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Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem «Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit»

Amtsblatt Nr. C 075 vom 15/03/2000 S. 0029 - 0033


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem "Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit"(1)

(2000/C 75/11)

Der Rat beschloß am 9. September 1999, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 262 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu dem vorgenannten Vorschlag zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Beschäftigung, Sozialfragen, Unionsbürgerschaft nahm ihre Stellungnahme am 16. Dezember 1999 an. Berichterstatter war Herr Rodriguez Garcia Caro.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 369. Plenartagung am 26. und 27. Januar 2000 (Sitzung vom 27. Januar) mit 78 gegen 5 Stimmen bei 20 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. Im Juni 1971 verabschiedete die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft die Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer und Selbständige sowie deren Familienangehörige, die in der Gemeinschaft zu- und abwandern.

1.2. Auf seiner 59. Plenartagung im Januar 1967 hatte der Wirtschafts- und Sozialausschuß eine Stellungnahme(2) mit Bemerkungen zu dem diesbezüglichen Verordnungsvorschlag verabschiedet.

1.3. Seit ihrem Inkrafttreten sind sowohl die genannte Verordnung als auch die Verordnung (EWG) Nr. 574/72 über die Durchführung der Verordnung mehrfach geändert worden, um sie entsprechend den nach 1971 erfolgten Änderungen der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften, den zwischen den Mitgliedstaaten geschlossenen bilateralen Abkommen und den Erweiterungen der Europäischen Union zu aktualisieren.

1.4. 1992 bestätigte der Europäische Rat auf seiner Tagung in Edinburgh(3) die Notwendigkeit einer allgemeinen Überprüfung der Rechtsvorschriften mit dem Ziel einer Vereinfachung der Koordinierungsvorschriften.

Die Kommission hat 1997 die Mitteilung "Aktionsplan zur Förderung der Freizügigkeit der Arbeitnehmer"(4) vorgelegt und sich darin unter Ziffer 3.1.6 verpflichtet, einen Vorschlag für die Reform und Vereinfachung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vorzulegen; damit soll ein wichtiger Beitrag zur Beseitigung der Hindernisse für Freizügigkeit und Mobilität in der Europäischen Union geleistet werden.

1.5. In seiner Stellungnahme vom 28. Mai 1998 zu der genannten Mitteilung(5) befürwortet der Ausschuß die Reform der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71, mit der die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in den EU-Mitgliedstaaten vereinfacht und verbessert werden soll.

1.6. Auch in seiner Stellungnahme(6) zum "Sozialpolitischen Aktionsprogramm 1998-2000"(7), die der Ausschuß auf seiner Plenartagung am 9. September 1998 verabschiedete, wird betont, daß die Systeme der sozialen Sicherung verbessert und an die geänderten Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt angepaßt werden müssen, um den Fortbestand der sozialen Sicherheit in Europa auf einem hohen Qualitätsniveau zu gewährleisten.

2. Grundzüge des Verordnungsentwurfs

2.1. Die beiden Hauptanliegen des Vorschlags sind die Vereinfachung und die Verbesserung der geltenden Verordnung.

2.1.1. Die Vereinfachung kommt in einer beträchtlichen Kürzung des Verordnungstextes zum Ausdruck.

2.1.2. Die Verbesserung beruht auf der Ausdehnung der Verordnung auf Personengruppen, die bisher nicht ausdrücklich erwähnt sind, wie Staatsangehörige von Drittländern, die einem System der sozialen Sicherheit in einem Mitgliedstaat angeschlossen sind, und Personen im Vorruhestand.

2.2. Grundlage der Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit ist der Gleichheitsgrundsatz, dem zufolge die von der Verordnung erfaßten Personen dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsangehörigen des Mitgliedstaates haben, in dem sie wohnen und/oder arbeiten.

Dieser Grundsatz stützt sich auf drei wesentliche Faktoren: Gleichstellung von Sachverhalten, Zusammenrechnung von Zeiten und Wahrung von Ansprüchen, unabhängig vom Wohnort der angeschlossenen Person.

Wie es in der Begründung des Vorschlags heißt, wäre ohne diese Koordinierung das Recht auf Freizügigkeit nicht voll umsetzbar, da es unwahrscheinlich sein dürfte, daß Personen dieses Recht in Anspruch nähmen, wenn damit ein Verlust der in einem anderen Mitgliedstaat bereits erworbenen Sozialversicherungsansprüche einherginge.

