52001DC0135

Grünbuch über die Zukunft der gemeinsamen Fischereipolitik /* KOM/2001/0135 endg. */


GRÜNBUCH ÜBER DIE ZUKUNFT DER GEMEINSAMEN FISCHEREIPOLITIK

(Von der Kommission vorgelegt)

INHALTSVERZEICHNIS

1. Notwendigkeit einer Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik

2. Grundprinzipien einer Gemeinsamen Fischereipolitik

3. Wie ist die Lage und wie wird sie sich ohne Änderung weiter entwickeln-

3.1. Bestandserhaltung

3.1.1. Lageder wichtigsten Fischbestände

3.1.2. Ursachen derzeitiger Bewirtschaftungsmängel

3.2. Umweltaspekte

3.3. Flottenpolitik

3.4. Entscheidungsprozess und Beteiligung der interessierten Akteure

3.5. Überwachung und Kontrollen

3.6. Wirtschaftliche und soziale Dimension

3.7. Aquakultur

3.8. Verarbeitungsindustrie

3.9. Internationale Dimension der GFP

3.10. Mittelmeerfischerei

4. Klarere Ziele für die Zukunft

5. Künftige GFP: Optionen und Präferenzen

5.1. Verbesserung der Bestandspolitik

5.1.1. Mehrjähriges, artenübergreifendes und ökosystemorientiertes Management

5.1.2. Technische Maßnahmen

5.1.3. Begleitung und Bewertung der Bestandserhaltungs- und Bestandsbewirtschaftungsregelungen

5.1.4. Zugang zu Gewässern und Ressourcen

5.1.4.1. Relative Stabilität...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... .......... .......26

5.1.4.2. 6/12-Meilen-Zone...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ...... ............. ...26

5.1.4.3. Shetland-Box und Zugang zur Nordsee...... ...... ...... ...... ............... .......27

5.2. Umweltgerechte Ausrichtung der GFP

5.3. Förderung von Hygiene und Sicherheit im Fischereisektor zum Schutz des Verbrauchers

5.4. Flottenpolitik

5.5. Bessere politische Führung in der GFP

5.5.1. Stärkere Beteiligung der Akteure

5.5.2. Effiziente Reaktion auf lokale Bewirtschaftungserfordernisse und Krisen

5.5.3. Effizientere Einbeziehung wissenschaftlicher Gutachten in den Beschlussfassungsprozess

5.5.4. Integriertes Küstenzonenmanagement (IKZM)

5.6. Überwachung und Kontrollen

5.7. Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Dimension der GFP

5.7.1. Neues wirtschaftliches Managementkonzept

5.7.2. Neue Prioritäten für die Aquakulturförderung

5.7.3. Förderung der Verarbeitungsindustrie

5.7.4. Berücksichtigung weiterer sozialer Aspekte

5.8. Externe Fischereipolitik

5.8.1. Multilaterale Zusammenarbeit

5.8.2. Bilaterale Zusammenarbeit

5.9. Mittelmeerfischerei

5.10. Forschung und wissenschaftliche Gutachten

6. Folgemassnahmen

GRÜNBUCH ÜBER DIE ZUKUNFT DER GEMEINSAMEN FISCHEREIPOLITIK

1. Notwendigkeit einer Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik

Fast zwanzig Jahre nach ihrer Einführung steht die Gemeinsame Fischereipolitik (GFP) vor größeren Herausforderungen. Die Politik muss sich, da sie keinen Wechsel zur nachhaltigen Nutzung der Fischereiressourcen bewirkt hat, ändern. Bestandserhaltung, wirtschaftliche Entwicklung und politischer Ansatz weisen Mängel auf.

Viele Bestände bewegen sich derzeit außerhalb sicherer biologischer Grenzen. Sie werden zu stark befischt oder ihr Laicherbestand ist auf bedenkliche Werte gesunken oder sogar beides. Besonders ernst ist die Lage bei Grundfischarten wie Kabeljau, Seehecht und Wittling. Wenn die jetzige Entwicklung nicht aufgehalten werden kann, werden viele Bestände zusammenbrechen. Gleichzeitig übersteigen die Fangkapazitäten der Gemeinschaftsflotte bei weitem das Maß, das für eine nachhaltige Fischerei erforderlich wäre.

Der gegenwärtige Reduzierung der Bestände resultiert in erheblichen Umfang aus der Festsetzung der jährlichen Fanggrenzen oberhalb der von der Kommission auf Grundlage wissenschaftlicher Empfehlungen vorgeschlagenen Margen und aus Flottenbewirtschaftungsplänen, die den Erfordernissen nicht entsprechen. Ungenügende Durchsetzung der Entscheidungen hat ebenfalls zur Überfischung beigetragen.

Der besorgniserregende Zustand des Fischereisektors beschränkt sich nicht auf die Gemeinschaft. Weltweit besteht Sorge angesichts der kritischen Lage zahlreicher Fischbestände und der Flottenüberkapazitäten vor dem Hintergrund einer ständig anwachsenden Nachfrage nach Konsumfisch.

Die wirtschaftliche Lage des Fischereisektors ist aufgrund übermäßiger Investitionen, rasch steigender Kosten und schrumpfender Ressourcen äußerst unsicher: Dies schlägt sich in der niedrigen Rentabilität und den ständig sinkenden Beschäftigungszahlen nieder. Wenn der Fischereisektor der Gemeinschaft auch in Zukunft überleben soll, muss er deutlich verkleinert werden.

Was die politischen Grundlagen betrifft, so fühlen sich die entscheidenden Akteure nicht ausreichend am Fischereimanagement beteiligt und viele glauben, dass bei der Einhaltung und Durchsetzung der Vorschriften nicht für alle dieselben Ausgangsbedingungen gelten.

Neben diesen Schwächen des Systems selbst gibt es auch externe Herausforderungen, die eine Reform erforderlich machen: Die anstehende Erweiterung der Europäischen Union, die Globalisierung der Wirtschaft, das Auftauchen neuer Akteure in der Weltfischerei und der legitime Anspruch vieler Entwicklungsländer auf Ausbau ihrer eigenen Fischwirtschaft, die stärkere Berücksichtigung umwelt- und entwicklungspolitischer Aspekte im Fischereimanagement sowie das wachsende Interesse der Öffentlichkeit an Fischereifragen sind einige der Herausforderungen, denen sich die GFP erfolgreich stellen muss.

Aber die Bilanz ist nicht nur negativ. Die GFP hat in den letzten zwanzig Jahren auch Positives bewirkt. So ist es gelungen, Konflikte auf See weitgehend einzudämmen, dem Fischereisektor eine gewisse Stabilität zu garantieren und den völligen Zusammenbruch von Beständen, wie er sich in einigen Gebieten der Welt schon ereignet hat, bisher zu verhindern. Legt man jedoch die langfristige Lebensfähigkeit des Fischereisektors als Maßstab an, so wurde für diese Erfolge ein hoher Preis gezahlt. Die jetzige Lage verlangt unabhängig von allen rechtlichen Auflagen, die die Frist 2002 setzt [1], dringend nach einer gründlichen Überarbeitung der GFP.

[1] 2002 laufen drei wichtige Regelungen aus bzw. müssten verlängert werden: Die Regeln für den Zugang zur 6-12-Meilen-Zone, zur Shetland Box und zur Nordsee. (Artikel 14 Absatz 2 der Ratsverordnung Nr. 3760/92 sowie Beitrittsakten von 1985 und 1994).

2. Grundprinzipien einer Gemeinsamen Fischereipolitik

Das wesentliche Ziel einer Fischereipolitik, wie es im Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei der FAO zum Ausdruck kommt, wird weltweit eigentlich kaum mehr angefochten: Es ist Aufgabe einer verantwortlichen Fischereipolitik, eine wirksame Erhaltung, Bewirtschaftung und Entwicklung lebender aquatischer Ressourcen unter gebührender Achtung des Ökosystems und der Artenvielfalt zu sichern, damit gegenwärtige wie auch künftige Generationen auf diese lebenswichtige Grundlage für Ernährung, Beschäftigung, Erholung, Handel und wirtschaftlichen Wohlstand zurückgreifen können.

Wenngleich der Fischerei kein eigenes Kapitel gewidmet ist, weist der Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ("EG-Vertrag") der GFP doch dieselben allgemeinen Ziele zu wie der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) (Artikel 33):

*die Produktivität durch Förderung des technischen Fortschritts, Rationalisierung der Erzeugung und den bestmöglichen Einsatz der Produktionsfaktoren, insbesondere der Arbeitskräfte, zu steigern;

*auf diese Weise der hiervon abhängigen Bevölkerung, insbesondere durch Erhöhung des Pro-Kopf-Einkommens, eine angemessene Lebenshaltung zu gewährleisten;

*die Märkte zu stabilisieren;

*die Versorgung sicherzustellen;

*für die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen Sorge zu tragen;

*dem Grundsatz der Nichtdiskriminierung Rechnung zu tragen (Artikel 34).

Laut Artikel 6 des EG-Vertrags müssen die Erfordernisse des Umweltschutzes bei Gemeinschaftsentscheidungen und -maßnahmen insbesondere zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung einbezogen werden. Artikel 174 besagt überdies, dass die Umweltpolitik der Gemeinschaft u. a. auf dem Grundsatz der Vorsorge und Vorbeugung beruht.

Die GFP muss darüber hinaus den Verbraucherschutz berücksichtigen (Artikel 153) sowie die Zielsetzungen des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts (Artikel 159).

Schließlich muss die GFP auch den im Vertrag verankerten Zielen für die Zusammenarbeit bei der Entwicklung Rechnung tragen (Artikel 177 und 178).

Nach Artikel 2 der Ratsverordnung Nr. 3760/92 (ABl. L 389/1 vom 31.12.1992) besteht das allgemeine Ziel der GFP darin, die verfügbaren und zugänglichen lebenden Meeresressourcen zu schützen und zu erhalten und dafür zu sorgen, dass sie unter wirtschaftlichen und sozial angemessenen Bedingungen rationell, verantwortungsvoll, dauerhaft und unter Berücksichtigung ihrer Auswirkungen auf das Ökosystem des Meeres bewirtschaftet werden und dabei insbesondere den Bedürfnissen sowohl der Erzeuger als auch der Verbraucher Rechnung getragen wird.

Die GFP soll einer Reihe von Zielen und rechtlichen Auflagen genügen, die mitunter, vor allem kurzfristig, widersprüchlich oder unvereinbar erscheinen. Beim heutigen Stand soll die GFP

-die Erhaltung zunehmend gefährdeter Bestände und gleichzeitig den Fortbestand der Fangtätigkeiten gewährleisten;

-die Produktionsmittel modernisieren, aber auch den Fischereiaufwand begrenzen;

-die korrekte Durchführung der Bestandserhaltungsmaßnahmen gewährleisten, während die Zuständigkeit für Überwachung und Sanktionen bei den Mitgliedstaaten liegt;

-Arbeitsplätze erhalten und gleichzeitig die Flottenkapazitäten abbauen;

-den Fischern ein angemessenes Einkommen garantieren, auch wenn die Versorgung der Gemeinschaft mit eigenen Erzeugnissen immer mehr zurückgeht und der EU-Markt zunehmend von Einfuhren abhängt; und

-Fangrechte in Drittlandgewässern erwerben, ohne die nachhaltige Entwicklung der Fischereien zu gefährden.

Es ist an der Zeit, klarer über die Ziele der GFP nachzudenken und Prioritäten zu setzen.

3. Wie ist die Lage und wie wird sie sich ohne Änderung weiter entwickeln-

3.1. Bestandserhaltung

*Aus biologischer Sicht ist eine große Anzahl von Beständen in ihrer Existenz gefährdet, wenn die jetzigen Befischungsraten beibehalten werden; höchste Gefahr besteht derzeit für Grundfischbestände. Die Lage vieler Bestände muss dringend verbessert werden.

*Die GFP hat die in der Verordnung 3760/92 vorgesehenen Instrumente noch nicht vollständig genutzt. Der Übergang zu mehrjährigen Ansätzen wurde bisher nur sehr begrenzt vollzogen und die Steuerung des Fischereiaufwands hat kaum Ergebnisse erbracht.

*Der Rat hat einige TAC systematisch höher festgesetzt als von der Kommission auf der Grundlage von wissenschaftlichen Gutachten empfohlen; Überfischung, Rückwürfe und Flottenüberkapazität haben zur Entwicklung der heutigen Probleme beigetragen.

*Wissenschaftliche Gutachten und verfügbare Informationen weisen beträchtliche Lücken und Schwächen auf.

3.1.1. Lage der wichtigsten Fischbestände

Die Anzahl geschlechtsreifer Grundfische ist nach Schätzungen des Internationalen Rates für Meeresforschung (ICES) in den letzten 25 Jahren in vielen Fällen deutlich zurückgegangen. Die durchschnittlichen Zahlen lagen Anfang der siebziger Jahre rund 90 % höher als Ende der neunziger Jahre. Bei den Anlandungen ist der Rückgang ähnlich. Bei einigen Beständen wie Kabeljau hat es sogar noch drastischere Rückgänge geschlechtsreifer Fische gegeben. Die Biomasse der pelagischen und Industriefischarten hat seit Ende der siebziger und Mitte der achtziger Jahre durchschnittlich um 20 % zugenommen, was zumindest teilweise auf die Erholung des Heringsbestands von den sehr niedrigen Werten Ende der siebziger Jahre zurückzuführen ist.

Generell wird jedes Jahr ein ständig wachsender Anteil der Bestände gefangen (höhere fischereiliche Sterblichkeit), was zum Rückgang der Laicherbestände geführt hat. In den letzten Jahren lag der Anteil der geschlechtsreifen Fische bei vielen Beständen sehr nah am oder knapp unter dem Mindestwert, bis zu dem die Nachhaltigkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit gesichert ist (Vorsorgewert der Bestandsbiomasse), während die Bestandsgröße früher in der Regel darüberlag. Ebenso verhält es sich mit der fischereilichen Sterblichkeit: Bei vielen Beständen ist sie inzwischen zu hoch, während sie historisch die festgesetzten Vorsorgewerte praktisch nie erreichte.

Vom biologischen Standpunkt aus gesehen ist die Existenz einer großen Anzahl von Beständen gefährdet, wenn die derzeitigen Befischungsraten beibehalten werden; die größte Gefahr besteht derzeit für Grundfischbestände mit hohem Handelswert. Die jüngsten wissenschaftlichen Gutachten verweisen auf die äußerst schlechte Lage der Kabeljaubestände in der Nordsee, westlich von Schottland und in der Irischen See sowie des nördlichen Seehechtbestands, der vom Skagerrak bis zur Biscaya vorkommt. In allen Fällen ist die fischereiliche Sterblichkeit auf oder kurz unter historische Hoechstwerte gestiegen, während die Menge an geschlechtsreifen Fischen historische Tiefststände erreicht. Außerdem waren die letzten Nachwuchsjahrgänge meist nicht sehr umfangreich. Für diese Bestände müssen gezielte Wiederauffuellungspläne verabschiedet werden. Dies ist für Kabeljau in der Irischen See 2000 bereits geschehen und ähnliche Maßnahmen wurden in diesem Jahr für Nordseekabeljau getroffen; weitere sind für Kabeljau westlich von Schottland geplant.

Bei den pelagischen Beständen ist die Lage weit weniger dramatisch. Bei kleinen pelagischen Arten (Hering, Sprotte, Makrele, Stöcker, Sardelle, Sardine) und Industriefischarten (Stintdorsch, Sandaal) hat sich der Zustand in den letzten 20 Jahren und vor allem in den letzten zehn Jahren nicht unbedingt verschlechtert. Für Nordseehering konnten 1996 und 1997 rasch wirksame Wiederauffuellungsmaßnahmen durchgeführt werden, während diese Fischerei Ende der 70er Jahre noch ganz eingestellt werden musste, weil frühzeitige Fangbeschränkungen unterblieben waren. Für Roten Thun gelten seit 1994 Fangbeschränkungen, auf die sich die Internationale Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT) geeinigt hat. Trotz dieser Beschränkungen hält der Wissenschaftsausschuss der ICCAT diese Bestände für deutlich überfischt und empfiehlt eine Senkung der fischereilichen Sterblichkeit um 25 %, wenn der Rückgang der Biomasse aufgehalten werden soll.

Bei den benthischen Beständen (Kaisergranat, Plattfische) kann unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten von einer übermäßigen Nutzung die Rede sein, aus biologischer Sicht jedoch ist die Lage nicht unbedingt ernst. Innerhalb dieser Gruppe könnte die Befischung der wichtigsten Bestände (Seezunge, Scholle, Kaisergranat, Flügelbutt, Seeteufel) mit reduziertem Fischereiaufwand und damit niedrigeren Produktionskosten fortgesetzt werden. Schließlich gibt es noch Arten wie Rochen und die weniger bekannten Plattfischarten (Steinbutt, Glattbutt, Limande, Rotzunge, Kliesche), die möglicherweise auch zu stark genutzt werden, für die aber keine regelmäßigen wissenschaftlichen Bestandsabschätzungen durchgeführt werden.

Die Situation stellt sich - besonders bei der mittel- bis langfristigen Entwicklung der fischereilichen Sterblichkeit - je nach Gebiet sehr unterschiedlich dar. In der Ostsee dürfte die aktuelle Situation auf Dauer nicht tragbar sein. In der Nordsee war es nicht möglich, den Rückgang der Rundfischbestände aufzuhalten oder im Fall von Seezunge und Scholle eine Sicherheitsmarge im Sinne des Vorsorgeprinzips zu garantieren, was die wirtschaftliche Lage dieser Fischereien verbessert hätte. In den westlichen Gewässern nimmt die fischereiliche Sterblichkeit zu und erreicht oder überschreitet häufig sogar die Hoechstwerte, die bisher in der Nordsee beobachtet wurden. Für das Mittelmeer sind die wissenschaftlichen Daten weniger vollständig, aber es besteht weitgehend Übereinstimmung, dass viele wichtige Bestände überfischt werden.

