52000PC0334

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen /* KOM/2000/0334 endg. - COD 2000/0142 */

Amtsblatt Nr. C 337 E vom 28/11/2000 S. 0204 - 0206


Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen

(von der Kommission vorgelegt)

BEGRÜNDUNG

I. Einführung

1. Eine gleiche Beteiligung von Frauen und Männern am Arbeitsmarkt ist wichtig für die Verwirklichung der gesellschaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Richtlinie 76/207/EWG [1] zielt auf den Abbau von Hindernissen für die Frauenerwerbstätigkeit ab, in dem der Grundsatz der Gleichbehandlung hinsichtlich aller Aspekte der Beschäftigung, des beruflichen Aufstiegs, der Berufsbildung und der Arbeitsbedingungen umgesetzt wird.

[1] Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbe handlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufs bildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen, ABl. L 39 vom 14.2.1976, S. 40.

2. Die Vertragsänderung (Artikel 141) wiederholt die Verpflichtung der Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Anwendung dieses Prinzips zu beschließen.

3. Die vorgeschlagene Richtlinie konkretisiert diese Verpflichtung und berücksichtigt zudem die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes in über 40 Entscheidungen in den letzten 25 Jahren.

4. Die vorgeschlagene Richtlinie:

- definiert zum ersten Mal klar die sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz als Diskriminierung auf Grund des Geschlechts;

- verstärkt den Schutz für Beschäftigte, die Beschwerde wegen Diskrimi nierung erhoben haben, auch nach Beendigung des Beschäftigungs verhältnisses. Die Mitgliedstaaten sollen nationale Stellen für die Durch setzung der Chancengleichheit einrichten. Alle Rechte, die die Richtlinie einräumt, müssen gerichtlich kontrollierbar sein. In Diskriminierungs fällen müssen angemessen Strafen verhängt werden;

- klärt das Recht der Mitgliedstaaten, Ausnahmen vom Grundsatz des gleichen Zugangs zur Beschäftigung vorzusehen. Der Ausschluß von Frauen von bestimmten beruflichen Tätigkeiten ist dann gerechtfertigt, wenn das biologische Geschlecht der Arbeitskraft eine unabdingbare Voraussetzung ist;

- erkennt den besonderen Schutz von Frauen aufgrund ihrer körperlichen Verfassung an sowie ihr Recht, nach dem Mutterschutz an den gleichen Arbeitsplatz zurückzukehren;

- greift Artikel 141 Absatz 4 des Vertrages auf. Die Mitgliedstaaten sind berechtigt, positive Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern zu beschließen. Sie haben regelmäßig über ihre Tätigkeit zu berichten.

5. Der Vorschlag für eine Richtlinie, der die Richtlinie 76/207/EWG abändert, enthält in seinem ersten Artikel alle vorgeschlagenen Änderungen. Dabei sind die Weiterentwicklung des Vertrages und die Rechtsprechung des Gerichtshofes berücksichtigt worden. In seinem zweiten Artikel erinnert der Vorschlag an die Rolle der Sozialpartner bei der Umsetzung des Grundsatzes der Gleichbe handlung. Artikel 3, 4 und 5 enthalten die an den Vorschlag angepaßten üblichen Schlußbestimmungen.

II. Hintergrund

1. Allgemeine Überlegungen

6. Die Richtlinie 76/207/EWG wurde auf der Grundlage von Artikel 235 des Vertrags (jetzt Artikel 308) erlassen, da es eine andere Rechtsgrundlage für den Erlaß sekundärrechtlicher Vorschriften im Bereich der Chancengleich heit nicht gab. Zahlreiche Entwicklungen rechtfertigen es, die Richtlinie nunmehr zu ändern.

7. Zunächst einmal wurde mit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam am 1. Mai 1999 eine wesentlich breitere vertragliche Grundlage für Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit geschaffen. Nachdem sie ursprünglich als Mittel zur Vermeidung von ,Wettbewerbsverzerrungen" gesehen wurde, ist die Gleichbehandlung von Frauen und Männern nunmehr als explizites Ziel der Gemeinschaft in Artikel 2 des Vertrags verankert. Darüber hinaus wird der Gemeinschaft mit dem neuen Artikel 3 die Verpflichtung auferlegt, bei allen ihren Tätigkeiten darauf hinzuwirken, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Frauen und Männern zu fördern. Damit wird im Vertrag ausdrücklich der Erklärung des Gerichtshofs Rechnung getragen, daß die Beseitigung der auf dem Geschlecht beruhenden Diskriminierungen zu den Grundrechten gehört [2]. Der Gerichtshof hat nämlich unterstrichen, daß Artikel 141 den sozialen Zielen der Gemeinschaft dient. Die Gemeinschaft soll sich bekanntlich nicht auf eine Wirtschaftsunion beschränken, sondern durch gemeinsames Vorgehen den sozialen Fortschritt sichern und die ständige Besserung der Lebens- und Beschäftigungsbedingungen anstreben. Der Gerichtshof hat befunden, daß der wirtschaftliche Zweck des Artikels 141 des Vertrages gegenüber dem sozialen Ziel dieser Vorschrift, das Ausdruck eines Grundrechts ist, nachgeordnete Bedeutung hat.

[2] EuGH, 15. Juni 1978, Defrenne III, Rechtssache 149/77, Slg. 1978, 1365, Randnr. 27.

8. Seit Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam hat die Gemeinschaft aufgrund des neuen Artikels 13 die Befugnis, geeignete Vorkehrungen zu treffen, um Diskriminierungen aus verschiedenen Gründen einschließlich auf Grund des Geschlechtes zu bekämpfen. Die Kommission hat dem Rat zwei Richtlinien vorschläge zur Umsetzung dieses Artikels vorgelegt [3]. Die in den beiden Vorschlägen gewählten Formulierungen tragen ausdrücklich den Erfahrungen Rechnung, die mit der Bekämpfung von Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts im Kontext der Richtlinie 76/207/EWG gemacht wurden [4]. Somit ist eine Änderung dieser Richtlinie erforderlich, um für eine Kohärenz zwischen verschiedenen sekundärrechtlichen Vorschriften zu ein und denselben Fragen - in beiden Fällen geht es um den Bereich der Beschäftigung - zu sorgen, z. B. was den Begriff der mittelbaren Diskriminierung anbelangt oder die Notwendigkeit, daß in den Mitgliedstaaten unabhängige Stellen für die Förderung der Gleichstellung eingerichtet werden.

[3] KOM(1999) 565 endgültig und KOM(1999) 566 endgültig vom 25. November 1999.

[4] Siehe Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen über bestimmte Maßnahmen der Gemeinschaft zur Bekämpfung von Diskriminierungen, ABl. C 369 vom 21.12.1999, S. 3.

9. Der Gesetzgeber verfügt nun erstmals über die spezifische Rechtsgrundlage, um geeignete Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen - auch von Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts - zu ergreifen (Artikel 13 des Vertrags) und um Maßnahmen zur Gewährleistung der An wendung des Grundsatzes der Chancengleichheit und der Gleichbehandlung von Frauen und Männern in Arbeits- und Beschäftigungsfragen zu beschließen (Artikel 141 Absatz 3 des Vertrags). Der letztgenannte Artikel stellt eine spezifische Rechtsgrundlage in bezug auf sämtliche von der Richt linie 76/207/EWG abgedeckten Aspekte dar.

10. Zum zweiten kann ein so wichtiges und heikles Problem wie das der sexuellen Belästigung nicht länger ignoriert werden und erfordert ein Tätigwerden auf Gemeinschaftsebene.

11. Zum dritten haben über 40 Gerichtshofurteile zur Auslegung der Richtlinie den Geltungsbereich und die Grenzen einiger derzeit ungenau gefaßter Bestimmungen verdeutlicht, wie der Bestimmungen zu den beruflichen Tätigkeiten, die aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen werden können, der Bestimmungen zum Schutz der besonderen körperlichen Verfassung der Frau und der Bestimmungen zu positiven Maßnahmen der Mitgliedstaaten.

