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Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Versicherungsvermittlung"

Amtsblatt Nr. C 221 vom 07/08/2001 S. 0121 - 0129


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Versicherungsvermittlung"

(2001/C 221/21)

Der Rat beschloss am 3. November 2000, den Wirtschafts- und Sozialausschuss gemäß Artikel 47(2) und 55 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 10. April 2001 an. Berichterstatterin war Frau Konitzer.

Der Ausschuss verabschiedete auf seiner 382. Plenartagung (Sitzung vom 30. Mai 2001) mit 77 gegen 14 Stimmen bei 10 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Die selbständigen Versicherungsvermittler nehmen auf dem Markt der Finanzdienstleistungen eine große Bedeutung ein. Ihr Marktanteil beim Vertrieb von Versicherungsprodukten beträgt nach Angaben des Internationalen Büros der Versicherungs- und Rückversicherungsvermittler (BIPAR) in vielen Mitgliedstaaten mehr als 50 %(1).

1.2. Während für die Versicherungsunternehmen der Versicherungsbinnenmarkt durch die mit den Dritten Richtlinien(2) geschaffene Rechtsrahmen weitgehend vollendet ist und jedes Versicherungsunternehmen seit Juli 1994 einem System der einheitlichen Zulassung und Beaufsichtigung durch den Mitgliedstaat unterliegt, in dem es seinen Sitz hat, fehlt es bisher an einem wirksamen und einheitlichen europäischen Rechtsrahmen für die Versicherungsvermittler und Rückversicherungsvermittler. Eine volle Nutzung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit findet nicht zuletzt wegen des fehlenden Rechtsrahmens nicht statt, was dazu beiträgt, dass Versicherungsvermittler häufig den Wünschen ihrer Kunden nicht nachkommen können. Beispiele dazu bieten Haftpflicht- und Risikoversicherungen für Kraftfahrzeuge und Immobilien, die in einem anderen Mitgliedstaat unterhalten und weitestgehend nur dort abgeschlossen werden und abgeschlossen werden können.

1.3. Die Kommission weist in der Begründung des Richtlinienvorschlags zu Recht darauf hin, dass die für die Versicherungsvermittler erlassenen Gemeinschaftsvorschriften [Richtlinie 77/92/EWG(3) und Empfehlung 92/48/EWG(4)] zwar zur Angleichung der nationalen Regelungen beigetragen haben, die Versicherungsvermittler trotzdem aber nach wie vor in den einzelnen Mitgliedstaaten unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen unterliegen und dadurch die nationalen Märkte abgeschottet werden und Behinderungen für die grenzübergreifende Ausübung der Vermittlungstätigkeit entstehen.

1.4. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Empfehlung der Kommission 92/48/EWG(5) bis heute nicht in allen Mitgliedstaaten umgesetzt worden ist. Die Richtlinie 77/92/EWG hat sich als nicht ausreichende Grundlage erwiesen, einen den freien Dienstleistungsaustausch und die Niederlassungsfreiheit gewährenden Rechtsrahmen für eine grenzübergreifende Betätigung der Versicherungsvermittler und Rückversicherungsvermittler zu bilden. Nach wie vor kann die Vermittlertätigkeit in einzelnen Mitgliedstaaten ohne jede berufsbezogene Ausbildung und Qualifikation aufgenommen werden, auch ist die Berufsbezeichnung des Vermittlers vielfach ungeschützt.

1.5. Mit dem Vorschlag der Kommission für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Versicherungsvermittlung wird dem Anliegen der Gemeinschaft, ausgedrückt im Aktionsplan für Finanzdienstleistungen(6), Rechnung getragen, einen wirklich integrierten Privatkundenmarkt zu schaffen, auf dem sowohl die Interessen der Verbraucher als auch die der Dienstleister auf dem Gebiet der Versicherungsvermittlung angemessen geschützt werden.

2. Inhalte der vorgeschlagenen Richtlinie

2.1. Der Vorschlag der Kommission bezieht sich auf den Berufszugang aller Versicherungsvermittler und Rückversicherungsvermittler, die in der Gemeinschaft den Beruf als Versicherungs- oder Rückversicherungsvermittler aufnehmen oder ausüben (Artikel 1 Absatz 1), unabhängig davon, ob die berufsmäßige Tätigkeit in der Rechtsform einer natürlichen oder juristischen Person ausgeübt wird.

2.2. Mit der Richtlinie sollen der freie Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit der Vermittler in der Gemeinschaft verbessert werden.

2.3. Die Richtlinie trägt der Tatsache Rechnung, dass die Versicherungsvermittler wichtige Träger des Verkaufs von Versicherungsprodukten in der Gemeinschaft sind. Ihr Marktanteil beträgt in vielen Mitgliedstaaten beim Versicherungsvertrieb mehr als 50 %.

2.4. Die Richtlinie trägt zudem der Zielsetzung des Aktionsplanes für Finanzdienstleistungen(7) - vom Europäischen Rat in Köln im Juni 1999 positiv aufgenommen und in Lissabon am 23. und 24. März 2000 mit Nachdruck in Erinnerung gerufen - Rechnung, einen wirklich integrierten Privatkundenmarkt zu schaffen, in dem die Interessen sowohl der Verbraucher als auch die der Dienstleister angemessen geschützt werden.

2.5. Die Richtlinie kommt zugleich auch der Entschließung des Europäischen Parlaments nach, das zum Aktionsplan für die Finanzdienstleistungen erklärt, dass der Änderung der gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften über Versicherungsvermittler erste Priorität zukomme(8).

2.6. Mit der Richtlinie wird ein bisher nicht erreichter normativer Rahmen geschaffen, der bei allen selbständigen Vermittlern ein hohes berufsfachliches Niveau gewährleisten soll (Artikel 4). Die Berufstätigkeit als Versicherungsvermittler und Rückversicherungsvermittler soll in den Mitgliedstaaten nur derjenige ausüben dürfen, der

- über angemessene allgemeine, kaufmännische und fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten verfügt,

- einen guten Leumund nachweist und insbesondere sich nicht in Bezug auf das Versicherungs- und Rückversicherungsgeschäft Straftaten zuschulden hat kommen lassen und nie in Konkurs geraten ist,

- eine Berufshaftpflichtversicherung abgeschlossen hat oder eine andere gleichwertige, die Haftpflicht bei Verletzung beruflicher Sorgfaltspflichten abdeckende Garantie in Höhe von mindestens 1000000 EUR pro Schaden nachweist und

- bei dem durch Maßnahmen zum Schutz des Verbrauchers, die Mitgliedstaaten zu ergreifen haben, gesichert ist, dass Prämien an das Versicherungs- oder Rückversicherungsunternehmen oder der Erstattungsbetrag an den Versicherten weitergeleitet werden.

