegenden Arbeits normen auf, indem sie (i) positive Anreize schafft, wobei die effektive Beachtung der grundlegenden Arbeitsnormen für zusätzliche Handelspräferenzen [20] qualifiziert, und (ii) eine vollständige oder teilweise Aussetzung dieser Präferenzen vorsieht, wenn in den begünstigten Ländern irgendeine Form von Sklaverei oder Zwangsarbeit praktiziert wird. Im Rahmen der vorgeschlagenen Überprüfung des APS, die in ein 2002 in Kraft tretendes [21] neues System münden wird, sind Verbesserungen der als Anreiz konzipierten Sonderregelung geplant. Darüber hinaus sollte in der im Jahre 2004 fälligen nächsten Überprüfung überlegt werden, wie sich das APS besser zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen einsetzen lässt.

[19] Verordnung (EG) des Rates Nr.1256/96 vom 20. Juni 1996 und Verordnung (EG) des Rates Nr. 3281/94 vom 19. Dezember 1994.

[20] Im Rahmen der Sonderregelungen können Ländern, die die in den ILO-Übereinkommen 87 und 98 über das Recht der Vereinigung und über das Recht auf Tarifverhandlungen sowie die im Übereinkommen 138 über Kinderarbeit festgelegten Normen effektiv anwenden, auf Antrag zusätzliche Handels präferenzen gewährt werden.

[21] Siehe KOM(2001)293 endg., von der Kommission am 12. Juni 2001 verabschiedet.

Die folgenden Verbesserungen werden von der Kommission im Rahmen der gegenwärtigen Überprüfung vorgeschlagen, um Länder zu ermutigen, Sonderregelungen zu beantragen und einen stärkeren Bezug zu den grundlegenden Arbeitsnormen herzustellen:

- Das APS sollte durch eine Erweiterung der zusätzlichen Handelspräferenzen im Rahmen der Anreizregelung attraktiver gemacht werden.

- Die Transparenz müsste erhöht und die Verfahren müssten rationalisiert werden, um Ländern zu helfen, die Sonderregelungen und die angebotenen Marktzugangs möglich keiten besser zu nutzen.

- Die effektive Anwendung aller vier grundlegenden Arbeitsnormen, die in der ILO-Erklärung von 1998 festgelegt wurden, müsste zur Voraussetzung für die Gewährung der Sonderregelung werden. Darüber hinaus hat die Kommission im Rahmen der laufenden Überprüfung des APS vorgeschlagen, ernste und systematische Verletzungen der vier grundlegenden Arbeitsnormen zu den Gründen einer vollständigen oder vorübergehenden Aussetzung der APS-Präferenzen hinzuzufügen. Alle begünstigten Länder hätten so die Option zusätzlicher Anreize, vorausgesetzt sie erfuellen das Kriterium einer tatsächlichen Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen. Länder, denen im Rahmen des APS nur die allgemeinen Präferenzen eingeräumt werden, können diese allein aufgrund der Tatsache, dass eine ernste und systematische Verletzung der grundlegenden Arbeitsnormen festgestellt wurde, vorübergehend, vollständig oder teilweise verlieren.

- Im Rahmen einer künftigen Überprüfung der APS-Verordnung wird die Kommission erwägen, das System sozialer Anreize und die Verknüpfung mit den Kernübereinkommen der ILO weiter auszugestalten, um die APS-Anreize leichter zur Förderung der Anwendung der grundlegenden Arbeitsnormen einsetzen zu können. Insbesondere sollte die Übernahme der Substanz der acht ILO-Kernübereinkommen sowie die Möglichkeit einer Differenzierung nach Erzeugnissen, Sektoren und Regionen aufmerksam verfolgt werden.

Neben Verbesserungen des APS sollte ein Rahmen für technische Hilfe in Erwägung gezogen werden, um den Ländern zu helfen, die als Anreiz konzipierten Sonderregelungen zu nutzen, d.h. sie bei der wirksamen Durchsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen, der Anpassung der Produktion und beim Beantragen der als Anreiz konzipierten Sonderregelung zu unterstützen, um die Wirkung der Regelung zu erhöhen. Dies würde eine engere Verknüpfung zwischen dem APS und den Entwicklungsprogrammen erfordern und sollte bei der Einbeziehung der grundlegenden Arbeitsnormen in die Entwicklungsprogramme der EG berücksichtigt werden (Punkt 5.2.2). Die EG sollte darüber hinaus versuchen, die Wirkung von Sonderregelungen global zu maximieren, indem sie andere Industrieländer zur Annahme sozialer Anreizregelungen ermutigt, die denen der EG ähnlich sind.