12. Was den letzten Aspekt anbelangt, hat die Kommission dem Rat im Jahr 1996 einen Vorschlag zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG [5] vorgelegt, mit dem Ziel, die durch die Rechtssache Kalanke ausgelöste Kontroverse zu beenden und die negativen Konsequenzen der einschlägigen Entscheidung zu begrenzen. Der vorliegende Vorschlag, der den neuen Vertragsbestimmungen Rechnung trägt und eine weitergehende Zielsetzung verfolgt, macht den früheren Vorschlag hinfällig.

[5] ABl. C 179 vom 22.6.1996, S. 8.

13. Die Rechtsprechung des Gerichtshofs in der Richtlinie selbst zu berücksichtigen ist im Sinne der Rechtssicherheit wünschenswert.

2. Neue Bestimmungen

2.1. Sexuelle Belästigung

14. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist kein neues Phänomen. Jedoch wurde es vom Gesetzgeber bisher weitgehend ignoriert, sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Gemeinschaftsebene. In den achtziger Jahren wurde von der Kommission eine erste Studie zu diesem gravierenden Problem in Auftrag gegeben [6]. Zehn Jahre später hat die Kommission eine neue Studie erstellen lassen, in der etwaige, in den Mitgliedstaaten zwischenzeitlich eingetretene Veränderungen bewertet werden sollten.

[6] Rubinstein, Michael (1987), Die Würde der Frauen am Arbeitsplatz, Bericht über das Problem sexueller Belästigung in den Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft.

15. Zweck der Studie [7] war es, einen Überblick über alle im Zeitraum 1987 bis 1997 in den Mitgliedstaaten durchgeführten einschlägigen Forschungs projekte zu geben (74 Erhebungen und qualitative Studien). Aus der Studie können zumindest zwei bemerkenswerte Schlußfolgerungen gezogen werden. Zunächst einmal ist festzustellen, daß das Fehlen einer allgemeingültigen Definition dessen, was eine sexuelle Belästigung ist, eine objektive Erfassung und Quantifizierung des Phänomens erschwert. Der Prozentsatz der weiblichen Beschäftigten, die unerwünschte sexuelle Annäherungsversuche (oder irgendeine Form sexueller Belästigung) erlebt haben, kann jedoch mit 40 % bis 50 % veranschlagt werden. Zum zweiten ist der Grad der Sensibilisierung für das Problem in den Mitgliedstaaten sehr gering. Dies findet seinen Ausdruck darin, daß es in den meisten Mitgliedstaaten an geeigneten Rechtsvorschriften fehlt.

[7] Sexual harassment at the workplace in the European Union, 1999.

16. De Gemeinschaftsorgane waren, was das Phänomen der sexuellen Belästigung angeht, nicht untätig. In den vergangenen fünfzehn Jahren haben sie verschiedene Initiativen eingeleitet, um sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu verhindern und zu bekämpfen:

- Entschließung des Europäischen Parlaments von 1986 über Gewalt gegen Frauen;

- Entschließung des Rates von 1990 zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz; in der Entschließung hat der Rat anerkannt, daß sexuelle Belästigungen gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der Richtlinie 76/207/EWG verstoßen können und somit als Diskriminierung anzusehen sind;

- Empfehlung der Kommission von 1991 zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz; im Anhang der Empfehlung finden sich praktische Verhaltensregeln;

- Erklärung des Rates von 1991 zur Durchführung der Empfehlung der Kommission und des Verhaltenskodex gegen sexuelle Belästigung;

- Entschließung des Europäischen Parlaments von 1994 zur Benennung einer Vertrauensperson in den Unternehmen;

- Viertes mittelfristiges Aktionsprogramm für die Chancengleichheit von Männern und Frauen (1996-2000); in dem vom Rat am 22. Dezem ber 1995 angenommenen Programm wird u. a. die Notwendigkeit unterstrichen, entschieden gegen sexuelle Belästigung vorzugehen.

17. Die Kommission hat einen ,Evaluierungsbericht zur Empfehlung der Kommission zum Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz" erstellt. Der Bericht hat gezeigt, daß in diesem Bereich weiterer Handlungsbedarf besteht. Daher hat die Kommission am 24. Juli 1996 beschlossen, eine Anhörung der Sozialpartner auf der Grundlage eines Papiers durchzuführen, in dem die bisherigen Initiativen der Gemeinschaftsorgane sowie Vorschläge zur Prävention von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz umrissen wurden. Die Sozialpartner haben einhellig unterstrichen, wie wichtig der Schutz der Würde der einzelnen Arbeitnehmerin und des einzelnen Arbeitnehmers ist. Mehrheitlich herrschte die Auffassung, daß sexuelle Belästigung ein weitverbreitetes Problem ist, das es am Arbeitsplatz zu vermeiden gilt, sowohl zum Nutzen des einzelnen als auch zum Nutzen des Unternehmens. Wie dieses Ziel am besten erreicht werden könnte, darüber gingen die Meinungen jedoch auseinander. Am 19. März 1997 leitete die Kommission die zweite Phase der Anhörung der Sozialpartner ein, diesmal zur Möglichkeit, auf EU-Ebene eine umfassende Strategie zur Bekämpfung sexueller Belästigung am Arbeitsplatz auszuarbeiten. Die Sozialpartner erzielten jedoch keine Einigung über die Notwendigkeit der Aushandlung einer Kollektivvereinbarung in dieser Frage.

18. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß manche Drittstaaten über Rechtsvorschriften verfügen, die sexuelle Belästigung ausdrücklich untersagen [8]. In diesen Staaten wird sexuelle Belästigung als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts angesehen. Die Rechtsprechung zeigt jedoch, daß es eine ständige Rechtsprechung dazu, was unter einer sexuellen Belästigung zu verstehen ist, nicht gibt. Häufig handelt es sich um eine Frage, die vom nationalen Gericht aufgrund der jeweiligen Sachlage zu beurteilen ist [9].

[8] Titel VII des USA Civil Rights Act von 1964, 42 U.S.C. 2000e-2(a)(1) in den USA; Charter of Human Rights and Freedoms, s. 10.1 der kanadischen Charter of Rights; Sex discrimination Act 1984 - section 27 des australischen Sex Disciminiation Act.

[9] Auch der Gemeinschaftsrichter wird künftig den Sachverhalt zu ermitteln haben, siehe EuGH, 26. Januar 1995, D., Slg. 1995, II-43.

Gemäß dem Rat, dem Europäischen Parlament und der Kommission, ist sexuelle Belästigung ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und ist eine grobe Beleidigung der Würde der Frauen und Männer am Arbeitsplatz. Der Leitfaden für Verhaltensregeln, den die Europäische Kommission veröffentlicht hat, definiert sexuelle Belästigung als ein Verhalten, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz verletzt: "Sexuelle Belästigung bedeutet unerwünschtes Verhalten sexueller Natur oder ein sonstiges Verhalten aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit, das die Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz beeinträchtigt. Dies kann unerwünschte körperliche, verbale oder nichtverbale Verhaltensweisen einschließen". Diese Definition hat die Definitionen inspiriert, die in den Vorschlägen für Richtlinien auf Basis von Artikel 13 stehen, bezüglich Belästigungen wegen einer Diskriminierung aus anderen Gründen als dem Geschlecht. Um die Kohärenz mit anderen Richtlinien zu wahren, beschreibt der vorliegende Vorschlag sexuelle Belästigung in ähnlicher Weise.

