Geänderter Vorschlag für eine VERORDNUNG (EG) DES RATES über Maßnahmen im Bereich der Tropenwälder /* KOM/94/153ENDG - SYN 500 */
Amtsblatt Nr. C 201 vom 23/07/1994 S. 0015
Geänderter Vorschlag für eine Verordnung (EG) des Rates über Maßnahmen im Bereich der Tropenwälder (1) (94/C 201/08) (Text von Bedeutung für den EWR) KOM(94) 153 endg. - SYN 500 (Gemäß Artikel 189a Absatz 2 des EG-Vertrags von der Kommission vorgelegt am 10. Juni 1994) DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION - gestützt auf den Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, insbesondere auf die Artikel 130s und 130w, auf Vorschlag der Kommission, in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament (2), nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses (3), in Erwägung nachstehender Gründe: In der Mitteilung der Kommission für den Rat vom 16. Oktober 1989 über "Die Rolle der Gemeinschaft bei der Erhaltung der Tropenwälder" (4) wurden die Leitlinien für die Aktionen der Gemeinschaft in diesem Bereich festgelegt. Mit der Entschließung des Rates für Entwicklung und Zusammenarbeit vom 29. Mai 1990 über "Tropenwälder: Entwicklungspolitische Aspekte" wurden die Grundlagen für den Einsatz von Entwicklungsinstrumenten zum Schutz der Tropenwälder geschaffen. Das Europäische Parlament brachte in zahlreichen Entschließungen seine Besorgnis über die Zerstörung der Regenwälder und die Folgen für die einheimische Bevölkerung zum Ausdruck. Im Juni 1990 forderte der Europäische Rat von Dublin die Ausarbeitung eines Aktionsprogramms zum Schutz der Tropenwälder. Die Gemeinschaft und ihre Mitgliedstaaten haben die Tropenwald-Erklärung von Rio, die Agenda 21 und die Konventionen über die Artenvielfalt bzw. die Klimaveränderungen unterzeichnet. Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Tropenwälder sind Teil ihrer Gesamtzielsetzung zur Erhaltung der Waldressourcen. Die Gemeinschaft beabsichtigt, ihre Aktionen zur Förderung der Erhaltung der Tropenwälder im Rahmen ihrer Umweltpolitik und ihrer neuen Politik der Entwicklungskooperation gemäß Artikel 130u ff. des Vertrages mit allen geeigneten Mitteln zu erweitern. Der einheimischen Bevölkerung der Tropenwälder kommt in Anbetracht ihrer einschlägigen Kenntnisse bei der umweltgerechten Bewirtschaftung und insbesondere bei der Erhaltung der Tropenwälder eine Schlüsselrolle zu. In den Regionen oder Ländern mit Tropenwäldern sind sehr unterschiedliche ökologische und sozio-ökonomische Bedingungen anzutreffen. Die Aktionen der Gemeinschaft sollen eine bessere Verwirklichung der verfolgten Ziele ermöglichen, indem sie die Maßnahmen der Mitgliedstaaten ergänzen. Es wäre zweckmässig, die der Gemeinschaft derzeit für die Erhaltung und umweltgerechte Bewirtschaftung der Waldressourcen zur Verfügung stehenden Finanzinstrumente zu ergänzen. Zur Gewährleistung einer signifikanten Verbesserung des Schutzes der Tropenwälder sollten für die in dieser Verordnung genannten Maßnahmen angemessene Mittel bereitgestellt werden. Verfahrensregeln für die Durchführung der Verordnung, insbesondere die Form der Maßnahmen, die Empfänger der Hilfe und die Entscheidungsverfahren, sollten festgelegt werden - HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN: Artikel 1 Die Gemeinschaft unterstützt Aktionen zur Förderung der Erhaltung und der umweltverträglichen Bewirtschaftung der Tropenwälder und der dazugehörigen Artenvielfalt gemäß den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien und Verfahren. Artikel 2 (1) Tropenwälder im Sinne dieser Verordnung sind natürliche und halbnatürliche Ökosysteme mit vorherrschenden Baumbeständen in trockenen oder feuchten tropischen und subtropischen Klimazonen. Die betreffenden tropischen und subtropischen