2.6.2023 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 143/20 |
VERORDNUNG (EU) 2023/1067 DER KOMMISSION
vom 1. Juni 2023
über die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen
(Text von Bedeutung für den EWR)
DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EWG) Nr. 2821/71 des Rates vom 20. Dezember 1971 über die Anwendung von Artikel 85 Absatz 3 des Vertrags auf Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und aufeinander abgestimmten Verhaltensweisen (1), insbesondere auf Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe c,
nach Veröffentlichung eines Entwurfs der vorliegenden Verordnung (2),
nach Anhörung des Beratenden Ausschusses für Kartell- und Monopolfragen,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Nach der Verordnung (EWG) Nr. 2821/71 ist die Kommission ermächtigt, Artikel 101 Absatz 3 AEUV durch Verordnung auf Gruppen von Vereinbarungen, Beschlüssen und abgestimmten Verhaltensweisen anzuwenden, die unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen und eine Spezialisierung zum Gegenstand haben, einschließlich der zur Erreichung einer solchen Spezialisierung erforderlichen Vereinbarungen. |
(2) |
In der Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 der Kommission (3) sind Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen definiert, die nach Auffassung der Kommission in der Regel die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV erfüllen. Die Geltungsdauer der genannten Verordnung endet am 30. Juni 2023. Angesichts der insgesamt positiven Erfahrungen mit der Anwendung der genannten Verordnung und der Ergebnisse ihrer Evaluierung sollte eine neue Gruppenfreistellungsverordnung erlassen werden. |
(3) |
Diese Verordnung soll sowohl den Wettbewerb wirksam schützen als auch den Unternehmen angemessene Rechtssicherheit bieten. Im Zuge der Verfolgung dieser beiden Ziele sollten ferner die behördliche Aufsicht und der rechtliche Rahmen soweit wie möglich vereinfacht werden. |
(4) |
Für die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 AEUV durch Verordnung ist es nicht erforderlich, die Vereinbarungen zu definieren, die unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen können. Bei der Prüfung einzelner Vereinbarungen nach Artikel 101 Absatz 1 AEUV sind mehrere Faktoren, insbesondere die Struktur des relevanten Marktes, zu berücksichtigen. |
(5) |
Der Rechtsvorteil der durch diese Verordnung gewährten Freistellung sollte nur Vereinbarungen zugutekommen, bei denen mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden kann, dass sie die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV erfüllen. Solange ein gewisser Grad an Marktmacht nicht erreicht ist, kann im Hinblick auf die Anwendung des Artikels 101 Absatz 3 AEUV grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass die positiven Auswirkungen von Spezialisierungsvereinbarungen gegenüber den negativen Auswirkungen auf den Wettbewerb überwiegen. |
(6) |
Diese Verordnung sollte für Vereinbarungen über die Herstellung von Waren und die Vorbereitung von Dienstleistungen gelten. Die Vorbereitung von Dienstleistungen umfasst Tätigkeiten, die der Erbringung von Dienstleistungen für Kunden vorgelagert sind (z. B. die Zusammenarbeit bei der Schaffung oder dem Betrieb einer Plattform, über die eine Dienstleistung erbracht werden soll). Die Erbringung von Dienstleistungen für Kunden fällt nicht in den Anwendungsbereich dieser Verordnung, es sei denn, die Parteien vereinbaren, im Rahmen der Spezialisierungsvereinbarung vorbereitete Dienstleistungen gemeinsam zu erbringen. |
(7) |
Spezialisierungsvereinbarungen tragen am ehesten zu Verbesserungen bei der Herstellung von Waren oder der Vorbereitung von Dienstleistungen und bei deren Vertrieb bei, wenn die Parteien komplementäre Fähigkeiten, Vermögenswerte oder Tätigkeiten einbringen, weil die Vereinbarung ihnen in diesem Fall ermöglicht, sich auf die Herstellung bestimmter Waren oder die Vorbereitung bestimmter Dienstleistungen zu konzentrieren und somit rationeller zu arbeiten und die betreffenden Produkte preisgünstiger anzubieten. In einer Situation wirksamen Wettbewerbs ist es wahrscheinlich, dass die Verbraucher angemessen an den entstehenden Vorteilen beteiligt werden. |