2.7. Den Mitgliedstaaten soll es frei stehen, Personen, die als Angestellte eines Versicherungsunternehmens, als Angestellte eines eingetragenen Vermittlers oder die nur im Nebenberuf die Versicherungsvermittlung aufnehmen oder ausüben, geringere Qualifikationen als die von den selbständigen und hauptberuflichen Vermittlern abzuverlangenden Voraussetzungen aufzuerlegen, wobei eine Verpflichtung begründet wird, ihnen fachliche Grundkenntnisse zu vermitteln und für sie die Haftung zu übernehmen (Artikel 4 Abs. 1 Unterabsätze 2 und 3).

2.8. Den Mitgliedstaaten steht es außerdem frei, die Richtlinie nicht auf Personen anzuwenden, die Versicherungen als eine Zusatzleistung zur Lieferung einer Ware bzw. der Erbringung einer Dienstleistung vermitteln, wenn dazu keine besonderen Kenntnisse erforderlich sind, die Prämie einen Betrag von jährlich 1000 EUR nicht übersteigt und der Versicherungsvertrag eine Laufzeit von unter einem Jahr hat (Artikel 1 Abs. 2).

2.9. Die Richtlinie sieht vor, dass die Aufnahme oder Ausübung des Berufs als Versicherungsvermittler oder Rückversicherungsvermittler von der Eintragung in ein Register abhängig gemacht wird, das von der zuständigen Behörde im Herkunftsland des Vermittlers zu führen ist und das leicht allgemein eingesehen werden kann (Artikel 3).

2.10. Nach der Richtlinie dürfen nur in ein Register eingetragene Vermittler von Versicherungsunternehmen in Anspruch genommen werden (Artikel 3 Abs. 5).

2.11. Zur Gewährleistung des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit bestimmt die Richtlinie eine gegenseitige Informationspflicht zwischen Herkunftsland und Aufnahmeland, bevor ein Vermittler seine Dienstleistungen in einem anderen Mitgliedstaat als dem Herkunftsmitgliedstaat ausüben oder dort eine Niederlassung begründen will. Die zuständige Behörde des Aufnahmestaates soll die zuständige Behörde des Herkunftsmitgliedstaates über die Bedingungen informieren, unter denen die Tätigkeit aus Gründen des Allgemeininteresses auf dem Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaates ausgeübt werden muss (Artikel 5).

2.12. Die zuständigen Behörden, die das Register über eingetragene Vermittler führen, müssen entweder staatliche Stellen oder Stellen sein, die nach einzelstaatlichem Recht oder von gesetzlich ausdrücklich dazu befugten staatlichen Stellen anerkannt sind (Artikel 6).

2.13. Der Entwurf der Richtlinie schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten angemessene Sanktionen festlegen für nicht eingetragene Vermittler, die Versicherungsprodukte anbieten oder vermitteln, und Versicherungsunternehmen, die einen nicht eingetragenen Vermittler in Anspruch nehmen. Bei Verstößen arbeiten die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten durch einen Informationsaustausch zusammen (Artikel 7).

2.14. Den Mitgliedstaaten wird die Errichtung einer Beschwerdestelle und ein System der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten auferlegt (Artikel 8 und 9).

2.15. Die Vermittler haben den in der Richtlinie vorgesehenen Auskunftspflichten nachzukommen (Artikel 10).

2.16. Die Richtlinie soll in den Mitgliedstaaten bis zum 31. Dezember 2003 umgesetzt werden (Artikel 13).

3. Allgemeine Bemerkungen

3.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss begrüßt den Vorschlag der Kommission ausdrücklich, durch einen normativen Rahmen ein hohes berufsfachliches Niveau des Versicherungsvermittlers und des Rückversicherungsvermittlers zu gewährleisten, durch eine einheitliche Eintragung der Vermittler deren grenzüberschreitende Ausübung ihrer Tätigkeit im Rahmen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs zu erleichtern und gleichzeitig ein hohes Niveau des Schutzes der Interessen der Versicherungsnehmer sicherzustellen.

3.1.1. Der Ausschuss hatte bereits auf die Tatsache hingewiesen, dass trotz ihrer außerordentlichen Wichtigkeit für das Funktionieren des Versicherungssektors im Binnenmarkt die Tätigkeit der Versicherungsagenten und -makler Gegenstand von nur einer Richtlinie aus dem Jahre 1976 geblieben ist, in der Aspekte wie Berufshaftpflicht, finanzielle Garantien, Eintrag in ein Register und weitere Geschäftsbedingungen ausgeklammert waren(9).

3.1.2. Der Ausschuss kommt aber zu der Einschätzung, dass die tragenden Zielsetzungen des Entwurfs einer Richtlinie für Versicherungsvermittlung nicht immer ausreichend abgesichert werden, so nicht

- die Anforderungen an eine hohe Qualifikation des Versicherungsvermittlers und des Rückversicherungsvermittlers,

- die Möglichkeit zum freien Dienstleistungsaustausch und der Niederlassungsfreiheit und des Schutzes der Kunden und der Versicherten.

3.2. Nach der Begründung der Kommission soll mit der Richtlinie ein normativer Rahmen geschaffen werden, der bei den Versicherungsvermittlern ein hohes berufsfachliches Niveau gewährleisten soll(10). Grundlage einer jeden beruflichen Qualifikation ist aber eine theoretische und praktische Ausbildung im Beruf, die darin gewonnenen Erfahrungen sowie die Erkenntnisse aus einer fortlaufenden und berufsbegleitenden Fortbildung. Die Kommission schlägt vor(11), dass die Kenntnisse und Fertigkeiten der Vermittler denen der wahrgenommenen Funktionen und denen der Märkte entsprechen müssen und dass die Mitgliedstaaten die Inhalte und das Niveau der Kenntnisse selbst zu definieren und festzulegen haben.

3.2.1. Ausgehend von diesen Zielen wird sodann unter Artikel 4 Abs. 1 Unterabsatz 1 ebenso wie bereits in der Empfehlung 92/48/EWG bestimmt, dass die Versicherungs- und Rückversicherungsvermittler über angemessene allgemeine, kaufmännische und fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen müssen.