Mit anderen Worten, viele Bestände befinden sich schon jetzt außerhalb sicherer biologischer Grenzen oder stehen kurz davor. Sie werden zu stark befischt oder es gibt zu wenig geschlechtsreife Fische oder beides. Noch ist die Lage bei den meisten Beständen nicht wirklich katastrophal. Wenn die derzeitige Entwicklung jedoch anhält, werden viele Bestände zusammenbrechen. Die Lage vieler Bestände muss dringend verbessert werden.

3.1.2. Ursachen derzeitiger Bewirtschaftungsmängel

Zur Steuerung der Befischung hat die GFP fast ausschließlich auf die Festsetzung von Obergrenzen für die jährlich erlaubten Fangmengen (zulässige Gesamtfangmengen oder TAC und entsprechende nationale Quoten) und die Festsetzung von technischen Maßnahmen wie vorgeschriebene Maschengrößen, Schongebiete und Schonzeiten gesetzt. Frühere Versuche, derartige Maßnahmen (mit denen der Output der Fischerei kontrolliert wird) mit Maßnahmen zur Steuerung des Fischereiaufwands (Input) zu kombinieren, blieben größtenteils erfolglos. Es war bisher nicht möglich, alle nach der Verordnung 3760/92 zur Verfügung stehenden Instrumente zu nutzen. Beim Übergang zu mehrjährigen Ansätzen gab es nur geringe Fortschritte und Regelungen zur Steuerung des Fischereiaufwands blieben recht fruchtlos.

Schwierigkeiten mit TAC beruhen darauf, da( der Rat sie in einigen Fällen systematisch höher festgesetzt hat als in den wissenschaftlichen Gutachten empfohlen, auf Überfischung, Rückwürfen und illegalen oder nicht gemeldeten Anlandungen sowie auf der Überkapazität der Flotte. Außerdem können TAC nur eine begrenzte Rolle für das Management von Fischereien spielen, bei denen mit jedem Einsatz des Fanggeräts zahlreiche Arten gleichzeitig gefangen werden (gemischte oder Mehrartenfischerei).

Es ist noch zu früh, die Wirksamkeit der neuen Verordnung über technische Maßnahmen zu beurteilen, die Anfang 2000 in Kraft getreten ist. Doch auch mit diesen Maßnahmen lassen sich die aktuellen Probleme nur zum Teil lösen. Für viele Bestände sind die zulässigen Maschenöffnungen für einen wirksamen Schutz der Jungfische weiterhin zu gering. Die Einhaltung der vorgeschriebenen Maschenöffnungen lässt sich nur schwer kontrollieren, vor allem wenn während derselben Fangreise Netze mit unterschiedlichen Maschenöffnungen mitgeführt werden dürfen. Überdies sind die Vorschriften komplex und geographisch unterschiedlich, was die Befolgung nicht gerade erleichtert. Der Einsatz selektiver Techniken ist noch längst nicht ausgereizt. Außerdem ist es bisher nicht gelungen, die Fischer so einzubeziehen, dass man sich ihrer Unterstützung sicher sein und auf ihre Erfahrung aufbauen kann.

Der Schutz von Jungfischen ist besonders schwer zu verwirklichen. Die Lage hat sich soweit verschlechtert, dass es nicht mehr genug große Fische gibt und kleine Fische aus wirtschaftlichen Überlegungen heraus gefangen werden müssen, selbst wenn sie unter Schutz gestellt sind. Das Mittelmeer, für das die Verabschiedung verschiedener technischer Maßnahmen ausblieb, ist hierfür ein Beispiel.

Auch wissenschaftliche Gutachten und Daten weisen Lücken und Mängel auf. In den Mitgliedstaaten gibt es nur eine begrenzte Anzahl kompetenter Wissenschaftler in den Bereichen Fischereiforschung und Wirtschaft. Die Fischereiwissenschaftler sind oft zwangsläufig zu sehr mit der jährlichen Routine der Erstellung von Gutachten über TAC und Quoten beschäftigt, um Zeit für innovative Gedanken und die Untersuchung alternativer Managementmaßnahmen zu haben. Die Wirtschaftswissenschaftler leiden darunter, dass es keine internationale Organisation gibt, in deren Rahmen ihre Arbeiten koordiniert und gefördert werden können. Für alle Gebiete und Bereiche fehlen vollständige Daten. Generell besteht ein Mangel an Analysen wirtschaftlicher Aspekte der Mehrartenfischereien und der Wechselwirkungen zwischen Fischereiaufwand und fischereilicher Sterblichkeit, was die Festsetzung angemessener TAC erschwert.

3.2. Umweltaspekte

*Die GFP sollte Umweltaspekte sehr viel gezielter und aktiver in ihre Politik einbeziehen.

*Die Wechselwirkungen der marinen Ökosysteme und die Nebenwirkungen des Fischfangs sind nicht ausreichend erforscht, was die Umweltdefizite der GFP noch verstärkt.

*Die Umweltverschmutzung durch Industrie und andere menschliche Tätigkeiten beeinträchtigt Qualität und Vorkommen der Fische ebenso wie die Ökosysteme. Diesen negativen Folgen muss durch geeignete Maßnahmen begegnet werden.

Keine Fangtätigkeit ist ohne Folgen für das Ökosystem, aber das Ausmaß dieser Folgen und die zur Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands erforderliche Zeit sind oft noch zu wenig bekannt. Es wächst die Besorgnis über die Zerstörung von Habitaten durch Fischfang. Ferner dürfte die Entnahme von Tieren aus natürlichen Populationen nicht ohne Folgen für die Artenvielfalt und/oder den wirksamen Aufbau verschiedener Ökosysteme sein, und zwar nicht nur, wenn so umfangreiche Mengen entnommen werden, dass die Art auszusterben droht oder in bestimmten Gebieten verschwindet.

Umweltbelange und Fischereiinteressen müssen vernünftig gegeneinander abgewogen werden. Einerseits lässt sich die Tötung von Arten ohne kommerziellen Wert beim Fischfang nur in erträglichen Grenzen halten, wenn für bestimmte Formen der Fischerei Beschränkungen erlassen werden. Andererseits aber hängt der Fortbestand des Fischereisektors von einem gut funktionierenden Ökosystem und den hierin vorkommenden Arten ab.

Die GFP muss sich noch stärker darauf einstellen, Umweltaspekte in ihren Entscheidungen zu berücksichtigen. Die Überkapazitäten der EU-Flotte haben zu einer übermäßigen Befischung der Zielbestände und damit übermäßigen Druck auf Nicht-Zielarten und Habitate geführt. Es ist der GFP bisher nicht ausreichend gelungen, Umweltprobleme aktiv in ihre Überlegungen einzubeziehen. Verschärft wird dieses Problem noch durch unzureichende Kenntnisse der Wechselbeziehungen in marinen Ökosystemen und der Nebenwirkungen des Fischfangs.

Fairerweise sollte aber noch angemerkt werden, dass zahlreiche Meeresumweltprobleme nicht nur auf Fischfang zurückzuführen sind und die Fischerei selbst auch Umweltschäden ausgesetzt ist. So leidet die Qualität der Fische, die dem Verbraucher angeboten werden, unter der Verschmutzung des Wassers. Und in bestimmten Gebieten habenUmweltverschmutzung durch Industrie und andere menschliche Tätigkeiten sowie Klimaveränderungen zum Rückgang der Bestände oder dem gänzlichen Ausbleiben von Fischen beigetragen. Diese Auswirkungen auf die Fischbestände müssen dringend aufgefangen werden, wenn die Bestandserhaltungs- und Bewirtschaftungspolitik nicht konstant untergraben werden soll.

Auch sollte daran erinnert werden, dass Umweltprobleme in zahlreichen Gebieten auf die kombinierte Wirkung von Fischerei und anderen Tätigkeiten zurückzuführen sind. Die gemeinsamen Auswirkungen von Tourismus und Fischerei zum Beispiel können Lebensräume beschädigen, die durch nur eine dieser Tätigkeiten nicht berührt würden. Deshalb muss sichergestellt werden, dass Fischfang und andere Tätigkeiten, vor allem in der Nähe der Küsten, kohärent gesteuert werden. Das Integrierte Küstenzonenmanagement (IKZM) bietet ein geeignetes Instrumentarium für die erforderliche Koordinierung.

Doch lassen sich auch positive Beispiele nennen, in denen Fortschritte erzielt und Verbesserungsmaßnahmen ergriffen wurden, etwa die Auflagen für die Sandaalfischerei in der Nordsee zum Schutz von Seevögeln oder das Verbot von Treibnetzen, das zu einem besseren Schutz der Meeressäuger beitragen dürfte. Die Gemeinschaft hat ferner mit der Umsetzung mittelfristiger Strategien im Sinne des Vorsorgeprinzips begonnen.

Die Kommission ist dabei, die Umweltkomponente in Übereinstimmung mit Artikel 6 des EG-Vertrags wie in andere Politikbereiche auch in die GFP einzubeziehen. In der demnächst erscheinenden Mitteilung über die Strategie zur Einbeziehung von Umweltschutzbelangen in die Gemeinsame Fischereipolitik werden entsprechende Zielsetzungen und Mittel aufgezeigt. Wichtige Elemente der vorgeschlagenen Strategie sind i) der Ökosystem-Ansatz im Fischereimanagement, ii) die Übernahme der Umweltschutzforderungen von Artikel 174 des Vertrags und iii) die Umsetzung des "Aktionsplans zur Erhaltung der biologischen Vielfalt" und anderer spezifischer Maßnahmen, die zum Teil in der Mitteilung "Bestandsbewirtschaftung und Schutz der Meeresumwelt" (KOM(1999) 363) beschrieben sind.

3.3. Flottenpolitik

*Die Fischereiflotte der Gemeinschaft ist viel zu groß. Technologischer Fortschritt führt zu immer leistungsfähigeren Schiffen und untergräbt damit die Wirkung von Programmen zum Kapazitätsabbau.

*Die mehrjährigen Ausrichtungsprogramme wurden vom Rat auf einem Niveau festgesetzt, das nicht ehrgeizig genug war, um das Problem der Überkapazitäten zu lösen. Sie waren schwer zu verwalten und sind oft nicht durchgesetzt worden.

*Zuschüsse zu Neubauten/Modernisierungen und laufenden Kosten könnten die aktuelle Situation noch verschärft haben.

Zur Feststellung der Fangkapazität werden die Parameter Tonnage und Maschinenleistung herangezogen, auch wenn an der durch Fischerei verursachten Sterblichkeit noch sehr viel mehr Faktoren beteiligt sind. Aufgrund verbesserter Techniken und Konstruktionen ist der Fischereiaufwand von neuen Schiffen sehr viel höher als von alten Schiffen mit derselben Tonnage und Maschinenleistung. Fest steht auf jedem Fall, dass wir über eine viel zu große Flotte verfügen. Im Gulland-Bericht von 1990 und im Lassen-Bericht von 1995 wurde im Interesse einer umsichtigen Bestandsbewirtschaftung empfohlen, die fischereiliche Sterblichkeit um 40 % und in vielen Fällen noch stärker zu senken.

Dem Problem der Überkapazitäten sollte mit mehrjährigen Ausrichtungsprogrammen (MAP) begegnet werden. MAP III (1992 bis 1996) war relativ erfolgreich und bewirkte tatsächlich einen Abbau der Tonnage um rund 15 % und der Maschinenleistung um rund 10 %. Andererseits steigt die Leistungsfähigkeit der Fischereifahrzeuge jedes Jahr mit dem technologischen Fortschritt. Verbesserte Fanggeräte und Konstruktionen, Fischortungsgeräte und die moderne Telekommunikation tragen hierzu bei.

Entgegen dem Kommissionsvorschlag ist das laufende MAP IV (1997-2001) weniger durchgreifend und verlangt über seine fünfjährige Laufzeit lediglich einen Kapazitätsabbau der Gemeinschaftsflotte um 3 % und einer Einschränkung ihrer Tätigkeit um 2 %. Diese Zielvorgaben waren derartig niedrig angesetzt, dass die Gemeinschaftsflotte als Ganzes die endgültigen Kapazitätsziele für 2001 bereits bei Annahme der MAP IV im Jahr 1997 erreicht hatte. Außerdem war die Verwaltung der MAP IV durch die Möglichkeit, den Abbau über Kapazitäten und/oder Tätigkeit zu erreichen, sowohl für die Mitgliedstaaten als auch für die Kommission äußerst komplex und kostenaufwendig.

Auch Beihilfemaßnahmen haben die Ziele der Flottenpolitik häufig unterlaufen. Zuschüsse zu Neubauten, Modernisierungen und laufenden Kosten könnten die aktuelle Situation noch verschärft haben, da parallel hierzu kein ausreichender Kapazitätsabbau gefordert wurde.

Wird am derzeitigen System festgehalten, so wäre nicht nur ein Abbau der übermäßigen Flottenkapazitäten unmöglich, sondern es käme in einer Situation, in der die Bestandslage schon jetzt den fischereilichen Druck kaum aushält, auch noch zu einem Anstieg des Fischereiaufwands.

3.4. Entscheidungsprozess und Beteiligung der interessierten Akteure

*Die derzeitigen Bedingungen sind für eine rasche Reaktion auf lokale Erfordernisse und Krisensituationen nicht geeignet.

*Die Akteure werden ihrer Ansicht nach an einigen wichtigen Aspekten der Fischereipolitik nicht genug beteiligt.

Entscheidungen auf Gemeinschaftsebene zu treffen ist wenig geeignet, rasch auf lokale Erfordernisse oder Krisen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zu reagieren, etwa durch die wirklich kurzfristige Einstellung der Fischerei in einem bestimmten Fanggebiet, wenn Entscheidungen binnen Stunden getroffen werden müssen, um irreparable Schäden zu vermeiden. Es erscheint daher notwendig, den rechtlichen Rahmen so anzupassen, dass die Mitgliedstaaten entsprechende Maßnahmen ergreifen können.

Die bisherige Umsetzung der GFP und die regionalen Treffen zur Reform 2002 haben deutlich gemacht, dass die Beteiligten in bestimmte wichtige Aspekte der Fischereipolitik wie etwa die Ausarbeitung von Gutachten oder die Verabschiedung technischer Maßnahmen gerne stärker eingebunden wären. Vor allem viele Fischer sind der Überzeugung, dass ihre Vorstellungen und ihr Wissen von den Fischereimanagern und Wissenschaftlern nicht genügend berücksichtigt werden. Wegen dieser unzureichenden Beteiligung wiederum werden Bestandserhaltungsmaßnahmen häufig zurückhaltend aufgenommen. Die Akteure halten die bestehenden Konsultationsregelungen für wenig zufriedenstellend, etwa den Beratenden Ausschuss für Fischerei und Aquakultur, über den die Meinungen aller Berufskreise und anderer interessierter Gruppen eingeholt werden sollen. Die regionalen Treffen, die in letzter Zeit von der Kommission veranstaltet wurden, um spezifische Bewirtschaftungsprobleme anzusprechen, werden als Schritt in die richtige Richtung bezeichnet, aber die Beteiligten wünschen eindeutig noch mehr Mitsprache.

Es gab bereits verschiedene Vorschläge, dieses Fehlen einer angemessenen Beteiligung aller interessierten Akteure zu korrigieren. Etwa durch ein System der dezentralisierten Verwaltung nach Regionen oder Gebieten, ein System regionaler Beratungsgremien, die der Kommission Gutachten vorlegen, oder ein System, bei dem individuelle EU-Fangrechte über eine zentrale Verwaltungsstruktur der EU unter angemessener Mitwirkung von Wissenschaftlern und Industrie verwaltet werden.

Auf jeden Fall ist stärkerer politischer Entscheidungswille nötig, um die Probleme aufzugreifen und die entsprechenden Entscheidungen zu treffen. Aber auch Verfahren müssen sich ändern. Denn sonst dürften Misstrauen und Skepsis noch weiter anwachsen. Die Reform der GFP kann aber nur gelingen, wenn die Fischer überzeugt sind, dass die Fischereipolitik auch auf ihren Interessen, Meinungen und Erfahrungen beruht.

3.5. Überwachung und Kontrollen

*Die derzeitigen Regelungen sind unzureichend und gewährleisten nicht überall in der EU Gleichbehandlung.

*Die Durchführung der Kontrollmaßnahmen erfolgt zu vereinzelt. Für einen optimalen Einsatz der Mittel muss die Fischereiüberwachung besser koordiniert werden.

*Es fehlen immer noch zufriedenstellende Verfahren für die Verfolgung von Verstößen.

Kontroll- und Überwachungsmaßnahmen zur Durchsetzung der GFP gelten weithin als unzureichend und diskriminierend. In fast allen Mitgliedstaaten fordern die Fischer ein zentraleres und einheitlicheres Kontrollsystem auf Gemeinschaftsebene, da dies ihrer Ansicht nach eine wirksamere Durchführung und vor allem Gleichbehandlung in der gesamten EU garantieren würde.

Die letzten Änderungen der "Kontrollverordnung" Nr. 2847/93 (ABl. L 261 vom 20.10.1993) gingen bereits in die richtige Richtung, aber Vorschläge, mit denen die Gemeinschaftsvorschriften gestrafft und die Befugnisse der Gemeinschaftsinspektoren ausgeweitet worden wären, wurden von den Mitgliedstaaten zurückgewiesen. Das Fehlen einheitlicher Sanktionen und die nur begrenzten Befugnisse der Gemeinschaftsinspektoren (was vor allem damit zusammenhängt, dass sie Kontrollen nicht unabhängig durchführen dürfen) sind Haupthindernisse für wirksame Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene.