2.2. Vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossene berufliche Tätigkeiten

19. Seit Inkrafttreten der Richtlinie sind drei wichtige Urteile des Gerichtshofs [10] zur Auslegung von Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie ergangen. Diese Bestimmung gestattet es den Mitgliedstaaten, solche beruflichen Tätigkeiten und gegebenen falls die dazu jeweils erforderliche Ausbildung vom Anwendungs bereich der Richtlinie auszuschließen, für die auf Grund ihrer Art oder der Bedingungen ihrer Ausübung das Geschlecht der Arbeitskraft eine unabdingbare Voraus setzung darstellt.

[10] EuGH, 15. Mai 1986, Johnston, Rechtssache 222/84, EuGH, 26. Oktober 1999, Sirdar, Slg. 1999, I-0000, und EuGH, 11. Janaur 2000, Kreil, Rechtssache C-285/98, Slg. 2000, I-0000.

20. In der Rechtssache Johnston ging es darum, daß Polizisten während des allge meinen Dienstes Schußwaffen tragen mußten, während Polizistinnen nicht mit Schußwaffen ausgerüstet wurden und auch keine Ausbildung in der Handhabung und im Gebrauch solcher Waffen erhalten sollten, und daß allgemeine polizeiliche Aufgaben ausschließlich den mit Schußwaffen ausgerüsteten Männern vorbehalten waren. In der Rechtssache Sirdar ging es um den Ausschluß von Frauen vom Dienst bei den Royal Marines (British Army), in der Rechtssache Kreil um den Ausschluß von Frauen von nahezu allen militärischen Verwendungen bei der deutschen Bundeswehr.

21. In der Rechtssache Johnston hat der Gerichtshof wie folgt entschieden:

- Ausnahmen vom Recht auf Gleichbehandlung von Frauen und Männern sind eng auszulegen und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnis mäßigkeit anzuwenden. Nach diesem Grundsatz dürfen Ausnahmen nicht über das zur Erreichung des verfolgten Ziels angemessene und erforderliche Maß hinausgehen. Der Grundsatz der Gleichbehandlung muß soweit wie möglich mit den Erfordernissen der öffentlichen Sicherheit in Einklang gebracht werden, die für die Bedingungen der Ausübung der in Rede stehenden Tätigkeit bestimmend sind.

- Wenn die Mitgliedstaaten beschließen, bestimmte Tätigkeiten vom An wendungsbereich der Richtlinie auszuschließen, sind sie verpflichtet, die betreffenden Tätigkeiten in regelmäßigen Abständen zu prüfen, um unter Berücksichtigung der sozialen Entwicklung festzustellen, ob die Aus nahme von der allgemeinen Regelung der Richtlinie noch aufrecht erhalten werden kann. Dies ist jedoch in jedem Einzelfall zu prüfen.

- Es gibt keinen allgemeinen Vorbehalt zugunsten von Maßnahmen zum Schutz der öffentlichen Sicherheit gegenüber der Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern, abgesehen von der eventuellen Anwendung von Artikel 297 des Vertrags, der einen ganz besonderen Ausnahmefall regelt.

22. In der Rechtssache Sirdar hat der Gerichtshof ergänzt, daß

- die nationalen Stellen je nach den Umständen über einen bestimmten Ermessensspielraum verfügen, wenn sie die für die öffentliche Sicherheit eines Mitgliedstaats erforderlichen Maßnahmen treffen.

23. In der Rechtssache Kreil hat der Gerichtshof erklärt, daß

- die Ausnahmen nur spezifische Tätigkeiten betreffen können. [11]

[11] Siehe auch EuGH, 30. Juni 1988, Kommission gegen Frankreich, Rechtssache 318/86, Slg. 1988, 3559.

24. Die wesentliche aus dieser Rechtsprechung zu ziehende Schlußfolgerung lautet, daß der ,bestimmte Ermessensspielraum", über den die Mitgliedstaaten hin sichtlich des Ausschlusses bestimmter beruflicher Tätigkeiten aus dem Anwen dungsbereich der Richtlinie verfügen, einer strengen Prüfung unterliegt. Zunächst einmal kann die Ausnahmeregelung nur bestimmte Stellen betreffen. Zum zweiten sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses regelmäßig zu überprüfen, so daß es vorkommen kann, daß eine zu einem bestimmten Zeitpunkt zulässige Regelung durchaus zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr zulässig sein kann.

25. Verdeutlichen läßt sich dies am Beispiel des Berufs der Hebamme. Im Jahre 1983 hat der Gerichtshof entschieden, daß ,zum gegenwärtigen Zeitpunkt persönliche Empfindsamkeiten in den Beziehungen zwischen der Hebamme und ihrer Patientin eine bedeutende Rolle spielen können". Demnach hatte das Vereinigte Königreich dadurch, daß es Männer von diesem Beruf und der entsprechenden Ausbildung ausschloß, die Grenzen der den Mitgliedstaaten durch die Richtlinie zuerkannten Befugnis nicht überschritten [12]. Das Vereinigte Königreich hat jedoch bereits zum damaligen Zeitpunkt erklärt, daß es beabsichtige, schrittweise auch Männern den uneingeschränkten Zugang zum Beruf der Hebamme zu ermöglichen. Mehr als 15 Jahre danach steht der Zugang zu diesem Beruf heute allen Männern in sämtlichen Mitgliedstaaten offen.

[12] EuGH, 8. November 1983, Kommission gegen Vereinigtes Königreich, Rechtssache 165/82, Slg. 1983, 3431.

26. Wie wichtig die Forderung einer Neubewertung ist, wurde besonders deutlich in der Rechtssache Kommission gegen Frankreich [13], wo der Gerichtshof erklärt hat, daß die Ausnahmeregelungen hinreichend durchschaubar zu sein haben, um von der Kommission wirksam kontrolliert werden zu können, und daß sie für eine Anpassung an die gesellschaftliche Entwicklung geeignet sein müssen.

[13] EuGH, 30. Juni 1988, Rechtssache 318/86.

27. Nach dieser Rechtsprechung ist eine unterschiedliche Behandlung, die damit zusammenhängt, daß das Geschlecht eine echte berufliche Qualifikation darstellt, nicht als Diskriminierung anzusehen. Der Begriff ,echte berufliche Qualifikation" sollte eng ausgelegt werden und nur solche beruflichen Anforderungen erfassen, die sich daraus ergeben, daß die betreffenden Tätigkeiten nur von Frauen bzw. Männern ausgeübt werden können. Derartige Fälle der unterschiedlichen Behandlung aus Gründen des Geschlechts sollten somit die Ausnahme bleiben.

2.3. Positive Maßnahmen

28. Richtlinie 76/207/EWG Artikel 2 Absatz 4 sieht vor, daß die Richtlinie nicht den Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen, insbesondere durch Beseitigung der tatsächlich bestehenden Ungleich heiten, die die Chancen der Frauen in den von der Richtlinien abgedeckten Bereichen beeinträchtigen, entgegensteht.

29. Diese Bestimmung wurde vom Gerichtshof in drei einschlägigen Urteilen ausgelegt, und zwar in den Rechtssachen Kommission gegen Frankreich [14], Kalanke und Marschall [15]. Aus dieser Rechtsprechung lassen sich - wie auch aus dem neueren Urteil Badek [16] - mehrere Schlußfolgerungen ableiten:

[14] EuGH, 25. Oktober 1988, 312/86, Slg. 1988, 6315.

[15] EuGH, 11. November 1997, Rechtssache C-409/95, Slg. 1997, I-6363.

[16] Urteil vom 28. Februar 2000 in der Rechtssache 158/97.

- Die Möglichkeit, positive Maßnahmen zu beschließen, ist als Ausnahme vom Gleichbehandlungsgrundsatz anzusehen.

- Die Ausnahme hat den bestimmten und begrenzten Zweck, Maßnahmen zuzulassen, die zwar dem Anschein nach diskriminierend sind, tatsächlich aber in der sozialen Wirklichkeit bestehende faktische Ungleichheiten beseitigen oder verringern sollen.