3.2.2. Der Ausschuss verweist auf seine Stellungnahme zum Thema "Die Verbraucher auf dem Versicherungsmarkt (Binnenmarkt-Beobachtungsstelle)", in der er schon einmal festgestellt hatte, dass Versicherungsmakler unbedingt über eine ihrer wichtigen Funktion angemessene fachliche Ausbildung verfügen müssen(12). Der WSA nimmt in diesem Zusammenhang Bezug auf die "Porto-Erklärung" des BIPAR(13), die es zwar den Mitgliedstaaten überlässt, Niveau und Inhalte der Ausbildung selbst zu bestimmen, ein Mindestrahmen an theoretischer und praktischer Ausbildung jedoch zu fordern ist, der mit einer Dauer von mindestens 300 Stunden umschrieben wird, wobei bereits erworbene berufsspezifische Kenntnisse angerechnet werden können.

3.2.3. Der Ausschuss schlägt vor, dass diejenigen Versicherungsvermittler, die bereits über einen gewissen Zeitraum Erfahrungen und Kenntnisse in der Versicherungsvermittlung erworben haben, nicht erneut eine Ausbildung nach Artikel 4 Abs. 1 Unterabsatz 1 absolvieren müssen, sondern aufgrund einer zusätzlichen Regelung den direkten Zugang zur Registrierung erhalten.

3.3. Der freie Dienstleistungsaustausch gem. Artikel 49 ff. und die Niederlassungsfreiheit gem. Artikel 43 ff. des EGV können für die Versicherungsvermittler nur dann erreicht werden, wenn sie aufgrund ihrer Anerkennung und Eintragung im Inland auch Dienstleistungen in einem Mitgliedstaat anbieten und oder dort Niederlassungen begründen dürfen. Unterschiedliche innerstaatliche Regelungen innerhalb der Mitgliederstaaten manifestieren jedoch die bisher schon zu verzeichnende Abschottung der Märkte. Dieser Sachverhalt würde dann perpetuiert, wenn der aus Artikel 5 Abs. 3 letzter Halbsatz abzuleitende Vorschlag der Kommission aufgenommen würde, dass die Aufnahme einer Versicherungsvermittlungstätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat von Bedingungen abhängig gemacht würde, die sich auf unterschiedliche Ausbildungen beziehen. Es ist daher anzustreben, dass die in allen Mitgliedstaaten geforderte Ausbildung nach Artikel 4 Abs. 1 Unterabsatz 1 einen Mindeststandard erreicht, ohne dass die Inhalte der Ausbildungen in der Richtlinie festgeschrieben werden, und dass diese Qualifikation, die im Heimatstaat zur Eintragungsfähigkeit führt, nach Registrierung auch die Aufnahme der Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaats erlaubt.

3.3.1. Der Ausschuss ist daher der Auffassung, dass das Ziel des freien Dienstleistungsverkehrs und der Niederlassungsfreiheit nur dann erreichbar ist, wenn hinsichtlich der beruflichen Qualifikation der Versicherungsvermittler ein Mindestmaß an Ausbildung festgelegt wird und dass diese Ausbildung auch durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Prüfung abschließt.

3.4. Der Vorschlag der Kommission zielt letztlich auch auf eine Verbesserung des Schutzes der Versicherungsnehmer, die Versicherungsprodukte bei einem Vermittler erwerben. Dieser Schutz soll u. a. dadurch gewährleistet sein, dass jede natürliche oder juristische Person, die die Tätigkeit der Versicherungs- oder Rückversicherungsvermittlung aufnimmt oder ausübt, eingetragen ist und bestimmte berufliche Mindestanforderungen erfuellt. Ursprüngliche Erwägungen, die Richtlinie ausschließlich für Vermittler mit einem bestimmten Geschäftsvolumen anzuwenden, wurden aus Gründen des Schutzes der Interessen der Versicherungsnehmer zu Recht fallen gelassen. Derjenige Vermittler, der nur ein Produkt täglich vermittelt, bedarf keiner geringeren Qualifikation als derjenige, der zehn Produkte "verkauft". Weder Anzahl der vermittelten Produkte noch der damit verbundene Zeitaufwand können Bestimmungsfaktoren dafür sein, über welche Grundqualifikation der Vermittler zum Schutze seiner Kunden verfügen muss.

3.4.1. Leider wendet die Kommission diese Erkenntnis, die sie selbst trifft(14), in Artikel 4 Abs. 1 Unterabsatz 3 nicht an, in dem sie es den Mitgliedstaaten überlässt, die Qualifikationen nach Artikel 4 Abs. 1 Unterabsatz 1 nicht den nebenberuflich tätigen Vermittlern abzuverlangen. Der nebenberufliche Versicherungsvertrieb ist neben in Portugal und in Skandinavien vor allem in der Bundesrepublik Deutschland bekannt, wo etwa 300000 Vermittler außerhalb ihres eigentlichen Berufes zusätzlich tätig sind. Die Öffnung des Marktes und der freie Dienstleistungsaustausch würden aber bei Übernahme des Kommissionsvorschlags bald auch die Nebenberuflichkeit in anderen Mitgliedstaaten ermöglichen, so dass das angesprochene Problem nicht allein einen Mitgliedstaat trifft.

3.4.2. Der Kommissionsvorschlag zur Nichtanwendung der Qualifikationsanforderungen an den nebenberuflichen Vermittler widerspricht im übrigen auch dem in dem Amsterdamer Vertrag enthaltenen Verbraucherschutzgedanken(15).

3.5. Die in Artikel 10 Absatz 3 seitens der Kommission vorgesehene Aufzeichnungspflicht des Versicherungsvermittlers ist nach Ansicht des WSA zu einseitig und führt darüber hinaus auch nicht zu dem angestrebten Schutz des Verbrauchers, wenn in einem Schadensfall nur auf die Aufzeichnungen des Versicherungsvermittlers zurückgegriffen werden kann.

4. Besondere Bemerkungen

4.1. Zu Artikel 1 - Anwendungsbereich

4.1.1. Der Vorschlag überlässt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, die Vorschriften über die beruflichen Anforderungen (Kapitel II) sowie über die Auskunftspflichten (Kapitel III) dann nicht anzuwenden, wenn die berufliche Vermittlungstätigkeit von Personen ausgeübt wird, die Versicherungsprodukte anbieten, für die keine allgemeinen oder versicherungstechnischen Kenntnisse erforderlich sind [Artikel 1 Absatz 2 (a)] und weder der Vorsorge dienen [Artikel 1 Absatz 2 (b)] noch Haftungsrisiken [Artikel 1 Absatz 2 (c)] decken, sondern die mit Waren oder Dienstleistungen verknüpft sind, welche sie im Rahmen ihrer Hauptgeschäftstätigkeit anbieten [Artikel 1 Absatz 2 (d) und Absatz 2 (e)]. Zu solchen "Annexverträgen" gehören nach Auffassung des Ausschusses z. B. auch ein Versicherungsvertrag für ein Leihauto, das zusammen mit und für die Dauer einer Urlaubsreise gebucht wird. Der Vorschlag begrenzt die Laufzeit der Verträge auf unter einem Jahr und den Prämienertrag auf 1000 EUR [Artikel 1 Absatz 2 (f)].