2.3. Der dem Ausschuß zur Stellungnahme vorgelegte Vorschlag für eine Verordnung besteht aus sechs Titeln. Titel 1 und Titel 3 enthalten allgemeine und besondere Vorschriften zu den einzelnen Leistungen. In Titel 2 werden die auf eine Person anzuwendenden Rechtsvorschriften bestimmt. Titel 4 behandelt die Verwaltungskommission, Titel 5 verschiedene Vorschriften und Titel 6 die Übergangs- und Schlußvorschriften.

3. Allgemeine Bemerkungen

3.1. Der Wirtschafts- und Sozialausschuß befürwortet den Kommissionsvorschlag grundsätzlich; unabhängig davon möchte er jedoch eine Reihe allgemeiner und besonderer Bemerkungen vorbringen.

Auch wenn in der Begründung des Vorschlags von einer Revision und Vereinfachung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 die Rede ist, geht der Vorschlag doch darüber hinaus, da in einigen Bereichen wichtige Änderungen gegenüber der geltenden Regelung vorgenommen werden.

3.2. Der Ausschuß begrüßt, daß die Bemühungen, die Unionsbürger in ihren Rechten einander gleichzustellen, voranschreiten.

3.3. Die Tatsache, daß die in der Verordnung festgeschriebenen Rechte auf neue Personengruppen ausgeweitet werden, beweist, daß weiterhin an einem Europa der Bürger gearbeitet wird.

Der Bevölkerung in den Mitgliedstaaten muß bewußt gemacht werden, daß ein Europa ohne Grenzen nicht nur den freien Kapital- und Warenverkehr, sondern auch die Freizügigkeit begünstigt.

3.4. Das ständige Bemühen um eine bessere Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit in der Europäischen Union wird in den zahlreichen Vorschlägen deutlich, welche die Europäische Kommission zur Reform der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vorgelegt hat. Einige dieser Vorschläge wurden mehr oder weniger zum gleichen Zeitpunkt wie die jetzige umfassende Reform der Verordnung vorgelegt.

Der Ausschuß ist erfreut, daß in den Institutionen der Gemeinschaft diese Sensibilität für soziale Fragen fortbesteht.

3.5. Eine bessere Koordinierung der Sozialschutzsysteme ist zwar ein wesentlicher Schritt nach vorne, doch sind dabei die Besonderheiten des einzelstaatlichen Rechts der Mitgliedstaaten zu beachten.

3.6. Behinderungen der Freizügigkeit können die Bürger in der Wahrnehmung ihres Rechts auf Arbeit einschränken. Der Ausschuß ist der Ansicht, daß der Verordnungsvorschlag einen großen Fortschritt bei der Beseitigung der Hemmnisse für die grenzüberschreitende Mobilität der Unionsbürger darstellt, auch wenn noch viel zu tun bleibt.

3.7. Angesichts der Komplexität und Wichtigkeit des Verordnungsvorschlags, der von Rat und Parlament gewählten Arbeitsweise und der voraussichtlichen Änderungen, die an dem Text im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens von verschiedenen Ratsvorsitzen noch vorgenommen werden dürften, sowie unbeschadet seiner nachfolgenden Bemerkungen wird der Ausschuß den Fortgang dieses Vorschlags kontinuierlich in geeigneter Form verfolgen.

3.8. Mit der Verbesserung und Vereinfachung der Verordnung allein ist es nicht getan. Nötig ist auch eine Verbesserung und Vereinfachung der Verwaltungsverfahren, die Anspruchsberechtigte bei den zuständigen Behörden einzuhalten haben. Die Verordnung muß schließlich auch die notwendigen Mechanismen vorsehen, durch die die Verwaltungsverfahren sowohl für die Arbeitnehmer als auch für die Unternehmen einfacher und flexibler gestaltet werden können.

4. Besondere Bemerkungen

4.1. Zu Artikel 2

In Artikel 2 Absatz 1 werden der sachliche Geltungsbereich der Verordnung festgelegt und die davon betroffenen Leistungen aufgeführt.

Im ersten Absatz wird im spanischen Text betreffend diese Leistungen das Wort "principalmente"(8) verwendet. Daraus kann entweder der Schluß gezogen werden, daß die genannten Leistungen als die Hauptleistungen der sozialen Sicherheit betrachtet werden, oder daß die Verordnung hauptsächlich für die aufgeführten Leistungen gilt, daneben jedoch andere Leistungen bestehen, die auch in der Verordnung erwähnt werden, jedoch nicht in dieser Auflistung enthalten sind.

Eine nicht abgeschlossene Aufzählung ist jedoch ungenau, kann zu Rechtsunsicherheit führen und unerwünschte Auswirkungen haben.

