52000DC0477

Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament und den Wirtschafts- und Sozialausschuß Die Preisgestaltung als politisches - Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen /* KOM/2000/0477 endg. */


MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS Die Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen

Vorwort

Die Wasserpolitik ist ein wichtiger Bestandteil der Umweltpolitik der Europäischen Gemeinschaft und eine der Umweltprioritäten der Europäischen Kommission. In den kommenden Jahrzehnten wird sich die Wasserpolitik im wesentlichen auf die vorgeschlagene Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie) stützen. Im Einklang mit jüngsten Initiativen zur stärkeren Gewichtung wirtschaftlicher Instrumente in der Umweltpolitik werden auch in der vorgeschlagenen Wasserrahmenrichtlinie Wassergebühren gefordert, die Anreize für eine nachhaltige Ressourcennutzung bieten und die Deckung der Kosten für Wasserdienstleistungen in den einzelnen Wirtschaftszweigen ermöglichen. Dies wird dazu beitragen, die Umweltziele der Richtlinie auf kosteneffiziente Weise zu erreichen.

Die Kommission erstellte diese Mitteilung vor diesem Hintergrund und mit folgenden Zielen:

(1) Klärung der wichtigsten Fragen im Zusammenhang mit einer Wasserpreisgestaltung zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen,

(2) Darstellung der Gründe für die Präferenz der Kommission für eine strikte Anwendung solider wirtschaftlicher und ökologischer Prinzipien in der Wasserpreisgestaltung;

(3) Vorschlag von Leitlinien für die Umsetzung der vorgeschlagenen Wasserrahmenrichtlinie und insbesondere des Artikels über die Wasserpreisgestaltung.

Die wichtigsten Aussagen dieser Mitteilung lassen sich wie folgt zusammenfassen:

(1) Ein aus quantitativer und qualitativer Sicht nachhaltiger Umgang mit Wasserressourcen ist in vielen Einzugsgebieten Europas keineswegs gewährleistet. Eine sinnvolle Wasserpreisgestaltung ist eine wesentliche Voraussetzung für eine nachhaltige Wasserpolitik.

(2) Um einen nachhaltigen Umgang mit Wasserressourcen effektiv fördern zu können, müssen die Wasserpreise auf einer Ermittlung von Kosten und Nutzen der Wassernutzung basieren und sowohl die finanziellen Kosten für die Bereitstellung von Dienstleistungen als auch die Umwelt- und Ressourcenkosten widerspiegeln. Ein direkt an den Wasserverbrauch oder die Verschmutzung gekoppelter Preis kann sicherstellen, daß die Preise den Verbrauchern einen deutlichen Anreiz bieten, sparsamer mit Wasser umzugehen und Verschmutzung zu vermeiden.

(3) Die Berücksichtigung wirtschaftlicher und ökologischer Ziele in den Wasserpreisen ist in den Mitgliedstaaten derzeit noch sehr unterschiedlich ausgeprägt. Im allgemeinen werden die finanziellen Kosten nur teilweise gedeckt, die Umwelt- und Ressourcenkosten sind häufig kaum berücksichtigt. Auf dem Agrarsektor lässt die Wasserpreisgestaltung stark zu wünschen übrig. Dies gilt vor allem für südeuropäische Länder, in denen die Landwirtschaft der bei weitem grösste Wasserverbraucher und die Wasserknappheit am grössten ist.

(4) Auch in Drittländern, in denen die EU besonders stark engagiert ist, berücksichtigt die Wasserpreisgestaltung bisher kaum wirtschaftliche und ökologische Zielsetzungen. Dies gilt für die Beitrittskandidaten, in denen die Preisgestaltung ein wichtiges Thema der Beitrittsverhandlungen ist, und noch stärker für Entwicklungsländer, in denen die Anwendung wirtschaftlicher Prinzipien in der Preispolitik noch in den Kinderschuhen steckt.

(5) Eine effiziente Wasserpreisgestaltung übt einen nachweislichen Einfluß auf die Wassernachfrage zu verschiedenen Nutzungszwecken aus. Ein richtig gestalteter Wasserpreis verringert infolge der veränderten Wassernachfrage den Druck auf die Wasserressourcen. Dies gilt vor allem für den Agrarsektor. Die vorhandenen Daten lassen den Schluß zu, daß es der Landwirtschaft durchaus zumutbar ist, sich an Preiserhöhungen aufgrund einer strikteren Kostendeckung für Wasserdienstleistungen anzupassen. Die unterschiedlich hohe Kostendeckung in den einzelnen Ländern und Sektoren wie der Landwirtschaft und der Industrie dürfte sich sowohl auf dem Binnenmarkt als auch im internationalen Handel auf die Wettbewerbsfähigkeit dieser Wirtschaftssektoren auswirken.

(6) Wasserpreise, die den ökologischen Anforderungen besser Rechnung tragen, basieren auf: (i) einer strengeren Anwendung des Prinzips der Kostendeckung, (ii) einer breiteren Anwendung von anreizbildenden Preisstrukturen und der Förderung von Wassermeßgeräten, (iii) der Feststellung der wichtigsten Umweltkosten und, sofern möglich, einer Internalisierung dieser Kosten in die Preise, (iv) einer transparenten Politik unter Einbindung der Nutzer/Verbraucher und (v) einer graduellen Anwendung preispolitischer Ansätze, die sich auf solide wirtschaftliche und ökologische Prinzipien stützen.

(7) Die Gestaltung der Wasserpreise muß von weiteren Maßnahmen begleitet werden, um sicherzustellen, daß ökologische, wirtschaftliche und soziale Ziele auf kosteneffektivem Wege erreicht werden. Die im Vorschlag für eine Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete bieten hierfür die richtigen Rahmenbedingungen.

(8) Auch andere sektorbezogene Maßnahmen sowie Struktur- und Kohäsionspolitik müssen so gestaltet und umgesetzt werden, daß Konsistenz, Kohärenz und Wirksamkeit der Wasserpreisgestaltung gewährleistet sind. Die Versöhnung zwischen Landwirtschaft und Wassernutzung bleibt auch weiterhin eine Priorität der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und anderer politischer Instrumente wie des Instruments zur Förderung umweltfreundlicher Maßnahmen in der Landwirtschaft bei Programmen für die ländliche Entwicklung. Die GAP sollte eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen gemäß den wirtschaftlichen und ökologischen Prinzipien der vorgeschlagenen Wasserrahmenrichtlinie und dieser Mitteilung fördern.

Die Kommission ist sich vollkommen der Tatsache bewusst, daß die in dieser Mitteilung besprochene Wasserpreisgestaltung für viele Beteiligte und Mitgliedstaaten ein heikles Thema ist. Deshalb sollte diese Mitteilung aber nicht als "ausschließliches Plädoyer für die Wasserpreisgestaltung" mißverstanden werden. Die Wasserpreise sind kein Instrument, das ganz alleine die in Europa und anderswo auftretenden Probleme mit Wasserressourcen lösen kann (oder wird). Aber sie verdienen eine gründliche Prüfung, um sicherzustellen, daß sie im Sinne einer effizienteren und weniger verschmutzende Nutzung unserer knappen Ressourcen wirken.

Ziel der Mitteilung ist es, fruchtbare politische Diskussionen auszulösen und einen Meinungsaustausch in Gang zu bringen. Dadurch soll es ermöglicht werden, praktische Schritte zu beschließen und Leitlinien für die Umsetzung des in der vorgeschlagenen Wasserrahmenrichtlinie enthaltenen Artikels über die Wasserpreise zu beschreiben. Die Mitteilung hofft, nützliche Informationen für alle Personen bereitzustellen, die sich aktiv an der Erstellung der in der Wasserrahmenrichtlinie vorgesehenen Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete und Maßnahmenprogramme beteiligen. Die europäischen Institutionen und die Mitgliedstaaten werden ersucht, die Mitteilung gründlich zu prüfen und sich an ihren Kernbotschaften zu orientieren, damit die künftige Wasserpreisgestaltung so weit wie möglich dazu beiträgt, die Umweltziele der Richtlinie kostenwirksam zu erreichen.

In der Mitteilung wird ferner auf die Rolle hingewiesen, die die Wasserpreisgestaltung im Zusammenhang mit der Erweiterung und der Anwendung des gemeinschaftlichen Acquis im Bereich Umweltrecht in den Beitrittsstaaten spielen kann. Schließlich soll sie durch die Betonung der Schlüsselkomponenten einer nachhaltigen Wasserpreisgestaltung die entwicklungspolitischen Leitlinien der EU ("Towards Sustainable Water Resources Management") ergänzen.