4.1.1.1. Da die nach Artikel 1 Absatz 2 (b) und (c) genannten Lebensversicherungsverträge und Verträge, die Haftpflichtrisiken abdecken, stets der besonderen Fachkunde bedürfen, fallen sie auch unter die Bestimmung des Artikels 1 Absatz 2 (a), so dass vorgeschlagen wird, die Absätze 2 (a) bis (c) zu verbinden. Die besondere Herausstellung der Haftpflichtversicherung ergibt sich schon bei Kfz-Versicherungen aus dem in allen Mitgliedstaaten gesetzlich verankerten Gedanken des Opferschutzes, der eine Pflichtversicherung zur Folge hat. Dies erscheint auch schon deswegen gerechtfertigt, als auch andere Versicherungsverträge in gleicher Weise wie Lebens- und Haftpflichtversicherungsverträge einer allgemeinen und speziellen Fachkunde bedürfen. Folgende neue Formulierung wird vorgeschlagen: "(a) es handelt sich nicht um Produkte der Altersvorsorge oder der Vermögensanlage, wie zum Beispiel Lebens- oder Rentenversicherungen, Verträge zur Deckung von Haftpflichtrisiken und solche Versicherungsverträge, die allgemeiner oder spezieller Kenntnisse im Bereich Versicherung bedürfen,"

4.1.2. Unklar bleibt, ob sich die bezifferte Prämie auf die Gesamtheit der pro Jahr abgeschlossenen Versicherungsverträge bezieht oder jeweils auf einen Abschluss. Ausgehend von der Zielsetzung des Richtlinienvorschlags, dass die Nichtanwendung der Regelungen nur die Versicherungsvermittlung von Verträgen betreffen soll, die geringe Risiken abdecken und die im Verbund mit einem Hauptprodukt vermittelt werden, so z. B. der Verlust oder die Beschädigung von Brillen, von bestimmten Haushaltselektrogeräten oder im Zusammenhang mit Reiseverträgen, erscheint es angemessen, die jährliche Prämiensumme pro Vertrag auf insgesamt 100 EUR und ohne Begrenzung der Laufzeit einzuschränken, so dass folgende Formulierung vorgeschlagen wird: "(f) die Prämiensumme pro Jahr und Vertrag übersteigt nicht 100 EUR, ohne dass eine Laufzeitbegrenzung vereinbart ist."

4.2. Zu Artikel 2 - Begriffsbestimmungen

4.2.1. Artikel 2 benennt die Begriffbestimmungen, die zur Anwendung der Richtlinie definiert werden. Dabei erscheinen einige Formulierungen unklar.

4.2.1.1. In Artikel 2 Ziffer (3) wird die Versicherungsvermittlung als "Anbieten, Mitteilen, Vorschlagen, Vorbereiten und Abschließen von Versicherungsverträgen sowie das Mitwirken bei deren Verwaltung und Erfuellung, insbesondere im Schadensfall" definiert. Das Wort "Vorschlagen" ist durch "Informationserteilung" zu ersetzen, da dies dem Wort "giving information" der englischen Fassung des Richtlinienvorschlags am ehesten entspricht. Bei der Tätigkeitsbeschreibung der Versicherungsvermittlung sollte weiterhin auch die eigentliche Beratung, die im Zusammenhang mit dem Abschluss eines Vertrages stattfindet, aufgenommen werden. Zur Versicherungsvermittlung im Sinne der Richtlinie gehört nach Auffassung des WSA nicht die Verwaltung der Versicherungsverträge. Die Annahme der Tätigkeit der "Versicherungsvermittlung" ist nicht erst dann gegeben, wenn alle aufgeführten Tätigkeitsmerkmale vorliegen, worauf die Richtlinie hinweisen sollte. Es wird daher empfohlen, folgende Formulierung zu verwenden: "(3) 'Versicherungsvermittlung': das Anbieten, Vorbereiten und Abschließen von Versicherungsverträgen und die damit im Zusammenhang stehende Informationserteilung und Beratung sowie das Mitwirken bei deren Erfuellung, insbesondere die Beratung im Schadensfall, außer der kontaktherstellende Tätigkeit. Zur Annahme der 'Versicherungsvermittlung' reicht die Erfuellung eines der genannten Merkmale aus."

4.2.1.2. Die Definition "Versicherungsvermittler" in Artikel 2 Ziffer (5) soll nur die Akteure (Agenten, Einfirmenvertreter, Mehrfirmenvertreter, Makler etc.) betreffen, die unabhängig und daher nicht als Angestellte eines Versicherungsunternehmens auf dem Gebiet der Versicherungsvermittlung tätig werden. Mit dieser Klarstellung wird die Einschränkung entbehrlich, dass die Definition nicht das Versicherungsunternehmen und deren Beschäftigte betrifft, die rechtlich als Gehilfen tätig werden. Im Hinblick auf den Vorschlag zu Artikel 2 Ziffer (3) wird folgende Formulierung empfohlen: "(5) 'Versicherungsvermittler': jede Person, die gegen Entgelt oder im Zusammenhang mit einem entgeltlichen Produkt und/oder einer entgeltlichen Dienstleistung die selbständige/unabhängige Versicherungsvermittlung aufnimmt oder ausübt;"

4.2.2. Entsprechend dem Vorschlag im Punkt 4.2.1.2 ergibt sich der Änderungsvorschlag zu Artikel 2 Ziffer (6) wie folgt: "(6) 'Rückversicherungsvermittler': jede Person, die gegen Entgelt oder im Zusammenhang mit einem entgeltlichen Produkt und/oder einer entgeltlichen Dienstleistung die selbständige/unabhängige Tätigkeit der Rückversicherungsvermittlung aufnimmt oder ausübt:"

4.2.3. Der Richtlinienvorschlag sieht keine Umschreibung des in Artikel 10 Absatz 1 lit. c) gewählten Begriffs des "Mutterunternehmens" vor, so dass vorgeschlagen wird, hier eine weitere Definition aufzunehmen. Die Kommission wird gebeten, diese Definition noch zu formulieren.