Auch die Verfolgung von Verstößen ist noch nicht zufriedenstellend geregelt. Angesichts der vielgestaltigen Rechtssysteme wird in den einzelnen Mitgliedstaaten häufig unterschiedlich auf Verstöße reagiert, sowohl bei der Verfolgung des einzelnen Falls als auch beim Strafmaß. Außerdem konnte die Kommission bisher aufgrund der rechtlichen Einschränkungen des derzeitigen Systems Verstöße der Mitgliedstaaten nicht angemessen verfolgen.

Derzeit werden Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen noch zu sehr getrennt durchgeführt. Kontrollmittel werden bei weitem nicht optimal eingesetzt. Der Kommission wurden bisher weder das erforderliche Personal noch die notwendigen Befugnisse zugebilligt, um die ihr übertragene Aufgabe erfolgreich durchzuführen. Auch die Lage in den Mitgliedstaaten ist nicht unbedingt zufriedenstellend.

Ferner hat die Gemeinschaft in der Frage der Fischereiüberwachung im Rahmen von regionalen Fischereiorganisationen noch keine klare Position bezogen. Die Zuständigkeiten von Kommission und Mitgliedstaten müssen geklärt werden, wobei letzteren die zentrale Rolle bei der Durchführung der von den jeweiligen Organisationen verabschiedeten Kontrollregelungen zufällt. Das Fehlen einer klaren Gemeinschaftsstrategie zur Fischereiüberwachung in internationalen Gewässern gefährdet die Bemühungen, den internationalen Verpflichtungen der Gemeinschaft nachzukommen und die weitere Präsenz der Gemeinschaftsflotte in diesen Gewässern zu sichern.

Die Reform der GFP bietet Gelegenheit, die Debatte über die Verbesserung der Kontrollregelung wieder aufzugreifen und mögliche neue Formen wirksamer Strafen zu überlegen. Diese Gelegenheit nicht zu nutzen, wäre ein schwerer Schlag für die Glaubwürdigkeit der GFP.

3.6. Wirtschaftliche und soziale Dimension

*Die wirtschaftliche Dimension der GFP ist beträchtlich. Jedes Jahr fließen 1,1 Mrd. EUR öffentlicher Mittel (Gemeinschaft und Mitgliedstaaten) in den Fischereisektor.

*Die Überkapazität wirkt sich auf die Rentabilität der Flotten nachteilig aus. Zur Verbesserung der wirtschaftlichen und finanziellen Leistung der Flotte muss das eingesetzte Kapital insgesamt verringert werden.

*Die Beschäftigung in der Fischerei nimmt ständig ab.

*Ohne Änderung der Maßnahmen und Konzepte werden Zukunftsfähigkeit und wirtschaftliche Überlebensfähigkeit des europäischen Fischereisektors immer mehr abnehmen.

In der Verordnung Nr. 3760/92 wird auf die langfristige Entwicklung des Sektors, die besonderen Bedürfnisse der von der Fischerei und angeschlossenen Gewerbezweigen besonders abhängigen Gebiete und Bevölkerungen sowie die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Umstrukturierung Bezug genommen. Die wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen der GFP wurden vernachlässigt.

Die GFP hat bedeutende wirtschaftliche Auswirkungen. Die gemeinsame Marktorganisation und die gemeinsame Handelspolitik bieten den Gemeinschaftserzeugern Preisstützung und Zollschutz. Über das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) greift die Gemeinschaft entscheidend in den Fischereisektor ein und finanziert sowohl Investitionen in Fischereifahrzeuge als auch in Verarbeitungs- und Aquakulturanlagen an Land. Außerdem finanziert sie die Kosten des Fischfangs im Rahmen externer Fischereiabkommen. Und schließlich gewähren auch die Mitgliedstaaten dem Sektor außerhalb des FIAF noch Beihilfen. Insgesamt werden auf diese Weise jährlich 1,1 Mrd. EUR öffentliche EU- und einzelstaatliche Mittel in den Fischereisektor gepumpt, ein beträchtlicher Anteil am Wert der EU-Gesamterzeugung (angelandete Fänge rund 7 Mrd. EUR und Aquakultur rund 2 Mrd. EUR).

Die Probleme der Fischerei haben Auswirkungen auf die von der Fischerei abhängigen Gebiete. Die langfristige Entwicklung des Sektors, die besonderen Bedürfnisse von Gebieten, deren Bevölkerung besonders von der Fischerei und damit zusammenhängenden Aktivitäten abhängt, und die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Umstrukturierung werden in der Verordnung Nr. 3760/92 angesprochen. Darüberhinaus sind die am wenigsten wohlhabenden Gebiete der Europäischen Union und die Inseln im Rahmen von Ziel 1 der Strukturfonds (Gebiete mit Entwicklungsrückstand) bis 2006 berücksichtigungsfähig. Diese Programme umfassen den grö(ten Teil der Küstengebiete und Inseln folgender vier Länder: Portugal, Spanien, Italien und Griechenland. Andere Gebiete werden nach Ziel 2 (Umstellungsgebiete) gefördert. Darunter fallen unter anderem von der Fischerei abhängige Gebiete mit Schwierigkeiten. In diesem Bereich sind Gebiete in fünf Mitgliedstaaten mit einer Million Einwohnern nach Ziel 2 förderungsfähig. Ein besonderes Programm (PESCA) wurde in dem vorangehenden Plannungszeitraum 1994-1999 eingeführt, um bei der Anpassung der Fischer an die Änderungen des Sektors zu helfen und um sie für alternative Beschäftigungen vorzubereiten.

Trotz des Umfangs der EU-Beteiligung an der Fischerei jedoch bleiben für die Entwicklung einer ökonomischen oder "wirtschaftlichen" Strategie für die Fischwirtschaft die Mitgliedstaaten zuständig, die hier sehr unterschiedliche und manchmal sogar widersprüchliche Ziele verfolgen (im Gegensatz zu anderen Sektoren, in denen die Gemeinschaft eine Politik der strukturellen Anpassung betreibt). Im Interesse größerer Wirksamkeit der EU-Interventionen ist es unerlässlich, die politischen Ziele klarer zu definieren.

Angesichts der Heterogenität des Fischereisektors ist es schwierig, dessen wirtschaftliche und finanzielle Leistungsbilanz zu ziehen und die kurz- und langfristigen Voraussetzungen seiner wirtschaftlichen Existenzfähigkeit einzuschätzen. Doch sind die Erlöse aus aufwendigem Fischfang (Daten über kleine Fischereien gibt es kaum) häufig bescheiden und schwanken von Jahr zu Jahr stark, so dass die Lage des Sektors niemals stabil ist. Mitunter reichen die Gewinnspannen noch nicht einmal aus, die Kosten und den Kapitalverzehr zu decken. Nach mehreren Jahren erheblicher Verluste trat Mitte der 90er Jahre eine gewisse Besserung ein. Diese war aber weniger das Ergebnis grundsätzlich anderer Voraussetzungen, als vielmehr auf einen Anstieg der erzielten Preise und einen Rückgang der Treibstoffkosten zurückzuführen (inzwischen ist genau das Gegenteil der Fall). Das heißt, die besseren finanziellen Erträge waren das Ergebnis zyklischer und nicht struktureller Faktoren.

Der enge Zusammenhang zwischen Umsatz und profitablem Wirtschaften eines Fischereibetriebs zeigt, wie wichtig für die Rentabilität das richtige Verhältnis zwischen Anzahl und Kapazität der Fischereifahrzeuge einerseits und verfügbaren Fischereiressourcen andererseits ist. Überschüssige Kapazitäten bedeuten, das mehr oder minder konstante Anlandeerlöse zwischen einer großen Zahl von Mitwirkenden geteilt werden müssen. Überkapazität hat eine Reihe negativer wirtschaftlicher Auswirkungen. Sie schränkt die Möglichkeit des einzelnen Schiffes ein, ein angemessenes Einkommen zu erwirtschaften. Die Rentabilität der Flotte wird dadurch beeinträchtigt, dass Investitionen nicht gewinnbringend genutzt werden können; gleichzeitig wird durch die mangelnde Rentabilität jede Modernisierung hinausgezögert und die Wettbewerbsfähigkeit dadurch noch mehr geschwächt. Wenn die wirtschaftliche und finanzielle Leistung der EU-Fischereiflotte verbessert werden soll, muss daher zuallererst der Gesamtumfang des eingesetzten Kapitals reduziert werden.

Die derzeit gewährten Zuschüsse zu Investitionen in der Fischwirtschaft sowie bestimmte Steuervergünstigungen wie abgabenfreier Kraftstoff tragen zur Verwirklichung dieses Ziels nicht bei. Indem die Investitionskosten und -risiken in einem bereits überkapitalisierten Wirtschaftszweig künstlich gesenkt werden, wird ein übermäßiges Kapitalangebot gefördert. Jedes neu subventionierte Schiff verringert die Produktivität und Rentabilität aller anderen Schiffe in der betreffenden Fischerei. Außerdem wird der Wettbewerb verzerrt, da subventionierte und nicht subventionierte Schiffe um dieselben Fanggründe und denselben Markt konkurrieren. Und angesichts der hohen Tilgungskosten sind Schiffseigner kaum in der Lage, ihre Beschäftigten besser zu entlohnen (oder mehr Leute einzustellen). Infolgedessen hat der Sektor mehr Mittel angezogen als sonst der Fall wäre, was zu Lasten der übrigen Wirtschaftszweige geht, weil die hier verbrauchten Mittel anderswo sinnvoller eingesetzt wären.

Der Fischereisektor nimmt an Umfang ständig ab. Im Zeitraum 1990 bis 1997 ging die Beschäftigung im Fischfang und in der Verarbeitung zurück (-19 % bzw. -10 %), während sie in der Aquakultur stieg (+22 %); die Gesamtbeschäftigung in diesen Bereichen verzeichnete einen Rückgang um 13 % (d. h. Verlust von 60 000 Arbeitsplätzen). Je nach Land und Region gibt es hierbei größere Unterschiede (in Griechenland z. B. ist ein allgemeiner Anstieg zu verzeichnen, während die dänischen Zahlen in allen Bereichen drastisch zurückgingen).

Im gleichen Zeitraum gab es bei der Abhängigkeit von der Fischerei einige Verschiebungen. Zwar waren die überwiegende Mehrheit der Gebiete, die in 1990 von der Fischerei abhängig waren, dies auch noch 1997, aber die Karte der von der Fischerei abhängigen Regionen hat sich stark verändert. Während der Grad der Abhängigkeit der am stärksten abhängigen Gebiete besonders in Spanien deutlich zurückging, ist in griechischen Regionen eine höhere Abhängigkeit festzustellen. Ein Rückgang der Abhängigkeit von den Fangmengen/Anlandungen wurde in einigen Gebieten durch eine Zunahme der Beschäftigung in der Aquakultur wettgemacht. Eine Tendenz zu stärkerer Abhängigkeit lässt sich in einigen Ziel-1-Gebieten feststellen, deren wirtschaftliche Entwicklung gebremst verläuft und die kaum über alternative Erwerbsmöglichkeiten verfügen.

Allgemein lässt sich ein steter Rückgang der Beschäftigung in der Fischerei feststellen. Die bevorzugte Form der Gemeinschaftsunterstützung, nämlich Investitionsbeihilfen, könnten das Problem der Überkapazität, der geringen Rentabilität und der Ersetzung von Arbeit durch Kapital im Fangsektor noch verstärkt haben. Und da der Fischereisektor gegenüber Sektoren bevorzugt wurde, die freiwerdenden Arbeitkräften aus dem Fischereisektor alternative Beschäftigungsmöglichkeiten bieten könnten, wurde die Abhängigkeit von der Fischerei möglicherweise noch erhöht. Einzige bemerkenswerte Ausnahme war das Programm PESCA, mit dem die Gemeinschaft aktiv versucht hat, die Umstellung von Fischern auf alternative Erwerbszweige zu fördern; im Vergleich zu andern Beihilfen jedoch fiel dieses Programm bescheiden aus, und die innovativen Teile wurden unzureichend in Anspruch genommen.

Der Versuch, durch Zuschüsse an den Fischereisektor Arbeitsplätze in den von der Fischerei abhängigen Regionen zu retten, könnte sich als Eigentor erweisen. Eine solche Politik hat den ständigen Rückgang der Beschäftigung in der Fischerei (im Fangsektor durchschnittlich 2 % jährlich) unter dem Druck der knappen Fischereiressourcen und des technischen Fortschritts mit seiner dramatischen Steigerung der Arbeitsproduktivität nicht aufhalten können. Aufgrund der besser bezahlten und sicheren Beschäftigungsmöglichkeiten in anderen Sektoren wird es vielerorts immer schwieriger, Besatzungen für Fischereifahrzeuge zu finden, vor allem in der Fernfischerei.

Die wirtschaftlichen Maßnahmen, die bisher von der Gemeinschaft oder auf einzelstaatlicher Ebene im Fischereisektor ergriffen wurden, lassen einiges zu wünschen übrig. Ohne neue Maßnahmen und Konzepte werden Zukunftsperspektiven und wirtschaftliche Existenzfähigkeit des europäischen Fischereisektors immer weiter abnehmen und er wird möglicherweise sogar auf dem eigenen Markt nicht mehr wettbewerbsfähig sein. Eine überkapitalisierte und viel zu große Flotte bedroht darüber hinaus den Fortbestand der Fischereiressourcen und trägt keineswegs zur Lösung des Beschäftigungsproblems in Regionen bei, in denen Fischfang eine wirtschaftlich wichtige Rolle spielt. Daher muss die Gemeinschaft unbedingt ein neues wirtschaftliches Managementkonzept für den Fischereisektor entwerfen.

Ein nachhaltiges Fischereimanagement, das die Wachstumsfähigkeit der Fischbestände wiederherstellt, wird der Wirtschaft und der Gesellschaft insgesamt höhere Erträge sichern, sowohl wirtschaftlicher als auch sozialer Art. Größere Fischbestände führen langfristig zu besseren Fangergebnissen (Fang pro fischereiliche Aufwandseinheit) und höheren Renditen in der Fischerei, die Berufseinsteiger anziehen können. Dezimierte Fischbestände haben die gegenteilige Wirkung, weil die Einkommen so niedrig sind, dass die Kosten nicht gedeckt werden und sowohl Kapital als auch Arbeitskräfte die Fischerei verlassen. Kurz- bis mittelfristig allerdings werden sich der Rückgang an Kapital und Arbeitskräften positiv auf die Nettoeinkommen der weiterhin Beschäftigten auswirken, weil die verbliebenen Schiffe bei praktisch unveränderten Betriebskosten mehr Fisch fangen können.

3.7. Aquakultur

*Die Aquakultur trägt erheblich zur Versorgung mit Fischereierzeugnissen bei und bietet in vielen von der Fischerei abhängigen Regionen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten.

*Die europäische Aquakultur muss sich den Herausforderungen von Umwelt- und Gesundheitsschutzauflagen erfolgreich stellen.

Die expandierende Aquakultur trägt dazu bei, mehr Fisch anbieten zu können, ohne den Druck auf die Bestände zu erhöhen. Sie bietet ferner in vielen von der Fischerei abhängigen Regionen alternative Beschäftigungsmöglichkeiten.

Die Aquakultur spielt im Hinblick auf die Verbesserung der sozioökonomischen Lage vieler Küstengemeinden eine entscheidende Rolle. Doch auch wenn die Entwicklung im allgemeinen positiv beurteilt werden muss, sieht sich die Aquakultur in der Gemeinschaft doch vor eine Reihe von Problemen gestellt. So wird die Ausdehnung der Aquakultur immer mehr als Bedrohung für andere Tätigkeiten gesehen. Vor allem der Tourismussektor bemängelt, dass die Aquakultur Flächen beansprucht, die zur Freizeitgestaltung genutzt werden könnten, und dass sie mit ihren Abfallprodukten die Qualität der nahegelegenen Badewässer beeinträchtigt. Wenn die Aquakultur eine sichere Zukunft haben soll, müssen für diese Konflikte mit anderen Nutzern der Küstengebieten Lösungen gefunden werden.

Der internationale Handelswettbewerb hat die Aquakultur in den letzten zehn Jahren auch beeinflu(t. Der Rückgang des Kilopreises ab Betrieb bei allen Zuchterzeugnissen löste Produktivitätssteigerungen und den Übergang zu neuen Vermarktungsstrategien aus.

Infolge der Rechtsvorschriften, die in den letzten zehn Jahren vor allem im Bereich des Gesundheits- und Umweltschutzes verabschiedet wurden, kam es zu einem Anstieg der Produktionskosten, so dass für Marketing und Absatzförderung weniger Geld zu Verfügung steht.

Die Aquakulturpolitik der Gemeinschaft kommt in erster Linie über ihr Hauptfinanzinstrument zum Ausdruck, das Finanzinstrument für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF)): Es werden generell Zuschüsse gewährt, aber in Ziel-1-Gebieten gelten höhere Beihilfesätze. Dieser Fonds ist zweifellos ein wirksames Instrument zur Förderung der europäischen Integration, aber bisher hat sich die Unterstützung durch das FIAF eigentlich darauf beschränkt, Zuschüsse zu Produktivinvestitionen der Unternehmen zu gewähren.

