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Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der «Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen angesichts der Globalisierung - Wie man sie fördern kann»

Amtsblatt Nr. C 329 vom 17/11/1999 S. 0049 - 0057


Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Wirtschafts- und Sozialausschuß und den Ausschuß der Regionen über die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen angesichts der Globalisierung - Wie man sie fördern kann"

(1999/C 329/12)

Die Kommission beschloß am 22. Januar 1999, den Wirtschafts- und Sozialausschuß gemäß Artikel 198 des EG-Vertrags um Stellungnahme zu der vorgenannten Mitteilung zu ersuchen.

Die mit der Vorbereitung der Arbeiten beauftragte Fachgruppe Binnenmarkt, Produktion und Verbrauch nahm ihre Stellungnahme am 22. Juli 1999 an. Berichterstatter war Herr Morgan.

Der Ausschuß verabschiedete auf seiner 366. Plenartagung (Sitzung vom 23. September 1999) mit 92 gegen 23 Stimmen bei 21 Stimmenthaltungen folgende Stellungnahme.

1. Einleitung

1.1. In ihrem Diskussionspapier hat die Kommission keinerlei Versuch unternommen, die europäischen Unternehmen, auf die sich die Mitteilung bezieht, in irgendeiner Weise systematisch zu klassifizieren. Für seine Stellungnahme schlägt der Wirtschafts- und Sozialausschuß folgende Klassifizierung vor:

A. Großunternehmen:

A1 staatliche Unternehmen

A2 Aktiengesellschaften mit Sitz in Europa

A3 Aktiengesellschaften ohne Sitz aber mit Standort in Europa

B. Kleine und mittlere Unternehmen:

B1 börsennotiert

B2 in Privateigentum befindlich

B3 mit Risikokapital finanziert

1.2. Zweck der Mitteilung ist es, zu untersuchen, wie die Herausforderungen, vor die sich Europa gestellt sieht, anzugehen sind, um aus der Globalisierung Vorteile zu ziehen. Dazu müssen die internationale Wettbewerbsfähigkeit jeder der vorgenannten Unternehmensklassen sowie ihre Kapazität, zu Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum in der EU beizutragen, berücksichtigt werden. Laut der These der Kommission erfordert dies die Anpassung der Unternehmen sowie parallel dazu eine politische Antwort sowohl der EU als auch der Mitgliedstaaten.

1.3. Wie alle Stellungnahmen des WSA, so ist auch diese den Zielen des europäischen Sozialmodells - Gesundheit, Bildung, soziale Sicherheit und Beschäftigung - verpflichtet, von dem die Fertigkeiten und das Wohl der europäischen Bürger abhängen. In dieser Stellungnahme wird jedoch Besorgnis in bezug auf die Umsetzung des Modells geäußert: dies betrifft insbesondere die Finanzierung der Sozialleistungen über die Besteuerung der Arbeitsentgelte anstelle der Einkommen und die Art der Bestimmungen für die Arbeitsplatzsicherung.

1.4. In der Mitteilung wird mehrmals positiv auf das Wirtschaftsmodell der USA Bezug genommen. In dieser Stellungnahme geht es hauptsächlich um die Frage, wie im Rahmen der Strukturen und Bestimmungen des europäischen Sozialmodells den USA vergleichbare Ergebnisse zu erreichen sind. Eine kulturelle Herausforderung besteht insbesondere darin, die Risikobereitschaft innerhalb des Wohlfahrtsstaats zu fördern, ohne diesen zu gefährden.

1.5. Globalisierung bedeutet, daß Erzeuger weltweit Zugang zu allen Märkten und Niedriglohnländer bei Grundstoffindustrien und Industriezweigen mit einem repetitiven Herstellungsprozeß einen Wettbewerbsvorteil haben. Die in Gang gesetzten Entwicklungskräfte erfordern es, daß die erste Welt die Führung in der Spitzentechnologie und in Industrien mit hoher Wertschöpfung, in denen qualifizierte Arbeitskräfte zum Einsatz kommen, übernimmt. Dies wird auch zu Umbrüchen führen; Industriezweige mit Niedrigtechnologie dürften dem Niedergang entgegensehen, wodurch wiederum Verkrustungen und mangelnde Flexibiliät der Wirtschaft unter Druck geraten werden. Die Fähigkeit Europas, diesen Herausforderungen zu begegnen, wird in der Kommissionsmitteilung und in dieser Stellungnahme immer wieder thematisiert. Sie wird auch vom Erfolg der Kommission bei der Aushandlung einer neuen Weltordnung für den internationalen Handel abhängen und das Funktionieren der internationalen Kapitalmärkte verbessern.

1.6. Um wettbewerbsfähig zu sein, muß ein Unternehmen mit den Produktionsfaktoren einen Mehrwert schaffen können und in offenen Märkten Kunden gewinnen. Dem Staat kommt die Aufgabe zu, für ein günstiges rechtliches Umfeld und eine tragbare Besteuerung der Unternehmen und Arbeitsentgelte zu sorgen. Insgesamt müssen dabei die Interessen aller beteiligten Gruppen gewahrt sowie Arbeitsplätze gesichert und geschaffen werden.

2. Europäische Unternehmen und Marktkapitalismus

2.1. Großunternehmen

2.1.1. Bis vor kurzem waren viele größere europäische Unternehmen Staatsmonopole, was bedeutete, daß Europa in einigen Sektoren der globalen Wirtschaft nicht tätig wurde. Die Schlüsselsektoren der europäischen Wirtschaft wurden durch Ländergrenzen auf 15 Staaten aufgesplittert. Mit der Entwicklung des Binnenmarktes in der EU wurden viele dieser Beschränkungen beseitigt.