4.3. Zu Artikel 3 - Eintragung

4.3.1. In Folge des Vorschlages zur Streichung des Artikels 4 Abs. 1 Unterabsatz 3 (siehe unten Punkt 4.4.3.4) ist Artikel 3 Ziffer (2) wie folgt zu formulieren: "(2) Die Mitgliedstaaten machen die Eintragung von Versicherungsvermittlern und Rückversicherungsvermittlern davon abhängig, dass die beruflichen Anforderungen nach Artikel 4 erfuellt werden."

4.3.2. Die Eintragung in das Register stellt einen berufszugangsrechtlichen Akt dar. Umgekehrt liegt in der Ablehnung der Eintragung ein Berufszugangshindernis, wodurch das Grundrecht der Berufsfreiheit tangiert wird. Die Richtlinie hat daher vorzusehen, dass die Mitgliedstaaten das Zulassungssystem rechtsstaatlich ausgestalten und damit auch ein Widerspruchs- und Klageverfahren gegen die Ablehnung oder die Rücknahme der Eintragung möglich sind. Dies kann durch Neuformulierung des Artikels 3 Ziffer (4) wie folgt geschehen: "(4) Die Mitgliedstaaten haben sicherzustellen, dass Vermittlern, deren Antrag auf Eintragung in das Register abgelehnt wird oder deren Eintrag aufgrund einer Sanktion nach Artikel 7 zurückgenommen wird, ein Rechtsmittelverfahren offen steht. Die Mitgliedstaaten stellen weiterhin sicher, dass Register nach Absatz 1 von jedermann allgemein eingesehen werden können."

4.4. Zu Artikel 4 - Berufliche Anforderungen

4.4.1. Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 will die fachlichen Qualifikationsanforderungen an den Versicherungsvermittler formulieren, ohne dass eine Aussage darüber getroffen wird, in welchem zeitlichen Umfang und mit welchen fachlichen Inhalten die Qualifikation auszustatten ist, die zur Eintragsfähigkeit des Versicherungsvermittlers in das staatliche Register führen. Die Formulierung "angemessene allgemeine, kaufmännische und fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten" bezieht sich nicht einmal auf die der Versicherungsvermittlungstätigkeit. Die somit weit offen gehaltene Anforderung an die Kenntnisse und Fähigkeiten des Vermittlers können die Gefahr bergen, dass bei völlig unterschiedlichen einzelstaatlichen Regelungen das Ziel, einen stärkeren Schutz der Versicherungsnehmer zu gewährleisten, insbesondere was die Anforderungen in Bezug auf die fachliche Kompetenz des Vermittlers betrifft, nicht erreichbar ist. Ohne Festschreibung einer minimalen, dem Verbraucherschutz Rechnung tragenden Grundqualifikation, wird es zu starken Wettbewerbsverzerrungen für den Vermittler im angestrebten freien Dienstleistungsaustausch kommen. Die bereits mit der Empfehlung 92/48/EWG angestrebte Gewährleistung der Gleichwertigkeit der nationalen Regelungen für den Versicherungsvermittler erscheint mit dem Richtlinienvorschlag weiterhin nicht erreichbar.

4.4.1.1. Im Hinblick auf die teilweise sehr hohen Qualifikationsanforderungen, die einzelne Mitgliedstaaten an den Beruf des Versicherungsvermittlers bereits geknüpft haben, ist andererseits auch eine einheitliche Anforderung an die fachliche Ausbildung der Versicherungsvermittler aber in einer EU-Richtlinie nicht erreichbar, so dass auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss keine Richtlinie empfiehlt, die eine einheitliche Regelung der Berufsausbildung beinhaltet. Es wird aber empfohlen, in Anlehnung an den Vorschlag des BIPAR(16) zumindest einen "minimal standard"

zu formulieren, der den einzelnen Mitgliedstaaten die Möglichkeit gibt, weiterhin auf dem Mindeststandard aufbauend innerstaatliche Ausbildungsgänge zu regeln, wobei der Mindeststandard eine Grundstundenzahl der berufsbezogenen theoretischen und fachlichen Ausbildung umfassen sollte. Den Mitgliedstaaten sollte es vorbehalten bleiben, im Zusammenwirken zwischen den Berufsverbänden, den Versicherungsunternehmen, den Kammern und den Arbeitnehmervertretungen eine Ausgestaltung der Ausbildung zu formulieren, anzubieten und sie durchzuführen und auch Regelungen festzulegen, in welchem Umfang fachspezifische Kenntnisse auf die Zahl der zu absolvierenden Stunden angerechnet werden können. Die Ausbildung sollte mit einer objektiven Abschlussprüfung enden, die je nach innerstaatlichem System in den Mitgliedstaaten entweder staatlich oder aufgrund einer Rechtsermächtigung durch eine staatlich anerkannte Stelle abgenommen wird. Demzufolge wird vorgeschlagen, Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 wie folgt zu formulieren: "(1) Versicherungs- und Rückversicherungsvermittler haben angemessene allgemeine, kaufmännische und fachliche Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet des Versicherungswesens nachzuweisen, die durch praktische und theoretische Ausbildung im Umfang von insgesamt mindestens 300 Stunden erworben werden. Außerhalb der Ausbildung erworbene fachspezifische Kenntnisse können angerechnet werden. Die Ausbildung endet mit einer Prüfung durch eine staatliche oder staatlich anerkannte Stelle."

4.4.2. Der Ausschuss geht davon aus, dass die Bestimmung des Artikels 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 auch auf Banken und Sparkassen, die Versicherungsvermittlung neben den Finanzdienstleistungen aufnehmen oder ausüben, in der Form angewendet werden kann, dass deren Leitungsorgane alle Voraussetzungen des Artikels 4 zu erfuellen haben und in das Register einzutragen sind. Die Beschäftigten dieser Unternehmen, die direkt an der Versicherungs- oder Rückversicherungsvermittlung mitwirken, müssen auf die von ihnen aufgenommene oder ausgeübte Versicherungsvermittlungstätigkeit abgestellte und produktbezogene Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen und unter Kontrolle des registrierten Leitungsorgans stehen(17).

4.4.3. Der Unterabsatz 3 zu Artikel 4 Absatz 1 stellt es den Mitgliedstaaten frei, die Bestimmungen an die fachliche Qualifikation auf natürliche Personen anzuwenden, die die Tätigkeit der Versicherungsvermittlung aufnehmen oder ausüben, deren Hauptberufstätigkeit jedoch nicht die Versicherungsvermittlung ist und deren Einkommen nicht in erster Linie aus dieser Tätigkeit stammt, sofern ein nach Unterabsatz 1 Qualifizierter oder ein Versicherungsunternehmen uneingeschränkt die Haftung übernimmt und ihr eine angemessene fachliche Ausbildung zukommen lässt.