3.8. Verarbeitungsindustrie

*Die europäische Verarbeitungsindustrie besteht überwiegend aus kleinen und mittleren Unternehmen, die mit unzureichenden und unregelmäßigen und nicht wettbewerbsfähigen Lieferungen, Gesundheits- und Hygieneauflagen, dem Wettbewerb durch Drittländer sowie größeren Vertriebsketten zu kämpfen haben, die die Preise drücken.

*In diesen Sektor fließen umfangreiche Strukturbeihilfen der Gemeinschaft.

Der Wirtschaftszweig umfasst etwa 2000 Verarbeitungsbetriebe. Es handelt sich überwiegend um kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen haben: Unzureichende, unregelmäßige und nicht wettbewerbsfähige Rohwarenlieferungen, Schwierigkeiten aufgrund überalteter Produktionsmittel, die erforderliche Anpassung an Gesundheits- und Hygienevorschriften, starke Konkurrenz durch Drittlanderzeugnisse und Ausbreitung von großen Einzelhandelsunternehmen, die niedrigere Preise diktieren.

Die Versorgung mit Rohware stellt ein größeres Problem dar, denn die EU verzeichnet bei Fischereierzeugnissen ein Handelsdefizit und die immer knapperen Gemeinschaftsressourcen verbessern die Lage auch nicht gerade. Die Gemeinschaftsunternehmen können Fisch zu ermäßigten Zollsätzen einführen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Eingeführt werden vor allem halb verarbeitete und gefrorene Erzeugnisse, die in der Gemeinschaft weiter verarbeitet werden und dadurch an Wert gewinnen.

Die Probleme, mit denen die Industrie in den vergangenen Jahren zu kämpfen hatte, haben einen umfangreicheren Umstrukturierungsprozess eingeleitet, mit stärkerer Konzentration auf größere Unternehmen (die häufig zu größeren Nahrungsmittel-, Finanz- oder Vertriebsketten gehören), die zumindest landesweit oder sogar europaweit vertreten sind und in der Regel Mehrfachprodukte mit hoher Wertschöpfung herstellen, oder auf größere vertikal integrierte Unternehmen, die auf den Grundsatz eines bevorzugten Rohwarenzugangs setzen. Diese Zusammenschlüsse nehmen im Sektor eine wichtige Stellung ein.

Zwischen 1986 und 1999 entwickelte sich die EU-Beihilfepolitik für die Verarbeitungsindustrie von flankierenden Maßnahmen zur Entwicklung und Modernisierung des Sektors hin zu einer Politik der Umstrukturierung und Förderung neuer Produktionstechniken zur allgemeinen Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit.

3.9. Internationale Dimension der GFP

*Die sich ändernden Umstände und die neuen Herausforderungen wie neue Akteure, berechtigte Bemühungen vieler Entwicklungsländer um Ausbau ihrer Fischwirtschaft und die Anforderungen einer nachhaltigen Entwicklung und verantwortungsvollen Fischerei verlangen eine Anpassung der Politik.

Die Gemeinschaft verfügt über eine der größten Fischereiflotten der Welt, und auch wenn diese größtenteils in Gemeinschaftsgewässern tätig ist, hängt der Fangsektor der EU doch zu einem beträchtlichen Teil vom Zugang zu außergemeinschaftlichen Ressourcen ab, d. h. gemeinsam mit Drittländern bewirtschafteten Ressourcen, Ressourcen in den Gewässern unter der Gerichtsbarkeit entfernterer Küstenstaaten oder Ressourcen in internationalen Gewässern. In allen Fällen müssen die Zugangsbedingungen zwischen der Gemeinschaft und einem oder mehreren Küsten- oder Flaggenstaaten ausgehandelt werden.

Technischer Fortschritt, die Präsenz neuer Fangflotten, die steigende Zahl von Schiffen unter Billigflagge, die sich nicht an internationale Regeln halten, und das Bestreben neuer Länder, ihren Fischereisektor auszubauen, führt zu immer neuen Wettbewerbssituationen weit über die traditionellen Konflikte in der Fischerei hinaus (Fanggerätkonflikte, Wettbewerb zwischen kleiner und industriell betriebener Fischerei usw.). Außerdem besitzen die Flotten der neu eingestiegenen Fangnationen, die mit niedrigeren Kosten operieren, Wettbewerbsvorteile gegenüber der europäischen Fernfischereiflotte.

Die Zukunft der bilateralen Fischereibeziehungen der EU ist ungewiss. Viele Staaten unternehmen den Versuch, ihre eigene Fischerei auszubauen und in internationalen Gewässern ebenfalls Fischfang zu betreiben. Dies erfordert eine zunehmende Kooperation in Bereichen wie finanzielle Hilfen, Unterstützung bei der Entwicklung der Humanressourcen, technische Hilfe, Technologie-Transfer, Beratungsdienste, Ausbildung und Kapazitätsaufbau, damit diese Staaten ihre Ressourcen besser bewirtschaften können.

Zahlreiche Drittländer, in deren Gewässer die europäischen Schiffe früher fischten, kämpfen heute ebenfalls mit dem Problem der Bestandsdezimierung, während sie für ihre Versorgung mit Nahrungsmitteln und für ihr Wirtschaftswachstum doch von der Fischerei abhängen. Die Fangtätigkeit in Gewässern unter der Gerichtsbarkeit der Entwicklungsländer wird durch die wirtschaftliche und soziale Lage, die mangelnden Kenntnisse über die aquatischen Ressourcen und die Auswirkungen der Fischerei auf die Ökosysteme, die Schwierigkeit der Bereitstellung "überschüssiger" Bestände für ausländische Flotten, die ungewisse und mit Risiken verbundene Lage, die keine langfristigen Investitionen zulässt, die mangelnde Überwachung der Fischereitätigkeiten sowie die Probleme bei der Bekämpfung von Piraterei und illegalem Fischfang erheblich erschwert. Außerdem können Drittländer, die ihre Fangkapazitäten abbauen müssen, nicht um zusätzliche Fangmöglichkeiten für europäische Schiffe gebeten werden.

Die externe Fischereipolitik der Gemeinschaft über bilaterale Abkommen weist zudem eine Reihe von Schwächen auf:

*Die Fischereiabkommen sind nicht immer flexibel genug, um rasche Reaktionen auf den Rückgang der Bestände zu ermöglichen, sie sind nicht artenübergreifend, das Vorsorgeprinzip wird selten erwähnt oder angewandt.

*Die Fangmöglichkeiten, die den europäischen Schiffen eingeräumt werden, sind nicht immer durch die tatsächliche Bestandslage gerechtfertigt.

*Die von der europäischen Flotte verursachte fischereiliche Sterblichkeit ist nicht in allen Fällen bekannt.

*Einige Fischereiabkommen bieten nicht genügend Garantien für den Schutz der kleinen Küstenfischerei.

*Im Rahmen der GFP gibt es Unvereinbarkeiten zwischen Fischereiabkommen einerseits und der aus dem FIAF bezuschussten Verlagerung von Schiffen andererseits. Schiffe in der Hand von vorwiegend europäischen Gesellschaften befischen dieselben Ressourcen nach unterschiedlichen Regeln.

Durch Übernahme des Verhaltenskodex für verantwortungsvolle Fischerei hat die Gemeinschaft sich bereit erklärt, mit den Entwicklungsländern zusammenzuarbeiten und sie bei der Entwicklung ihres Fischereisektors zu unterstützen. Künftige bilaterale Fischereibeziehungen der Gemeinschaft müssen diesem Engagement Rechnung tragen.

Da die externe Fischereipolitik der Gemeinschaft in internationalen Gremien häufig angegriffen wird, muss außerdem alles darangesetzt werden, ihre Glaubwürdigkeit und ihr Image in den Augen der internationalen Öffentlichkeit zu verbessern.

Wenn es nicht gelingt, die externe Fischereipolitik an die neuen Umstände und Herausforderungen anzupassen, wird die Gemeinschaft als wichtiger und verantwortungsvoller Akteur der Weltpolitik an Bedeutung verlieren.

3.10. Mittelmeerfischerei

*Die Gemeinschaftspolitik im Mittelmeer bleibt hinter den Erwartungen zurück: Die Umsetzung der Verordnung mit technischen Maßnahmen für das Mittelmeer verläuft wenig zufriedenstellend, es fehlen Daten und die internationale Zusammenarbeit macht kaum Fortschritte.

Das Mittelmeer ist ein strategischer Raum, der Länder mit äußerst unterschiedlichem kulturellen, religiösen, ethnischen und wirtschaftlichen Hintergrund verbindet. Die GFP könnte eine wichtige politische Rolle bei einer mittelmeerweiten Zusammenarbeit spielen, die sich der Bedeutung gemeinsamer Ressourcen und Ziele bewusst ist.

Im Gegensatz zur Struktur- und Markpolitik, die inzwischen vollständig eingeführt sind, gelten Bestandserhaltungs- und Bewirtschaftungsmaßnahmen im Mittelmeer bisher nur zum Teil. Dies hängt u. a. mit den spezifischen Merkmalen der Mittelmeerfischerei zusammen:

-Der Festlandsockel ist meist sehr schmal und Fischfang wird überwiegend in den Hoheitsgewässern der Küstenstaaten betrieben. Die meisten Staaten erheben keine Ansprüche über das 12-Seemeilen-Küstenmeer hinaus. Schiffe anderer Staaten als der Mittelmeeranrainer betreiben intensiven Fischfang auf Thunfisch und andere wertvolle Arten in internationalen Gewässern;

-Mittelmeerfischerei ist in erster Linie Küstenfischerei und die lokalen Fangflotten fischen in nationalen wie internationalen Gewässern überwiegend mit kleinen Booten. Jahrhundertealte Traditionen und Einrichtungen wie Prud'hommies in Frankreich und Cofradias in Spanien spielen in den Mittelmeerregionen noch eine wichtige Rolle;

-In der Wirtschaft zahlreicher Gebiete nehmen Fischerei und Aquakultur eine wichtige Stellung ein. Ein Großteil der von der Fischerei abhängigen Regionen der Gemeinschaft entfällt auf den Mittelmeerraum.

Seit Beginn der 90er Jahre hat die Gemeinschaft mehrere Initiativen zu Verbesserung des Fischereimanagements im Mittelmeer unternommen. Hierzu zählen die Vereinheitlichung technischer Maßnahmen, der Einsatz selektiverer Fanggeräte (einschließlich Verbot von Treibnetzen) und eine verstärkte internationale Zusammenarbeit (diplomatische Konferenzen von Kreta und Venedig und Beitritt der Gemeinschaft zu den einschlägigen regionalen Fischereiorganisationen, d. h. der Allgemeinen Kommission für die Fischerei im Mittelmeer (GFCM) und der Internationalen Kommission für die Erhaltung der Thunfischbestände im Atlantik (ICCAT).

Die Ergebnisse blieben jedoch hinter den Erwartungen zurück: Sowohl die internationale Zusammenarbeit als auch die Stärkung der GFCM-Verfahren kommen nur langsam voran und die gemeinschaftsinternen Maßnahmen werden von den Fischern abgelehnt (und daher nicht eingehalten) und von den Mitgliedstaaten nur unzulänglich überwacht.

Hauptinstrument zur Bewirtschaftung der Ressourcen auf Gemeinschaftsebene war bisher die Verordnung Nr. 1626/94 über technische Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände im Mittelmeer (ABl. L 171 vom 6.7.1994), deren Ziele eine Harmonisierung der Rechtsvorschriften in den Küstenmitgliedstaaten ist. Die Durchführung dieser Verordnung war bisher jedoch wenig zufriedenstellend.

Auf Schwierigkeiten stoßen die Anwendung und die Durchsetzung von Mindestanlandegrößen. Denn es existiert ein Markt für untermaßige Fische, in bestimmten Mittelmeergebieten haben strenge Kontrollen keinerlei Tradition und hinzu kommt das verbreitete Gefühl unter den Fischern, am Entscheidungsprozess nicht ausreichend beteiligt worden zu sein. Darüberhinaus sind die Flotten der Drittländer nicht den gleichen strengen Regeln unterworfen.

Im außenpolitischen Bereich macht die multilaterale Zusammenarbeit nur wenig Fortschritte. Es fehlen wirksame Kontrollen und wissenschaftliche Gutachten, die sich auf zuverlässige Daten stützen. Wenn sich hier nichts ändert, könnten einige Parteien versucht sein, einseitige Maßnahmen wie eine Ausweitung bestehender oder Errichtung neuer Fischereizonen zu ergreifen, die für die Gemeinschaftsfischer ernste Probleme mit sich brächten und rechtliche Komplikationen in den Beziehungen der Gemeinschaft zu bestimmten Drittländern.

Ohne gegensteuernde Maßnahmen wird sich die Bestandslage in den genannten Gebieten verschlechtern. Ein Mangel an einschlägigen Daten zur Stützung der Managementsentscheidungen, das Fehlen einer wirksamen Fischereiüberwachung, das Fehlen internationaler Zusammenarbeit mit den angrenzenden Staaten und der vermehrte Rückgriff auf einseitige Maßnahmen wären die Folge, wenn die Gemeinschaft untätig bleibt.

4. Klarere Ziele für die Zukunft

Wie die obigen Ausführungen zeigen, hängen die gegenwärtigen Probleme der GFP zu einem großen Teil mit der Vielzahl und mangelnden Genauigkeit ihrer Ziele zusammen. Einzeln genommen sind die allgemeinen Ziele der GFP durchaus legitim, aber sie lassen sich ausschließlich langfristig verwirklichen. Die Sicherung der langfristigen und nachhaltigen Überlebensfähigkeit der Fischerei jedoch erfordert kurzfristige Korrekturen, mit denen die Wachstumsfähigkeit der Bestände wieder hergestellt werden soll. Dazu gehört eine Reduzierung der Inputfaktoren, Investitionen und Arbeitsplätze. Derartige Anpassungen mit dem Ziel langfristiger Vorteile müssen den Kosten gegenübergestellt werden, die sich kurz- und langfristig aus einer Fortsetzung der derzeitigen Politik ergeben.

Die Kommission ist der festen Überzeugung, dass es der GFP gelingen kann, den Herausforderungen über eine Reihe klar formulierter, kohärenter Ziele zu begegnen. Die Reformdebatte sollte sich auch mit der Gewichtung der einzelnen Ziele auseinandersetzen und anerkennen, dass im Falle nicht zu vereinbarender Ziele klarere politische Vorgaben erforderlich sind.

Nach Ansicht der Kommission sollte sich die künftige GFP folgende Ziele setzen:

*Ausübung einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Fischerei, die gesunde marine Ökosysteme und damit die Erhaltung hochwertiger, vielfältiger und immer wieder nachwachsender Meeresressourcen und Lebensräume garantiert. Hierzu ist es dringend erforderlich, die Bestandserhaltungspolitik zu straffen und die derzeit negative Entwicklung vieler Bestände rückgängig zu machen.

*Beitrag zur Verwirklichung der Umweltschutzziele des Artikels 174 des EG-Vertrags. Ergänzend zu den fischereipolitischen Maßnahmen sollten geeignete Maßnahmen zur Verringerung von Umweltbelastungen durch andere menschliche Tätigkeiten wie Seetransporte, Ölbohrungen, Baggerungen usw. erwogen werden.

*Integrierung von Gesundheitsanforderungen in die GFP im Interesse des Gesundheits- und Verbraucherschutzes und der Lebensmittelsicherheit und zur Gewährleistung einer regelmäßigen Versorgung des Gemeinschaftsmarktes zu für den Verbraucher annehmbaren Preisen.

*Möglichst rasche Anpassung der Fangkapazitäten an die auf Dauer verfügbaren Fischereiressourcen.

*Öffnung der politischen Führung durch Übergang zu Managementverfahren und Entscheidungsprozessen, die mehr Transparenz, Rechenschaftspflicht und Flexibilität beinhalten, Akteure und andere Interessierte auch auf regionaler und lokaler Ebene beteiligen und sicherstellen, dass auf kritische Situationen und Bestandsprobleme lokaler Art angemessen reagiert werden kann.

*Wirksame Durchsetzung der GFP-Vorschriften über transparente Regelungen, die überall in der EU gleiche Ausgangsbedingungen und Gleichbehandlung garantieren.

*Sicherung eines wirtschaftlich existenzfähigen und unabhängigen Fischerei- und Aquakultursektors, der in einer globalisierten Wirtschaft wettbewerbsfähig bleibt.

*Bewältigung der strukturellen Anpassungsprobleme, die sich aus der Verpflichtung zu nachhaltiger Fischerei ergeben.

*Förderung einer verantwortungsvollen und rationellen Nutzung der Fischereiressourcen in internationalen Gewässern und Ausbau der Partnerschaften mit Drittländern in Übereinstimmung mit der Entwicklungspolitik der Gemeinschaft.

*Bessere und umfangreichere Erfassung einschlägiger Daten zur Unterstützung der Entscheidungsfindung und Förderung multidisziplinärer wissenschaftlicher Forschungsvorhaben, die aktuelle, aussagekräftige und zuverlässige wissenschaftliche Daten und Gutachten zu Fischereien, angeschlossenen Ökosystemen und einschlägigen Umweltfaktoren liefern.

Die Anregung einer öffentlichen Debatte auf der Grundlage dieses Grünbuches ist der erste Schritt zur Verwirklichung dieser Ziele.

5. Künftige GFP: Optionen und Präferenzen

5.1. Verbesserung der Bestandspolitik

*Mehrjähriges und ökosystemorientiertes Management.

*Straffung der technischen Maßnahmen zum Schutz von Jungfischen und zur Reduzierung der Rückwürfe. Pilotprojekte für bisher nicht angewandte Maßnahmen wie etwa ein Rückwurfverbot.