2.1.2. Durch die Liberalisierung der Marktsektoren und die Privatisierung von Unternehmen im Laufe des vergangenen Jahrzehnts begann sich die Lage zu verbessern, aber es ist immer noch viel zu tun:

a) In der Mitteilung wird darauf hingewiesen, daß es der europäischen Verteidigungsindustrie nicht gelungen ist, sich zu konsolidieren. Aber im Gegensatz zur US-amerikanischen Verteidigungsindustrie wurde die europäische durch Verstaatlichungen und Einmischung des Staates - häufig durch seine Schlüsselbeteiligung - an Zusammenschlüssen und Übernahmen (M& A) gehindert.

b) In der Mitteilung wird viel von der vernetzten Welt gesprochen, aber durch die extremen Verzögerungen bei der Liberalisierung und Privatisierung des Telekommunikationssektors sind die Preise in Europa so hoch, daß sie die Öffentlichkeit von der Nutzung des Internets abhalten.

c) Es besteht die Tendenz, daß die Entwicklung und kommerzielle Nutzung der TEN (Transeuropäische Netze) durch staatliche Monopole in der Strom- und Eisenbahnindustrie immer noch gebremst wird.

d) Die ehemals staatlichen Industrien und die früher staatlich regulierten Industriezweige sind häufig für die Schaffung einer preislich wettbewerbsfähigen und qualitativ hochwertigen Unternehmensinfrastruktur entscheidend. Diese Infrastruktur, mit deren Einrichtung im vergangenen Jahrzehnt begonnen wurde, ist längst noch nicht vollendet, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen im allgemeinen beeinträchtigt wird.

2.1.3. Die Liberalisierung von Industriesektoren wie der Telekommunikation oder Rundfunk und Fernsehen führte zumindest zur Entstehung vieler neuer, schnell wachsender und erfolgreicher High-Tech-Unternehmen. Sollen weiterhin neue Unternehmen in Bereichen wie den Technologien der Informationsgesellschaft, der Biotechnologie und der Technologie für erneuerbare Energien entstehen und wachsen, so sind weitere umsichtige Deregulierungsschritte und verstärkter Schutz gegen den Mißbrauch von Machtpositionen erforderlich.

2.1.4. Mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs ist die Marktkapitalisierung an den europäischen Börsen erstaunlich gering. Zum Teil ist das darauf zurückzuführen, daß einige Großunternehmen weiterhin teilweise in Staatseigentum sind. Es kommt jedoch hinzu, daß sehr viele große Unternehmen mit Sitz in Europa in Privateigentum und deshalb an keiner Börse notiert sind. Natürlich hat Privateigentum viele Vorteile, insbesondere für die Eigentümer. Der Nachteil besteht darin, daß der Zugang zu internationalem Kapital beschränkt ist. Deshalb stellt es ein potentielles Hemmnis für die internationalen Bestrebungen wettbewerbsfähiger europäischer Unternehmen dar. Die notwendige politische Reaktion in dieser Lage ist, für ein Steuersystem zu sorgen, das den Verkauf von Privatunternehmen und ihren Gang an die Börse nicht behindert. Der Börsengang von Privatunternehmen hat zudem für die Interessengruppen den Vorteil, die Geschäfte der Unternehmensleitung transparenter zu machen.

2.1.5. In vielen europäischen Ländern sind die Kapitalbeteiligungen undurchsichtig, da es sich um komplexe Überkreuzbeteiligungen handelt, die oft Banken einschließen. Deshalb wird von den Aktionären relativ wenig Druck ausgeübt, um Verbesserungen in der Unternehmensleitung zu erreichen.

2.1.6. Der Ausschuß teilt die Auffassung, daß Unternehmen mit Standort in Europa - unabhängig von ihrem Sitz - "europäische" Unternehmen sind.

2.1.7. In dem Maß, in dem Unternehmen eine globale Dimension entwickeln, haben sie auch die Möglichkeit, Arbeitsplätze in Europa zu schaffen oder zu zerstören. Im vergangenen Jahrzehnt wurden viele Arbeitsplätze aus Ländern der Europäischen Union ausgelagert. Solche Unternehmen werden die relative Attraktivität Europas als Produktionsstandort immer mehr mit anderen Standorten weltweit vergleichen.

2.1.8. Ausländische Direktinvestitionen tragen in hohem Maß zu Beschäftigung und BIP in der EU bei, und die beteiligten Unternehmen sind natürlich an der relativen Wettbewerbsfähigkeit ihrer Tochtergesellschaften in der EU interessiert. Da die Globalisierung immer umfassender wird und dieselbe Unternehmensgruppe unabhängig von ihrem Sitz (Europa, Asien, USA, usw.) omnipräsent ist, tritt die Bedeutung des Sitzes des Unternehmens zunehmend in den Hintergrund: Unternehmen orientieren ihre Investitionsentscheidungen weltweit an den in den einzelnen Ländern und Regionen vorhandenen Standortfaktoren.

2.1.9. Zu den Schlüsselfaktoren eines "unternehmensfreundlichen" Standorts gehören die Qualifikation der Arbeitskräfte, die Arbeitskosten, die Unternehmensbesteuerung, die materielle Infrastruktur sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen. Ein gut funktionierender sozialer Dialog, sozialer Friede, die Motivation der Arbeitnehmer sowie heimische Märkte sind ebenso von Bedeutung. Auf diese Fragen sollten sich die Politiker konzentrieren. Die Herausforderung für die Standorte in der EU bestehen darin, das Gleichgewicht zwischen der Überlegenheit ihrer Arbeitskräfte und der Qualität ihrer Infrastruktur und Umwelt einerseits sowie den Kosten für die Unternehmen andererseits zu wahren (siehe Ziffern 1.4 bis 1.6).

2.2. Kleine und mittlere Unternehmen

Die meisten Unternehmen gehören zur Kategorie der KMU; es gibt nur sehr wenige Großunternehmen. Die meisten börsennotierten KMU gehören mit einer Beschäftigtenzahl, die näher bei 200 als bei 20 liegt, zum Mittelstand. Zum Zwecke dieser Analyse sollten sie mit den Großunternehmen zusammengefaßt werden.