4.2. Zu Artikel 6 und 7

In diesen Artikeln heißt es: "Im Rahmen ihres Geltungsbereichs tritt diese Verordnung an die Stelle aller Abkommen über soziale Sicherheit." In Artikel 7 "Begriffsbestimmungen" heißt es unter Buchstabe h) Unterabsatz 3, daß der Begriff "Rechtsvorschriften""ferner die Abkommen über soziale Sicherheit, die zwischen zwei oder mehreren Mitgliedstaaten oder zwischen einem oder mehreren Mitgliedstaaten und einem oder mehreren Staaten, die der Europäischen Union nicht angehören, geschlossen werden" umfaßt. Dies scheint den Aussagen von Artikel 6 zu widersprechen; es wäre also erforderlich, den Vorschlag in dieser Hinsicht zu präzisieren. Zudem wäre es sinnvoll, die Begriffsbestimmungen erst in der letzten Phase der Erarbeitung der Verordnung vorzunehmen.

4.3. Zu Artikel 8

4.3.1. Im dritten Absatz sollte der Wortlaut des Artikels 14 Buchstabe b) der derzeit geltenden Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 beibehalten werden.

4.3.2. Probleme wirft der Vorschlag nach Ansicht des Ausschusses für Personen auf, die Repräsentationsaufgaben bei den Institutionen der Europäischen Union wahrnehmen; dazu gehören auch diejenigen, die für die wirtschaftlichen und sozialen Organisationen der Mitgliedstaaten arbeiten. Die Kommission sollte daher sorgfältig prüfen, welche Rechtsvorschriften für diese Personengruppe gelten sollen.

4.4. Zu Artikel 9 Absatz 1

Hier werden Sonderregelungen für die Anwendung der Rechtsvorschriften festgelegt, denen ein Arbeitnehmer, der keine selbständige Tätigkeit ausübt, im Falle seiner Entsendung in einen anderen Mitgliedstaat unterliegt.

Die bestehenden Vorschriften für die soziale Sicherheit werden weitgehend in den neuen Verordnungsvorschlag übernommen. Das Verfahren, dem zufolge zwei Staaten Ausnahmeregelungen festlegen können, wird bestätigt. Die in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b) der derzeitigen Verordnung vorgesehene Ausnahmeregelung wird jedoch gestrichen. Aufgrund dieser Bestimmung kann die zuständige Behörde des Mitgliedstaates, in dem sich der entsandte Arbeitnehmer aufhält, eine Verlängerung des Zeitraums genehmigen, innerhalb dessen die Bestimmungen der sozialen Sicherheit des Herkunftslands Anwendung finden (maximal 12 Monate).

Nach Ansicht des Ausschussses sollte die gegenwärtig in Artikel 14 Absatz 1 Buchstabe b) der geltenden Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 vorgesehene Ausnahmeregelung beibehalten werden: einige hochqualifizierte Tätigkeiten in den Bereichen Forschung und Entwicklung, neue Technologien sowie sonstige strategische Dienstleistungen, bei denen von vornherein bekannt ist, daß die Entsendezeit zwölf Monate überschreitet, werfen Probleme auf, denen die Kommission eine eingehendere Analyse widmen sollte.

4.5. Zu Artikel 10

Hier geht es um Personen, die im Gebiet von zwei oder mehr Mitgliedstaaten eine unselbständige Beschäftigung ausüben. In den Absätzen 1 und 2 wird im Zusammenhang mit der ausgeübten Beschäftigung wiederholt der Begriff "wesentlich" verwendet.

Auf der Grundlage dieser wesentlichen Beschäftigung wird festgelegt, welche Rechtsvorschriften für diese Personen Anwendung finden.

Der verwendete Begriff ist mehrdeutig und nicht ausreichend definiert, um als Grundlage für die Festlegung der Rechtsvorschriften zu dienen, die für diese Personen gelten. Die Bedeutung dieses Begriffs dürfte geklärt werden, wenn der Gerichtshof sein Urteil in der Rechtssache Fitzwilliam spricht, über die derzeit noch verhandelt wird.

Für die von den Bedingungen dieses Artikels betroffenen Personen sollte umfassende Rechtssicherheit gewährleistet werden; daher sollte die Kommission den Begriff "wesentliche" Tätigkeit klarer definieren und quantifizieren, um keinen Raum für eine ermessensmißbräuchliche oder subjektive Anwendung der Rechtsvorschrift zu lassen, und zu gegebener Zeit die diesbezüglich zu erwartende Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften berücksichtigen.