| | Im Rahmen der derzeitigen Überprüfung der APS Verordnung der EG müsste die als sozialer Anreiz konzipierte Regelung gestärkt werden, indem weitere Marktzugangsmöglichkeiten vorgesehen werden, transparentere Regelung eingeführt werden und die Erweiterung der Grundlage auf alle der vier grundlegenden Arbeitsnormen in der Erklärung von 1998 erfolgt. Die Voraussetzungen für die vorübergehende Aussetzung sollten ergänzt werden, indem ernste und systematische Verletzungen der grundlegenden Arbeitsnormen als Grund aufgenommen wird.

| | Im Rahmen einer zukünftigen Überprüfung des APS der Gemeinschaft sollte erwogen werden, Möglichkeiten zu schaffen, um die APS-Anreize leichter zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen einsetzen zu können.

| | Die EG sollte die größtmögliche globale Wirkung der Sonderanreize anstreben, indem sie andere Industrieländer ermutigt, ein dem der EG ähnliches soziales Anreizsystem einzuführen.

5.2.2. Bilaterale Beziehungen: Abkommen, Unterstützung und Kapazitätenausbau

Die soziale Entwicklung ist eine der entwicklungspolitischen Prioritäten der EG. Die Kommission führt in allen Teilen der Welt zahlreiche Entwicklungsprojekte im Bereich Menschenrechte einschließlich sozialer Rechte durch, sollte jedoch in ihrer globalen Entwicklungspolitik mehr Nachdruck auf die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen legen. Dies würde bedeuten, der Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen bei der Programmierung der Entwicklungshilfe höhere Priorität einzuräumen.

In ihrer jüngsten Mitteilung über "Die Rolle der Europäischen Union bei der Förderung der Menschenrechte und der Demokratisierung" schlug die Kommission vor, als Bestandteil des politischen Dialogs mit Drittländern zu erörtern, wie die Ratifikation der grundlegenden Menschenrechtsinstrumentarien und anderer internationaler Abkommen zur Festlegung von Rechten (insbesondere die ILO-Übereinkommen) und ihre effektive Umsetzung erreicht werden können. Nach Auffassung der Kommission leistet die Achtung der sozialen Rechte und der grundlegenden Arbeitsnormen einen Beitrag zu einer dauerhaften und gerechten sozialen und wirtschaftlichen Entwicklung.

Mit dem Abkommen von Cotonou ist die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen in bilateralen Abkommen einen wichtigen Schritt voran gekommen. Die EU sollte in zukünftigen Handels- und Kooperationsabkommen ein ähnliches Konzept anwenden und besondere Bestimmungen über die grundlegenden Arbeitsnormen aufnehmen. Dies wird deren Integration in die wirtschaftliche und entwicklungspolitische Zusammenarbeit voranbringen und so eine bessere Koordinierung der verschiedenen Aktionsmittel gewährleisten sowie den Synergieeffekt der politischen Instrumente untereinander erhöhen. Insbesondere werden durch die Verpflichtung zur Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen in Kooperationsabkommen die autonomen Instrumentarien die Bemühungen zur Förderung dieser Normen im multilateralen Rahmen ergänzen.

In Bezug auf die Entwicklungshilfe ermöglicht es das Abkommen von Cotonou ausdrücklich, mit den AKP-Ländern die Umsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen zu erörtern. Diese Möglichkeit ergibt sich beim Verfassen der Länderstrategiepapiere und in den Diskussionen mit den Regierungen über die Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung (PRSPS).

Zu weiteren möglichen Instrumenten zählen spezifische Maßnahmen für den Aufbau von Kapazitäten in den betreffenden Ministerien, um den Regierungen zu ermöglichen, nationales Arbeitsrecht zu formulieren, zu erlassen und umzusetzen, mit dem die einem internationalen Konsens entspringenden ILO-Übereinkommen an lokale Realitäten angepasst werden. So soll die Ratifizierung und Umsetzung erleichtert werden; ferner gehört dazu die Errichtung realistischer Begleitmechanismen, mit denen sich die Wahrscheinlichkeit der Einhaltung der Rechtsvorschriften durch einheimische Arbeitgeber und multinationale Unternehmen erhöhen lässt. Diese Unterstützung sollte jedoch seitens der Gemeinschaft an keine neue Konditionalität gekoppelt werden.

Ferner wird im Abkommen von Cotonou anerkannt, dass zahlreiche nichtstaatliche Akteure einen potenziellen Beitrag leisten können. Die EG sollte am Aufbau der Kapazitäten lokaler NROs und zivilgesellschaftlicher Organisationen arbeiten, um die Arbeitnehmer für ihre Rechte im Rahmen der ILO-Übereinkommen zu sensibilisieren und die Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen zu überwachen.

