51999PC0220

Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten /* KOM/99/0220 endg. - CNS 99/0110 */

Amtsblatt Nr. C 247 E vom 31/08/1999 S. 0001 - 0010


Vorschlag für eine VERORDNUNG (EG) DES RATES über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten

(von der Kommission vorgelegt)

BEGRÜNDUNG

Inhalt

1. ALLGEMEINES

1.1. Hintergrund

1.2. Aushandlung des Übereinkommens über die "Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen"

2. VORSCHLAG FÜR EINE VERORDNUNG DES RATES

2.1. Gegenstand

2.2. Rechtsgrundlage

3. BEGRÜNDUNG DES VORSCHLAGS IM HINBLICK AUF DAS VERHÄLTNISMÄSSIGKEITS- UND DAS SUBSIDIARITÄTS-PRINZIP

4. ANALYSE DER BESTIMMUNGEN

4.1. Zielsetzung

4.2. Kontinuität

4.3. Anpassung

4.4. Konkordanztabelle

4.5. Erläuterungen der Artikel

1. ALLGEMEINES

1.1. Hintergrund

Die Union hat sich gemäß Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union zum Ziel gesetzt, die Union als einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu erhalten und weiterzuentwickeln, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist und Rechtsuchende ihre Rechte geltend machen können, wobei ihnen die gleichen Garantien geboten werden wie vor den Gerichten ihres Landes.

Für den schrittweisen Aufbau eines solchen Raumes erläßt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts notwendigen Maßnahmen. Die Intensivierung der justitiellen Zusammenarbeit, deren Zustandekommen vielfach als zu langsam angesehen worden ist, markiert einen entscheidenden Schritt zur Schaffung eines europäischen Rechtsraums, der den Unionsbürgern greifbare Vorteile bringt. [1]

[1] Aktionsplan des Rates und der Kommission zur bestmöglichen Umsetzung der Bestimmungen des Amsterdamer Vertrags über den Aufbau eines Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, Rdnr. 16, ABl. C 19 vom 23. 1. 1999.

Als eine dieser Maßnahmen erfordert das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts, daß die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung verbessert wird. In einer Zeit, in der die familiären Bindungen zwischen Personen mit unterschiedlicher Staatsangehörigkeit oder mit Wohnsitz in unterschiedlichen Mitgliedstaaten zunehmen und damit auch die hieraus resultierenden Rechtsstreitigkeiten, stellen zügige Exequaturverfahren und Rechtssicherheit im Bereich der Gerichtsbarkeit wesentliche Erfordernisse dar.

1.2. Aushandlung des Übereinkommens über die "Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen"

Die Ausarbeitung eines Übereinkommens, das das Übereinkommen von Brüssel von 1968 um eherechtliche Fragen erweitert, die in seinem materiellrechtlichen Anwendungsbereich nicht vorgesehen waren, war in der Europäischen Union schon seit langem geplant.

Bereits auf seiner Brüsseler Tagung vom 10. und 11. Dezember 1993 stellte der Europäische Rat fest, daß sich dem europäischen Bürger mit dem Inkrafttreten des Vertrags von Maastricht neue Perspektiven eröffnen, die ergänzende Beratungen über bestimmte Aspekte des Familienlebens der Bürger erforderlich machen.

Im Anschluß an diese Tagung richtete der griechische Vorsitz eine Liste von Fragen an die Mitgliedstaaten, um Aufschluß über die möglichen Grundzüge eines derartigen Übereinkommens zu erhalten. Aus den eingegangenen Antworten wurde eine Synthese angefertigt, die als Grundlage für das Mandat des Europäischen Rats vom Juni 1994 diente, die Beratungen zur Ausarbeitung eines Übereinkommensentwurfs aufzunehmen. Im zweiten Halbjahr 1994 legte der deutsche Vorsitz einen Übereinkommensentwurf vor, der allein die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes und die Ungültigerklärung einer Ehe betraf. Später wurde beschlossen, auch die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten in den Anwendungsbereich des Übereinkommens einzubeziehen.

Am 28. Mai 1998 erließ der Rat den für das Übereinkommen erforderlichen Rechtsakt. Das Übereinkommen wurde noch am selben Tag von den Vertretern der Mitgliedstaaten unterzeichnet. Gleichzeitig verabschiedete der Rat mehrere Erklärungen. [2]

[2] ABl. C 221 vom 16.7.1998, S. 27.

2. VORSCHLAG FÜR EINE VERORDNUNG DES RATES

Da das Übereinkommen vom 28. Mai 1998 vor Inkrafttreten des Amsterdamer Vertrags noch nicht ratifiziert war, sind seine Bestimmungen nicht in Kraft getreten. Das Übereinkommen ist eines der zwei einzigen konkreten Ergebnisse der justitiellen Zusammenarbeit im Rahmen des Maastrichter Vertrags. Damit sollen einige der Probleme, mit denen die Bürger im Alltag konfrontiert sind, gelöst werden. Mit der Transposition des Übereinkommens in einen Gemeinschaftsrechtsakt wird unter anderem gewährleistet, daß die Umsetzung zeitnah zu einem einheitlichen, im voraus bekannten Zeitpunkt erfolgt.

2.1. Gegenstand

Mit dem vorliegenden Verordnungsvorschlag sollen die Regeln des internationalen Privatrechts der Mitgliedstaaten über die Zuständigkeit vereinheitlicht und die Anerkennung und Vollstreckung der Entscheidungen über die Auflösung einer Ehe und über das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder verbessert werden. Er ersetzt inhaltlich das Übereinkommen über die "Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen", steht jedoch weitgehend in der Kontinuität der bei den Verhandlungen erzielten Ergebnissen. Die Kommission übernimmt demnach den wesentlichen Inhalt des Überkommens in Form eines Verordnungs vorschlags.

2.2. Rechtsgrundlage

Nach Inkrafttreten des Vertrags von Amsterdam fällt das Übereinkommen inhaltlich unter Artikel 65 EG-Vertrag. Rechtsgrundlage dieses Vorschlags ist daher Artikel 61 Buchstabe c EG-Vertrag.

Die Wahl der Rechtsform (Verordnung) ist durch die Notwendigkeit bedingt, genau definierte, einheitliche Regeln für die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen anzuwenden, da anderenfalls in anderen Mitgliedstaaten ergangene Entscheidungen nicht ordnungsgemäß anerkannt werden können. Durch die Schaffung präziser, unbedingter Bestimmungen, die direkt, einheitlich und zwingend gelten, ist eine Umsetzung in innerstaatliches Recht naturgemäß nicht erforderlich.

Die Verordnung muß nach dem Verfahren des Artikels 67 EG-Vertrag erlassen werden. Diesem Artikel zufolge erläßt der Rat während einer Übergangszeit von fünf Jahren einstimmig auf Vorschlag der Kommission oder auf Initiative eines Mitgliedstaats und nach Anhörung des Europäischen Parlaments Maßnahmen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen.

Der neue Titel IV EG-Vertrag, der inhaltlich für den vorliegenden Verordnungsvorschlag maßgebend ist, gilt nicht für das Vereinigte Königreich und für Irland, es sei denn, diese Länder entscheiden sich für eine Beteiligung an den betreffenden Maßnahmen gemäß dem Protokoll im Anhang zum EG-Vertrag. Auf der Tagung des Rats "Justiz und Inneres" vom 12. März 1999 erklärten die beiden Länder allerdings, sich an den Arbeiten der Gemeinschaft im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen in vollem Umfang beteiligen zu wollen. Es ist dann an ihnen, rechtzeitig das Verfahren nach Artikel 3 des Protokolls einzuleiten.

Titel IV EG-Vertrag findet laut Protokoll auch auf Dänemark keine Anwendung. Dänemark kann jedoch auf die Anwendung des Protokolls jederzeit verzichten. Dänemark hat bislang nicht zu erkennen gegeben, daß es beabsichtigt, das Verfahren nach Artikel 3 des Protokolls einzuleiten.

Bei der Ausarbeitung des vorliegenden Vorschlags wurde daher von den derzeitigen Gegebenheiten ausgegangen. Sollte die Verordnung auch für diese Länder anwendbar werden, müßte die Verordnung entsprechend geändert werden.

3. BEGRÜNDUNG DES VORSCHLAGS IM HINBLICK AUF DAS VERHÄLTNISMÄSSIGKEITS- UND DAS SUBSIDIARITÄTS-PRINZIP

Welche Ziele werden angesichts der auf der Gemeinschaft lastenden Verpflichtungen mit diesem Verordnungsvorschlag verfolgt-

Angestrebt wird eine Verbesserung und Beschleunigung des freien Verkehrs von Urteilen in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung im Binnenmarkt. Dies ist vor dem Hintergrund des Zieles der Europäischen Union zu sehen, einen Raum der Freiheit, Sicherheit und des Rechts zu errichten, in dem der freie Verkehr der Personen gewährleistet ist und die Unionsbürger ihre Rechte mit den gleichen Garantien geltend machen können, die ihnen bei den Gerichten im eigenen Land zustehen. Um diesen Raum schrittweise zu verwirklichen, erläßt die Gemeinschaft unter anderem Maßnahmen im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen, soweit sie für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlich sind.

Entspricht der Verordnungsvorschlag den Subsidiaritätskriterien-

Die angestrebten Ziele können von den Mitgliedstaaten nicht allein erreicht werden und müssen deshalb aufgrund ihres grenzübergreifenden Bezugs auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden.

Sind die eingesetzten Mittel in bezug auf die Ziele verhältnismäßig-

Der Verordnungsvorschlag beschränkt sich auf das zur Erreichung der Ziele erforderliche Minimum.

4. ANALYSE DER BESTIMMUNGEN

4.1 Zielsetzung

Wie das Übereinkommen, das durch diese Verordnung ersetzt werden soll, schließt die Verordnung eine Lücke im materiellrechtlichen Bereich des Brüsseler Übereinkommens von 1968, das in seinem Artikel 1 Personenstandsangelegenheiten ausdrücklich ausschließt. Die Verordnung folgt in ihrem Aufbau überdies dem Übereinkommen und übernimmt die meisten seiner Grundprinzipien.

Ziel der Verordnung ist es,

1) zeitgemäße und einheitliche Regeln für die gerichtliche Zuständigkeit bei Verfahren betreffend die Ungültigerklärung einer Ehe, die Ehescheidung sowie die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes einzuführen und den Weg dafür zu ebnen, daß diesbezügliche Entscheidungen, die in den Mitgliedstaaten ergangen sind, von den anderen Mitgliedstaaten rasch und automatisch anerkannt werden;

2) zeitgemäße und einheitliche Zuständigkeitsregeln hinsichtlich der elterlichen Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten bei Verfahren in Ehesachen festzulegen und davon ausgehend für eine rasche und automatische Anerkennung der betreffenden Entscheidun gen und deren Vollstreckung mittels eines vereinfachten Verfahrens zu sorgen.

Es handelt sich um Regeln für die direkte Zuständigkeit, d. h. sie müssen von dem mit einem Antrag befaßten Gericht, der in den Anwendungsbereich der Verordnung fällt, beachtet werden. Diese Bestimmungen haben indessen weder Einfluß auf die Aufteilung der territorialen Zuständigkeit innerhalb des jeweiligen Mitgliedstaats noch auf die Situation der Mitgliedstaaten ohne ein einheitliches Rechtssystem.

Der Verordnungsvorschlag enthält im übrigen wie das Übereinkommen Sonderregelungen (Artikel 38 und 42).

4.2 Kontinuität

Die Kommission hat den Inhalt des Übereinkommens größtenteils übernommen und so die Kontinuität ihrer Arbeiten in den Verhandlungen weitestgehend gewahrt, gleichzeitig aber auf Bestimmungen verzichtet, die mit der Natur des vorgeschlagenen Rechtsakts und den nach dem Amsterdamer Vertrag geltenden Vorgaben für die justitielle Zusammenarbeit in Zivilsachen unvereinbar sind.

Da sich die Bestimmungen des Überkommens weitgehend mit denen der Verordnung decken, lehnt sich die Analyse der Bestimmungen eng an den vom Rat am 28. Mai 1998 genehmigten Erläuternden Bericht zum Übereinkommen an. [3]

[3] ABl. C 221 vom 16.7.1998, S. 27.

4.3 Anpassung

Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsnatur von Übereinkommen und Verordnung weicht die Verordnung in einigen Punkten vom Inhalt des Übereinkommens ab:

- Zuständigkeit des Gerichtshofs: Im Unterschied zu Artikel 45 des Übereinkommens braucht die Aufgabe des Gerichshofs in diesem Bereich in der Verordnung aufgrund der Artikel 220 und der folgenden Artikeln EG-Vertrag, die hier vorbehaltlich der Spezialvorschriften des Artikels 68 EG-Vertrag anwendbar sind, nicht näher bestimmt zu werden.

- Abkommen zur Ergänzung der Verordnung oder zur Erleichterung ihrer Durchführung: Der Klarheit halber wurden die entsprechenden Bestimmungen des Übereinkommens (Artikel 38 Absatz 3 und Teile von Absatz 4 sowie Artikel 41) in der Verordnung unter Artikel 41 zusammengefaßt.

- Vorbehalte: Die Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und in allen Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar. Vorbehalte sind nicht zulässig, so daß Artikel 46 Absatz 1 entfällt, nicht aber die Sonderregelungen in Artikel 38 Absatz 2 (Übereinkommen zwischen den nordischen Staaten) und in Artikel 42 (Konkordate). Die Mitgliedstaaten, für die die Erklärungen galten, auf die Artikel 46 Absätze 2 und 3 verwies, und zwar Irland und Italien, sollten, sofern sie an der Verordnung mitwirken wollen und dies für zweckmäßig halten, die Aufnahme der Erklärung in das Ratsprotokoll beantragen.

- Formvorschriften: Die Artikel 47, 48, 49 und 50 des Übereinkommens sind in einem Rechtsakt der Gemeinschaft gegenstandslos. Für das Inkrafttreten der Verordnung sind die Artikel 249 und 254 EG-Vertrag in vollem Umfang anwendbar. Es obliegt der Kommission darüber hinaus, gemäß Artikel 211 EG-Vertrag etwaige Änderungen an der Verordnung vorzuschlagen.

- Artikel 43, der den Abschluß bilateraler Abkommen zuließ, wonach die Anerkennung einer Entscheidung abgelehnt werden konnte, die auf anderen Zuständigkeitskriterien gegen einen Drittstaatsangehörigen gestützt war, hat in einem Gemeinschaftsrechtsakt keine Berechtigung mehr. Solche Abkommen wirken sich naturgemäß auf die Regeln für die gemeinschaftsweite Anerkennung aus und können deshalb nach Erlaß der Verordnung nur noch von der Europäischen Gemeinschaft selbst ausgehandelt werden, ohne daß dies ausdrücklich festgelegt zu werden braucht. Artikel 16 Absätze 1 und 2 und Artikel 43 des Übereinkommens wurden daher nicht in den Verordnungsvorschlag übernommen.

- Aufgrund der Position des Vereinigten Königreichs, Irlands und Dänemarks werden folgende Bestimmungen des Übereinkommens nicht in die Verordnung übernommen:

- Um die Besonderheiten der nationalen Rechtsordnungen zu berücksichtigen, sah Artikel 2 alternativ zum Kriterium der Staatsangehörigkeit das Wohnsitzkriterium ("domicile") im Sinne des britischen und irischen Rechts vor. Da sich die betreffenden Länder jedoch gegen eine Mitwirkung an der Verordnung entschieden haben, wurde der Verweis in Artikel 2 und in allen anderen Bestimmungen gestrichen.

- Artikel 19 Absatz 2, Artikel 20 Absatz 2 und Artikel 27 Absatz 2, die Sonderbestimmungen für das Vereinigte Königreich und/oder Irland enthielten, wurden nicht übernommen.

- Gleiches gilt für die Artikel 21, 26, 28 und 29, soweit dort auf die zuständigen Gerichte und die Rechtsbehelfe im Vereinigten Königreich, in Irland und in Dänemark verwiesen wird.

- Artikel 31 Absatz 2, das eine Sonderbestimmung für Dänemark enthielt, wurde nicht übernommen.