MITTEILUNG DER KOMMISSION AN DEN RAT, DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DEN WIRTSCHAFTS- UND SOZIALAUSSCHUSS

Preisgestaltung als politisches Instrument zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen

INHALT

Vorwort 2

1. Einleitung 7

1.1. Nachhaltiger Umgang mit Wasserressourcen 7

1.2. Wirtschaftliche Instrumente und Umwelt 8

1.3. Wasserpreisgestaltung und nachhaltiger Umgang mit Wasserressourcen 8

1.4. Ziele der Mitteilung 9

2. Die Wasserpreisgestaltung in Theorie und Praxis 10

2.1. Grundkonzepte und Theorie 10

2.2. Die Wasserpreise in den Mitgliedstaaten 10

2.3. Die Wasserpreise in Drittländern 11

2.4. Auswirkungen der Wasserpreisgestaltung auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft 12

3. Wasserpreise zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen 13

3.1. Verbesserung der Wissens- und Informationsgrundlagen 13

3.1.1. Schätzung der Wassernachfrage 13

3.1.2. Schätzung der Kosten für Wasserdienstleistungen und Wassernutzung 14

3.2. Festsetzung adäquater Wasserpreise 16

3.3. Preisgestaltung und räumliche Dimension 18

3.4. Die Rolle von Nutzern und Verbrauchern 19

3.5. Kommunikation und Information 20

3.6. Einbindung der Preisgestaltung in die Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete 21

3.7. Wasserpreisgestaltung und sonstige Initiativen der Europäischen Union 22

3.7.1. Agrarpolitik 22

3.7.2. Horizontale politische Ansätze 23

3.7.3. Forschung und Demonstration 24

4. Schlußfolgerung 26

1. Einleitung

1.1. Nachhaltiger Umgang mit Wasserressourcen

Bei genauer Betrachtung des Zustands der Wasserressourcen zeigt sich, daß ein nachhaltiger Umgang mit diesen Ressourcen in vielen Gebieten Europas keineswegs gewährleistet ist. Obwohl mehrere Indikatoren auf europäischer Ebene auf eine stabile Situation bzw. ein Nachlassen des Drucks auf die Gewässer [1] hindeuten [2], verschleiern diese Indikatoren bedeutende regionale und zeitliche Unterschiede und besorgniserregende Situationen auf lokaler Ebene. Hier einige Beispiele:

[1] Ein solcher Druck entsteht, wenn die Wassernachfrage die verfügbare Wassermenge während eines bestimmten Zeitraums überschreitet oder wenn schlechte Wasserqualität die Nutzungsmöglichkeiten einschränkt (Environment in the European Union at the turn of the century, Europäische Umweltagentur (EUA), 1999).

[2] Environment in the European Union at the turn of the century, EUA, 1999.

(1) Eine zu starke Wasserentnahme bedroht zahlreiche Grundwasserkörper. In der Folge hat in vielen Küstengebieten eine kritische Versalzung der Grundwasserkörper durch eindringendes Meerwasser eingesetzt. 50% der Feuchtgebiete sind infolge einer zu starken Grundwasserentnahme als "gefährdet" einzustufen. Probleme mit einer überhöhten Wasserentnahme sind in Südeuropa verbreitet, aber auch in Nordeuropa anzutreffen.

(2) Sinkende Wasserstände aufgrund einer übermässigen Wasserentnahme haben zu einer Verschlechterung des ökologischen Zustandes einiger Flüsse geführt. Probleme mit der Wassermenge verstärken häufig die bereits bestehenden Probleme mit Wasserqualität und -verschmutzung.

(3) Die Anzahl der stark verschmutzten Flüsse hat sich im Lauf der letzten 20 Jahre verringert. Qualitätsverbesserungen werden jedoch hauptsächlich von den grossen Flußläufen berichtet, und die diffuse Wasserverschmutzung durch die Landwirtschaft stellt weiterhin ein Problem dar. So sind die Nitratkonzentrationen in Flüssen nach wie vor hoch und führen zu einer Eutrophierung von Küstengebieten.

(4) Bei der Wasserversorgung von Privatpersonen und kleinen Gemeinden aus Grundwasserkörpern geringer Tiefe sowie in Gebieten mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung und Tierhaltung werden nach wie vor Nitratkonzentrationen über dem durch die Trinkwasserrichtlinie festgesetzten Grenzwert von 50 mg/l gemessen. Diese hohen Konzentrationen stellen für die betroffen Bevölkerungsgruppen ein Gesundheitsrisiko dar.

Zur Erklärung dieser Situation sind unter anderem Hindernisse bei der Einführung effizienterer Technologien, unzureichende Anreize zur Senkung des Wasserverbrauchs, unzureichende institutionelle Rahmenbedingungen, die mangelhafte Einbeziehung der Umweltbelange in die Politik der einzelnen Sektoren sowie eine schlecht angewandte oder gänzlich fehlende Umweltpolitik zu nennen. Untersuchungen der derzeitigen politischen Ansätze und ihrer Auswirkungen unterstreichen die Rolle der Wasserpreisgestaltung als offensichtlich "falsches" Signal für eine nachhaltige Wassernutzung.

1.2. Wirtschaftliche Instrumente und Umwelt

In den neunziger Jahren wurde das Augenmerk verstärkt auf den Einsatz ökonomischer Instrumente wie Steuern, Gebühren, Subventionen oder handelbaren Verschmutzungszertifikaten zur Förderung der Nachhaltigkeit in der Umwelt gerichtet. Ökonomische Instrumente und der wirtschaftliche Wert natürlicher Ressourcen wurden in der Deklaration zu Umwelt und Entwicklung der Vereinten Nationen 1992 in Rio vollends legitimiert, und ihre Bedeutung wird seither immer wieder von neuem betont, wie etwa durch die Ministererklärung vom Zweiten Welt-Wasserforum (Den Haag, März 2000).

In der EU werden wirtschaftliche Prinzipien und der Einsatz ökonomischer Instrumente schrittweise, aber entschieden in die Umweltpolitik übernommen. Der Vertrag nennt nun das Verursacherprinzip als Grundlage jeder europäischen Umweltpolitik [3]. Das Fünfte Umweltaktionsprogramm der Europäischen Kommission, das im Jahr 2000 ausläuft, nennt eine grössere Bandbreite politischer Instrumente als eine der höchsten Prioritäten. Doch bisher sind in der tatsächlichen Anwendung ökonomischer Instrumente nur beschränkte Fortschritte zu verzeichnen.

[3] Gemäß Artikel 174.2, Paragraph 2 des Vertrages beruht die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf den Grundsätzen der Vorsorge und der Vorbeugung, auf dem Grundsatz, Umweltbeeinträchtigungen mit Vorrang an ihrem Ursprung zu bekämpfen, sowie auf dem Verursacherprinzip.

1.3. Wasserpreisgestaltung und nachhaltiger Umgang mit Wasserressourcen

Die Kommission hat sich in der vorgeschlagenen Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik (Wasserrahmenrichtlinie) für eine wichtigere Rolle der Preisgestaltung im Hinblick auf die Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen ausgesprochen.

(1) Eine effiziente Wasserpreisgestaltung dient als Anreiz zur Verringerung der Verschmutzung und zur Verbesserung der Effizienz im Wasserverbrauch. So mildert sie den Druck auf die Wasserressourcen und die Umwelt und gewährleistet eine effiziente Zuteilung der vorhandenen Ressourcen auf die verschiedenen Wassernutzer.

(2) Damit lässt sich auch die Infrastruktur für Wasserversorgung und -behandlung adäquater gestalten sowie die Bereitstellung von Wasserdienstleistungen und die Bewahrung der Umwelt auf kostengünstigere Weise erreichen.

(3) Ferner können so Mittel mobilisiert werden, um die Finanzierung von Wasserinfrastruktur und Wasserversorgungs unternehmen sicherzustellen und für den Umweltschutz aufkommen zu können.

Eine Wasserpreisgestaltung, bei der wirtschaftliche und ökologische Fragen zugunsten allgemeiner sozialer Ziele oder Entwicklungsziele vernachlässigt wurden, hat zur gegenwärtigen Situation eines ineffizienten Verbrauchs, einer übermässigen Wasserentnahme und einer qualitativen Verschlechterung von Oberflächengewässern und Grundwasser geführt.

1.4. Ziele der Mitteilung

Hauptziel der Mitteilung ist es, Fragen zur Wasserpreisgestaltung anzusprechen und Optionen für deren Entwicklung zu präsentieren, um die Nachhaltigkeit im Umgang mit Wasserressourcen zu verbessern.

Der Begriff Wasserpreis wird hier in seiner allgemeinen Bedeutung verwendet und als Grenz- oder Gesamtbetrag definiert, der von den Verbrauchern für alle in Anspruch genommenen Wasserdienstleistungen (wie etwa Wasserzuleitung und Abwasserbehandlung), einschließlich der ökologischen Kosten, zu entrichten ist. Das heisst, es werden sowohl die aus der Umwelt entnommenenen Wassermengen als auch die verursachte Umweltverschmutzung berücksichtigt.

Die Mitteilung baut auf theoretischen Konzepten und diskutierten Themen, bereits bestehenden Ansätzen für eine Wasserpreisgestaltung in den EU-Mitgliedstaaten und anderen Ländern mit direkter Relevanz für die EU-Politik sowie auf der Bewertung der Auswirkungen dieser Politik auf (siehe Abschnitt 2 und das zugehörige Arbeitsdokument der Kommission Die Wasserpreisgestaltung in Theorie und Praxis - SEK(2000)1238). Schließlich schlägt die Mitteilung Leitprinzipien für eine Wasserpreisgestaltung vor, die dem Umweltschutz und der wirtschaftlichen Effizienz besser als bisher Rechnung tragen (Abschnitt 3). Die Mitteilung spiegelt den gegenwärtigen Stand der theoretischen und empirischen Analyse wider und wurde mit Beiträgen und Feedback einer breiten Palette von Beteiligten erstellt [4].

[4] Wichtigste Aktivität im Rahmen dieses Informations- und Meinungsaustausches war eine Konferenz in Sintra, Portugal, im September 1999. Die Konferenz wurde unter dem Titel Pricing Water - Economics, Environment and Society in Zusammenarbeit mit dem portugiesischen Instituto da Agua organisiert. An der Konferenz nahmen rund 30 Redner und 200 Teilnehmer, die eine breite Palette von Beteiligten aus der Europäischen Union, den mittel- und osteuropäischen Staaten und den Mittelmeerländern teil.

2. Die Wasserpreisgestaltung in Theorie und Praxis

2.1. Grundkonzepte und Theorie

Die Hauptnutzung von Wasserressourcen findet in Wirtschaftssektoren wie z. B. in der Landwirtschaft, in Haushalten, im Energiesektor, in der Industrie und im Tourismus, aber auch in der Umwelt, z. B. in der natürlichen Abwasserbehandlung oder als Lebensraum für Wildtiere statt. Für die meisten Zwecke wird eine grosse Vielfalt an Dienstleistungen entwickelt, von Entnahme, Speicherung und Verteilung des Wassers bis zur Sammlung und Behandlung von Abwasser.