Zonen befinden sich zwischen dem 30. nördlichen und dem 30. südlichen Breitengrad. (2) Im Sinne dieser Verordnung umfasst der Begriff Erhaltung alle Maßnahmen zum Schutz und zur Rehabilitation tropischer Wälder, insbesondere Maßnahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung der Artenvielfalt einschließlich der ökologischen Funktionen der betreffenden Waldökosysteme bei möglichst weitgehender Sicherstellung ihres gegenwärtigen und künftigen Nutzwertes für die Menschheit, insbesondere für die angestammten Bevölkerungen. (3) "Nachhaltige Bewirtschaftung" bedeutet die Betreuung von Waldflächen und ihre Nutzung in einer Art und Weise, die die biologische Vielfalt, die Produktivität, die Verjüngungsfähigkeit, die Vitalität und die Fähigkeit, gegenwärtig und in Zukunft wichtige ökologische, wirtschaftliche und soziale Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfuellen, erhält und anderen Ökosystemen keinen Schaden zufügt. (4) Unter nachhaltiger Entwicklung wird die Verbesserung der Lebensqualität und des Wohlergehens der einheimischen Bevölkerung im Rahmen der Möglichkeiten der betreffenden Ökosysteme verstanden, während gleichzeitig die natürlichen Ressourcen und die Artenvielfalt für die heutigen und die künftigen Generationen erhalten werden. (5) Unter einheimischer Bevölkerung versteht man die in Stammesgemeinschaften lebenden Ureinwohner, die in den Wäldern leben oder diese als ihre Heimat beanspruchen, ferner alle Menschen, die in den Wäldern oder in deren Nähe leben und traditionell für ihren Lebensunterhalt unmittelbar oder doch zu einem grossen Teil von den Wäldern abhängen. Artikel 3 (1) Gemäß dieser Verordnung leistet die Gemeinschaft finanzielle Hilfe oder technische Beratung bei Aktionen, die die Anstrengungen von Entwicklungsländern oder deren regionalen Organisationen zur Erhaltung der Tropenwälder im Rahmen einer nachhaltigen Entwicklung dieser Länder oder Regionen unterstützen und fördern. (2) Empfänger der Hilfe und Kooperationspartner können neben Staaten und Regionen auch dezentrale Behörden, Regionalorganisationen, Ämter, lokale oder traditionelle Gemeinschaften, privatwirtschaftliche Unternehmen und Einrichtungen einschließlich Genossenschaften und Nichtregierungsorganisationen sowie repräsentative Zusammenschlüsse der einheimischen Bevölkerung sein, zu deren erklärtem Ziel oder Tätigkeitsbereich die Erhaltung der Tropenwälder gehört. (3) Besonders berücksichtigt werden Aktionen, mit denen die Erhaltung von Wäldern gefördert wird und die grosse lokale Auswirkungen haben können wie z.B. der Schutz des Grundwasserspiegels, die Vorbeugung gegen Bodenerosion und die Wiederherstellung von zerstörten Gebieten ebenso wie Klimaveränderungen und Rückgang der Artenvielfalt. Artikel 4 (1) Die Priorität der einzelnen Aktionen richtet sich nach dem Bedarf der Länder, wie er in regionalen und nationalen waldbezogenen Entwicklungs- und Umweltstrategien zum Ausdruck kommt, sowie nach den Kooperationsprioritäten der Gemeinschaft. Besondere Aufmerksamkeit gilt jedoch Aktionen mit folgender Zielsetzung: a) Erhaltung der primären Tropenwälder und ihrer Artenvielfalt und Regenerierung von Tropenwäldern, auch anhand der Analyse der Ursachen der Entwaldung und unter Berücksichtigung der nach Ländern oder Regionen unterschiedlichen Situation und der zur Bekämpfung dieser Ursachen getroffenen Maßnahmen; b) bestandserhaltende Bewirtschaftung von Wäldern, die für die Produktion von Holz und anderen Erzeugnissen vorgesehen sind, allerdings unter Ausschluß des kommerziellen Holzeinschlags in primären Tropenwäldern; c) Festlegung eines Kennzeichnungssystems für Tropenholz, das gemäß den Prinzipien der bestandserhaltenden Waldbewirtschaftung gewonnen