4.4 Konkordanztabelle

Übereinkommen 1998 // Verordnungsvorschlag

Präambel // Entfällt

// Erwägungsgrund 1 (Ziel)

// Erwägungsgrund 2 (Gegenstand des Vorschlags)

// Erwägungsgrund 3 (Bereich)

// Erwägungsgrund 4 (Vereinheitlichung)

// Erwägungsgrund 5 (Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit)

// Erwägungsgrund 6 (Kontinuität)

// Erwägungsgrund 7 (Anwendungsbereich)

// Erwägungsgrund 8 (Verfahren)

// Erwägungsgrund 9 (Anwendungsbereich)

// Erwägungsgrund 10 (elterliche Verantwortung)

// Erwägungsgrund 11 (Zuständigkeitskriterien)

// Erwägungsgrund 12 (Zuständigkeitskriterien/elterliche Verantwortung)

// Erwägungsgrund 13 (Entscheidung)

// Erwägungsgrund 14 (Anerkennung/Vollstreckung)

// Erwägungsgrund 15 (Nachprüfung der Entscheidung)

// Erwägungsgrund 16 (Anerkennung zwecks Beischreibung)

// Erwägungsgrund 17 (Nordisches Übereinkommen)

// Erwägungsgrund 18 (Konkordat)

// Erwägungsgrund 19 (Übereinkünfte zwischen den Mitgliedstaaten)

// Erwägungsgrund 20 (Änderung der Listen mit den zuständigen Gerichten und den Rechtsbehelfen)

// Erwägungsgrund 21 (Überprüfung)

// Erwägungsgrund 22 (Lage in UK/IRL)

Art. 1 // Art. 1

Art. 2 // Art. 2 [4]

[4] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 3 // Art. 3

Art. 4 // Art. 4

Art. 5 // Art. 5

Art. 6 // Art. 6

Art. 7 // Art. 7 [5]

[5] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 8 // Art. 8 [6]

[6] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 9 // Art. 9

Art. 10 // Art. 10 [7]

[7] Geändert, siehe Erläuterungen zu Artikel 10.

Art. 11 // Art. 11

Art. 12 // Art. 12

Art. 13 // Art. 13

Art. 14 // Art. 14

Art. 15 // Art. 15

Art. 16 (Nichtanerkennung und Tatsachenfeststellung) // Art. 16 [8] (Verbot der Nachprüfung der Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats)

[8] Geändert, siehe oben 4.3, 5. Gedankenstrich.

Art. 17 // Art. 17

Art. 18 // Art. 18

Art. 19 // Art. 19 [9]

[9] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 20 // Art. 20 [10]

[10] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 21 // Art. 21 [11]

[11] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 22 // Art. 22

Art. 23 // Art. 23

Art. 24 // Art. 24

Art. 25 // Art. 25

Art. 26 // Art. 26 [12]

[12] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 27 // Art. 27 [13]

[13] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 28 // Art. 28 [14]

[14] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 29 // Art. 29 [15]

[15] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 30 // Art. 30

Art. 31 // Art. 31 [16]

[16] Geändert, siehe oben 4.3, 6. Gedankenstrich.

Art. 32 // Art. 32

Art. 33 // Art. 33

Art. 34 // Art. 34

Art. 35 // Art. 35

Art. 36 // Art. 36

Art. 37 // Art. 37 [17]

[17] Geändert, siehe Erläuterungen zu Artikel 37.

Art. 38 // Art. 38 [18]

[18] Geändert, siehe oben 4.3, 2. Gedankenstrich.

Art. 39 // Art. 39

Art. 40 // Art. 40

Art. 41 // Art. 41 [19]

[19] Geändert, siehe oben 4.3, 2. Gedankenstrich.

Art. 42 // Art. 42

Art. 43 Nichtanerkennung und Nichtvollstreckung von Entscheidungen auf der Grundlage von Artikel 8 // [20]

[20] Gestrichen, siehe oben 4.3, 5. Gedankenstrich.

Art. 44 Mitgliedstaaten mit zwei oder mehreren Rechtssystemen // Art. 43 Mitgliedstaaten mit zwei oder mehreren Rechtssystemen

Art. 45 Gerichtshof // [21]

[21] Gestrichen, siehe oben 4.3, 1. Gedankenstrich.

Art. 46 Erklärungen und Vorbehalte // [22]

[22] Gestrichen, siehe oben 4.3, 3. Gedankenstrich.

Art. 47 Annahme und Inkrafttreten // Art. 46 Inkrafttreten [23]

[23] Siehe oben 4.3, 4. Gedankenstrich.

Art. 48 Beitritt // Gestrichen [24]

[24] Siehe oben 4.3, 4. Gedankenstrich.

Art. 49 Änderungen // Art. 44 Überprüfung [25] und Art. 45 Änderung der Listen mit den zuständigen Gerichten und Rechtsbehelfen

[25] Siehe oben 4.3, 4. Gedankenstrich.

Art. 50 Verwahrer und Veröffentlichungen // Gestrichen [26]

[26] Siehe oben 4.3, 4. Gedankenstrich.

4.5 Erläuterungen der Artikel

Kapitel I - Anwendungsbereich

Artikel 1

Artikel 1 definiert die Verfahrensarten, auf die die Verordnung Anwendung findet, sowie die von der Verordnung erfaßten Rechtsbereiche. Neben zivilgerichtlichen Verfahren werden weitere nichtgerichtliche Verfahren einbezogen, die in bestimmten Mitgliedstaaten in Ehesachen anerkannt sind. Es handelt sich dabei um in einem Mitgliedstaat amtlich anerkannte Verfahren auf Verwaltungsebene. Ausgeschlossen sind hingegen die im Rahmen einer Religionsgemeinschaft geltenden Verfahren. In Absatz 2 wird präzisiert, daß die in der Verordnung verwendete Bezeichnung "Gericht" alle für Ehesachen zuständigen Behörden einschließt unabhängig davon, ob sie Teil der Gerichtsbarkeit sind oder nicht.

Was die erfaßten Rechtsbereiche anbelangt, so beschränkt sich die Verordnung auf Fragen, die den ehelichen Status an sich betreffen, d. h. die Ungültigerklärung einer Ehe, die Ehescheidung und die Trennung ohne Auflösung des Ehebands. Dementsprechend erstreckt sich die Anerkennung von Entscheidungen nur auf den Aspekt der Auflösung oder Ungültigerklärung des Eheverhältnisses. Nicht einbezogen sind Aspekte wie beispielsweise das Verschulden der Ehegatten, das Familienvermögen, die Unterhaltspflicht oder sonstige mögliche Nebenaspekte (Namensführung usw.), auch wenn diese mit den obengenannten Verfahren verbunden sind.

Da das innerstaatliche Recht in einigen Mitgliedstaaten vorschreibt, daß eine Entscheidung in einer Ehesache auch die elterliche Verantwortung regelt, müssen Fragen der elterlichen Verantwortung in den Anwendungsbereich dieser Verordnung einbezogen werden. Allerdings gilt dies nur für Fragen der elterlichen Verantwortung im Zusammenhang mit einer anhängigen Ehesache. Der Begriff der elterlichen Verantwortung selbst muß in der Rechtsordnung des Mitgliedstaats, in dem diese Verantwortung geprüft wird, definiert sein. Da es um Fragen der elterlichen Verantwortung geht, die sich in enger Verbindung mit einem Antrag auf Ehescheidung, Trennung oder Ungültigerklärung einer Ehe stellen, fallen nur die gemeinsamen Kinder der Ehegatten unter den Begriff der elterlichen Verantwortung.

Die Beschränkung des Anwendungsbereichs der Verordnung im Bereich der elterlichen Verantwortung auf Entscheidungen, die die "gemeinsamen Kinder der Ehegatten" betreffen, hindert die Mitgliedstaaten allerdings nicht daran, später zu beschließen, auf "Kinder der Familie", die nicht gemeinsame Kinder der Ehegatten sind, dieselben Zuständigkeitskriterien anzuwenden wie in Artikel 3. In jedem Fall werden die für diese Kinder geltenden Zuständigkeitskriterien durch die Verordnung nicht berührt. Für die Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in bezug auf diese Kinder ist demnach das innerstaatliche Recht maßgebend.

Kapitel II - Gerichtliche Zuständigkeit

Erster Abschnitt - Allgemeine Bestimmungen

Artikel 2 - Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands und Ungültigerklärung einer Ehe

Die Zuständigkeitskriterien entsprechen objektiven Erfordernissen, tragen den Interessen der Verfahrensparteien Rechnung und ermöglichen eine flexible Regelung, die dem freien Personenverkehr angemessen ist.

Artikel 2 enthält nur Kriterien objektiver Art, die der Prüfung nach Artikel 9 unterliegen. Sie sind dementsprechend als Alternativmöglichkeiten aufgeführt, wobei auch die Einreihung unter Buchstabe a oder Buchstabe b keine Rangordnung begründet. Die in diesem Artikel aufgeführten Kriterien sind die einzigen, die für den betreffenden Verfahrensgegenstand herangezogen werden können. Es handelt sich somit um eine erschöpfende Aufzählung.

Den Kriterien für die Zuständigkeit der Gerichte eines Staates für Entscheidungen in Ehesachen, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, liegt die Annahme zugrunde, daß eine faktische Bindung zwischen der betreffenden Person und einem Mitgliedstaat besteht. Bei den unter Buchstabe a aufgeführten Kriterien handelt es sich um:

- den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts beider Ehegatten zum Zeitpunkt der Antragstellung,

- den Ort, an dem die Ehegatten zuletzt ihren gewöhnlichen Auftenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat,

- den Ort des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragsgegners,

- bei gemeinsamer Antragstellung den Mitgliedstaat, in dem einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

Ausnahmsweise können zwei weitere Kriterien auf der Grundlage des forum actoris herangezogen werden, allerdings nur unter bestimmten Voraussetzungen. Zuständig können demnach auch sein:

- die Gerichte des Mitgliedstaats des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers, wenn dieser sich seit mindestens einem Jahr in diesem Staat aufgehalten hat,

- die Gerichte des Staates des gewöhnlichen Aufenthalts des Antragstellers, wenn dieser sich seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung dort aufgehalten hat und zudem dessen Staatsangehörigkeit besitzt.

Artikel 3 - Elterliche Verantwortung

Artikel 3 bestimmt, wann und unter welchen Umständen die Stellen des Staates, dessen Gerichte nach den Kriterien in Artikel 2 für die Entscheidung in der Ehesache zuständig sind, auch zuständig sind, um über Fragen der elterlichen Verantwortung für die gemeinsamen Kinder zu entscheiden. Artikel 3 wurde hierzu in drei Absätze unterteilt.

Absatz 1 regelt die internationale Zuständigkeit für Verfahren, die die elterliche Veranwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten betreffen, deren gewöhnlicher Aufenthaltsort sich in dem Mitgliedstaat befindet, dessen Gerichte auch für die Entscheidung in der Ehesache zuständig sind. Dies bedeutet keineswegs, daß in diesem Staat dieselbe Stelle in der Ehesache und über die elterliche Verantwortung zu entscheiden hat. Es kommt lediglich darauf an, daß beide Verfahren von Stellen ein und desselben Mitgliedstaats entschieden werden.

In Absatz 2 wird festgelegt, unter welchen Voraussetzungen die Stellen des Staates, dessen Gerichte für die Entscheidung über die Ehescheidung zuständig sind, auch über die elterliche Verantwortung entscheiden, wenn das Kind nicht in diesem Staat, sondern in einem anderen Mitgliedstaat wohnt. Für diesen Fall bestimmt Absatz 2, daß mindestens einer der Ehegatten die elterliche Verantwortung für das Kind hat und daß die Zuständigkeit der betreffenden Gerichte von den Ehegatten anerkannt worden ist und im Einklang mit dem Wohl des Kindes steht.

Absatz 3 bestimmt, wann die nach den Absätzen 1 und 2 gegebene Zuständigkeit endet, wobei je nach Fall einer der drei Gründe vorliegen kann:

Buchstabe a betrifft den Regelfall, daß die Entscheidung in der Ehesache rechtskräftig geworden ist, d. h. daß es nicht mehr möglich ist, Berufung oder irgendein anderes Rechtsmittel einzulegen. Ab diesem Zeitpunkt finden die Absätze 2 und 3 keine Anwendung mehr, es sei denn, der in Buchstabe b genannte Fall liegt vor. Die elterliche Verantwortung bestimmt sich dann nach dem innerstaatlichen Recht oder nach den einschlägigen internationalen Übereinkünften.

In Buchstabe b wird unbeschadet der Auffangnorm des Buchstaben c der Fall geregelt, daß zu dem Zeitpunkt, zu dem die Entscheidung in der Ehesache rechtskräftig wird, noch ein Verfahren wegen der elterlichen Verantwortung anhängig ist. In diesem Fall ist die Zuständigkeit bis zu dem Zeitpunkt gegeben, zu dem die Entscheidung über die elterliche Verantwortung rechtskräftig wird. Die Zuständigkeit für die elterliche Verantwortung besteht also auch dann fort, wenn die Entscheidung über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder die Ungültigerklärung der Ehe bereits rechtskräftig geworden ist.

Buchstabe c enthält eine Auffangnorm für den Fall, daß das Verfahren aus einem anderen Grund beendet wird (wenn beispielsweise der Scheidungsantrag zurückgezogen wird oder einer der Ehegatten stirbt).

Artikel 4 - Internationale Kindesentführung

In bezug auf den Schutz der gemeinsamen Kinder bei ehelichen Krisen besteht die wohl größte Gefahr darin, daß das Kind von einem Elternteil aus dem Land seines gewöhnlichen Aufenthalts entführt wird, mit allen Folgen, die dies für die Stabilität und die Sicherheit des Kindes mit sich bringt. Die vorliegende Verordnung, die Ehesachen betrifft, könnte sich nachteilig auf die Rückführung von Minderjährigen auswirken, wenn nicht geeignete Vorkehrungen getroffen werden. Dies ist der Sinn des Artikels 4 der vorliegenden Verordnung.

In diesem Artikel wird eine besondere Zuständigkeitsvorschrift eingeführt. Danach soll die aus Artikel 3 erwachsende Zuständigkeit in den Grenzen ausgeübt werden, die durch das Haager Übereinkommen von 1980 [27] und insbesondere dessen Artikel 3 und 16 vorgegeben sind. Der Ort des rechtmäßigen gewöhnlichen Aufenthalts des Kindes wird somit weiterhin als Zuständigkeitskriterium herangezogen, auch wenn infolge eines widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens des Kindes faktisch eine Änderung des Aufenthaltsorts eingetreten ist.Artikel 5 - Gegenantrag

[27] Haager Übereinkommen vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung.

Diese Bestimmung enthält die übliche Vorschrift für einen Gegenantrag in dem Sinne, daß das Gericht, bei dem der ursprüngliche Antrag anhängig ist, auch für einen eventuellen Gegenantrag zuständig ist, sofern beide Anträge in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Diese Bestimmung ist in Verbindung mit Artikel 11 zu sehen, der einen anderen Sachverhalt beschreibt, wenn auch die Wirkungen in vielen Fällen dieselben sein können.

Artikel 6 - Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebands in eine Ehescheidung

In einigen Rechtssystemen kommt es recht häufig vor, daß eine Trennung ohne Auflösung des Ehebands in eine Ehescheidung umgewandelt wird. So ist die Trennung in einigen Staaten ein unerläßlicher erster Schritt für die spätere Erwirkung der Ehescheidung, wobei in aller Regel vorgeschrieben wird, daß zwischen der Erwirkung der Trennung und der Ehescheidung ein gewisser Zeitraum liegt. Anderen Rechtssystemen hingegen ist diese Unterscheidung fremd.

In diesen Fällen sieht die Verordnung vor, daß die Ehescheidung entweder in dem Staat, dessen Gerichte gemäß Artikel 2 zuständig sind, oder in dem Staat, in dem die Trennung ohne Auflösung des Ehebands ausgesprochen wurde, erwirkt werden kann, wobei zugrunde gelegt wird, daß die Möglichkeit einer derartigen Umwandlung an sich nicht aus der Verordnung resultiert, sondern im innerstaatlichen materiellen Recht des betreffenden Staates vorgesehen sein muß.

Artikel 7 - Ausschließlicher Charakter der Zuständigkeiten nach den Artikeln 2 bis 6

Nur die in den Artikeln 2 bis 6 aufgeführten Kriterien dürfen als Alternativmöglichkeiten und ohne jede Rangordnung untereinander angewandt werden. In Artikel 7 wird speziell auf den ausschließlichen und ausschließenden Charakter abgestellt, der für alle in den vorhergehenden Artikeln enthaltenen Kriterien zur Bestimmung der Zuständigkeit der Gerichte eines Staates gilt. Dabei ist zu berücksichtigen, daß sich der ausschließliche Charakter der Zuständigkeitsregeln auf Ehesachen und damit zusammenhängende Fragen der elterlichen Verantwortung bezieht, nicht hingegen auf die Zuständigkeitsregeln für den Fall, daß es unabhängig von einer Ehesache um den Schutz von Minderjährigen geht. Der ausschließende Charakter ist unbeschadet der in Artikel 8 Absatz 1 und Artikel 38 Absatz 2 enthaltenen Bestimmungen zu verstehen.

