51998PC0546(01)

Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 19/65/EWG über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen /* KOM/98/0546 endg. - CNS 98/0287 */

Amtsblatt Nr. C 365 vom 26/11/1998 S. 0027


Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates zur Änderung der Verordnung Nr. 19/65/EWG über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrages auf Gruppen von Vereinbarungen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (98/C 365/06) (Text von Bedeutung für den EWR) KOM(1998) 546 endg. - 98/0287(CNS)

(Von der Kommission vorgelegt am 20. Oktober 1998)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION -

gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf Artikel 87,

auf Vorschlag der Kommission,

nach Stellungnahme des Europäischen Parlaments,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1) Der Rat hat die Kommission durch seine Verordnung Nr. 19/65/EWG (1), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, ermächtigt, gemäß Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag unbeschadet der Anwendung der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962: Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln 85 und 86 des Vertrags (2), zuletzt geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag durch Verordnung auf Gruppen von Vereinbarungen für nicht anwendbar zu erklären, an denen nur zwei Unternehmen beteiligt sind und in denen sich ein Vertragspartner dem anderen gegenüber verpflichtet, zum Zwecke des Weiterverkaufs inner halb eines abgegrenzten Gebiets des Gemeinsamen Markts bestimmte Waren nur an ihn zu liefern, oder in denen ein Vertragspartner sich dem anderen gegenüber verpflichtet, zum Zwecke des Weiterverkaufs bestimmte Waren nur von ihm zu beziehen, oder in denen zwischen den beiden Unternehmen zum Zwecke des Weiterverkaufs solche ausschließlichen Liefer- oder Bezugspflichten vereinbart worden sind.

(2) Die Kommission hat auf der Grundlage der Verordnung Nr. 19/65/EWG die Verordnungen (EWG) Nr. 1983/83 (3) und Nr. 1984/83 (4) über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von Alleinvertriebsvereinbarungen und von Alleinbezugsvereinbarungen, jeweils zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 1582/97 der Kommission (5) sowie die Verordnung (EWG) Nr. 4087/88 der Kommission (6) über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von Franchisevereinbarungen, geändert durch die Akte über den Beitritt Österreichs, Finnlands und Schwedens, erlassen.

(3) Am 22. Januar 1997 hat die Kommission ein Grünbuch (7) über vertikale Wettbewerbsbeschränkungen als Grundlage für eine umfassende öffentliche Diskussion über die Anwendung von Artikel 85 Absätze 1 und 3 EG-Vertrag auf Vereinbarungen und aufeinander abgestimmte Verhaltensweisen herausgegeben, an denen Unternehmen auf jeweils verschiedenen Wirtschaftsstufen beteiligt sind und die die Lieferung und/oder den Bezug von zum Weiterverkauf oder zur Verarbeitung bestimmten Waren oder die Vermarktung von Dienstleistungen betreffen (nachstehend "vertikale Vereinbarungen") einschließlich Alleinvertriebs- und Alleinbezugsvereinbarungen, Franchisevereinbarungen und Vereinbarungen über selektiven Vertrieb. Hiervon ausgenommen sind vertikale Vereinbarungen zwischen aktuellen oder potentiellen Wettbewerbern mit Ausnahme nicht gegenseitiger Vereinbarungen, bei denen keine Partei einen Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. ECU erzielt, sowie vertikaler Vereinbarungen zwischen Einzelhandelsverbänden und ihren Mitgliedern oder zwischen Einzelhandelsverbänden und ihren Lieferanten, sofern es sich bei den Mitgliedern um kleine oder mittlere Unternehmen entsprechend der Definition im Anhang zu der Empfehlung 96/280/EG der Kommission (8) handelt.

(4) Den nach Veröffentlichung des Grünbuchs erfolgten Stellungnahmen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments, des Wirtschafts- und Sozialausschusses, des Ausschusses der Regionen sowie der interessierten Wirtschafts- und Rechtskreise läßt sich entnehmen, daß eine Reform der Wettbewerbspolitik der Gemeinschaft im Bereich der vertikalen Vereinbarungen allgemein befürwortet wird. Dies setzt eine Überarbeitung der oben bezeichneten Gruppenfreistellungsverordnungen voraus.

(5) Eine solche Reform muß dem Erfordernis eines wirksamen Wettbewerbsschutzes genügen und gleichzeitig den Unternehmen ausreichende Rechtssicherheit bieten. Bei der Verfolgung dieser Ziele muß außerdem der Notwendigkeit Rechnung getragen werden, die Verwaltungskontrolle sowie den rechtlichen Rahmen möglichst zu vereinfachen.

(6) Die genannten Gruppenfreistellungsverordnungen beschränken sich nicht allein darauf, die Gruppen von Vereinbarungen zu definieren, auf die sie Anwendung finden, und die Beschränkungen zu präzisieren, die in den Vereinbarungen nicht enthalten sein dürfen, sondern sie nennen auch die vom Verbot freigestellten Beschränkungen. Ein solcher Rechtsrahmen wird generell für Vertragsbeziehungen auf wirtschaftlicher Ebene, wo Vertriebsstrukturen und Vertriebstechniken einem raschen Wandel unterliegen, als zu restriktiv empfunden.