2.2.1. KMU in Privathand sind in Ländern wie Deutschland und Italien das Rückgrat der Wirtschaft. Normalerweise werden sie mit Familien- nicht mit Risikokapital finanziert. Mit dem Wechsel der Generationen suchen viele dieser Unternehmen Fremdkapital und Fremdbeteiligung. Auch hier ist es wichtig, daß solche Entwicklungen nicht behindert werden. Natürlich kommt es darauf an, daß dieses Kapital für produktive Investitionen verwandt wird und nicht einfach zur Spekulation.

2.2.2. In der Mitteilung ist häufig von Risikokapital - insbesondere von der US-amerikanischen Form - die Rede und von der Rolle, die es für die Gründung und das Wachstum von KMU spielen kann.(1) Der US-amerikanische Risikokapitalismus birgt hohe Risiken und hohe Gewinne für alle - die Risikokapitalgeber, die Unternehmer und ihre Arbeitnehmer. Die Unternehmer und ihre Beschäftigten verfügen über Aktienbezugsrechte auf einen Teil des Unternehmenskapitals, der weit über dem liegt, was die institutionellen Normen in Westeuropa vorsehen. Es gehört zum System, daß das Risikounternehmen genau so gut Erfolg wie Mißerfolg haben kann. Ein Scheitern disqualifiziert den Unternehmer nicht, es noch einmal zu versuchen. Die Rolle der NASDAQ(2) besteht darin, es den Risikokapitalgebern zu ermöglichen, ihre Anteile an Aktionäre zu veräußern, sobald das Unternehmen bis zur Börsenreife gediehen ist, so daß das Risikokapital dann wieder in neue Risikounternehmen investiert werden kann.

2.2.3. Europäische Risikounternehmen können dem Publikum an verschiedenen inländischen Börsen verkauft werden und es besteht auch Zugang zur EASDAQ(3) und NASDAQ. Das europäische Publikum ist dieser Anlageform gegenüber sehr aufgeschlossen, so daß der Ausstieg aus Risikokapitalunternehmen gesichert ist Der Infrastruktur der europäischen Kapitalmärkte fehlt immer noch die kritische Masse, weshalb Unternehmer Schwierigkeiten haben, an Kapital zu kommen. Auch gibt es vergleichsweise zu wenig europäische High-Tech-Risikounternehmen. Das Fehlen solcher Unternehmen führt dazu, daß das Risikokapital zwangsläufig für die Refinanzierung des Mittelstands und die Umstrukturierung europäischer Unternehmen über Management Buyouts (MBO) eingesetzt wird(4).

2.2.4. Als Ausdruck der "menschlichen" Kreativität und vor dem Hintergrund einer hohen Arbeitslosigkeit sollte der Gründung eines Unternehmens mit den dazugehörigen Arbeitsplätzen große gesellschaftspolitische Anerkennung zukommen. Dies ist leider nicht immer der Fall. Entsprechend kommt es zur "Abwanderung" zahlreicher potentieller Unternehmer aus Europa. Der Ausschuß begrüßt viele der in der Mitteilung vorgebrachten Ideen, um dieser Situation entgegenzuwirken:

- die Risikobereitschaft muß gefördert werden;

- die Stigmatisierung von Firmenzusammenbrüchen redlicher Unternehmer sollte durch zweckmäßige Bestimmungen zu Konkurs und Zahlungsunfähigkeit verringert werden (wenn dies auch schwierig ist);

- das Steuersystem für kleine Unternehmen und die Belastung durch lohnbezogene Steuern sollten geprüft werden;

- Unternehmer oder Angestellte, die durch Unternehmensbesitz oder Aktienbezugsrechte zu Vermögen kommen, sollten durch das Kapitalertragsteuersystem nicht benachteiligt werden;

- Nachlaßsteuer- und Erbanfallsteuersätze sollten überprüft werden, um den Erhalt von Familienunternehmen zu sichern;

- nationale Systeme zur öffentlichen Anerkennung sollten auch Unternehmer einschließen, die in beträchtlichem Umfang Arbeitsplätze schaffen;

- Unternehmer in High-Tech-Industrien entwickeln sich zu weltweiten Vorbildern: die EU-Staaten sollten die ihrigen fördern;

- Studenten müssen der Unternehmenskultur ausgesetzt und Unternehmensführung muß zu einem tragenden Element der universitären Ausbildung werden;

- Universitäten müssen ihre Technologien unternehmerisch nutzen;

- Unternehmensparks für Technologietransfer haben ein großes Potential und sollten an die wichtigsten Universitäten für Technologie angeschlossen sein.

2.2.5. Neben den Unternehmern ziehen die USA aufgrund der dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten auch die Arbeitskräfte aus dem Technologiesektor an. Wahrscheinlich ist dieser Tendenz dadurch entgegenzuwirken, daß die Arbeitsplätze dieses Sektors und die Aufstiegschancen in der EU genauso attraktiv gestaltet werden.

2.2.6. In der Mitteilung wird zu Recht Besorgnis über die Förderung junger High-Tech-Unternehmen mit einem Potential an Wachstum, weltweiter Wettbewerbsfähigkeit und der Schaffung von Arbeitsplätzen laut. Es ist unabdingbar, genügend Studenten für naturwissenschaftliche und technische Fächer zu interessieren und sie dann in einem unternehmerischen Umfeld zu unterrichten. Wettbewerbe und Preise sollten dazu eingesetzt werden, ihre Aufmerksamkeit auf Innovation und Anwendung zu lenken. Kleine Einzelunternehmen, die ohne die Zusammenarbeit mit Dritten keine Finanzhilfe aus dem fünften Rahmenprogramm bekommen können, benötigen die Unterstützung der nationalen Regierungen. Zusätzliche Finanzhilfe sollte für Risikounternehmen im Bereich neue Technologien zur Verfügung stehen, sowohl in Form direkter Zuschüsse als auch in Form steuerlicher Abschreibungen für FTE. Auch das System zum Schutz geistigen Eigentums ist zu verbessern, insbesondere um Unternehmer im High-Tech-Bereich zu unterstützen.