Nachdem in Artikel 2 als Kriterium der gewöhnliche Aufenthalt eines Ehegatten unter den dort genannten Bedingungen oder aber die Staatsangehörigkeit festgelegt wurde, bestimmt Artikel 7, daß ein Gericht nur nach Maßgabe der vorangegangenen Artikel angerufen werden darf.

Artikel 8 - Restzuständigkeiten

Im Anschluß an Artikel 7 (ausschließlicher Charakter der Zuständigkeiten nach den Artikeln 2 bis 6) nimmt dieser Artikel auf die Zuständigkeitsvorschriften des einzelstaatlichen Rechts Bezug, die nur im Rahmen dieses Artikels zur Anwendung gelangen können. In einigen Mitgliedstaaten bestimmt sich die Zuständigkeit in den Fällen, in denen einer der beiden Ehegatten in einem Nichtmitgliedstaat wohnt und keines der Zuständigkeitskriterien dieser Verordnung erfuellt ist, nach dem Recht, daß in dem jeweils betroffenen Mitgliedstaat gilt. In diesen Fällen kann der Antragsteller, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat, die innerstaatlichen Vorschriften dieses Staates wie ein Inländer geltend machen. Voraussetzung dafür ist, daß der Antragsgegner weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt.

Diese Zuständigkeiten wurden aufgrund ihres Charakters und ihrer Stellung im Rahmen der in dieser Verordnung vorgesehenen Zuständigkeitskriterien "Restzuständigkeiten" genannt.

Ausgehend von den in den Artikeln 2 bis 6 der Verordnung enthaltenen Zuständigkeitskriterien wird in Absatz 1 die Trennungslinie zwischen diesen Kriterien mit Ausschließlichkeitscharakter und der Anwendbarkeit der innerstaatlichen Zuständigkeitsvorschriften gezogen, so daß die geographischen Grenzen der Verordnung deutlich werden. Die in Artikel 8 Absatz 2 vorgesehenen Voraussetzungen können wie folgt erläutert werden:

a) Der Antragsteller muß Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats sein und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat haben. Damit wird der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Bürger der Mitgliedstaaten für die Zwecke des Absatz 1 niedergelegt.

b) Der Antragsgegner muß zwei Bedingungen erfuellen: einerseits muß er seinen gewöhnlichen Aufenthalt außerhalb der Mitgliedstaaten haben, andererseits darf er nicht die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen. Beide Bedingungen müssen erfuellt sein, da sonst das eine oder andere Zuständigkeitskriterium nach Artikel 2 anzuwenden wäre.

Zweiter Abschnitt - Prüfung der Zuständigkeit und der Zulässigkeit des Verfahrens

Artikel 9 - Prüfung der Zuständigkeit

Angesichts der erheblichen Unterschiede zwischen den innerstaatlichen Vorschriften der Mitgliedstaaten und des Spielraums, den die Kollisionsnormen bieten, kommt der Prüfung der Zuständigkeit, die das angerufene Gericht von Amts wegen vornimmt, ohne daß ein diesbezüglicher Antrag einer Partei erforderlich ist, eine ganz besondere Bedeutung zu.

Artikel 10 - Prüfung der Zulässigkeit des Verfahrens

Zweck dieser Bestimmung ist es, das Recht auf Verteidigung zu gewährleisten. Die im vorangegangenen Artikel vorgesehene Prüfung der Zuständigkeit allein reicht dazu nicht aus. Es bedarf auch einer Bestimmung über die Prüfung der Zulässigkeit des Verfahrens, nach der das Verfahren auszusetzen ist, bis festgestellt ist, daß es dem Antragsgegner möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, daß er sich verteidigen konnte, oder daß alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind. Damit wird bezweckt, daß sich das Gericht vergewissern kann, daß seine internationale Zuständigkeit wohlbegründet ist und daß infolgedessen Gründe für eine Ablehnung der Anerkennung soweit wie möglich ausgeschlossen sind.

Die im vorstehenden Absatz beschriebenen Bestimmungen werden durch die Richtlinie über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union [28] ersetzt, sobald diese von den Mitgliedstaaten umgesetzt worden ist. Bis zu dieser Umsetzung gilt das Haager Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen im Ausland, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück nach Maßgabe dieser Verordnung im Ausland zugestellt werden mußte.

[28] ABl.

Dritter Abschnitt - Rechtshängigkeit und abhängige Verfahren

Artikel 11 - Rechtshängigkeit und abhängige Verfahren

Die Änderungen der Vorschriften über die Rechtshängigkeit im Brüsseler Übereinkommen von 1968 sind durch die Unterschiede zwischen den Rechtsordnungen der einzelnen Staaten im Familienrecht bedingt. Einige Mitgliedstaaten kennen beispielsweise weder die Ungültigerklärung einer Ehe noch die Trennung ohne Auflösung des Ehebands. Diese Unterschiede wirken sich auch auf den Begriff der Rechtshängigkeit aus, der in einigen Staaten, wo es sich um denselben Gegenstand, denselben Grund und dieselben Parteien handeln muß, enger ausgelegt wird als in anderen, wo nur derselbe Anspruch und dieselben Parteien vorausgesetzt werden.

Absatz 1 enthält die herkömmliche Vorschrift der Rechtshängigkeit, d.h. den Grundsatz "prior temporis", der auf alle unter die Verordnung fallenden Rechtssachen anwendbar ist, sofern sie denselben Anspruch und dieselben Parteien betreffen. Um die Gefahr eines negativen Kompetenzkonflikts zu vermeiden, wurde festgelegt, daß das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aussetzt, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist.

Absatz 2 trägt speziell den Unterschieden in den Rechtsordnungen der Staaten hinsichtlich der Zulässigkeit der Trennung, der Ehescheidung und der Ungültigerklärung einer Ehe Rechnung. Diese Bestimmung bezieht sich somit auf einen Sachverhalt, der mit dem Begriff "abhängige Verfahren" erfaßt wird und als "unechte Rechtshängigkeit" bezeichnet werden könnte. Danach können zwei Anträge derselben Parteien, auch wenn Gegenstand und Grund sich nicht entsprechen, eine unechte Rechtshängigkeit begründen, die die Anwendung des Grundsatzes "prior temporis" ermöglicht. Im Unterschied zu Absatz 1, der auch die elterliche Verantwortung umfaßt, ist Absatz 2 bewußt auf Anträge auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder Ungültigerklärung einer Ehe beschränkt worden.

In Absatz 3 ist festgelegt, welche Folgen sich daraus ergeben, daß das zuerst angerufene Gericht seine Zuständigkeit anerkennt. Diese Bestimmung enthält eine allgemeine Vorschrift, wonach das später angerufene Gericht sich zugunsten des zuerst angerufenen Gerichts für unzuständig erklärt. Weiter enthält sie eine besondere Vorschrift, wonach der Antragsteller, der einen Antrag bei dem später angerufenen Gericht gestellt hat, diesen Antrag, sofern er dies wünscht, dem Gericht vorlegen kann, das sich als zuerst befaßtes Gericht für zuständig erklärt hat.

Allerdings sind die Einleitungsworte von Absatz 3 Unterabsatz 2 "in diesem Fall" so auszulegen, daß der Antragsteller seinen Antrag nur dann dem Gericht vorlegen kann, das sich als zuerst befaßtes Gericht für zuständig erklärt hat, wenn das später angerufene Gericht sich für unzuständig erklärt.

Vierter Abschnitt - Einstweilige Massnahmen einschliesslich Sicherungsmassnahmen

Artikel 12

Einstweilige Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen in Verfahren, die in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, unterliegen nicht deren Zuständigkeitsregeln, sondern innerstaatlichem Recht. Diese Maßnahmen können auch in einem anderen Staat als dem Staat getroffen werden, dessen Gericht für die Entscheidung in der Hauptsache zuständig ist. Dieser Artikel gilt allerdings nur für dringende Fälle.

Was den Inhalt der Bestimmung betrifft, so ist darauf hinzuweisen, daß die einstweiligen Maßnahmen einschließlich der Sicherungsmaßnahmen nur in dringenden Fällen anwendbar sind, auch wenn sie in Verfahren angeordnet werden, die unter diese Verordnung fallen. Sie können aber sowohl Personen als auch Güter betreffen und somit Rechtsbereiche umfassen, die nicht unter die Verordnung fallen, sofern die Verfahren im innerstaatlichen Recht vorgesehen sind. Die Maßnahmen, die ergriffen werden können, sind sehr vielfältiger Natur, da sie sowohl Personen als auch Güter betreffen können, die sich in dem Staat befinden, in dem die Maßnahmen ergriffen wurden, was in bezug auf eherechtliche Streitigkeiten unbedingt notwendig ist. Die Verordnung sagt nichts über die Art dieser Maßnahmen noch über die Verbindung zwischen diesen Maßnahmen und dem Antrag in der Ehesache. Die Maßnahmen können daher auch Aspekte betreffen, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen. Die Maßnahmen finden jedoch keine Anwendung mehr, wenn das zuständige Gericht eine Entscheidung auf der Grundlage eines der in der Verordnung vorgesehenen Zuständigkeitskriterien erläßt und diese Entscheidung nach Maßgabe der Verordnung anerkannt (oder vollstreckt) wird. Sonstige Maßnahmen in bezug auf Aspekte, die nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung fallen, beispielsweise die des Güterstandes, behalten solange ihre Geltung, bis von einem zuständigen Gericht eine entsprechende Entscheidung getroffen wird.

Die Bestimmung dieses Artikels stellt lediglich auf territoriale Wirkungen in dem Staat ab, in dem die Maßnahmen ergriffen werden.

Kapitel III - Anerkennung und Vollstreckung

Artikel 13 - Bedeutung des Begriffs "Entscheidung"

Die Bestimmungen dieses Artikels definieren den Begriff "Entscheidung" in bezug auf die Anerkennung und Vollstreckung. Im Anschluß an die in Absatz 1 enthaltene allgemeine Definition wird in Absatz 2 präzisiert, daß die Bestimmungen des Titels III auch für den Beschluß über die Gerichtskosten und deren Höhe gelten. Bei diesem Artikel ist auch zu berücksichtigen, daß ebenfalls Entscheidungen einbezogen sind, die von Behörden im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 getroffen werden.

Der Begriff "Entscheidung" bezieht sich nur auf positive Entscheidungen, die tatsächlich zu einer Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder Ungültigerklärung einer Ehe geführt haben.

Zu den Entscheidungen über die elterliche Verantwortung im Rahmen des Anwendungsbereichs der Verordnung und nach den Zuständigkeitsregeln des Artikels 3 ist zu bemerken, daß eine positive Entscheidung für eine andere Person als die, zu deren Gunsten sie ausfällt, durchaus auch negative Wirkungen hinsichtlich der elterlichen Verantwortung haben kann. Sie ist damit natürlich ebenfalls eine Entscheidung im Sinne der Verordnung.

Die genaue Definition der Entscheidungen "über die elterliche Verantwortung" bleibt den innerstaatlichen Rechtsordnungen überlassen.

Was die Gerichtskosten betrifft, so ist der in Artikel 38 Absatz 1 enthaltenen Bestimmung Rechnung zu tragen.

In Anbetracht der unterschiedlichen innerstaatlichen Rechtssysteme stellt Absatz 3 "öffentliche Urkunden, die in einem Mitgliedstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, sowie vor einem Richter im Laufe eines Verfahrens geschlossene Vergleiche, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie zustande gekommen sind, vollstreckbar sind", den in Absatz 1 des Artikels genannten "Entscheidungen" gleich.

Erster Abschnitt - Anerkennung

Artikel 14 - Anerkennung einer Entscheidung

Entscheidungen im Sinne von Artikel 13 werden nach diesem Artikel grundsätzlich in allen Mitgliedstaaten automatisch, d.h. ohne ein besonderes Verfahren, anerkannt. Die bedeutsamste Wirkung dieser automatischen Anerkennung besteht darin, daß für die Beischreibung in den Personenstandsbüchern eines Mitgliedstaats kein besonderes Verfahren erforderlich ist und das Vorliegen einer entsprechenden rechtskräftigen Entscheidung, die in einem anderen Mitgliedstaat ergangen ist, ausreicht. Es handelt sich demnach nicht um eine gerichtliche Anerkennung, sondern um eine Anerkennung zwecks Eintragung in die Personenstandsbücher.

Artikel 14 stellt zweifellos eine wichtige Änderung für die europäischen Bürger dar, weil die Beischreibung in den Personenstandsbüchern die am häufigsten angestrebte Wirkung eines Vollstreckungsverfahrens ist: Nach Inkrafttreten der Verordnung wird diese Bestimmung zu einer Zeit- und Geldersparnis führen, da für die Beischreibung keine weitere Entscheidung notwendig ist.

Es sei darauf hingewiesen, daß es sich um eine rechtskräftige Entscheidung handeln muß, d.h. um eine Entscheidung, gegen die nach dem Recht des Ursprungsstaats keine weiteren ordentlichen Rechtsbehelfe eingelegt werden können.

Artikel 15 - Gründe für die Nichtanerkennung einer Entscheidung

Absatz 1 enthält die Gründe für die Nichtanerkennung von Entscheidungen über eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder Ungültigerklärung einer Ehe, während sich Absatz 2 auf die Gründe für die Nichtanerkennung von Entscheidungen über die elterliche Verantwortung bezieht, die anläßlich eines Verfahrens in Ehesachen ergangen sind. Der Grund für diese Aufgliederung liegt darin, daß beide Arten von Entscheidungen zwar eng mit der Ehesache verknüpft sind, sie aber gemäß der innerstaatlichen Zuständigkeitsverteilung in dem Staat, in dem sie ergangen sind, von verschiedenen Stellen erlassen worden sein können. Ein weiterer Grund für diese Aufgliederung besteht darin, daß der Gegenstand der Ehesache und der Gegenstand des die elterliche Verantwortung betreffenden Verfahrens so verschieden sind, daß auch die Nichtanerkennungsgründe in beiden Fällen zwangläufig anders gelagert sind.

Was die Nichtanerkennung von Entscheidungen über eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder Ungültigerklärung einer Ehe betrifft, so besteht der erste Grund wie üblich darin, daß die Anerkennung im offensichtlichen Widerspruch zur öffentlichen Ordnung (ordre public) des ersuchten Staats stuende. Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß nach Artikel 18 der Verordnung die Entscheidung keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden darf, daß nach Artikel 17 die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung nicht deshalb abgelehnt werden darf, weil eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder Ungültigerklärung einer Ehe in dem Staat, in dem die Anerkennung beantragt wird, nicht zulässig wäre, und daß gemäß Artikel 16 Absatz 3 das Kriterium der Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) nicht auf die Zuständigkeitsvorschriften anwendbar ist.

Absatz 1 Buchstabe b sieht die Nichtanerkennung einer Entscheidung in den Fällen vor, in denen sich der Antragsgegner auf das Verfahren nicht eingelassen hat, weil er nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig benachrichtigt wurde, daß er sich verteidigen konnte. Die Anerkennung hat jedoch zu erfolgen (was letzten Endes die normale Folge eines ordnungsgemäßen Funktionierens der Verordnung ist), wenn der Antragsgegner die Entscheidung in eindeutiger Weise akzeptiert hat, was beispielsweise gegeben ist, wenn er Schritte im Hinblick auf eine neue Eheschließung unternommen hat.

Die Unvereinbarkeit einer Entscheidung mit anderen Entscheidungen ist Gegenstand zweier weiterer Bestimmungen in Absatz 1 Buchstabe c und Buchstabe d. In diesen Fällen ist es nicht erforderlich, daß den betreffenden Rechtsstreitigkeiten derselbe Anspruch zugrunde lag.

Buchstabe c betrifft die Unvereinbarkeit der Entscheidung mit einer Entscheidung, die in einem Verfahren zwischen denselben Parteien in dem Staat, in dem die Anerkennung beantragt wird, ergangen ist, unabhängig davon, ob die letztere Entscheidung vor oder nach der im Ursprungsstaat ergangenen Entscheidung erlassen wurde.

Buchstabe d) regelt die Fälle, in denen eine Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Nichtmitgliedstaat in einem Verfahren zwischen denselben Parteien ergangen ist und folgende zwei Bedingungen erfuellt sind:

a) Es muß sich um eine frühere Entscheidung handeln, und

b) sie muß die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung im ersuchten Mitgliedstaat erfuellen.

