1.2.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 39/1


EMPFEHLUNG DES EUROPÄISCHEN AUSSCHUSSES FÜR SYSTEMRISIKEN

vom 1. Dezember 2022

zu Anfälligkeiten des Gewerbeimmobiliensektors im Europäischen Wirtschaftsraum

(ESRB/2022/9)

(2023/C 39/01)

DER VERWALTUNGSRAT DES EUROPÄISCHEN AUSSCHUSSES FÜR SYSTEMRISIKEN —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (1), insbesondere auf Anhang IX,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (2), insbesondere auf Artikel 3 Absatz 2 Buchstaben b und d sowie Artikel 16 und 18,

gestützt auf den Beschluss ESRB/2011/1 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 20. Januar 2011 zur Verabschiedung der Geschäftsordnung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (3), insbesondere auf die Artikel 18 bis 20,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Gewerbeimmobiliensektor (Commercial Real Estate – CRE) ist wichtig für die Finanzstabilität im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). In einigen EWR-Ländern machen Risikopositionen gegenüber dem Gewerbeimmobiliensektor (im Folgenden „CRE-Risikopositionen“) einen erheblichen Anteil am Bruttoinlandsprodukt sowie an den Bilanzen von Kreditinstituten und anderen Finanzinstituten aus. Der Gewerbeimmobiliensektor ist sowohl mit der Realwirtschaft als auch mit dem Finanzsystem eng verflochten. Darüber hinaus ist er für viele Finanzmarktakteure wie Investmentfonds, Versicherungsunternehmen, Pensionsfonds und Kreditinstitute von Bedeutung. Ungünstige Entwicklungen im Gewerbeimmobiliensektor können systemische Auswirkungen sowohl auf die Realwirtschaft als auch auf das Finanzsystem haben.

(2)

Die Anfälligkeiten im Zusammenhang mit CRE-Risikopositionen können je nach Teilsektor und Marktsegment unterschiedlich ausfallen. Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (European Systemic Risk Board – ESRB) unterscheidet bei seiner Bewertung der Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien in EWR-Ländern in erster Linie zwischen den Teilsektoren Industrie-, Büro-, Einzelhandels- und Wohnimmobilien sowie den Segmenten A-Lage und B-Lage. Darüber hinaus unterscheiden sich die Anfälligkeiten in den einzelnen EWR-Ländern, u. a. aufgrund der unterschiedlichen Bedeutung, die den jeweiligen Teilsektoren und Segmenten in diesen Ländern zukommt. Diese ESRB-Empfehlung richtet sich an die jeweiligen Behörden auf Ebene der Europäischen Union und auf nationaler Ebene in allen EWR-Ländern, da diese am besten in der Lage sind, die Bedeutung der betreffenden Teilsektoren und Segmente und die damit verbundenen Risiken für die Finanzstabilität, einschließlich des Risikos von Übertragungseffekten (Spillover) aus anderen Ländern, zu analysieren.

(3)

Der ESRB verfolgt den Gewerbeimmobiliensektor kontinuierlich und aufmerksam und hat 2016 eine Empfehlung zur Schließung von Lücken bei Immobiliendaten abgegeben (4). Darüber hinaus hat der ESRB in den Jahren 2015 und 2018 Berichte über Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor in der EU veröffentlicht (5) sowie konkrete Leitlinien für eine kohärente Bewertung der Systemrisiken bereitgestellt, die sich sowohl aus den Entwicklungen auf den Märkten für Gewerbeimmobilien als auch aus den damit verbundenen makroprudenziellen Maßnahmen ergeben können (6). In seinem jüngsten Bericht über Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor im EWR (7) hat der ESRB entsprechend festgestellte Anfälligkeiten sowie mögliche politische Maßnahmen zu deren Behebung aufgezeigt. Darüber hinaus veröffentlichte er im September 2022 seine Warnung ESRB/2022/7 zu Anfälligkeiten des Finanzsystems der Union (8). Ohne die übergeordnete Bedeutung anderer Quellen von Systemrisiken außer Acht zu lassen, die in der Warnung ESRB/2022/7 hervorgehoben wurden, handelt der ESRB im Einklang mit seinem Mandat, indem er eine Empfehlung abgibt, in der Systemrisiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien aufgezeigt und die Abhilfemaßnahmen genannt werden, die als Reaktion auf diese Systemrisiken zu ergreifen sind.

(4)

Der Gewerbeimmobiliensektor ist derzeit anfällig für die Entstehung zyklischer Risiken im Zusammenhang mit der gestiegenen Inflation, der deutlichen Verschlechterung der Wachstumsaussichten nach der russischen Invasion der Ukraine sowie anderen geopolitischen Spannungen. Im Allgemeinen weisen Zyklen in diesem Sektor größere Amplituden auf als die gesamtwirtschaftlichen Zyklen. Sinkende Immobilienwerte und Mieteinkünfte können Investoren dazu veranlassen, Gewerbeimmobilien zu verkaufen, wodurch der Abwärtsdruck auf die Preise für solche Immobilien weiter steigt und sich potenziell negative Auswirkungen auf die Finanzstabilität ergeben könnten. Darüber hinaus könnte eine Verschärfung der Finanzbedingungen die Einkünfte von im Gewerbeimmobiliensektor tätigen Unternehmen und den Wert ihrer Immobilien sinken lassen. Dies bedeutet, dass der ihnen zur Verfügung stehende Spielraum für die Refinanzierung bestehender Fremdmittel und die Aufnahme neuer Darlehen potenziell stark eingeschränkt wird. Dies wiederum könnte einige Investoren zum Verkauf von Immobilien zwingen, um fällig werdende Verbindlichkeiten zu bedienen und den Liquiditätsbedarf zu decken, auch wenn die Marktlage angespannt ist, und dadurch zu weiterem Abwärtsdruck auf die Preise beitragen.

(5)

Zu den Anfälligkeiten im Zusammenhang mit strukturellen Veränderungen zählen die Auswirkungen einer klimabezogenen Wirtschaftspolitik und der Übergang zum elektronischen Handel (E-Commerce) auf dem Markt für Gewerbeimmobilien. Darüber hinaus hat die COVID-19-Pandemie die Nachfrage nach flexibel mietbaren Büroflächen infolge der stärkeren Verbreitung mobiler und hybrider Arbeitsmodelle angekurbelt. Diese strukturellen Veränderungen lassen den Bedarf an energieeffizienten Immobilien und Logistikeinrichtungen wie z. B. großen Lagerräumen steigen, die Nachfrage nach Einzelhandels-, Büro- sowie allgemein Gewerbeimmobilien in B-Lagen hingegen sinken.

(6)

Kreditinstitute sind den mit dem Gewerbeimmobiliensektor verbundenen Risiken durch das Kreditrisiko bei Darlehen für Gewerbeimmobilien besonders ausgesetzt. Die zur Verfügung stehenden Daten deuten darauf hin, dass Bankkredite in diesem Sektor in mehreren EWR-Ländern mit hohen Beleihungsquoten (Loan-to-value ratio – LTV) ausgereicht werden. Verringert sich der Wert der Kreditsicherheiten, erhöht sich die Beleihungsquote. Dies würde zu einem Anstieg der Verlustquoten der Kreditinstitute bei Ausfall und als Folge möglicherweise zu höheren Risikovorsorge- und Eigenkapitalanforderungen führen, wodurch die Fähigkeit der Kreditinstitute zur Aufrechterhaltung der Kreditvergabe eingeschränkt werden könnte. Selbst bei niedrigen Beleihungsquoten könnten die aggregierten Informationen andere Risikomerkmale verschleiern, z. B. die Häufigkeit des Vorkommens von Krediten mit Endfälligkeit, Forfaitierung, nicht abgesicherten variablen Zinssätzen oder sehr langen Laufzeiten, die in einigen Fällen erheblich sein könnten.