(7) Diese Verordnungen gelten nur für solche zweiseitigen Ausschließlichkeitsvereinbarungen, die zum Zweck des Weiterverkaufs geschlossen werden und deren Gegenstand entweder der Alleinvertrieb und/oder Alleinbezug von Waren oder eine Beschränkung des Erwerbs oder der Nutzung von Rechten des geistigen Eigentums ist. Von ihrem Anwendungsbereich ausgeschlossen sind daher Vereinbarungen zwischen mehr als zwei Unternehmen, die auf unterschiedlichen Wirtschaftsstufen tätig sind, sowie Vereinbarungen über selektiven Vertrieb, über die Vermarktung von Dienstleistungen oder über die Lieferung und/oder den Bezug von zur Verarbeitung bestimmten Erzeugnissen. Hieraus folgt, daß für eine bedeutende Anzahl vertikaler Vereinbarungen eine Freistellung nach Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag nur nach einer Einzelfallprüfung durch die Kommission in Frage kommt, was die Rechtssicherheit für die betroffenen Unternehmen unter Umständen beschränkt und die Verwaltungskontrolle ohne Grund zusätzlich belastet.

(8) Die Diskussion über das Grünbuch hat deutlich gemacht, daß die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 85 Absätze 1 und 3 unter gebührender Berücksichtigung der wirtschaftlichen Auswirkungen vertikaler Vereinbarungen festzulegen sind. Die wirtschaftlichen Kriterien, aufgrund deren die Anwendbarkeit der Freistellungsverordnung wegen etwaiger wettbewerbsschädlicher Wirkungen der betreffenden Vereinbarungen beschränkt werden kann, müssen sich in jedem Fall an dem Marktanteil der Vertragserzeugnisse auf dem fraglichen Markt orientieren.

(9) Es ist daher zweckmäßig, den geltenden Rechtsrahmen durch eine einfachere, flexiblere und gezieltere Regelung zu ersetzen, die für alle Arten von vertikalen Vereinbarungen gilt. Für eine solche Erweiterung des Anwendungsbereichs der betreffenden Freistellungsverordnung müssen Kriterien wie Marktanteilsschwellen festgelegt werden, anhand deren sich bestimmen läßt, unter welchen Voraussetzungen diese Freistellungsverordnung angesichts der wirtschaftlichen Auswirkungen der betreffenden Vereinbarungen nicht mehr anwendbar ist.

(10) Die Kommission kann aufgrund der Befugnisse, die ihr durch die Verordnung Nr. 19/65/EWG übertragen worden sind, eine solche Reform der derzeit geltenden Regelungen nicht vornehmen. Es ist daher notwendig, den Anwendungsbereich von Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a) und Absatz 2 Buchstabe b) der genannten Verordnung zu erweitern, um alle Arten von vertikalen Vereinbarungen, soweit sie unter Artikel 85 Absatz 1 EG-Vertrag fallen, zu erfassen, die zwei oder mehr jeweils auf verschiedenen Wirtschaftsstufen tätige Unternehmen geschlossen haben und die die Lieferung und/oder den Bezug von zum Weiterverkauf oder zur Verarbeitung bestimmten Waren sowie die Vermarktung von Dienstleistungen betreffen einschließlich der Alleinvertriebs-, Alleinbezugs- und Franchisevereinbarungen, der Vereinbarungen über selektiven Vertrieb sowie deren Mischformen.

(11) Die Kommission ist aufgrund der vorstehend genannten Freistellungsverordnungen gemäß Artikel 7 der Verordnung Nr. 19/65/EWG befugt, den Vorteil der Gruppenfreistellung zu entziehen, wenn im Einzelfall Vereinbarungen Wirkungen haben, die mit den Voraussetzungen des Artikels 85 Absatz 3 unvereinbar sind. Um eine wirksame Marktaufsicht und eine stärker dezentral ausgerichtete Anwendung der gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln sicherzustellen, empfiehlt es sich allerdings vorzusehen, daß in Fällen, in denen die Wirkungen einer solchen Vereinbarung im Gebiet eines Mitgliedstaats, das alle Merkmale eines gesonderten Markts aufweist, auftreten, die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats den Vorteil der Gruppenfreistellung im Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats im Wege einer Entscheidung entziehen kann, um diese Wirkungen zu beseitigen. Artikel 7 sollte daher ergänzt werden, um zu präzisieren, unter welche Voraussetzungen die zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten den Vorteil der Gruppenfreistellung entziehen können.