Absatz 2 enthält die Gründe für die Nichtanerkennung von Entscheidungen über die elterliche Verantwortung, wobei nicht nur gerichtliche Entscheidungen gemeint sind, sondern alle Entscheidungen anderer Behörden, sofern sie im Zusammenhang mit der Ehescheidung ergehen.

Was die Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung anbelangt, die in Absatz 2 Buchstabe a erneut erscheint, so reicht für eine Ablehnung der Entscheidung eine offensichtliche Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung nicht aus, sondern es ist auch das Wohl des Kindes dabei zu berücksichtigen. Unter Buchstabe c ist der Fall aufgeführt, daß sich der Antragsgegner nicht auf das Verfahren eingelassen hat. Auf diesen Fall treffen die Erläuterungen zu Absatz 1 Buchstabe b dieses Artikels ebenfalls zu.

Ein weiterer Grund für die Nichtanerkennung ist der Umstand, daß die Entscheidung ergangen ist, ohne daß das Kind die Möglichkeit hatte, gehört zu werden, bzw. ohne daß einer Person Gelegenheit gegeben wurde, geltend zu machen, daß die Entscheidung in ihre elterliche Verantwortung eingreift (Buchstabe d).

Unter den Buchstaben e und f schließlich wird als Grund für die Nichtanerkennung die Unvereinbarkeit mit einer anderen Entscheidung aufgeführt, wobei danach unterschieden wird, ob letztere Entscheidung in dem ersuchten Mitgliedstaat ergangen ist oder aber in einem anderen Mitgliedstaat oder dem Nichtmitgliedstaat, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Da es hier ausschließlich um die elterliche Verantwortung geht, bezieht sich die Unvereinbarkeit der Entscheidung, deren Anerkennung beantragt wird, in beiden Fällen auf eine später als diese ergangene Entscheidung, weil frühere Entscheidungen bereits im Rahmen der Entscheidung im Zusammenhang mit der Ehescheidung berücksichtigt worden sein müssen. Mit dieser Bestimmung sollen Widersprüche vermieden werden, die sich beispielsweise zwischen einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung über Ehescheidung und Sorgerecht und einer inländischen Entscheidung über die Aberkennung der Vaterschaft ergeben könnten.

Artikel 16 - Verbot der Nachprüfung der Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats

Das ersuchte Gericht darf weder die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungs mitgliedstaats nachprüfen noch das Kriterium der öffentlichen Ordnung (ordre public) auf die in den Artikeln 2 bis 8 aufgeführten Zuständigkeitsregeln anwenden.

Artikel 17 - Unterschiede beim anzuwendenden Recht

Diese Bestimmung steht in Verbindung mit Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a. Sie ist begründet durch Bedenken der Staaten mit flexibleren materiellrechtlichen Ehescheidungsvorschriften, daß die von ihren Gerichten erlassenen Entscheidungen in einem anderen Staat mit der Begründung nicht anerkannt werden könnten, daß ihnen Sachverhalte zugrunde liegen, die nach dem innerstaatlichen Recht des ersuchten Staats nicht relevant sind. Diese Bestimmung steht folglich einer allzu kategorischen Geltendmachung der öffentlichen Ordnung entgegen.

Die Bezeichnung "Recht" des ersuchten Mitgliedstaats erfaßt sowohl die innerstaatlichen Vorschriften als auch die in diesem Mitgliedstaat geltenden Bestimmungen des internationalen Privatrechts.

Artikel 18 - Ausschluß einer Nachprüfung in der Sache

Dieser Artikel enthält die herkömmliche Vorschrift über den Ausschluß einer Nachprüfung in der Sache anläßlich der Anerkennung oder Vollstreckung einer Entscheidung. Diese Bestimmung ist notwendig, damit es nicht zu einer Verfälschung des eigentlichen Zwecks des Vollstreckungsverfahrens kommt, der ja nicht darin besteht, daß das Gericht des ersuchten Staates erneut über etwas befindet, worüber das Gericht des Ursprungsstaats bereits entschieden hat.

Mit der Bestimmung soll ausgeschlossen werden, daß die betreffenden Maßnahmen im Rahmen des Vollstreckungsverfahrens nachgeprüft werden, was aber keinesfalls die Unveränderlichkeit dieser Maßnahmen zur Folge haben kann.

Das Grundprinzip ist folglich, daß im ersuchten Mitgliedstaat keine Nachprüfung der ursprünglichen Entscheidung erfolgen darf. Eine Änderung der Umstände kann jedoch sehr wohl dazu führen, daß die Schutzmaßnahmen nachzuprüfen sind, wie dies stets in Situationen der Fall ist, die aufgrund ihres langfristigen Charakters möglicherweise geringer Änderungen bedürfen, die von der für die elterliche Verantwortung zuständige Stelle vorzunehmen sind.

Artikel 19 - Aussetzung des Anerkennungsverfahrens

Diese Bestimmung ist in Verbindung mit den Bestimmungen des Artikels 14 Absatz 2 zu sehen, wonach es für die automatische Anerkennung insbesondere für die Beischreibung in den Personenstandsbüchern keines besonderen Verfahrens bedarf, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsstaat nach dessen Recht keine weiteren Rechtsbehelfe eingelegt werden können.

Das Gericht des Mitgliedstaats, bei dem ein Antrag auf Anerkennung gestellt wird, kann das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden ist. Zur Aussetzung der Vollstreckung siehe Artikel 27.

Zweiter Abschnitt - Vollstreckung

Artikel 20 - Vollstreckbare Entscheidungen

Dieser Artikel enthält die Regeln für die Erlangung des Exequatur, die Voraussetzung dafür ist, daß eine in einem Mitgliedstaat ergangene Entscheidung in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt werden kann. Es geht infolgedessen lediglich darum, daß die betreffenden Gerichte auf Antrag einer berechtigten Partei über eine etwaige Vollstreckung in dem Staat, in dem diese beantragt wird, entscheiden, wobei sie diese nur aus den Gründen ablehnen können, die in Artikel 15 und Artikel 16 aufgeführt sind. Bei Ehesachen bedarf es aufgrund des Anwendungsbereichs der Verordnung und der Tatsache, daß die Anerkennung ohne weiteres die Beischreibung in den Personenstandsbüchern erlaubt, nur einer Regelung für die Anerkennung, während in bezug auf die Ausübung der elterlichen Verantwortung für ein gemeinsames Kind eine Regelung für die Vollstreckung erforderlich ist.

,Berechtigte Partei" sind im Sinne des Antrags auf Vollstreckung nicht nur die Ehegatten und die Kinder, sondern in den Staaten, in denen dies vorgesehen ist, auch die staatliche Gewalt (Staatsanwaltschaft oder entsprechende Stelle).

In dieser Bestimmung geht es lediglich darum, die Vollstreckung einer in einem anderen Staat ergangenen Entscheidung über die elterliche Verantwortung zu ermöglichen, während für das Verfahren der Vollstreckung selbst das innerstaatliche Recht des jeweiligen Staates gilt. So ist nach Erlangung des Exequatur in einem Staat dessen innerstaatliches Recht für die konkreten Vollstreckungsmaßnahmen maßgebend.

Mit den nachfolgenden Bestimmungen soll ein für alle Mitgliedstaaten einheitliches Verfahren zur Erlangung des Exequatur geschaffen werden, das die in den innerstaatlichen Rechtsordnungen oder in anderen Übereinkünften enthaltenen diesbezüglichen Vorschriften ersetzt.

Artikel 21 - Örtlich zuständige Gerichte

Dieser Artikel wurde in drei Absätze gegliedert: Der erste Absatz nennt die Gerichte mit internationaler Zuständigkeit für die Vollstreckung, während die beiden letzten Absätze sich auf das örtlich zuständige Gericht innerhalb des Vollstreckungsstaats beziehen. Diese Bestimmungen gelten sowohl für die Anerkennung (im Wege von Artikel 14 Absatz 3) als auch für die Vollstreckung. Ihr Ziel ist es, dem europäischen Bürger das Leben zu erleichtern, da dieser so von vornherein weiß, an welche Gerichte er sich zu wenden hat.

In Absatz 1 werden die Behörden aufgeführt, die für die Vollstreckung international zuständig sind. Dabei wird zwischen den Anträgen auf Vollstreckung und den Anträgen auf Anerkennung unterschieden.

Ausgehend von dem Regelfall, d. h. dem Exequaturantrag, bestimmt Absatz 2 Buchstabe a, daß die örtliche Zuständigkeit bei dem Gericht des Ortes liegt, an dem die Person, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt ist, ihren gewöhnlichen Aufenthalt hat oder an dem das Kind, auf das sich der Antrag bezieht, seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Es stellte sich jedoch heraus, daß es Fälle geben kann, in denen sich weder der gewöhnliche Aufenthalt der Person, gegen die der Antrag gestellt ist, noch der gewöhnliche Aufenthalt des Kindes in dem Mitgliedstaat befinden, in dem der Vollstreckungsantrag gestellt wird. Für diesen Fall ist unter Buchstabe b vorgesehen, daß der Antrag bei dem Gericht des Orts der angestrebten Vollstreckung zu stellen ist.

Für den zweiten Fall hingegen, d. h. bei einem Antrag auf Anerkennung oder Nichtanerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung, überläßt Absatz 3 die Regelung der Zuständigkeit den innerstaatlichen Rechts vorschriften des Staats, in dem der Antrag gestellt wird.

Artikel 22 - Antrag auf Vollstreckung

In diesem und den nachfolgenden Artikeln werden verschiedene Aspekte im Zusammenhang mit dem für die Vollstreckung einer Entscheidung geltenden Verfahren geregelt.

Das Verfahren wird auf Antrag einer Partei eingeleitet. Es hat gemeinschaftlichen Charakter, d. h. dasselbe zügige und unkomplizierte Verfahren gilt in allen Mitgliedstaaten, was zweifellos ein Vorteil ist. Dieser Artikel präzisiert das konkrete Vorgehen des Antragstellers.

Die Formvorschriften für die Stellung des Antrags bestimmen sich nach dem Recht des Staates, in dem die Vollstreckung erwirkt werden soll (Absatz 1). Der Inhalt des Antrags, die Anzahl der dem Gericht vorzulegenden Ausfertigungen, die für die Entgegennahme des Antrags zuständige Gerichtsstelle, gegebenenfalls die Sprache, in der der Antrag abzufassen ist, sowie die Notwendigkeit der Mitwirkung eines Anwalts oder anderen Vertreters oder Bevollmächtigten richten sich somit nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften.

Ferner muß der Antragsteller nach Absatz 2 in dem Bezirk des angerufenen Gerichts über eine Zustellungsanschrift verfügen, d. h. er muß entweder ein Wahldomizil begründen oder einen Zustellungsbevollmächtigten benennen. Diese Vorschrift ist in zweifacher Hinsicht bedeutsam: Zum einen für die Mitteilung der Entscheidung an den Antragsteller (Artikel 24), zum zweiten im Hinblick auf einen mit beiderseitigem rechtlichem Gehör verbundenen Rechtsbehelf gegen die Vollstreckungsentscheidung (Artikel 26). In Absatz 3 schließlich ist vorgesehen, daß dem Antrag die in den Artikeln 33 und 34 genannten Urkunden beizufügen sind.

Artikel 23 - Entscheidung des Gerichts

In Absatz 1 wird der eindeutige Charakter des Exequaturverfahrens festgelegt. Der Partei, gegen die sich der Vollstreckungsantrag richtet, darf kein Gehör gewährt werden, auch nicht in Ausnahmefällen, da dies zu einer systematischen Umwandlung des einseitigen Verfahrens in ein kontradiktorisches führen würde. Die Verteidigungs rechte sind insofern gewahrt, als die Person, gegen die das Exequatur erlangt worden ist, die Möglichkeit hat, einen Rechtsbehelf gegen die Vollstreckungsentscheidung einzulegen.

Das Gericht hat lediglich über die Vollstreckung zu entscheiden und darf keine Nachprüfung beispielsweise sorgerechtlicher Maßnahmen vornehmen, da Artikel 39 dies verbietet. Das Gericht hat seine Entscheidung ,ohne Verzug" zu erlassen; es wurde nicht für zweckmäßig erachtet, hierfür eine Frist zu setzen, da eine solche Frist für die Gerichte nicht üblich ist und zudem im Fall der Nichteinhaltung keine entsprechende Sanktion zur Verfügung gestanden hätte. Da das Exequatur in aller Regel auf der Grundlage des gegenseitigen Vertrauens erteilt wird, das auf der Annahme beruht, daß alle Gerichte der Gemeinschaft die Verordnung korrekt anwenden, wird in diesem Fall auf ein zügiges Verfahren mit nur einseitigem rechtlichem Gehör abgestellt, zumal für die Fälle, in denen Schwierigkeiten auftreten, die in den nachfolgenden Artikeln der Verordnung vorgesehenen Rechtsbehelfe zur Verfügung stehen. Absatz 1 führt dazu, daß der Antrag nur aus einem der in Artikel 15 aufgeführten Gründe abgelehnt werden und keine Nachprüfung in der Sache stattfinden darf (Absatz 3).

Artikel 24 - Mitteilung der Entscheidung

In diesem Artikel wird festgelegt, daß die Mitteilung der Entscheidung an den Antragsteller gemäß dem Recht des Staats zu erfolgen hat, in dem der Vollstreckungsantrag gestellt worden ist. Diese Bestimmung zeigt die Bedeutung der Begründung eines Wahldomizils bzw. der Benennung eines Zustellungsbevoll mächtigten (siehe Artikel 22) und hat Auswirkungen auf die Einlegung der Rechtsbehelfe, auf die sich die folgenden Artikel beziehen.

Artikel 25 - Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Zulassung der Vollstreckung

Dieser Artikel gestattet einen Rechtsbehelf der Person, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt ist, gegen die Entscheidung, mit der die Vollstreckung zugelassen wird.

Da die Verordnung, wenn sie wie vorgesehen funktioniert, zur Erteilung des Exequatur führen soll, wird für die Einlegung eines Rechtsbehelfs logischerweise nur eine kurze Frist eingeräumt, die einen Monat beträgt (Absatz 1). Hat die Partei, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt war, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Staat als dem, in dem die Vollstreckungsentscheidung ergangen ist, so beträgt die Frist zwei Monate ab dem Tag der Zustellung, die entweder persönlich oder in der Wohnung der betreffenden Partei erfolgt sein muß. Diese Frist kann nicht wegen weiter Entfernung verlängert werden.

Artikel 26 - Für den Rechtsbehelf zuständiges Gericht und Anfechtung der Entscheidung über den Rechtsbehelf

In Absatz 1 werden die Gerichte aufgeführt, bei denen ein Rechtsbehelf gegen die Vollstreckungsentscheidung eingelegt werden kann. In diesem Fall findet ein kontradiktorisches Verfahren mit beiderseitigem rechtlichem Gehör statt im Gegensatz zu dem Vollstreckungsantrag und der Vollstreckungsentscheidung mit einseitigem Charakter. Die Verordnung verlangt für das Rechtsbehelfsverfahren lediglich ein solches beiderseitiges rechtliches Gehör, während die Vollstreckungs entscheidung in einem einseitigen Verfahren ergeht. Dabei ist besondere Umsicht wegen sprachlicher Unterschiede geboten und der Begriff ,kontradiktorisch" (,mit beiderseitigem rechtlichem Gehör") keinesfalls mit dem Begriff ,streitig" gleichzusetzen. So handelt es sich in einigen Staaten um ein Verfahren sowohl mit ,kontradiktorischem" als auch mit ,streitigem" Charakter, während dies in anderen Staaten nicht der Fall ist. Es ist also stets ein ,kontradiktorisches" Verfahren zu führen, wohingegen die Frage, ob es sich bei dem Rechtsbehelfsverfahren auch um ein ,streitiges" Verfahren handelt oder nicht, von den innerstaatlichen Rechtsvorschriften abhängt, wie auch das Verfahren dem Recht des jeweiligen Gerichtsstandes unterliegt (lex fori regit processum).

Gegen die Entscheidung über den Rechtsbehelf können nur noch in Deutschland die Rechtsbeschwerde, in Österreich der Revisionsrekurs bzw. in den übrigen Staaten andere Rechtsbehelfe höchsten Grades eingelegt werden. Mit dieser Einschränkung der möglichen Rechtsbehelfe sollen unnötige Verfahren vermieden werden, die ohne sachliche Begründung nur zu Verzögerungszwecken eingelegt werden könnten. Schließlich geht es darum, den Zweck der Verordnung zu wahren, der darin besteht, den freien Verkehr von Entscheidungen im Binnenmarkt zu ermöglichen.