Zu den besonderen Maßnahmen zur Abschaffung der Kinderarbeit zählen: die Ausarbeitung wirksamer und befristeter Programme zur Abschaffung der schlimmsten Formen von Kinderarbeit durch Vorbeugung, Schutz und Wiedereingliederung; die Gewährleistung des Zugangs zu kostenloser, qualitativ guter Grundausbildung und, wo möglich, gegebenenfalls Berufsausbildung für alle Kinder; Kinderarbeit durch verstärkte Erhebung, Analyse und Verbreitung von Daten besser sichtbar zu machen; das Bewusstsein für das Recht der Kinder auf Schutz vor wirtschaftlicher Ausbeutung zu schärfen und der Bedarf vorrangiger Maßnahmen gegen die schlimmsten Formen von Kinderarbeit.

| | Die EG sollte die grundlegenden Arbeitsnormen in Übereinstimmung mit ihrem Gesamtziel der Armutsbekämpfung besser in ihre Entwicklungspolitik integrieren, auch durch den Aufbau von Kapazitäten zur Umsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten das APS stärker an die Entwicklungsprogramme koppeln, um den Ländern zu helfen, die Anreizregelungen zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen besser zu nutzen.

| | Die EU sollte das Konzept von Cotonou auf andere Abkommen ausdehnen, indem sie für die Aufnahme spezifischer Bestimmungen über die grundlegenden Arbeitsnormen sorgt.

5.2.3. Bessere Nutzung von Nachhaltigkeitsprüfungen

Nachhaltigkeitsprüfungen sind im handelspolitischen Kontext ein relativ neues Instrument, mit dem die Auswirkungen der Handelspolitik auf die nachhaltige Entwicklung einschließlich ihrer sozialen Komponente bewertet und berücksichtigt werden sollen. Die ursprünglich für die Nachhaltigkeits prüfungen der Kommission herangezogenen Basisindikatoren sind: durchschnittliches Realeinkommen, Beschäftigung, Nettoanlageinvestition, Vermögen und Armut, Gesundheit und Ausbildung, Gleichstellung der Geschlechter, Umweltqualität von Luft, Wasser und Land, biologische Vielfalt und sonstige natürliche Ressourcenbestände. Diese Basisindikatoren könnten im Laufe der Weiterentwicklung des Instruments Anpassungen erfahren.

Die Verwendung von Nachhaltigkeitsprüfungen kann Entscheidungsträgern helfen, besser zu verstehen, wie Handel zur sozialen Entwicklung beitragen kann, und die Bemühungen auf Ziele konzentrieren, die das Handelsvolumen steigern und zugleich die nachhaltige Entwicklung fördern. Sie kann auch helfen herauszufinden, mit welchen Maßnahmen die Auswirkungen der Handelsreform weiter verbessert werden können. Nachhaltigkeitsprüfungen stellen eine nützliche Basis für Maßnahmen in anderen Politikfeldern dar, um die positiven Auswirkungen der Handelsreform auf die soziale Entwicklung, insbesondere in Bezug auf die grundlegenden Arbeitsnormen und das Sozialrecht, zu fördern. Die Kommission setzt sich für die Anwendung von Nachhaltigkeitsprüfungen als Beitrag zur Entscheidungsfindung in wichtigen multilateralen Handelsgesprächen ein. Nachhaltig keits prüfungen werden auf die so genannte "Built in Agenda" der WTO sowie auf die zukünftige Runde multilateraler Handelsgespräche in der WTO angewandt. Nachhaltigkeits prüfungen werden in die regionalen Handelsgespräche der EG mit den AKP-Staaten eingebaut und sollten auch auf andere zukünftige bilaterale Abkommen angewandt werden.

| | Die Kommission wird im Zusammenhang mit zukünftigen Handelsgesprächen und Abkommen Nachhaltig keitsprüfungen durchführen und zur Verbesserung dieses Instruments ihre Methoden weiter anpassen und gegebenenfalls weiterentwickeln. Vor diesem Hintergrund wird sie nach geeigneten Mitteln suchen, um die Auswirkungen der Handelspolitik auf die soziale Entwicklung und die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen besser berücksichtigen zu können.

5.3. Private und freiwillige Regelungen zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen: Sozialgütesiegel und wirtschaftliche Verhaltenskodizes

Mit wachsendem öffentlichen Bewusstsein für die sozialen und umweltpolitischen Auswirkungen von Verbrauchergewohnheiten steigt zunehmend die Nachfrage nach sozial verantwortlichen Erzeugnissen und Investitionen. Ferner hat diese Nachfrage zusammen mit dem öffentlichen Interesse an den sozialen Auswirkungen und an ethischen Normen für die Industrie viele, insbesondere in der Verbrauchsgüterproduktion tätige Unternehmen bewegt, in Anerkennung ihrer sozialen Verantwortung Verhaltenskodizes einzuführen, d.h. in Übereinstimmung mit anerkannten Grundprinzipien in den Bereichen Arbeitsnormen, Menschenrechte und Umwelt zu handeln. Für die meisten Unternehmen ist Öffentlich keitsarbeit ein zentrales Element sozialer unternehmerischer Verantwortung, da sie sich bewusst sind, dass durch ein schlechtes Erscheinungsbild Kosten in Form des Verlustes von Umsatz und Marktanteilen entstehen. Überwachung, Zertifizierung und Veröffentlichung sozialer Leitlinien sind deshalb von zentraler Bedeutung, ethische Verantwortung eingeschlossen. Es gibt immer mehr überwachende Gremien. Private und freiwillige ethische Kennzeichnungssysteme sind ein Aspekt der sozialen Verantwortung von Unternehmen und ein Mittel, um die soziale Entwicklung und die Achtung der grundlegenden Arbeitsnormen mit erhöhter Wettbewerbs fähigkeit in Einklang zu bringen. Gerechte Handelsinitiativen und Gütesiegel sind Beispiele etablierter und gut funktionierender Kennzeichnungssysteme, die soziale Elemente einbeziehen [22].