4.4.3.1. Diese Ausnahmeregelung steht im Gegensatz zur Absicht der Kommission, dass "jede natürliche und juristische Person, die die Tätigkeit der Versicherungs- oder Rückversicherungsvermittlung aufnimmt oder ausübt, ... bestimmte berufliche Mindestanforderungen erfuellt(18)". Sie steht auch dem Anliegen der Kommission entgegen, dass ein wirksamer Schutz der Interessen der Versicherungsnehmer nur dann erreichbar ist, wenn sich die Richtlinie und die darin enthaltenen Anforderungen an den Versicherungsvermittler auf sämtliche Versicherungsvermittler beziehen(19).

4.4.3.2. Die Möglichkeit, dass durch eine nationale Regelungen unterschiedliche berufliche Qualifikationen von den Versicherungsvermittlern verlangt werden, beinhaltet in seiner Umsetzung eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung und damit eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes. Dabei ist es unbedeutend, dass für denjenigen, der ohne Registereintragung für ein Unternehmen oder für einen registrierten Vermittler tätig wird, eine Haftung seines "Dienstherren" gefordert wird. Die Haftungsgarantie trägt nur zum Schutz des Versicherungsnehmers nach Eintritt eines Schadens durch eine fehlerhafte Beratung oder Vermittlung bei, nicht aber zu deren Vermeidung. Gerade die Vermeidung einer fehlerhaften Beratung oder eines fehlerhaften Abschlusses muss Ziel der Richtlinie sein, will sie dem Schutz des Verbrauchers ausreichend Rechnung tragen.

4.4.3.3. Eine eindeutige Differenzierung zwischen hauptberuflicher und nebenberuflicher Tätigkeit ist nicht zu formulieren. So bleibt es offen, ob eine Vermittlungstätigkeit im Umfang von zwei Stunden pro Tag als nebenberuflich bei demjenigen eingestuft werden muss, der keiner weiteren Tätigkeit nachgeht, oder ob auch bei demjenigen eine nebenberufliche Versicherungsvermittlungstätigkeit anzunehmen ist, der halbtags einer Anstellungstätigkeit und halbtags einer selbständigen Vermittlungstätigkeit nachgeht.

4.4.3.4. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss empfiehlt daher dringend, den Unterabsatz 3 in Artikel 4 Abs. 1 ersatzlos zu streichen.

4.4.4. Der Vorschlag der Kommission sieht keine Übergangsbestimmungen für diejenigen Vermittler vor, die bereits seit langem im Versicherungswesen selbständig ihrer Vermittlungstätigkeit nachgehen. Der Ausschuss hält es nicht für angemessen, dass auch diese Vermittler zur Registrierung und damit zur Weiterführung ihrer Tätigkeit eine Ausbildung zu absolvieren haben. Der Ausschuss schlägt daher eine "Grandfather Clause" vor, die anstelle des Unterabschnittes 3 in Artikel 4 Abs. 1 wie folgt formuliert wird: "Den Mitgliedstaaten steht es frei, die Bestimmung des Unterabschnittes 1 nicht auf Personen anzuwenden, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des staatlichen Gesetzes im Mitgliedstaat aufgrund dieser Richtlinie bereits länger als 3 Jahre auf dem Gebiet der Versicherungsvermittlung tätig sind."

4.4.5. In Artikel 4 Absatz 2 Unterabsatz 1 wird die Eintragung des Versicherungsvermittlers und Rückversicherungsvermittlers u. a. davon abhängig gemacht, dass dieser nie in Konkurs gegangen ist. Der Begriff des Konkurses ist nicht in allen Mitgliedstaaten gebräuchlich, er ist in Deutschland durch die Verabschiedung der "Insolvenzordnung"(20) im Jahre 1994 abgeschafft und durch den Begriff der "Insolvenz" ersetzt worden. Neben Konkurs und Insolvenz schließen aber auch andere strafbare Handlungen die Zuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs eines Versicherungsvermittlers aus, so insbesondere Vermögensdelikte, bei denen es u. a. um die Veruntreuung anvertrauter Gelder oder deren Unterschlagung geht. Zur Klarstellung und Ergänzung wird daher empfohlen, folgende Formulierung zu verwenden: "... in Konkurs gegangen, über deren Vermögen nie ein gerichtliches Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder wenn gegen sie eine Strafe wegen eines Deliktes gegen fremdes Vermögen ausgesprochen wurde, es sei denn, sie sind gemäß nationalem Recht rehabilitiert worden."

4.4.6. In Artikel 4 Absatz 4 lit (b) wird seitens der Kommission vorgeschlagen, dass die Mitgliedstaaten Maßnahmen zur Sicherung der Weiterleitung von Prämien und Erstattungsbeträgen dahingehend ergreifen können, vom Vermittler eine finanzielle Leistungsfähigkeit abzuverlangen, wonach jederzeit 8 % ihres jährlichen Nettoeinkommens verfügbar sein muss, mindestens aber 15000 EUR.

4.4.6.1. Mit dieser Bestimmung würde einem Berufsstand nicht nur erstmals eine Offenlegung der Einkünfte auferlegt, die Anforderung würde zudem zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung führen. Die Bestimmung ist zugleich auch zu unbestimmt, als dass sie handhabbar wäre: Die zuständige Behörde müsste zur Sicherstellung einer solchen Bestimmung ständige Kontrollen durchführen, wozu ein unabsehbarer und nicht finanzierbarer behördlicher Aufwand erforderlich wäre. Zudem erscheint die Höhe der zu unterhaltenden Sicherheit willkürlich, sie ist nicht an einem tatsächlichen Schutzbedürfnis orientiert.

4.4.6.2. Dem Wirtschafts- und Sozialausschuss erscheint es ausreichend, dem Vermittler aufzuerlegen, Kundengelder streng getrennt von Geschäftskonten zu führen, wenn die geforderte Konkurssicherheit der Kundenkonten gewährleistet wird, wie dies mit der Bestimmung des Artikels 4 Absatz 4 lit. (c) gefordert wird. Zudem lässt es die Bestimmung des Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 zu, dass der jeweilige Mitgliedstaat die nach eigenem Recht möglichen und zulässigen Maßnahmen zum Schutz von Kundengeldern ergreift.