2.2.7. Das Angebot mit Hilfe von Unternehmergeist im Technologiesektor zu stimulieren reicht natürlich nicht aus, um das Problem des Rückstands Europas gegenüber den USA im Bereich junger High-Tech-Unternehmen zu lösen. Es besteht auch ein Problem bei der Nachfrage, sei es bei den Technologien der Informationsgesellschaft, der Bio- oder der Energietechnologie. In gewissem Maße kann die Nachfrage durch staatliche Stellen geschaffen werden, aber die Haltung der Unternehmen und der breiten Öffentlichkeit ist ebenfalls entscheidend.

2.2.8. In ganz Europa ärgern sich die Unternehmer über komplizierte Bestimmungen und Bürokratie. Zu Beginn hat ein Unternehmen nur ein oder zwei Manager, die vollauf damit beschäftigt sind, das Unternehmen zu etablieren und die Märkte zu schaffen, die die Beschäftigung fördern werden. Darum ist es nötig, die administrativen Hürden, welche die Gründung und das Überleben neuer Unternehmen erschweren, abzubauen. In manchen Ländern haben die Behörden auf Fragen der Genehmigung von Firmengründungen oder der Weiterführung eines Unternehmens nur unbefriedigende Antworten gefunden.

3. Besondere Bemerkungen zu der Mitteilung

3.1. Abschnitt I - Tendenzen - das Phänomen der Globalisierung

Der Ausschuß schließt sich der in der Mitteilung vorgenommenen Trendanalyse grundsätzlich an, wobei folgende Ergänzungen vorgenommen werden sollen:

3.1.1. In der Mitteilung wird die Bedeutung solcher Industrien hervorgehoben, die "den traditionellen Branchen in puncto Wachstum, Kapitalisierung und Exportfähigkeit voraus" sind. Unternehmen in diesen Industriezweigen haben außer dem Humankapital wenig Aktivposten. Nachdem die in den USA geschaffenen Arbeitsplätze in Europa während des vergangenen Jahrzehnts lediglich mit "Mac-Jobs" gleichgesetzt wurden, zeigt die Mitteilung die tatsächlichen Auswirkungen auf die Beschäftigung: "Zwischen 1995 und 1996 schufen Unternehmen der Informationstechnologie und Elektronik 250000 neue Arbeitsplätze in den USA. In den mehr als 44000 Softwareunternehmen werden jährlich 2 Millionen Arbeitsplätze geschaffen." Für Europa besteht die Herausforderung darin, die Unternehmenskultur zu schaffen, in der solche Firmen auch in Europa prosperieren können.

3.1.2. In der Mitteilung wird ferner die Wettbewerbsfähigkeit Europas in diesen neuen Industriezweigen angesprochen, in der Tat eine nicht leicht zu bewältigende Herausforderung. Die Wissensindustrien und der elektronische Geschäftsverkehr entwickeln sich in den USA jedenfalls in einem typischen freien Markt. Dieser Markt wird seiner klassischen Funktion gerecht, hier wird "entdeckt", was sich verkauft und was nicht, was "geht" und was nicht, was erfolgreich ist und was nicht. Entsprechend haben manche Risikounternehmen Erfolg, aber sehr viel mehr haben keinen. Viele der erfolgreichen Unternehmen exportieren ihren Erfolg. Selbst wenn es nicht exportiert, ist der US-amerikanische Binnenmarkt für ein neugegründetes Unternehmen wesentlich leichter zu nutzen als der zersplitterte europäische Markt.

3.1.3. Aus der Mitteilung geht nicht eindeutig hervor, wie Europa nach Ansicht der Kommission konkurrieren soll und wie Aspekte des US-amerikanischen Modells übernommen werden können, ohne die ihm zugrunde liegende liberale Philosophie zu akzeptieren. Scheitert in den USA eine Firma, können alle Beteiligten einen Neuanfang machen. Folglich erstreckt sich der "Entdeckungsprozeß" auf den Unternehmer, der es noch einmal versuchen kann, wie auch auf die Angestellten, die erneut das Unternehmen bilden können. Das amerikanische Modell kann jedoch nicht ohne weiteres auf Europa übertragen werden. In der EU muß ein Gleichgewicht zwischen der Schaffung der notwendigen Unternehmenskultur und der gleichzeitigen Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts erreicht werden.

3.2. Abschnitt II - Wie reagieren die europäischen Unternehmen

3.2.1. In der Mitteilung werden folgende Bestandteile für die Diagnose genannt:

a) Wettbewerbsfähigkeit: Bedarf an neuen Definitionen.

b) Eine eher traditionelle als zukunftsgewandte Ausrichtung der Industrie.

c) Kulturelle Identität und audiovisuelle Industrie: Herausforderung und Chance.

d) Wissenschafts- und Technologiepolitik: unzureichende Maßnahmen und eine verbesserungsfähige Organisation.

e) Wenig leistungsfähige Systeme der Patentvergabe und des Lizenzhandels.

f) Allianzen, Zusammenschlüsse und Übernahmen im Spitzentechnologiesektor: eine gewisse Zurückhaltung.

g) Europa wagt nicht genug.

Der Ausschuß schließt sich der Diagnose zwar in weiten Teilen an, es sind jedoch im folgenden noch eine Reihe Überlegungen anzubringen:

3.2.2. Eine zurückhaltende Nutzung der Informationstechnologie

3.2.2.1. Ein wichtiger Faktor sind die hohen Telekommunikationskosten. Ein grundlegenderes Problem stellen die innerhalb des Unternehmens notwendigen Änderungen dar, wenn die Vorteile der Informationstechnologie in vollem Umfang genutzt werden sollen. Diese betreffen die Organisationsstruktur, die Berufsinhalte, die Arbeitsweise usw. Der Ausschuß ist sich bewußt, daß eine stärkere Nutzung der Informationstechnologie zum Teil auch von der Qualität des Managements und des Betriebsklimas abhängt. Ob im übrigen die europäische Gesetzgebung ausreichend auf solche Umstrukturierungen im Arbeitsablauf abgestimmt ist, wäre noch zu prüfen. Auch hier geht es darum, ein Gleichgewicht herzustellen, wie es in den voranstehenden Absätzen skizziert wurde. Dabei steht völlig außer Frage, daß in der EU vernünftige Lebens- und Arbeitsbedingungen garantiert werden.