[22] Vgl. Mitteilung der Kommission an den Rat über "fairen Handel", KOM(1999)619 endg. vom 29. November 1999.

Verhaltenskodizes, Leitlinien und private, freiwillige Kennzeichnungssysteme sind wichtige Instrumentarien, die helfen, die soziale Entwicklung und die grundlegenden Arbeitsnormen durch verstärkte soziale Verantwortung der Unternehmen zu fördern. Es ist zu betonen, dass private und freiwillige Regelungen Regierungsmaßnahmen ergänzen, aber nicht die Ratifikation und Umsetzung von Arbeitsnormen auf Regierungsebene ersetzen können. Ferner ist zu betonen, dass sich private Regelungen an die geltenden Wettbewerbs vorschriften halten müssen. Zugleich bieten private und freiwillige Systeme neue Möglichkeiten und einen Bonus beim Marktzugang, was für Produzenten aus Entwicklungs ländern von speziellem Interesse sein kann. Produzenten aus Entwicklungsländern muss unbedingt geholfen werden, diese Gelegenheiten zu nutzen. Dazu ist Folgendes erforderlich:

- Die Kennzeichnungssysteme müssen objektiv, transparent und nichtdiskriminierend sein, so dass Produzenten eine faire Chance haben, sich mit den Anforderungen vertraut zu machen und sie einzuhalten.

- Die Verfahren der Zuteilung von Gütesiegeln müssen gerecht und verhältnismäßig sein und dürfen weder unnötig Ressourcen in Anspruch nehmen, noch Produzenten aus Entwicklungsländern ausschließen.

- Die Bedürfnisse der Produzenten aus Entwicklungsländern müssen in den Entwicklungsprogrammen durch Maßnahmen zum Kapazitätenaufbau berücksichtigt werden, um Sektoren oder Regionen in Entwicklungsländern zu helfen, ihre Produktion, im Hinblick auf die Gewährung eines besseren Marktzugangs anzupassen.

Die wachsende Bedeutung von Privatinitiativen wie Verhaltenskodizes und Sozialgütesiegel und der Bedarf an größerer Kohärenz und Transparenz in Bezug auf solche Initiativen haben die Kommission veranlasst, ein Grünbuch über die Förderung eines europäischen Rahmens für soziale Unternehmensverantwortung [23] auszuarbeiten. Dieses Grünbuch befasst sich unter anderem mit dem Bedarf an inhaltlicher Kohärenz verschiedener Kodizes sowie mit der Notwendigkeit, dass solche Kodizes auf den ILO-Kernnormen basieren.

[23] Diese Initiative ergibt sich aus den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates von Nizza im Dezember 2000, in denen der Rat es für wichtig erklärte, die beschäftigungspolitischen und sozialen Folgen der Marktintegration anzugehen und die Arbeitsbedingungen an die neue Wirtschaftsordnung anzupassen.

Der Rückgriff auf ILO-Kernübereinkommen in privaten und freiwilligen Systemen macht diese deutlich transparenter und erleichtert den Herstellern die Einhaltung der Anforderungen. Zugleich bereitet die Frage der Nachprüfung und Zertifizierung privater und freiwilliger Systeme große Sorgen, zumal sich solche Systeme immer stärker verbreiten. Es besteht in der Tat ein Risiko, dass die Proliferation verstreuter Kodizes und Siegel ohne gemeinsame, verbindliche Normen für Inhalt und Anwendung dieser Regeln deren Glaubwürdigkeit untergraben könnte. Daher wird weiter über international anerkannte Mechanismen oder gemeinsame Standards für die Überprüfung und Zertifizierung freiwilliger Regelungen nachgedacht werden müssen.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten Entwicklungsländern helfen, den sich aus Sozialgütesiegeln ergebenden Marktzugangsbonus zu nutzen, indem sie den Aufbau von Kapazitäten und die Bemühungen um transparentere, leichter verfügbare und nichtdiskriminierende Kennzeichnungssysteme unterstützen.