Um eine wirkungsvolle Rolle zur Förderung der Nachhaltigkeit im Umgang mit Wasserressourcen spielen zu können, muß die Wasserpreisgestaltung verschiedenen Kostentypen Rechnung tragen:

(1) den finanziellen Kosten für Wasserdienstleistungen, einschließlich der Bereitstellung und Verwaltung dieser Dienste. Dazu gehören alle Betriebs- und Wartungskosten sowie Kapitalkosten (Kapital- und Zinsrückzahlungen) sowie gegebenenfalls Eigenkapitalrendite;

(2) den Umweltkosten, d.h. den Kosten für Schäden, die der Wasserverbrauch für Umwelt, Ökosysteme und Personen mit sich bringt, die die Umwelt nutzen (z.B. durch Verschlechterung der ökologischen Qualität von aquatischen Ökosystemen oder die Versalzung oder qualitative Verschlechterung von Anbauflächen);

(3) den Ressourcenkosten, d.h. den Kosten für entgangene Möglichkeiten, unter denen andere Nutzungszwecke infolge einer Nutzung der Ressource über ihre natürliche Wiederherstellungs- oder Erholungsfähigkeit hinaus leiden (z.B. in Verbindung mit einer übermässigen Grundwasserentnahme).

Jeder Nutzer sollte für die Kosten der Nutzung der Wasserressourcen, einschließlich der Umwelt- und Ressourcenkosten, aufkommen. Darüber hinaus sollten die Preise direkt an die verbrauchte Wassermenge bzw. die verursachte Verschmutzung gekoppelt sein [5]. Dann bieten die Wasserpreise einen deutlichen Anreiz für die Verbraucher, Wasser sparsamer zu verwenden und die Verschmutzung zu verringern.

[5] Der vom Verbraucher gezahlte Gesamtpreis P beträgt: F + a.Q + b.Y, wobei F = Element in Verbindung mit Fixkosten, Steuern etc.; a = Gebühr pro Einheit verbrauchten Wassers; b = Gebühr pro Einheit der verursachten Verschmutzung; Q = Gesamtmenge des verbrauchten Wassers; Y = Gesamtverschmutzung. Eine Verringerung der Gesamtmenge des verbrauchten Wassers (Q) und/oder der Gesamtverschmutzung (Y) führt zu einer Verringerung des vom Verbraucher gezahlten Gesamtwasserpreises. Damit wird den Verbrauchern ein Anreiz zu sparsamem Wasserverbrauch und zur Verminderung von Umweltverschmutzung geboten.

2.2. Die Wasserpreise in den Mitgliedstaaten

Die Bedeutung wirtschaftlicher und ökologischer Ziele in der Wasserpreisgestaltung variiert stark zwischen den Mitgliedstaaten, innerhalb der Mitgliedstaaten und zwischen den verschiedenen Wirtschaftszweigen. Im grossen und ganzen wird die Deckung der finanziellen Kosten nur teilweise erreicht. Dies gilt insbesondere für die Abwasserbehandlung und für den Agrarsektor, insbesondere in südeuropäischen Ländern, wo die Landwirtschaft grösster und ineffizientester Wasserverbraucher ist und die Probleme der Wasserknappheit am drückendsten sind. Die Landwirtschaft bezahlt bedeutend niedrigere Wasserpreise als andere Sektoren, was sowohl auf Direktsubventionen als auch auf Quersubventionen mit finanziellen Transferzahlungen aus den Sektoren Haushalt und Industrie in die Landwirtschaft zurückzuführen ist.

Umwelt- und Ressourcenkosten werden in der Preisgestaltung der einzelnen Mitgliedstaaten kaum berücksichtigt. In den meisten Fällen, in denen Länder Wassernutzungs- und Abwassergebühren eingeführt haben, dienen diese hauptsäch lich der Erzielung von Einkünften, die anschließend für Finanzierungsmaßnahmen zur qualitativen Verbesserung von Gewässern und zugehörigen Ökosystemen genutzt werden können.

Obwohl die Wasserpreisstrukturen für die Versorgung der Haushalte meist fixe und variable Elemente enthalten und eine Anreizfunktion ausüben, werden nach wie vor auch pauschale Wassergebühren ohne jegliche Berücksichtigung von Verbrauch oder Verschmutzungsgrad verrechnet. Bewässerungsgebühren werden grösstenteils auf Flächenbasis ermittelt und führen zu einer geringen Effizienz im Wasserverbrauch, vor allem bei der Gravitationsbewässerung. Landwirte, die Wasser direkt von Grundwasserkörpern heraufpumpen, kommen dagegen für die gesamten finanziellen Kosten ihrer Wasserversorgung auf und haben somit auch einen starken Anreiz, das Wasser effizient zu nutzen. Allerdings werden ihnen niemals die Umwelt- und Ressourcenkosten für die (übermässige) Wasserentnahme in Rechnung gestellt.

In den letzten Jahren hat die Preisgestaltung in der Wasserpolitik vieler Mitgliedstaaten an Bedeutung gewonnen. Zu den Zielen der Wasserpreisgestaltung gehört in zunehmenden Masse die vollständige Deckung der finanziellen Kosten sowie die Berücksichtigung ökologischer Anliegen. Trotzdem steht die strenge Anwendung dieser Prinzipien nach wie vor aus.

2.3. Die Wasserpreise in Drittländern

In den Drittländern, in denen die EU besonders stark engagiert ist, werden wirtschaftliche und ökologische Effizienz in den Wasserpreisen kaum berücksichtigt. Dies gilt für die Beitrittskandidaten, in denen die potentielle Wirkung effizienter Preisstrukturen häufig durch ein Preisniveau aufgehoben wird, das zu niedrig ist, um ein echtes Signal an die Verbraucher darzustellen. Angesichts der EU-Erweiterung und den Kosten für die Übernahme des gemeinschaftlichen Acquis im Umweltbereich und insbesondere der Wassergesetzgebung, die im Vergleich zu den begrenzten verfügbaren finanziellen Ressourcen sehr hoch liegen dürften, wird die Preisgestaltung in der künftigen Wasserpolitik dieser Länder eine Schlüsselrolle spielen.

In Entwicklungsländern lässt die Anwendung solider wirtschaftlicher und ökologischer Prinzipien in der Wasserpreisgestaltung noch mehr zu wünschen übrig, was hauptsächlich durch ein Streben nach Erschwinglichkeit [6] und soziale Erwägungen begründet ist. In diesen Ländern steckt die Anwendung strengerer wirtschaftlicher Prinzipien noch in den Kinderschuhen und wird vor allem durch die verstärkte Einbindung des privaten Sektors in der städtischen Wasserversorgung und durch die Gebergemeinschaft vorangebracht (vgl. EU-Leitlinien Towards Sustainable Water Resources Management). Die Wassernutzung zu Bewässerungszwecken, die den wichtigsten Verbrauchsfaktor darstellt, erhält nach wie vor hohe Subventionen, und die finanziellen Einkünfte reichen häufig nicht aus, um auch nur die Betriebs- und Wartungskosten der Bewässerungssysteme zu decken.

[6] Erschwinglichkeit wird als relativer Anteil der Kosten für Wasserdienstleistungen am verfügbaren Einkommen des Verbrauchers definiert, wobei entweder Durchschnittswerte angesetzt oder lediglich Verbraucher mit niedrigem Einkommen berücksichtigt werden.

Da eine hygienisch einwandfreie und sichere Wasserversorgung in diesen Ländern für grosse Teile der Bevölkerung nicht immer gegeben ist, werden Fragen der Erschwinglichkeit auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Deshalb ist eine umsichtige Wasserpreisgestaltung gefragt, bei der wirtschaftliche, ökologische und soziale Zielsetzungen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

2.4. Auswirkungen der Wasserpreisgestaltung auf Wirtschaft, Umwelt und Gesellschaft

Eine effiziente Wasserpreisgestaltung übt einen nachweislichen Einfluß auf die Wassernachfrage zu verschiedenen Verwendungszwecken aus. Dies gilt insbesondere für den landwirtschaftlichen Sektor, kommt aber auch in der industriellen Nutzung und bei der Gartenbewässerung der Haushalte zum Tragen. Als Folge der direkten Auswirkungen der Preisgestaltung auf den Wasserverbrauch und die Wasserverschmutzung verringert sich der Druck auf die Wasserressourcen. Das kann zu einem Rückgang der übermässigen Entnahme von Grundwasser ressourcen und zur neuerlichen Auffuellung von Grundwasserkörpern, zu einem höheren Wasserstand in den Flüssen und zur Wiederherstellung des ökologischen Zustands von Flüssen oder angrenzenden Feuchtgebieten führen. Genaue Informationen über die Auswirkungen der Preisgestaltung auf die physische Umgebung stehen jedoch nach wie vor nur in beschränktem Ausmaß zur Verfügung.

Eine effiziente Wasserpreisgestaltung stellt überdies sicher, daß die Infrastruktur entsprechend geplant wird und ausreichende finanzielle Ressourcen erhoben werden, um die Infrastruktur entsprechend zu warten, zu betreiben und zu erneuern.

Die unterschiedliche Anwendung des Prinzips der Kostendeckung innerhalb der EU beeinflusst die Produktionskosten von Sektoren wie der Landwirtschaft und der Industrie und dürfte sich sowohl innerhalb als auch ausserhalb der EU auf die Wettbewerbsfähigkeit der betroffenen Sektoren auswirken. Deshalb sollte innerhalb der EU ein einheitliches Konzept angestrebt werden.

Eine konsequentere Kostendeckung hätte Auswirkungen auf die Erschwinglichkeit von Wasserdienstleistungen; dies gilt vor allem für einkommensschwache Gruppen sowie die ländliche Bevölkerung und die Landwirte, die nur für einen geringen Teil der gesamten Wasserdienstleistungskosten aufkommen. Allerdings würde der Prozentsatz, den die Haushalte von ihrem verfügbaren Einkommen für Wasserdienstleistungen aufwenden müssen, im Schnitt nur geringfügig steigen. Die grosse Bandbreite der Bewässerungsgebühren zeigt, daß sich die Landwirtschaft an eine gewisse Preiserhöhung anpassen dürfte.