(7)

In Bezug auf den Bankensektor hat die Europäische Zentralbank (EZB) in einem Zwischenbericht zu CRE-Risikopositionen auf Bedenken hinsichtlich der Kreditvergabestandards, der Verfahren für die Bewertung von Sicherheiten und die Überwachung für den Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (Single Supervisory Mechanism – SSM) hingewiesen (9).

(8)

Im Nichtbanken-Sektor stellen Liquiditätsinkongruenzen bei offenen Immobilienfonds eine der Anfälligkeiten dar. Eine Liquiditätsinkongruenz tritt auf, wenn Fonds dieses Typs ihren Anlegern Rücknahmefristen anbieten, die kürzer sind als der Zeitraum, der erforderlich ist, um die Immobilien, in die der Fonds investiert hat, zu den jeweiligen Marktpreisen zu liquidieren. Zudem laufen Immobilienfonds in der Regel Gefahr, dass eine Korrektur der Preise von Vermögenswerten erfolgt, wenn die Bewertungshäufigkeit zu gering ist und Anreize für eine Überbewertung von Immobilien bestehen, insbesondere in einem Markt, in dem die Preise bereits rückläufig sind. Dies kann wiederum zu Klippeneffekten bei der Rücknahme von Vermögenswerten führen.

(9)

Die Risiken im Zusammenhang mit Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen auf den Märkten für Gewerbeimmobilien könnten sich in den einzelnen Ländern erheblich voneinander unterscheiden, was sowohl auf unterschiedliche Geschäftsmodelle und Geschäftspraktiken als auch auf unterschiedliche Marktstrukturen zurückzuführen ist. Das Verständnis der Risiken im Zusammenhang mit Pensionsfonds und Versicherungsunternehmen auf den Märkten für Gewerbeimmobilien und der potenziellen Liquiditätsinkongruenzen zwischen deren Finanzierung und Investitionen in diesen Märkten, auch wenn diese über Investmentfonds erfolgen, ist eine Voraussetzung zur Bewältigung von Risiken im Gewerbeimmobiliensektor für dieses Marktsegment.

(10)

Das Eintreten von Risiken in diesem Sektor würde sich auch negativ auf das Rating von Verbriefungen auswirken, die Kredite für Gewerbeimmobilien bündeln und von Kreditinstituten oder anderen Marktteilnehmern gehalten werden. Die mit Verbriefungen im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien verbundenen Anfälligkeiten ergeben sich aus der Qualität der zugrunde liegenden verbrieften Kredite sowie der Konzentration von Investoren und Kreditnehmern und deren Verflechtung.

(11)

Die sich auf Finanzmärkte und Länder erstreckenden Übertragungseffekte können Anfälligkeiten verstärken und dadurch das Risiko einer sektor- und länderübergreifenden Ansteckung erhöhen. Zur Verbesserung der Überwachung und Analyse potenzieller Quellen für Systemrisiken wird deshalb ein Informationsaustausch für notwendig erachtet. Der ESRB könnte den für die Überwachung von Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien als erforderlich betrachteten Informationsaustausch unterstützen.

(12)

Die Aufsichtsbehörden der Europäischen Union und die nationalen Aufsichtsbehörden der EWR-Länder im Banken- und Nichtbanken-Finanzsektor können zur Widerstandsfähigkeit des Finanzsektors des EWR beitragen, indem sie in enger Zusammenarbeit Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien der Institute in ihrem Aufsichtsbereich überwachen, ermitteln und angehen. Die Überwachung der Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem Gewerbeimmobiliensektor ist von entscheidender Bedeutung, um potenzielle Risiken für die Finanzstabilität festzustellen und mögliche Maßnahmen zur Bewältigung dieser Risiken zu bewerten. Eine solche Überwachung könnte sich auch auf die in Artikel 124 Absatz 2 und Artikel 164 Absatz 6 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates genannten Bewertungen stützen und diese weiterentwickeln (10). Die nationalen Aufsichtsbehörden müssen zum einen gegenüber dem Eintreten von Risiken, zum anderen gegenüber einer weiteren Zunahme von Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor des EWR wachsam bleiben. Bei der Überwachung von Anfälligkeiten sollten die Behörden zwischen den Teilsektoren und Segmenten des Markts für Gewerbeimmobilien differenzieren.

(13)

In der Empfehlung ESRB/2016/14 zur Schließung von Lücken bei Immobiliendaten (11) wurde hervorgehoben, dass sich gravierende Datenlücken und fehlende gemeinsame Definitionen von Daten nachteilig auf die Märkte für Gewerbeimmobilien im gesamten EWR auswirken. Die Datenverfügbarkeit und -qualität haben sich seit der Veröffentlichung der Empfehlung ESRB/2016/14 deutlich verbessert. Obwohl die letzten Teile der Empfehlung ESRB/2016/14 bis zum 31. Dezember 2025 umzusetzen sind, sollte die Empfehlung den jeweiligen Behörden als Richtschnur für die Überwachung von Risiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien dienen. Sie sollte die jeweiligen Behörden nicht daran hindern, zusätzliche Anstrengungen zur Überwachung der Märkte für Gewerbeimmobilien unter Verwendung aller verfügbaren Daten zu unternehmen (12).

(14)

Bei der Festlegung der Häufigkeit der Überwachung sollten die jeweiligen Behörden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sowie die potenziellen Risiken für die Finanzstabilität berücksichtigen, die sich aus dem Markt für Gewerbeimmobilien und dem Umfang der Risikopositionen von Finanzinstituten gegenüber verschiedenen Teilsektoren und Segmenten dieses Markts ergeben.

(15)

Im Rahmen der politischen Maßnahmen, welche die jeweiligen Behörden u. a. im Hinblick auf die Umsetzung dieser Empfehlung ergreifen, sollten die Ergebnisse der vorausschauenden Überwachung berücksichtigt werden, um zu verhindern, dass sich aus den Teilsektoren des Marktes für Gewerbeimmobilien Systemrisiken entwickeln. Die jeweiligen Behörden sollten insbesondere bei der Kalibrierung und Entscheidung über die schrittweise Einführung von Maßnahmen berücksichtigen, in welcher Phase des Wirtschafts- und Finanzzyklus sich das jeweilige EWR-Land befindet. Darüber hinaus sollte im Zuge angemessener politischer Maßnahmen nach Möglichkeit zwischen den Teilsektoren und Segmenten auf dem Markt für Gewerbeimmobilien differenziert werden.

(16)

Angemessene politische Maßnahmen zur Bewältigung von Risiken im Gewerbeimmobiliensektor müssen verschiedene Aspekte in Einklang bringen; hierzu gehören auch die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung und die potenziell unterschiedliche Dynamik in den jeweiligen Teilsektoren und Segmenten. Die Kreditqualität von Gewerbeimmobilien-Portfolios muss überwacht und für Kreditkategorien, die durch Veränderungen auf dem Markt für Gewerbeimmobilien oder nachteilige wirtschaftliche und finanzielle Entwicklungen negativ beeinflusst werden könnten, eine angemessene Risikovorsorge getroffen werden. Sollten die Anfälligkeiten weiter zunehmen, ist es wichtig, für eine solide Kreditvergabe- und Investitionspraxis in Bezug auf den Gewerbeimmobiliensektor, ergänzt durch mögliche makroprudenzielle Maßnahmen, zu sorgen. Kapitalbasierte und andere makroprudenzielle Maßnahmen stehen den EWR-Ländern entweder nach nationalem Recht oder Unionsrecht (13) bereits zur Verfügung, darunter auch eine Reihe makroprudenzieller Maßnahmen zur Bewältigung von Risiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien im Banken-, Investmentfonds-, Pensionsfonds- und Versicherungssektor. Im Rahmen makroprudenzieller Maßnahmen sollte die gegenseitige Anerkennung von Maßnahmen der nationalen Behörden in verschiedenen EWR-Ländern in Betracht gezogen werden, um die Wirksamkeit nationaler makroprudenzieller Maßnahmen zu gewährleisten und die grenzüberschreitende Verlagerung von Systemrisiken zu verhindern.