| | Die Kommission befürwortet die Einführung objektiver, transparenter und nichtdiskrimi nierender Kennzeichnungssysteme durch die Wirtschaft und den freiwilligen Sektor, in denen die internationalen Verpflichtungen und die geltenden Wettbewerbsvorschriften der EG eingehalten und die grundlegenden Arbeitsnormen gefördert werden, und sie unterstützt die Verwendung der Kernüberein kommen der ILO als gemeinsamen Mindest standard für solche Systeme.

| | Die EU sollte die Öffentlichkeit sensibilisieren und eine Diskussion über internationale Instrumente oder Standards für die Zertifizierung und Überprüfung privater und freiwilliger Regelungen sowie über eine wirksame Qualitätskontrolle vorantreiben.

| | Die EU sollte die Arbeit des ILO im Hinblick auf freiwillige Privatinitiativen weiter unterstützen.

6. Schlussfolgerungen

Die Schnittstelle zwischen Globalisierung, Handel und sozialer Entwicklung ist komplex und verbindet mehrere Politikfelder im gemeinsamen Ziel der nachhaltigen Entwicklung. Deshalb ist ein umfassendes Konzept erforderlich, um der Politik im Rahmen der Globalisierung und der Handelsliberalisierung eine sozialere Ausrichtung zu geben und die grundlegenden Arbeitsnormen zu fördern. Zu diesem Zweck schlägt die Kommission unter Berücksichtigung der Reaktionen des Europäischen Parlaments und des Wirtschafts- und Sozialausschusses, an die diese Mitteilung ebenfalls gerichtet ist, dem Rat die Annahme einer Strategie zur sozialeren Ausrichtung der Politik und zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen im Rahmen der Globalisierung vor. Der Rat könnte zunächst die fundamentalen Prinzipien der EG-Position bekräftigen, wie sie in den Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 1999 festgelegt wurden, d.h. die Universalität der grundlegenden Arbeitsnormen, die Unterstützung der Arbeit der ILO und ihrer Zusammenarbeit mit anderen internationalen Organisationen und die Ablehnung aller sanktionsgestützten Konzepte. Darüber hinaus sollten seitens der EU mehrere Maßnahmen geplant und andere Partner aufgefordert werden, sich anzuschließen; ferner sollten auf internationaler Ebene Initiativen unterbreitet werden. In diesem Zusammenhang wird vorgeschlagen:

Auf internationaler Ebene

| | Die EU sollte im Rahmen der ILO die Diskussion über weitere Schritte zur Effizienzsteigerung der Überwachung durch die ILO fördern, einschließlich größerer Publizität, wirksamerer Folgemaßnahmen und Wege zur Aufwertung des Status und der Ergebnisse der ILO-Überwachungsmechanismen im internationalen System. Die EU selbst sollte die Ergebnisse des Überwachungsmechanismus in ihren bilateralen und multilateralen Beziehungen systematischer berücksichtigen.

| | Die EU sollte unter anderem innerhalb der ILO eine Diskussion über neue Anreizmechanismen zur besseren Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen anregen. Dazu könnte ein neues System gegenseitiger Verpflichtungen erwogen werden, um die Beachtung der Kernübereinkommen der ILO sicherzustellen, einschließlich eines Mechanismus zu Gewährleistung einer angemessenen öffentlichen Anerkennung dieser Verpflichtung.

| | Die EU sollte innerhalb der ILO die Diskussion über einen neuen Mechanismus für die regelmäßige Überprüfung der Sozialpolitik auf Länderebene fördern.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten die Aktivitäten der ILO im Bereich technische Hilfe als ein Mittel zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen intensiver unterstützen.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten sich aktiv für die Berücksichtigung und die Diskussion von sozialer Entwicklung und grundlegenden Arbeitsnormen in anderen Entwicklungsorganisationen einsetzen, um politische Kohärenz in der Unterstützung der grundlegenden Arbeitsnormen und stärkere Unterstützung zur Durchsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen als Teil der Hilfsprogramme zu gewährleisten.

| | Die EU sollte ihre Bemühungen um die Einleitung eines regelmäßigen internationalen Dialogs über Handel und soziale Entwicklung einschließlich der grundlegenden Arbeitsnormen fortsetzen.