3. Wasserpreise zur Förderung eines nachhaltigen Umgangs mit Wasserressourcen

Dieser Abschnitt schlägt Leitlinien für politische Entscheidungsträger und Beteiligte zur Entwicklung einer Wasserpreisgestaltung vor, die der Nachhaltigkeit im Umgang mit Wasserressourcen dient. Dabei wird nicht für einheitliche Wasserpreise oder für eine ausschließliche Regelung durch ökonomische Instrumente und Preisgestaltung plädiert. Aber Wasserpreise, die sich auf die beschriebenen Grundsätze stützen, d.h. die lokalen ökologischen und sozioökonomischen Bedingungen berücksichtigen, können starke Anreize für eine nachhaltige Nutzung der Wasserressourcen bieten und somit eine kostenwirksamere Erreichung von Umweltzielen bewirken.

Viele der nachstehend beschriebenen Elemente kommen bei einigen Wassernutzungskategorien und in einigen Ländern bereits zur Anwendung. Diese Anwendung ist jedoch keineswegs einheitlich, aber die gegenwärtigen Trends der Wasserpreisgestaltung zeigen, daß sich viele Beteiligte bereits heute der Notwendigkeit eines weiteren Fortschritts in der Berücksichtigung ökologischer und wirtschaftlicher Zielsetzungen auf diesem Gebiet bewusst sind.

3.1. Verbesserung der Wissens- und Informationsgrundlagen

Eine erfolgreiche Wasserpreisgestaltung im Sinne wirtschaftlicher und ökologischer Zielsetzungen hängt weitgehend von der Verfügbarkeit von Informationen ab. Zuverlässige Schlüsselvariablen und -beziehungen, beispielsweise der derzeitigen Nachfrage-, Nutzen- und Kostenfunktionen, werden benötigt, um eine Feststellung der geeigneten Preisstruktur und -höhe und eine Bewertung der Auswirkungen auf Wassernachfrage, Kostendeckung und Umwelt vornehmen zu können. [7]

[7] Häufig werden hohe Informationskosten als Hindernis für Wasserpreise genannt, die sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Zielsetzungen besser berücksichtigen. Es ist jedoch wichtig, darauf hinzuweisen, daß Informationen über Wassernachfrage und -angebot auch zur Festlegung einer allgemeinen Wasserpreisgestaltungspolitik erforderlich sind, z.B. für die Erstellung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete gemäß der vorgeschlagenen Wasserrahmenrichtlinie.

3.1.1. Schätzung der Wassernachfrage

Ermittlung von Wasserverbrauch und -verschmutzung

Für eine sinnvolle Preisgestaltung ist es wichtig, Verschmutzer und Nutzer eindeutig zu ermitteln und den jeweiligen Verbrauch und Verschmutzungsbeitrag zu kennen. Noch ist relativ wenig über den Wasserverbrauch auf dem Agrarsektor bekannt. Auch die Verschmutzungsbelastung durch Wasseremissionen in natürliche Gewässer wird abgesehen von grossen Industrieanlagen kaum gemessen. Daher sollte die Einrichtung von Meßvorrichtungen aktiv gefördert werden, weil sie die Einführung mengenbezogener Preisstrukturen unterstützt und eine bessere Kenntnis spezieller Nutzungsbereiche ermöglicht. [8]

[8] In vielen Ländern wird die Installierung von Wassermeßgeräten aktiv gefördert und finanziell unterstützt, wie z.B. in Großbritannien für Haushalte und neue Wohnbauten. In Frankreich verpflichtet das Wassergesetz von 1992 die Bewässerungsorganisationen, Wassermeßgeräte zu installieren.

Messprogramme, die präzise Daten über alle Verbraucher liefern, können jedoch sehr kostspielig und daher unrealistisch sein [9]. Wo Messeinrichtungen keine praktische oder wirtschaftliche Möglichkeit darstellen, sind alternative Technologien erforderlich, um den gegenwärtigen Verbrauch und Verschmutzungsgrad festzustellen. Ein Beispiel wäre etwa die Auswertung von Satellitenbildern, um die landwirtschaftliche Wassernachfrage zu ermitteln. Es ist wichtig, geeignete Datenermittlungsmethoden zu finden, zu testen und in Betrieb zu nehmen (d.h. zu ermitteln, welche Datenermittlungstechnologie in welchem räumlichen Maßstab mit welcher zeitlichen Frequenz angezeigt erscheint), die eine zweckmässige Schätzung der Verschmutzung und des Verbrauchs bei vernünftigen Kosten gewährleisten. [10]

[9] Dies bedeutet, daß die Kosten gegenüber den potentiellen Vorteilen durch eine verbesserte Wassernutzungseffizienz überwiegen.

[10] Wahrscheinlich werden je nach Art der Nutzung und der Verschmutzung (z.B. Verschmutzung durch Punktquellen vs. diffuse Verschmutzung) bei deren Ermittlung Unterschiede im Aggregationsgrad auftreten.

Verbindung von Wasserpreisen und Wassernachfrage

Schätzungen der Preiselastizität der Nachfrage werden benötigt, um Veränderungen der Wassernachfrage zu prognostizieren, die sich aus einer Änderung der Wasserpreisgestaltung, der Preisstrukturen und -höhen sowie der verstärkten Verwendung von Wassermeßgeräten ergeben würden. Ebenso erfordert eine optimale Festlegung von Verschmutzungsgebühren die Ermittlung der Elastizität der Schadenskosten durch die betreffende Verschmutzung.

Eine Analyse des Einflusses der Wasserpreisgestaltung zeigt die grosse Bandbreite bei der Preiselastizität der Wassernachfrage. Benötigt wird eine systematische Ermittlung der Preiselastizität der Nachfrage und der Schadenskosten durch die Verschmutzung für die wichtigsten wirtschaftlichen Sektoren unter verschiedenen hydrologischen und sozioökonomischen Bedingungen [11].

[11] Methoden zur Ermittlung der Preiselastizität der Nachfrage beinhalten ökonometrische und statistische Ansätze mit Zeitreihen oder Querschnittsdaten, Modelle für das wirtschaftliche Verhalten einzelner Sektoren oder auch die Ermittlung von Reaktionen der Nutzer auf Preisänderungen durch Direktbefragung.

3.1.2. Schätzung der Kosten für Wasserdienstleistungen und Wassernutzung

Finanzielle Kosten

Genaue Informationen über die Wasserversorgung werden benötigt, um die langfristigen Grenzkosten für die Versorgung ermitteln und eine Beziehung zwischen der Wasserversorgung und deren Kosten herstellen zu können. Dies gilt vor allem in Fällen, in denen die Wasserversorgung stark schwankend und unzuverlässig ist.

Zu den wichtigsten Kosten, die zu berücksichtigen sind, gehören die Betriebs- und Wartungskosten sowie Kapitalkosten (Kapital- und Zinsrückzahlungen, gegebenenfalls Eigenkapitalrendite) [12]. Die von den Mitgliedstaaten angewandten allgemeinen Bilanzierungsgrundsätze basieren auf unterschiedlichen Kosten kalkulationen [13]. Zudem können die Wasserpreise die Kosten unterschiedlicher Dienstleistungen beinhalten [14]. Deshalb sind Vergleiche zwischen den Kosten für Wasserversorgung und Wasserbehandlung, Wasserpreisen und der Höhe der Kostendeckung häufig irreführend.

[12] Während die Berechnung der Kosten für Wasserdienstleistungen relativ linear erfolgen kann, erscheint die Zuordnung dieser Kosten auf spezifische Nutzungsbereiche in manchen Fällen problematischer, z.B. bei Mehrzweck-Speicherdämmen, die Wasser zugleich für Landwirtschaft, Gemeinden und Umwelt bereitstellen. Einfache Kostenzuordnungsregeln (auf der Grundlage der gelieferten Mengen oder der verursachten Verschmutzung) lassen sich anwenden und werden von den Verbrauchern im allgemeinen akzeptiert.

[13] In den Niederlanden wird die Abschreibung von Kapitalinvestitionen in die Wasserversorgung der Haushalte anhand der Kapitalkosten abzueglich der Subventionen berechnet. Dies hat zu der Situation geführt, daß keine ausreichenden finanziellen Mittel für die Erneuerung der bestehenden Infrastruktur zur Verfügung stehen.

[14] Die Kosten für die Wasserversorgung der Haushalte und die Abwasserbehandlung werden beispielsweise immer in die Wasserpreise eingerechnet, ausser in Irland, das diese Dienstleistungen über das allgemeine Steuersystem finanziert. Es gibt jedoch keine systematische Regel für die Einbeziehung der Kosten für den Umgang mit Niederschlagswasser und den Hochwasserschutz, die häufig direkt über das allgemeine Steuersystem finanziert werden.

Die Verabschiedung einheitlicher Definitionen für die wichtigsten Kostenvariablen würde den Vergleich zwischen Kosten und Preisen und ein Benchmarking [15] verschiedener Wasserdienstleistungen, Verwendungszwecken und Länder erleichtern.

[15] Beim Benchmarking wird geprüft, ob und aus welchen Gründen ein bestimmtes Umweltverhalten von der "besten Praxis" abweicht. Ziel ist die Verbesserung der Umweltleistung.