3.2.2.2. Die erfolgreiche Nutzung der Informationstechnologie erfordert eine hohe IT-Qualifikation des einzelnen. Dies ist zum Teil eine Frage der Quantität und Qualität der IT-Fachleute, die den Unternehmen auf dem gemeinschaftsweiten Markt zur Verfügung stehen. In diesem Zusammenhang sind die Karrieremöglichkeiten für Frauen unterentwickelt. Neben der fachlichen Qualifikation ist das allgemeine Niveau der Nutzerqualifikation der Unternehmensleitung sowie der Arbeitnehmer von größter Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen. Gründlichere Kenntnisse im IT-Bereich und ein besseres Verständnis dafür müssen zielstrebig von dem einzelnen erworben und von den wettbewerbswilligen Firmen bereitgestellt werden.

3.2.3. Späte Globalisierung der Unternehmensdienstleister

3.2.3.1. In der Mitteilung wird behauptet, Europa liege im Bereich der Unternehmensdienstleistungen hinter den USA zurück, aber nicht erklärt warum. Der Grund liegt darin, daß sich die Kapitalmärkte in Europa nur langsam entwickelt haben. Infolgedessen sind Dienstleistungen im Zusammenhang mit Börseneinführungen, Übernahmen und Zusammenschlüssen, Unternehmensberichterstattung und anderen Aktivitäten von Aktiengesellschaften unterentwickelt. Deshalb wird dieser Sektor von ausländischen Investitionsbanken, Anwaltskanzleien, Maklern, Wirtschafts- und Rechnungsprüfern sowie PR-Unternehmen für den Finanzbereich beherrscht. Es besteht ein entsprechender Mangel an europäischen Unternehmen für persönliche Finanzdienstleistungen, da die Rentenversorgung in den Mitgliedstaaten traditionell überwiegend staatlich war und die Börsen für die Anlage persönlicher Ersparnisse unzureichend gerüstet sind.

3.2.3.2. Die andere Entwicklungsdimension der Dienstleistungsunternehmen ist die Auslagerung; dabei konzentrieren sich die Unternehmen auf ihre Hauptfunktionen und vergeben periphere Dienstleistungsfunktionen nach außen. Das führt zur Entstehung selbständiger Dienstleister in so verschiedenen Bereichen wie Logistik, Bau, Gastronomie, Informationstechnologie, Öffentlichkeitsarbeit usw. In Europa hat diese Spezialisierung etwas später eingesetzt.

3.2.3.3. In der Mitteilung heißt es: "Maßnahmen, um das Beschäftigungspotential im Dienstleistungsbereich voll auszuschöpfen, bilden einen wichtigen Bestandteil der europäischen Beschäftigungsstrategie". Die EU und die Mitgliedstaaten könnten diesen Prozeß unterstützen, indem sie die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. So sollten sie die Behörden dazu ermuntern, den Dienstleistungsanteil ihrer Arbeit nach außen zu vergeben. Hierdurch könnte auch die Qualität sowohl der für die Behörden als auch der für die Öffentlichkeit erbrachten Dienstleistungen verbessert werden.

3.2.4. Wissenschafts- und Technologiepolitik

Die in der Mitteilung angeführten Zahlen sind für die Erklärung der Unterschiede in den FTE-Ausgaben zwischen den USA, der EU und Japan ungeeignet. Die FTE betrifft Industriesektoren, deren Unternehmen aktiv sind. Ausschlaggebend sind die relativen Beträge im Rahmen eines Sektors und die Zahl der Unternehmen pro Sektor. So wäre zumindest festzustellen, ob die FTE im Unternehmensvergleich unzureichend ist: zum Beispiel beim Vergleich von Rolls-Royce mit General Electric, Volkswagen mit Ford, Philips mit Sony oder Glaxo mit Merck. Wenn die FTE in den Spitzentechnologiesektoren in Europa unzulänglich ist, so liegt das zum Teil an der zu geringen Zahl an Unternehmen in diesen Sektoren. Im allgemeinen steigen die europäischen Unternehmen nicht in die neuen Industrien ein, und es werden zu wenig Unternehmen gegründet. Natürlich gibt es Ausnahmen wie SAP oder Nokia (siehe auch 3.3.5 g).

3.3. Abschnitt III - Leitlinien für eine neue Industriepolitik

Der einleitende Absatz dieses Abschnitts lautet wie folgt:

"Die Analyse der weltweiten Tendenzen und der europäischen Position zeigt, daß eine Anpassung der Industriepolitik erforderlich ist, insbesondere um unternehmerischen Geist und Risikobereitschaft zu verbreiten und die Gründung innovativer Unternehmen zu fördern, die bereit und in der Lage sind, den Weltmarkt zu erobern."

3.3.1. Das soll durch folgende Maßnahmen erreicht werden:

a) Anpassung der Qualifikationssysteme und Förderung des unternehmerischen Geists

b) Verbesserung des Systems "Forschung - Verwertung der Ergebnisse"

c) Erleichterung der Risikoübernahme

d) Neuausrichtung öffentlicher Beihilfen auf immaterielle Investitionen

e) Nutzung des Humankapitals

f) Erhöhung der Mobilität der Personen

g) Ständige Ausnutzung der Wettbewerbsvorteile des Binnenmarkts

h) Gewährleistung eines effizienten Wettbewerbs, der den internationalen und innovativen Charakter der Märkte berücksichtigt

i) Fortsetzung der erfolgreichen Bemühungen zur Liberalisierung der öffentlichen Versorgungsunternehmen

j) Förderung der Festlegung weltweiter Wettbewerbsbedingungen

k) Überwachung der Regelanwendung

l) Verteidigung der europäischen Position: Wachsamkeit verstärken, Verhandlungen vorbereiten, zusammenarbeiten

m) Streben nach verstärkter weltweiter Koordinierung

n) Einbeziehung der Unternehmen in die Verantwortung

o) Förderung des Interesses von Verbrauchern und Anwendern.

