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Entschließung mit den Empfehlungen des Europäischen Parlaments an die Kommission zu den Verhandlungen im Rahmen der OECD über ein multilaterales Abkommen über Investitionen (MAI)

Amtsblatt Nr. C 104 vom 06/04/1998 S. 0143


A4-0073/98

Entschließung mit den Empfehlungen des Europäischen Parlaments an die Kommission zu den Verhandlungen im Rahmen der ÖCD über ein multilaterales Abkommen über Investitionen (MAI)

Das Europäische Parlament,

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Dezember 1995 zur Mitteilung der Kommission betreffend die weltweite Harmonisierung der Bestimmungen über Direktinvestitionen ((ABl. C 17 vom 22.01.1996, S. 175.)),

* unter Hinweis auf seine Entschließung vom 15. Januar 1998 zu Betriebsverlagerungen und ausländischen Direktinvestitionen ((Teil II Punkt 8 des Protokolls dieses Datums.)),

* in Kenntnis des Abkommensentwurfs für ein multilaterales Abkommen über Investitionen, in der Fassung vom 6. Oktober 1997,

* gestützt auf Artikel 90 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,

* in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Aussenwirtschaftsbeziehungen sowie der Stellung

nahmen des Ausschusses für Wirtschaft, Währung und Industriepolitik, des Ausschusses für Recht und Bürgerrechte, des Ausschusses für Kultur, Jugend, Bildung und Medien, des Ausschusses für Entwicklung und Zusammenarbeit und des Ausschusses für Fischerei (A4-0073/98),

A. in der Erwägung, daß die immense Zunahme von ausländischen Direktinvestitionen (ADI) im Zuge der wirtschaftlichen Globalisierung eine multilaterale Regelung auf diesem Gebiet notwendig macht,

B. in der Erwägung, daß es für die ADI zwar über 1800 bilaterale Abkommen gibt, die auf unter

schiedliche Weise versuchen, Rahmenbedingungen für ADI zu schaffen, daß ein multilateraler Rahmen verbindlicher Rechtsregeln zwar keine umfassenden Garantien für einen besseren Überblick und mehr Sicherheit bietet, sehr wohl aber allgemein mehr Sicherheit verschafft und Möglichkeiten bietet, Rahmenbedingungen für den weltweiten Wirtschaftsverkehr zu stellen,

C. im Bewusstsein der Gefahr, daß ohne ein derartiges multilaterales Regelwerk einerseits ADI viel

fältigen Beschränkungen unterworfen blieben, daß es andererseits jedoch auch zu unkontrollierten Betriebsverlagerungen kommen kann,

D. in Besorgnis darüber, daß im Vertragsentwurf über ein Multilaterales Abkommen für Investitio

nen (MAI) ein Ungleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten der Investoren besteht, das diesen volle Rechte und Schutz gewährt, während die Unterzeichnerstaaten sich schwerwiegenden Verpflichtungen unterwerfen, die ihre Bevölkerungen ungeschützt lassen könnten,

E. in der Erwägung, daß das MAI nicht nur den Unternehmen und den Ursprungsländern Vorteile bringen soll, sondern gleichzeitig zu einer verantwortlichen Entwicklung des Niederlassungslandes durch Technologieförderung, nachhaltiges Wirtschaftswachstum, Arbeitsplätze, gesunde soziale Verhältnisse und Erhaltung der Umwelt beitragen muß,

F. in der Erwägung, daß das Ziel eines MAI darin bestehen sollte, einem für die betreffenden Be

völkerungsgruppen verheerenden und ruinösen Wettbewerb unter Investoren vorzubeugen, um im globalen Maßstab eine ökologisch und sozial verträgliche und regional ausgewogene dauerhafte Wirtschaftsentwicklung zu unterstützen,

G. im Bedauern, daß die Verhandlungen bisher unter weitestgehendem Ausschluß der Öffentlich- keit und auch nationaler Parlamente verlaufen sind, obwohl Transparenz und parlamentarische Kontrolle in weltwirtschaftlichen Kernfragen von entscheidender Bedeutung für die Legitimität diesbezueglicher internationaler Abkommen sind,