Ermittlung der Umwelt- und Ressourcenkosten

Trotz signifikanter Fortschritte in den letzten Jahren stellt die Ermittlung der Umwelt- und Ressourcenkosten (und -nutzen) nach wie vor eine Herausforderung dar. Sie erfordert ein gründliches Verständnis der Funktionsweise des hydrologischen Zyklus innerhalb eines Einzugsgebiets [16] und die Fähigkeit zur Bewertung der Auswirkungen bestimmter Verwendungszwecke auf andere Nutzungsbereiche und Wasserkörper. Dies erfordert Fachwissen und Instrumente, die zwar Grundlage für jede vernünftige Entscheidung hinsichtlich der Bewirtschaftung der Wasserressourcen sind, aber nicht immer zur Verfügung stehen oder einsetzbar sind. Die Methoden zur monetären Bewertung der Umwelt- und Ressourcenkosten, insbesondere der ökologiebezogenen Umweltkosten, sind häufig nicht ausreichend stabil. Hinzu kommt, daß diese Methoden, die hauptsächlich von Forschern angewandt werden, noch weiter entwickelt und für die Planung in der Wasserwirtschaft operationalisiert werden müssen.

[16] Einschließlich angeschlossener Ökosysteme und Lebensräume, z.B. Pufferfunktion von Feuchtgebieten im Hinblick auf Schadstoffe.

Diese Kosten müssen bei der Entwicklung einer neuen Wasserpolitik jedoch unbedingt berücksichtigt werden. Wie in Kasten 1 ausgeführt, sind die Methoden zur Schätzung der Kosten von Abhilfemaßnahmen zur Sanierung der Umwelt ausreichend stabil, um die wichtigsten Umwelt- und Ressourcenkosten ermitteln und den Nutzungsbereichen, für die diese Kosten anfallen, zuordnen zu können. [17] Nun kommt es darauf an, die systematische Einbeziehung von Umwelt- und Ressourcenkosten in die Preisgestaltung voranzutreiben [18]. Ermittlungs- und Bewertungsmethoden müssen problemlos zugänglich sein und in ihren ganzen Stärken und Schwächen verstanden werden.

[17] In manchen Fällen können zur Senkung der Ermittlungskosten auch die Ergebnisse anderer Standorte herangezogen werden, die ähnliche Merkmale aufweisen. Allerdings ist diese Ermittlungsübertragung nach wie vor ein Thema, an dem intensiv geforscht wird.

[18] Ein Umweltnutzen kann auch durch ganz bestimmte Verwendungszwecke entstehen, z.B. durch die Wasserrückhaltefähigkeit von landwirtschaftlich genutzten Flächen. Ein solcher Nutzen ist angemessen zu berücksichtigen und zu bewerten.

Kasten 1. Einbeziehung der Umweltkosten in die Wasserpreise: erste Schritte

In den letzten Jahrzehntenwurde eine breite Palette an Methoden entwickelt, um Umweltkosten und -nutzen im Zusammenhang mit der Wassernutzung zu ermitteln und zu bewerten. Wo Verbesserungsmaßnahmen zur Wiederherstellung des qualitativen oder quantitativen Zustands von Gewässern möglich sind, besteht eine praktische Methode zur Einbeziehung der Umwelt- und Ressourcenkosten in die Wasserpreise in der Ermittlung der Kosten für diese Verbesserungsmaßnahmen und der anschließenden Anpassung von Wasserpreisen und -gebühren in dieser Höhe.

* Die Investitions- und Betriebskosten eines Staudamms zur Wiederherstellung des Wasserstandes in einem Fluß, der durch übermässige Entnahmen aus angrenzenden Grundwasserleitern beeinträchtigt wurde, können den für die übermässige Entnahme verantwortlichen Nutzern zugerechnet werden.

Entstehen aufgrund einer unkontrollierten Verschmutzung Kosten für eine intensivere Abwasserbehandlung und die erforderlichen zusätzlichen Behandlungskapazitäten, so können diese Kosten den für die Verschmutzung verantwortlichen Nutzern zugerechnet werden.

3.2. Festsetzung adäquater Wasserpreise

Informationen über Wasserversorgung, -nachfrage, -nutzen und -kosten bieten eine solide Grundlage für die Festlegung von Wasserpreisen, die eine effiziente Nutzung der Ressourcen und eine geringere Verschmutzung durch die verschiedenen Wirtschaftssektoren fördern.

Eine optimale Gesamtnutzung ist theoretisch dann gegeben, wenn der Grenznutzen der Wassernutzung den Grenzkosten, einschließlich Umwelt- und Ressourcenkosten, entspricht.

Preisstrukturen sollten ein variables Element [19] beinhalten, das die verbrauchte Menge oder den Verschmutzungsgrad berücksichtigt, um sicherzustellen, daß sie einen Anreiz für die Wasserschonung [20] und die Verringerung der Verschmutzung darstellen. Die Gewichtung des variablen Elements muß jedoch gegen die Notwendigkeit abgewogen werden, eine Deckung der finanziellen Kosten und damit die Nachhaltigkeit der Wasserdienstleistungen und der Infrastruktur zu gewährleisten. Dies gilt vor allem in Situationen, in denen die Wasserversorgung sehr unsicher ist [21] oder die Wasserpreise zu einer effektiven Verringerung des Verbrauchs und der Verschmutzung und somit auch der finanziellen Einnahmen führen.

[19] Dieses variable Element kann vom Standort und der jeweiligen Jahreszeit abhängen, damit Unterschiede in der Wasserknappheit und den Problemen mit der Belastung der Gewässer berücksichtigt werden können.

[20] Das häufigste Ziel der Preispolitik ist eine effizientere Wassernutzung, aber je nach Zustand der Böden und Salzgehalt des Wassers kann eine übermässige Wassernutzung in der Landwirtschaft durchaus ökologische Vorteile bieten. Bei der Festlegung der Wasserpreise sind deshalb auch solche Faktoren zu berücksichtigen.

[21] Die Deckung der finanziellen Kosten für Wasserdienstleistungen muß auch während Trockenheit, wenn das Wasserangebot sehr gering sein kann, gegeben sein.

Die Wasserpreise sollten so festgesetzt werden, daß die Deckung der Kosten [22] für jeden Sektor (d.h. Landwirtschaft, Haushalte, Industrie) gewährleistet ist. Insgesamt sollte sichergestellt werden, daß die am stärksten verschmutzenden und am wenigsten effizienten Sektoren für ihre Verschmutzung und ihren Wasserverbrauch aufkommen. Durch eine sektorbezogene Deckung der Kosten für Wasserdienstleistungen kann eine signifikante Verringerung des Drucks auf die Wasserressourcen erwartet werden.

[22] Einschließlich der Umwelt- und Ressourcenkosten.

Bei der Festlegung der Wasserpreise sind sowohl Oberflächengewässer als auch Grundwasser zu berücksichtigen. Dadurch wird dem Risiko entgegengewirkt, daß effiziente Wasserpreise für eine Quelle negative Auswirkungen auf die Entnahme von Wasser aus einer anderen Quelle haben [23]. Dies bedeutet jedoch nicht zwangsläufig, daß für beide Quellen der gleiche Preis verlangt werden muß. Besteht beispielsweise nur ein sehr eingeschränktes Angebot an Grundwasser guter Qualität, dann können niedrigere Preise für Oberflächenwasser einen Anreiz zu dessen Nutzung durch die verschiedenen Sektoren bieten, so daß für den Bedarf der Haushalte und für den menschlichen Gebrauch Grundwasser guter Qualität zur Verfügung gestellt werden kann.

[23] Eine strengere Anwendung wirtschaftlicher und ökologischer Prinzipien auf die Preise für Oberflächenwasser kann zu einer viel stärkeren Verwendung und somit zu einer übermässigen Entnahme von Grundwasser führen.

Die Ermittlung der Verwaltungskosten für eine neue Preispolitik ist notwendig, um sicherzustellen, daß die prognostizierten Effizienzgewinne gegenüber den Kosten für die Schaffung und den Betrieb des neuen Systems überwiegen. Diese Kosten können besonders hoch sein, wenn ein komplexes Konzept zur Anwendung kommt, das eine detaillierte Überwachung und Messung oder die Evaluierung einer grossen Bandbreite von Umwelt- und Ressourcenkosten beinhaltet.

Die Wasserpreisgestaltung sollte auch einen Plan zu ihrer Umsetzung umfassen. Wasserpreise, die besser auf wirtschaftliche und ökologische Prinzipien Rücksicht nehmen, sollten aus Gründen der Erschwinglichkeit und der politischen Akzeptanz nur stufenweise eingeführt werden. Dies gilt insbesondere für Verbraucher und Sektoren, die gegenwärtig nicht die gesamten finanziellen Kosten der Dienstleistungen zu tragen haben (z.B. Landwirtschaft) oder die vielleicht bereits jetzt Probleme mit der Erschwinglichkeit haben (z.B. bestimmte soziale Gruppen). Eine stufenweise Einführung gibt den Verbrauchern Zeit, sich an die neuen Bedingungen anzupassen, und verringert so die Belastung für jede betroffene Gruppe auf ein Mindestmaß. Zudem erhöht sie die Vorhersagbarkeit des Systems für Verbraucher und Anbieter.

Die Bereitstellung von Wasser zu künstlich niedrigen Preisen, um sozialen Zielsetzungen Rechnung zu tragen und Erschwinglichkeit zu gewährleisten, dient lediglich Billigkeitszielen. Diese Form der Subventionierung ermutigt einen ineffizienten Verbrauch und Verschmutzung. Soziale Erwägungen sind bei der Entwicklung einer neuer Preisgestaltungspolitik in Betracht zu ziehen, sollten aber - insbesondere in Situationen einer nicht nachhaltigen Wassernutzung - nicht das Hauptziel der Wasserpreisgestaltung darstellen. Soziale Erwägungen werden durch begleitende soziale Maßnahmen besser berücksichtigt.