3.3.2. Die Maßnahmen j) bis o) fallen unter die allgemeine Überschrift "Förderung eines Konsenses und fairer Spielregeln auf dem Weltmarkt". Diese Maßnahmen ergeben zusammengenommen eine aktive Rolle der EU im Rahmen der WTO und anderer Verhandlungen zum internationalen Handel, was die uneingeschränkte Zustimmung des Ausschusses findet. Der EU kommt eindeutig eine wichtige Rolle bei der Festlegung einer neuen Weltordnung zu. Hierfür muß sie darauf bedacht sein, ihre moralische Autorität zu wahren, vor allem da das europäische Sozialmodell in Gefahr ist. Die jüngsten Konflikte mit der Welthandelsorganisation (WTO), deren Entscheidungen zu Bananen und Rindfleisch abgelehnt wurden, könnten die Stellung der EU in künftigen Auseinandersetzungen gefährden, in denen sie selbst sich vielleicht auf Entscheidungen der WTO gegenüber Dritten stützen möchte.

3.3.2.1. Erleichtert wird die Position der europäischen Unternehmen im globalen Wettbewerb, wenn auch in anderen Teilen der Welt vergleichbare Wettbewerbsbedingungen, insbesondere Sozialstandards, bestehen. In den kommenden WTO-Verhandlungen sollte die EU vor allem darauf drängen, daß die Sozialstandards auf der Basis der Arbeiten der ILO weltweit verbessert werden.

3.3.2.2. Die Sozialpartner sollten über Kontakte mit den entsprechenden Organisationen in anderen Teilen der Welt eine größere Akzeptanz des europäischen Modells anstreben.

3.3.2.3. Unsere Handelspartner sind natürlich besorgt, daß wir in einigen Fällen versuchen könnten, einen Teil der Gemeinkosten unseres Wirtschafts- und Sozialmodells auf sie zu überwälzen. Um die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Unternehmen zu gewährleisten, wird die Kommission erwägen müssen, die europäischen Unternehmen von allen zusätzlichen Kosten, die nicht auf diese Weise überwälzt werden können, zu befreien. Dennoch muß die höchste Priorität auf der Förderung des sozialen Standards des europäischen Modells liegen.

3.3.3. Zu Punkt b) werden drei Maßnahmen vorgeschlagen, die der Ausschuß voll und ganz unterstützt. Der Ausschuß hat eine Stellungnahme zum fünften Rahmenprogramm(5) abgegeben. Der Erfolg des Pilotprojekts für I-TEC-Investitionen ist ermutigend und der Ausschuß sieht seiner Erweiterung innerhalb des fünften Rahmenprogramms erwartungsvoll entgegen. Die Notwendigkeit, das Patentvergabesystem zu verbessern, wird anerkannt, und der Ausschuß ist sehr interessiert an den von der Kommission geplanten Initiativen.

3.3.4. Der Ausschuß begrüßt die Empfehlungen der Kommission zur Nutzung des Humankapitals (e) uneingeschränkt.

3.3.4.1. Für die Entwicklung und Nutzung der Technologie und zur Sicherung von Qualität und hoher Wertschöpfung muß Europa der Ausbildung und Entwicklung der Menschen Priorität einräumen (siehe Ziffer 1.5). Auch die Förderung des Unternehmergeists soll dabei besonders berücksichtigt werden.

3.3.4.2. Um wettbewerbsfähig zu sein, müssen die Humanressourcen zu einem von einem Unternehmer geführten Unternehmen verschmolzen werden. Auch qualifizierte Arbeitnehmer bedürfen unternehmerischer Zielvorgaben, um ihre Fertiggkeiten voll entfalten zu können. Kundschaft sorgt für Arbeitsplätze, Unternehmer bauen eine Kundschaft auf, die Gesellschaft muß Unternehmer hervorbringen. Bei der Bildung von Humankapital muß die Förderung des Unternehmergeists höchste Priorität haben.

3.3.4.3. Die Unternehmenskultur muß in der Schule beginnen und mit unserer Haltung zur Beschäftigung, die wir an die Kinder weitergeben. Den Schülern in der EU werden in der Regel keine Kenntnisse im Bereich Unternehmen und Unternehmergeist vermittelt, damit sie die gesellschaftliche Aufgabe der Firmen schätzen lernten. Es gibt jedoch einige Ausnahmen; so sponsorten Unternehmen Trainingsprogramme in "Unternehmergeist", die an weiterführenden Schulen immer beliebter werden und anscheinend sehr erfolgreich sind.

3.3.4.4. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß die Kommission Maßnahmen ergreifen sollte, um Kenntnisse über Beispiele für Benchmarking zu verbreiten, deren Ausweitung auf andere Länder auf verschiedene Weise zu fördern und dem Modell der Trainingsprogramme in Unternehmergeist zu folgen, die erfolgreich in der Primärstufe in verschiedenen Ländern getestet wurden - wie "Young Enterprise" im Vereinigten Königreich, "Jeune Entreprise" in Frankreich und "Ung Företagsamhet" in Schweden. Eine Finanzierung aus dem Europäischen Sozialfonds könnte für diese Initiativen zweckmäßig sein.

3.3.5. Was Punkt g) angeht (Ständige Ausnutzung der Wettbewerbsvorteile des Binnenmarkts), stimmt der Ausschuß der folgenden Aussage zu: "Die Bedingungen des Binnenmarktes vermitteln den Unternehmen der Union einen Wettbewerbsvorteil".

a) Die europäische Normung ist eine wirkliche Stärke. Das GSM ist ein gutes Beispiel.

b) Ein Statut für europäische Unternehmen wird von Unternehmen, die in mehreren Ländern der Union aktiv sind, begrüßt werden.

c) Die Angleichung der Bilanzierungsrichtlinien wäre von großem Vorteil. Grenzübergreifende Zusammenschlüsse und Übernahmen werden durch die Unsicherheit in bezug auf den Wert der anvisierten Gesellschaften stark behindert.