H. in der Erwägung, daß die EU noch keinerlei Untersuchungen ("impact studies¨) über die Auswirkungen des MAI auf Verkehr, Handel und Arbeitsmarkt oder auf geistiges Eigentum zur Verfügung gestellt hat und die Kompatibilität mit der bestehenden Umwelt-, Sozial-und Kulturgesetzgebung und mit der Gesetzgebung in bezug auf geistiges Eigentum der EU, die beziehung mit den AKP-Ländern und die Entwicklungspolitik der EU sowie das Verhältnis des MAI zu internationalen Umweltabkommen (MEA),die internationalen Übereinkommen im Bereich geistiges Eigentum und Regionalabkommen (REIO) weiterhin ungeklärt sind,

I. richtet folgende Empfehlungen an die Kommission:

1. betont die Notwendigkeit einer breiteren öffentlichen Debatte und regelmässigen parlamenta

rischen Begleitung der laufenden Verhandlungen im Rahmen der ÖCD in dem Bewusstsein, daß die zu fassenden Beschlüsse in die Zuständigkeit der bundesstaatlichen und nationalen Parlamente, des Europäischen Parlaments und des Rates fallen;

2. fordert die Kommission auf, innerhalb eines angemessenen Zeitraums eine unabhängige und gründliche Bewertung der Auswirkungen auf die Bereiche Soziales, Umwelt und Entwicklung vorzunehmen und dabei festzustellen, inwieweit das MAI-Projekt folgendem entgegensteht:

a) einschlägigen internationalen Übereinkommen, wie der Erklärung von Rio, der Agenda 21, den UN-Richtlinien betreffend den Verbraucherschutz (1985), dem durch die UNCTAD festgelegten "Set of Multilaterally Agreed Principles for the control of restrictive busineß practices" (1981), dem HABITAT "Global Plan of Action" sowie den bereits durch die ÖCD eingegangenen internationalen Verpflichtungen;

b) früher durch die ÖCD vereinbarten Politikrichtlinien, wie der Zusicherung, die Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpolitik zu integrieren (Mai 1997), den Vereinbarungen in bezug auf die Verantwortlichkeiten multinationaler Unternehmen, wie sie in dem ÖCD-Verhaltenskodex von 1992 verankert sind und der ÖCD-Politik in Sachen Entwicklungszusammenarbeit, wie sie in "Shaping the 21st Century: The Contribution of Development Cooperation¨ (1997) festgelegt ist;

c) der regionalen, nationalen und EU-Gesetzgebung, die auf die Förderung nachhaltiger Entwicklung abzielt;

3. stellt fest, daß das angestrebte Abkommen auch Nicht-ÖCD-Mitgliedstaaten, und damit ins

besondere den Entwicklungsländern, zum Beitritt offensteht; sieht jedoch in der Tatsache, daß diese keinen Einfluß auf den Inhalt des Abkommens selbst nehmen können, ein wesentliches Defizit des MAI und fordert die am Abschluß des MAI beteiligten Staaten auf, keinerlei Druck auf die Entwicklungsländer auszuüben, um sie zum Beitritt zu bewegen;

4. verweist auf die Notwendigkeit, daß die Ausweitung des Abkommens auf ein Gebiet, für dessen internationale Beziehungen eine der vertragschließenden Parteien zuständig ist, dem Hinterleger und den übrigen vertragschließenden Parteien bekanntgegeben werden muß, woraufhin jeder Staat, der bereits Mitglied ist, beschließen kann, die Bestimmungen des Abkommens nicht auf das fragliche Gebiet anzuwenden;

5. fordert, daß die Frage des Schutzes der Investitionen in einem multilateralen Rahmen geprüft wird, der alle Entwicklungsländer umfasst; daß folglich die UNCTAD ebenso wie die WTO mit dieser Angelegenheit befasst werden sollte; daß bei der Prüfung dieser Frage durch die WTO die Ergebnisse der Konferenzen der Vereinten Nationen insbesondere in den Bereichen Umwelt und soziale Dimension berücksichtigt werden;