Für bestimmte Sektoren oder Verbrauchergruppen können spezielle Preisschemata wie etwa die progressive Blockpreisgestaltung vorgeschlagen werden, die eine kostenlose Grundversorgung mit höheren Einheitspreisen verbinden, dadurch einen Anreiz zur Vermeidung jeden höheren und über die Grundversorgung hinausgehenden Verbrauchs bieten und somit Erschwinglichkeit mit wirtschaftlichen Effizienzzielen koppeln; gleichzeitig wird dafür gesorgt, daß ausreichend Einkünfte erzielt werden, um die Wasserdienstleistungen aufrecht zu erhalten. Dennoch ist auch dann eine klare Ex-ante- und Ex-post-Evaluierung der Auswirkungen der Wasserpreise auf die soziale Wohlfahrt und auf die Wassernachfrage durch die Haushalte erforderlich, um sicherzustellen, daß soziale ebenso wie ökologische Zielsetzungen erreicht werden können und erreicht werden.

In welchem Masse wirtschaftliche und ökologische Prinzipien in die Wasserpreise einfließen können und inwieweit das Prinzip der Kostendeckung zur Anwendung kommt, dürfte letztendlich von den sozioökonomischen Rahmenbedingungen abhängen. In manchen Regionen, in denen die grundlegenden Wasserdienstleistungen derzeit auf einem niedrigen Niveau liegen und die soziale und wirtschaftliche Entwicklung Priorität genießt (z.B. in Entwicklungsländern und den Beitrittskandidaten), müssen grössere Investitionen eventuell durch Subventionen gefördert werden. Ist-Investitionen der Vergangenheit können von den Verbrauchern nicht wieder hereingeholt werden. Allerdings sollten die Wasserpreise stets ihre Anreizfunktion behalten und Abschreibungs- und Ersatzkosten berücksichtigen, damit die Erneuerung der Infrastruktur und somit auch die Nachhaltigkeit der Wasserdienstleistungen gewährleistet sind.

3.3. Preisgestaltung und räumliche Dimension

Mit zunehmender Bedeutung der Einzugsgebiete, wie durch die vorgeschlagene Wasserrahmenrichtlinie ausgeführt, haben auch Fragen des räumlichen Maßstabes mehr Bedeutung erlangt. Ermittlung, Einbeziehung und Zweckwidmung der Erträge zur Deckung der finanziellen Kosten können natürlich nicht auf Ebene des Einzugsgebiets erfolgen. Die finanziellen Kosten lassen sich besser auf der Ebene der Versorgungseinrichtungen bewerten und verwalten.

Trotzdem stellt das Einzugsgebiet (oder je nach Umweltanliegen ein Teileinzugsgebiet) die geeignete Grundlage zur Ermittlung von Umwelt- und Ressourcenkosten und -nutzen dar, weil externe ökologische Faktoren auf dieser Ebene zum Tragen kommen. Die Bewertung kann die Schaffung einer neuen Stelle oder die Zuweisung der Aufgabe an eine bestehende Stelle erfordern - ein besonders heikles Thema im Falle grenzueberschreitender Einzugsgebiete, wo die Bewertung der Umweltkosten und ihrer finanziellen Auswirkungen von den Beteiligten und Verwaltungen verschiedener Länder akzeptiert werden muß. [24]

[24] In Frankreich führt die Immission verschmutzender Substanzen in den Rhein zu Umweltverschmutzung und Kosten für alle Haushalte der weiter stromabwärts liegenden Länder. Deshalb ist eine Analyse auf Ebene des Einzugsgebietes erforderlich, um die Umwelt- und Ressourcenkosten ermitteln zu können.

Die Einziehung von Umweltgebühren könnte im Rahmen einer einzigen "Wasserrechnung" erfolgen, um die Verwaltungskosten auf ein Minimum zu beschränken. Dies wird bereits in mehreren Mitgliedstaaten so gehandhabt, und bedingt Finanztransfers zwischen dem Wasserversorgungsunternehmen, das die Wassergebühren einzieht, und der Stelle, die die finanziellen Einnahmen aus den Umweltgebühren zur Behandlung ökologischer Probleme oder zur Behebung von Ressourcenschäden nutzt.

Die Umwelt- und Ressourcengebühren können auch dem zentralen Landeshaushalt oder dem Haushalt einer regionalen Stelle oder einer Flußgebietseinheit zugerechnet werden, die damit Maßnahmen des Wasserschutzes, der Wasserversorgung oder der Abwasserbehandlung finanziert. Häufig hat sich bei der Bekämpfung von Umweltproblemen eine Kombination von Wassergebühren und Subventionen umweltfreundlicher Investitionen und Praktiken als äusserst effizient erwiesen [25].

[25] Dies verbessert zudem die Akzeptanz neuer Gebührensysteme durch die Nutzer.

3.4. Die Rolle von Nutzern und Verbrauchern

Gegebenenfalls muß der bestehende institutionelle Rahmen angepasst werden, um die Entwicklung hin zu einer anreizbildenden Preisgestaltung zu unterstützen, die die Umweltkosten der Wassernutzung widerspiegelt. Insbesondere müssen Verbraucher und Nutzer in Entscheidungen über die Preispolitik eingebunden und über diese informiert werden. Bottom-up-Ansätze für die Wasserpreisgestaltung, die durch Beteiligung der Öffentlichkeit und Transparenz möglich gemacht werden, sind wesentlich (i) als Beitrag zur Gestaltung der Wasserpreise, (ii) zur Erhöhung der Chancen auf eine erfolgreiche Umsetzung und (iii) für die soziale und politische Akzeptanz dieser Politik. Die Konsultation der Beteiligten bringt den Wasserversorgungsbetrieben wertvolle Informationen über die potentiellen Auswirkungen von Preisänderungen und darüber, wie sie ihre Dienste möglichst effizient gestalten können.

Die Einbindung von Nutzern und Beteiligten kann unterschiedliche Formen annehmen (siehe Kasten 2). Die Ziele der Nutzerorganisationen, die sich an der Entwicklung der Preisgestaltung beteiligen, werden je nach den Nutzern, die sie vertreten, unterschiedlich ausfallen. Wasserverbände, die ausschließlich Haushalte oder Bewässerungsorganisationen vertreten, werden eher für eine Senkung des Wasserpreises, gekoppelt an eine Verbesserung der Qualität der Wasserversorgung, eintreten. Breitere ökologische Anliegen werden von im Umweltbereich tätigen Nichtregierungsorganisationen (NRO) möglicherweise besser vertreten. Eine breit angelegte Konsultation der Beteiligten unter Einbindung aller betroffenen Nutzer ist der Schlüssel zur Entwicklung und Akzeptanz einer Preispolitik mit klaren ökologischen Zielsetzungen.

Kasten 2. Einbindung von Nutzern und Beteiligten in die Wasserpolitik

Die Einbindung von Nutzern und Beteiligten kann unterschiedliche Formen annehmen. In Frankreich sind alle Beteiligten in den Comités de Bassin (Ausschüsse für die Einzugsgebiete) vertreten und diskutieren dort zukünftige Verschmutzungsgrade und Entnahmegebühren für die verschiedenen Sektoren. In Großbritannien stellen regionale Verbraucherkomitees sicher, daß die Verbraucher in die Wasserpreisgestaltung für Wasserleitungsdienste einbezogen werden. In manchen Ländern werden die allgemeinen Verbraucherverbände bei der Festlegung der Wasserpreise einbezogen oder wirken bei der Sensibilisierung der Bürger für Umweltprobleme im Zusammenhang mit der Wassernutzung mit. Bei Gesprächen über die Wasserpolitik werden sie jedoch nur sporadisch einbezogen.

Als Folge der Quasi-Monopolstellung der meisten (öffentlichen oder privaten) Wasserversorgungsunternehmen müssen die den Verbrauchern verrechneten Wasserpreise kontrolliert werden, um sicherzustellen, daß die Preise die finanziellen Kosten korrekt widerspiegeln und keine Ineffizienzen verschleiern. In einzelnen Mitgliedstaaten wurden bereits verschiedene Preiskontrollmechanismen entwickelt [26]. Diese konzentrieren sich jedoch hauptsächlich auf die finanziellen Kosten. Daher muß sichergestellt werden, daß die finanziellen Einnahmen zur Deckung der Umwelt- und Ressourcenkosten im Falle einer Zweckwidmung auch effizient verwendet werden.

[26] In Großbritannien ist eine Vorab-Kontrolle durch OFWAT vorgeschrieben, in Deutschland wird auf Verbraucherantrag eine Kontrolle im nachhinein durchgeführt. Ebenfalls von Interesse sind die jüngsten Versuche zur Einführung einer Wettbewerbssituation zwischen privaten Wasseranbietern in Großbritannien mit dem Ziel, die Effizienz der Versorgungseinrichtungen zu erhöhen und Erhöhungen der Verbraucherpreise zu begrenzen.

3.5. Kommunikation und Information

Die Wasserpreispolitik sollte transparent und leicht verständlich sein, damit Anreize auch wirklich zum Tragen kommen. Information und Kommunikation sind daher Schlüsselelemente der Preispolitik. Den Verbrauchern und Nutzern muß erklärt werden, wie Wasserpreise und Wasserrechnungen zustande kommen (siehe Kasten 3), um Veränderungen der Wasserpreisstrukturen und des Preisniveaus zu rechtfertigen und einen Zusammenhang zwischen Umweltbewusstsein und Wasserpreisen und -nutzung herzustellen.

Kasten 3. Wasserpreisbeobachtung im Einzugsgebiet Artois-Picardie (Frankreich)

Seit 1994 erstellt die Wasserbehörde des Einzugsgebietes Artois Picardie einen Jahresbericht über Preise und Kosten der lokalen Behörden im Zusammenhang mit Wasser- und Abwasserdiensten. Die Ergebnisse werden den lokalen Behörden als Feedback vorgelegt. Informationen aus Folgeerhebungen werden zur Beobachtung von Trends bei Kosten und Preisen verwendet. Seit 1997 wird diese Erhebung durch Meinungsumfragen ergänzt, um festzustellen, wie die Haushalte Wasserdienstleistungen (Qualität, Preis, etc.) wahrnehmen. Die Informationen werden in grossem Umfang an Verbraucher und lokale Behörden verteilt. Meinungsumfragen haben gezeigt, daß mehr Informationen über die Funktionsweise des Wasserzyklus erforderlich sind, wenn Preiserhöhungen von den Verbrauchern verstanden und akzeptiert werden sollen.