4.6. Zu Artikel 18

Die Passage "nicht in einem normalerweise erforderlichen Zeitraum erhalten können" am Ende des Artikels ist in Anbetracht von Artikel 22 Absatz 1 Buchstabe c) der geltenden Verordnung nicht eindeutig. Daher sollte folgender Text hinzugefügt werden: "sofern dies medizinisch begründet ist".

Zum anderen hat der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in seinen Urteilen in den Rechtssachen Kohll(9) und Decker(10) darauf hingewiesen, daß die Erstattung der in einem Mitgliedstaat angefallenen Kosten für eine medizinische Behandlung ohne vorherige Genehmigung gegenwärtig zu den Sätzen des Herkunftsstaates zu erfolgen hat.

Um die genaue Bedeutung der Urteile Kohll und Decker ermessen zu können, sind in jedem Falle noch die Erläuterungen des EuGH abzuwarten, insbesondere im Rahmen zweier noch anhängiger Rechtssachen (Vanbraeckel und Smits-Peerboms); zudem sind die Ergebnisse der einschlägigen Studie zu berücksichtigen, die die Europäische Kommission derzeit vorbereitet.

4.7. Zu Artikel 20

In Absatz 3 geht es um die "übrigen Rentner". Dieser Begriff kann zu Verwirrung führen, da unklar bleibt, ob er sich auf die Empfänger nationaler Renten oder auf Rentner bezieht, die ihre Ansprüche aus den Rechtsvorschriften des Wohnstaates ableiten (alle).

Außerdem kann der Wortlaut dieses Artikels dahingehend ausgelegt werden, daß ein zu- oder abwandernder Ruhegeldempfänger einer Doppelbesteuerung unterliegen würde. Der Ausschuß fordert die Kommission auf, diesen Artikel klarer zu fassen.

4.8. Zu Artikel 26

In Absatz 1 heißt es "werden voll erstattet", und in den Erläuterungen zu diesem Artikel im Rahmen der Begründung ist von einer "vollständigen Erstattung" die Rede. Dem wird hinzugefügt, daß "diese Erstattungen auf der Grundlage der tatsächlichen Aufwendungen [erfolgen]". Von tatsächlichen Aufwendungen sollte gesprochen werden, sofern diese bestimmt werden können; ist dies nicht der Fall, sollten die Erstattungen auf der Grundlage der durchschnittlichen Kosten erfolgen.

4.9. Zu Artikel 33

In Absatz 3 sollte es "Leistungen des entsprechenden Systems" anstelle von "Leistungen des allgemeinen Systems oder, falls es ein solches nicht gibt, des Systems für Arbeiter bzw. für Angestellte" heißen, da anzunehmen ist, daß dies auch für Beiträge für andere Sondersysteme, wie Systeme für Selbständige oder Beamte, gilt, die durch die jetzige Formulierung jedoch ausgeschlossen werden.

4.10. Zu Artikel 43

Durch den gegenwärtigen Wortlaut des Vorschlags ist die Berechnung des günstigsten Geldleistungsbetrages nicht hinreichend sichergestellt, wenn die Berechnung aufgrund der Rechtsvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats erfolgt. Wenn der Arbeitnehmer an einer Krankheit leidet, die in Zusammenhang mit einer in mehr als einem Mitgliedstaat ausgeübten Tätigkeit steht, muß sichergestellt sein, daß in diesem Anspruchsfall die für ihn günstigste Geldleistung angesetzt wird.

4.11. Zu Artikel 50 Absatz 3

In diesem Absatz wird festgelegt, daß ein Arbeitnehmer in den zuständigen Mitgliedstaat zurückkehren muß, wenn er sechs Monate nach dessen Verlassen keine Arbeit gefunden hat. Andernfalls verliert er im zuständigen Mitgliedstaat seine Ansprüche auf Geldleistungen bei Arbeitslosigkeit. In den derzeit geltenden Bestimmungen ist dieser Zeitraum auf drei Monate beschränkt. Der Ausschuß befürwortet die vorgeschlagene Verlängerung des Zeitraums von drei auf sechs Monate. Eine zeitliche Begrenzung ist angesichts der Bedingungen für die Gewährung der Leistungen in zahlreichen Ländern und der unzureichenden Kontrollmechanismen weiterhin gerechtfertigt.

4.12. Zu Artikel 55

Der Ausschuß hält es für notwendig, folgende Überlegungen anzustellen:

- Diese Bestimmungen betreffen zwei Arten besonderer Leistungen, von denen die eine von einer Bedürftigkeitsprüfung und die andere von einer Feststellung der Behinderung abhängt.