4.4.6.3. Im Hinblick auf die umfassende Formulierung des Artikel 4 Absatz 4 Satz 1 wird daher empfohlen, auf die offene Aufzählung möglicher Sicherheitsmaßnahmen in den Unterabschnitten (a) bis (d) zu verzichten, jedenfalls die Anforderung nach Artikel 4 Absatz 4 lit. (b) ersatzlos zu streichen.

4.5. Zu Artikel 5 - Mitteilung der Niederlassung und des Erbringens von Dienstleistungen in anderen Mitgliedstaaten

4.5.1. Der Vorschlag der Kommission sieht in Artikel 5 ein Mitteilungssystem vor, dass den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit innerhalb der Gemeinschaft gewährleisten soll. In diesem Artikel wird das Verfahren festgelegt, dem ein eingetragener Vermittler zu folgen hat, wenn er in einem anderen Mitgliedsland als dem, in dem er eingetragen ist, beruflich tätig werden will. Das Verfahren sieht eine dreifache Mitteilungspflicht vor, nämlich die des Vermittlers an die Registrierungsstelle seines Heimatlandes, die des Heimatlandes an das Register des Aufnahmemitgliedstaates und die Mitteilung des Registers des Heimatlandes an den Vermittler über deren Weiterleitung der Mitteilung an das Register des Aufnahmemitgliedstaates. Außerdem hat die zuständige Behörde des Aufnahmelandes der Behörde des Heimatstaates mitzuteilen, unter welchen Bedingungen die Tätigkeit aus Gründen des Gemeinwohls auf dem Hoheitsgebiet ihres Mitgliedstaates ausgeübt werden darf (Artikel 5 Absatz 3). Es ist sodann erforderlich, diese Bedingungen durch die zuständige Behörde des Heimatlandes an den Vermittler weiterzuleiten. Der Zeitraum, bis zu dem der Vermittler eine Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat aufnehmen oder dort am Dienstleistungsverkehr teilnehmen kann, dauert nach den Zeitvorgaben des Entwurfs mindestens drei Monate und erfordert mehrere vermeidbare bürokratische Akte.

4.5.1.1. Mit Recht weist daher die Kommission darauf hin, dass zu erwägen ist, dieses Verfahren zu modernisieren und spricht dabei die Möglichkeit an, unter Beachtung des Schutzes des Gemeinwohls die Register auf den Internetseiten der einzelnen zuständigen Behörden zu veröffentlichen. Die Kommission regt an, ein solches Verfahren gemeinsam mit den Mitgliedstaaten zu erörtern.

4.5.1.2. Der Wirtschaft- und Sozialausschuss schließt sich der Einschätzung der Kommission in vollem Umfang an und regt an, schon jetzt den vorgeschlagenen Weg einer Vereinfachung durch Nutzung der modernen Medien zu erreichen.

4.5.1.3. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss schlägt daher folgende Neufassung des Artikels 5 Absätze 1 und 2 vor: "1) Jeder Versicherungsvermittler oder Rückversicherungsvermittler, der zum ersten Mal in einem oder mehreren Mitgliedstaaten im Rahmen des freien Dienstleistungsverkehrs oder der Niederlassungsfreiheit tätig werden will, teilt dies der zuständigen Behörde des Aufnahmemitgliedstaates mit. Die zuständige Behörde bestätigt dem Vermittler innerhalb von einem Monat, dass die Tätigkeit oder die Niederlassung aufgenommen werden kann. Eine fehlende oder nicht rechtzeitige Bestätigung führt zur Berechtigung, die Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat aufnehmen und ausüben zu können.

2) Die Register der eingetragenen Versicherungsvermittler und Rückversicherungsvermittler werden durch die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten auf einer gemeinsamen Internetseite zusammengeführt und laufend aktualisiert."

4.5.2. Nach Artikel 5 Absatz 3 letzter Satz des Vorschlages der Kommission soll die zuständige Behörde des Aufnahmestaates der Behörde des Herkunftsstaates mitteilen, unter welchen Bedingungen die Tätigkeit aus Gründen des Allgemeininteresses auf ihrem Hoheitsgebiet ausgeübt werden kann. Mit dieser Formulierung kommt zum Ausdruck, dass ein freier Dienstleistungsverkehr ebenso wenig durch die Richtlinie gewährleistet werden soll wie die Niederlassungsfreiheit. Gerade dies soll aber die Richtlinie erreichen. Andernfalls könnte jeder Mitgliedstaat durch Schaffung von zusätzlichen über die Anforderungen des Artikels 4 hinausgehenden Bedingungen den eigenen Markt abschotten. Die Richtlinie sollte daher klarstellen, dass sich die Bedingungen der Mitgliedstaaten nicht auf die Voraussetzungen der Ausbildung nach Artikel 4 Absatz 1 beziehen können(21), wozu folgende Formulierung als ergänzender Satz zu Artikel 5 Absatz 3 vorgeschlagen wird: "Die Bedingungen der Mitgliedstaaten dürfen sich nicht auf die der Ausbildung nach Artikel 4 Abs. 1 der Richtlinie beziehen."

4.6. Zu Artikel 10 - Vom Versicherungsvermittler zu erteilende Auskünfte

4.6.1. Nach dem Vorschlag der Kommission (deutsche Fassung) hat der Versicherungsvermittler dem Kunden "vor jeder Kontaktaufnahme" Informationen zu erteilen, die in Artikel 10 Absatz 1 enumerativ aufgezählt werden. Tatsächlich ist aber eine Informationserteilung vor einem Kontakt gar nicht möglich. Nach der englischen Fassung gilt die Informationspflicht "prior to any initial contract". Es ist nach Auffassung des Wirtschafts- und Sozialausschusses erforderlich, die Umsetzung der englischen Textfassung in nachfolgender Formulierung zu wählen: "1) Spätestens vor einem Vertragsabschluss teilt der Versicherungsvermittler dem Kunden wenigstens folgendes mit: ..."

4.6.2. Nach Artikel 10 Abs. 1 lit. (e) soll der Vermittler die Personen mitteilen, die im Falle eines Schadens haftbar gemacht werden können. Neben dem Versicherungsvermittler, dessen Gesellschaft bzw. Partner kommen hierfür in der Regel nur die Haftpflichtversicherung und das Unternehmen in Frage, mit dem der Versicherungsvertrag begründet wird. Der Ausschuss empfiehlt, dementsprechend folgende Neuformulierung des Absatzes vorzunehmen: "(e) diejenigen natürlichen bzw. juristischen Personen (Gesellschafter oder Gesellschaft des Vermittlers, Haftpflichtversicherung des Vermittlers bzw. seiner Gesellschafter oder Gesellschaft und Name und Anschrift des Versicherungsunternehmens, für das er tätig wird), die für fahrlässiges Verhalten, Pflichtverletzung oder unzureichende Beratung seitens des Vermittlers im Zusammenhang mit der Versicherungsvermittlung haftbar sind."