Verbraucher und Beteiligte müssen auch besser über die Funktionsweise des hydrologischen Zyklus informiert werden, damit sie verstehen, warum sich ihr Verbrauch negativ auf die Umwelt und auf andere Verbrauchszwecke auswirkt. Für die verschiedenen Altersgruppen werden maßgeschneiderte Bildungsprogramme benötigt.

Benchmarking, bei dem die Qualität der Wasserdienstleistungen sowie der Kosten und Preise verglichen wird, ist sowohl auf Ebene der Versorgungsorganisationen als auch der Einzugsgebiete und Länder [27] ein weiteres wesentliches Element einer Kommunikationsstrategie, die Nutzer und Entscheidungsträger bei ihrer Bewertung der Qualität und Kostenwirksamkeit der Wasserdienstleistungen unterstützt. Es spielt dabei eine doppelte Rolle für den Vergleich und die Verbesserung von Definitionen und Berechnungsmethoden zur Bewertung gegebener Variablen wie Kosten oder Preise. In Monopolsituationen, wo nicht zwischen alternativen Wasserversorgern gewählt werden kann, können Benchmarking und Vergleiche zwischen den Leistungen der Anbieter als Anreiz wirken, Effizienz und Dienstleistungsqualität zu verbessern und Kosten und Preise zu senken.

[27] Eurostat hat Pilotstudien zur Ermittlung der gegenwärtigen Kosten- und Preisniveaus in ausgewählten EU-Mitgliedstaaten geplant. Bisher wurden derartige Studien in zwei Ländern, Luxemburg und Spanien, durchgeführt.

Beim gegenwärtigen Benchmarking der Wasserdienstleistungen wird es jedoch versäumt, die Auswirkungen auf die Umwelt zu bewerten, so daß eine Anpassung nötig ist, um auch allgemeinere Umwelterwägungen zu berücksichtigen.

3.6. Einbindung der Preisgestaltung in die Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete

Jüngste Entwicklungen der Wasserpolitik in der EU (z.B. die vorgeschlagene Wasserrahmenrichtlinie) und anderswo verdeutlichen, welche Bedeutung Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete haben, wenn Umweltziele erreicht werden sollen [28]. Die Wasserpreisgestaltung ist ein Schlüsselinstrument dieser Bewirtschaftungspläne, um wirtschaftliche und ökologische Ziele kostenwirksam erreichen zu können.

[28] Die Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete sollen Maßnahmen definieren, die der Erreichung wohldefinierter Ziele auf möglichst kostenwirksame Weise dienen.

Die Wasserpreisgestaltung muß jedoch durch andere Maßnahmen ergänzt werden, um sowohl Fragen der Wassermenge als auch der Wassergüte gebührend zu berücksichtigen (siehe Kasten 4). Benötigt wird ein allgemein akzeptiertes Maßnahmenpaket, durch das sichergestellt werden kann, daß wirtschaftliche, ökologische und andere Ziele wie finanzielle Nachhaltigkeit, Gerechtigkeit oder Erschwinglichkeit zugleich erreichbar sind (und erreicht werden).

Die Deckung der Umweltkosten wird je nach den standortspezifischen Umweltauswirkungen der Wasserentnahme oder der Immissionsstandorte möglicherweise nicht immer möglich sein. Um Umweltziele allein durch die Preisgestaltung zu erreichen, müssen gegebenenfalls unterschiedliche Preise für die einzelnen Entnahmestandorte festgesetzt werden. In solchen Situationen kann es eher angebracht sein, standortspezifische Regulierungsinstrumente (z.B. Entnahme- und Abwasserlizenzen) mit einer Preisgestaltung zu verbinden, die es ermöglicht, zumindest die Kosten für die effektive Überwachung und Regulierung abzudecken und zusätzliche Einnahmen zu erzielen, die ökologisch sinnvollen Projekten zufließen (z.B. der Wiederherstellung von Feuchtgebieten).

Bei der diffusen Verschmutzung durch die Landwirtschaft hängt die Effizienz von Verschmutzungsgebühren davon ab, auf welcher Ebene diese Gebühren ermittelt und festgelegt werden. Von einem Preis, der anhand der Verschmutzung auf Ebene des Einzugsgebiets festgelegt wird, kann man sich keine signifikante Verringerung der Verschmutzung erwarten, da es sehr unterschiedliche landwirtschaftliche Bewirtschaftungssysteme gibt und Landwirte, die in Strategien zur Verringerung der Verschmutzung eingebunden werden sollen, keinen direkten Anreiz in Form niedrigerer Preise erfahren. Preise, die sich an der vom einzelnen Landwirt verursachten Verschmutzung orientieren, dürften sich dagegen als wirkungsvoller erweisen. Um solche Einzelpreise festlegen zu können, müssen jedoch Informationen über die Verschmutzung gesammelt werden, und die damit verbundenen Kosten könnten die Vorteile einer geringeren Verschmutzung zunichte machen.

3.7. Wasserpreisgestaltung und sonstige Initiativen der Europäischen Union

Koordination und Synergie zwischen der Wasserpreisgestaltung und anderen politischen Maßnahmen der Europäischen Union sind die Schlüsselelemente für wirtschaftliche und ökologische Wirksamkeit. Es sind diesbezueglich mehrere Politikbereiche relevant.

3.7.1. Agrarpolitik

Wegen ihrer Auswirkungen auf Produktion und wirtschaftliche Entwicklung beeinflusst die Politik für die verschiedenen Sektoren direkt oder indirekt den Wasserverbrauch und spielt somit auch eine Rolle für eine mögliche Steuerung von Umweltauswirkungen durch die Preispolitik.

Die gegenwärtigen Trends im Bereich der Bewässerung verdeutlichen den Einfluß, den die gemeinsame Agrarpolitik durch Förderung der landwirtschaftlichen Bewässerung durch preisliche Unterstützung oder Direktsubventionen für bewässerten Nutzpflanzenbau ausübt. Dieser Trend ist vor allem in Gebieten mit hoher Wasserknappheit und intensivem Wettbewerb zwischen Verbrauchszwecken wie z. B. Südeuropa besorgniserregend, betrifft aber auch manche Regionen Nordeuropas [29]. Noch schwerer fällt ins Gewicht, daß Verbesserungen in der Wassernutzungseffizienz von der gegenwärtigen Agrarmarktpolitik nicht gefördert werden. Diese Effizienz bleibt in der Landwirtschaft vor allem bei großflächigen Bewässerungssystemen weiterhin gering.

[29] Agriculture, Environment, Rural Development: Facts and Figures - A Challenge for Agriculture. Europäische Kommission/Eurostat, 1999.

Die Wasserpreisgestaltung kann Anreize für eine effizientere Wassernutzung in der Landwirtschaft bieten und somit eine Schlüsselrolle spielen, um den Druck auf die Umwelt zu verringern und Ressourcen für andere Verbrauchszwecke frei zu machen. Eine wirksame Methode zur Einführung einer solchen Preispolitik könnte beispielsweise darin bestehen, auf geeigneter geographischer Ebene pro Hektar und je nach Nutzpflanzen eine bestimmte Wassermenge zu ermitteln, die auf der besten Wassernutzungspraxis basiert. Landwirte, die mehr als die festgesetzte Wassermenge verbrauchen, würden durch stark erhöhte Wasserpreise bestraft. Eine solche Maßnahme könnte den Anbau von Kulturpflanzen, die wegen ihres Wasserverbrauchs für eine bestimmte Region eigentlich ungeeignet sind, zwar nicht beenden, sie würde jedoch einen rationelleren Wasserverbrauch sicherstellen.

Die jüngste Reform der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) gibt den Mitgliedstaaten erstmals die Möglichkeit, Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Wasserverbrauch zu treffen, da sie bestimmte GAP-Zahlungen an die Landwirte von Umweltauflagen abhängig machen können [30]. Frankreich hat derartige Bestimmungen bereits eingeführt, und andere Mitgliedstaaten zeigen ebenfalls Interesse. Dieses neue Instrument bietet in der Tat äusserst interessante Möglichkeiten [31]. Allerdings müssen die Möglichkeiten, die die GAP bietet, auch weiterhin genutzt werden, um zu gewährleisten, daß die Wasserpreisgestaltung ihre potentiellen Wirkungen auch voll entfalten kann. Zudem sollten die Wasserpreise in ihrer Wirkung nicht durch landwirtschaftliche Produktpreise und Subventionen für Bewässerung und bewässerten Nutzpflanzenbau gehindert werden, die sich negativ auf die Nachhaltigkeit im Umgang mit Wasserressourcen auswirken.

[30] Artikel 3 der Verordnung 1259/1999 über "Erfordernisse des Umweltschutzes".

[31] Die Verordnung 1259/1999 gibt den Mitgliedstaaten die Möglichkeit, umweltrechtliche Bestimmungen durchzusetzen. Allerdings ist es bei der derzeitigen Fassung der Verordnung eher wahrscheinlich, daß die Mitgliedstaaten sich mehr auf qualitative als quantitative Probleme konzentrieren.

3.7.2. Horizontale politische Ansätze

Die jüngste Revision der Verordnungen über die Struktur- und Kohäsionsfonds hat die Rolle ökologischer und wirtschaftlicher Prinzipien gestärkt. Vor kurzem erarbeitete Leitlinien für die Anwendung der Struktur- und Kohäsionsfonds beschreiben, wie diese eingesetzt werden sollten, um die Anwendung des Verursacherprinzips zu stärken.