Artikel 27 - Aussetzung des Verfahrens

In bestimmten Fällen kann es vorkommen, daß eine Entscheidung im Ursprungsstaat vollstreckbar ist, obgleich bereits ein Rechtsbehelf eingelegt worden ist oder die Frist für dessen Einlegung noch nicht verstrichen ist. In diesen Fällen galt es zu vermeiden, daß die Situation durch Erteilung des Exequatur für die Entscheidung noch komplizierter wird. Infolgedessen hat das Gericht, das über den Rechtsbehelf zu befinden hat, gemäß dieser Bestimmung die Möglichkeit, nicht jedoch die Verpflichtung, das Verfahren auszusetzen, wenn über den ordentlichen Rechtsbehelf im Ursprungsstaat noch nicht entschieden wurde oder die Frist für dessen Einlegung noch nicht verstrichen ist. Die Aussetzung kann nur auf Antrag der Partei erfolgen, die den Rechtsbehelf eingelegt hat.

Zur Aussetzung der Anerkennung siehe Artikel 19.

Artikel 28 - Zuständiges Gericht für einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Ablehnung der Vollstreckung

Parallel zu dem Rechtsbehelf bei Zulassung der Vollstreckung hat der Antragsteller auch die Möglichkeit, gegen eine Ablehnung der Vollstreckung einen Rechtsbehelf einzulegen. In Absatz 1 die Gerichte aufgeführt, die für diesen Rechtsbehelf zuständig sind. Im Gegensatz zum ersteren Fall wird hier jedoch keinerlei Frist für die Einlegung des Rechtsbehelfs vorgeschrieben. Der Grund dafür besteht darin, daß dem Antragsteller bei einer Ablehnung seines Antrags das Recht einzuräumen ist, einen Rechtsbehelf zu einem Zeitpunkt einzulegen, der ihm zweckmäßig erscheint, und daß er beispielsweise Zeit braucht, um die erforderlichen Urkunden beizubringen. Auch hier bedingt der Zweck der Verordnung das unterschiedliche Vorgehen: Die Entscheidung soll in aller Regel vollstreckt werden, und es sind infolgedessen Erleichterungen vorzusehen, damit dieser Zweck, nachdem die erste Entscheidung über die Vollstreckung ohne Verzug und im Rahmen eines einseitigen Verfahrens ergangen ist, auch erreicht wird.

Da es sich auch hier um ein Verfahren mit beiderseitigem rechtlichem Gehör zu handeln hat und die Rechte der Partei, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt worden ist, zu wahren sind, ist in Absatz 2 vorgesehen, daß diese von der Einlegung des Rechtsbehelfs zu unterrichten ist. Ferner ist Artikel 10 (Prüfung der Zulässigkeit des Verfahrens) anzuwenden, falls sich diese Partei auf das Verfahren nicht einläßt, unabhängig davon, ob sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat oder in einem Nichtmitgliedstaat hat.

Artikel 29 - Anfechtung der Entscheidung über den Rechtsbehelf

Eine Entscheidung über den Rechtsbehelf kann nur bei den in Artikel 26 Absatz 2 aufgeführten Gerichten angefochten werden.

Artikel 30 - Teilvollstreckung

Dieser Artikel betrifft zwei unterschiedliche Sachverhalte.

In Absatz 1 geht es um den Fall, daß sich die Entscheidung auf verschiedene Ansprüche bezieht und daß die Vollstreckung nicht für alle diese Ansprüche zugelassen werden kann: In diesem Fall läßt das Gericht die Vollstreckung nur für einen oder mehrere Ansprüche zu.

In Absatz 2 hingegen geht es um den Fall, daß der Antragsteller nur eine teilweise Vollstreckung der Entscheidung beantragt.

Artikel 31 - Prozeßkostenhilfe

Wenn dem Antragsteller im Ursprungsstaat in irgendeiner Form Prozeßkostenhilfe oder Kostenbefreiung gewährt wurde, erfährt er auch in dem Staat, in dem er die Vollstreckung beantragt, diesbezüglich die günstigste Behandlung, die nach dessen Recht möglich ist.

Artikel 32 - Sicherheitsleistung oder Hinterlegung

Dieser Artikel schreibt den Grundsatz fest, daß die Partei, die in einem Mitgliedstaat die Anerkennung oder Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung beantragt, von jeglicher Art von Sicherheitsleistung oder Hinterlegung (cautio judicatum solvi) befreit ist.

Dritter Abschnitt - Gemeinsame Vorschriften

Artikel 33 - Urkunden

In Absatz 1 sind die Urkunden aufgeführt, die einem Antrag sowohl auf Anerkennung oder Nichtanerkennung als auch auf Vollstreckung einer Entscheidung in jedem Fall beizufügen sind. Wie in allen Vollstreckungsübereinkünften wird die Vorlage einer Ausfertigung der Entscheidung verlangt, welche die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfuellt, wobei für letzteres nach der Regel ,locus regit actum" das Recht des Ortes maßgeblich ist, an dem die Entscheidung ergangen ist. Gegebenenfalls ist ferner eine Urkunde vorzulegen, durch die nachgewiesen wird, daß der Antragsteller im Ursprungsmitgliedstaat Prozeßkostenhilfe erhalten hat.

Absatz 2 bezieht sich auf die Urkunden, die bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung vorzulegen sind. Die Person, die die Anerkennung oder Vollstreckung beantragt, hat hierzu einen Nachweis in der vorgeschriebenen Form über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks oder eines gleich wertigen Schriftstücks oder - im Fall einer Entscheidung betreffend die Eheschei dung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder die Ungültigerklärung einer Ehe - eine Urkunde vorzulegen, aus der hervorgeht, daß der Antragsgegner in eindeutiger Weise mit dem Inhalt dieser Entscheidung einverstanden ist.

Absatz 2 Buchstabe b ist analog zu Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 Buchstabe c abgefaßt.

In Absatz 3 wird schließlich die Urkunde genannt, die zusätzlich zu den Urkunden nach den Absätzen 1 und 2 für eine Beischreibung in den Personenstandsbüchern vorzulegen ist. Da die Personenstandsbücher zur Beurkundung der in ihnen enthaltenen Daten dienen, wird für eine entsprechende Beischreibung die Vorlage einer Urkunde verlangt, aus der hervorgeht, daß gegen die ergangene Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsstaats keine weiteren Rechtsbehelfe eingelegt werden können.

Artikel 34 - Weitere Urkunden

Außer den gemäß Artikel 33 vorzulegenden Urkunden hat die Partei, die die Vollstreckung beantragt, nachzuweisen, daß die Entscheidung nach dem Recht des Ursprungsmitgliedstaats vollstreckbar ist und daß sie zugestellt worden ist.

Artikel 35 - Fehlen von Urkunden

Dieser Artikel erleichtert die Erfuellung der Formvorschriften in bezug auf die Vorlage von Urkunden: So kann das Gericht eine Frist für die Vorlage der Urkunden einräumen, sich mit gleichwertigen Urkunden begnügen oder von dem Erfordernis der Vorlage ganz absehen, wenn es den Sachverhalt für eindeutig hält (z. B. im Fall vernichteter Urkunden). Diese Möglichkeit besteht jedoch nur für die Urkunden, die gemäß Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 vorzulegen sind, nicht hingegen für die Urkunden, deren Vorlage gemäß Artikel 33 Absatz 3 für die Beischreibung in den Personenstandsbüchern erforderlich ist. Eine Ausfertigung der betreffenden Entscheidung ist also stets erforderlich.

In bezug auf die Folgen, die sich aus dem Fehlen der in den vorangegangenen Artikeln verlangten Urkunden bei Stellung des Vollstreckungsantrags ergeben können, ist diese Bestimmung in Verbindung mit Artikel 22 zu sehen. Das Gericht kann den Antrag für unzulässig erklären, wenn die vorgelegten Urkunden trotz der in bezug auf die Vollständigkeit der Unterlagen vorgesehenen Erleichterungen nicht ausreichen und das Gericht nicht in den Besitz der gewünschten Informationen gelangt.

Entsprechend dem Ziel der Verfahrensvereinfachung ist eine Übersetzung der Urkunden nur auf Verlangen des zuständigen Gerichts erforderlich. Die Übersetzung kann von einer Person beglaubigt werden, die hierzu in einem der Mitgliedstaaten, und zwar nicht unbedingt im Ursprungsstaat oder im ersuchten Staat, befugt ist.

Artikel 36 - Legalisation oder ähnliche Förmlichkeit

Der Verzicht auf das Erfordernis einer Legalisation oder ähnlichen Förmlichkeit betrifft die in den Artikeln 33 und 34 sowie in Artikel 35 Absatz 2 genannten Urkunden sowie gegebenenfalls die Urkunde über eine Vollmacht im Rahmen des Verfahrens zur Erlangung des Exequatur.

Kapitel IV - Übergangsvorschriften

Artikel 37

Als allgemeine Regel gilt, daß die Verordnung nur für gerichtliche Verfahren, öffentliche Urkunden und vor einem Richter im Laufe eines Verfahrens geschlossene Vergleiche gilt, die nach Inkrafttreten der Verordnung eingeleitet, aufgenommen bzw. geschlossen worden sind.

Da es sich bei dem Gemeinschaftsrechtsakt um eine Verordnung handelt, ist das Datum des Inkrafttretens in allen Mitgliedstaaten gleich.

Hingegen kann eine Entscheidung, selbst wenn das betreffende Verfahren vor Inkrafttreten der Verordnung eingeleitet wurde, mit den in der Verordnung vorgesehenen Erleichterungen vollstreckt werden, sofern die vom Gericht des Ursprungsmitgliedstaats angewandten Zuständigkeitsregeln mit den Zuständigkeits vorschriften des Titels II oder eines Abkommens übereinstimmten, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zwischen diesen beiden Staaten in Kraft war.

Die Formulierung ,mit den Zuständigkeitsvorschriften des Titels II ... übereinstimmen" bedeutet, daß in diesem Fall das Gericht des ersuchten Staats die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsstaats zu prüfen hat, da diese dort nicht auf Betreiben des Antragsgegners aufgrund der Verordnung geprüft werden konnte.

Artikel 37 gilt nicht für Entscheidungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung ergangen sind, auch wenn das Gericht des Ursprungsstaats Zuständigkeitsregeln angewandt hat, die mit denen in Titel II übereinstimmen. Soweit die Anerkennung einer solchen Entscheidung in den Anwendungsbereich einer bilateralen oder multilateralen Übereinkunft fiel, findet Artikel 40 Absatz 2 Anwendung.

Kapitel V - Allgemeine Bestimmungen

Artikel 38 - Verhältnis zu anderen Übereinkünften

Absatz 1 dieses Artikels enthält die allgemeine Bestimmung, wonach diese Verordnung die zwischen den Mitgliedstaaten bestehenden zwei- oder mehrseitigen Übereinkünfte ersetzt. Es wurde hier darauf verzichtet, die einschlägigen Übereinkünfte aufzulisten, weil die Verordnung für die Bereiche, für die sie gilt (Artikel 1), gegenüber anderen Übereinkünften die Grundregelung darstellt. Die Übereinkünfte, die sich zum Teil auf die von der Verordnung erfaßten Bereiche beziehen, werden in den Artikeln 39 und 40 behandelt.

Finnland und Schweden sind Vertragsparteien des Übereinkommens vom 6. Februar 1931 zwischen Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden mit Bestimmungen des internationalen Privatrechts über Ehe, Adoption und Vormundschaft. Dieses Übereinkommen wurde letztmals durch eine 1973 in Stockholm getroffene Übereinkunft geändert. Als Ergebnis des im Dezember 1997 im Rahmen der Europäischen Union erzielten politischen Einvernehmens wird in Artikel 38 Absatz 2 auf die Sondersituation Bezug genommen und den nordischen Mitgliedstaaten die Möglichkeit eingeräumt, das genannte Übereinkommen weiterhin bilateral anzuwenden. Allerdings sind dafür die in dieser Bestimmung genannten Bedingungen zu erfuellen.

Nach Artikel 38 Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung steht es jedem der nordischen Mitgliedstaaten frei, zum Zeitpunkt des Erlasses der Verordnung zu erklären, daß anstelle der Bestimmungen der Verordnung das Übereinkommen von 1931 ganz oder teilweise in seinen Beziehungen zu den anderen nordischen Staaten anwendbar ist.Buchstabe b bekräftigt das Diskriminierungsverbot. Dieser Satz hat rein deklaratorischen Wert insofern, als Artikel 6 EG-Vertrag für alle Bereiche des EG-Vertrags und damit auch für die durch die Verordnung geregelten Materien gilt. Über die Einhaltung dieses Grundsatzes wacht von Amts wegen der Gerichtshof.

Die Kommission hält es für notwendig, daß die Mitgliedstaaten, die von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wollen, die Erklärung im Anhang des Über einkommens wiederholen. [29]

[29] "Dem Übereinkommen beizufügende Erklärung eines nordischen Mitgliedstaats, der zur Abgabe einer Erklärung im Sinne von Artikel 38 Absatz 2 berechtigt ist:

Buchstabe c besagt, daß die Zuständigkeitskriterien in zukünftigen Übereinkünften zwischen den norwegischen Mitgliedstaaten, die in der Verordnung geregelte Bereiche betreffen, im Einklang mit deren Bestimmungen stehen müssen.

Eine Entscheidung, die in einem nordischen Mitgliedstaat in Anwendung des nordischen Übereinkommens ergangen ist, wird in den übrigen Mitgliedstaaten nach Titel III der Verordnung anerkannt und vollstreckt, sofern das von dem nordischen Gericht angewandte Zuständigkeitskriterium einem der in Titel II aufgestellten Kriterien entspricht.

Die betreffenden Mitgliedstaaten setzen die Kommission von diesen Übereinkünften in Kenntnis und teilen ihr jede Änderung oder Kündigung mit.

Ob diese Sonderregelung beibehalten wird, wird auf der Grundlage eines Berichts der Kommission (Artikel 45) überprüft.

Artikel 39 - Verhältnis zu bestimmten multilateralen Übereinkommen

Dieser Artikel bestimmt, daß die Verordnung vor anderen internationalen Übereinkommen, denen die Mitgliedstaaten angehören, Vorrang hat, wenn Bereiche betroffen sind, die in der Verordnung geregelt sind.

Aus dem Vorrang der Verordnung folgt ihre obligatorische Anwendung bei Vorliegen solcher Übereinkommen.

Es sei darauf hingewiesen, daß nicht alle Mitgliedstaaten sämtlichen in diesem Artikel genannten Übereinkommen angehören und daß deren Aufnahme in diesen Artikel auch nicht bedeutet, daß den Mitgliedstaaten nahegelegt wird, ihnen beizutreten. Es handelt sich lediglich um eine Bestimmung, die das Verhältnis zwischen der Verordnung und anderen Übereinkommen praktisch regelt.

Artikel 40 - Fortbestand der Wirksamkeit

Dieser Artikel regelt die weitere Geltung der in Artikel 38 Absatz 1 und Artikel 39 genannten internationalen Übereinkünfte sowohl für die Rechtsgebiete, für die die Verordnung nicht gilt (Absatz 1), als auch für die Entscheidungen, die vor Inkrafttreten der Verordnung ergangen sind (Absatz 2), ohne daß für letzteren Fall über Artikel 37 hinaus eine Übergangsbestimmung vorgesehen wäre, die eine Anerkennung dieser Entscheidungen nach der Verordnung gestatten würde, sofern sie aufgrund einer in der Verordnung anerkannten Zuständigkeit ergangen sind.

Artikel 41 - Übereinkünfte zwischen den Mitgliedstaaten

Artikel 41 vereint die Bestimmungen von Artikel 38 Absatz 3 und Artikel 41 des Übereinkommens. Nach Absatz 2 können zwei oder mehr Mitgliedstaaten untereinander Vereinbarungen zur Ergänzung dieser Verordnung oder zur Erleichterung ihrer Anwendung schließen, solange keine entsprechenden Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene getroffen wurden.

Diese Vereinbarungen unterliegen der Aufsicht der Kommission, der sie bereits im Entwurf übermittelt werden müssen. Mitgeteilt werden müssen auch Änderungen oder Kündigungen dieser Übereinkünfte, die naturgemäß nicht von den Zuständigkeits kriterien der Titel II und III der Verordnung abweichen dürfen.