(17)

Um der Heterogenität der Märkte für Gewerbeimmobilien Rechnung zu tragen, könnten beim Vorliegen von Systemrisiken Risikogewichtungsmaßnahmen und sektorale Systemrisikopuffer zur Erhöhung der Widerstandsfähigkeit des Bankensystems in Betracht gezogen werden.

(18)

Hinsichtlich politischer Maßnahmen für den Sektor Investmentfonds könnten eine makroprudenzielle Begrenzung des Umfangs von Hebelfinanzierungen und die Verringerung der Liquiditätsinkongruenz in diesem Sektor (wie in der Empfehlung ESRB/2020/4 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken zu Liquiditätsrisiken bei Investmentfonds (14) dargelegt) erwogen werden, um den festgestellten Anfälligkeiten entgegenzuwirken und zugleich den länderspezifischen Besonderheiten Rechnung zu tragen. Die Empfehlung ESRB/2017/6 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken zu Liquiditäts- und Hebelfinanzierungsrisiken bei Investmentfonds (15) soll die Grundlage für die Umsetzung von Artikel 25 der Richtlinie 2011/61/EU schaffen, der ein makroprudenzielles Instrument zur Begrenzung der Hebelfinanzierung bei alternativen Investmentfonds zur Verfügung stellt.

(19)

Während es in den meisten EWR-Ländern kreditnehmerbasierte Maßnahmen zur Minderung von Systemrisiken im Zusammenhang mit den Märkten für Wohnimmobilien gibt, verfügen nur wenige EWR-Länder über kreditnehmerbasierte Maßnahmen, um Systemrisiken im Zusammenhang mit den Märkten für Gewerbeimmobilien zu begegnen. Das Konzept und die Ausgestaltung von kreditnehmerbasierten Maßnahmen für Risiken aus Gewerbeimmobilien werden in verschiedenen Foren noch diskutiert; bislang wurde noch kein gemeinsamer Standpunkt zur Ausgestaltung solcher kreditnehmerbasierten Maßnahmen festgelegt. Vor diesem Hintergrund sollte die Durchführbarkeit kreditnehmerbasierter Maßnahmen für Gewerbeimmobilien auf Ebene der Europäischen Union weiter geprüft werden. Sofern und sobald solche kreditnehmerbasierten Maßnahmen auf nationaler Ebene zur Verfügung stehen, sollten die jeweiligen Behörden auf nationaler Ebene in Anbetracht der Kombination aus stark steigenden Immobilienpreisen und Kreditdynamik sowie erodierenden Kreditstandards prüfen, ob diese Instrumente angemessen sind. Falls erforderlich und durchführbar, sollten die jeweiligen nationalen Behörden die kreditnehmerbasierten Maßnahmen außerdem durch andere Maßnahmen ergänzen, um die Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten zu gewährleisten und Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien entgegenzuwirken.

(20)

Zur Sicherstellung einer einheitlichen Behandlung bestimmter Risiken im gesamten Finanzsystem hält der ESRB nach umfassender Analyse und Erörterung die Einführung tätigkeitsbasierter Instrumente für wünschenswert. Daher könnten makroprudenzielle Instrumente sowohl Kreditinstitute als auch Finanzinstitute außerhalb des Bankensektors abdecken, wenn sie als tätigkeitsbezogene Instrumente konzipiert sind. Diese würden die bestehenden institutsbezogenen Vorschriften ergänzen.

(21)

Sämtliche makroprudenziellen Maßnahmen sollten darauf abzielen, prozyklische Auswirkungen auf die Realwirtschaft und andere Segmente des Finanzsektors zu vermeiden —

HAT FOLGENDE EMPFEHLUNG ERLASSEN:

ABSCHNITT 1

EMPFEHLUNGEN

Empfehlung A – Verbesserung der Überwachung der vom Markt für Gewerbeimmobilien ausgehenden Systemrisiken

Es wird empfohlen, dass die jeweiligen Behörden, denen eine Rolle im Hinblick auf die Finanzstabilität zukommt,

1.

bestehende und potenziell entstehende Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien (Commercial Real Estate – CRE) genau überwachen, unter anderem durch:

Bewertung der Konjunkturphase der Märkte für Gewerbeimmobilien und ihrer Aussichten unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Finanzierungsbedingungen und des allgemeinen makroökonomischen Ausblicks;

Bewertung von Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien bei unterschiedlichen Risikokategorien oder Risikofeldern (16), einschließlich z. B. der Überwachung von:

a)

Risiken im Zusammenhang mit den Preisen für Gewerbeimmobilien (Risikofeld Sicherheiten);

b)

Risiken im Zusammenhang mit den durch Gewerbeimmobilien generierten Einkommensströmen und der Investitionstätigkeit im Gewerbeimmobiliensektor (Risikofelder Einkommen und Tätigkeit);

c)

Risiken, die sich aus den Finanzierungsbedingungen und Finanzierungsquellen von Gewerbeimmobilien ergeben, einschließlich der Folgen von Verbriefungen im Bereich Gewerbeimmobilien, soweit aus Sicht der Finanzstabilität relevant (Risikofeld Finanzierung);

d)

Risiken, die sich aus der Verflechtung von Wirtschafts- und Finanzsektoren in Bezug auf Gewerbeimmobilien sowie aus grenzüberschreitenden Investitionen in und Finanzierungen von Gewerbeimmobilien ergeben (Risikofeld Übertragungseffekte);

Ergänzung der Überwachung von Systemrisiken durch die Bewertung länderspezifischer Indikatoren, einschließlich struktureller Merkmale.

2.

Risiken auf den Märkten für Gewerbeimmobilien gemäß Empfehlung A Nummer 1 regelmäßig, mindestens jedoch einmal jährlich überwachen. Im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sollte die Häufigkeit der Risikoüberwachung auf die relative Größe und Bedeutung der Risikopositionen abstellen.

3.

im Rahmen der Durchführung der Risikoüberwachung gemäß Empfehlung A Nummer 1 die Überwachung von Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien eng untereinander und mit dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) koordinieren und zusammenarbeiten. Diese Koordinierung und Zusammenarbeit sollte den Austausch von Informationen umfassen, die für die Überwachung von Anfälligkeiten im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien, insbesondere in Verbindung mit länder- und sektorübergreifenden Übertragungseffekten, für notwendig erachtet werden. Der Informationsaustausch sollte nach bestmöglichem Bemühen mit Unterstützung des ESRB und im Einklang mit den rechtlichen Rahmenbedingungen der verschiedenen Länder erfolgen.

Empfehlung B – Gewährleistung einer soliden Finanzierungspraxis für Gewerbeimmobilien

Es wird empfohlen, dass die Aufsichtsbehörden unter Berücksichtigung der Ergebnisse der gemäß Empfehlung A durchgeführten vorausschauenden Überwachung im Rahmen ihres jeweiligen Mandats und unter Rückgriff auf die zur Verfügung stehenden Instrumente sicherstellen, dass Finanzinstitute, die Finanzierungen für Gewerbeimmobilien bereitstellen, ein umsichtiges Risikomanagement mittels Maßnahmen betreiben, die unter anderem Folgendes umfassen könnten:

regelmäßige Bewertungen der Qualität der bestehenden Kredite für und Investitionen in Gewerbeimmobilien, insbesondere im Hinblick auf die Schuldendienstfähigkeit der Kreditnehmer und den Wert der Sicherheiten;

umsichtige Kreditvergabestandards für neu zu vergebende Kredite;

eine angemessene Risikovorsorge;

die proaktive und regelmäßige Anpassung von Kapitalprognosen in Basis- und adversen Szenarien;

eine angemessene Berücksichtigung der festgestellten Risiken;

die Beachtung der Leitlinien und Erwartungen der Aufsichtsbehörden.