Auf EU-Ebene

| | Im Rahmen der gegenwärtigen Überprüfung der APS-Verordnung der EG sollte die als sozialer Anreiz konzipierte Sonderregelung verstärkt werden, indem weitere verbesserte Marktzugangsgelegenheiten vorgesehen, das System transparenter gemacht und die Basis auf alle der vier grundlegenden Arbeitsnormen der Erklärung von 1998 erweitert werden. Die Bestimmung über die vorübergehende Aussetzung sollte erweitert werden, indem man die Voraussetzungen auf ernste und systematische Verletzungen einer der grundlegenden Arbeitsnormen ausdehnt.

| | Im Rahmen einer zukünftigen Überprüfung des APS der Gemeinschaft sollte erwogen werden, Möglichkeiten zu schaffen, um die APS-Anreize leichter zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen einsetzen zu können.

| | Die EG sollte die größtmögliche globale Wirkung der Sonderanreize anstreben, indem sie andere Industrieländer ermutigt, ein dem der EG ähnliches soziales Anreizsystem einzuführen.

| | Die EG sollte in Übereinstimmung mit ihrem Gesamtziel der Armutsbekämpfung die grundlegenden Arbeitsnormen besser in ihre Entwicklungspolitik integrieren, auch durch den Ausbau der Kapazitäten in den Entwicklungsländern zur Durchsetzung der grundlegenden Arbeitsnormen.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten Entwicklungsländern helfen, den sich aus Sozialgütesiegeln ergebenden Marktzugangsbonus zu nutzen, indem sie den Aufbau von Kapazitäten und die Bemühungen um transparentere, leichter verfügbare und nichtdiskriminierende Kennzeichnungssysteme unterstützen.

| | Die EG und die Mitgliedstaaten sollten für eine engere Verknüpfung zwischen dem APS und den Entwicklungsprogrammen sorgen, um Ländern zu helfen, die Anreizregelungen zur Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen besser zu nutzen.

| | Die EU sollte das Konzept von Cotonou auf andere Abkommen erweitern, indem sie die Einbeziehung spezifischer Bestimmungen über die grundlegenden Arbeitsnormen anstrebt.

| | Die Kommission wird im Zusammenhang mit zukünftigen Handelsgesprächen und Abkommen Nachhaltig keitsprüfungen durchführen und zur Verbesserung dieses Instruments ihre Methoden weiter anpassen und gegebenenfalls weiterentwickeln. Vor diesem Hintergrund wird sie nach geeigneten Mitteln suchen, um die Auswirkungen der Handelspolitik auf die soziale Entwicklung und die Förderung der grundlegenden Arbeitsnormen besser berücksichtigen zu können.

| | Die Kommission befürwortet die Einführung objektiver, transparenter und nichtdiskrimi nierender Kennzeichnungssysteme durch die Wirtschaft und den freiwilligen Sektor, in denen die internationalen Verpflichtungen und die geltenden Wettbewerbsvorschriften der EG eingehalten und die grundlegenden Arbeitsnormen gefördert werden, und sie unterstützt die Verwendung der Kernüberein kommen der ILO als gemeinsamen Mindest standard für solche Systeme.

| | Die EU sollte die Öffentlichkeit sensibilisieren und eine Diskussion über internationale Instrumente oder Standards für die Zertifizierung und Überprüfung privater und freiwilliger Regelungen sowie über eine wirksame Qualitätskontrolle vorantreiben.

| | Die EU sollte die Arbeit der ILO im Hinblick auf freiwillige Privatinitiativen weiter unterstützen.

ANHANG 1

Schlussfolgerungen des Rates vom Oktober 1999 über Handel und Arbeitsnormen

Der Rat kam überein, dass die EU die grundlegenden Arbeitsnormen intensiv unterstützen sollte. In diesem Zusammenhang erörterte er im Einzelnen, welche Rolle die WTO im Hinblick auf die Einhaltung der grundlegenden Arbeitsnormen spielen sollte, sowie die Auswirkungen einer entsprechenden EU-Initiative in der WTO. Der Rat erinnerte an die Bedeutung der Erklärung von Singapur und beschloss, dass auf die folgenden Gebieten zusätzliche Initiativen ergriffen werden sollten:

WTO soll in Zusammenarbeit mit anderen relevanten internationalen Organisationen die Achtung der grundlegenden Arbeitsnormen durch positive Anreize fördern. Zu diesem Zweck soll die EU sich verpflichten, einen kontinuierlichen Dialog mit Partnern in der WTO und in der ILO sowie mit der Zivilgesellschaft zu führen, um Konzepte festzulegen und zu vereinbaren, die den Interessen der wirklich von diesen Fragen Betroffenen am besten dienen.

Die Europäische Union tritt im Hinblick auf Fortschritte in der Frage von Handels- und Arbeitsnormen für folgende Maßnahmen ein:

- stärkere Zusammenarbeit zwischen WTO und der ILO und ihren Sekretariaten.

- Unterstützung für die Arbeit der ILO und für deren Beobachterstatus in der WTO.

- Schaffung eines gemeinsamen ständigen Arbeitsforums von ILO und WTO für Handels-, Globalisierungs- und Beschäftigungsfragen, um durch einen stichhaltigen Dialog zwischen allen Beteiligten (Regierungen, Arbeitgeber, Gewerkschaften und anderer relevanter internationaler Organisationen) ein besseres Verständnis der betreffenden Fragen zu fördern. Im Rahmen dieses Dialog sollte auch die Beziehung zwischen Handelspolitik, Handelsliberalisierung, Entwicklung und grundlegenden Arbeitsnormen geprüft werden. Das Forum soll ferner eine Sitzung auf ministerieller Ebene vorbereiten, die bis spätestens 2001 stattfinden soll. Die EU wird vorschlagen, solch eine Sitzung auszurichten.