d) Die Koordinierung der Steuersysteme ist ein zweischneidiges Schwert. Im großen und ganzen werden die Unternehmen und Arbeitsentgelte sehr unterschiedlich besteuert. Die Harmonisierung könnte in einigen Ländern höhere Steuern nach sich ziehen, wodurch die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen beeinträchtigt würde. Jede Reform muß im Hinblick auf Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung umsichtig erwogen werden.

e) Die Anpassung der Rechtsvorschriften an die Informationsgesellschaft könnte sehr vorteilhaft sein. Einige der Fragen wurden im vergangenen Jahr im Grünbuch zur "Konvergenz"(6) untersucht. Der Europäische Rat hat die Kommission ersucht, Rahmenbedingungen für die Informationsgesellschaft zu erarbeiten, und der Ausschuß ist bestrebt, jeden etwaigen Vorschlag zu prüfen.

f) Die Einführung des Euro hat sehr positive Aspekte, da so weltweite Kapitalmärkte mit wirklicher Tiefe und Liquidität für Aktien und Rentenpapiere entstehen, für die allerdings geeignete Rahmenbedingungen für ein vernünftiges Funktionieren geschaffen werden müssen. Zu gegebener Zeit wird die Transparenz der Preise in Euro der Wettbewerbsfähigkeit im Binnenmarkt starken Auftrieb geben.

g) Trotzdem vertritt der Ausschuß die Ansicht, daß in Bereichen wie nationale Unterstützung für FTE und Rüstung mehr Spielraum für institutionelle und industriepolitische Integration und Infrastruktur vorhanden ist.

3.3.6. Punkt h) bezieht sich auf den Wettbewerb, und der Ausschuß schließt sich der Feststellung an, daß "Unternehmen, die sich in ihrem Ursprungsmarkt in einem von Wettbewerb geprägten Umfeld entwickelt haben, besser gewappnet sind, der Globalisierung entgegenzutreten". In der Mitteilung wird darauf hingewiesen, daß geographisch gesehen inzwischen von einem globalen Markt ausgegangen werden kann. Dies wird durch Zusammenschlüsse wie die von BP und Amoco oder Daimler und Chrysler bestätigt. Allerdings sollte nicht vergessen werden, daß Wettbewerbsfähigkeit häufig auf geographisch konzentrierten Unternehmen beruht, die durch wichtige Zulieferbetriebe unterstützt werden. Ziel der Wettbewerbspolitik sollte deshalb sein, für die Unternehmen der EU in ihrem Ursprungsmarkt ein vom Wettbewerb geprägtes Umfeld zu fördern und zu erhalten. Der Ausschuß stimmt den in der Mitteilung gemachten Aussagen zur Marktbeherrschung zu. Zugangsbeschränkungen müssen verhindert werden, außer wenn ein neues Erzeugnis oder eine neue Dienstleistung eingeführt wird und solange, bis es sich etabliert hat. Dabei ist jedoch auf kartellrechtlichen Bestimmungen zu achten und dem Schutz vor marktbeherrschenden Unternehmen höchste Aufmerksamkeit zu schenken.

3.3.7. Zu Punkt n) (Einbeziehung der Unternehmen in die Verantwortung für den Wettbewerb) ist der Ausschuß der Auffassung, daß nicht nur die Unternehmen selbst, sondern auch die Unternehmensverbände - sowohl der Großunternehmen als auch der KMU - einbezogen werden müssen. Sie sollten deshalb bestrebt sein, weltweit Kontakte zu den entsprechenden Verbänden zu knüpfen.

4. Schlußfolgerung

4.1. Der Ausschuß begrüßt die Mitteilung der Kommission. Er stimmt der Analyse unter Ziffer 3.3 sowie einem Großteil der vorgeschlagenen Maßnahmen uneingeschränkt zu.

4.2. In der Schlußfolgerung der Kommission heißt es:

"Unter dem Druck der sich beschleunigenden Globalisierung zeichnet sich eine neue Form der Wettbewerbsfähigkeit ab, die sich stärker auf die Beherrschung des Zugangs zu Technologien und Märkten, rasches Handeln, Attraktivität für Investoren und Gewinnerwartungen konzentriert. Durch den Euro in seiner Position gestärkt, muß Europa das Potential dieser wirtschaftlichen Veränderungen nutzen, um seine unternehmerischen Kräfte freizusetzen und eine neue Beschäftigungsdynamik zu erwecken; es muß in internationalen Gremien seine Werte (z. B. kulturelle Identität, soziale Sicherung) fördern und auf die Festlegung fairer Spielregeln für seine Unternehmen achten."

4.3. Der Ausschuß ist aufgefordert, an der Debatte zwischen der Kommission, dem Rat, dem Parlament und dem Ausschuß der Regionen darüber, wie diese Ziele erreicht werden können, teilzunehmen. Zur Einleitung der Debatte wirft der Ausschuß folgende Fragen auf:

4.3.1. Wenn alle Unternehmen, die ihren Sitz außerhalb aber Aktivitäten innerhalb Europas haben, als "europäisch" eingeordnet werden, wie wirkt sich das auf die Industriepolitik aus?

4.3.2. In welchem Maße hält in Kontinentaleuropa die jüngste Entwicklung der Kapitalmärkte die europäischen Unternehmen immer noch von der Teilnahme an den globalen Märkten sowie Zusammenschlüssen und Übernahmen ab?

4.3.3. Wie können die EU und die Mitgliedstaaten ehemalige und heutige Staatsunternehmen dabei unterstützen, an der Rationalisierung und Umstrukturierung europäischer Unternehmen in wettbewerbsfähige Zusammenschlüsse von Weltrang teilzuhaben? Wie können die Folgen solcher Umstrukturierungen für alle Beteiligten abgemildert werden?

4.3.4. Kann Europa eine Form des Risikokapitals entwickeln, die mit den Regeln der sozialen Marktwirtschaft vereinbar ist?

4.3.5. Welche Schritte können unternommen werden, um die Nachfrage nach High-Tech-Erzeugnissen und -Dienstleistungen auf dem europäischen Markt zu verstärken, so daß es zu einem Nachfragesog und einem technologischen Schub kommt?