*Entwicklung eines Systems, mit dem sich die Fortschritte der GFP unter dem Blickwinkel der nachhaltigen Entwicklung sowie der Erfolg der Bewirtschaftungsregelungen und Maßnahmen im Vergleich zu den Zielsetzungen messen lassen.

*Weiterführung der Zugangsregelungen für die 6-12-Meilen-Zone und die Shetland-Box.

Es gibt kein Allheilmittel für die Probleme der Bestandserhaltung, aber die derzeit kritische Lage vieler Bestände macht es dringender denn je erforderlich, die gesamte Palette verfügbarer Instrumente wirksam einzusetzen.

Konkret sollten folgende Maßnahmen ins Auge gefasst werden:

5.1.1. Mehrjähriges, artenübergreifendes und ökosystemorientiertes Management

Der Forderung nach mehrjährigen Bewirtschaftungsplänen, die das Vorsorgeprinzip berücksichtigen, wird inzwischen kaum mehr widersprochen. Die Kommission hat dem Rat und dem Europäischen Parlament im Dezember 2000 eine Mitteilung über die Anwendung des Vorsorgeprinzips und der mehrjährigen Mechanismen zur Festsetzung der TAC vorgelegt [2].

[2] KOM(2000) 803 endg.

Der Zweck eines mehrjährigen Konzepts liegt darin, zwei Hauptnachteile der jährlichen Festsetzung von TAC und Quoten zu überwinden: Die Aufschiebung wichtiger, aber schwieriger Entscheidungen und abrupte jährliche TAC-Schwankungen.

Die Durchführung eines mehrjährigen Konzepts erfordert für eine Reihe von Beständen mehrjährige Strategien, die mit dem Vorsorgeprinzip vereinbar sind. Derartige Bewirtschaftungsstrategien werden von einer mittelfristig angestrebten Entwicklung der fischereilichen Sterblichkeit ausgehen (über einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren).

Beim Übergang zu mehrjährigen Regelungen könnte auf die Erfahrung bei den mit Norwegen und den Ostseeanrainern gemeinsam bewirtschafteten Beständen zurückgegriffen werden und das Vorsorgeprinzip Anwendung finden. Außerdem könnten für wichtige Arten und Habitate mittelfristige Objektive und Strategien zum Schutz von Umwelt und Ökosystemen erstellt und für Beifänge und unbeabsichtigte Fänge, besonders von geschützten Arten, Grenzwerte festgesetzt werden.

Da Mehrartenfischerei in den Gemeinschaftsgewässern weit verbreitet ist, dürfte es sinnvoller sein, für genau definierte Fischereien eher Bestandsgruppen zu bewirtschaften als einzelne Bestände. Ein Mehrarten-Management ließe sich z. B. über die Ausarbeitung einer echten Aufwandsregelung erreichen. Außerdem muss in allen Bereichen des Fischereimanagements, von den Beständen bis hin zum Verbraucher, ein ökosystemorientierter Ansatz verfolgt werden, um zu einer nachhaltigen Nutzung der marinen Ökosysteme beizutragen.

In den Gebieten in äußerster Randlage ist die Situation der Bestände von Fall zu Fall unterschiedlich. Dies könnte für jeden Einzelfall besondere Maßnahmen erfordern, um der spezifischen Lage der einzelnen Gebiete Rechnung zu tragen.

5.1.2. Technische Maßnahmen

Hier müssen noch wirksamere Vorschriften erlassen werden. Durch die Einführung und Förderung von selektiven Vorrichtungen, mit denen Beifänge nicht befischter Arten verringert oder ganz vermieden werden können, und von Fangmethoden, die weniger umweltbelastend sind, wird sich die jetzige Situation sicherlich bessern. Außerdem muss Umweltaspekten bei der Verabschiedung von technischen Maßnahmen stärker Rechnung getragen werden. Die Sperrung eines bestimmten Bereichs für jede Form von Fischfang etwa mag aus der Sicht des Fischereimanagements nur von eingeschränktem Nutzen sein, kann aber den Schutz eines ökologisch empfindlichen und für nicht befischte Arten wichtigen Gebiets gewährleisten.

Ferner sollte die Anwendung bisher vernachlässigter Maßnahmen geprüft werden, wie ein Rückwurfverbot in einigen Fischereien, die sich leicht überwachen lassen, und die sofortige Einstellung (in Echtzeit) der Fischerei in bestimmten Gebieten. Weitere Lösungen könnten z.B. vorgeschriebene Beifangsätze als Teil der TAC sein, wie dies die nordatlantische Fischereiorganisation NAFO praktiziert. Diese Möglichkeiten könnten im Rahmen von Pilotvorhaben ohne weiteres getestet werden.

Werden in Zukunft in dringenden Fällen Bestandserholungspläne wie im Jahr 2000 für Kabeljau in der Irischen See verabschiedet, so müssen sie auch gezielte technische Maßnahmen beinhalten. Das Konzept der Bestandsauffuellung sollte grundsätzlich eingeführt werden. Befinden sich Bestände in einem Zustand der noch tragbaren Überfischung, so kann die Wiederauffuellung über einen relativ langen Zeitraum schrittweise geschehen. Haben die Bestände jedoch biologisch sichere Grenzen überschritten, so müssen zur Wiederauffuellung radikalere Maßnahmen ergriffen werden.

Es muss eine neue Debatte über technische Maßnahmen geführt werden, in die die Erfahrungen einfließen, die mit der Anwendung der bestehenden Rechtsvorschriften, der Pilotvorhaben und der Bestandserholungspläne gewonnen wurden. Gleichzeitig ist es erforderlich, die Fischer enger an der Ausarbeitung neuer Vorschriften zu beteiligen, engere Verbindungen zwischen Fischern und Wissenschaftlern zu unterstützen und die Transparenz wissenschaftlicher Gutachten weiter zu fördern.

5.1.3. Begleitung und Bewertung der Bestandserhaltungs- und Bestandsbewirtschaftungsregelungen

Es muss ein System entwickelt werden, mit dem sich die Fortschritte der GFP unter dem Blickwinkel nachhaltiger Entwicklung und die Erfolge der Bewirtschaftungsregelungen und Maßnahmen im Vergleich zu den Zielsetzungen messen lassen.

Es müssen soziale, ökologische und wirtschaftliche Indikatoren und einschlägige Bezugspunke definiert werden, anhand deren sich feststellen lässt, ob und in welchem Maße die einzelnen Ziele tatsächlich umgesetzt werden und das übergeordnete Ziel der nachhaltigen Entwicklung erreicht wird.

Die Ergebnisse anderer internationaler Organisationen, wie der FAO, oder Einrichtungen wie der Europäischen Umweltagentur, könnten hierzu herangezogen werden.

5.1.4. Zugang zu Gewässern und Ressourcen

5.1.4.1. Relative Stabilität

Der Grundsatz der relativen Stabilität garantiert den Mitgliedstaaten seit 1983 eine verbindliche Quotenaufteilung, mit der jährlich wiederkehrende politische Debatten über den Verteilerschlüssel, die die TAC-Entscheidungen zusätzlich erschwert hätten, vermieden werden konnten. Die Anwendung der sogenannten Haager Präferenzen hat zudem ein gewisses Maß an Flexibilität eingeführt, um einer Reihe spezifischer Anforderungen bestimmter Gebiete zu genügen, auch wenn diese Anwendung nicht von allen betroffenen Mitgliedstaaten und Fischern begrüßt wurde.

Nach Ansicht der Kommission gibt es zur Zeit keine wirkliche Alternative, mit der dieselben Ergebnisse erzielt werden könnten. Die Konsultationen haben gezeigt, dass diese Meinung fast überall in der Gemeinschaft geteilt wird. Daher ist eine tiefgreifende Änderung des bestehenden Systems nicht erforderlich.

Wenn die Strukturprobleme des Fischereisektors geklärt sind und sich die wirtschaftliche und soziale Lage innerhalb des Sektors weitgehend stabilisiert hat, könnte noch einmal darüber nachgedacht werden, ob der Grundsatz der relativen Stabilität tatsächlich beibehalten werden muss oder im Fischereisektor das freie Spiel der Marktkräfte ebenso zugelassen werden sollte wie in der übrigen Wirtschaft der EU.

5.1.4.2. 6/12-Meilen-Zone

Hauptziel der Regelung für den Küstenbereich von sechs bis zwölf Seemeilen war zum einen der Schutz der Fischereiressourcen, denn dieser Streifen, der häufig Aufwuchsgebiete einschließt, ist der kleinen Küstenfischerei vorbehalten, die in der Regel weniger Druck auf die Bestände ausübt, und zum anderen der Schutz der traditionellen Fangtätigkeiten von Küstengemeinden, um deren wirtschaftliches und soziales Gefüge zu erhalten.

Angesichts des weiteren Rückgangs der meisten Fischbestände und der anhaltenden Unfähigkeit der von der Fischerei abhängigen Regionen, vom gegenwärtigen Wirtschaftswachstum zu profitieren, scheinen diese Ziele heute noch genauso gerechtfertigt wie 1992 und werden mehr oder minder gemeinschaftsweit unterstützt.

Forderungen nach einer Ausweitung des Küstenstreifens in einigen Mitgliedstaaten wurden nicht durch überprüfbare Daten unterstützt.

Änderungen der 6/12-Meilen-Regelung würden die aktuelle Politik aus ihrem eingefahrenen Gleichgewicht bringen.

5.1.4.3. Shetland-Box und Zugang zur Nordsee

Die Shetland-Box wurde wegen der biologischen Empfindlichkeit eingerichtet, die für Arten in diesem Gebiet aufgrund der Merkmale ihrer Nutzung besteht. Die Errichtung dieser Schutzzone hat außerdem eine wichtige Rolle bei der Herstellung eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den verschiedenen Fangflotten und Fischereigemeinden gespielt.

Die Entwicklung der Bestandslage in diesem Gebiet erlaubt keinerlei Steigerung des Fischereiaufwands und die Kommission hält es für sinnvoll, die jetzigen Fangbeschränkungen beizubehalten. Dennoch werden für mögliche Anpassungen der Regelung verbesserte wissenschaftliche Gutachten benötigt.

Die Rechtsvorschriften über den Zugang zur Nordsee laufen am 31. Dezember 2002 aus. Da jedoch alle kommerziell interessanten Arten der TAC- und Quotenregelung unterliegen, ist der Zugang zu den Beständen auf Fangflotten beschränkt, die im Besitz von Quoten sind. Möglicher illegaler Fischfang sollte sorgfältig überwacht werden.

5.2. Umweltgerechte Ausrichtung der GFP

*Vollständige Umsetzung der einschlägigen Umweltrichtlinien, Aktionspläne und Strategien zum Schutz der Artenvielfalt und Einbeziehung von Umweltschutzauflagen in die GFP.

*Eröffnung der Debatte über Umweltzeichen für Fischereierzeugnisse

Es besteht die Forderung nach Einbeziehung von Umweltschutzaspekten in die GFP. Die geplante Mitteilung "Strategie zur Einbeziehung von Umweltschutz und nachhaltiger Entwicklung in die GFP" beschreibt das hierfür geeignete Vorgehen. Die Strategie kann zwar im Rahmen der bestehenden GFP angewandt werden, ohne dass eine Reform erforderlich wäre, die Kommission hält es jedoch für sinnvoller, die Überarbeitung der GFP zu nutzen, um die Wirksamkeit der Strategie durch eine Stärkung der entsprechenden Rechtsgrundlage zu fördern. Die neue GFP sollte ma(geschneidert sein, um die Durchführung der oben genannten Strategie effizienter zu gestalten.

Die Kommission beabsichtigt ferner, in naher Zukunft eine Debatte über die Vergabe von Umweltzeichen für Fischereierzeugnisse zu eröffnen. Die Vergabe von Umweltzeichen ist eine Möglichkeit, nachhaltige Fischereimethoden zu fördern, indem der Verbraucher über die Umweltfolgen eines Erzeugnisses bzw. die Auswirkungen des Fischfangs auf die betreffenden Bestände unterrichtet wird und so eine bewusstere Wahl treffen kann.

Die Kommission unterstützt die Ziele, die durch Vergabe eines Umweltzeichens im Fischereisektor erreicht werden sollen, nämlich die Sensibilisierung des Verbrauchers für Umweltaspekte in der Fischerei und dadurch die Förderung eines umweltgerechten Verhaltens von Fischereimanagern und den Fischern selbst. Dies entspricht dem wachsenden Interesse, den Verantwortlichen in der Fischerei und dem Fischereimanagement die Umweltfolgen ihres Tuns bewusster vor Augen zu führen. Als ergänzende Maßnahme zu den Rechtsvorschriften, die sich mit Fischfang und mit Lebensmittelsicherheit beschäftigen, sollte daher die freie Vergabe von Umweltzeichen gefördert und ihre Markteinführung erleichtert werden. Natürlich ist der Schutz der Ressourcen weiterhin Hauptaufgabe der zuständigen Behörden, aber dieser wird durch freiwillige Initiativen des Marktes nicht gefährdet.

Andererseits muss bei der Einführung von Umweltzeichen gewährleistet sein, dass die Angaben zur Unterrichtung des Verbrauchers objektiv und nachprüfbar sind und angemessen kontrolliert wird, ob die aufgestellten Behauptungen wirklich zutreffen. Auch gibt es gerade bei Umweltzeichen für Fischereierzeugnisse noch eine Reihe spezifischer Probleme wie die Auswirkungen auf Erzeugnisse ohne Umweltzeichen, die aber nach den Vorschriften der Gemeinsamen Fischereipolitik gefangen wurden, oder die wissenschaftliche/technische Rechtfertigung der zugrunde gelegten Kriterien und die Verfolgbarkeit des ausgezeichneten Erzeugnisses durch die gesamte Vermarktungskette.

Möglicherweise müssen für die freiwillige Vergabe von Umweltzeichen rechtliche Rahmenbestimmungen erlassen werden, um angemessene Bewertungskriterien, unabhängige Kontrollen und eine korrekte Verbraucherinformation sicherzustellen. Mitgestaltende Unterstützung seitens der Behörden wird die Glaubwürdigkeit solcher Initiativen und die Wahrscheinlichkeit, dass die Umweltzeichen die angestrebte Wirkung haben, erhöhen. Vielleicht sollte sogar so weit gegangen werden, dass die Bewertungskriterien für die Vergabe von Umweltzeichen amtlich festgesetzt werden. Die Frage, wie und wieweit sich der Staat hier einmischen soll, wird im Zentrum der Debatte über die Vergabe von Umweltzeichen für Fischereierzeugnisse in der Gemeinschaft stehen.

5.3. Förderung von Hygiene und Sicherheit im Fischereisektor zum Schutz des Verbrauchers

*Bedeutung der derzeitigen Überprüfung aller lebensmittelrechtlichen Vorschriften der EU für Fischereierzeugnisse.

*Garantie des Verbraucherschutzes bei Einfuhren aus Drittländern.

Jede Menge wissenschaftlicher Literatur bestätigt, wie gesund Fisch für den Menschen ist, denn die hierin reichlich enthaltenen mehrfach ungesättigten Fettsäuren beugen Entzündungs- und Herzkrankheiten vor, verbessern das Sehvermögen und fördern die Entwicklung des Nervensystems beim Säugling. Es bestehen jedoch gewisse Risiken für die Gesundheit, die mit Handel, Verarbeitung und Vertrieb verbunden sind. Dazu gehört die Verunreinigung duch giftige Chemikalien oder Schwermetalle, die mikrobiologische Verunreinigung, giftige Arten, Vorhandensein von Parasiten, Histaminen usw. Darüberhinaus besteht das Risiko der Einschleppung oder Verbreitung von Tierkrankheiten, die ernste wirtschaftliche Folgen für die Aquakultur haben können. Es ist deshalb erforderlich die Gesundheitsstandards der Gemeinschaftsgesetzgebung anzuwenden, um den Gesundheitsschutz und die Lebensmittelsicherheit zu gewährleisten.

Der Lebensmittelqualität wird in der Gemeinschaft hohe Priorität eingeräumt und die laufende sorgfältige Überarbeitung aller lebensmittelrechtlichen Vorschriften der EU zur Einführung höchster Standards für Lebensmittel wird in nächster Zukunft auch Fischereierzeugnisse betreffen. Dies könne z. B. bedeuten, dass für Schadstoffe wie Schwermetalle oder Dioxine strengere Grenzwerte festgelegt werden.

Die korrekte Anwendung der Standards für den Gesundheitsschutz in der Gemeinschaft wird für den Fischereisektor verschiedene Folgen haben. Einerseits werden dem europäischen Verbraucher hinsichtlich der Gesundheit und Sicherheit von Fischereierzeugnissen Garantien gegeben; hierdurch könnte die Nachfrage nach Fisch im Gegensatz zu anderen Eiweißlieferanten steigen. Anderseits kann die korrekte Anwendung der Gesundheitsstandards in besonders verschmutzten Gebieten bedeuten, dass auf andere Fangtätigkeiten umgestellt oder die Fischerei in einigen Fällen sogar ganz eingestellt werden muss. Dies wiederum wird nicht ohne Folgen für die Verarbeitungsindustrie sein (einschließlich des Sektors der Fischmehl- und Fischölherstellung). Der Notwendigkeit struktureller Anpassungen infolge der konsequenten Anwendung der Gesundheitsstandards in der Gemeinschaft muss in den einzelstaatlichen Programmen zur Unterstützung des Sektors im Rahmen des Finanzinstruments für die Ausrichtung der Fischerei (FIAF) Rechnung getragen werden.