6. betont, daß es jedenfalls wesentlich darauf ankommt, den Grundsatz der Partnerschaft, den mittlerweile sowohl die ÖCD als auch die G8 für die Beziehungen zwischen Industrieländern und Entwicklungsländern als wesentlich ansehen, in diesem Zusammenhang zu beachten, was voraussetzt, daß die Interessen der Entwicklungsländer und ihre jeweilige nationale Politik ebenso berücksichtigt werden wie die Interessen der Investoren;

7. begrüsst, daß neben den Mitgliedstaaten der EU auch die Kommission aktiv an den Verhand

lungen teilnimmt, obwohl die EU nicht ÖCD-Mitglied ist;

8. fordert, daß Fragen der ADI als Bestandteil der gemeinsamen Handelspolitik in absehbarer Zeit unter der Bedingung in die Zuständigkeit der EU übertragen werden, daß eine entsprechende Mitentscheidung und Kontrolle durch das Europäische Parlament gewährleistet ist;

9. erachtet Nicht-Diskriminierung, das Recht auf freie Niederlassung und Transparenz sowie Schutz vor willkürlicher Enteignung als die wesentlichen Grundprinzipien für das MAI;

10. sieht in den Grundsätzen der Meistbegünstigung, Transparenz und Inländerbehandlung die wesentlichen Grundlagen für das MAI; weist jedoch darauf hin, daß ausländische Investoren nicht besser als inländische gestellt werden dürfen;

11. sieht eine Ausnahmebestimmung für Zahlungsbilanzungleichgewichte als erforderlich an, die durch eine Bestimmung gegen die mißbräuchliche Berufung auf Zahlungsbilanzprobleme ergänzt werden sollte;

12. ist besorgt, daß die Leistungserfordernisse ("performance requirements") das Recht von Staaten einschränken könnten, bestehende Industriepolitiken, insbesondere im Bereich der Sozial-, Umwelt- und Kulturgesetze sowie im Bereich der Gesetze in bezug auf geistiges Eigentum, in Zukunft durchzuführen und bedarfsgerecht weiterzuentwickeln, und befürchtet, daß EU-Mitgliedstaaten in diesen Bereichen in den nächsten Jahren unter Druck geraten;

13. fordert die Kommission daher auf, bei der Formulierung von Verboten bestimmter Leistungs

erfordernisse darauf zu achten, daß diese den Umwelt-, Sozial-, Struktur- und Kulturpolitiken der EU und ihrer Mitgliedstaaten nicht entgegenstehen;

14. besteht desweiteren darauf, daß nicht nur in der Präambel des MAI Bezug auf die Beachtung internationaler Menschenrechtspakte sowie Umwelt- und Sozialstandards genommen wird und daß das MAI eindeutige Bestimmungen enthält, die ein Absenken bestehender Umwelt- und Sozialnormen durch das MAI verhindern und die Einführung neuer Standards ermöglichen;

15. begrüsst die Einbeziehung der ÖCD-Richtlinien für multinationale Unternehmen als Anhang in das MAI; spricht sich jedoch dafür aus, daß diese obligatorischer Bestandteil des MAI werden, und fordert in diesem Zusammenhang auf alle Fälle die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, den internationalen Unternehmen Anreize zu geben, für sich selbst Verhaltenskodizes mit Vorschriften zu Umweltschutz, Menschenrechten und sozialen Einrichtungen aufzustellen;

16. begrüsst die umfassende Definition des Begriffs "Investor¨, der private und öffentliche Investoren einschließt; fordert jedoch eine genauere Definition von Investitionen im Bereich der Patente für pflanzliche, tierische und menschliche Gene; besteht desweiteren darauf, daß angesichts bereits bestehender entsprechender internationaler Abkommen Regelungen des geistigen Eigentums sowie der Autoren- und daran angelehnten Rechte aus dem MAI ausgeschlossen werden;

17. hält eine gewisse Skepsis für angebracht, daß die weite Definition des Begriffs "Investition" künftig zu Schwierigkeiten führen kann; fordert die Kommission daher auf, den Prozeß der "Nachdefinition" sorgfältig zu beobachten und das Europäische Parlament von Veränderungen in Kenntnis zu setzen;