Empfehlung C – Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten

Die jeweiligen Behörden sollten im Rahmen ihres jeweiligen Mandats unter Berücksichtigung der Ergebnisse der vorausschauenden Überwachung gemäß Empfehlung A und der ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente zur Bewältigung der ermittelten Risiken weiterhin sicherstellen, dass Risiken und Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem Gewerbeimmobiliensektor angemessen berücksichtigt werden. Sofern die festgestellten Risiken wesentlich sind und die ermittelten Risikopositionen als potenzielle Risikoquellen für die Finanzstabilität betrachtet werden, sollten die jeweiligen Behörden weitere makroprudenzielle Maßnahmen ergreifen, die als durchführbar, angemessen und effizient erachtet werden, wobei Überschneidungen zwischen verschiedenen makroprudenziellen und mikroprudenziellen Instrumenten zur gezielten Minderung ähnlicher Risiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien zu vermeiden sind.

Zu diesem Zweck wird Folgendes empfohlen:

1.

Sind von Kreditinstituten gehaltene Risikopositionen im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien wesentlich, gewährleisten die mit der Einführung kapitalbasierter oder anderer makroprudenzieller Maßnahmen betrauten benannten Behörden die Widerstandsfähigkeit der in den jeweiligen EWR-Ländern zugelassenen Kreditinstitute, indem sie angemessene kapitalbasierte Maßnahmen einführen, die für notwendig erachtet werden, um die Risiken für die Finanzstabilität, welche sich aus dem Gewerbeimmobiliensektor ergeben, zu mindern.

2.

Sind von Investmentfonds gehaltene Risikopositionen im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien wesentlich, stärken die Aufsichtsbehörden im Rahmen ihres jeweiligen Mandats die Widerstandsfähigkeit der in den jeweiligen EWR-Ländern zugelassenen Investmentfonds und mindern Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor als Risikoquelle für die Finanzstabilität, indem sie Maßnahmen in Betracht ziehen, die unter anderem Folgendes umfassen könnten:

eine Bewertung der Risiken, die sich aus Liquiditätsinkongruenzen im Sektor Investmentfonds in Verbindung mit Investitionen in und Krediten für Gewerbeimmobilien ergeben; die Verpflichtung zum Einsatz angemessener Instrumente zur Liquiditätssteuerung, sofern angemessen und verfügbar, um ein solides Liquiditätsmanagement zur Wahrung der Finanzstabilität zu gewährleisten und die strukturelle Anpassung der Rücknahmebedingungen für Fondsanteile an die Liquidität der zugrunde liegenden Vermögenswerte sicherzustellen;

eine Bewertung der Risiken, die sich aus der Hebelfinanzierung im Sektor Investmentfonds in Verbindung mit Investitionen in und Krediten für Gewerbeimmobilien ergeben, insbesondere gegebenenfalls durch Begrenzung des Umfangs von Hebelfinanzierungen für in Gewerbeimmobilienmärkte investierende Investmentfonds gemäß Artikel 25 der Richtlinie 2011/61/EU.

3.

Sind von Versicherungsunternehmen gehaltene Risikopositionen im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien wesentlich, stellen die Aufsichtsbehörden im Rahmen ihres jeweiligen Mandats die Widerstandsfähigkeit der in den jeweiligen EWR-Ländern zugelassenen Versicherungsunternehmen sicher und mindern Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor als Risikoquelle für die Finanzstabilität, indem sie Maßnahmen in Betracht ziehen, die unter anderem Folgendes umfassen könnten:

eine Bewertung, wie Risiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien im Hinblick auf Eigenkapitalanforderungen, Anlagevorschriften und das Risikomanagement von Versicherungsunternehmen berücksichtigt werden, wenn sie über Investmentfonds in Gewerbeimmobilien investieren;

eine Bewertung der Methode, nach der Sicherheiten für Investitionen in Gewerbeimmobilien berücksichtigt werden, insbesondere bei der Berechnung der Solvenzkapitalanforderungen;

eine Bewertung des Umfangs, in dem CRE-Risikopositionen in Form von Eigen- oder Fremdkapital, einschließlich bei intransparenten Finanzierungsstrukturen, die tatsächlichen CRE-Risikopositionen von Versicherungsunternehmen widerspiegeln.

4.

Sind von Pensionsfonds gehaltene Risikopositionen im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien wesentlich, stellen die Aufsichtsbehörden im Rahmen ihres jeweiligen Mandats die Widerstandsfähigkeit der in den jeweiligen EWR-Ländern zugelassenen Pensionsfonds sicher und mindern Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor als Risikoquelle für die Finanzstabilität.

5.

Die jeweiligen Behörden auf der entsprechenden nationalen Ebene prüfen die Angemessenheit von kreditnehmerbasierten Maßnahmen, falls solche Instrumente auf der jeweiligen nationalen Ebene zur Verfügung stehen, sofern dies als Ergänzung anderer Maßnahmen zur Gewährleistung der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten und einer soliden Kreditvergabepraxis für notwendig und durchführbar erachtet wird.

Empfehlung D – Entwicklung tätigkeitsbasierter Instrumente für Gewerbeimmobilien in der Union

Es wird empfohlen, dass die Europäische Kommission den derzeitigen makroprudenziellen Rahmen in der Europäischen Union bewertet und sicherstellt, dass für alle Finanzinstitute, die die gleichen Tätigkeiten ausüben, einheitliche Regeln für die Bewältigung von Risiken im Zusammenhang mit CRE-Risikopositionen gelten, wobei deren Besonderheiten und spezifischen Risikoprofilen Rechnung zu tragen ist. Diesbezüglich sollte die Kommission, falls sie dies auf der Grundlage ihrer Bewertung für notwendig erachtet, unter anderem Vorschläge für Rechtsvorschriften der Union unterbreiten, durch welche die bestehenden unternehmensspezifischen makroprudenziellen Instrumente durch tätigkeitsbasierte makroprudenzielle Instrumente ergänzt werden, um Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor wirksam zu begegnen und Aufsichtsarbitrage und die Verlagerung von Risiken zwischen dem Banken- und dem Nichtbankensektor zu vermeiden.

ABSCHNITT 2

UMSETZUNG

1.   Begriffsbestimmungen

Für die Zwecke dieser Empfehlung gelten folgende Begriffsbestimmungen:

a)

„Gewerbeimmobilien“ Gewerbeimmobilien im Sinne von Abschnitt 2 Absatz 1 Nummer 1 Ziffer 4 der Empfehlung ESRB/2016/14;

b)

„jeweilige Behörden“

i)

Aufsichtsbehörden;

ii)

nationale makroprudenzielle Behörden;

iii)

benannte Behörden;

c)

„jeweilige Behörden, denen eine Rolle im Hinblick auf die Finanzstabilität zukommt“ Behörden, die beauftragt sind, zur Vermeidung oder Minderung von Systemrisiken für die Finanzstabilität in der Union oder in einem EWR-Land beizutragen;

d)

„Aufsichtsbehörde“

i)

die EZB im Zusammenhang mit den ihr gemäß Artikel 4 Absätze 1 und 2 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates (17) übertragenen Aufgaben;

ii)

die europäischen Aufsichtsbehörden;

iii)

die nationalen Aufsichtsbehörden für Kreditinstitute;

iv)

die nationale Aufsichtsbehörde für Verwalter alternativer Investmentfonds und Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren;

v)

die nationalen Aufsichtsbehörden für Versicherungsunternehmen;

vi)

die nationalen Aufsichtsbehörden für Pensionsfonds;

e)