Artikel 42 - Verträge mit dem Heiligen Stuhl

Mit diesem Artikel soll dem Problem Portugals Rechnung getragen werden, wonach für die Ungültigerklärung einer nach den Regeln des Konkordats geschlossenen Ehe allein die Kirchengerichte zuständig sind. Portugal würde seine aufgrund des Konkordats von 1940 eingegangenen internationalen Verpflichtungen verletzen, wenn es gemäß Artikel 2 ff. den Zivilgerichten eine Zuständigkeit für die Ungültigerklärung solcher Ehen einräumen würde.

Die Wahrung der Geltung des Konkordats gemäß Artikel 42 Absatz 1 gibt Portugal somit die Möglichkeit, sowohl die Zuständigkeit von Zivilgerichten als auch deren Entscheidungen über die Ungültigerklärung einer nach den Regeln des Konkordats geschlossenen Ehe nicht anzuerkennen.

Zum anderen werden nach Absatz 2 die nach den Regeln des Konkordats und des portugiesischen Zivilgesetzbuchs ergangenen Entscheidungen über die Ungültigkeit einer Ehe nach ihrer Bestätigung gemäß portugiesischem Recht auch in den übrigen Mitgliedstaaten anerkannt.

Die Situation in Spanien und in Italien ist insofern anders als in Portugal, als die Zuständigkeit der Kirchengerichte für die Ungültigerklärung einer Ehe nicht ausschließlich ist, sondern konkurrierend, und ein besonderes Verfahren für die zivilrechtliche Anerkennung derartiger Entscheidungen vorgesehen ist. Aus diesem Grund sind diese Konkordate in einem gesonderten Absatz aufgeführt, womit bei diesen Entscheidungen dieselben Bestimmungen für die Anerkennung gelten, obgleich eine solche ausschließliche Zuständigkeit nicht gegeben ist.

Im Fall von Spanien handelt es sich um die Vereinbarung vom 3. Januar 1979 über Rechtsangelegenheiten zwischen dem Heiligen Stuhl und dem spanischen Staat. Die Trennung ohne Auflösung des Ehebands und die Ehescheidung fallen in die Zuständigkeit der Zivilgerichte. Die ausschließliche Zuständigkeit der Kirchengerichte für die Ungültigerklärung einer Ehe entfiel mit Inkrafttreten der spanischen Verfassung von 1978 zugunsten einer konkurrierenden Zuständigkeit der Zivil- und der Kirchengerichte und einer damit möglichen Anerkennung zivilrechtlicher Wirkungen. Dabei sind neben der genannten Vereinbarung von 1979 der Artikel 80 des spanischen Zivilgesetzbuchs und die zweite Zusatzbestimmung zu dem Gesetz Nr. 30 vom 7. Juli 1981 zu berücksichtigen, mit der die Regelung über die Ehe im Zivilgesetzbuch geändert und das Verfahren festgelegt wurde, das für die Ungültigerklärung einer Ehe, die Trennung ohne Auflösung des Ehebands bzw. die Ehescheidung gilt. Aus den genannten Bestimmungen geht folgendes hervor:

1) Entscheidungen nach kanonischem Recht können nur dann zivilrechtliche Wirkungen entfalten, wenn beide Parteien dem zustimmen bzw. keine der Parteien Einwände dagegen erhebt.

2) Bestehen keine Einwände, so entscheiden die ordentlichen Gerichte, ob die kirchliche Entscheidung zivilrechtliche Wirkungen entfaltet oder nicht, und nehmen, wenn ja, die Vollstreckung der Entscheidung nach den Bestimmungen des Zivilgesetzbuchs über die Ungültigerklärung bzw. Auflösung einer Ehe vor.

3) Die Gründe für die Ungültigerklärung einer Ehe nach kanonischem Recht und nach spanischen Zivilrecht sind nicht kongruent. Daher können nur kirchliche Entscheidungen, die dem "Recht des Staates" entsprechen, zivilrechtlich wirksam sein.

4) Artikel 80 des spanischen Zivilgesetzbuchs nimmt Bezug auf Artikel 954 der spanischen Zivilprozeßordnung, in dem die Voraussetzungen für die Vollstreckung ausländischer Urteile festgelegt sind. Diese Bezugnahme ist in den Fällen relevant, in denen sich der Antragsgegner auf das Verfahren nicht einläßt. Letztlich kommt es somit darauf an, ob eine der Parteien gegen den Antrag auf zivilrechtliche Anerkennung einer kirchlichen Entscheidung über die Ungültigerklärung einer Ehe Einwände erhoben hat oder nicht.

Im Falle Italiens geht es um die Vereinbarung vom 18. Februar 1984 zwischen dem Heiligen Stuhl und der Italienischen Republik, mit der der Lateranvertrag vom 11. Februar 1929 geändert wurde. In deren Artikel 8 Absatz 2 ist vorgesehen, daß vollstreckbare Entscheidungen von Kirchengerichten über die Ungültigerklärung einer Ehe aufgrund einer Entscheidung der zuständigen Corte d'appello in Italien rechtswirksam sind, wenn

a) das Kirchengericht insofern in der Sache zuständig war, als es sich um eine nach den im selben Artikel festgelegten Bestimmungen geschlossene Ehe handelte,

b) das Verfahren vor den Kirchengerichten die Vorbringungs- und Verteidigungsrechte der Parteien gemäß den wesentlichen Grundsätzen des italienischen Rechts gewahrt hat und

c) die übrigen Voraussetzungen des italienischen Rechts in bezug auf die Erklärung der Rechtswirksamkeit ausländischer Urteile erfuellt sind. Trotz der Aufhebung von Artikel 796 ff. der italienischen Zivilprozeßordnung durch das Gesetz Nr. 218 vom 31. Mai 1995 zur Änderung der italienischen Vorschriften betreffend das internationale Privatrecht (Artikel 73) wird in der Praxis davon ausgegangen, daß diese Artikel aufgrund von Artikel 2 des Gesetzes (internationale Übereinkünfte) für die Anerkennung von kirchengerichtlichen Entscheidungen über die Ungültigkeit einer Ehe weiterhin Geltung haben.

Artikel 43 - Mitgliedstaaten mit zwei oder mehreren Rechtssystemen

Für diese Fälle sind zusätzliche Regeln für die Bestimmung der jeweils relevanten Gebietseinheit aufzustellen. Diese Regeln beziehen sich allerdings nur auf die in dieser Verordnung möglichen Anknüpfungskriterien.

Kapitel VI - Schlußbestimmungen

Artikel 44 - Überprüfung

Es handelt sich um eine neue Bestimmung. Es ist nach Artikel 211 EG-Vertrag Aufgabe der Kommission, für die Anwendung der Verordnung zu sorgen. Die Kommission wird nach fünf Jahren auf der Grundlage eines Berichts über die Anwendung der Verordnung, insbesondere der Sonderregeln (Artikel 38 und 42) und gegebenenfalls der Durchführungsvereinbarungen zwischen den Mitgliedstaaten gemäß Artikel 41 etwaige Änderungsvorschläge unterbreiten.

Artikel 45 - Änderung der Listen mit den zuständigen Gerichten und den Rechtsbehelfen

Die Änderung der Listen mit den zuständigen Gerichten ist eine Maßnahme zur Durchführung dieser Verordnung. Der Rat hat sich in diesem Fall entgegen der allgemeinen Regel des Artikels 202 EG-Vertrag vorbehalten, seine Durchführungsbefugnisse selbst auszuüben. Die Kommission ist selbstverständlich bereit, Mitteilungen über etwaige Änderungen entgegenzunehmen und sie im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zu veröffentlichen.

Artikel 46 - Inkrafttreten

Diese Bestimmung ist neu.

Sie regelt das Inkrafttreten der Verordnung gemäß Artikel 254 EG-Vertrag.

Vorschlag für eine

VERORDNUNG (EG) DES RATES

über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION,

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 61 Buchstabe c,

auf Vorschlag der Kommission [30],

[30] ABl. C

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments [31],

[31] ABl. C

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses [32],

[32] ABl. C

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Die Union hat sich zum Ziel gesetzt, die Union als einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts, in dem der freie Personenverkehr gewährleistet ist, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Zum schrittweisen Aufbau dieses Raums erläßt die Gemeinschaft unter anderem im Bereich der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen die für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts erforderlichen Maßnahmen.

(2) Für das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts muß der freie Verkehr der Entscheidungen in Zivilsachen verbessert und beschleunigt werden.

(3) Dieser Bereich unterliegt der justitiellen Zusammenarbeit in Zivilsachen im Sinne von Artikel 65 EG-Vertrag.

(4) Die Unterschiede zwischen den einzelstaatlichen Zuständigkeitsregeln und den Rechtsvorschriften über die Anerkennung von Entscheidungen erschweren sowohl den freien Personenverkehr als auch das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts. Es ist daher gerechtfertigt, Bestimmungen zu erlassen, um die Vorschriften über konkurrierende Zuständigkeiten in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung zu vereinheitlichen und die Formalitäten im Hinblick auf eine rasche und unkomplizierte Anerkennung der Entscheidungen und deren Vollstreckung zu vereinfachen.

(5) Entsprechend dem in Artikel 5 EG-Vertrag niedergelegten Subsidiaritäts- und Verhältnismäßigkeitsprinzip können die Ziele dieser Richtlinie auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden; sie können daher nur auf Gemeinschaftsebene verwirklicht werden. Diese Richtlinie beschränkt sich auf das zur Erreichung dieser Ziele notwendige Mindestmaß und geht nicht über das dazu Erforderliche hinaus.

(6) Der Rat hat mit Rechtsakt vom 28. Mai 1998 [33] den Wortlaut eines Übereinkommens über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen festgelegt und das Übereinkommen den Mitgliedstaaten zur Annahme gemäß ihren verfassungsrechtlichen Vorschriften empfohlen. Dieses Übereinkommen ist nicht in Kraft getreten. Um die bei der Aushandlung dieses Übereinkommens erzielten Ergebnisse zu wahren, übernimmt die Verordnung den wesentlichen Inhalt des Übereinkommens.

[33] ABl. C 221 vom 16. 7. 1998, S. 1.

(7) Um den freien Verkehr der Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren über die elterliche Verantwortung innerhalb der Gemeinschaft zu gewährleisten, ist es angemessen und erforderlich, daß die Anerkennung der Zuständigkeiten und der Entscheidungen über die Auflösung einer Ehe und über die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten im Wege eines Gemeinschaftsrechtsakts erfolgt, der verbindlich und unmittelbar anwendbar ist.

(8) Der Anwendungsbereich dieser Verordnung muß zivilgerichtliche Verfahren sowie andere außergerichtliche Verfahren einschließen, die in einigen Mitgliedstaaten in Ehesachen zugelassen sind mit Ausnahme von Verfahren, die nur innerhalb einer Religionsgemeinschaft gelten. Es muß daher darauf hingewiesen werden, daß die Bezeichnung "Gericht" alle gerichtlichen und außergerichtlichen Behörden einschließt, die für Ehesachen zuständig sind.

(9) Die vorliegende Verordnung sollte nur für Verfahren gelten, die sich auf die Auflösung und die Ungültigerklärung des Ehebands im eigentlichen Sinne beziehen. Dementsprechend erstreckt sich die Anerkennung von Entscheidungen nicht auf Fragen wie das Verschulden der Ehegatten, das Familienvermögen, die Unterhaltspflicht oder sonstige mögliche Nebenaspekte, auch wenn sie mit den vorgenannten Verfahren zusammenhängen.

(10) Bei den Verfahren im Bereich der elterlichen Verantwortung muß es sich um Verfahren handeln, die in engem Zusammenhang mit einem Antrag auf Scheidung, Trennung oder Ungültigerklärung einer Ehe stehen. Nur die gemeinsamen Kinder der Ehegatten fallen unter diese Regelung. Der Begriff "elterliche Verantwortung" muß im innerstaatlichen Recht des Mitgliedstaats definiert sein, in dem die Frage der elterlichen Verantwortung geprüft wird.

(11) Die Zuständigkeitskriterien gehen von dem Grundsatz aus, daß zwischen der Person und dem Mitgliedstaat, der die Zuständigkeit wahrnimmt, eine tatsächliche Bindung bestehen muß. Die Einbeziehung bestimmter Kriterien ist darauf zurückzuführen, daß diese Kriterien in verschiedenen einzelstaatlichen Rechtsordnungen existieren und von den anderen Mitgliedstaaten anerkannt werden.

(12) Eine Eventualität, der im Rahmen des Schutzes der gemeinsamen Kinder bei einer Ehekrise begegnet werden muß, besteht in der Gefahr, daß das Kind von einem Elternteil aus dem Land seines gewöhnlichen Aufenthalts entführt wird. Der gewöhnliche rechtmäßige Aufenthalt wird daher als Zuständigkeitskriterium auch in den Fällen beibehalten, in denen sich der Ort des gewöhnlichen Aufenthalts aufgrund eines widerrechtlichen Verbringens oder Zurückhaltens des Kindes faktisch geändert hat.

(13) Der Begriff "Entscheidung" bezieht sich nur auf positive Entscheidungen, d. h. Entscheidungen, mit denen eine Ehescheidung, Trennung oder Ungültigerklärung herbeigeführt wird. Öffentliche Urkunden, die im Ursprungsmitgliedstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, sind solchen "Entscheidungen" gleichgestellt.

(14) Die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen der Gerichte der Mitgliedstaaten müssen auf dem Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens erfolgen. Die Gründe für die Nichtanerkennung einer Entscheidung sind auf das notwendige Mindestmaß beschränkt. Das Verfahren muß allerdings Rechtsbehelfe zulassen, um die Wahrung der öffentlichen Ordnung des ersuchten Staats und die Verteidigungsrechte der Betroffenen zu gewährleisten und um zu vermeiden, daß miteinander unvereinbare Entscheidungen anerkannt werden.

(15) Der ersuchte Staat darf weder die Zuständigkeit des Ursprungsstaats noch die Entscheidung in der Sache überprüfen.

(16) Für die Beischreibung in den Personenstandsbüchern eines Mitgliedstaats nach einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen rechtskräftigen Entscheidung kann kein besonderes Verfahren vorgeschrieben werden.

(17) Das Übereinkommen von 1931 zwischen den nordischen Staaten muß in den Grenzen dieser Verordnung weiter angewandt werden können.

(18) Spanien, Italien und Portugal haben vor Aufnahme der in dieser Verordnung geregelten Materien in den EG-Vertrag Konkordate mit dem Heiligen Stuhl geschlossen. Es gilt daher zu vermeiden, daß diese Mitgliedstaaten gegen ihre internationalen Verpflichtungen gegenüber dem Heiligen Stuhl verstoßen.

(19) Den Mitgliedstaaten muß es freistehen, untereinander Modalitäten zur Durchführung der Verordnung festzulegen, solange keine diesbezüglichen Maßnahmen auf Gemeinschaftsebene getroffen wurden.

(20) Der Rat behält sich vor, auf Antrag der Mitgliedstaaten die Listen mit den zuständigen Gerichten zu ändern.

(21) Spätestens fünf Jahre nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung muß die Kommission die Anwendung der Verordnung prüfen und gegebenenfalls erforderliche Änderungen vorschlagen.

(22) Gemäß den Artikeln 1 und 2 der Protokolle über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands und über die Position Dänemarks wirken diese Staaten am Erlaß der vorliegenden Verordnung nicht mit. Die Verordnung ist daher für diese Länder nicht verbindlich und ihnen gegenüber nicht anwendbar --

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

KAPITEL I - ANWENDUNGSBEREICH

Artikel 1

1. Die vorliegende Verordnung ist anzuwenden auf

a) zivilgerichtliche Verfahren, die die Ehescheidung, die Trennung oder Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe betreffen;

b) die elterliche Verantwortung für die gemeinsamen Kinder der Ehegatten betreffende zivilgerichtliche Verfahren aus Anlaß der unter Buchstabe a) genannten Verfahren in Ehesachen.

2. Gerichtlichen Verfahren stehen andere in einem Mitgliedstaat amtlich anerkannte Verfahren gleich. Die Bezeichnung "Gericht" schließt alle in Ehesachen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten ein.

KAPITEL II - GERICHTLICHE ZUSTÄNDIGKEIT

ABSCHNITT 1 - ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 2

Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes

und Ungültigerklärung einer Ehe

Für Entscheidungen, die die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe betreffen, sind die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig,

a) in dessen Hoheitsgebiet

- beide Ehegatten ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben oder

- die Ehegatten zuletzt beide ihren gewöhnlichen Aufenthalt hatten, sofern einer von ihnen dort noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder

- der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder

- im Falle eines gemeinsamen Antrags einer der Ehegatten seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat oder

- der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens einem Jahr unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat, oder

- der Antragsteller seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, wenn er sich dort seit mindestens sechs Monaten unmittelbar vor der Antragstellung aufgehalten hat und Staatsangehöriger des betreffenden Mitgliedstaats ist,

b) dessen Staatsangehörigkeit beide Ehegatten besitzen.