18. kann kein Abkommen unterstützen, das eine Einschränkung der Anwendbarkeit des EU-Rechts zur Folge hätte und eine weitere Harmonisierung des EU-Rechts verhindern würde; besteht deshalb auf der Annahme eines besonderen Teils einer REIO-Klausel für Organisationen für regionale Wirtschaftsintegration, die neue einheitliche Maßnahmen, z.B. für Umweltrecht, ermöglicht, die im Rahmen einer derartigen Organisation beschlossen werden und die die zuvor von diesen Ländern durchgeführten Maßnahmen ersetzen; vertritt die Ansicht, daß die einer Organisation für regionale Wirtschaftsintegration angehörenden Länder nicht verpflichtet sind, die den Mitgliedstaaten vorbehaltene günstigere Behandlung auf Länder auszudehnen, die dieser Organisation nicht angehören;

19. fordert, daß alle Vorschläge mit den von der EG bereits ratifizierten internationalen Überein

kommen in Einklang stehen;

20. ist sich bewusst, daß die Vertragsparteien zunächst auf einer begrenzten Anzahl von Ausnah

men von den Grundbestimmungen des MAI bestehen müssen; fordert jedoch zugleich Aufklärung darüber, ob die "standstill" und "roll-back"-Verpflichtungen der weiteren Harmonisierung der Gesetzgebungen innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten im Wege stehen könnten;

21. fordert, daß für die Inanspruchnahme nationaler Sicherheitsinteressen objektive Kriterien festgelegt werden, die im Rahmen des Streitschlichtungsverfahrens überprüft werden können; spricht sich in diesem Zusammenhang auch für die Aufnahme einer Anti-Mißbrauchsklausel aus;

22. bedauert, daß das MAI Fragen der Besteuerung international operierender Unternehmen weitgehend ausklammert, begrüsst jedoch zugleich, daß für den Bereich der Investitionsanreize Regeln vereinbart werden sollen, die einen wettbewerbsverzerrenden internationalen Subventionswettlauf um Betriebsansiedlungen vermeiden sollen; fordert die Verhandlungspartner auf, die Bereiche Besteuerung und internationale Wettbewerbspolitik in die "Built-in-Agenda" aufzunehmen;

23. hält die vorgesehenen Bestimmungen für den Investitionsschutz, insbesondere bezueglich Enteignung, Entschädigung sowie Kapital- und Gewinntransfer für zu weitgehend; ist der Auffassung, daß die Regierungen dafür sorgen müssen, daß diese nicht zu Entschädigungszahlungen verurteilt werden können, wenn sie Normen in bezug auf Umwelt, Arbeit, Gesundheit und Sicherheit aufstellen;

24. fordert des weiteren, daß Bestimmungen über sekundäre Investitions-Boykottmaßnahmen vorgesehen werden, die es den Vertragsparteien verbieten, Investoren bzw. Investitionen einer anderen Vertragspartei Verpflichtungen oder Verbote wegen Investitionen in einem Drittland aufzuerlegen, wie dies beim Helms-Burton-Gesetz und d'Amato-Gesetz der Fall ist;

25. weist auf die Neuartigkeit des vorgesehenen Streitschlichtungsverfahrens hin, das es auch privaten Unternehmen ermöglichen wird, gegen die Regierung einer Vertragspartei vorzugehen; hält diese Fortentwicklung des Rechtsschutzes für zweifelhaft und bittet zu bedenken, ob die bestehenden nationalen und internationalen Streitschlichtungsverfahren nicht ausreichend sind; fordert in jedem Fall ein ausgewogenes Rechtsschutzsystem, das sowohl dem Investor die Durchsetzung seiner aus dem Abkommen folgenden Rechte wie auch dem Vertragsstaat die Sicherstellung der Einhaltung seiner zwingenden sozial- und umweltrechtlichen Bestimmungen ermöglicht;

zum kulturellen Sektor

26. weist des weiteren darauf hin, daß die kulturelle Autonomie und Vielfalt der Unterzeichnerstaaten durch das MAI nicht in Frage gestellt werden darf und die kulturpolitischen Ziele und EU-Initiativen zur Stützung einer europäischen Kulturpolitik nicht gefährdet werden dürfen; fordert deswegen eine Ausnahmeklausel für die Anwendung des Abkommens auf den kulturellen Bereich, insbesondere den audiovisuellen Sektor, die folgenden Worlaut haben könnte:

"Keine Bestimmung des Abkommens darf so ausgelegt werden, daß eine Vertragspartei daran gehindert wird, im Rahmen der Politik zur Wahrung und Förderung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt Maßnahmen zur Regulierung der Investitionen ausländischer Unternehmen und der Bedingungen für die Tätigkeit dieser Unternehmen zu treffen."