(8) |
Solche Vorteile können sich erstens aus Vereinbarungen ergeben, mit denen eine oder mehrere Parteien zugunsten einer oder mehrerer anderer Parteien ganz oder teilweise auf die Herstellung bestimmter Waren oder die Vorbereitung bestimmter Dienstleistungen verzichten („einseitige Spezialisierung“), und zweitens aus Vereinbarungen, mit denen zwei oder mehr Parteien zugunsten einer oder mehrerer anderer Parteien ganz oder teilweise auf die Herstellung bestimmter, aber unterschiedlicher Waren oder die Vorbereitung bestimmter, aber unterschiedlicher Dienstleistungen verzichten („gegenseitige Spezialisierung“), sowie drittens aus Vereinbarungen, mit denen sich zwei oder mehr Parteien verpflichten, bestimmte Waren gemeinsam herzustellen oder bestimmte Dienstleistungen gemeinsam vorzubereiten („gemeinsame Produktion“). |
(9) |
Die Anwendung dieser Verordnung auf Vereinbarungen über die einseitige bzw. die gegenseitige Spezialisierung sollte auf Fälle beschränkt werden, in denen die Parteien auf demselben sachlich relevanten Markt tätig sind. Eine Tätigkeit der Parteien auf demselben räumlich relevanten Markt ist jedoch nicht notwendig. Darüber hinaus sollte es für eine einseitige oder gegenseitige Spezialisierung nicht erforderlich sein, dass eine Partei Kapazität abbaut, da es genügt, wenn sie ihr Produktionsvolumen verringert. |
(10) |
Damit die Vorteile der Spezialisierung zum Tragen kommen, ohne dass sich eine Partei ganz aus dem der Produktion nachgelagerten Markt zurückzieht, sollten Vereinbarungen über die einseitige bzw. die gegenseitige Spezialisierung nur unter diese Verordnung fallen, sofern sie Liefer- und Bezugsverpflichtungen enthalten. Die Liefer- und Bezugsverpflichtungen können, müssen aber nicht ausschließlicher Art sein. |
(11) |
Diese Verordnung gilt für Vereinbarungen über die gemeinsame Produktion, die von Parteien geschlossen werden, die bereits auf demselben sachlich relevanten Markt tätig sind, oder aber von Parteien, die über die Vereinbarung über die gemeinsame Produktion in einen sachlich relevanten Markt eintreten wollen. Der Abschluss einer Vereinbarung über die gemeinsame Produktion sollte es nicht erforderlich machen, dass die Parteien ihre jeweiligen Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Herstellung von Waren oder der Vorbereitung von Dienstleistungen außerhalb des Anwendungsbereichs ihrer geplanten Vereinbarung zurückfahren. |
(12) |
Solange für die Produkte, die Gegenstand einer Spezialisierungsvereinbarung sind, der Anteil der Parteien am relevanten Markt einen bestimmten Schwellenwert nicht überschreitet, kann davon ausgegangen werden, dass die Vereinbarung im Allgemeinen einen wirtschaftlichen Nutzen in Form von Größen- oder Verbundvorteilen oder besseren Produktionstechniken bei angemessener Beteiligung der Verbraucher an den entstehenden Vorteilen mit sich bringt. |
(13) |
Handelt es sich bei den unter eine Spezialisierungsvereinbarung fallenden Produkten um Zwischenprodukte, die von einer oder mehreren der Parteien ganz oder teilweise intern als Vorleistung für ihre eigene Produktion nachgelagerter Produkte verwendet werden, die sie dann auf dem Markt verkaufen, so sollte die mit dieser Verordnung gewährte Freistellung auch daran gebunden sein, dass der Marktanteil der Parteien auf dem relevanten Markt für diese nachgelagerten Produkte einen bestimmten Schwellenwert nicht überschreitet. In diesem Fall würde bei alleiniger Berücksichtigung des Marktanteils der Parteien auf der Ebene des Zwischenprodukts das Risiko einer Marktabschottung oder einer Erhöhung der Inputpreise für Wettbewerber auf der Ebene der nachgelagerten Produkte außer Acht gelassen. |
(14) |