wurde; d) Beteiligung der einheimischen Bevölkerung an der Auswahl, Planung und Durchführung von Maßnahmen; e) Schaffung von Kapazitäten zur Deckung des Ausbildungsbedarfs der lokalen Bevölkerung, der Forstverwalter und der Forscher, des Bedarfs an Gesetzgebung, an zunehmender politischer und sozialer Unterstützung sowie Stärkung der Institutionen und des Bedarfs der aktiv für die Erhaltung der Wälder eintretenden Organisationen und Vereinigungen; f) eine strategisch ausgerichtete Forschungs- und Anpassungspolitik, um das Wissen bereitzustellen, das zur Förderung der Erhaltung und erhaltender Bewirtschaftung des Waldes notwendig ist und die Durchführung von Forschungsprojekten zur Überwachung von Projekten und Programmen vorsieht; g) Schaffung von Pufferzonen zur Unterstützung der Erhaltung oder Regenerierung von Tropenwäldern als Teil umfassenderer Landnutzungspläne; h) Erarbeitung und Durchführung von nationalen Forstverwaltungsplänen, die auf die Erhaltung von Tropenwäldern und die bestandserhaltende Gewinnung von Holz und anderen Waldprodukten abzielen. (2) Die Gemeinschaft soll verlangen, daß Aktionen im Rahmen dieser Verordnung auf der Grundlage von Berichten über ihre erwarteten ökologischen, sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Auswirkungen und mit besonderen qualitativen oder quantitativen Zielsetzungen beschlossen werden. Wenn möglich sollen diese Aktionen unter Beteiligung der örtlichen Bevölkerung evaluiert werden. (3) In bezug auf die verschiedenen Gemeinschaftspolitiken, die sich möglicherweise unmittelbar auf die Erhaltung der Tropenwälder auswirken, wird die Gemeinschaft ein geeignetes Instrumentarium entwickeln und anwenden, um zu verhindern, daß laufende oder geplante politische Maßnahmen negative Auswirkungen haben, und um so weit wie möglich zur Erhaltung tropischer Wälder beizutragen. (4) Die Aktionen im Rahmen dieser Verordnung werden mit nationalen und internationalen Programmen und Aktionen zur Erhaltung der Tropenwälder wie dem Tropenwald-Aktionsplan oder Initiativen der Internationalen Tropenholzorganisation koordiniert und unterstützen diese, vorausgesetzt, daß die betreffenden Programme und Aktionen mit den Grundsätzen und Zielen dieser Verordnung übereinstimmen. (5) Die Maßnahmen werden nach Möglichkeit im Rahmen regionaler Organisationen und internationaler Kooperationsprogramme durchgeführt, die sich in den Kontext einer globalen Politik zur Erhaltung der Waldressourcen einfügen. Artikel 5 Durch verstärkte Koordinierung ist auf eine Kofinanzierung mit den Mitgliedstaaten oder mit multilateralen, regionalen oder sonstigen Organisationen hinzuwirken. Dabei soll der Gemeinschaftscharakter der Hilfe so weit wie möglich erhalten bleiben. Artikel 6 Die Finanzierung durch die Gemeinschaft erfolgt in Form von nichtrückzahlbaren Zuschüssen. Artikel 7 Die finanzielle und technische Hilfe kann alle Kosten in in- und ausländischer Währung decken, die bei der Durchführung von Projekten und Programmen, gegebenenfalls auch von integrierten Programmen und sektorbezogenen Projekten, anfallen. Die Unterhaltungs- und Betriebskosten können, besonders für Projekte zur wirtschaftlichen Zusammenarbeit, für Forschungs- und Bildungsprogramme und Entwicklungsprojekte übernommen werden. Ausser für Bildungs- und Forschungsprogramme können diese Ausgaben jedoch im allgemeinen nur in der betreffenden Anfangsphase übernommen werden, und ihre Finanzierung nimmt stufenweise ab. Systematisch ist darauf hinzuwirken, daß die Partner (Länder, lokale Bevölkerungsgruppen, Unternehmen, einzelne Empfänger) im Rahmen ihrer Möglichkeiten und entsprechend der Art der Maßnahmen einen Beitrag - vor allem einen Finanzbeitrag - leisten. Steuern, Zölle und andere Abgaben werden von