(12) Um eine ausreichende Kontrolle der Wirkungen von Netzwerken paralleler gleichartiger Vereinbarungen auf einem bestimmten Markt zu gewährleisten, kann die Gruppenfreistellungsverordnung Bedingungen aufstellen, die solche Netzwerke von Vereinbarungen von ihrem Anwendungsbereich ausschließen. Diese Bedingungen können sich auf ein strukturelles Kriterium beziehen, wie etwa den Anteil des Marktes, der von diesen Vereinbarungen betroffen ist. Diese Bedingungen sollten jedoch nicht automatisch anwendbar sein, weil die betroffenen Unternehmen möglicherweise nicht über präzise Informationen über ihren Sektor verfügen. Die Kommission muß daher die Befugnis haben, hinsichtlich eines bestimmten Marktes festzustellen, daß die fraglichen Vereinbarungen diese Bedingungen erfuellen. In diesem Fall muß sie eine mindestens 6 Monate andauernde Anpassungsfrist festsetzen, bei deren Ablauf die Anwendbarkeit der Gruppenfreistellung auf die genannten Vereinbarungen endet -

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Verordnung Nr. 19/65/EWG wird wie folgt geändert:

1. Artikel 1 wird wie folgt geändert:

a) Absatz 1 erhält folgende Fassung:

"(1) Unbeschadet der Anwendung der Verordnung Nr. 17 kann die Kommission gemäß Artikel 85 Absatz 3 des Vertrags durch Verordnung Artikel 85 Absatz 1 für nicht anwendbar erklären auf:

a) Gruppen von Vereinbarungen, die von zwei oder mehr Unternehmen geschlossen werden, von denen jedes auf einer anderen Wirtschaftsstufe tätig ist, und die die Lieferung und/oder den Bezug von zum Weiterverkauf oder zur Verarbeitung bestimmten Waren oder die Vermarktung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben, außer

- Vereinbarungen zwischen aktuellen oder potentiellen Wettbewerbern mit Ausnahme nicht gegenseitiger Vereinbarungen, bei denen keine Partei einen Jahresumsatz von mehr als 100 Mio. ECU erzielt, und

- Vereinbarungen zwischen Einzelhandelsverbänden und ihren Mitgliedern oder zwischen Einzelhandelsverbänden und ihren Lieferanten, es sei denn, die Mitglieder dieser Verbände sind kleine oder mittlere Unternehmen entsprechend der Definition im Anhang zu der Empfehlung 96/280/EG der Kommission (*).

b) Gruppen von Vereinbarungen, an denen nur zwei Unternehmen beteiligt sind und die Beschränkungen enthalten, die im Zusammenhang mit dem Erwerb oder der Nutzung von gewerblichen Schutzrechten - insbesondere von Patenten, Gebrauchsmustern, Geschmacksmustern oder Warenzeichen - oder im Zusammenhang mit den Rechten aus einem Vertrag zur Übertragung oder Gebrauchsüberlassung von Herstellungsverfahren oder von zum Gebrauch und zur Anwendung von Betriebstechniken dienenden Kenntnissen auferlegt sind.

(*) ABl. L 107 vom 30.4.1996, S. 4."

b) In Absatz 2 Buchstabe b) werden die Wörter "die Bestimmungen, die in den Vereinbarungen enthalten sein müssen, oder" gestrichen.

c) Absatz 3 erhält folgende Fassung:

"(3) Die Absätze 1 und 2 finden entsprechende Anwendung auf Gruppen von aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen."

d) Es wird folgender Absatz 4 angefügt:

"(4) Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern gemäß Absatz 1 sind Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die gleiche Produkte oder solche Produkte herstellen oder vertreiben, die vom Verbraucher aufgrund ihrer Eigenschaften, ihres Preises und ihres Verwendungszwecks als gleichartig angesehen werden."

2. In Artikel 7 werden folgende Absätze angefügt:

"Eine aufgrund des Artikels 1 erlassene Verordnung kann die Bedingungen festlegen, unter denen bestimmte Netze paralleler Vereinbarungen oder gleichartiger abgestimmter Verhaltensweisen auf einem bestimmten Markt von ihrer Anwendung ausgeschlossen sind. Wenn diese Bedingungen erfuellt sind, kann die Kommission eine Entscheidung erlassen, die dies feststellt und die eine Anpassungsfrist festsetzt, nach deren Ablauf die genannte Verordnung auf diese Vereinbarungen oder abgestimmte Verhaltensweisen nicht mehr anwendbar ist. Eine solche Frist darf nicht kürzer als sechs Monate sein.

Wenn die Vereinbarungen oder aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen, die unter eine aufgrund von Artikel 1 erlassene Verordnung fallen, im Einzelfall Wirkungen haben, die mit den Voraussetzungen von Artikel 85 Absatz 3 EG-Vertrag unvereinbar sind und die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats oder eines Teils dieses Mitgliedstaats auftreten, das alle Merkmale eines gesonderten Markts aufweist, kann die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats von Amts wegen, auf Ersuchen der Kommission oder auf Ersuchen anderer natürlicher oder juristischer Personen, die ein berechtigtes Interesse geltend machen, den Vorteil der Anwendung dieser Verordnung entziehen."

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am dritten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

(1) ABl. 36 vom 6.3.1965, S. 533/65.

(2) ABl. 13 vom 21.2.1962, S. 204/62.

(3) ABl. L 173 vom 30.6.1983, S. 1.

(4) ABl. L 173 vom 30.6.1983, S. 5.

(5) ABl. L 214 vom 6.8.1997, S. 27.

(6) ABl. L 359 vom 28.12.1988, S. 46.

(7) KOM(96) 721 endg.

(8) ABl. L 107 vom 30.4.1996, S. 4.