- Ein automatischer Vorrang für Frauen beim Zugang zur Beschäftigung oder bei Beförderungen in Bereichen, in denen sie unterrepräsentiert sind, ist nicht zulässig.

- Als gerechtfertigt angesehen wird eine solche Bevorzugung allerdings, wenn sie nicht automatisch erfolgt und die betreffende nationale Maßnahme Bewerbern mit gleicher Qualifikation garantiert, daß ihre Bewerbung Gegenstand einer objektiven Beurteilung sein wird, bei der alle die sich Bewerbenden betreffenden Kriterien, und zwar unabhängig von ihrem Geschlecht, berücksichtigt werden.

30. Diese Bestimmung ist jedoch durch Artikel 141 Absatz 4 ersetzt worden, der folgendes vorsieht: ,Im Hinblick auf die effektive Gewährleistung der vollen Gleichstellung von Männern und Frauen im Arbeitsleben hindert der Grundsatz der Gleichbehandlung die Mitgliedstaaten nicht daran, zur Erleichterung der Berufstätigkeit des unterrepräsentierten Geschlechts oder zur Verhinderung bzw. zum Ausgleich von Benachteiligungen in der beruflichen Laufbahn spezifische Vergünstigungen beizubehalten oder zu beschließen". [17]

[17] Diese Bestimmung war Gegenstand einer der Schlußakte beigefügten Erklärung, der zufolge die Maßnahmen der Mitgliedstaaten in erster Linie der Verbesserung der Lage der Frauen im Arbeitsleben dienen sollten.

Wie in dem vorliegenden Vorschlag dargestellt, wird die Veröffentlichung von regelmäßigen Kommissionsberichten über die Umsetzung der Möglichkeit, die von Artikel 141 Absatz 4 angeboten wird, den Mitgliedstaaten helfen die Art der Umsetzung zu vergleichen und den Bürgerinnen und Bürgern helfen einen Überblick über die Situation in jedem Mitgliedstaat zu erhalten.

3. Kohärenz mit den Vorschlägen auf der Grundlage von Artikel 13 des Vertrags

31. Sowohl Artikel 13 als auch Artikel 141 des Vertrags sehen ein Verbot von Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts vor. Artikel 141 stellt eine ,lex specialis" für die Bereiche Beschäftigung und Arbeit dar.

32. Die auf der Grundlage von Artikel 141 des Vertrags erlassenen Rechtsvorschriften zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Bereich der Beschäftigung sollten sich jedoch an denselben Konzepten orientieren, die den (Vorschlägen für) Rechtsvorschriften auf der Grundlage von Artikel 13 zur Bekämpfung anders motivierter unzulässiger Diskriminie rungen zugrunde liegen, insoweit als diese ebenfalls den Bereich der Beschäftigung abdecken. Dabei geht es darum, die rechtliche und politische Kohärenz zwischen beiden Rechtsbereichen sicherzustellen, in denen gleiche Ziele verfolgt werden.

III. Begründung des Vorschlags unter dem Gesichts punkt der Subsidiarität

33. Der Erlaß eines Rechtsaktes der Gemeinschaft befindet sich im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip. Eine Änderung der Richtlinie 76/207/EWG ist die einzige Möglichkeit, um zu gewährleisten, daß die umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs tatsächlich und einheitlich auf nationaler Ebene angewandt wird. Außerdem besteht die Notwendigkeit, auf Gemein schaftsebene die Kohärenz der Rechtsvorschriften zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu gewährleisten. Im Falle der Diskriminie rung aufgrund des Geschlechts kann dies nur durch eine Änderung der Richtlinie 76/207/EWG erreicht werden.

34. Der vorgeschlagene Rechtsakt entspricht inhaltlich auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da lediglich Mindestanforderungen festgelegt werden - z. B. was den Aspekt der sexuellen Belästigung anbelangt -, die den Mitgliedstaaten einen größtmöglichen Spielraum lassen, um festzulegen, wie die effektive Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Einzelfall aussehen soll.

35. Die vorgeschlagenen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Tätigkeit der Unternehmen haben und diesen keine administrativen oder rechtlichen Zwänge auferlegen, die der Gründung und Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen entgegenstehen könnten.

IV. Erläuterung der einzelnen Artikel

36. Der Richtlinienvorschlag stützt sich auf Artikel 141 Absatz 3, durch den der Gemeinschaft die Befugnis verliehen wird, Maßnahmen zur Gewährleistung der Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen zu beschließen.

Artikel 1

37. Artikel 1 enthält alle vorgeschlagenen Änderungen an der Richt linie 76/207/EWG.

38. Mit der ersten Änderung wird ein Absatz in Artikel 1 eingefügt. In diesem Absatz werden der Zweck der Richtlinie erläutert und das in Artikel 3 des Vertrags verankerte Ziel des "Gender Mainstreaming" konkret umgesetzt.

39. Mit der zweiten Änderung wird einer neuer Artikel 1a eingefügt, in dem ausdrücklich klargestellt wird, daß sexuelle Belästigung eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt. Außerdem wird darin definiert, wann eine sexuelle Belästigung vorliegt. Vorbild für diesen Artikel waren der Verhaltenskodex [18] und eine auf Artikel 13 gestützte Richtlinie.

[18] Kommission der Europäischen Gemeinschaften, 1993: ,Bekämpfung von sexueller Belästi gung am Arbeitsplatz. Ein Leitfaden zum Verhaltenskodex der Europäischen Kommission".

40. Mit der dritten Änderung wird ein Unterabsatz in Artikel 2 Absatz 1 eingefügt.

Die Definition des Begriffs der mittelbaren Diskriminierung in diesem Artikel stimmt mit der Begriffsdefinition in der Richtlinie 97/80/EG und derjenigen in den (Vorschlägen für) Rechtsvorschriften auf der Grundlage von Artikel 13 des Vertrags überein, die auf die Bekämpfung unzulässiger Diskriminierungen im Bereich der Beschäftigung aus anderen Gründen als dem des Geschlechts abstellen.

41. Die vierte Änderung betrifft Ausnahmen, die sich auf echte berufliche Qualifikationen beziehen.

Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des neuen Vorschlags für eine auf Artikel 13 des Vertrages gestützte Richtlinie wird in diesem Artikel erläutert, in welchem Umfang eine unterschiedliche Behand lung zulässig ist.

42. Die fünfte Änderung besteht darin, daß in Artikel 2 Absatz 3 in neuer Unterabsatz eingefügt wird.

Dieser stellt klar, daß Frauen nach der Entbindung Anspruch auf Rückkehr an ihren alten Arbeitsplatz oder auf einen gleichwertigen Arbeitsplatz haben, und zwar unter denselben Arbeitsbedingungen, wie sie während der Zeit ihres Mutterschaftsurlaubs galten. (siehe insbesondere Rechtssache 184/83, Hofmann v. Barmer Ersatzkasse [1984] ECR 3047, Absatz 25, Rechtssache C-421/92, Habermann-Beltermann [1994] ECR I-1657, Absatz 21, und Rechtssache C-32/93, Webb v EMO Air Cargo [1994] ECR I-3567, Absatz 20). Diese Änderung ergänzt das Entlassungsverbot vom Beginn der Schwangerschaft bis zum Ende des Mutterschaftsurlaubs in Artikel 10 der Richtlinie 92/85/EG.

43. Mit der sechsten Änderung wird Artikel 2 Absatz 4 ersetzt.

Dieser Artikel sieht die Verpflichtung für die Kommission vor, regelmäßig Bericht über die wichtigsten Informationen zu erstatten, die ihr von den Mitgliedstaaten übermittelt wurden; diese haben ihr mitzuteilen, inwieweit sie von der ihnen durch Artikel 141 Absatz 4 des Vertrags gewährten Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, positive Maßnahmen zu beschließen, um eine volle Gleichstellung in der Praxis zu gewährleisten.