- Verfolgung von bzw. Ermutigung zu weiteren positiven Maßnahmen, die auf von der EU bereits zur Stärkung der Arbeitsnormen eingesetzte Anreize setzen, insbesondere durch zusätzliche Verbesserungen des Marktzugangs für Ausfuhren von Entwicklungsländern statt durch handelsbeschränkende Maßnahmen.

Der Rat bestätigte die konsequente Ablehnung sanktionsgestützter Konzepte durch die EU. Er beschloss außerdem, durch Diskussionen und Verhandlungen mit seinen Partnern auf einen internationalen Konsens hinzuarbeiten. Die EU widersetzt sich Initiativen zur Verwendung von Arbeitsnormen zu protektionistischen Zwecken und lehnt diese ab. Darüber hinaus einigte sich der Rat darauf, dass der komparative Vorteil von Ländern, insbesondere von Entwicklungsländern mit niedrigem Lohnniveau, keinesfalls in Frage gestellt werden darf.

ANHANG 2

Die grundlegenden Arbeitsnormen: die acht Kernübereinkommen der ILO

Koalitionsfreiheit und tatsächliche Anerkennung des Rechts auf Tarifverhandlungen:

* Übereinkommen Nr. 87 über die Vereinigungsfreiheit und den Schutz des Vereinigungsrechts, 1948 - von 137 Ländern ratifiziert [24]

[24] Die Zahlen spiegeln den Stand der Ratifikationen zum 12. Juli 2001 wider. Die ILO hat 175 Mitgliedstaaten.

* Übereinkommen Nr. 98 über Vereinigungsrecht und das Recht auf Kollektivverhandlungen, 1949 - von 149 Ländern ratifiziert

Abschaffung aller Formen von Zwangsarbeit:

* Übereinkommen Nr. 29 über Zwangsarbeit, 1930 - von 158 Ländern ratifiziert

* Übereinkommen Nr. 105 über die Abschaffung der Zwangsarbeit, 1957 - von 156 Ländern ratifiziert

Tatsächliche Abschaffung der Kinderarbeit:

* Übereinkommen Nr. 138 über das Mindestalter, 1973 - von 111 Ländern ratifiziert

* Übereinkommen Nr. 182 über die schlimmsten Formen von Kinderarbeit, 1999 - von 87 Ländern ratifiziert

Abschaffung der Diskriminierung am Arbeitsplatz

* Übereinkommen Nr. 100 über die Gleichheit des Entgelts, 1951 - von 153 Ländern ratifiziert

* Übereinkommen Nr. 111 über Diskriminierung (Beschäftigung und Beruf), 1958 - von 151 Ländern ratifiziert

Anhang 3

Ein Beispiel technischer Hilfe der ILO: UMFASSENDE PROGRAMME FÜR DIE BESEITIGUNG VON KINDERARBEIT

Musterprogramm in der fußballherstellenden Industrie in Pakistan

Im Jahr 1996 gab es ungefähr 7 000 Kinder, die im Bezirk Sialkot in Pakistan zum Nähen von Fußbällen eingesetzt wurden. Sialkot ist das Zentrum der Fußballherstellung in Pakistan und leistet einen großen Beitrag zur Erwirtschaftung harter Devisen. Fast 20 Prozent der Arbeitskräfte waren Kindern. Mithilfe eines Modells der Verhütung, Freistellung, Umschulung und Begleitung gelang es dem IPEC einen ganzen Industriezweig zu überzeugen, Kinderarbeit zu verhindern und allmählich zu beseitigen und gleichzeitig Alternativen anzubieten, um die Kinder von der Arbeit fernzuhalten.

Im Jahre 1997 unterzeichneten ILO, UNICEF und die Industrie- und Handelskammer von Sialkot ein Abkommen über ein gemeinsames Projekt zur Verhinderung und Beseitigung von Kinderarbeit von unter 14-Jährigen in der Fußballherstellung. Das Abkommen

* sieht ein industrieeigenes internes Begleitungssystem vor

* legt ein externes, von IPEC umgesetztes System zur Überwachung der Einhaltung fest

* ermittelt als Vollzeitkräfte tätige Kinder und stellt sie stufenweise frei

* schafft Bildungsmöglichkeiten und andere Hilfsdienste für Kinder und ihre Familien.