Es sollte nicht generell davon ausgegangen werden, dass Spezialisierungsvereinbarungen unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen oder die Voraussetzungen des Artikels 101 Absatz 3 AEUV nicht erfüllen, wenn der in dieser Verordnung festgelegte Marktanteilsschwellenwert überschritten wird oder andere Voraussetzungen dieser Verordnung nicht erfüllt sind. In solchen Fällen muss die Spezialisierungsvereinbarung einer Einzelfallprüfung nach Artikel 101 AEUV unterzogen werden. |
(15) |
Die durch diese Verordnung gewährte Freistellung sollte nicht für Vereinbarungen gelten, die Beschränkungen enthalten, die für die Erzielung der positiven Auswirkungen von Spezialisierungsvereinbarungen nicht unerlässlich sind. Vereinbarungen, die bestimmte Arten schwerwiegender Wettbewerbsbeschränkungen wie die Festsetzung von Preisen für Dritte, die Beschränkung von Produktion oder Absatz und die Zuweisung von Märkten oder Kundengruppen enthalten, sollten unabhängig vom Marktanteil der Parteien grundsätzlich vom Rechtsvorteil der durch diese Verordnung gewährten Freistellung ausgeschlossen werden. |
(16) |
Durch den Marktanteilsschwellenwert, den Ausschluss bestimmter Vereinbarungen von der Freistellung und die in dieser Verordnung vorgesehenen Voraussetzungen ist im Allgemeinen sichergestellt, dass Vereinbarungen, auf die die Gruppenfreistellung Anwendung findet, die Parteien nicht in die Lage versetzen, in Bezug auf einen wesentlichen Teil der betreffenden Waren oder Dienstleistungen den Wettbewerb auszuschalten. |
(17) |
In dieser Verordnung sollten typische Situationen aufgeführt werden, in denen es als angemessen angesehen werden kann, den Rechtsvorteil der durch sie gewährten Freistellung nach Artikel 29 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates (4) zu entziehen. |
(18) |
Um den Abschluss von Spezialisierungsvereinbarungen zu erleichtern, die sich auf die Struktur der Parteien auswirken können, sollte die Geltungsdauer dieser Verordnung auf 12 Jahre festgesetzt werden — |
HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:
Artikel 1
Begriffsbestimmungen
(1) Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
1. |
„Spezialisierungsvereinbarung“ eine Vereinbarung über die einseitige Spezialisierung, eine Vereinbarung über die gegenseitige Spezialisierung oder eine Vereinbarung über die gemeinsame Produktion:
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2. |
„Vereinbarung“ eine Vereinbarung zwischen Unternehmen, einen Beschluss einer Unternehmensvereinigung oder eine abgestimmte Verhaltensweise; |
3. |
„Produkt“ eine Ware oder eine Dienstleistung; darunter fallen sowohl Zwischenwaren und -dienstleistungen als auch Endwaren und -dienstleistungen, mit Ausnahme von Vertriebs- und Mietleistungen; |
4. |
„Produktion“ die Herstellung von Waren oder die Vorbereitung von Dienstleistungen, auch im Wege der Vergabe von Unteraufträgen; |
5. |
„Vorbereitung von Dienstleistungen“ Tätigkeiten, die der Erbringung von Dienstleistungen für Kunden vorgelagert sind; |
6. |
„Spezialisierungsprodukt“ ein Produkt, das im Rahmen der Spezialisierungsvereinbarung produziert wird; |
7. |
„nachgelagertes Produkt“ ein Produkt, für das ein Spezialisierungsprodukt von einer oder mehreren der Parteien als Vorleistung verwendet wird und das von diesen Parteien auf dem Markt verkauft wird; |
8. |
„relevanter Markt“ den sachlich und räumlich relevanten Markt, zu dem die Spezialisierungsprodukte gehören, sowie im Falle von Spezialisierungsprodukten in Form von Zwischenprodukten, die von einer oder mehreren der Parteien ganz oder teilweise intern für die Produktion nachgelagerter Produkte verwendet werden, auch den sachlich und räumlich relevanten Markt, zu dem die nachgelagerten Produkte gehören; |
9. |
„Wettbewerber“ einen tatsächlichen oder potenziellen Wettbewerber:
|
10. |
„Alleinbelieferungsverpflichtung“ die Verpflichtung, die Spezialisierungsprodukte nicht an Wettbewerber zu liefern, es sei denn, es handelt sich dabei um eine oder mehrere Parteien der Spezialisierungsvereinbarung; |
11. |
„Alleinbezugsverpflichtung“ die Verpflichtung, die Spezialisierungsprodukte nur von einer oder mehreren Parteien der Spezialisierungsvereinbarung zu beziehen; |
12. |