44. Die siebte Änderung besteht darin, daß in Artikel 3 Absatz 2 der zugrunde liegenden Richtlinie, ein neuer Absatz (d) eingefügt wird. Dieser Artikel entspricht Artikel 3, Absatz 2 des "Vorschlages für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (KOM(1999) 565 endgültig). Diese Änderung betrifft die Mitgliedschaft in Arbeitgeber- und Arbeitnehmer organisationen und anderen Organisationen, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören. Absatz (d) besagt, daß es keine Geschlechterdiskriminierung geben darf, die die Mitgliedschaft und die Mitwirkung in solchen Organisationen oder die von diesen Organisationen gebotenen Leistungen anbelangt.

45. Die achte Änderung betrifft die Ersetzung des gesamten ursprünglichen Artikels 6.

Der neue Wortlaut von Artikel 6 integriert zwei wichtige Aspekte der Rechtsprechung des Gerichtshofs, die die Verfahren zur Rechtsdurchsetzung betreffen: zum einen der Anspruch auf Rechtsschutz, auch nach Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, zum anderen der Anspruch eines Diskrimi nierungsopfers auf einen Schadenersatz, durch den ein tatsächlicher, wirksamer Rechtsschutz gewährleistet ist, der eine abschreckende Wirkung für den Arbeitgeber hat und in jedem Fall dem erlittenen Schaden angemessen sein muß.

46. Die neunte Änderung besteht darin, daß ein neuer Artikel 8a eingefügt wird.

Durch diesen Artikel wird der durch den vorangehenden Artikel garantierte Anspruch auf Rechtsschutz verstärkt. Er enthält Rahmenbestimmungen für die Einrichtung unabhängiger Stellen auf nationaler Ebene, die zur Förderung des Gleichbehandlungsgrundsatzes beitragen. Die Mitgliedstaaten können auch entscheiden, daß entsprechende Stellen auf regionaler oder lokaler Ebene eingerichtet werden, sofern ihr gesamtes Hoheitsgebiet abgedeckt wird.

Die vorgeschlagene Richtlinie legt einige Mindestanforderungen fest, denen entsprechende unabhängige Stellen in den Mitgliedstaaten zu genügen haben. Die Mitgliedstaaten können - in Einklang mit ihren Rechtstraditionen und politischen Präferenzen - frei über Struktur und Arbeitsweise dieser Stellen entscheiden. Bei den unabhängigen Stellen kann es sich um spezialisierte Einrichtungen handeln, oder sie können Teil einer größeren, bereits bestehenden oder neu geschaffenen Einrichtung sein.

Zusätzlich gestärkt wird der Anspruch auf Rechtsschutz durch die Möglichkeit, zuzulassen, daß die unabhängigen Stellen in Namen des Opfers dessen Ansprüche auf dem Verwaltungs- und/oder Gerichtsweg geltend machen können.

Das Recht auf Rechtsschutz ist zusätzlich gestärkt durch die Möglichkeit Organisationen zu gestatten im Namen der Opfer solche Rechte zu gebrauchen.

47. Die zehnte Änderung besteht darin, daß ein neuer Artikel 8b eingefügt wird.

Der Kommission ist nach wie vor sehr daran gelegen, die Rolle der Sozialpartner bei der Bekämpfung von Diskriminierungen zu stärken. Daher verpflichtet der Richtlinienvorschlag wie die Vorschläge der Richtlinien zu Artikel 13, die Mitgliedstaaten, die Sozialpartner anzuregen, durch den Abschluß von Kollektivvereinbarungen, die Antidiskriminierungsvorschriften enthalten, einen Beitrag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes zu leisten.

Den Sozialpartnern kann auch bei der Überwachung der betrieblichen Praxis eine wichtige Rolle zufallen. Denkbar wären hier beispielsweise der Abschluß von Vereinbarungen zwischen den Sozialpartnern oder die Einführung von Verhaltenskodizes, die auf die Prävention von Diskriminierungen abzielen.

48. Artikel 8c enthält die üblichen Bestimmungen über Sanktionen.

Artikel 2

49. Dieser Artikel enthält die für Richtlinien üblichen, aber speziell auf den vorliegenden Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zugeschnittenen Schlußbestimmungen.

Laut Absatz 1 haben alle Mitgliedstaaten die Rechts- und Verwaltungs vorschriften in Kraft zu setzen, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens ab dem 1. Januar 2002 nachzukommen, oder zu gewährleisten, daß spätestens bis zu diesem Tag die Sozialpartner durch Vereinbarung die erforderlichen Maßnahmen getroffen haben. Die Mitgliedstaaten haben alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, damit sie jederzeit in der Lage sind, die Erreichung der mit dieser Richtlinie verfolgten Ziele zu gewährleisten.

Nach Absatz 2 haben die Mitgliedstaaten beim Erlaß dieser Maßnahmen auf die vorliegende Richtlinie Bezug zu nehmen.

Nach Absatz 3 haben die Mitgliedstaaten binnen drei Jahren nach Inkrafttreten dieser Richtlinie alle Informationen bereitzustellen, die für die Ausarbeitung eines Berichts an das Europäische Parlament und den Rat über deren Anwendung erforderlich sind.

Absatz 4 ergänzt den neuen Absatz 4 des Artikels 2 und verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, der Kommission über die Entwicklung ihrer Rechtsvorschriften über positive Maßnahmen zu berichten, damit die Kommission dem Rat regelmäßig darüber Bericht erstatten kann.

Artikel 3

50. Dieser Artikel enthält die Standardformulierung, daß die Richtlinie an die Mitgliedstaaten gerichtet ist.

2000/0142 (COD)

Vorschlag für eine RICHTLINIE DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen

(Text von Bedeutung für den EWR)

DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 141 Absatz 3,

auf Vorschlag der Kommission [19],

[19] ABl. C ...

nach Anhörung des Wirtschafts- und Sozialausschusses [20],

[20] ABl. C ...

gemäß dem Verfahren des Artikels 251 EG-Vertrag [21],

[21] ABl. C ...

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Nach Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags hat die Gemeinschaft darauf hinzu wirken, Ungleichheiten zu beseitigen und die Gleichstellung von Männern und Frauen zu fördern.

(2) Der Grundsatz der Gleichbehandlung von Männern und Frauen ist ein grund legendes Prinzip des Gemeinschaftsrechts, das in Artikel 141 - insbesondere Absatz 3 - seinen Niederschlag gefunden hat, der speziell das Verbot jeder Diskriminierung aufgrund des Geschlechts in Arbeits- und Beschäftigungs fragen zum Gegenstand hat.

(3) In seiner Entschließung vom 29. Mai 1990 über den Schutz der Würde von Frauen und Männern am Arbeitsplatz [22] hat der Rat erklärt, daß sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz unter Umständen ein Verstoß gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung im Sinne der Richtlinie 76/207/EWG des Rates [23] sein kann. Diese Feststellung sollte in der Richtlinie selbst enthalten sein. Sexuelle Belästigung stellt in der Regel eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung des einzelnen dar und/oder schafft ein durch Einschüchterungen, Anfeindungen oder Beleidigungen geprägtes Umfeld.

[22] ABl. C 157 vom 27.6.1990, S. 3.

[23] ABl. L 39 vom 14.2.1976, S. 40.

(4) Der Begriff der mittelbaren Diskriminierung wird in der Richt linie 76/207/EWG nicht definiert. Deshalb sollte eine solche Definition aufgenommen und so ausgestaltet werden, daß sie mit der einschlägigen Begriffsbestimmung in der Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezem ber 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts [24], geändert durch die Richtlinie 98/52/EG [25], übereinstimmt.