„europäische Aufsichtsbehörden“ die durch die Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (18) eingerichtete Europäische Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde) zusammen mit der durch die Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (19) eingerichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und der durch die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates (20) eingerichteten Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde);

f)

„nationale Aufsichtsbehörde für Kreditinstitute“ eine zuständige Behörde oder eine Aufsichtsbehörde in einem EWR-Land im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 40 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 und Artikel 3 Absatz 1 Nummer 36 der Richtlinie 2013/36/EU;

g)

„nationale Aufsichtsbehörde für Verwalter alternativer Investmentfonds und Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ eine zuständige Behörde in einem EWR-Land im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe f der Richtlinie 2011/61/EU und Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe h der Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (21);

h)

„nationale Aufsichtsbehörden für Versicherungsunternehmen“ eine Aufsichtsbehörde in einem EWR-Land im Sinne von Artikel 13 Nummer 10 der Richtlinie 2009/138/EG;

i)

„nationale Aufsichtsbehörden für Pensionsfonds“ eine zuständige Behörde in einem EWR-Land im Sinne von Artikel 6 Nummer 8 der Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates (22);

j)

„nationale makroprudenzielle Behörde“ eine nationale makroprudenzielle Behörde mit den Zielen, Vorkehrungen, Aufgaben, Befugnissen, Instrumenten, Rechenschaftspflichten und anderen gemäß Empfehlung ESRB/2011/3 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (23) festgelegten Merkmalen;

k)

„benannte Behörde“ eine benannte Behörde gemäß Titel VII Kapitel 4 der Richtlinie 2013/36/EU und gemäß Artikel 124 Absatz 1a, Artikel 164 Absatz 5 und Artikel 458 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013;

l)

„Marktinformationen“ eine Informationsquelle für die Bewertung von Systemrisiken, einschließlich Informationen aus Besprechungen mit Marktkontakten und aus der regelmäßigen Analyse von Berichten von Marktanalysten;

m)

„Kreditinstitut“ ein Kreditinstitut im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Nummer 1 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013;

n)

„Investmentfonds“ einen Investmentfonds im Sinne von Artikel 4 Absatz 1 Buchstabe a der Richtlinie 2011/61/EU und Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren im Sinne von Artikel 1 Absatz 2 der Richtlinie 2009/65/EG;

o)

„Versicherungsunternehmen“ ein Versicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 1 und Rückversicherungsunternehmen im Sinne von Artikel 13 Nummer 4 der Richtlinie 2009/138/EG;

p)

„Pensionsfonds“ ein Altersversorgungssystem im Sinne von Artikel 2 Nummer 10 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (24) und eine Einrichtung der betrieblichen Altersversorgung im Sinne von Artikel 6 Nummer 1 der Richtlinie (EU) 2016/2341;

q)

„Finanzinstitut“ Kreditinstitute, Investmentfonds, Versicherungsunternehmen und Pensionsfonds;

r)

„Hebelfinanzierung“ jede Methode, durch die ein Anleger seine Risikobelastung durch Geld- oder Wertpapierdarlehen, in Derivaten eingebettete Hebelfinanzierungen oder durch andere Methoden so weit erhöht, dass sie die Vermögenswerte des Fonds übersteigt;

s)

„kapitalbasierte Maßnahmen“ alle einem Kreditinstitut auferlegten Eigenmittelanforderungen zur Vermeidung und/oder Minderung von Systemrisiken im Sinne von Artikel 2 Buchstabe c der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010, einschließlich der in den Artikeln 124, 164 oder 458 der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 oder Titel VII Kapitel 4 der Richtlinie (EU) 2013/36 genannten Anforderungen, wie etwa der antizyklische Kapitalpuffer oder der sektorale Systemrisikopuffer;

t)

„andere makroprudenzielle Maßnahmen“ jede makroprudenzielle Maßnahme, die keine kapitalbasierte Maßnahmen ist und den Ländern des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) entweder nach nationalem Recht oder Unionsrecht zur Verfügung steht und die auch nicht rechtsverbindliche Maßnahmen wie Warnungen und Empfehlungen umfassen kann;

u)

„tätigkeitsbasierte Instrumente“ einen speziellen makroprudenziellen Rahmen, der einheitliche Regeln für alle Finanzinstitute enthält, die die gleichen Tätigkeiten ausüben, wobei deren spezifischen Risikoprofilen Rechnung getragen wird;

v)

„kreditnehmerbasierte Maßnahmen“ makroprudenzielle Maßnahmen, die auf Kreditnehmer ausgerichtet sind;

w)

„verbriefte Kredite“ eine Verbriefung im Sinne von Artikel 2 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates (25);

x)

„endfällige Kredite“ tilgungsfreie Kredite, bei denen der Kapitalbetrag, in manchen Fällen einschließlich der Zinsen, am Ende der Laufzeit fällig ist.

2.   Umsetzungskriterien

1.

Für die Umsetzung der vorliegenden Empfehlung gelten die folgenden Kriterien:

a)

Dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sollte unter Berücksichtigung von Zweck und Inhalt von Empfehlung A, Empfehlung B, Empfehlung C und Empfehlung D angemessen Rechnung getragen werden, insbesondere im Hinblick auf die Umsetzung von empfohlenen Maßnahmen, die als Reaktion auf die überwachten Risiken gemäß Empfehlung A ergriffen werden;

b)

Aufsichtsarbitrage sollte vermieden werden;

c)

bei der Überwachung der Finanzierung von Gewerbeimmobilien gemäß Empfehlung A sollten die jeweiligen Behörden zwischen Strömen von und Beständen an Gewerbeimmobilienkrediten und -finanzierungen unterscheiden;

d)

bei der Gewährleistung einer solider Finanzierungspraxis im Rahmen von Empfehlung B sollten die jeweiligen Behörden zwischen Strömen von und Beständen an Gewerbeimmobilienkrediten und -finanzierungen unterscheiden;

e)

bei der Einführung kapitalbasierter oder anderer makroprudenzieller Maßnahmen gemäß Empfehlung C sollte bei deren Kalibrierung und schrittweisen Umsetzung berücksichtigt werden, in welcher Phase des Wirtschafts- und Finanzzyklus sich das jeweilige EWR-Land befindet und welche möglichen Folgen sich im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten und Vorteile ergeben;

f)

spezifische Kriterien für die Befolgung der vorliegenden Empfehlung sind im Anhang aufgeführt.

2.

Die Adressaten werden ersucht, über die Bewertungen und Schlussfolgerungen aus der Überwachung im Rahmen von Empfehlung A sowie über die zur Umsetzung dieser Empfehlung ergriffenen Maßnahmen Bericht zu erstatten oder ihr Nichthandeln hinreichend zu begründen. Die Berichte sollten mindestens folgende Angaben enthalten:

a)

Informationen über den Inhalt und den Zeitrahmen der ergriffenen Maßnahmen;

b)

eine ausführliche Begründung für ein etwaiges Nichthandeln oder Abweichen von der vorliegenden Empfehlung, einschließlich etwaiger zeitlicher Verzögerungen.

3.   Zeitrahmen für die Nachverfolgung

Gemäß Artikel 17 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 müssen die Adressaten dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem ESRB mitteilen, welche Maßnahmen sie zur Umsetzung der Empfehlung ergriffen haben, oder ein eventuelles Nichthandeln begründen. Die Adressaten werden ersucht, Mitteilungen innerhalb der folgenden Fristen einzureichen:

1.   Empfehlung A – Verbesserung der Überwachung der vom Markt für Gewerbeimmobilien ausgehenden Systemrisiken

Die Adressaten der Empfehlung A werden ersucht, dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem ESRB bis zum 31. März 2024 und bis zum 31. März 2026 einen Bericht über alle ergriffenen Maßnahmen, durchgeführten Bewertungen und Schlussfolgerungen in Bezug auf Empfehlung A vorzulegen. Sind mehrere jeweilige Behörden pro EWR-Land für die Umsetzung von Maßnahmen zur Einhaltung von Empfehlung A verantwortlich, ist ein gemeinsamer Bericht pro EWR-Land vorzulegen.