der Gemeinschaft nicht finanziert. Die Kosten der Anfertigung von Studien und des Kurz- oder Langzeiteinsatzes von Experten, die die Empfänger und die Kommission beim Entwurf allgemeiner Strategien, bei der Auswahl und Vorbereitung der Maßnahmen sowie bei deren Überwachung und Evaluierung unterstützen, werden in der Regel von der Gemeinschaft getragen, entweder als Teil der Finanzierung von Einzelmaßnahmen oder gesondert. Artikel 8 Die Teilnahme an Ausschreibungen und anderen Verfahren für die Vergabe von Liefer- oder sonstigen Verträgen steht allen natürlichen und juristischen Personen der Mitgliedstaaten zu gleichen Bedingungen offen. Für die finanzielle und technische Hilfe steht die Teilnahme in der Regel auch dem Empfängerland sowie aufgrund von Einzelentscheidungen gegebenenfalls anderen Entwicklungsländern offen. In ordnungsgemäß begründeten Ausnahmefällen können für besondere Komponenten sonstige Ursprungsländer zugelassen werden. Artikel 9 Projekte und Programme, für die die Gemeinschaft mehr als 2 Millionen ECU bereitstellt sowie wesentliche Änderungen, die 20 % des ursprünglich vereinbarten Betrags übersteigen, werden im Verfahren nach Artikel 10 Absatz 2 genehmigt. Artikel 10 (1) Die Kommission verwaltet die Kooperationsmaßnahmen im Bereich der Tropenwälder. (2) Die Kommission wird von einem beratenden Ausschuß unterstützt, der sich aus auf Tropenwaldfragen spezialisierten Vertretern der Mitgliedstaaten zusammensetzt und in dem der Vertreter der Kommission den Vorsitz führt. Der Vertreter der Kommission legt dem Ausschuß einen Entwurf der notwendigen Maßnahmen vor. Der Ausschuß gibt innerhalb einer Frist, die der Vorsitzende unter Berücksichtigung der Dringlichkeit der Angelegenheit festlegt, seine Stellungnahme ab, gegebenenfalls nach Abstimmung. Die Stellungnahme wird in das Protokoll aufgenommen; im übrigen kann jeder Mitgliedstaat verlangen, daß sein Standpunkt im Protokoll festgehalten wird. Die Kommission berücksichtigt so weit wie möglich die Stellungnahme des Ausschusses. Sie unterrichtet den Ausschuß darüber, wie seine Stellungnahme berücksichtigt wurde. (3) Erachtet die Kommission es als notwendig oder angebracht, weitere Modalitäten oder Verfahren für die Durchführung von Aktionen festzulegen, so sollten derartige Maßnahmen im Verfahren nach Absatz 2 beschlossen werden. Artikel 11 Die Kommission legt dem Europäischen Parlament und dem Rat jährlich einen Bericht über die Durchführung dieser Verordnung vor. Dieser Bericht enthält Angaben über die Verwendung der Mittel auf der Ebene der Mittelbindungen und der Zahlungen sowie eine Darstellung der im abgelaufenen Jahr finanzierten Projekte und Programme. Soweit möglich enthält dieser Bericht auch Angaben über die nationalen Mittelbindungen im gleichen Haushaltsjahr. Ferner enthält er genaue Angaben über die zur Durchführung der Projekte und Programme vergebenen Verträge (Unternehmen, Staatsangehörigkeit usw.). Evaluierungsberichte werden dem gemäß Artikel 10 eingesetzten Ausschuß vorgelegt. Artikel 12 Diese Verordnung wird im Rahmen eines Konzepts durchgeführt, das den allgemeinen Grundsätzen der Verordnung (EWG) Nr. 443/92 des Rates über die finanzielle und technische Hilfe zugunsten der Entwicklungsländer in Lateinamerika und Asien sowie des Vierten Abkommens von Lomé entspricht und unter Berücksichtigung von gemeinsamen Kriterien während aller Projektphasen von der Projektfindung bis zur Evaluierung. Artikel 13 Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften in Kraft. Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat. (1) ABl. Nr. C 78 vom 19. 3. 1993, S. 8. (2) PE A3 - 304/93 vom 29. Oktober 1993. (3) CES 707-93 ENVI 360 vom 30. Juni 1993. (4) ABl. Nr. C 264 vom 16. 10. 1989, S. 1.