[24] ABl. L 14 vom 20.1.1998, S. 6.

[25] ABl. L 205 vom 22.7.1998, S. 66.

(5) Es sollte nur eine beschränkte Anzahl von beruflichen Tätigkeiten geben, die die Mitgliedstaaten vom Anwendungsbereich der Richtlinie 76/207/EWG ausschließen können. Es ist klarzustellen, daß bestimmte Tätigkeiten entsprechend der einschlägigen Rechtsprechung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften nicht ausgeschlossen werden dürfen.

(6) Der Gerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß der Schutz der körperlichen Verfassung der Frau während und nach einer Schwanger schaft ein legitimes, dem Gleichbehandlunggrundsatz nicht entgegenstehendes Ziel ist. Die Richtlinie 92/85/EWG des Rates vom 19. Oktober 1992 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes von schwangeren Arbeit nehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen am Arbeitsplatz [26] hat zum Ziel, die physische und psychische Verfassung von Schwangeren, Wöchnerinnen und stillenden Frauen zu schützen. In den Erwägungsgründen der Richtlinie heißt es, daß der Schutz der Sicherheit und der Gesundheit von schwangeren Arbeitnehmerinnen, Wöchnerinnen und stillenden Arbeitnehmerinnen Frauen auf dem Arbeitsmarkt nicht benachteiligen und die Richtlinien zur Gleichbe handlung von Männern und Frauen nicht beeinträchtigen sollte. Der Schutz der Rechte der Frauen im Bereich der Beschäftigung, insbesondere des Anspruchs auf Rückkehr in den Beruf, fällt in den Anwendungsbereich der Richtlinie 76/207/EWG. Dieser Anspruch sollte Wöchnerinnen ausdrücklich garantiert werden.

[26] ABl. L 348 vom 28.11.1992, S. 1.

(7) Das Recht der Mitgliedstaaten, positive Maßnahmen beizubehalten oder zu beschließen, ist in Artikel 141 Absatz 4 des Vertrags verankert. Durch diese Bestimmung des Vertrages wird der bisherige Artikel 2 Absatz 4 der Richtlinie 76/207/EWG überfluessig. Die Veröffentlichung regelmäßiger Berichte der Kommission über die in Anwendung von Artikel 141 Absatz 4 ergriffenen Maßnahmen wird es den Mitgliedstaaten erleichtern, unterschied liche Wege der Umsetzung miteinander zu vergleichen, und es den Bürgern erleichtern, sich ein umfassendes Bild von der Situation in den einzelnen Mitgliedstaaten zu machen.

(8) Der Gerichtshof hat entschieden, daß in Anbetracht des grundlegenden Charakters des Anspruchs auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz die Beschäftigten diesen Schutz selbst noch nach Beendigung des Beschäftigungs verhältnisses genießen müssen [27].

[27] Urteil vom 22. September 1998 in der Rechtssache C-185/97, Cook, Slg. 1998, I-5199.

(9) Der Gerichtshof hat entschieden, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz nur dann als tatsächlich verwirklicht angesehen werden kann, wenn bei Verstößen gegen diesen Grundsatz den Beschäftigten, die Opfer einer Diskriminierung wurden, eine dem erlittenen Schaden angemessene Entschädigung zuerkannt wird [28].

[28] Urteil vom 22. April 1997 in der Rechtssache C-180/95, Draehmpaehl, Slg. 1997, I-2195.

(10) Um Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, die Opfer einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts wurden, einen wirksameren Schutz zu garantieren, sollte auch die Möglichkeit bestehen, daß Verbände oder juristische Personen die in Frage stehenden Rechte im Namen oder zum Schutz derjenigen wahrnehmen, die sich aufgrund der Nichtanwendung des Gleichbehandlungs grundsatzes für beschwert halten.

(11) Die Mitgliedstaaten sollten den sozialen Dialog zwischen den Sozialpartnern fördern, mit dem Ziel, gegen die verschiedenen Formen von Diskriminierung am Arbeitsplatz anzugehen und diese zu bekämpfen.

(12) Die Mitgliedstaaten sollten wirksame, verhältnismäßige und abschreckende Sanktionen festlegen, die bei einer Verletzung der Verpflichtungen aus der Richtlinie 76/207/EWG zu verhängen sind.

(13) In Übereinstimmung mit den in Artikel 5 des Vertrages verankerten Grundsätzen der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit können die Ziele dieser Richtlinie auf Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden, sie können daher besser auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden. Diese Richtlinie zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG beschränkt sich auf das zur Erreichung dieser Ziele unbedingt notwendige Mindestmaß und geht nicht über das hierfür Erforderliche hinaus.

(14) Die Richtlinie 76/207/EWG sollte daher geändert werden -

HABEN FOLGENDE RICHTLINIE ERLASSEN:

Artikel 1

Die Richtlinie 76/207/EWG wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 wird folgender Absatz 1a eingefügt:

"1a. Die Mitgliedstaaten treffen die Maßnahmen, die erforderlich sind, um sie in den Stand zu versetzen, aktiv und in deutlich sichtbarer Weise auf das Ziel der Gleichstellung von Frauen und Männern hinzuarbeiten, indem sie insbesondere dieses Ziel in allen Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Politiken und Tätigkeiten in den in Absatz 1 genannten Bereichen berücksichtigen."

2. Der folgende Artikel 1a wird eingefügt:

"Artikel 1a

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist als Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu betrachten, wenn ein unerwünschtes, geschlechtsbezogenes Verhalten die Beeinträchtigung der Würde einer Person und/oder die Schaf fung eines durch Einschüchterungen, Anfeindungen, Beleidigungen oder Störungen geprägten Umfelds bezweckt oder bewirkt, und zwar insbesondere dann, wenn die Zurückweisung oder Duldung eines solchen Verhaltens als Grundlage für eine Entscheidung herangezogen wird, die diese Person berührt."

3. Artikel 2 wird wie folgt geändert:

a) In Absatz 1 wird folgender Unterabsatz angefügt:

"Im Sinne von Unterabsatz 1 liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren einen wesentlich höheren Anteil der Angehörigen eines Geschlechts benachteiligen, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind angemessen und notwendig und sind durch nicht auf das Geschlecht bezogene sachliche Gründe gerecht fertigt."

b) Absatz 2 erhält folgende Fassung:

"(2) Die Mitgliedstaaten können im Hinblick auf den Zugang zu Beschäftigung vorsehen, daß eine unterschiedliche Behandlung, die auf einem geschlechtsbezogenen Merkmal beruht, dann keine Diskriminierung darstellt, wenn ein solches Merkmal wegen der Art der jeweiligen besonderen beruflichen Tätigkeiten oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine echte Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit darstellt.

Ausnahmen von dem Grundsatz der Gleichbehandlung bleiben in den Grenzen dessen, was angemessen und notwendig ist um das angestrebte Ziel zu erreichen."

c) In Absatz 3 wird folgender Unterabsatz angefügt:

"Nach einer Entbindung haben Frauen bei Ablauf des Mutterschafts urlaub Anspruch, an ihren früheren Arbeitsplatz oder einen vergleichbaren Arbeitsplatz zurückzukehren, und zwar ohne Änderung ihrer Arbeitsbedingungen."

d) Absatz 4 erhält folgende Fassung:

"(4) Anhand der von den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 9 beigebrachten Informationen nimmt die Kommission alle drei Jahre einen Bericht an, in dem sie die von den Mitgliedstaaten in Anwendung des Artikels 141 Absatz 4 des Vertrags eingeführten positiven Maßnahmen einer vergleichenden Bewertung unterzieht; der Bericht wird anschließend veröffentlicht."