2.   Empfehlung B – Gewährleistung einer soliden Finanzierungspraxis für Gewerbeimmobilien

Die Adressaten der Empfehlung B werden ersucht, dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem ESRB bis zum 31. März 2026 einen Bericht über alle ergriffenen Maßnahmen in Bezug auf Empfehlung B vorzulegen. Sind mehrere Stellen pro EWR-Land für die Umsetzung von Maßnahmen zur Einhaltung von Empfehlung B verantwortlich, ist ein gemeinsamer Bericht pro EWR-Land vorzulegen.

3.   Empfehlung C – Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten

Die Adressaten der Empfehlung B werden ersucht, dem Europäischen Parlament, dem Rat, der Kommission und dem ESRB bis zum 31. März 2026 einen Bericht über alle ergriffenen Maßnahmen in Bezug auf Empfehlung C vorzulegen. Sind mehrere Stellen pro EWR-Land für die Umsetzung von Maßnahmen zur Einhaltung von Empfehlung C verantwortlich, ist ein gemeinsamer Bericht pro EWR-Land vorzulegen.

4.   Empfehlung D – Entwicklung tätigkeitsbasierter Instrumente für Gewerbeimmobilien in der Union

Die Kommission wird ersucht, dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem ESRB bis zum 31. Dezember 2026 einen Bericht über alle ergriffenen Maßnahmen in Bezug auf Empfehlung D vorzulegen.

4.   Überwachung und Bewertung

1.

Das Sekretariat des ESRB

a)

unterstützt die Adressaten durch Gewährleistung der Koordination der Meldepflichten und Bereitstellung der maßgeblichen Meldebögen und gegebenenfalls detaillierter Angaben zum Verfahren und zum Zeitrahmen für die Nachverfolgung;

b)

überprüft die Nachverfolgung durch die Adressaten, sorgt auf Verlangen für Unterstützung und erstattet dem Verwaltungsrat Bericht über die Nachverfolgung.

2.

Der Verwaltungsrat bewertet die von den Adressaten mitgeteilten Maßnahmen und Begründungen und kann gegebenenfalls entscheiden, dass die vorliegende Empfehlung nicht befolgt wurde und der Adressat sein Nichthandeln nicht angemessen gerechtfertigt hat.

Geschehen zu Frankfurt am Main am 1. Dezember 2022.

Leiter des ESRB-Sekretariats,

im Auftrag des Verwaltungsrats des ESRB,

Francesco MAZZAFERRO


(1)  ABl. L 1 vom 3.1.1994, S. 3.

(2)  ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1.

(3)  ABl. C 58 vom 24.2.2011, S. 4.

(4)  Empfehlung ESRB/2016/14 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 31. Oktober 2016 zur Schließung von Lücken bei Immobiliendaten (ABl. C 31 vom 31.1.2017, S. 1). Die Empfehlung ESRB/2016/14 wurde durch die Empfehlung ESRB/2019/3 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 21. März 2019 zur Änderung der Empfehlung ESRB/2016/14 zur Schließung von Lücken bei Immobiliendaten geändert (ABl. C 271 vom 13.8.2019, S. 1).

(5)  Siehe ESRB, „Report on commercial real estate and financial stability in the EU“, Dezember 2015, sowie ESRB, „Report on vulnerabilities in the EU commercial real estate sector“, November 2018. Beide Berichte sind auf der Website des ESRB abrufbar unter www.esrb.europa.eu.

(6)  Siehe ESRB, „Methodologies for the assessment of real estate vulnerabilities and macroprudential policies: commercial real estate“, Dezember 2019, abrufbar auf der Website des ESRB unter www.esrb.europa.eu.

(7)  Siehe ESRB, „Vulnerabilities in the EEA commercial real estate sector“, Dezember 2022, abrufbar auf der Website des ESRB unter www.esrb.europa.eu.

(8)  Warnung ESRB/2022/7 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 22. September 2022 zu Anfälligkeiten des Finanzsystems der Union (ABl. C 423 vom 7.11.2022, S. 1).

(9)  In dem Bericht wurde festgestellt, dass Kreditinstitute im Allgemeinen keine ausreichenden Sensitivitätsanalysen zu CRE-Risikopositionen durchgeführt haben, insbesondere um die möglichen Auswirkungen eines Anstiegs der Zinssätze und anderer Kosten aufgrund einer höheren Inflation zu messen. Infolgedessen ist die Schuldendienstfähigkeit einiger Kreditnehmer möglicherweise nicht so robust, wie die Kreditinstitute ursprünglich angenommen hatten. Siehe Newsletter der EZB-Bankenaufsicht, „Commercial real estate: connecting the dots“, 17. August 2022, abrufbar auf der Website der EZB zur Bankenaufsicht unter www.bankingsupervision.europa.eu.

(10)  Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).

(11)  Empfehlung ESRB/2016/14 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 31. Oktober 2016 zur Schließung von Lücken bei Immobiliendaten (ABl. C 31 vom 31.1.2017, S. 1).

(12)  In diesem Zusammenhang hat der Rat der Europäischen Union dem Europäischen Statistischen System und dem Europäischen System der Zentralbanken auch nahe gelegt, die Indikatoren für gewerblich genutzte Immobilien zu verbessern (siehe Pressemitteilung des Rates vom 8. November 2022„Rat verabschiedet Schlussfolgerungen zu Statistiken“, abrufbar auf der Website des Rates unter www.consilium.europa.eu.

(13)  Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) (ABl. L 335 vom 17.12.2009, S. 1); Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1.7.2011, S. 1); Verordnung (EU) Nr. 575/2013; Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338).

(14)  Empfehlung ESRB/2020/4 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 6. Mai 2020 zu Liquiditätsrisiken bei Investmentfonds (ABl. C 200 vom 15.6.2020, S. 1).

(15)  Empfehlung ESRB/2017/6 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 7. Dezember 2017 zu Liquiditäts- und Hebelfinanzierungsrisiken von Investmentfonds (ABl. C 151 vom 30.4.2018, S. 1).

(16)  Siehe ESRB, „Methodologies for the assessment of real estate vulnerabilities and macroprudential policies: commercial real estate“, Dezember 2019, abrufbar auf der Website des ESRB unter www.esrb.europa.eu.

(17)  Verordnung (EU) Nr. 1024/2013 des Rates vom 15. Oktober 2013 zur Übertragung besonderer Aufgaben im Zusammenhang mit der Aufsicht über Kreditinstitute auf die Europäische Zentralbank (ABl. L 287 vom 29.10.2013, S. 63).

(18)  Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/78/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 12).

(19)  Verordnung (EU) Nr. 1094/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/79/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 48).

(20)  Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 zur Errichtung einer Europäischen Aufsichtsbehörde (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde), zur Änderung des Beschlusses Nr. 716/2009/EG und zur Aufhebung des Beschlusses 2009/77/EG der Kommission (ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 84).

(21)  Richtlinie 2009/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW) (ABl. L 302 vom 17.11.2009, S. 32).

(22)  Richtlinie (EU) 2016/2341 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Dezember 2016 über die Tätigkeiten und die Beaufsichtigung von Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung (EbAV) (ABl. L 354 vom 23.12.2016, S. 37).

(23)  Empfehlung ESRB/2011/3 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 22. Dezember 2011 zu dem makroprudenziellen Mandat der nationalen Behörden (ABl. C 41 vom 14.2.2012, S. 1).

(24)  Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1).

(25)  Verordnung (EU) 2017/2402 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2017 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für Verbriefungen und zur Schaffung eines spezifischen Rahmens für einfache, transparente und standardisierte Verbriefung und zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG, 2009/138/EG, 2011/61/EU und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 347 vom 28.12.2017, S. 35).