Artikel 3 Elterliche Verantwortung

1. Die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem nach Artikel 2 über einen Antrag auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebands oder Ungültigerklärung einer Ehe zu entscheiden ist, sind zuständig für alle Entscheidungen, die die elterliche Verantwortung für ein gemeinsames Kind der beiden Ehegatten betreffen, wenn dieses Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat hat.

2. Hat das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in dem in Absatz 1 genannten Mitgliedstaat, so sind die Gerichte dieses Staates für diese Entscheidungen zuständig, wenn das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem der Mitgliedstaaten hat und

a) zumindest einer der Ehegatten die elterliche Verantwortung für das Kind hat und

b) die Zuständigkeit der betreffenden Gerichte von den Ehegatten anerkannt worden ist und im Einklang mit dem Wohl des Kindes steht.

3. Die Zuständigkeit gemäß den Absätzen 1 und 2 endet,

a) sobald die stattgebende oder abweisende Entscheidung über den Antrag auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe rechtskräftig geworden ist oder aber

b) in den Fällen, in denen zu dem unter Buchstabe a) genannten Zeitpunkt noch ein Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung anhängig ist, sobald die Entscheidung in diesem Verfahren rechtskräftig geworden ist oder aber

c) sobald die unter den Buchstaben a) und b) genannten Verfahren aus einem anderen Grund beendet worden sind.

Artikel 4 Kindesentführung

Die nach Maßgabe von Artikel 3 zuständigen Gerichte haben ihre Zuständigkeit im Einklang mit den Bestimmungen des Haager Übereinkommens vom 25. Oktober 1980 über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung, insbesondere dessen Artikel 3 und 16, auszuüben.

Artikel 5 Gegenantrag

Das Gericht, bei dem ein Antrag auf der Grundlage der Artikel 2 bis 4 anhängig ist, ist auch für einen Gegenantrag zuständig, sofern dieser in den Anwendungsbereich der vorliegenden Verordnung fällt.

Artikel 6 Umwandlung einer Trennung ohne Auflösung des Ehebandes in eine Ehescheidung

Unbeschadet des Artikels 2 ist das Gericht eines Mitgliedstaats, das eine Entscheidung über eine Trennung ohne Auflösung des Ehebandes erlassen hat, auch für die Umwandlung dieser Entscheidung in eine Ehescheidung zuständig, sofern dies im Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehen ist.

Artikel 7 Ausschließlicher Charakter der Zuständigkeiten nach den Artikeln 2 bis 6

Gegen einen Ehegatten, der

a) seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat oder

b) Staatsangehöriger eines Mitgliedstaats ist,

darf ein Verfahren vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaats nur nach Maßgabe der Artikel 2 bis 6 geführt werden.

Artikel 8 Restzuständigkeiten

1. Soweit sich aus den Artikeln 2 bis 6 keine Zuständigkeit eines Gerichts eines Mitgliedstaats ergibt, bestimmt sich die Zuständigkeit in jedem Mitgliedstaat nach dessen eigenem Recht.

2. Jeder Staatsangehörige eines Mitgliedstaats, der seinen gewöhnlichen Auf enthalt im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats hat, kann die in diesem Staat geltenden Zuständigkeitsvorschriften wie ein Inländer gegenüber einem Antragsgegner geltend machen, wenn dieser weder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat noch im Sinne von Artikel 2 Absatz 2 die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzt.

ABSCHNITT 2 - PRÜFUNG DER ZUSTÄNDIGKEIT UND DER ZULÄSSIGKEIT DES VERFAHRENS

Artikel 9 Prüfung der Zuständigkeit

Das Gericht eines Mitgliedstaats hat sich von Amts wegen für unzuständig zu erklären, wenn es in einer Sache angerufen wird, für die es nach der vorliegenden Verordnung keine Zuständigkeit hat und für die das Gericht eines anderen Mitgliedstaats aufgrund dieser Verordnung zuständig ist.

Artikel 10 Prüfung der Zulässigkeit

1. Läßt sich der Antragsgegner auf das Verfahren nicht ein, so hat das zuständige Gericht das Verfahren so lange auszusetzen, bis festgestellt ist, daß es dem Antragsgegner möglich war, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück so rechtzeitig zu empfangen, daß er sich verteidigen konnte, oder daß alle hierzu erforderlichen Maßnahmen getroffen worden sind.

2. An die Stelle von Absatz 1 treten die einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie .../.../EG des Rates vom ... 19.. über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handels sachen in den Mitgliedstaaten [34], wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück nach Maßgabe dieser Richtlinie ins Ausland zu übermitteln war.

[34] ABl. L

Bis zum Inkrafttreten der einzelstaatlichen Vorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie findet das Haager Übereinkommen vom 15. Novem ber 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen im Ausland Anwendung, wenn das verfahrenseinleitende Schriftstück nach Maßgabe dieses Übereinkommens ins Ausland zu übermitteln war.

ABSCHNITT 3 - RECHTSHÄNGIGKEIT UND ABHÄNGIGE VERFAHREN

Artikel 11 Rechtshängigkeit und abhängige Verfahren

1. Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Anträge wegen desselben Anspruchs zwischen denselben Parteien gestellt, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist.

2. Werden bei Gerichten verschiedener Mitgliedstaaten Anträge auf Eheschei dung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe, die nicht denselben Anspruch betreffen, zwischen denselben Parteien gestellt, so setzt das später angerufene Gericht das Verfahren von Amts wegen aus, bis die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts geklärt ist.

3. Sobald die Zuständigkeit des zuerst angerufenen Gerichts feststeht, erklärt sich das später angerufene Gericht zugunsten dieses Gerichts für unzuständig.

In diesem Fall kann der Antragsteller, der den Antrag bei dem später angerufenen Gericht gestellt hat, diesen Antrag dem zuerst angerufenen Gericht vorlegen.

ABSCHNITT 4 - EINSTWEILIGE MASSNAHMEN EINSCHLIESSLICH SICHERUNGSMASSNAHMEN

Artikel 12

In dringenden Fällen können die Gerichte eines Mitgliedstaats ungeachtet der Bestimmungen dieser Verordnung die nach dem Recht dieses Mitgliedstaats vorgesehenen einstweiligen Maßnahmen einschließlich Sicherungsmaßnahmen in bezug auf in diesem Staat befindliche Personen oder Güter auch dann ergreifen, wenn für die Entscheidung in der Hauptsache gemäß dieser Verordnung ein Gericht eines anderen Mitgliedstaats zuständig ist.

KAPITEL III - ANERKENNUNG UND VOLLSTRECKUNG

Artikel 13 Bedeutung des Begriffs "Entscheidung"

1. Unter "Entscheidung" im Sinne der vorliegenden Verordnung ist jede von einem Gericht eines Mitgliedstaats erlassene Entscheidung über die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe sowie jede aus Anlaß eines solchen Verfahrens in Ehesachen ergangene Entscheidung über die elterliche Verantwortung der Ehegatten zu verstehen, ohne Rücksicht auf die Bezeichnung der jeweiligen Entscheidung, wie Urteil oder Beschluß.

2. Die Bestimmungen des vorliegenden Kapitels gelten auch für die Festsetzung der Kosten für die nach dieser Verordnung eingeleiteten Verfahren und die Vollstreckung eines Kostenfestsetzungsbeschlusses.

3. Für die Durchführung dieser Verordnung werden öffentliche Urkunden, die in einem Mitgliedstaat aufgenommen und vollstreckbar sind, sowie vor einem Richter im Laufe eines Verfahrens geschlossene Vergleiche, die in dem Mitgliedstaat, in dem sie zustande gekommen sind, vollstreckbar sind, unter denselben Bedingungen wie die in Absatz 1 genannten Entscheidungen anerkannt und für vollstreckbar erklärt.

ABSCHNITT 1 - ANERKENNUNG

Artikel 14 Anerkennung einer Entscheidung

1. Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen werden in den anderen Mitgliedstaaten anerkannt, ohne daß es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf.

2. Insbesondere bedarf es unbeschadet des Absatzes 3 keines besonderen Verfahrens für die Beischreibung in den Personenstandsbüchern eines Mitgliedstaats auf der Grundlage einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung über Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe, gegen die nach dessen Recht keine weiteren Rechtsbehelfe eingelegt werden können.

3. Jede Partei, die ein Interesse hat, kann im Rahmen der Verfahren nach dem zweiten und dritten Abschnitt dieses Kapitels die Feststellung beantragen, daß eine Entscheidung anzuerkennen oder nicht anzuerkennen ist.

4. Ist in einem Rechtsstreit vor einem Gericht eines Mitgliedstaats die Frage der Anerkennung einer Entscheidung als Vorfrage zu klären, so kann dieses Gericht hierüber befinden.

Artikel 15 Gründe für die Nichtanerkennung einer Entscheidung

1. Eine Entscheidung, die die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe betrifft, wird nicht anerkannt,

a) wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie beantragt wird, offensichtlich widerspricht;

b) wenn dem Antragsgegner, der sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß er sich verteidigen konnte, es sei denn, es wird festgestellt, daß er mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist;

c) wenn die Entscheidung mit einer Entscheidung unvereinbar ist, die in einem Verfahren zwischen denselben Parteien in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung beantragt wird, ergangen ist;

d) wenn die Entscheidung mit einer früheren Entscheidung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in einem Drittland zwischen denselben Parteien ergangen ist, sofern die frühere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfuellt, in dem die Anerkennung beantragt wird.

2. Eine Entscheidung betreffend die elterliche Verantwortung, die aus Anlaß der in Artikel 13 genannten Verfahren in Ehesachen ergangen ist, wird nicht anerkannt,

a) wenn die Anerkennung der öffentlichen Ordnung (ordre public) des Mitgliedstaats, in dem sie beantragt wird, offensichtlich widerspricht, wobei das Wohl des Kindes zu berücksichtigen ist;

b) wenn die Entscheidung - ausgenommen in dringenden Fällen - ergangen ist, ohne daß das Kind die Möglichkeit hatte, gehört zu werden, und damit wesentliche verfahrensrechtliche Grundsätze des Mitgliedstaats, in dem die Anerkennung beantragt wird, verletzt werden;

c) wenn der betreffenden Person, die sich auf das Verfahren nicht eingelassen hat, das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück nicht ordnungsgemäß oder nicht so rechtzeitig zugestellt worden ist, daß sie sich verteidigen konnte, es sei denn, es wird festgestellt, daß sie mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist;

d) wenn eine Person dies mit der Begründung beantragt, daß die Entscheidung in ihre elterliche Verantwortung eingreift, falls die Entscheidung ergangen ist, ohne daß die Person die Möglichkeit hatte, gehört zu werden;

e) wenn die Entscheidung mit einer späteren Entscheidung betreffend die elterliche Verantwortung unvereinbar ist, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Anerkennung beantragt wird, ergangen ist; oder

f) wenn die Entscheidung mit einer späteren Entscheidung betreffend die elterliche Verantwortung unvereinbar ist, die in einem anderen Mitgliedstaat oder in dem Drittland, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ergangen ist, sofern die spätere Entscheidung die notwendigen Voraussetzungen für ihre Anerkennung in dem Mitgliedstaat erfuellt, in dem die Anerkennung beantragt wird.

Artikel 16 Verbot der Nachprüfung der Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats

Die Zuständigkeit des Gerichts des Ursprungsmitgliedstaats darf nicht nachgeprüft werden. Die Überprüfung der Vereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung (ordre public) gemäß Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 Buchstabe a) darf sich nicht auf die in den Artikeln 2 bis 8 vorgesehenen Vorschriften über die Zuständigkeit erstrecken.

Artikel 17 Unterschiede beim anzuwendenden Recht

Die Anerkennung einer Entscheidung, die die Ehescheidung, die Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder die Ungültigerklärung einer Ehe betrifft, darf nicht deshalb abgelehnt werden, weil eine Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem die Anerkennung beantragt wird, unter Zugrundelegung desselben Sachverhalts nicht zulässig wäre.

Artikel 18 Ausschluß einer Nachprüfung in der Sache

Die Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.

Artikel 19 Aussetzung des Anerkennungsverfahrens

Das Gericht eines Mitgliedstaats, vor dem die Anerkennung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung beantragt wird, kann das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt worden ist.

ABSCHNITT 2 - VOLLSTRECKUNG

Artikel 20 Vollstreckbare Entscheidungen

Die in einem Mitgliedstaat ergangenen Entscheidungen betreffend die elterliche Verantwortung für ein gemeinsames Kind, die in diesem Mitgliedstaat vollstreckbar sind, werden in einem anderen Mitgliedstaat vollstreckt, wenn sie dort auf Antrag einer berechtigten Partei für vollstreckbar erklärt worden sind.

Artikel 21 Örtlich zuständige Gerichte

1. Der Antrag ist bei folgenden Gerichten zu stellen:

- in Belgien beim "Tribunal de première instance", bei der "Rechtbank van eerste aanleg" bzw. beim "Erstinstanzlichen Gericht";

- in Deutschland beim "Familiengericht";

- in Griechenland beim "ÌïíïìåëÝò Ðñùôïäéêåßï";

- in Spanien beim "Juzgado de Primera Instancia";

- in Frankreich beim Präsidenten des "Tribunal de grande instance";

- in Italien bei der "Corte d'appello";

- in Luxemburg beim Präsidenten des "Tribunal d'arrondissement";

- in Österreich beim "Bezirksgericht";

- in den Niederlanden beim Präsidenten der "Arrondissements recht bank";

- in Portugal beim "Tribunal de Comarca" oder "Tribunal de Família";

- in Finnland beim "käräjäoikeus/tingsrätt";

- in Schweden beim "Svea hovrätt".

2. Das für einen Vollstreckungsantrag örtlich zuständige Gericht wird durch den gewöhnlichen Aufenthalt der Person, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt ist, oder durch den gewöhnlichen Aufenthalt eines Kindes, auf das sich der Antrag bezieht, bestimmt.

Befindet sich keiner der in Unterabsatz 1 angegebenen Orte in dem Mitgliedstaat, in dem der Vollstreckungsantrag gestellt wird, so wird das örtlich zuständige Gericht durch den Ort der Vollstreckung bestimmt.

3. Hinsichtlich der Verfahren nach Artikel 14 Absatz 3 wird das örtlich zuständige Gericht durch das innerstaatliche Recht des Mitgliedstaats bestimmt, in dem der Antrag auf Anerkennung oder Nichtanerkennung gestellt wird.

Artikel 22 Stellung des Antrags auf Vollstreckung

1. Für die Stellung des Antrags ist das Recht des Mitgliedstaats maßgebend, in dem die Vollstreckung erwirkt werden soll.

2. Der Antragsteller hat für die Zustellung im Bezirk des angerufenen Gerichts ein Wahldomizil zu begründen. Ist das Wahldomizil im Recht des Mitglied staats, in dem die Vollstreckung erwirkt werden soll, nicht vorgesehen, so hat der Antragsteller einen Zustellungsbevollmächtigten zu benennen.

3. Dem Antrag sind die in den Artikeln 33 und 34 aufgeführten Urkunden beizufügen.

Artikel 23 Entscheidung des Gerichts

1. Das mit dem Antrag befaßte Gericht erläßt seine Entscheidung ohne Verzug, ohne daß die Person, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt ist, in die sem Abschnitt des Verfahrens Gelegenheit erhält, eine Erklärung abzugeben.

2. Der Antrag darf nur aus einem der in Artikel 15 aufgeführten Gründe abgelehnt werden.

3. Die ausländische Entscheidung darf keinesfalls in der Sache selbst nachgeprüft werden.

Artikel 24 Mitteilung der Entscheidung

Die Entscheidung, die über den Antrag ergangen ist, wird dem Antragsteller vom Urkundsbeamten der Geschäftsstelle unverzüglich in der Form mitgeteilt, die das Recht des Mitgliedstaats, in dem der Vollstreckungsantrag gestellt worden ist, vorsieht.

Artikel 25 Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Zulassung der Vollstreckung

1. Wird die Vollstreckung zugelassen, so kann die Person, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt ist, gegen diese Entscheidung innerhalb eines Monats nach deren Zustellung einen Rechtsbehelf einlegen.