4. In Artikel 3 Absatz 2 wird folgender Unterabsatz angefügt:

"d) daß jegliche Bestimmung, die dem Grundsatz der Gleichbehandlung entgegensteht, ungültig ist und für nichtig erklärt wird oder ergänzt wird, wenn sie die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Arbeitgeber- oder Arbeitnehmerorganisation oder einer sonstigen Organisation, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der von solchen Organisationen geboten Leistungen betrifft."

5. Artikel 6 erhält folgende Fassung:

"Artikel 6

(1) Die Mitgliedstaaten treffen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß alle Personen, die sich infolge der Nichtanwendung des Gleichbehandlungs grundsatzes im Sinne der Artikel 4, 5 und 6 für beschwert halten, gegebenenfalls nach Befassung anderer zuständiger Stellen ihre Ansprüche auf dem Gerichtsweg geltend machen können, selbst wenn das Beschäftigungs verhältnis bereits beendet ist.

(2) Die Mitgliedstaaten treffen im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, daß der Ersatz des einer Person durch eine Diskriminierung in Form eines Verstoßes gegen die Artikel 4, 5 oder 6 entstandenen Schadens nicht durch eine im voraus festgelegte Obergrenze oder dadurch begrenzt werden darf, daß keine Zinsen zum Ausgleich des Verlustes gewährt werden, der dem Inhaber des Entschädigungsanspruchs durch den Zeitablauf bis zur tatsächlichen Zahlung des ihm zuerkannten Kapitalbetrags entsteht."

6. Die folgenden Artikel 8a, 8b und 8c werden eingefügt:

"Artikel 8a

(1) Die Mitgliedstaaten tragen für die Einrichtung unabhängiger Stellen Sorge, deren Aufgabe darin besteht, die Verwirklichung des Grund satzes der Gleichbehandlung von Frauen und Männern zu fördern. Diese Stellen können Teil einer unabhängigen, bereits bestehenden Einrichtung sein, die auf nationaler Ebene insbesondere für den Schutz der Rechte des einzelnen zuständig ist.

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, daß es u. a. zu den Aufgaben der in Absatz 1 genannten unabhängigen Stellen gehört, Beschwerden einzelner über Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts entgegen zunehmen und diesen Beschwerden nachzugehen, Untersuchungen oder Erhebungen zum Thema ,Diskriminierung aufgrund des Geschlechts" durchzuführen und einschlägige Berichte zu veröffent lichen.

(3) Die Mitgliedstaaten werden sicherstellen, daß die Vereinigungen, Organisationen oder andere Rechtspersonen, im Namen der Beschwerdeführerin oder des Beschwerdeführers mit ihrer bzw. seiner Zustimmung jeden Verwaltungs- und/oder Gerichtsweg einschlagen können, der für die Durchsetzung der Verpflichtungen aus dieser Richtlinie vorgesehen ist.

Artikel 8b

(1) Die Mitgliedstaaten treffen geeignete Maßnahmen zur Förderung des sozialen Dialogs zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern, mit dem Ziel, die Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes durch Überwachung der betrieblichen Praxis, durch Kollektivverein barungen, Verhaltenskodizes, Forschungsarbeiten, oder durch einen Austausch von Erfahrungen und bewährten Lösungen voranzubringen.

(2) Die Mitgliedstaaten regen Arbeitgeber und Arbeitnehmer an, auf geeigneter Ebene ohne Eingriff in ihre Autonomie, Antidiskriminie rungsvereinbarungen auf dem Gebiet der Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern zu schließen.

Artikel 8c

Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen fest, die bei einem Verstoß gegen die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richt linie zu verhängen sind, und treffen alle geeigneten Maßnahmen, um deren Durchsetzung zu gewährleisten. Die Sanktionen müssen wirk sam, verhältnismäßig und abschreckend sein. Die Mitgliedstaaten teilen diese Vorschriften der Kommission spätestens am 31. Dezem ber 2001 mit und alle sie betreffenden Änderungen unverzüglich."

Artikel 2

(1) Die Mitgliedstaaten setzen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie spätestens am 31. Dezember 2001 nachzukommen, oder stellen spätestens bis zu diesem Zeitpunkt sicher, daß die Sozialpartner im Wege einer Vereinbarung die erforderlichen Bestimmungen eingeführt haben. Die Mitgliedstaaten haben alle notwendigen Maßnahmen zu treffen, um jederzeit gewährleisten zu können, daß die durch die Richtlinie vorgeschriebenen Ergebnisse erzielt werden. Sie setzen die Kommission unverzüglich davon in Kenntnis.

Wenn die Mitgliedstaaten derartige Vorschriften erlassen, nehmen sie in den Vorschriften selbst oder durch einen Hinweis bei der amtlichen Veröffent lichung auf diese Richtlinie Bezug. Die Mitgliedstaaten regeln die Einzel heiten der Bezugnahme.

(2) Drei Jahre nach Inkrafttreten dieser Richtlinie übermitteln die Mitgliedstaaten der Kommission alle Informationen, die diese benötigt, um einen Bericht an das Europäische Parlament und den Rat über die Anwendung der Richtlinie zu erstellen.

(3) Unbeschadet des Absatzes 2 teilen die Mitgliedstaaten der Kommission alle drei Jahre den Wortlaut der auf der Grundlage des Artikels 141 Absatz 4 des Vertrags erlassenen Rechts- und Verwaltungsvorschriften über positive Maßnahmen mit.

Artikel 3

Die Richtlinie ist an die Mitgliedstaaten gerichtet.

Geschehen zu Brüssel

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Die Präsidentin Der Präsident

ANHANG

FOLGENABSCHÄTZUNGSBOGEN

AUSWIRKUNGEN DES VORGESCHLAGENEN RECHTSAKTS AUF DIE UNTERNEHMEN UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER KLEINEN UND MITTLEREN UNTERNEHMEN (KMU)

Bezeichnung des vorgeschlagenen Rechtsakts:

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirk lichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen

Dokumentennummer: 45468/901

Der vorgeschlagene Rechtsakt

1. Warum ist ein Rechtsakt der Gemeinschaft unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips in diesem Bereich notwendig und welche Ziele werden in erster Linie verfolgt-

Die Europäische Union beruht auf Grundsätzen, zu denen auch die Gleichbehandlung von Frauen und Männern zählt.

Der Erlaß eines Rechtsaktes der Gemeinschaft in diesem Bereich muß sich im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip befinden. Eine Änderung der Richt linie 76/207/EWG ist die einzige Möglichkeit, um zu gewährleisten, daß die umfangreiche Rechtsprechung des Gerichtshofs tatsächlich und einheitlich auf nationaler Ebene angewandt wird. Außerdem besteht die Notwendigkeit, auf Gemein schaftsebene die Kohärenz der Rechtsvorschriften zur Verwirklichung des Gleichbe handlungsgrundsatzes zu gewährleisten. Im Falle der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts kann dies nur durch eine Änderung der Richtlinie 76/207/EWG erreicht werden.

Der vorgeschlagene Rechtsakt entspricht inhaltlich auch dem Grundsatz der Ver hältnismäßigkeit, da lediglich Mindestanforderungen festgelegt werden - z. B. was den Aspekt der sexuellen Belästigung anbelangt -, die den Mitgliedstaaten einen größtmöglichen Spielraum lassen, um festzulegen, wie die effektive Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes im Einzelfall aussehen soll.

Die vorgeschlagenen gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften werden keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Tätigkeit der Unternehmen haben und diesen keine administrativen oder rechtlichen Zwänge auferlegen, die der Gründung und Entwicklung von Klein- und Mittelbetrieben entgegenstehen könnten.

Auswirkungen auf die Unternehmen

2. Wer wird durch den vorgeschlagenen Rechtsakt betroffen sein-

Die zur Umsetzung der Richtlinie erforderlichen nationalen Rechtsvorschriften werden für alle Unternehmen gelten.