Zwar fördern die Richtlinien eine strengere Anwendung wirtschaftlicher Prinzipien in Projekten, die von diesen Fonds unterstützt werden, aber die finanziellen Anreize sind derzeit relativ gering und die Auswirkungen dürften sich nur schwach bemerkbar machen. Allerdings beinhaltet die Reform doch eine bedeutende Verschiebung der zugrundeliegenden Philosophie. Nun sind weitere Anstrengungen der Mitgliedstaaten und der Beitrittskandidaten erforderlich, damit bei Vorhaben für die Gebührenpolitik, die durch die Struktur- und Kohäsionsfonds [32], das strukturpolitische Instrument zur Vorbereitung auf den Beitritt (ISPA) [33] und durch die Sonderaktion zur Vorbereitung auf den Beitritt in den Bereichen Landwirtschaft und ländliche Entwicklung (SAPARD) [34] gefördert werden, wirtschaftliche Effizienz und Umweltschutz berücksichtigt werden. Projekte, die auf Wasserpreisen basieren, die keinen Anreiz für eine effiziente Wassernutzung bieten, sollten nicht mehr finanziert werden. Die Mitgliedstaaten sollten der nachhaltigen Wassernutzung und Investitionen, die einen solchen Umgang mit den Ressourcen fördern, (z.B. Einrichtung von Wassermeßgeräten für unterschiedliche Verwendungszwecke) Vorrang einräumen.

[32] Der Kohäsionsfonds stellte 1996 rund 848 Millionen Euro für Projekte für Wasserversorgung und Abwasserbehandlung (rund zwei Drittel des gesamten Umwelthaushalts) zur Verfügung.

[33] Für den Zeitraum 2000-2006 sollen 520 Millionen Euro für Umweltprojekte zur Verfügung gestellt werden. Der Grossteil dieser Projekte wird der Trinkwasserversorgung und der Abwasserbehandlung gewidmet sein.

[34] Wie in den neuen Leitlinien für die Anwendung der Struktur- und Kohäsionsfonds für den Zeitraum 2000 - 2006 beschrieben wurde, muß ein Gleichgewicht zwischen sozialen und ökonomischen Zielen einerseits sowie Umweltzielen andererseits gefunden werden. Zudem sollten die Gebührensysteme gewährleisten, daß ausreichende finanzielle Einkünfte erzielt werden, um die Infrastruktur erneuern und die Wasserdienstleistungen nachhaltig gestalten zu können.

3.7.3. Forschung und Demonstration

Das 5. Rahmenprogramm der Europäischen Gemeinschaft für Forschung, technologische Entwicklung und Demonstration bietet die Möglichkeit, die Wissensgrundlagen über die Wasserpreisgestaltung, ihre Auswirkungen und ihren Beitrag zur künftigen Wasserpreispolitik zu verbessern; hier wären insbesondere die allgemeinen sozioökonomischen Forschungsaktivitäten sowie die Leitaktion "nachhaltige Bewirtschaftung der Wasservorräte und der Wasserqualität" zu nennen, die in ihrem Teilbereich, der den sozioökonomischen Aspekten einer nachhaltigen Wassernutzung gewidmet ist, Forschungstätigkeiten über die Preisgestaltung vorsieht. Als Grundlage hierfür dienen die Ergebnisse von durch das vierte Rahmenprogramm der EU geförderten Forschungstätigkeiten über Wasserpreise (siehe Kasten 5).

Benötigt werden jedoch vor allem zielgerichtete Anstrengungen zur Erweiterung von Wissen und Methoden: (i) Ermittlung von Umweltkosten und -schäden und Elastizitätsbewertung für bestimmte Sektoren (z.B. Landwirtschaft), (ii) Analyse der Rolle, die Wasserpreise bei der Integration von nachhaltiger Wassernutzung und Entwicklung des Fremdenverkehrs spielen können, (iii) Bewertung der Umweltauswirkungen der derzeitigen Wasserpreise, (iv) Analyse des Potentials zur Nutzung neuer Informationstechnologien zur Bewertung spezifischer Wasser-/Wirtschaftsvariablen (z.B. Einsatz von Satellitenbildern zur Ermittlung von Wassernachfrage und -verbrauch durch Bewässerungssysteme), (v) Entwicklung und Anwendung von Methoden (z.B. Kosten-Nutzen-Analyse) und Instrumenten zur Unterstützung der Wasserpreispolitik auf Ebene der Einzugsgebiete und (vi) Analyse der Eigenheiten von Wasser (wirtschaftliches Gut oder Grundrecht) sowie der Art und Weise, wie Verbraucher Wasser in sozialer Hinsicht wahrnehmen.

In manchen Fällen besteht die grösste Schwierigkeit in der Anwendung bestehender Prinzipien und Methoden (z.B. zur Bewertung der Umwelt- und Ressourcenkosten). Hier sind noch weitere Anstrengungen zur Umsetzung und Verbreitung der vorhandenen Ansätze erforderlich. Pilotprogramme können den Beteiligten zeigen, welche Vorteile und Kosten eine neue Wasserpreisgestaltung haben kann, und spielen deshalb eine Schlüsselrolle. Die LIFE-Programme der Europäischen Kommission bieten Möglichkeiten zur Erprobung und Demonstration der Rolle, die eine effiziente Wasserpreisgestaltung bei der Förderung der Nachhaltigkeit im Umgang mit Wasserressourcen spielen kann (siehe Kasten 6).

4. Schlußfolgerung

Mangels klarer wirtschaftlicher und ökologischer Zielsetzungen senden die derzeitigen Wasserpreise nicht immer die richtigen Signale an Verbraucher und Nutzer aus und tragen somit nicht dazu bei, daß Wasserressourcen effizient genutzt werden. Umwelt- und Ressourcenkosten werden in der Preisgestaltungspolitik kaum berücksichtigt, obwohl allgemein anerkannt ist, daß die Deckung der finanziellen Kosten über Wassergebühren erforderlich ist. Dies gilt vor allem für den Agrarsektor, den grössten Verbraucher in südeuropäischen Ländern, aber auch für den Verbrauch in Haushalten und Industrie.

Die Analyse der Wasserpreisgestaltung und ihrer wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen zeigt, daß in bestimmten Bereichen noch keine Preispolitik entwickelt wurde, die ökologische Erwägungen besser berücksichtigt. Eine umweltorientierte Preisgestaltung muß sich im konkreten an folgenden Faktoren orientieren: strengere Anwendung des Prinzips der Kostendeckung mit wirksamen zielgerichteten Maßnahmen auf der Grundlage von Kosten und Nutzen der Wassernutzung, breitere Anwendung von anreizbietenden Preisstrukturen und Förderung von Wassermesseinrichtungen, Ermittlung der wichtigsten Umweltkosten und, soweit durchführbar, Internalisierung dieser Kosten in die Preise, transparente Politik unter Einbeziehung von Nutzen und Verbrauchern und stufenweise Einführung einer neuen Preisgestaltung, um Akzeptanz und Stabilität zu gewährleisten.

Zukünftige nationale Initiativen dürfen sich nicht auf die Wasserpreisgestaltung (und die Deckung aller Kosten) beschränken. Eine nachhaltige und nachfragegestützte Strategie erfordert die Kombination der Preisgestaltung mit anderen Instrumenten wie z.B. der Förderung von Einrichtungen und Verhaltensweisen im Hinblick auf einen sparsamen Wasserverbrauch, Verringerung von Wasserverlusten im Produktions-Versorgungs-Verteilungssystem sowie Bildungs- und Informationskampagnen, die die Wasserpreise in ihrer Wirkung ergänzen [35]. Zudem müssen Wasserpreisgestaltung, Struktur- und Kohäsionspolitik sowie die Politik in den einzelnen Sektoren stärker aufeinander abgestimmt werden, damit die positiven Auswirkungen einer neuen Preisgestaltung auch optimal zum Tragen kommen.

[35] Handelbare Wasserrechte und - genehmigungen sind ein weiteres nachfrageorientiertes Instrument, das in der Wasserwirtschaft innnerhalb und ausserhalb Europas immer häufiger diskutiert wird. In der EU hat lediglich Spanien eindeutige legislative Schritte zur Einführung entsprechender Verfahren unternommen. Nun sind weitere Forschungstätigkeiten erforderlich, um das Potential solcher Mechanismen für die künftige europäische Wasserpolitik zu untersuchen.

Die bevorstehende Umsetzung der vorgeschlagenen Wasserrahmenrichtlinie wird für den richtigen Schwung sorgen, um auf den Elementen der vorliegenden Mitteilung aufbauen zu können. Der Rat und das Parlament werden ersucht, diese Mitteilung zur Kenntnis zu nehmen, sie zu diskutieren und ihrerseits nationale und regionale Behörden aufzufordern, eine Wasserpreispolitik zu betreiben, die sich an den hier dargelegten Leitlinien orientiert, damit die ökologischen Zielsetzungen der Richtlinie auf kostenwirksame Weise erreicht werden.

Die Kommission ersucht ferner die Mitgliedstaaten um Beteiligung an der Erstellung der Leitlinien für die praktische Umsetzung des im Vorschlag für eine Wasserrahmenrichtlinie enthaltenen Artikels über die Wasserpreise. Grundlage für diese Leitlinien werden zum einen die praktischen Erfahrungen der Mitgliedstaaten mit der Wasserpreisgestaltung sowie zum anderen die Ergebnisse der Gespräche über diese Mitteilung sein.

Erstellung und Anwendung der Leitlinien setzen voraus, daß Informationen verfügbar sind. Deshalb werden Eurostat und die Kommission weiterhin prüfen, inwieweit in den Mitgliedstaaten und bei den Beitrittskandidaten Statistiken über Kosten für Wasserdienstleistungen und Wasserpreise vorliegen. Die Ergebnisse dieser Bewertung werden in die Beschreibung der in der vorgeschlagenen Wasserrahmenrichtlinie geforderten soliden und kostenwirksamen Methoden für die Erfassung von Informationen über Kosten, Nutzen und Preise einfließen.