ANHANG

FESTLEGUNG DER KRITERIEN FÜR DIE BEFOLGUNG DER EMPFEHLUNGEN

Empfehlung A – Verbesserung der Überwachung der vom Markt für Gewerbeimmobilien ausgehenden Systemrisiken

Für Empfehlung A gelten die folgenden Befolgungskriterien:

1.

Die Risikoüberwachung sollte nach bestem Bemühen erfolgen. Soweit möglich und unter Risikogesichtspunkten angezeigt, sollten die jeweiligen Behörden die Anfälligkeiten der verschiedenen Teilsektoren (insbesondere Büro-, Industrie- und Logistik-, Einzelhandels- und Wohnimmobilien) und Segmente (A-Lage, B-Lage) getrennt bewerten. Die jeweiligen Behörden können einen oder mehrere Teilsektoren oder Segmente von der Bewertung ausnehmen, wenn es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass Finanzinstitute bei Investitionen in diese Sektoren oder Segmente signifikante Risiken eingehen.

2.

Für die Überwachung des Systemrisikos sollten die jeweiligen Behörden die in der Empfehlung ESRB/2016/14 als Orientierungshilfe definierten Indikatoren oder von den jeweiligen Behörden festgelegte Definitionen und Parameter einschließlich Marktinformationen verwenden, wenn diese Definitionen, Parameter und Informationen unter Berücksichtigung der Besonderheiten aufgrund nationaler Anforderungen als besser für die Überwachung der von Gewerbeimmobilien ausgehenden Systemrisiken geeignet erachtet werden. Marktinformationen und andere Quellen weicher Daten können als Alternative zu Indikatoren und harten Daten genutzt werden, wenn diese nicht verfügbar sind. Die Risikoindikatoren und der Ansatz für die Risikobewertung, der im Bericht des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (ESRB) über die Bewertung von Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor vorgeschlagen wird (1), können den jeweiligen Behörden als Orientierungshilfe dienen.

3.

In Bezug auf die Risikofelder Sicherheiten sowie Einkommen und Tätigkeit sollten die jeweiligen Behörden die Entwicklung der Preise für Gewerbeimmobilien und der mit den Immobilien generierten Einkommensströme im Kontext konjunktureller und struktureller Entwicklungen und Veränderungen bewerten.

4.

Bei den Risikofeldern Finanzierung und Tätigkeit sollten die jeweiligen Behörden die Liquidität und Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten mit CRE-Risikopositionen im Hinblick auf das potenzielle Eintreten von Risiken aus Gewerbeimmobilien bewerten (auch unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus der Überwachung der Risikofelder Sicherheiten bzw. Einkommen und Tätigkeit). In Bezug auf Anbieter von Krediten für Gewerbeimmobilien sollten die jeweiligen Behörden die Merkmale bestehender einschlägiger Kreditportfolios für Gewerbeimmobilien und die Kreditvergabestandards für neu bereitgestellte Gewerbeimmobilienkredite bewerten. In Bezug auf Investitionen in Gewerbeimmobilien sollten die jeweiligen Behörden die Investorenbasis, die Hebelwirkung der Investition und die Markttiefe analysieren, soweit Daten verfügbar sind.

5.

In Bezug auf das Risikofeld Übertragungseffekte sollten die jeweiligen Behörden die Bedeutung von Gewerbeimmobilien für die Realwirtschaft und das Finanzsystem bewerten, einschließlich der Auswirkungen eines potenziellen Abschwungs im Gewerbeimmobilienmarkt auf die Realwirtschaft (mit Zweitrundeneffekten auf das Finanzsystem) sowie der Vernetzung zwischen Finanzinstituten und der Verflechtungen zwischen Ländern.

6.

Im Hinblick auf die Überwachung von vom Gewerbeimmobilienmarkt ausgehenden Systemrisiken im Sektor Investmentfonds sollten die jeweiligen Behörden insbesondere

a)

Investmentfonds in ihrem jeweiligen Land ermitteln, die besonders große Risikopositionen gegenüber Gewerbeimmobilienmärkten aufweisen;

b)

den aktuellen Stand ihrer Vorbereitungen hinsichtlich eines unerwarteten Anstiegs der Anzahl an Rücknahmen und/oder einer Zunahme der Bewertungsunsicherheit überwachen und bewerten;

c)

eine Einschätzung vornehmen, wie diese Investmentfonds kurzfristig auf mögliche künftige negative Schocks reagieren könnten, einschließlich der Frage, welche Instrumente für das Liquiditätsmanagement aktiviert und wie sie eingesetzt wurden, wie groß das Volumen der Rücknahmeanträge ist und wie die ermittelten Investmentfonds auf diese Anträge reagiert haben.

7.

Im Hinblick auf die Überwachung von Systemrisiken, die sich aus dem Gewerbeimmobilienmarkt für den Versicherungssektor ergeben, sollten die jeweiligen Behörden insbesondere die Versicherungsunternehmen in ihrem jeweiligen Land ermitteln, die besonders große Risikopositionen gegenüber Gewerbeimmobilienmärkten haben.

8.

Insbesondere und im Hinblick auf die Überwachung der Auswirkungen von Verbriefungen auf die Finanzstabilität sollten die zuständigen Behörden sorgfältig prüfen, ob Verbriefungen eine wichtige Rolle bei der Vergabe von Gewerbeimmobilienkrediten zukommt, einschließlich der Qualität der verbrieften Kredite (in der sich sowohl die Bonität des Kreditnehmers als auch die Vermögenswerte widerspiegeln, welche den Kredit besichern) sowie der Konzentration von Investoren und Kreditnehmern unter besonderer Berücksichtigung von deren Verflechtung.

9.

Die jeweiligen Behörden sollten den Informationsaustausch mittels Vereinbarungen im Rahmen der geltenden Vertraulichkeitsregelungen ermöglichen.

10.

Die jeweiligen Behörden sollten sicherstellen, dass freiwillige Vereinbarungen, wie z. B. Absichtserklärungen, unter anderem einen allgemeinen Grundsatz für den gegenseitigen Informationsaustausch gemäß den Grundsätzen für die Zusammenarbeit zwischen jeweiligen Behörden enthalten.

Empfehlung B – Gewährleistung einer soliden Finanzierungspraxis für Gewerbeimmobilien

Für Empfehlung B gelten die folgenden Befolgungskriterien:

1.

Für Kredite in Kategorien, die im Falle ungünstiger wirtschaftlicher und finanzieller Entwicklungen notleidend werden könnten, ist eine genaue Überwachung der Kreditqualität der Gewerbeimmobilienportfolios und eine angemessene Risikovorsorge erforderlich.

2.

Im Rahmen der Gewährleistung einer soliden Finanzierungspraxis sollten die Aufsichtsbehörden die Ergebnisse der vorausschauenden Risikobewertung gemäß Empfehlung A berücksichtigen und gegebenenfalls zwischen einzelnen Teilsektoren und Segmenten bei Gewerbeimmobilien unterscheiden:

a)

In Bezug auf bestehende Kredite sollten die Aufsichtsbehörden sicherstellen, dass Kreditgeber

die erwarteten, mit den Immobilien generierten Einkünfte (wenn diese die Einkommensquelle für die Bedienung des Kredits darstellen) oder die erwarteten, mit der Geschäftstätigkeit des Kreditnehmers generierten Einkünfte neu bewerten; diese Neubewertung sollte die voraussichtliche Entwicklung von Mieten und Leerstandsquoten, Baukosten und Gewinnen aus dem Verkauf von Immobilien oder die Entwicklung von Geschäftssektoren berücksichtigen, soweit relevant;

die Schuldendienstfähigkeit der Kreditnehmer unter Berücksichtigung der Ergebnisse unter Nummer 1 sowie die geschätzten Finanzierungskosten und das Tilgungsprofil der Kredite neu bewerten;

die Gewerbeimmobilien, die als Sicherheit für die bestehenden Kredite dienen, unter Berücksichtigung der erwarteten Entwicklung der Marktpreise neu bewerten.

b)

In Bezug auf Neukredite sollten die Aufsichtsbehörden sicherstellen, dass die Kreditgeber neue Kredite mit soliden Kreditvergabestandards gewähren.