Als bedeutender Einführer von Fischereierzeugnissen muss die Gemeinschaft sicherstellen, dass auch diese Drittlanderzeugnisse den Standards der Gemeinschaftsgesetzgebung genügen. Die Entwicklungsländer und besonders die Länder, mit denen die Gemeinschaft Fischereiabkommen geschlossen hat, müssen vermutlich stärker finanziell unterstützt werden, um den Erfordernissen der Lebensmittelsicherheit gerecht werden zu können.

5.4. Flottenpolitik

*Verwirklichung einer durchgreifenderen Flottenpolitik unter Beachtung mehrjähriger Ziele, mit der der technologische Fortschritt berücksichtigt und sichergestellt werden kann, dass öffentliche Zuschüsse nicht zu einem Anstieg des Fischereiaufwands beitragen.

*Die neue Regelung sollte transparent und einfach sein und eine schärfere Überwachung und Kontrollen durch die Mitgliedstaaten sowie strengere Sanktionen im Falle der Nichteinhaltung vorsehen.

Die künftige Regelung muss einfacher sein als bisher und sich positiver auf die Bestandslage auswirken als die jetzigen Maßnahmen. Die Flottenpolitik sollte darauf ausgerichtet sein, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Fangkapazitäten und einer Befischungsintensität herzustellen, die mit langfristigen Bewirtschaftungszielen zu vereinbaren ist. Die Reduzierungsraten sollten den mit mehrjährigen TAC verbundenen Befischungsraten Rechnung tragen. Das hätte den Vorteil einer Abstimmung dieser beiden Politikbereiche. Allerdings könnte sich, so attraktiv die Idee theoretisch auch ist, ihre Umsetzung in die Praxis besonders in Segmenten, die Mehrartenfischerei betreiben, als komplexes Unterfangen erweisen.

Eine wirksame Flottenpolitik muss anerkennen, dass der Fischereiaufwand aufgrund des technologischen Fortschritts von Jahr zu Jahr steigt. Verbesserte Schiffs- und Netzkonstruktionen, modernere Fischortungsgeräte und Fortschritte im Bereich der Telekommunikation tragen dazu bei. Der Kapazitätsabbau sollte mindestens so hoch sein, dass diese Folgen des technologischen Fortschritts aufgefangen werden. Und in Fischereien mit massiver Befischung müsste er noch sehr viel höher ausfallen. Vorstellbar wären auch gestaffelte Reduzierungsraten, um umweltfreundliche Fanggeräte oder -methoden zu fördern.

Außerdem muss sich die Politik natürlich mit den Überkapazitäten in den Mitgliedstaaten befassen, dabei aber zwischen einzelnen Fischereien unterscheiden und die Segmentierung der Flotten beibehalten, denn hinter einem allgemeinen Kapazitätsabbau könnte sich ein Kapazitätsanstieg bei Fischereifahrzeugen verstecken, die die am stärksten überfischten Arten fangen, die in der Regel auch den höchsten Marktwert besitzen. Es könnten die Segmente der MAP IV übernommen oder - da letztere in einigen Fällen weniger eine akkurate Wiedergabe der Flotteneinteilung waren, sondern eher dazu dienten, den allgemeinen Kapazitätsabbau möglichst gering zu halten - es könnten für die Segmentierung der Flotte klare gemeinsame Kriterien für alle Mitgliedstaaten festgelegt werden. In einigen Fällen könnte auch eine regionale Segmentierung ins Auge gefa(t werden.

Geklärt werden muss auch die Frage der Fernfischereiflotte. Bei der Unterteilung der außerhalb der Gemeinschaftsgewässer tätigen Schiffe in einzelne Segmente sollte nicht nur der Bestandslage Rechnung getragen werden, sondern auch anderen zugangsbeschränkenden Faktoren, etwa den Fangrechten, die von den Drittländern eingeräumt werden, oder dem langfristig aufgrund neuer Mitglieder ebenfalls möglichen Rückgang des Anteils in regionalen Fischereiorganisationen.

Ein weiterer wichtiger Leitsatz muss lauten, dass öffentliche Zuschüsse unter keinen Umständen zu einem Anstieg des Fischereiaufwands beitragen dürfen. Vielmehr sollte es, solange Zuschüsse für die Erneuerung der Flotte gewährt werden, zu einem deutlichen Rückgang des Fischereiaufwands kommen. Langfristig sollten diese Beihilfen eingestellt werden.

Zuletzt schließlich sollten Sonderbestimmungen für die kleinen Fischereien vorgesehen werden.

Jede neue Politik muss den beschriebenen Anforderungen genügen. Die beiden nachstehenden Ansätze wären geeignet und könnten sogar miteinander kombiniert werden, um die genannten Ziele zu erreichen.

Erste Möglichkeit wäre die Weiterführung eines Systems der quantitativen Zielvorgaben über einen bestimmten Zeitraum mit folgenden Merkmalen:

*Reduzierung in erster Linie als Kapazitätsabbau

*gemeinsam festgelegte Kriterien, nach denen die Flotten in allen Mitgliedstaaten in Segmente unterteilt werden

*verbindliche Reduzierungsraten für die einzelnen Segmente, die von allen Mitgliedstaaten eingehalten werden müssen.

Zur Verwirklichung der Zielvorgaben des Programms könnten die "Zugangs/Abgangs"-Regelungen, die die Mitgliedstaaten gemäß Artikel 6 und 9 der Ratsverordnung Nr. 2792/99 ("FIAF-Durchführungsverordnung", ABl. L 337 vom 30.12.1999) eingeführt haben, so angepasst werden, dass für neu in die Flotte aufgenommene Kapazitäten entsprechend höhere Kapazitäten stillgelegt werden. Strengere Auflagen könnte es geben, wenn für Schiffsbauten oder -modernisierungen Zuschüsse gewährt werden. In diesem Fall müsste die Aufnahme bezuschusster Kapazitäten durch die Stillegung wesentlich höherer Kapazitäten ausgeglichen werden. Eine weitere Möglichkeit, die Flottengröße zu reduzieren, wäre die Einführung eines Kapazitätsabzugs bei jeder Lizenzübertragung.

Die Vorteile eines solchen Systems wären Transparenz und Einfachheit. Aber die Mitgliedstaaten müssten schärfere Überwachungs- und Kontrollmaßnahmen und strengere Sanktionen bei Nichteinhaltung akzeptieren.

Beim zweiten Ansatz würde auf Zielvorgaben für den Zeitraum bis 2006 gänzlich verzichtet und stattdessen ein Mechanismus geschaffen, bei dem die Flottenkapazität nach und nach automatisch reduziert würde. Voraussetzung wäre eine noch strengere Zugangs/Abgangsregelung, die die Flotte systematisch um angemessene Sätze verringert und bei Lizenzübertragungen ebenfalls Kapazitätsabzüge vorsieht. Eine solche Regelung hätte den Vorteil, dass die Flotte um so stärker abgebaut wird, je mehr neue Kapazitäten aufgenommen werden, was der Notwendigkeit entspräche, die Folgen des technologischen Fortschritts aufzufangen. Und das Verhältnis "Zugänge/Abgänge" ließe sich variieren, um der möglicherweise übermäßigen Befischung eines Bestands Rechnung zu tragen oder bestimmte umweltfreundliche Fanggeräte oder -methoden zu fördern.

5.5. Bessere politische Führung in der GFP

*Schaffung regionaler Beratungsausschüsse zur wirksameren Einbindung der interessierten Akteure in den politischen Entscheidungsprozess

*Zentralisierung bestimmter Befugnisse zur Bewältigung lokaler Krisensituationen und Notstände.

*Förderung der Transparenz wissenschaftlicher Gutachten.

*Bessere Abstimmung der GFP auf andere Politiken in den Küstengebieten durch das Integrierte Küstenzonenmanagement (IKZM).

Die GFP braucht Regelungen, die Transparenz, Kostenwirksamkeit, Flexibilität, die Möglichkeit rascher und wirksamer Reaktionen auf Krisensituationen und eine stärkere Beteiligung der Akteure garantieren.

Verbesserungen könnten in folgenden Bereichen durchgeführt werden:

5.5.1. Stärkere Beteiligung der Akteure

Wenngleich der gegenwärtige institutionelle Rahmen weder auf Gemeinschaftsebene noch regional eine formelle Beteiligung der Akteure am Beschlussfassungsprozess vorsieht, ist es möglich und erstrebenswert, neue Formen der Mitarbeit während der Vorbereitungsphase zu politischen GFP-Entscheidungen zu finden. Über ein Netzwerk regionaler Beratungsausschüsse zur Fischerei könnten die Akteure nach Ansicht der Kommission stärker und schon früher in die Diskussion um Fragen des Fischereimanagements einbezogen werden, wobei sichergestellt wäre, dass die Umsetzung dieser gemeinsamen Politik weiterhin im Rahmen der rechtlichen oder institutionellen Bestimmungen des EG-Vertrags verläuft und nicht den globalen und gemeinschaftlichen Charakter der GFP in Frage stellt.

Diese Ausschüsse stuenden Beamten der Mitgliedstaaten, Vertretern der Fischwirtschaft, Nichtregierungsorganisationen, Fischereibiologen und Ökonomen aus den Mitgliedstaaten mit berechtigtem Interesse an den fraglichen Fischereien offen. Vertreter der Fischwirtschaft und Beamte aus Mitgliedstaaten, die nicht direkt betroffen sind, könnten ebenfalls teilnehmen. Zwar gibt es Stimmen, die meinen, die Kommission müsse bei jedem regionalen Treffen anwesend sein, um den Vorsitz zu führen und administrative Unterstützung zu leisten, aber die Kommission wird diese Aufgaben vermutlich nicht immer übernehmen können. Daher wird es notwendig sein, dass sich alle Beteiligten die Organisation teilen.

Die regionalen Ausschüsse könnten von der Gemeinschaft, den nationalen Behörden und den Akteuren selbst kofinanziert werden. Es erscheint sinnvoll, dass alle, die an den Konsultationen beteiligt sind, auch einen Teil der Kosten übernehmen.

Die regionalen Ausschüsse wären für regionale Managementgebiete (wie etwa die Nordsee) oder spezifische Bestände (etwa weit wandernde Arten wie Thunfisch) zuständig und würden regelmäßig einberufen. Der Sektor würde an anstehenden Diskussionen beteiligt, bevor Vorschläge für Bewirtschaftungsmaßnahmen von der Kommission unterbreitet werden.

Diese Ausschüsse würden Gutachten an die Kommission übermitteln. Die Kommission wird sie angemessen berücksichtigen, wenn sie Vorschläge unterbreitet oder Bewirtschaftungsentscheidungen trifft.

5.5.2. Effiziente Reaktion auf lokale Bewirtschaftungserfordernisse und Krisen

Um die Wirksamkeit von Bewirtschaftungsmaßnahmen zu erhöhen bzw. schneller reagieren zu können, könnte die Befugnis zur Verabschiedung spezifischer lokaler Bestandserhaltungsmaßnahmen in den Hoheitsgewässern in einigen Fällen unter klaren, auf Gemeinschaftsebene definierten Bedingungen den Mitgliedstaaten übertragen werden. In entsprechenden Rechtsvorschriften könnten die Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten, Fristen für derartige Maßnahmen und die Einzelheiten ihrer Überprüfung festgelegt werden. Das Initiativrecht der Kommission zur Verabschiedung von Sofortmaßnahmen bliebe unberührt.

Ein weiterer Bereich, in dem Dezentralisierung angezeigt sein könnte, ist die Bewirtschaftung der Fischereien in den Hoheitsgewässern. Schon jetzt dürfen die Mitgliedstaaten in Gewässern unter ihrer Hoheit oder Gerichtsbarkeit strengere Bestandserhaltungsmaßnahmen erlassen, wenn diese nur für die Fischer des eigenen Landes gelten. Die Mitgliedstaaten könnten künftig ermächtigt werden, Bestandserhaltungsmaßnahmen zu verabschieden, die für alle in diesen Gebieten tätigen Schiffe gelten. Dieses Vorrecht wäre auf die 12-Meilen-Zone (oder je nach Mitgliedstaat 6-Meilen-Zone) beschränkt. Durch entsprechende Gemeinschaftsbestimmungen könnte sichergestellt werden, dass die Mitgliedstaaten die Fischer anderer Mitgliedstaaten nicht offen oder verdeckt benachteiligen und dass die erlassenen Maßnahmen mit denen vereinbar sind, die außerhalb der Hoheitsgewässer gelten. Hierdurch würden die Mitgliedstaaten in die Lage versetzt, rascher und wirksamer auf Bewirtschaftungsprobleme reagieren zu können, was sowohl für die Auffuellung vieler Bestände als auch für die überwiegend von der Küstenfischerei abhängigen Fischereigemeinden sehr wichtig ist.

5.5.3. Effizientere Einbeziehung wissenschaftlicher Gutachten in den Beschlussfassungsprozess

Eine solide wissenschaftliche Basis ist notwendig, um Fischereimanagern und anderen Beteiligten die Beschlussfassung zu erleichtern. Die Durchführung der GFP erfordert Gutachten, die das Ergebnis multidisziplinärer Forschungsarbeiten in Bereichen wie Biologie, Ökologie, Sozialwissenschaften und Wirtschaftswissenschaften sind. Aber es müssen nicht nur die richtigen Rahmenbedingungen und Mechanismen für die Erstellung solcher Gutachten geschaffen werden, die Entscheidungsträger sollten diese im Beschlussfassungsprozess auch optimal nutzen.

Die rechtzeitige Zusammenstellung und Veröffentlichung wissenschaftlicher Informationen unter angemessener Wahrung vertraulicher Daten könnte den zuständigen Behörden die Entscheidungsfindung erleichtern und würde das Vertrauen der Fischer erhöhen, dass die richtigen Entscheidungen getroffen werden. Durch die Förderung engerer Verbindungen zwischen Fischern und Wissenschaftlern könnte der ganze Prozess noch transparenter gestaltet werden. Die Kommission ist bereit, Initiativen zu unterstützen, die Akteure, Wissenschaftler und Entscheidungsträger enger zusammenführen.

5.5.4. Integriertes Küstenzonenmanagement (IKZM)

Das IKZM soll Verbesserungen bei der Planung und beim Management der Küstengebiete bringen und Konflikte zwischen Fischergemeinden und anderen Nutzern dieser Küstengebiete (an Land und auf See) durch die Anwendung einer Reihe von Grundsätzen verringern, die eine ordnungsmäßige Verwaltung gewährleisten. Zu den Zielsetzungen des IKZM gehören die Einbeziehung aller Beteiligten, die sinnvolle Nutzung von Information und die Abstimmung zwischen den verschiedenen sektoralen Maßnahmen, die sich auf das Küstengebiet auswirken. Außerdem sollen im Rahmen eines globalen Ansatzes die Auswirkungen von Tätigkeiten an Land auf die Meeresressourcen und die entsprechenden Wechselwirkungen eingehend untersucht werden.

Im Rahmen der europäischen Strategie für das IKZM (KOM (2000) 547) wird die Kommission sich um eine bessere Abstimmung der EU-Politiken für Küstengebiete einschließlich der Gemeinsamen Fischereipolitik bemühen. Der IKZM-Prozess sollte auch dazu genutzt werden, bei der Durchführung der GFP und der zahlreichen nationalen und lokalen Maßnahmen für die Nutzung der Küstengebiete auf Zusammenhang zu achten.

5.6. Überwachung und Kontrollen

*Die einzelstaatlichen Maßnahmen müssen noch besser koordiniert, mögliche Sanktionen und generell die Verfolgung von Verstößen noch stärker vereinheitlicht und die jeweiligen Zuständigkeiten der Mitgliedstaaten und der Kommission bei der Durchführung von Kontrollregelungen regionaler Fischereiorganisationen klarer definiert werden.

*Als Möglichkeit in Erwägung gezogen werden sollt, auch die Schaffung einer gemeinsamen Fischereiaufsichtsstruktur der EU, die einzelstaatliche und gemeinschaftliche Kontrollprogramme und -tätigkeiten koordiniert.

Die Reform der GFP bietet Gelegenheit zur Straffung der Regelungen, mit denen der Forderung des Fischereisektors nach einheitlichen Inspektions- und Kontrollbedingungen überall in der Gemeinschaft nachgekommen und eine wirksamere Durchführung der GFP garantiert werden soll.

Auf der jüngsten internationalen Konferenz zum Thema Fischereiüberwachung (Oktober 2000, Brüssel) hat sich die Kommission öffentlich verpflichtet,

-einen Verhaltenskodex für Fischereiinspektoren und Fischer auszuarbeiten, in dem die jeweiligen Rechte und Pflichten klar festgelegt sind;

-vor Unterbreitung neuer Vorschläge für Bestandserhaltungsmaßnahmen eine "Kontrollierbarkeitsprüfung" vorzunehmen;

-die "Kontrollierbarkeit" aller geltenden Maßnahmen zu prüfen;

-eine analytische Bewertung der Kontrollausgaben einzuleiten, um die tatsächlichen Kontrollkosten und den erzielten Nutzen besser beurteilen zu können;

-den größtmöglichen Einsatz neuer Technologien zu Kontrollzwecken zu fördern.

Nach Ansicht der Kommission müssen Fortschritte bei der Koordinierung der einzelstaatlichen Kontrollmaßnahmen erzielt werden, bei der Harmonisierung der Strafen für Verstöße gegen die Fischereivorschriften, bei der Anerkennung von Inspektionsberichten nationaler und gemeinschaftlicher Fischereiinspektoren als Beweismittel in allen Mitgliedstaaten und bei der Transparenz der im Anschluss an Verstöße ergriffenen Maßnahmen. Gewährleistet werden muss ferner eine optimale, effiziente Überwachung der Tätigkeiten von Gemeinschaftsschiffen außerhalb der Gemeinschaftsgewässer. Dringend erforderlich ist ein endgültiger Standpunkt der Gemeinschaft zur Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen der Kommission und den nationalen Behörden in der Frage der Fischereiüberwachung in den Regelungsbereichen der regionalen Fischereiorganisationen.