27. vertritt den Standpunkt, daß der Beitritt zum MAI die Durchführung der Gesetzgebung der Europäischen Union im kulturellen Sektor nach Artikel 128 des Vertrags verhindern würde, da die Grundsätze des MAI-Abkommens, d.h. der Grundsatz der "Inländerbehandlung" und der "Meistbegünstigung", bei Anwendung im kulturellen Sektor die Funktionsweise der verschiedenen Initiativen der EU im kulturellen und audiovisuellen Sektor unmittelbar beeinträchtigen würden;

28. ist der Auffassung, daß das MAI als Mindestvoraussetzung eine Ausnahmeregelung für den audiovisuellen Sektor beinhalten sollte, was in Form eines Vorbehalts in bezug auf die Inländerbehandlung, die Meistbegünstigung und die leistungsbezogenen Verpflichtungen für die derzeitige wie auch künftige Politik, ungeachtet der verwendeten Technologien, geschehen sollte;

29. weist darauf hin, daß die bereits bestehenden multilateralen Übereinkommen über den Schutz des geistigen Eigentums rechtlich verbindliche internationale Abkommen sind, die weitere multilaterale Abkommen über diese Fragen im Rahmen des MAI überfluessig machen; zu diesen Abkommen gehören die der EU, das der Weltorganisation für Geistiges Eigentum (WIPO) und das Übereinkommen der Welthandelsorganisation über die Rechte des geistigen Eigentums (TRIPs);

30. fordert daher mit Nachdruck die Ausklammerung des geistigen Eigentums aus dem Geltungsbereich des MAI-Abkommens, um die in vielen europäischen Ländern bestehende Tradition des Urheberrechts und des Urheberpersönlichkeitsrechts zu wahren; stellt fest, daß jedwede Einbeziehung rein wirtschaftlicher Definitionen des geistigen Eigentums, die Bezugnahmen auf das Urheberrecht und das Urheberpersönlichkeitsrecht ausschließen, den bereits geltenden multilateralen Abkommen in diesem Bereich zuwiderlaufen würde;

31. bedauert den Druck, der von einigen Mitgliedstaaten der ÖCD auf beitrittswillige Länder dahingehend ausgeuebt wird, den "gemeinschaftlichen Besitzstand" der EU im audiovisuellen Bereich nicht zu übernehmen, und hält einen solchen Druck für völlig unlauteres Vorgehen, das den Erweiterungsprozessen der EU zuwiderläuft;

32. betont, daß das Recht der Europäischen Union oder ihrer Mitgliedstaaten, Maßnahmen zur Förderung und Unterstützung der kulturellen und sprachlichen Vielfalt zu treffen, weder in der Gegenwart noch in der Zukunft in irgendeiner Weise beeinträchtigt werden darf;

33. vertritt den Standpunkt, daß die uneingeschränkte Liberalisierung des kulturellen Sektors die legitimen Ziele der Kulturpolitik zunichte machen würde und die Grundprinzipien des MAI-Abkommens, d.h. die Grundsätze der "Inländerbehandlung" und der "Meistbegünstigung", im Falle einer Anwendung auf den kulturellen Sektor die Funktionsweise der verschiedenen Initiativen der EU im kulturellen und im audiovisuellen Sektor unmittelbar beeinträchtigen würden; stellt fest, daß diese Initiativen von entscheidender Bedeutung für die weitere Erfuellung der rechtlichen Verpflichtungen, die der EU nach Artikel 128 EUV zukommen, sind und ein Beitritt zum MAI-Abkommen somit, was den kulturellen Sektor betrifft, eine angemessene Umsetzung der Rechtsvorschriften der Europäischen Union unmöglich machen würde; verweist darauf, daß die Fördermechanismen, die in der EU und den einzelnen Mitgliedstaaten bestehen, speziell dazu gedacht sind, den kulturellen Pluralismus und die kulturelle Vielfalt zu fördern und daß eine automatische Öffnung dieser Mechanismen für Drittstaaten ihrer Zielsetzung eindeutig widersprechen würde;

zum Fischereisektor

34. fordert die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten mit Nachdruck auf, das Multilaterale Abkommen über Investitionen erst dann zu unterzeichnen und zu ratifizieren, wenn folgendes sichergestellt ist:

* der Fischereisektor in der gesamten EU muß konsultiert worden sein und umfassende Gelegenheit zur Erörterung der Auswirkungen des MAI auf diesen Sektor erhalten haben;

* die Europäische Union muß weiterhin die Möglichkeit haben, Maßnahmen zur Erhaltung der Fischbestände und zur Verwaltung der Fischereitätigkeit der Gemeinschaft festzulegen und durchzuführen;

* die Kommission und die Mitgliedstaaten müssen weiterhin die Möglichkeit haben, ihre Regional- und Strukturpolitik in der von ihnen gewünschten Form durchzuführen, so daß sie den Gebieten zugute kommt, deren Existenz in erheblichem Masse von der Fischerei abhängt;

* die Europäische Union muß ihren Binnenmarkt für Fischereierzeugnisse auf dauerhafte Weise und gemäß ihrer eigenen Politik verwalten können;

* die Gemeinschaft behält das Recht, Fischereiabkommen mit Drittländern auszuhandeln, die mit der Erhaltung der Fischbestände vereinbar sind und mit der Entwicklungspolitik der Gemeinschaft in Einklang stehen;

* es muß eine uneingeschränkte Konsultation des Europäischen Parlaments im Rahmen des Verfahrens der Zustimmung stattgefunden haben;

zu rechtlichen Aspekten

35. schlägt vor, daß Strukturen für die demokratische Ratifizierung aller im Rahmen der WTO oder der ÖCD abzuschließenden Abkommen geschaffen werden und daß die Wechselbeziehungen zwischen den Rechtsvorschriften internationaler Organisationen, der EU und der Mitgliedstaaten genau untersucht werden;

36. beauftragt seinen Juristischen Dienst, in enger Zusammenarbeit mit den zuständigen Kommis

sionsdienststellen den Entwurf des MAI und die einschlägigen Bestimmungen des Gemeinschaftsrechts einer Überprüfung zu unterziehen, um zu ermitteln, ob bestehende Rechtsakte nach Artikel 189b vom MAI berührt würden; beauftragt seinen Juristischen Dienst ferner, regelmässig über die Ergebnisse seiner Bewertungen Bericht zu erstatten;

37. fordert die Kommission, den Rat und die Mitgliedstaaten auf, den endgültigen Entwurf des MAI gemäß dem in Artikel 228 Absatz 6 des EG-Vertrags vorgesehenen Verfahren dem Gerichtshof zur umfassenden Prüfung vorzulegen;

II. ersucht die ÖCD, auf die vorstehend gemachten Anmerkungen bezueglich des MAI-Entwurfs gezielt und ausführlich zu reagieren;

III. ist der Überzeugung, daß ein Prozeß des offenen Dialogs und der Konsultation zu diesen Fragen integraler Bestandteil des MAI-Prozesses sein und es eine ausdrückliche Verpflichtung zur Transparenz bei diesen Verhandlungen geben sollte; ist der Ansicht, daß die Stellungnahme des Europäischen Parlaments die Grundlage für die Position bilden muß, die die Europäische Kommission im Namen der Europäischen Union bei den Verhandlungen einnimmt; beabsichtigt, erneut die Stellungnahmen seiner betroffenen Ausschüsse einzuholen, wenn der Text des endgültigen Abkommens dem Europäischen Parlament zur Zustimmung vorgelegt wird;

IV. fordert die Parlamente und die Regierungen der Mitgliedstaaten auf, das MAI in seiner derzeitigen Fassung nicht zu akzeptieren;

V. fordert den Rat auf, es gemäß Artikel 228 Absatz 3 Unterabsatz 2 EGV zum möglichen Abschluß des MAI im Namen der Europäischen Union nach dem Verfahren der Zustimmung zu befassen;

VI. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Generalsekretariat der ÖCD zu übermitteln.