„gemeinsam“ im Zusammenhang mit dem Vertrieb die Ausübung der betreffenden Tätigkeiten
|
13. |
„Vertrieb“ den Verkauf und die Lieferung der Spezialisierungsprodukte an Kunden, einschließlich der Vermarktung dieser Produkte. |
(2) Für die Zwecke dieser Verordnung umfassen die Ausdrücke „Unternehmen“ und „Partei“ auch die jeweils mit diesen verbundenen Unternehmen. Der Ausdruck „verbundene Unternehmen“ bezeichnet
1. |
Unternehmen, in denen eine Partei der Spezialisierungsvereinbarung unmittelbar oder mittelbar eines oder mehrere der folgenden Rechte oder eine oder mehrere der folgenden Befugnisse hat:
|
2. |
Unternehmen, die in einer an der Spezialisierungsvereinbarung beteiligten Partei unmittelbar oder mittelbar eines oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Rechte oder eine oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Befugnisse haben, |
3. |
Unternehmen, in denen ein unter Nummer 2 genanntes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar eines oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Rechte oder eine oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Befugnisse hat, |
4. |
Unternehmen, in denen eine Partei der Spezialisierungsvereinbarung zusammen mit einem oder mehreren der unter den Nummern 1, 2 oder 3 genannten Unternehmen oder in denen zwei oder mehr der zuletzt genannten Unternehmen gemeinsam eines oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Rechte oder eine oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Befugnisse haben, |
5. |
Unternehmen, in denen die folgenden Parteien gemeinsam eines oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Rechte oder eine oder mehrere der unter Nummer 1 aufgeführten Befugnisse haben:
|
Artikel 2
Freistellung
(1) Nach Artikel 101 Absatz 3 AEUV und nach Maßgabe dieser Verordnung gilt Artikel 101 Absatz 1 AEUV nicht für Spezialisierungsvereinbarungen.
(2) Die Freistellung nach Absatz 1 gilt, soweit diese Vereinbarungen Wettbewerbsbeschränkungen enthalten, die unter Artikel 101 Absatz 1 AEUV fallen.
(3) Die Freistellung nach Absatz 1 gilt auch für Spezialisierungsvereinbarungen, die Bestimmungen enthalten, die sich auf die Übertragung von Rechten des geistigen Eigentums oder die Erteilung diesbezüglicher Lizenzen an eine oder mehrere der Parteien beziehen, sofern diese Bestimmungen sich unmittelbar auf die Umsetzung dieser Vereinbarung beziehen, dafür erforderlich sind und nicht den Hauptgegenstand der Vereinbarung darstellen.
(4) Die Freistellung nach Absatz 1 gilt für Spezialisierungsvereinbarungen, wenn
a) |
die Parteien eine Alleinbezugs- oder eine Alleinbelieferungsverpflichtung akzeptieren oder |
b) |
die Parteien die Spezialisierungsprodukte gemeinsam vertreiben. |
Artikel 3
Marktanteilsschwellenwert
(1) Die Freistellung nach Artikel 2 gilt nur unter der Voraussetzung, dass der gemeinsame Anteil der Parteien auf dem relevanten Markt bzw. den relevanten Märkten, zu dem bzw. denen die Spezialisierungsprodukte gehören, höchstens 20 % beträgt.
(2) Handelt es sich bei den Spezialisierungsprodukten um Zwischenprodukte, die von einer oder mehreren Parteien ganz oder teilweise intern als Vorleistung für die Produktion nachgelagerter Produkte verwendet werden, die sie auch verkaufen, so gilt die Freistellung nach Artikel 2 nur dann, wenn die beiden folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
a) |
Der gemeinsame Marktanteil der Parteien auf dem relevanten Markt bzw. den relevanten Märkten, zu dem bzw. denen die Spezialisierungsprodukte gehören, beträgt höchstens 20 %. |
b) |
Der gemeinsame Marktanteil der Parteien auf dem relevanten Markt bzw. den relevanten Märkten, zu dem bzw. denen die nachgelagerten Produkte gehören, beträgt höchstens 20 %. |
Artikel 4
Anwendung des Marktanteilsschwellenwerts
Für die Anwendung des Marktanteilsschwellenwerts gemäß Artikel 3 gelten die folgenden Vorschriften:
a) |
Die Marktanteile werden anhand des Absatzwerts berechnet; liegen keine Angaben über den Absatzwert vor, so können Schätzungen vorgenommen werden, die auf anderen verlässlichen Marktdaten, wie u. a. den Absatzmengen, beruhen. |