Ernsthaft erwogen werden sollte die Möglichkeit, zur Koordinierung der einzelstaatlichen und gemeinschaftlichen Inspektionsprogramme und -tätigkeiten und zur Zusammenfassung der vorhandenen Kontrollmittel eine gemeinsame Fischereiaufsichtsstruktur der EU einzurichten. Durch Straffung der Verstoßverfahren sollte ferner darauf hingearbeitet werden, gemeinschaftsweit gleiche Ausgangsbedingungen zu gewährleisten. Ein dritter Aspekt des angestrebten Gesamtpakets wäre die Untersuchung der Frage, welche Strafandrohungen noch abschreckendere Wirkung hätten - einschließlich "verwaltungs technischer" Strafen wie Verlust der Fangquote, Entzug der Lizenz oder Rückzahlung etwaiger Zuschüsse für das Schiff, das in den Verstoß gegen Fischereivorschriften verwickelt ist.

5.7. Stärkung der sozialen und wirtschaftlichen Dimension der GFP

*Überprüfung der Rolle öffentlicher Zuschüsse und Sicherung eines zukunftsfähigen, wirtschaftlich existenzfähigen Sektors durch ein neues wirtschaftliches Managementkonzept.

*Unterstützung ausscheidender Fischer bei der beruflichen Umstellung.

*Untersuchung der Auswirkungen neuer Bewirtschaftungsinstrumente, etwa auf der Grundlage von Fangrechten.

*Neue Gewichtung der Beihilfen an die Aquakultur und den Verarbeitungssektor.

Angesichts der immer knapperen Fischbestände, der Flottenüberkapazitäten und des steten Beschäftigungsrückgangs in der Fischerei kommt die Gemeinschaft nicht umhin, für den Fischereisektor ein neues wirtschaftliches Managementkonzept zu entwickeln. Vor allem der Fangsektor muss, wenn sein Weiterbestehen garantiert werden soll, deutlich reduziert werden, und die Gemeinschaft muss sich auf tiefgreifendere strukturelle Anpassungen vorbereiten. Ebenfalls geprüft werden sollten vorrangige Beihilfen für die Aquakultur und den Verarbeitungssektor.

Zwei Arten von Maßnahmen sind gefordert: Maßnahmen, die zur Sicherung eines zukunftsfähigen, rentablen Fischereisektors beitragen, und Maßnahmen zur Unterstützung der jetzigen Beschäftigten im Fischereisektor bei der erforderlichen beruflichen Umstellung. Außerdem müssen die Schwierigkeiten berücksichtigt werden, die Fischer bei der Übertragbarkeit ihrer beruflichen Fähigkeiten und Erfahrungen auf neue Wirtschaftstätigkeiten erleben. Hier könnte eine Form der vorübergehenden Unterstützung während der Umschulung erforderlich sein. Bei der Auswahl künftiger Maßnahmen sollte der Abhängigkeit bestimmter Küstenregionen von der Fischerei und besonders der kleinen handwerklichen Fischerei Rechnung getragen werden.

In dem besonderen Fall der Gebiete der Europäischen Union in äu(erster Randlage hat die Kommission bereits die Vorlage von Vorschlägen und, soweit erforderlich, neuer Ma(nahmen im Rahmen der GFP zugesagt, um diesen Gebieten zu helfen [3].

[3] COM(2000) 147.

5.7.1. Neues wirtschaftliches Managementkonzept

Auch wenn die Programmplanung der derzeitigen Strukturfonds einschließlich FIAF noch bis 2006 läuft, bestehen Flexibilitätsmargen, die genutzt werden können, um einen nachhaltigen und wirtschaftlich unabhängigen Fischereisektor zu fördern und die wirtschaftliche Grundlage der von der Fischerei abhängigen Gebiete zu stärken und zu verbreitern. Eine besondere Anstrengung sollte unternommen werden, damit sichergestellt ist, dass das Problem der Überkapazität, das an der Wurzel der derzeitigen Schwierigkeiten des Sektors liegt, wirkungsvoll angegangen wird.

Die derzeitige Vergabe von FIAF-Mitteln sollte auf drei Ebenen überprüft werden:

-kurzfristig wird es unvermeidlich sein, bestimmte FIAF-Vorschriften (Ratsverordnung Nr. 2792/99) zu ändern, um neuen und unvorhergesehenen Entwicklungen wie der unlängst vom Rat beschlossenen Einführung von Bestandserholungsplänen oder der unerwartet umfangreichen Reduzierung der Fangmöglichkeiten in Drittlandgewässern, die schon jetzt stärkere strukturelle Anpassungen erfordern, Rechnung zu tragen. So könnte es sich z. B. als notwendig erweisen, die Vorschriften für die Gewährung befristeter Überliegebeihilfen für Fischereifahrzeuge erheblich zu lockern;

-gleichzeitig werden die Mitgliedstaaten angesichts besagter Entwicklungen ihre Kriterien für die Vergabe von Strukturbeihilfen an die Fischereiflotte vermutlich ändern müssen und weniger Mittel für die Modernisierung oder den Neubau von Fischereifahrzeugen, dafür aber mehr Mittel für Stilllegungen oder Überliegeentschädigungen bereitstellen;

-schließlich wird die Gemeinschaft wahrscheinlich überlegen müssen, ob und unter welchen Bedingungen Investitionsbeihilfen für die Fischereiflotte nach und nach eingestellt werden können, um problematische Auswirkungen auf die Fangkapazitäten ganz auszuschließen, und die Gemeinschaftszuschüsse nur noch auf den weiteren Abbau dieser Flotten verwendet werden können, etwa durch Einführung einer finanziell attraktiveren "einmaligen" Beihilfe bei der Stillegung.

Wegen ihrer Bedeutung für die Arbeitsplätze, insbesondere in Gebieten mit wenig alternativen Beschäftigungsmöglichkeiten, und weil sie bei angemessener Bewirtschaftung auch kaum eine Gefahr für die Ressourcen darstellt, mu( die kleine handwerkliche Fischerei von diesem neuen Ansatz vermutlich ausgenommen werden. Für diese Fischereien könnte ein gezieltes Beihilfeprogramm verabschiedet werden, das auf klaren Zuwendungsvoraussetzungen beruht, die Begriffe "kleine Fischerei" und "Abhängigkeit eines Küstengebiets von der Fischerei" genau definiert und den Wettbewerb zwischen einzelnen Fangflotten der Mitgliedstaaten nicht berührt.

Parallel zu dieser Überprüfung von Investitionsbeihilfen auf Gemeinschaftsebene könnten die Mitgliedstaaten auch die Flexibilitätsmargen in den bestehenden regionalen und beschäftigungsbezogenen Programmen, die von den Strukturfonds im Zeitraum 2000-2006 gefördert werden, nutzen, um Ma(nahmen, welche die sozialen und wirtschaftlichen Folgen des unvermeidlichen weiteren Abbaus der Gemeinschaftsflotte auffangen sollen, zu verstärken und um den derzeit in der Fischerei Tätigen die Anpassung an die Veränderung des Sektors sowie gegebenenfalls das Finden alternativer Arbeitsplätze zu ermöglichen. Die Anpassungen müssen im Rahmen der derzeitigen Interventions-und Finanzmittel erfolgen. Darüberhinaus könnten die für 2003 vorgesehene Überprüfung der Strukturfonds in der Mitte des Planungszeitraums und die Reserve, die in Erwartung der Ergebnisse dieser Überprüfung bereitgehalten wird, genutzt werden, um dieses Problem anzupacken.

Wie im zweiten Bericht über den wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt [4], den die Kommission vorgelegt hat, angegeben, umfassen die Gebiete, die von zukünftigen Ma(nahmen der Zusammenhaltspolitik begünstigt werden könnten, Inseln und Gebiete in Randlage, in denen die Fischerei traditionell einen bedeutenden Teil der Wirtschaftsstruktur darstellt. In diesen Zusammenhang könnte der FIAF in Zusammenhang mit den anderen Strukturfonds einen bedeutenden Beitrag leisten.

[4] COM(2001) 24.

Die Gemeinschaft sollte darüber hinaus Bewirtschaftungsinstrumente unter die Lupe nehmen, auf die in Europa bisher noch nicht umfangreich zurückgegriffen wird, wie:

-marktwirtschaftliche Systeme der Quotenzuteilung, wie übertragbare individuelle Quoten und Auktionen, die einen Markt für Fangrechte entstehen lassen und das Interesse der Inhaber dieser Rechte, die Nachhaltigkeit des Fischfangs langfristig zu sichern, steigern könnten;

-"Ko-Management"-Systeme;

-Erhebung von Abgaben für das Recht zu fischen, zumindest für Teile der Gemeinschaftsflotte.

Solche Mechanismen könnten unter bestimmten Umständen eine wichtige ergänzende Rolle im Fischereimanagement der Gemeinschaft spielen. Die Kommission schlägt vor, einen Gedankenaustausch mit den Mitgliedstaaten zu koordinieren, gegebenenfalls unter Mitwirkung von Drittlandexperten, und hierüber so früh wie möglich, spätestens 2003, einen Bericht für die übrigen Organe zu erstellen.

Ebenfalls geprüft werden müssten die Auswirkungen solcher neuen Ansätze auf bestimmte Grundsätze wie die "relative Stabilität".

5.7.2. Neue Prioritäten für die Aquakulturförderung

Die Beziehung Aquakultur/Umwelt ist äußerst wichtig. Neben den erforderlichen Gesundheits- und Qualitätsstandards für die Erzeugnisse muss die Umstellung auf nachhaltige Zuchtmethoden sichergestellt werden. Der Aktionsplan zur Erhaltung der biologischen Vielfalt für die Bereiche Fischerei und Aquakultur sollte zur Verwirklichung dieses Ziels beitragen. Dieser Plan sollte eine Reihe von Maßnahmen zur Reduzierung der Umweltbelastungen vorsehen sowie Maßnahmen, die potenzielle Probleme durch die Einführung neuer Arten begrenzen und die Tiergesundheit garantieren. Ergänzend zu diesen Maßnahmen müssen aquakulturrelevante Forschungsvorhaben durchgeführt werden.

Der Markt muss treibende Kraft für die Entwicklung der Aquakultur sein. Produktion und Nachfrage sind derzeit genau aufeinander abgestimmt, und es sollte keine Steigerung der Produktion über die voraussichtliche Entwicklung der Nachfrage hinaus gefördert werden. In den 80er Jahren war Aquakultur (und besonders die marine Aquakultur) noch ein weitgehend riskantes Unternehmen. Doch bei einer ganzen Reihe von Arten geht der Züchter heute kein Risiko mehr ein. Es ist daher fraglich, ob die Gemeinschaft bei einem nahezu gesättigten Markt noch weiterhin Investitionen privater Unternehmen in Produktionskapazitäten bei solchen Arten bezuschussen sollte.

Öffentliche Interventionen zugunsten der Aquakultur sollten sich künftig auf andere Maßnahmen als die Förderung produktionssteigernder Investitionen für Arten, deren Markt vor der Sättigung steht, erstrecken und Bereiche wie Ausbildung, Überwachung, Forschung und Entwicklung (insbesondere für neue Arten), Abwasseraufbereitung, Seuchenbekämpfung usw. abdecken. Anfang 2000 wurden die Interventionsmöglichkeiten des FIAF so erweitert, dass auch für Maßnahmen dieser Art Zuschüsse gewährt werden können. Mit der Vergabe öffentlicher Mittel sollte vor allem die Entwicklung "sauberer" Technologien gefördert werden.

5.7.3. Förderung der Verarbeitungsindustrie

In bestimmten Gebieten nimmt die fischverarbeitende Industrie im lokalen Wirtschaftsgefüge einen wichtigen Platz ein und stellt vor allem einen Großteil der Arbeitsplätze. Wie bei der Flottenpolitik sollte die EU auch in diesem Bereich gezielter vorgehen, geografisch auf Grundlage der wirtschaftlichen und sozialen Kohäsionspolitik konzentriert werden und hauptsächlich kleine und mittlere Unternehmen in den von der Fischerei am stärksten abhängigen Gebieten unterstützen.

Die Ausarbeitung einer geeigneten Strategie für die Verarbeitungsindustrie wird allerdings dadurch behindert, dass für diesen Sektor zuverlässige Produktions- und Wirtschaftsdaten fehlen. Die Mitgliedstaaten halten sich mit der Übermittlung solcher Angaben sehr zurück; die unlängst verabschiedete Ratsverordnung über die Erhebung grundlegender Daten für die GFP verpflichtet die Mitgliedstaaten erst ab 2006, auch für die Verarbeitungsindustrie Daten vorzulegen.

5.7.4. Berücksichtigung weiterer sozialer Aspekte

Neben der notwendigen langfristigen Erhaltung von Arbeitsplätzen im Fischereisektor und der gegebenenfalls erforderlichen Unterstützung von Arbeitskräften bei der beruflichen Umstellung muss die Gemeinschaft sich auch mit anderen sozialen Fragen befassen, wie der Sicherheit an Bord von Fischereifahrzeugen und der Regelung der Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitszeit, um Sicherheitsrisiken auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Diese Aspekte betreffen auch Fischereifahrzeuge der EU, die außerhalb der Gemeinschaftsgewässer tätig sind und deren Besatzungsmitglieder häufig nicht Bürger der EU sind. Es ist darauf zu achten, dass die Gemeinschaftsvorschriften über Arbeitsbedingungen grundsätzlich eingehalten werden. Die Gemeinschaft setzt sich ferner dafür ein, dass die wesentiliche Rolle, die Frauen im Fischereisektor spielen, anerkannt und gestärkt wird.

5.8. Externe Fischereipolitik

*Beitrag zur Verbesserung der globalen Entscheidungsprozesse in der Fischerei durch wirksame Umsetzung des internationalen rechtlichen Rahmens und Stärkung und Förderung regionaler Zusammenarbeit.

*Entwicklung eines "partnerschaftlichen Konzepts" mit den Entwicklungsländern.

Es ist Aufgabe der Gemeinschaft, eine verantwortungsvolle Ausübung der Fischerei sicherzustellen und mitunter widersprüchliche Interessen auszugleichen. Die Gemeinschaft sollte nur handeln, wenn es wirklich um Interessen des gemeinschaftlichen Fischereisektors geht, insbesondere um die tatsächliche Beteiligung dieser Flotte an der Nutzung von Fischereiressourcen und um Vorschläge und Initiativen in internationalen Gremien zur Förderung verantwortungsvoller Fischerei.

Ein Ziel der externen Fischereipolitik der EU ist es, den Zugang der Gemeinschaftsflotte zu überschüssigen Beständen in den ausschlie(lichen Wirtschaftszonen von Drittländern zu sichern. Die hierzu ergriffenen Maßnahmen dürfen aber nicht anderen Zielen z.B. der Entwicklungs- oder der Umweltpolitik zuwiderlaufen und müssen mit dem Grundauftrag der GFP, nämlich der nachhaltigen Sicherung der Fischereiressourcen, vereinbar sein. Durch eine solche Ausgangsposition wird der Beitrag der Gemeinschaft zur Förderung einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Fischerei auf Hoher See und in Gewässern unter der Gerichtsbarkeit anderer Küstenstaaten im Einklang mit den internationalen Verpflichtungen der EU gestärkt. Ein weiteres Ziel sollte es sein, gegenseitiges Verständnis zwischen den einzelnen Interessengruppen einschließlich der Zivilgesellschaft zu fördern.

Im Rahmen der Globalisierung ist es gleichfalls von europäischem Interesse, die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen europäischen Unternehmen und privaten Partnern in Entwicklungsländern zu stärken. Die neue externe Dimension der GFP muss auch den internen Verbesserungen dieser Politik wie der Umsetzung von Umweltvorschriften, wirksameren technischen Maßnahmen, den auf mehrere Jahre und mehrere Arten ausgeweiteten Ansätzen, der Stärkung von Forschung und Fischereiüberwachung sowie der stärkeren Beteiligung aller Akteure Rechnung tragen.

Und Voraussetzung für die Abstimmung verschiedener Politikbereiche schließlich sind Investitionen in den Auf- und Ausbau von Forschungskapazitäten in Partnerländern und Regionen, vor allem wenn es um das Interesse der EU geht, eine nachhaltige Bewirtschaftung aquatischer Ressourcen und ihrer Ökosysteme zu sichern. Es wird erforderlich sein, Strukturen für die Gewährleistung wissenschaftlicher Gutachten über den Zustand der Bestände in den Partnerländern zu schaffen.

5.8.1. Multilaterale Zusammenarbeit

Die EG sollte sich an die Spitze der internationalen Bemühungen um eine intensivere globale Zusammenarbeit bei der Erhaltung und nachhaltigen Nutzung der lebenden Meeresschätze auf Hoher See stellen. Ausdrücklich vorangetrieben werden sollte die Ratifizierung und uneingeschränkte Anwendung aller einschlägigen internationalen Instrumente durch eine größtmögliche Anzahl von Staaten.

Eine zügige Ratifizierung des Übereinkommens der Vereinten Nationen über gebietsübergreifende Fischbestände und weit wandernde Fischbestände (UNFA) durch die Gemeinschaft ist erforderlich, damit die Gemeinschaft in den verschiedenen internationalen Gremien glaubwürdig auftreten kann.

Die EG sollte die Zusammenarbeit auf internationaler Ebene weiter fördern, zur Stärkung der regionalen Fischereiorganisationen im Sinne des Seerechtsübereinkommens und des UNFA beitragen und sich an den Bemühungen um Bekämpfung von illegalem, unreguliertem und nicht gemeldetem Fischfang auf Hoher See beteiligen.