3.

Bei der Risikovorsorge sollten die Ergebnisse der Neubewertung der erwarteten Schuldendienstfähigkeit der Kreditnehmer und die Werte der Sicherheiten berücksichtigt werden.

Empfehlung C – Erhöhung der Widerstandsfähigkeit von Finanzinstituten

Für Empfehlung C Nummer 1 gelten die folgenden Befolgungskriterien:

1.

Werden Risiken im Zusammenhang mit dem Gewerbeimmobilienmarkt im jeweiligen Land des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) festgestellt, welche die Einführung kapitalbasierter Maßnahmen rechtfertigen, sollten die benannten Behörden bestrebt sein, die Widerstandsfähigkeit der Kreditinstitute gegenüber dem potenziellen Eintreten von Systemrisiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien sicherzustellen, die zu direkten und indirekten Kreditverlusten aufgrund von Krediten für oder Investitionen in Gewerbeimmobilien oder infolge eines Konjunkturabschwungs führen könnten.

2.

Dabei sollten angemessene politische Maßnahmen potenziell unterschiedliche Dynamiken in den Teilsektoren und Segmenten des Markts für Gewerbeimmobilien berücksichtigen. Die für CRE-Risikopositionen festgelegten Risikogewichtungen oder die höhere sektorale Systemrisikopufferquote (SyRB) sollten als gezielte makroprudenzielle Maßnahmen betrachtet werden, die insbesondere bei Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor greifen. Eine höhere Quote für den antizyklischen Kapitalpuffer (CCyB) oder eine allgemeine Quote für den Systemrisikopuffer (SyRB) wäre angemessen, wenn nicht nur Risiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien, sondern auch allgemeine Konjunktur- oder Strukturrisiken vorliegen.

3.

Vor der Einführung kapitalbasierter Maßnahmen sollte bewertet werden, in welcher Phase des Wirtschafts- und Finanzzyklus sich das jeweilige EWR-Land befindet, um festzustellen, ob die Einführung dieser Maßnahmen erforderlich, angemessen und wirksam wäre.

4.

Nach der Einführung der kapitalbasierten Maßnahmen wird möglicherweise eine weitere Verschärfung dieser Maßnahmen oder die Einführung zusätzlicher makroprudenzieller Maßnahmen erforderlich sein, um die im jeweiligen EWR-Land festgestellten Anfälligkeiten anzugehen. Dies hängt von der Wahl der eingeführten kapitalbasierten Maßnahmen, der anfänglichen Kalibrierung dieser eingeführten Maßnahmen und den Ergebnissen der Bewertung der Anfälligkeiten ab.

Für Empfehlung C Nummer 2 gelten die folgenden Befolgungskriterien:

1.

Die Aufsichtsbehörden sollten sicherstellen, dass die Rücknahmebedingungen für Investmentfonds, welche Risiken im Gewerbeimmobiliensektor ausgesetzt sind, unter Berücksichtigung des von Natur aus illiquiden Charakters dieser Vermögenswerte konzipiert werden und gegebenenfalls zusätzliche Leitlinien bereitstellen.

2.

Die Aufsichtsbehörden sollten Beschränkungen entgegenwirken, unter anderem Beschränkungen in Bezug auf die Verfügbarkeit und Qualität von Daten, die die Bewertung des Risikos behindern könnten, das sich aus Liquiditätsinkongruenzen und der Hebelfinanzierung im Sektor Investmentfonds im Hinblick auf Investitionen und Kredite im Gewerbeimmobilienmarkt ergibt.

3.

Die Aufsichtsbehörden sollten gegebenenfalls

a)

den zeitnahen Einsatz geeigneter Instrumente für das Liquiditätsmanagement durch die Verwalter von Investmentfonds ermöglichen;

b)

ihre Befugnis zur Aussetzung des Rückkaufs oder der Rücknahme von Investmentfondsanteilen zeitnah ausüben oder andere angemessene Instrumente für das Liquiditätsmanagement einsetzen.

Für Empfehlung C Nummer 3 gelten die folgenden Befolgungskriterien:

1.

Die Aufsichtsbehörden sollten die Widerstandsfähigkeit von Versicherungsunternehmen gegenüber dem potenziellen Eintreten von Systemrisiken im Zusammenhang mit Gewerbeimmobilien sicherstellen, die zu direkten und indirekten Verlusten aufgrund von Gewerbeimmobilienkrediten und -investitionen oder infolge eines Konjunkturabschwungs führen könnten.

2.

Dabei sollten angemessene politische Maßnahmen potenziell unterschiedliche Dynamiken in den Teilsektoren und Segmenten des Markts für Gewerbeimmobilien berücksichtigen.

3.

Vor der Einführung von Maßnahmen gemäß Empfehlung C Nummer 3 sollte bewertet werden, in welcher Phase des Wirtschafts- und Finanzzyklus sich das jeweilige EWR-Land befindet, um festzustellen, ob die Einführung dieser Maßnahmen erforderlich, angemessen und wirksam wäre.

Für Empfehlung C Nummer 5 gelten die folgenden Befolgungskriterien:

1.

Die Aufsichtsbehörden sollten kreditnehmerbasierte Maßnahmen in Erwägung ziehen, um die Entstehung weiterer Anfälligkeiten im Gewerbeimmobiliensektor durch die Gewährung neuer Kredite zu vermeiden.

2.

Vor der Einführung kreditnehmerbasierter Maßnahmen sollte bewertet werden, in welcher Phase des Wirtschafts- und Finanzzyklus sich das jeweilige EWR-Land befindet, um eine angemessene Kalibrierung und schrittweise Umsetzung dieser Maßnahmen festzulegen.

3.

Nach der Einführung der kreditnehmerbasierten Maßnahmen wird möglicherweise eine weitere Verschärfung dieser Maßnahmen oder die Einführung zusätzlicher makroprudenzieller Maßnahmen erforderlich sein, um die im jeweiligen EWR-Land festgestellten Anfälligkeiten anzugehen. Dies hängt von der Wahl der eingeführten kreditnehmerbasierten Maßnahmen, deren anfänglicher Kalibrierung und den Ergebnissen der Bewertung der Anfälligkeiten ab.

Empfehlung D – Entwicklung tätigkeitsbasierter Instrumente für Gewerbeimmobilien in der Union

Für Empfehlung D gelten die folgenden Befolgungskriterien:

1.

Bei der Bewertung des aktuellen makroprudenziellen Rahmens sollte die Europäische Kommission die Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen („Level Playing Field“) für alle Finanzinstitute bei der Finanzierung von Gewerbeimmobilien mit den relevanten Interessengruppen erörtern, um eine potenzielle Aufsichtsarbitrage, die Risiken für die Finanzstabilität mit sich bringen kann, zu beschränken.

2.

Die Europäische Kommission sollte bestehende (oder künftige) Analysen der Angemessenheit von kreditnehmerbasierten Maßnahmen für Gewerbeimmobilienkredite in Betracht ziehen und, sofern die Ergebnisse der Analysen ergeben, dass die kreditnehmerbasierten Maßnahmen für diese Kredite allgemein geeignet sind, kreditnehmerbasierte Maßnahmen für Gewerbeimmobilienkredite als tätigkeitsbasierte Instrumente vorschlagen.


(1)  Siehe ESRB, „Methodologies for the assessment of real estate vulnerabilities and macroprudential policies: commercial real estate“, Dezember 2019, abrufbar auf der Website des ESRB unter www.esrb.europa.eu.