Da sich beide im Hinblick auf Natur, Ursprung und Begleitumstände unterscheiden, sollten sie innerhalb desselben Kapitels in zwei getrennten Artikeln behandelt werden, die eine unterschiedliche normative Behandlung ermöglichen.

- Zu dem in Absatz 1 dieses Artikels erwähnten Anhang stellt der Ausschuß fest, daß dieser Anhang im Verordnungsvorschlag noch inhaltsleer ist.

Daher läßt sich nicht genau feststellen, auf welche Geldleistungen sich Artikel 55 im einzelnen bezieht.

- Im konkreten Fall von Leistungen für Behinderte sollte nach Ansicht des Ausschusses die Wohnort-Klausel keine Anwendung auf die Sozialleistungen finden, die in der Rechtsprechung des Gerichtshofes als gemischte Leistungen bezeichnet werden.

4.13. Zu Titel IV

Der Ausschuß billigt die hier vorgeschlagenen Bestimmungen über die Zusammensetzung und die Aufgaben der Verwaltungskommission für die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit.

Dennoch sollten an dieser Stelle, entsprechend dem von der Kommission vorgelegten Vorschlag für einen Beschluß(11), auch die Zusammensetzung und die Zuständigkeiten des Beratenden Ausschusses für die Freizügigkeit und die soziale Sicherheit der Arbeitnehmer berücksichtigt werden.

Der Wirtschafts- und Sozialausschuß unterstützte bereits in seiner Stellungnahme zum "Aktionsplan für die Freizügigkeit der Arbeitnehmer" die Zusammenlegung der beiden derzeit bestehenden Ausschüsse; er machte seine Unterstützung jedoch von einer Verbesserung der Handlungsfähigkeit des Beratenden Ausschusses abhängig. Die Kommission hat einen Vorschlag für einen Beschluß des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einsetzung eines Beratenden Ausschusses vorgelegt, in dem die Zusammenlegung des Ausschusses für die Freizügigkeit und des Ausschusses für die soziale Sicherheit vorgesehen ist.

Nach Ansicht des Ausschusses sollte in der vorliegenden Verordnung daher auch dargelegt werden, welche Aufgaben dieser neue Beratende Ausschuß im Hinblick auf die Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit haben soll.

4.14. Zu Artikel 59

Hier geht es um die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten. In Absatz 4 wird im Hinblick auf die verschiedenen Sprachen, die in der Union gesprochen werden, bestimmt, daß Anträge und sonstige Schriftstücke auch dann angenommen werden müssen, wenn sie in einer anderen Sprache als der des Mitgliedstaats, in dem sie eingereicht werden, verfaßt sind.

Der Ausschuß begrüßt diese Bestimmung als Beweis für ein tolerantes Denken und den Respekt gegenüber der kulturellen Identität der Bürger. In dieser Initiative kommt die kulturelle und sprachliche Vielfalt Europas zum Ausdruck.

4.15. Zu Artikel 62

Zu den Tätigkeiten, die mit Gemeinschaftsmitteln finanziert werden können, gehört auch die Unterrichtung der Bürger. Die im zweiten Absatz aufgeführten Maßnahmen sind nach Ansicht des Ausschusses sehr begrenzt und haben zu wenig Einfluß auf die öffentliche Meinung.

Es wäre angebracht, die für die Unterrichtung vorgesehenen Finanzmittel in erster Linie für die Verbreitung von Informationen in Massenmedien zu verwenden, die sich vor allem an Personen richten, die in der jüngsten Zeit in den Genuß der Koordinierungsbestimmungen gekommen sind, wie Studenten oder Beamte.

4.16. Wie in seiner Bemerkung zu Artikel 55 stellt der Ausschuß auch bei Anhang II, auf den in Artikel 67 betreffend die besonderen Vorschriften verwiesen wird, fest, daß der Anhang noch inhaltsleer ist.

Brüssel, den 27. Januar 2000.

Die Präsidentin

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Beatrice Rangoni Machiavelli

(1) ABl. C 38 vom 12.2.1999, S. 11.

(2) ABl. C 64 vom 5.4.1967.

(3) Europäischer Rat von Edinburgh, 11. und 12.12.1992, Schlußfolgerungen des Vorsitzes (SN 456/92).

(4) KOM(97) 586 endg.

(5) ABl. C 235 vom 27.7.1998, S. 82.

(6) ABl. C 407 vom 28.12.1998, S. 187.

(7) KOM(1998) 259 endg.

(8) Anm. d. Übers.: "hauptsächlich".

(9) Rechtssache C-158/96.

(10) Rechtssache C-120/95.

(11) ABl. C 344 vom 12.11.1998.