3. Was werden die Unternehmen zu tun haben, um dem Rechtsakt nachzukommen-

Die Unternehmen werden sicherzustellen haben, daß Entscheidungen über Personaleinstellungen, Beförderungen, den Zugang zu Aus- und Weiterbildung, Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen - einschließlich Entlassungsbedingungen und Arbeitsentgelt - in Übereinstimmung mit dem Grundsatz der Gleichbehandlung von Frauen und Männern getroffen werden. Im Grunde genommen ist dies bereits in allen Mitgliedstaaten der Fall. Mit der Richtlinie werden somit nicht völlig neue Vorschriften eingeführt, sondern vielmehr die bereits bestehenden Regelungen ausgebaut. Duch die Aufnahme der Rechtsprechung des Gerichtshofs trägt sie darüber hinaus zur Klarheit und Rechtssicherheit bei.

Zum Beispiel im Hinblick auf das Recht von Frauen, die entbunden haben, auf ihren vorherigen Posten oder einen vergleichbaren Posten zurückzukehren, mit den gleichen Arbeitsbedingungen, die während des Mutterschaftsurlaubs galten. (siehe insbesondere, Rechtssache 184/83, Hofmann v. Barmer Ersatzkasse [1984] ECR 3047, Absatz 25, Rechtssache C-421/92, Habermann-Beltermann [1994] ECR I-1657, Absatz 21, und Rechtssache C-32/93, Webb v EMO Air Cargo [1994] ECR I-3567, Absatz 20).

4. Welche wirtschaftlichen Folgen wird der vorgeschlagene Rechtsakt voraussichtlich haben-

Der vorliegende Vorschlag, der diskriminierenden Praktiken Einhalt gebieten soll, wird zu mehr wirtschaftlicher und sozialer Teilhabe und zu weniger Ungleich behandlung von Männern und Frauen führen. Dies wird dem Wirtschaftswachstum unmittelbar zugute kommen - durch eine Reduzierung der öffentlichen Ausgaben für soziale Sicherung und soziale Unterstützung, durch eine Erhöhung der Kaufkraft der einzelnen Haushalte und durch eine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen, die alle auf dem Arbeitsmarkt verfügbaren Ressourcen optimal nutzen können.

a) Welche Folgen ergeben sich

- für die Beschäftigung-

Die Richtlinie wird zur Schaffung eines Arbeitsmarktes beitragen, der allen offensteht, wie dies im Rahmen der europäischen Beschäftigungsstrategie angestrebt wird. Somit wird sie auch einer qualitativen Verbesserung der Beschäftigung förderlich sein. Mittelfristig gesehen kann infolge der höheren Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen mit einem höheren Beschäftigungsniveau gerechnet werden.

- für die Investitionen und die Gründung neuer Unternehmen-

Durch die Richtlinie wird der Zugang zu Beschäftigung und Beruf - zu abhängiger Beschäftigung, selbständiger Erwerbstätigkeit und freien Berufen - erleichtert.

- für die Wettbewerbsposition der Unternehmen-

Unter Wettbewerbsgesichtspunkten ist die Richtlinie insofern von Bedeutung, als sie für alle Akteure gleiche Ausgangsbedingungen schafft. Wie bereits erwähnt, wird die Richtlinie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen stärken: diese werden auf ein größeres Angebot an Qualifikationen und Ressourcen zurückgreifen können, als dies derzeit der Fall ist, und die verfügbaren Qualifikationen unterschiedslos nutzen können.

b) Müssen neue Verwaltungsverfahren eingeführt werden-

Der gemeinschaftsrechtliche Rahmen im Bereich der Gleichbehandlung von Männern und Frauen verlangt bereits jetzt, daß die Unternehmen in der Lage sind, Entscheidungen über Personaleinstellungen, Beförderungen, den Zugang zu Aus- und Weiterbildung und andere Arbeitsbedingungen zu begründen und nachzuweisen, daß dabei keine Diskriminierung stattgefunden hat. In den meisten Mitgliedstaaten ist dies bereits der Fall.

c) Kosten-Nutzen-Analyse unter quantitativen und qualitativen Gesichtspunkten

Es entstehen keine zusätzlichen Kosten, da die Unternehmen ja bereits seit über zwanzig Jahren mit den gemeinschaftlichen Rechtsvorschriften zur Chancengleichheit von Frauen und Männern vertraut sind.

In der Richtlinie kommt lediglich die Entwicklung des Gemeinschaftsrechts zum Ausdruck, und durch die Aufnahme der Rechtssprechung des Gerichtshofs wird ein Beitrag zur Rechtssicherheit geleistet.

Mittelfristig gesehen werden die Unternehmen von dem höheren Engagement ihrer Beschäftigten und von der Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit infolge einer besseren Ressourcennutzung profitieren.

d) Welche Kosten ergeben sich aus der Durchführung der Richtlinie-

Mit der Richtlinie wird ein flexibler, allgemeiner Rahmen für die Verwirklichung des Gleichbehandlungsgrundsatzes vorgegeben. Es obliegt den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern, die genauen Modalitäten für die praktische Durchführung festzulegen. Dabei werden nur in begrenztem Umfang zusätzliche Kosten anfallen.

e) Welche Verpflichtungen entstehen den Unternehmen in bezug auf die Überwachung und Bewertung der Maßnahmen-

In dem Richtlinienvorschlag wird nicht ausdrücklich verlangt, daß die Unternehmen überwachen und bewerten, ob und wie der Richtlinie nachgekommen wird. Es wird jedoch im Interesse der Unternehmen selbst liegen, Aufzeichnungen zu führen über Entscheidungen, die Personaleinstellungen, Beförderungen, den Zugang zu Aus- und Weiterbildung und andere Arbeitsbedingungen betreffen, um gegebenenfalls nachweisen zu können, daß bei den betreffenden Entscheidungen keine Diskriminierung stattgefunden hat. Größere Unternehmen werden unter Umständen eine strukturiertere Form der Kontrolle vorsehen wollen, um sicherzustellen, daß der Gleichbehandlungsgrundsatz auf allen Ebenen angewandt wird.

5. Enthält der vorgeschlagene Rechtsakt Bestimmungen, die der besonderen Lage kleiner und mittlerer Unternehmen Rechnung tragen (etwa reduzierte oder andersartige Anforderungen usw.)-

In dem Vorschlag wird nicht nach Unternehmensgröße unterschieden, da Diskriminierungen in allen Unternehmen auftreten, unabhängig von der Zahl der Beschäftigten. In der Richtlinie werden jedoch nur Mindeststandards festgeschrieben, die auf einem flexiblen Rahmen von Grundsätzen beruhen. Somit bleibt es den Mitgliedstaaten und den Sozialpartnern überlassen, an die Unternehmen unterschiedliche Anforderungen zu stellen.

Anhörung

6. Führen Sie die Organisationen auf, die zu dem vorgeschlagenen Rechtsakt konsultiert wurden, und stellen Sie deren wichtigste Auffassungen dar.

Die Kommission hat die repräsentativen Organisationen der Sozialpartner auf europäischer Ebene gehört und am 10. Mai 2000 ein Seminar zu dem Thema veranstaltet.

Alle konsultierten Organisationen erkennen die Bedeutung des Problems an und sehen einen Bedarf für rechtsetzende Maßnahmen. In bezug auf einige Aspekte des Vorschlags wurden jedoch unterschiedliche Standpunkte vertreten. Der EGB spricht sich für einen neuen (einen zweiten) Vorschlag zur sexuellen Belästigung aus, der sich auf die Bestimmungen über die Sicherheit und den Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz stützt (Artikel 137 Absatz 1 EG-Vertrag).

Die UNICE ist der Auffassung, daß dieser Aspekt bereits von der Rahmenrichtlinie über die Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit abgedeckt ist (Richtlinie 89/391/EWG).