4.3.6. Welche Schritte sollte die EU unternehmen, um für ihre Werte, insbesondere für das Modell der sozialen Marktwirtschaft, in internationalen Gremien zu werben? Welche Alternativen stehen im Falle eines Miß- oder Teilerfolgs zur Verfügung?

4.3.7. Reichen die in Abschnitt III der Mitteilung umrissenen Maßnahmen insgesamt wirklich aus, um die Verbreitung einer neuen Unternehmenskultur zu erleichtern, die Risikobereitschaft zu erhöhen und die Entstehung innovativer Unternehmen zu fördern, die bereit und in der Lage sind, die Weltmärkte zu erobern? Können die industriellen Rahmenbedingungen und die Unternehmenskultur angepaßt und gleichzeitig der wirtschaftliche und soziale Zusammenhalts aufrechterhalten werden? Hier geht es um Europas Fähigkeit, Unternehmen zu schaffen, die im 21. Jahrhundert wirklich wettbewerbsfähig sind.

Brüssel, den 23. September 1999.

Die Präsidentin

des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Beatrice RANGONI MACHIAVELLI

(1) Siehe "Vorschlag für einen Beschluß des Rates über Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung innovativer und arbeitsplatzschaffender kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) - Initiative für mehr Wachstum und Beschäftigung", ABl. C 157 vom 25.5.1998, S. 65.

(2) NASDAQ = National Association of Securities Dealers Automated Quotation.

(3) EASDAQ = European Association of Securities Dealers Automated Quotation.

(4) ABl. C 235 vom 27.7.1998, S. 13.

(5) CES 987/98, ABl. C 355 vom 21.11.1997, S. 38.

(6) ABl. C 214 vom 10.7.1998, S. 79.

ANHANG

zur Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses

Folgende Änderungsanträge, die jeweils mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen als Ja-Stimmen auf sich vereinigten, wurden im Verlauf der Debatte abgelehnt:

Ziffer 3.2.3.3

Die letzten beiden Sätze streichen und ersetzen wie folgt:

"Insbesondere im Bereich der arbeitsintensiven persönlichen Dienstleistungen gibt es einen großen Bedarf und ein entsprechendes Beschäftigungspotential."

Begründung

Auslagerung allein ist kein Garant mehr für Qualität. Angesichts hoher Arbeitslosenzahlen kann es nicht darum gehen, bestehende Arbeitsplätze auszulagern, sondern neue Beschäftigungsmöglichkeiten zu finden. Gerade auch in der Fähigkeit der Abdeckung der Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen liegt die Wirtschaftskraft - und somit auch die Wettbewerbsfähigkeit - eines Landes.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 61, Nein-Stimmen: 67, Stimmenthaltungen: 7.

Ziffer 3.3.2.3

streichen.

Begründung

Dies ist ökonomisch unsinnig. Hier werden mikro- und makroökonomische Gegebenheiten verwechselt.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 64, Nein-Stimmen: 66, Stimmenthaltungen: 9.

Ziffer 3.3.4.2

streichen.

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 58, Nein-Stimmen: 68, Stimmenthaltungen: 12.

Die folgenden Textstellen der Fachgruppenstellungnahme, deren Beibehaltung mit über einem Viertel der abgegebenen Stimmen gefordert wurde, wurden zugunsten von im Plenum angenommenen Änderungsanträgen abgelehnt:

Ziffer 1.6

"Um wettbewerbsfähig zu sein, muß ein Unternehmen mit den Produktionsfaktoren einen Mehrwert schaffen können, um in offenen Märkten Kunden zu gewinnen, und dabei Preise zu erzielen, durch die Steuern, Investitionen und Shareholder Value - der Wert des Unternehmens für den Aktionär - abgedeckt sind. So ist es möglich, die Interessen aller beteiligten Gruppen zu wahren sowie Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen. Dem Staat kommt die Aufgabe zu, für ein günstiges rechtliches Umfeld und eine tragbare Besteuerung der Unternehmen und Arbeitsentgelte zu sorgen. In der EU sorgt der Staat auch für die soziale Sicherheit, um die Folgen von Unternehmenszusammenbrüchen in einem wettbewerbsorientierten, globalisierten Umfeld für die Beschäftigten abzumildern."

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 79, Nein-Stimmen: 62, Stimmenthaltungen: 3.

Ziffer 2.2.4 - dritter Unterabsatz

"die Steuern für kleine Unternehmen sollten gesenkt und vereinfacht, und die Belastung durch lohnbezogene Steuern sollte geprüft werden;"

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 69, Nein-Stimmen: 67, Stimmenthaltungen: 2.

Ziffer 2.2.4 - fünfter Unterabsatz

"verringerte Nachlaßsteuer- und Erbanfallsteuersätze sollten angepaßt werden und es Familien ermöglichen, Unternehmen oder deren Wert zu erhalten;"

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 73, Nein-Stimmen: 66, Stimmenthaltungen: 3.

Ziffer 3.1.3

"Aus der Mitteilung geht nicht eindeutig hervor, wie Europa nach Ansicht der Kommission konkurrieren soll und wie Aspekte des US-amerikanischen Modells übernommen werden können, ohne die ihm zugrunde liegende liberale Philosophie zu akzeptieren. Unternehmensgründungen sind in den USA besonders einfach, dort gibt es wenige Vorschriften für die Beschäftigung, Arbeitszeit usw. Ein Unternehmer und sein Angestelltenteam können ein echtes 'Unternehmen' bilden. Scheitert eine Firma, können alle Beteiligten einen Neuanfang machen. Folglich erstreckt sich der 'Entdeckungsprozeß' auf den Unternehmer, der es noch einmal versuchen kann, wie auch auf die Angestellten, die erneut das Unternehmen bilden können. In der EU muß ein Gleichgewicht zwischen der Schaffung der notwendigen Unternehmenskultur und der gleichzeitigen Aufrechterhaltung des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalts erreicht werden."

Abstimmungsergebnis

Ja-Stimmen: 76, Nein-Stimmen: 62, Stimmenthaltungen: 4.