2. Hat diese Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Entscheidung über die Zulassung der Vollstreckung ergangen ist, so beträgt die Frist für den Rechtsbehelf zwei Monate und beginnt mit dem Tage, an dem dieser Person die Entscheidung entweder persönlich oder in ihrer Wohnung zugestellt worden ist. Eine Verlängerung dieser Frist wegen weiter Entfernung ist ausgeschlossen.

Artikel 26

Für den Rechtsbehelf zuständiges Gericht und Anfechtung der Entscheidung

über den Rechtsbehelf

1. Der Rechtsbehelf gegen die Entscheidung über die Zulassung der Vollstreckung wird nach den Vorschriften, die für ein kontradiktorisches Verfahren maßgebend sind, bei den folgenden Gerichten eingelegt:

- in Belgien beim "Tribunal de première instance", bei der "Rechtbank van eerste aanleg" bzw. beim "Erstinstanzlichen Gericht",

- in Deutschland beim "Oberlandesgericht",

- in Griechenland beim "Eöåôåßo",

- in Spanien bei der "Audiencia Provincial",

- in Frankreich bei der "Cour d'appel",

- in Italien bei der "Corte d'appello",

- in Luxemburg bei der "Cour d'appel",

- in den Niederlanden bei der "Arrondissementsrechtbank",

- in Österreich beim "Bezirksgericht",

- in Portugal beim "Tribunal de Relação",

- in Finnland beim "hovioikeus/hovrätten",

- in Schweden beim "Svea hovrätt".

2. Die Entscheidung, die über den Rechtsbehelf ergangen ist, kann nur wie folgt angefochten werden:

- in Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden: mit der "Kassationsbeschwerde",

- in Deutschland: mit der "Rechtsbeschwerde",

- in Österreich: mit dem "Revisionsrekurs",

- in Portugal: mit einem "recurso restrito à matéria de direito",

- in Finnland: mit einem Rechtsbehelf beim "korkein oikeus/högsta domstolen",

- in Schweden: mit einem Rechtsbehelf beim "Högsta domstolen".

Artikel 27 Aussetzung des Verfahrens

Das mit dem Rechtsbehelf befaßte Gericht kann auf Antrag der Partei, die ihn eingelegt hat, das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt oder die Frist für einen solchen Rechtsbehelf noch nicht verstrichen ist. In letzterem Fall kann das Gericht eine Frist bestimmen, innerhalb deren der Rechtsbehelf einzulegen ist.

Artikel 28

Zuständiges Gericht für einen Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung über die Ablehnung der Vollstreckung

1. Wird der Vollstreckungsantrag abgelehnt, so kann der Antragsteller bei den folgenden Gerichten einen Rechtsbehelf einlegen:

- in Belgien bei der "Cour d'appel" bzw. beim "Hof van beroep",

- in Deutschland beim "Oberlandesgericht",

- in Griechenland das "Eöåôåßo",

- in Spanien bei der "Audiencia Provincial",

- in Frankreich bei der "Cour d'appel",

- in Italien bei der "Corte d'appello",

- in Luxemburg bei der "Cour d'appel",

- in den Niederlanden beim "Gerechtshof",

- in Österreich beim "Bezirksgericht",

- in Portugal beim "Tribunal de Relação",

- in Finnland beim "hovioikeus/hovrätten",

- in Schweden beim "Svea hovrätt".

2. Das mit dem Rechtsbehelf befaßte Gericht hat die Person zu hören, gegen die der Vollstreckungsantrag gestellt worden ist. Läßt diese sich auf das Verfahren nicht ein, so ist Artikel 10 anzuwenden.

Artikel 29 Anfechtung der Entscheidung über den Rechtsbehelf

Die Entscheidung, die über den in Artikel 28 vorgesehenen Rechtsbehelf ergangen ist, kann nur wie folgt angefochten werden:

- in Belgien, Griechenland, Spanien, Frankreich, Italien, Luxemburg und den Niederlanden: mit der "Kassationsbeschwerde";

- in Deutschland: mit der "Rechtsbeschwerde";

- in Österreich: mit dem "Revisionsrekurs";

- in Portugal: mit einem "recurso restrito à matéria de direito";

- in Finnland: mit einem Rechtsbehelf beim "korkein oikeus/högsta domstolen";

- in Schweden: mit einem Rechtsbehelf beim "Högsta domstolen".

Artikel 30 Teilvollstreckung

1. Ist durch die Entscheidung über mehrere geltend gemachte Ansprüche erkannt worden und kann die Entscheidung nicht in vollem Umfang zur Vollstreckung zugelassen werden, so läßt das Gericht sie für einen oder mehrere Ansprüche zu.

2. Der Antragsteller kann auch eine teilweise Vollstreckung der Entscheidung beantragen.

Artikel 31 Prozeßkostenhilfe

Ist dem Antragsteller in dem Ursprungsmitgliedstaat ganz oder teilweise Prozeßkostenhilfe oder Kostenbefreiung gewährt worden, so genießt er in dem Verfahren nach den Artikeln 21 bis 24 hinsichtlich der Prozeßkostenhilfe oder der Kostenbefreiung die günstigste Behandlung, die das Recht des Mitgliedstaats, in dem er die Vollstreckung beantragt, vorsieht.

Artikel 32 Sicherheitsleistung oder Hinterlegung

Der Partei, die in einem Mitgliedstaat die Vollstreckung einer in einem anderen Mitgliedstaat ergangenen Entscheidung beantragt, darf wegen ihrer Eigenschaft als Ausländer oder wegen Fehlens eines inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts eine Sicherheitsleistung oder Hinterlegung, unter welcher Bezeichnung es auch sei, nicht auferlegt werden.

ABSCHNITT 3 - GEMEINSAME VORSCHRIFTEN

Artikel 33 Urkunden

1. Die Partei, die die Anerkennung einer Entscheidung beantragt oder anficht oder deren Vollstreckung betreiben will, hat vorzulegen

a) eine Ausfertigung der Entscheidung, die die für ihre Beweiskraft erforderlichen Voraussetzungen erfuellt;

b) gegebenenfalls eine Urkunde, durch die nachgewiesen wird, daß der Antragsteller Prozeßkostenhilfe im Ursprungsmitgliedstaat erhält.

2. Bei einer im Versäumnisverfahren ergangenen Entscheidung hat die Partei, die die Anerkennung einer Entscheidung beantragt oder deren Vollstreckung betreiben will, ferner vorzulegen

a) entweder die Urschrift oder eine beglaubigte Abschrift der Urkunde, aus der sich ergibt, daß das verfahrenseinleitende Schriftstück oder ein gleichwertiges Schriftstück der säumigen Partei zugestellt worden ist, oder

b) eine Urkunde, aus der hervorgeht, daß der Antragsgegner mit der Entscheidung eindeutig einverstanden ist.

3. Wer gemäß Artikel 14 Absatz 2 eine Beischreibung in den Personenstands büchern eines Mitgliedstaats beantragt, hat auch eine Urkunde vorzulegen, aus der hervorgeht, daß gegen die Entscheidung nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie ergangen ist, keine weiteren Rechtsbehelfe eingelegt werden können.

Artikel 34 Weitere Urkunden

Die Partei, die die Vollstreckung beantragt, hat zusätzlich zu den in Artikel 33 genannten Urkunden Urkunden vorzulegen, aus denen sich ergibt, daß die Entscheidung nach dem Recht des Mitgliedstaats, in dem sie ergangen ist, vollstreckbar ist und daß sie zugestellt worden ist.

Artikel 35 Fehlen von Urkunden

1. Werden die in Artikel 33 Absatz 1 Buchstabe b) oder Absatz 2 aufgeführten Urkunden nicht vorgelegt, so kann das Gericht eine Frist einräumen, innerhalb deren die Urkunden vorzulegen sind, oder sich mit gleichwertigen Urkunden begnügen oder von der Vorlage der Urkunden befreien, wenn es eine weitere Klärung nicht für erforderlich hält.

2. Auf Verlangen des Gerichts ist eine Übersetzung dieser Urkunden vorzulegen. Die Übersetzung ist von einer hierzu in einem der Mitgliedstaaten befugten Personen zu beglaubigen.

Artikel 36 Legalisation oder ähnliche Förmlichkeit

Die in den Artikeln 33, 34 und 35 Absatz 2 aufgeführten Urkunden sowie die Urkunde über die Prozeßvollmacht, falls eine solche erteilt wird, bedürfen weder der Legalisation noch einer ähnlichen Förmlichkeit.

KAPITEL IV - ÜBERGANGSVORSCHRIFTEN

Artikel 37

1. Die vorliegende Verordnung gilt nur für gerichtliche Verfahren, öffentliche Urkunden und vor einem Richter im Laufe eines Verfahrens geschlossene Vergleiche, die nach Inkrafttreten dieser Verordnung eingeleitet, aufgenommen beziehungsweise geschlossen worden sind.

2. Entscheidungen, die nach dem Inkrafttreten dieser Verordnung in einem vor diesem Inkrafttreten eingeleiteten Verfahren ergangen sind, werden nach Maßgabe des Kapitels III anerkannt und vollstreckt, sofern das Gericht aufgrund von Vorschriften zuständig war, die mit den Zuständigkeits vorschriften des Kapitels II oder eines Abkommens übereinstimmen, das zum Zeitpunkt der Einleitung des Verfahrens zwischen dem Ursprungs mitgliedstaat und dem ersuchten Mitgliedstaat in Kraft war.

KAPITEL V - ALLGEMEINE BESTIMMUNGEN

Artikel 38 Verhältnis zu Übereinkünften

1. Diese Verordnung ersetzt - unbeschadet der Artikel 37 und 40 und des Absatzes 2 des vorliegenden Artikels - die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Verordnung bestehenden, zwischen zwei oder mehr Mitgliedstaaten geschlossenen Übereinkünfte, die in dieser Verordnung geregelte Bereiche betreffen.

2. Finnland und Schweden steht es frei zu erklären, daß anstelle dieser Verordnung das Übereinkommen vom 6. Februar 1931 zwischen Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden mit Bestimmungen des internationalen Privatrechts über Ehe, Adoption und Vormundschaft einschließlich des Schlußprotokolls ganz oder teilweise auf ihre gegenseitigen Beziehungen anwendbar ist. Diese Erklärungen im Anhang zu der Verordnung werden im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften veröffentlicht. Die betreffenden Mitgliedstaaten können ihre Erklärung jederzeit ganz oder teilweise widerrufen.

Eine Diskriminierung von Bürgern der Union aus Gründen der Staatsangehörigkeit ist verboten.

Die Zuständigkeitskriterien in künftigen Übereinkünften zwischen den in Unterabsatz 1 genannten Mitgliedstaaten, die in dieser Verordnung geregelte Bereiche betreffen, müssen mit den Kriterien dieser Verordnung im Einklang stehen.

Entscheidungen, die in einem der nordischen Staaten, der eine Erklärung nach Unterabsatz 1 abgegeben hat, aufgrund eines Zuständigkeitskriteriums erlassen werden, das einem der in Kapitel II vorgesehenen Zuständigkeits kriterien entspricht, werden in den anderen Mitgliedstaaten gemäß den Bestimmungen des Kapitels III anerkannt und vollstreckt.

3. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission

a) eine Abschrift der Übereinkünfte oder der Entwürfe von Überein künften sowie der einheitlichen Gesetze zur Durchführung dieser Übereinkünfte gemäß Absatz 2 Unterabsätze 1 und 3,

b) jede Kündigung oder Änderung dieser Übereinkünfte oder dieser einheitlichen Gesetze.

Artikel 39 Verhältnis zu bestimmten multilateralen Übereinkommen

Diese Verordnung hat in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten insoweit Vorrang vor den nachstehenden Übereinkommen, als diese Bereiche betreffen, die in dieser Verordnung geregelt sind:

- Haager Übereinkommen vom 5. Oktober 1961 über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen,

- Luxemburger Übereinkommen vom 8. September 1967 über die Anerkennung von Entscheidungen in Ehesachen,

- Haager Übereinkommen vom 1. Juni 1970 über die Anerkennung der Ehescheidung und der Trennung von Bett und Tisch,

- Europäisches Übereinkommen vom 20. Mai 1980 über die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen über das Sorgerecht für Kinder und die Wiederherstellung des Sorgeverhältnisses,

- Haager Übereinkommen vom 19. Oktober 1996 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern, sofern das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt in einem Mitgliedstaat hat.

Artikel 40 Fortbestand der Wirksamkeit

1. Die in Artikel 38 Absatz 1 und Artikel 39 genannten Übereinkünfte behalten ihre Wirksamkeit für die Rechtsgebiete, auf die diese Verordnung nicht anwendbar ist.

2. Sie bleiben auch weiterhin für die Entscheidungen und die öffentlichen Urkunden wirksam, die vor Inkrafttreten dieser Verordnung ergangen beziehungsweise aufgenommen sind.

Artikel 41 Übereinkünfte zwischen den Mitgliedstaaten

1. Zwei oder mehr Mitgliedstaaten können untereinander Übereinkünfte zur Ergänzung dieser Verordnung oder zur Erleichterung ihrer Durchführung schließen.

Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission

a) eine Abschrift der Entwürfe dieser Übereinkünfte sowie

b) jede Kündigung oder Änderung dieser Übereinkünfte.

2. Die Übereinkünfte dürfen keinesfalls von Kapitel II und Kapitel III dieser Verordnung abweichen.

Artikel 42 Verträge mit dem Heiligen Stuhl

1. Die vorliegende Verordnung gilt unbeschadet des am 7. Mai 1940 in der Vatikanstadt zwischen dem Heiligen Stuhl und Portugal unterzeichneten Internationalen Vertrags (Konkordats).

2. Eine Entscheidung über die Ungültigkeit der Ehe gemäß dem in Absatz 1 genannten Vertrag wird in den Mitgliedstaaten unter den in Kapitel III vorgesehenen Bedingungen anerkannt.

3. Die Absätze 1 und 2 gelten auch für die folgenden internationalen Verträge (Konkordate) mit dem Heiligen Stuhl:

- Lateranvertrag vom 11. Februar 1929 zwischen Italien und dem Heiligen Stuhl, geändert durch die am 18. Februar 1984 in Rom unterzeichnete Vereinbarung mit Zusatzprotokoll;

- Vereinbarung vom 3. Januar 1979 über Rechtsangelegenheiten zwischen dem Heiligen Stuhl und Spanien.

4. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission

a) eine Abschrift der in den Absätzen 1 und 3 genannten Verträge sowie

b) jede Kündigung oder Änderung dieser Verträge.

Artikel 43 Mitgliedstaaten mit zwei oder mehreren Rechtssystemen

Für einen Mitgliedstaat, in dem die in dieser Verordnung behandelten Fragen in verschiedenen Gebietseinheiten durch zwei oder mehrere Rechtssysteme oder Regelwerke geregelt werden, gilt folgendes:

a) Jede Bezugnahme auf den gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat betrifft den gewöhnlichen Aufenthalt in einer Gebietseinheit;

b) jede Bezugnahme auf die Staatsangehörigkeit betrifft die durch die Rechtsvorschriften dieses Staats bezeichnete Gebietseinheit;

c) jede Bezugnahme auf den Mitgliedstaat, dessen Behörde mit einem Antrag auf Ehescheidung, Trennung ohne Auflösung des Ehebandes oder Ungültigerklärung einer Ehe befaßt ist, betrifft die Gebietseinheit, deren Behörde mit einem solchen Antrag befaßt ist;

d) jede Bezugnahme auf die Vorschriften des ersuchten Mitgliedstaats betrifft die Vorschriften der Gebietseinheit, in der die Zuständigkeit, die Anerkennung oder die Vollstreckung beantragt wird.

KAPITEL VI - SCHLUSSBESTIMMUNGEN

Artikel 44 Überprüfung

Die Kommission legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Wirtschafts- und Sozialausschuß spätestens fünf Jahre nach dem Inkrafttreten der vorligenden Verordnung einen Bericht über die Anwendung der Verordnung, insbesondere der Artikel 38, 41, 42 und 43, vor. Diesem Bericht werden gegebenenfalls Vorschläge zur Anpassung der Verordnung beigefügt.

Artikel 45 Änderung der Listen mit den zuständigen Gerichten und den Rechtsbehelfen

Die Bestimmung der Gerichte und Rechtsbehelfe gemäß Artikel 21 Absatz 1, Artikel 26 Absätze 1 und 2, Artikel 28 Absatz 1 und Artikel 29 kann durch eine Entscheidung des Rates geändert werden.

Artikel 46 Inkrafttreten

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel, den

Im Namen des Rates

Der Präsident