4.6.3. Nach Artikel 10 Absatz 3 haben die Vermittler nach Vorschlag der Kommission die Pflicht, vor Abschluss eines Versicherungsvertrages die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden und die Gründe für ihren Rat schriftlich festzuhalten. Diese Anforderung ist in den meisten Fällen weder sinnvoll noch praktikabel. Beim Abschluss eines Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrages liegt der Grund zum Abschluss immer im Erwerb oder in der Wiederzulassung eines Fahrzeuges. Der Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung deckt immer das Krankheitsrisiko ab, eine Reise nicht antreten zu können. In den meisten Fällen entsprechen die Abschlüsse dem klaren und eindeutigen Willen des zu Versichernden, so dass in der Protokollierung des Kundenwillens mehr bürokratische Last als sinnvoller Verbraucherschutz gesehen werden kann. Die Aufzeichnungspflicht sollte daher nach Auffassung des Ausschusses den Versicherungsvermittler nur dann treffen, wenn dies der Kunde wünscht. Auch sollte dem Kunden dann auferlegt werden, seine Wünsche schriftlich dem Versicherungsvermittler mitzuteilen. In evtl. Schadensfällen ist eine Beurteilung des Verschuldens nur dann möglich, wenn dazu die beiderseitigen schriftlichen Aufzeichnungen vorliegen. Der Vermittler sollte jedoch die Pflicht haben, auf seine eigene Aufzeichnungsverpflichtung hinzuweisen. Demzufolge wird nachfolgende Formulierung des Artikels 10 Absatz 3 vorgeschlagen: "3) Der Versicherungsvermittler hat den Kunden darauf hinzuweisen, dass er auf seinen Wunsch die Gründe und Bedürfnisse zum Abschluss eines Vertrages oder einer damit in Verbindung stehenden Beratung schriftlich festzuhalten hat, wenn der Kunde seinerseits seine Wünsche und Bedürfnisse dem Vermittler schriftlich mitteilt."

4.6.4. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss schlägt der Kommission eine Präzisierung von Artikel 10 Absatz 4 wie folgt vor: "Rückversicherungsvermittler und Versicherungsvermittler, die Versicherungen für Großrisiken vermitteln sowie sogenannte firmenverbundene Versicherungsvermittler, soweit sie ausschließlich Versicherungen für das ihnen verbundene Unternehmen vermitteln, brauchen die in den Absätzen 1, 2 und 3 genannten Informationen nicht zu geben."

4.7. Zu Artikel 13 - Umsetzung

4.7.1. Die Kommission schlägt vor, dass die Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlich sind, bis zum 31. Dezember 2003 erlassen und die Kommission darüber unverzüglich in Kenntnis setzen.

4.7.2. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss hält es darüber hinaus für erforderlich, dass die Mitgliedstaaten die Kommission auch über die Inhalte und die Dauer der von ihnen geregelten Ausbildungs- oder Qualifikationsanforderungen gemäß Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 in Kenntnis setzen. Es wird daher vorgeschlagen, Artikel 13 Unterabsatz 1 durch folgenden weiteren Satz zu ergänzen: "Sie setzen die Kommission insbesondere unverzüglich über die Inhalte und Dauer der im Mitgliedsland nach Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 1 geregelten Qualifikationen in Kenntnis."

Brüssel, den 30. Mai 2001.

Der Vorsitzende

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Göke Frerichs

(1) Die Statistik über die Marktanteile der verschiedenen Vertriebswege auf Seite 3 des Dokumentes KOM(2000) 511 endg. ist noch um die Angaben aus den skandinavischen Ländern durch BIPAR ergänzt worden - siehe Anhang.

(2) Richtlinie 92/49/EWG (Dritte Schadenversicherungsrichtlinie), ABl. L 228 vom 11.8.1992, S. 1; Richtlinie 92/96/EWG (Dritte Lebensversicherungsrichtlinie), ABl. L 360 vom 9.12.1992, S. 1.

(3) ABl. L 26 vom 31.1.1977, S. 14.

(4) ABl. L 19 vom 28.1.1992, S. 32.

(5) ABl. L 19 vom 28.1.1992, S. 32.

(6) KOM(1999) 232 endg. vom 11.5.1999.

(7) KOM(1999) 232 endg. vom 11.5.1999.

(8) Entschließung A5-0059/2000, Ziffer 11.

(9) "Die Verbraucher auf dem Versicherungsmarkt", ABl. C 95 vom 30.3.1998, S. 72.

(10) KOM(2000) 511 endg., Ziffer 1.2. Unterabsatz 1, Begründungstext.

(11) KOM(2000) 511 endg., Ziffer 2, Kommentare zu Artikel 4, Begründungstext.

(12) ABl. C 95 vom 30.3.1998, S. 72.

(13) Resolution des BIPAR (Erklärung von Porto) vom 7.10.1992, Deutschland: Versicherungsvermittlung 1993, S. 69.

(14) KOM(2000) 511 endg., Ziffer 2, Kommentare zu Artikel 1, 5. Absatz, Begründungstext.

(15) ABl. C 340 vom 10.11.1997, S. 32, Rdz. 2.17.

(16) Resolution des BIPAR (Erklärung von Porto) vom 7.10.1992, Deutschland: Versicherungsvermittlung 1993, S. 69.

(17) So auch die Vertreter der Kommission in der Sitzung der Studiengruppe "Versicherungsvermittlung" der Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch des WSA am 20. Februar 2001.

(18) KOM(2000) 511 endg., Ziffer 1.3, 1. Absatz, Begründungstext.

(19) KOM(2000) 511 endg., Kommentare zu Artikel 1, Begründungstext.

(20) Deutschland: Insolvenzordnung vom 5. Oktober 1994 (BGBl. I S. 2866).

(21) So auch die Vertreter der Kommission in der Sitzung der Studiengruppe "Versicherungsvermittlung" der Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch des WSA am 20. Februar 2001. Siehe Begründungstext zu dem Richtlinienvorschlag unter Ziffer 1.3.

ANHANG

zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Marktanteile der verschiedenen Vertriebskanäle für Versicherungsprodukte in einigen EU-Mitgliedstaaten

>PLATZ FÜR EINE TABELLE>

Quelle:

BIPAR 2001.