b) |
Die Marktanteile werden anhand der Angaben für das vorangegangene Kalenderjahr oder, wenn das vorangegangene Kalenderjahr für die Stellung der Parteien auf dem relevanten Markt bzw. den relevanten Märkten nicht repräsentativ ist, als Durchschnitt der Marktanteile der Parteien in den 3 vorangegangenen Kalenderjahren ermittelt. |
c) |
Der Marktanteil der in Artikel 1 Absatz 2 Nummer 5 genannten Unternehmen wird zu gleichen Teilen jedem Unternehmen zugerechnet, das eines oder mehrere der in Artikel 1 Absatz 2 Nummer 1 aufgeführten Rechte oder eine oder mehrere der in Artikel 1 Absatz 2 Nummer 1 aufgeführten Befugnisse hat. |
d) |
Betragen die in Artikel 3 genannten Marktanteile ursprünglich nicht mehr als 20 % und überschreiten sie anschließend auf mindestens einem der relevanten Märkte diesen Schwellenwert, so gilt die Freistellung nach Artikel 2 weiter für 2 aufeinanderfolgende Kalenderjahre im Anschluss an das Jahr, in dem der Schwellenwert von 20 % erstmals überschritten wurde. |
Artikel 5
Kernbeschränkungen
Die Freistellung nach Artikel 2 gilt nicht für Spezialisierungsvereinbarungen, die unmittelbar oder mittelbar, für sich allein oder in Verbindung mit anderen Umständen, auf die die Parteien Einfluss haben, einen der folgenden Zwecke verfolgen:
a) |
die Festsetzung der Preise für den Verkauf der Spezialisierungsprodukte an Dritte, ausgenommen die Festsetzung der Preise für direkte Abnehmer im Rahmen des gemeinsamen Vertriebs; |
b) |
die Beschränkung von Produktion oder Absatz, ausgenommen
|
c) |
die Zuweisung von Märkten oder Kunden. |
Artikel 6
Entzug des Rechtsvorteils in Einzelfällen durch die Kommission
(1) Nach Artikel 29 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 kann die Kommission den Rechtsvorteil der durch diese Verordnung gewährten Freistellung entziehen, wenn sie in einem bestimmten Fall feststellt, dass eine nach dieser Verordnung freigestellte Spezialisierungsvereinbarung gleichwohl Wirkungen hat, die mit Artikel 101 Absatz 3 AEUV unvereinbar sind.
(2) Die Kommission kann den Rechtsvorteil der durch diese Verordnung gewährten Freistellung insbesondere dann nach Artikel 29 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 entziehen, wenn der relevante Markt stark konzentriert ist und bereits kaum Wettbewerb herrscht, was zum Beispiel auf einen oder mehrere der folgenden Gründe zurückzuführen sein kann:
a) |
die individuelle Marktstellung anderer Marktteilnehmer, |
b) |
Verbindungen zwischen anderen Marktteilnehmern aufgrund paralleler Spezialisierungsvereinbarungen, |
c) |
Verbindungen zwischen den Parteien und anderen Marktteilnehmern. |
Artikel 7
Entzug des Rechtsvorteils in Einzelfällen durch die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats
Die Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats kann den Rechtsvorteil der durch diese Verordnung gewährten Freistellung entziehen, wenn die Voraussetzungen des Artikels 29 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1/2003 erfüllt sind.
Artikel 8
Übergangszeitraum
Das Verbot des Artikels 101 Absatz 1 AEUV gilt in der Zeit vom 1. Juli 2023 bis zum 30. Juni 2025 nicht für bereits am 30. Juni 2023 in Kraft befindliche Vereinbarungen, die zwar nicht die Freistellungsvoraussetzungen dieser Verordnung, aber die Freistellungsvoraussetzungen der Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 erfüllen.
Artikel 9
Inkrafttreten und Anwendung
Diese Verordnung tritt am 1. Juli 2023 in Kraft.
Sie gilt bis zum 30. Juni 2035.
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.
Brüssel, den 1. Juni 2023
Für die Kommission
Die Präsidentin
Ursula VON DER LEYEN
(1) ABl. L 285 vom 29.12.1971, S. 46.
(2) ABl. C 120 vom 15.3.2022, S. 1.
(3) Verordnung (EU) Nr. 1218/2010 der Kommission vom 14. Dezember 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf bestimmte Gruppen von Spezialisierungsvereinbarungen (ABl. L 335 vom 18.12.2010, S. 43).
(4) Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. L 1 vom 4.1.2003, S. 1).