Der Einsatz der Gemeinschaft für eine nachhaltige Fischerei auf Hoher See sollte der auf Fischfang außerhalb der Gemeinschaftsgewässer ausgerichteten Gemeinschaftsflotte zugute kommen, gleichzeitig aber auch zur Verwirklichung anderer Ziele wie Umweltschutz, Entwicklungszusammenarbeit und Sicherung der Arbeitnehmerrechte beitragen.

Die Gemeinschaft muss darüber hinaus durch eine gerechtere Aufteilung der Fischereiressourcen (deren Rückgang das Problem nicht nur verschärft, sondern auch mögliche Lösungen von vornherein einschränkt) den Interessen der sich neu entwickelnden Fangnationen Rechnung tragen.

Für das internationale Engagement der Gemeinschaft sollten gewisse Prioritäten aufgestellt werden. Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:

-Förderung, soweit möglich, von regionalen Fischereiübereinkommen, da in einem solchen Rahmen dem regionalen Aspekt fischereilicher Vorkommen gezielter Rechnung getragen werden kann und sich die Möglichkeit bietet, eine echte regionale Zusammenarbeit zwischen Drittländern zu unterstützen und die Überwachung der Fangtätigkeiten zu erleichtern;

-Förderung einer rationellen Bewirtschaftung der Bestände auf Hoher See (was auch die Begründung der Rechte und Pflichten neu hinzukommender Fischereiteilnehmer einschließt) durch verbindliche Mechanismen zur Aufteilung der Zugangsrechte im Rahmen regionaler Fischereiorganisationen oder entsprechender Vereinbarungen;

-Beitrag zur Umsetzung des Vorsorgeprinzips, der den Erfordernissen des Umweltschutzes Rechnung trägt;

-verstärkte Bekämpfung des illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten Fischfangs und besonders der Laxheit der Kontrollbehörden einiger Staaten gegenüber Schiffen unter ihrer Flagge und Bürgern des eigenen Landes, die gegen die Vorschriften verstoßen. Hierzu müssen die Überwachung der Fangtätigkeiten und Kontrollen nicht nur auf Hoher See und in den Gewässern derjenigen Drittländer, mit denen die Gemeinschaft ein Fischereiabkommen geschlossen hat, sondern auch in den Häfen verstärkt werden. Parallel zu den Kontrollen des Flaggenstaates und des Hafenstaates sollten auch handelsbezogene Maßnahmen im Rahmen regionaler Fischereiorganisationen in Erwägung gezogen werden;

-vorrangige Berücksichtigung derjenigen regionalen Organisationen, die Bestände gemeinsam mit der Gemeinschaft bewirtschaften;

-Förderung der Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern auf der Ebene regionaler und subregionaler Fischereiorganisationen mit dem Ziel, diese Länder zur aktiven Mitwirkung in diesen Organisationen zu ermutigen und ihre Teilnahme zu erleichtern.

5.8.2. Bilaterale Zusammenarbeit

Die bilateralen Beziehungen der Gemeinschaft müssen sich den wechselnden Umständen anpassen. Fischereiabkommen sollten künftig den Erfordernissen der Entwicklungsstaaten und ihrem berechtigten Anspruch auf Ausbau ihres eigenen Fischereisektors entgegenkommen.

Betont werden sollte in diesem Zusammenhang, dass bilaterale Abkommen der Gemeinschaft häufig bessere Garanten für eine verantwortungsvolle Fischerei sind als private Verträge. Was nicht bedeutet, dass hier keine Fortschritte mehr zu erzielen wären, besonders im Hinblick auf die Durchführung dieser Abkommen und ihren potenziellen Beitrag zur Entwicklung der Fischereipolitik der betreffenden Küstenentwicklungsländer.

Die Gemeinschaft sollte ihr Interesse darauf richten, mit dem interessierten Küstenstaat einen partnerschaftlichen, nachhaltigen Rahmen für die Fischerei zu schaffen, bei dem die Gemeinschaftsinteressen eine positive Rolle spielen, einschlie(lich der Sicherung von Fangmöglichkeiten für ihre Schiffe, soweit dies möglich ist.

Die Fischereiabkommen der Gemeinschaft sollten die einschlägigen Aspekte anderer Politikbereiche einschließen und Vektor für den Aufbau einer rationellen und verantwortungsvollen Fischerei in den Gewässern unter der Gerichtsbarkeit von Entwicklungsländern sein. In diesem Zusammenhang ist im Vertrag eindeutig festgelegt, dass die GFP den Zielen der gemeinschaftlichen Entwicklungspolitik Rechnung tragen muss.

Fischereiabkommen mit Entwicklungsländern sollten auf die Strategien der Entwicklungszusammenarbeit zwischen der Gemeinschaft und dem jeweiligen Drittlandpartner abgestimmt sein und zur erfolgreichen Umsetzung dieser Strategien beitragen. Außerdem sollten die Abkommen den sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen der Fischwirtschaft in Entwicklungsländern Rechnung tragen. Um die Einschätzung, ob die Gegenleistung angemessen ist, zu ermöglichen, sollte die Fischerei klar von dem Entwicklungsteil abgegrenzt werden.

In politischer, institutioneller und sozioökonomischer Hinsicht unterscheiden sich die Beziehungen, welche die Gemeinschaft mit den AKP-Staaten bzw. generell Entwicklungsländern einerseits und den Ländern des Nordens und des Ostseeraums andererseits unterhält. Dies hängt mit dem offensichtlichen politischen, institutionellen und sozioökonomischen Ungleichgewicht zusammen. Ein dualer Ansatz, der dem Entwicklungsniveau unserer Fischereipartner Rechnung trägt, erscheint daher angezeigt.

Über Fischereiabkommen mit den Ländern des Nordens und des Ostseeraums muss mit dem Ziel verhandelt werden, einen stabilen normativen Rahmen mit klaren Zugangsbedingungen auf gerechter und möglichst mehrjähriger Basis zu schaffen, der die Präsenz der Gemeinschaftsflotte in diesen Gewässern sichert. Die Ausweitung der bereits in einer Anzahl von Abkommen vorhandenen Verpflichtung der Reeder, die von den durch Abkommen mit gemeinschaftlicher finanzieller Gegenleistung erlangten Fischereirechten profitieren, sich an die Finanzierung zu beteiligen, sollte geprüft werden.

Mit dem Abschluss partnerschaftlicher Fischereiabkommen mit den Küstenentwicklungsländer dagegen sollte die Gemeinschaft ihrer Flotte nicht nur den Zugang zu den überschüssigen Beständen sichern, sondern auch einen Beitrag zur Förderung des politischen Dialogs und einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Fischerei leisten. Die Abkommen müssen mit den Entwicklungsmöglichkeiten des Fischereisektors und der nationalen Fischereipolitik der Küstenstaaten vereinbar sein und sollten auf vertraglicher, mehrjähriger Basis geschlossen werden. Das Partnerschaftsabkommen von Cotonou stellt für die Entwicklungszusammenarbeit der Gemeinschaft in Verbindung mit dem Abkommen von Lomé einen wichtigen Schritt dar, da hierin für die Armutsbekämpfung neue Grundsätze aufgestellt und neue Prioritäten gesetzt werden [5].

[5] Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament, Fischerei und Armutsbekämpfung, KOM(2000) 724 endg.

Konkret geht es um die Ausweitung folgender, bereits in vielen bestehenden Fischereiabkommen vorgesehenen Ma(nahmen:

*Stärkung des politischen Dialogs durch Unterstützung bei der Formulierung sektorbezogener Politiken, bei der Gründung von Berufsorganisationen, beim Ausbau der institutionellen und administrativen Kapazitäten, bei der Einführung bewährter Managementpraktiken und bei der Aufnahme und Festigung regionaler und internationaler Formen der Zusammenarbeit;

*Förderung der verantwortungsvollen Fischerei durch Zusammenarbeit in den Bereichen Forschung, Bestandserfassung und Fischereiüberwachung, durch die intensivere Bekämpfung illegalen Fischfangs und durch Maßnahmen zur Wiederherstellung der marinen Ökosysteme und zur größtmöglichen Begrenzung schädlicher Praktiken im gesamten Fischereisektor;

*Unterstützung der Entwicklung einer nachhaltigen Fischerei in den Partnerküstenländern durch Hilfe bei der Entwicklung und dem Einsatz von Finanzinstrumenten, die auf die Bedürfnisse des Sektors zugeschnitten sind, auch im Rahmen privater Partnerschaften mit Gemeinschaftsunternehmen; durch Beiträge zur Entwicklung der handwerklichen Fischerei, der von ihr abhängigen Gemeinden und der einheimischen Hafeneinrichtungen; durch Hilfe bei der Entwicklung der lokalen Humanressourcen sowie durch Ausbildungsförderung - einschließlich möglicher Initiativen für Frauen - und die Förderung von Maßnahmen, um Sicherheit und Qualität der lokalen Fischereierzeugnisse zu steigern.

5.9. Mittelmeerfischerei

*Stärkere Integration des Mittelmeers in die GFP durch verbesserte wissenschaftliche Gutachten, Überarbeitung der Verordnung Nr. 1626/94 über technische Maßnahmen und Stärkung von Fischereiüberwachung und Kontrollen.

*Wiederaufnahme der Bemühungen um verstärkte internationale Zusammenarbeit.

Eine Bestandsaufnahme im Mittelmeer zeigt, dass die Gemeinsame Fischereipolitik in diesem Gebiet neue politische Anstöße braucht. Das Mittelmeer sollte mit den notwendigen Anpassungen, die den Besonderheiten der Fischereien in diesem Gebiet Rechnung tragen, vollständig in die GFP einbezogen werden. Hierbei sollte grundsätzlich dasselbe Ziel verfolgt werden wie in anderen Gewässern: Sicherung der Nachhaltigkeit des Fischfangs in den Gemeinschaftsgewässern und auf Hoher See.

Im Interesse besagter nachhaltiger Fischereien muss die künftige Fischereipolitik für das Mittelmeer folgende Aspekte umfassen:

*ein rationelles Fischereimanagement muss sich auf zuverlässige und aktuelle wissenschaftliche Gutachten stützen können. Die Stärkung der GFCM und ihrer Nebenorgane wird hierbei zusammen mit der neuen Gemeinschaftsregelung für die Erfassung grundlegender Daten eine überaus wichtige Rolle spielen;

*die Verordnung Nr. 1626/94 sollte auf der Grundlage der bisherigen Erfahrungen überarbeitet werden; hierbei sollten Schwerpunktbereiche festgelegt werden, die Lösungen auf Gemeinschaftsebene erfordern. Maßnahmen der Gemeinschaft sollten sich auf Regionen konzentrieren, in denen der Wettbewerb zwischen Fischern unterschiedlicher Herkunft besonders stark und das Konfliktpotential besonders hoch ist. Zu diesem Zweck sollten regionale Workshops mit den Beteiligten und Sondersitzungen des STECF organisiert werden;

*aufgrund der vielfachen Inanspruchnahme der Küstenzonen und des besonderen Drucks auf Küstengebiete im Mittelmeer wird ein integriertes Küstenzonenmanagement immer wichtiger, als grundlegendes Instrument nicht nur zum Schutz und Ausbau von Fischfang und Aquakultur, sondern auch zur konfliktfreien Einbindung dieser Bereiche in die Ziele des Umweltschutzes und andere Betätigungen des Menschen [6];

[6] Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament über eine Strategie für das integrierte Küstenzonenmanagement, KOM(2000) 547.

*die Fischerei muss strenger überwacht werden, damit diejenigen, die sich an die Vorschriften halten, nicht das Nachsehen haben, wenn eine wirkungslose Regelung es anderen Fischern erlaubt, gegen die Vorschriften zu verstoßen und straflos davonzukommen.

Gleichzeitig sollte die Gemeinschaft auch nach außen tätig werden:

*Vorrang sollte weiterhin einer engeren multilateralen Zusammenarbeit und vor allem der Stärkung der GFCM eingeräumt werden. Um die notwendigen politischen Anstöße zu geben und Leitlinien für eine Fischereipolitik im Mittelmeer zu entwickeln, sollte die Gemeinschaft die Einberufung eines Forums auf Ministerebene planen, etwa in Form einer in regelmäßigen Abständen tagenden Konferenz der Fischereiminister der Mittelmeeranrainer. Dieses Forum sollte sich hauptsächlich mit der Fischereiüberwachung in den internationalen Gewässern des Mittelmeers befassen;

*äußerst wichtig ist auch die Zusammenarbeit auf subregionaler Ebene, weil auf dieser Ebene viele Probleme auftreten und auch nur hier mögliche Lösungen gefunden werden können. Es sollten transparente Formen der subregionalen Zusammenarbeit entwickelt werden;

*die Überwachung der Fischerei auf Hoher See und besonders die Frage des Fischfangs durch Nicht-Mittelmeeranrainer verlangen einen multilateralen Ansatz über die Maßnahmen der GFCM und der ICCAT hinaus. Angesichts der politischen Dimension dieses Problems ließen sich Antworten möglicherweise im Rahmen einer ad hoc einberufenen Konferenz finden, an der alle Staaten teilnehmen sollten, deren Flotten im Mittelmeer tätig sind;

*Fischereiverbände aus allen Mittelmeerstaaten sollten aufgefordert werden, Organisationen zur Förderung der Zusammenarbeit zu gründen und/oder zu stärken. Die Gemeinschaft kann sie bei dieser Aufgabe unterstützen.

5.10. Forschung und wissenschaftliche Gutachten

Der Ökosystem-Ansatz, d.h. die Einbeziehung des weiteren Umfelds bei der Bewirtschaftung bzw. Nutzung von Fischereiressourcen, setzt voraus, dass Aufbau und Wechselbeziehungen von aquatischen Ökosystemen und ihre Reaktion auf verschiedene Formen fischereilichen Drucks und unterschiedliche Befischungsstrategien noch sehr viel besser erforscht werden. Hierdurch wären wesentlich klarere Aussagen über die Optionen möglich, die sich dem Fischereimanagement in dem Bemühen um einen gangbaren und sozial annehmbaren Kompromiss zwischen wettstreitenden Maximalforderungen nach wirtschaftlicher Effizienz, Stabilität bzw. Produktivität der Ökosysteme, Sicherung von Arbeitsplätzen oder dem möglichen Angebot an anderen Diensten bieten.

Solche Forschung ist von Natur aus interdisziplinär und geht über eine rein instrumentale Forschung zur Rechtfertigung technischer Maßnahmen hinaus. Sie ist eine Verbindung von konventioneller Fischereiforschung, Naturschutz und Wirtschaftswissenschaften und greift auf einen beträchtlichen Wissensfundus aus der Erforschung gemeinsamer Ressourcen zurück. Sie muss sich offen zeigen für das Wissen und die Erfahrungen, die die Fischer gesammelt haben. Im Interesse ihrer Glaubwürdigkeit und ihrer Fähigkeit, die Konsensbildung zu fördern, muss sie von öffentlichen und privaten Entscheidungsträgern weitgehend unabhängig sein.

Außerdem ist es wichtig, klare Forschungsprioritäten zu setzen. Innovative Forschung ist in Bereichen wie selektive und umweltfreundliche Fanggeräte, Genetik, Methoden der Bestandsabschätzung und Probenahmen sowie nachhaltige Formen der Aquakultur notwendig.

Daten, die mit Hilfe öffentlicher Mittel zusammengestellt wurden, müssen öffentlich zugänglich sein und von unabhängiger Seite ausgewertet werden können. Solide wissenschaftliche Ergebnisse müssen überprüfbar sein und einer unabhängigen Prüfung standhalten.

Besonderes Gewicht muss auf innovative Analysemethoden gelegt werden, die auf kostenwirksame Weise zuverlässige Einblicke in komplexe sozio-ökonomische und ökologische Zusammenhänge geben, damit auch in Ländern oder Regionen, in denen kostspielige Verfahren wie etwa Bestandsabschätzungen nach Vorbild des ICES unrealistisch sind, die Grundlagen verbessert werden, auf denen Entscheidungen beruhen.

6. Folgemassnahmen

Ziel dieses Grünbuchs und der hieran anschließenden Debatte ist es, die Grundzüge der künftigen GFP festzulegen. Diese neue Politik muss darauf ausgerichtet sein, den künftigen Herausforderungen begegnen zu können. Hierzu bedarf es einer Reihe klarer, zusammenhängender und aufeinander abgestimmter Ziele für die GFP und der zu ihrer Umsetzung erforderlichen Instrumente.

Da es sich um Fragen von entscheidender Bedeutung handelt, scheint es angezeigt, mit allen Interessierten eine eingehende Debatte auf der Grundlage dieses Grünbuchs zu führen, bevor die Kommission gegen Jahresende förmliche Vorschläge für eine neue GFP unterbreitet.

Wer sich an dieser Debatte beteiligen möchte, sollte seine Kommentare, Meinungen, Vorstellungen und kritischen Bemerkungen bis zum 30. September 2001 an die Kommission richten, die diese sorgfältig prüfen wird. Beiträge sind auch per E-mail an folgende Adresse möglich: fisheries-greenpaper@cec.eu.int. Die Kommission hofft, dass die Debatte auf allen Ebenen und besonders in den am stärksten betroffenen Regionen der Gemeinschaft geführt wird.

Die Kommission wird außerdem vom 5. bis 7. Juni 2001 eine öffentliche Anhörung zur GFP-Reform durchführen, damit betroffene Akteure und andere interessierte Parteien aus allen Teilen der Gemeinschaft zusammenkommen und ihre Meinungen austauschen können.