Ergebnisse

* Ungefähr 6 400 Kinder besuchen Ausbildungszentren

* Die Kinder arbeiten weiterhin auf Teilzeitbasis zu Hause, um während sie Ausbildungs- und Umschulungs maßnahmen nutzen, ein Einkommen zu erzielen

* Die Zahl der teilnehmenden Hersteller stieg von 22 im Jahr 1997 auf 65 im Februar 2000

* Das IPEC überwacht 100 Prozent der Produktion in mehr als 1 799 Nähzentren

* Das Abkommen wurde in Pakistan in der Teppichindustrie und in Indien in der Fußballherstellung nachgeahmt.

ANHANG 4

OECD-Studie über internationalen Handel und die grundlegenden Arbeitsnormen 2000

Hauptschlussfolgerungen aus der Lektüre des Dokuments:

* Die Stärkung der grundlegenden Arbeitsnormen kann Wachstum und Effizienz der Wirtschaft steigern, weil sie die Qualifikation der Arbeitskräften anhebt und zu Innovation und höherer Produktivität anregt.

* Länder, in denen die grundlegenden Arbeitsnormen schwach ausgeprägt sind, verfügen über keine bessere Exportleistung als Länder mit hohen Standards.

* Länder, in denen sich demokratische Institutionen herausbilden - einschließlich der grundlegenden Arbeitsnormen - werden den Übergang zur Handelsliberalisierung mit weniger Nachteilen überstehen als Länder ohne solche Institutionen.

* Nach wie vor gehen die Meinungen darüber auseinander, wie sich der Handel im Verhältnis zu anderen Faktoren auf Beschäftigungsmuster und/oder ungleiche Löhne auswirkt. Viele Studien bestätigen, dass der Handel eine Rolle spielt, doch nur in begrenztem Umfang.

* Die Befürchtungen einer Nivellierung der Arbeitsnormen nach unten sind wahrscheinlich übertrieben.

* Handelspolitische Interventionen sind kein optimales Instrument zur Abschaffung ausbeuterischer Kinderarbeit und zum weiteren Ausbau des Humankapitals. Unter bestimmten Umständen kann ein Verbot der Kinderarbeit wirksam sein, doch sind dieser Politik Grenzen gesetzt und ein Verbot kann die Lage der Haushalte sogar verschlechtern. Subventionen, die es Familien erlauben, ihre Kinder weiter zur Schule gehen zu lassen, scheinen politisch der bessere Weg zu sein [25].

[25] Vgl. Punkt 2.2 zu den Ergebnissen, die das internationale ILO-Programm zur Abschaffung von Kinderarbeit (IPEC) bei der Umsetzung dieses Modelprogramms in ausgewählten Ländern erzielt hat.

ANHANG 5

Global Compact: Die neun Prinzipien

Der UN-Generalsekretär befragte globale Wirtschaftunternehmen zu den Themen:

Menschenrechte

1. Unterstützung und Beachtung des Schutzes der internationalen Menschenrechte innerhalb ihres des Einflussbereichs

2. Gewährleistung, dass die eigenen Gesellschaften nicht zu Mittätern bei Menschenrechtsverletzungen werden .

Arbeitsnormen

3. Unterstützung der Koalitionsfreiheit und der effektiven Anerkennung des Rechts auf Tarifverhandlungen

4. Unterstützung der Beseitigung aller Formen von Zwangs- oder Pflichtarbeit

5. Unterstützung der effektiven Abschaffung der Kinderarbeit

6. Unterstützung der Beseitigung von Diskriminierung am Arbeitsplatz.

Umwelt

7. Unterstützung eines vorbeugenden Konzepts im Hinblick auf zu Umweltherausforderungen

8. Initiativen zur Förderung von mehr Umweltverantwortung

9. Förderung der Entwicklung und Verbreitung umweltfreundlicher Technologien.

ANHANG 6

Artikel 50 des Abkommens von Cotonou Handels und Arbeitsnormen

1. Die Vertragsparteien bestätigen erneut ihr Eintreten für die international anerkannten arbeitsrechtlichen Mindestnormen wie sie in den einschlägigen Übereinkommen der IAO festgelegt sind, insbesondere Koalitionsfreiheit, Recht auf Tarifverhandlung, die Abschaffung der Zwangsarbeit, Verbot der extremsten Formen der Kinderarbeit und Nichtdiskriminierung am Arbeitsplatz.

2. Sie kommen überein, ihre Zusammenarbeit auf diesem Gebiet zu intensivieren, vor allem in folgenden Bereichen:

- Informationsaustausch über arbeitsrechtliche Vorschriften und Regelungen;

- Ausarbeitung eines nationalen Arbeitsrechts und Verstärkung bestehender Rechtsvorschriften;

- Bildungs- und Sensibilisierungsprogramme;

- Gewährleistung der praktischen Anwendung der nationalen arbeitsrechtlichen Vorschriften und Regelungen.

3. Die Vertragsparteien sind sich darüber einig, dass Arbeitsnormen nicht für protektionistische Zwecke genutzt werden sollten