2.5.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 114/1


VERORDNUNG (EU) 2023/888 DES RATES

vom 28. April 2023

über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die Republik Moldau destabilisieren

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 215,

gestützt auf den Beschluss (GASP) 2023/891 des Rates vom 28. April 2023 über restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die Republik Moldau destabilisieren (1),

auf gemeinsamen Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik und der Europäischen Kommission,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 28. April 2023 hat der Rat den Beschluss (GASP) 2023/891 angenommen, mit der ein Rahmen für gezielte restriktive Maßnahmen angesichts von Handlungen, die die Republik Moldau destabilisieren, geschaffen wird. Der politische Kontext und die politischen Gründe für die Einführung der restriktiven Maßnahmen wurden in den Erwägungsgründen dieses Beschlusses dargelegt. Dieser Beschluss sieht ein Reiseverbot sowie das Einfrieren von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen von natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen vor, die für Handlungen oder politische Maßnahmen, die die Souveränität und Unabhängigkeit der Republik Moldau gemäß dem Völkerrecht, sowie die Demokratie, die Rechtsstaatlichkeit, die Stabilität oder die Sicherheit in der Republik Moldau untergraben oder bedrohen, verantwortlich sind, solche Handlungen oder politischen Maßnahmen unterstützen oder umsetzen, sowie ein Verbot, für diese Personen, Organisationen oder Einrichtungen Gelder und wirtschaftliche Ressourcen bereitzustellen. Natürliche und juristische Personen, Organisationen und Einrichtungen, die diesen restriktiven Maßnahmen unterliegen, sind im Anhang des Beschlusses (GASP) 2023/891 aufgeführt.

(2)

Diese Maßnahmen fallen in den Geltungsbereich des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union, und daher bedarf es für ihre Umsetzung Rechtsvorschriften auf Ebene der Union, insbesondere um ihre einheitliche Anwendung durch die Wirtschaftsbeteiligten in allen Mitgliedstaaten zu gewährleisten.

(3)

Diese Verordnung steht im Einklang mit den Grundrechten und Grundsätzen, die mit der Charta der Grundrechte der Europäischen Union anerkannt wurden, insbesondere mit dem Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf und ein faires Verfahren, den Verteidigungsrechten und dem Recht auf Schutz personenbezogener Daten. Diese Verordnung sollte unter Achtung dieser Rechte angewandt werden.

(4)

Das Verfahren zur Änderung der Liste in Anhang I dieser Verordnung sollte unter anderem vorsehen, dass den benannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen die Gründe für ihre Aufnahme in die Liste mitgeteilt werden, um ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

(5)

Zur Anwendung dieser Verordnung und um größtmögliche Rechtssicherheit in der Union zu gewährleisten, sollten die Namen und die übrigen einschlägigen Angaben zu den natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen, deren Gelder und wirtschaftliche Ressourcen nach der Verordnung einzufrieren sind, veröffentlicht werden. Die Verarbeitung personenbezogener Daten sollte unter Einhaltung der Verordnungen (EU) 2016/679 (2) und (EU) 2018/1725 (3) des Europäischen Parlaments und des Rates erfolgen.

(6)

Die Mitgliedstaaten und die Kommission sollten einander über die gemäß dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen und über ihnen vorliegende sonstige sachdienliche Informationen im Zusammenhang mit dieser Verordnung unterrichten.

(7)

Die Mitgliedstaaten sollten für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen festlegen und sicherstellen, dass sie angewandt werden. Diese Sanktionen sollten wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Für die Zwecke dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck

a)

„Anspruch“ jede vor oder nach Inkrafttreten dieser Verordnung erhobene Forderung, die mit der Durchführung eines Vertrags oder einer Transaktion im Zusammenhang steht, unabhängig davon, ob sie gerichtlich geltend gemacht wird oder wurde, insbesondere

i)

Ansprüche auf Erfüllung einer Verpflichtung aus oder in Verbindung mit einem Vertrag oder einer Transaktion,

ii)

Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer finanziellen Garantie oder Gegengarantie in jeder Form,

iii)

Ansprüche auf Schadensersatz in Verbindung mit einem Vertrag oder einer Transaktion,

iv)

Gegenansprüche,

v)

Ansprüche auf Anerkennung oder Vollstreckung — auch im Wege der Zwangsvollstreckung — von Gerichtsurteilen, Schiedssprüchen oder gleichwertigen Entscheidungen, ungeachtet des Ortes, an dem sie ergangen sind;

b)

„Vertrag oder Transaktion“ jedes Geschäft, ungeachtet der Form und des anwendbaren Rechts, bei dem dieselben oder verschiedene Parteien einen oder mehrere Verträge abschließen oder vergleichbare Verpflichtungen eingehen; als „Vertrag“ gilt auch eine Obligation, eine Garantie oder Gegengarantie, insbesondere eine finanzielle Garantie oder Gegengarantie, sowie ein Kredit, rechtlich unabhängig oder nicht, ebenso alle Nebenvereinbarungen, die auf einem solchen Geschäft beruhen oder mit diesem im Zusammenhang stehen;

c)

„zuständige Behörden“ die auf den in Anhang II aufgeführten Internetseiten angegebenen zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten;

d)

„wirtschaftliche Ressourcen“ Vermögenswerte jeder Art, unabhängig davon, ob sie materiell oder immateriell, beweglich oder unbeweglich sind, bei denen es sich nicht um Gelder handelt, die aber für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen verwendet werden können;

e)

„Einfrieren von wirtschaftlichen Ressourcen“ die Verhinderung der Verwendung von wirtschaftlichen Ressourcen für den Erwerb von Geldern, Waren oder Dienstleistungen, die auch den Verkauf, das Vermieten oder das Verpfänden dieser Ressourcen einschließt, sich aber nicht darauf beschränkt;

f)

„Einfrieren von Geldern“ die Verhinderung jeglicher Form der Verlagerung, des Transfers, der Veränderung und der Verwendung von Geldern sowie des Zugangs zu oder des Umgangs mit ihnen, die eine Änderung des Volumens, der Höhe, der Belegenheit, des Eigentums, des Besitzes, der Eigenschaften oder der Zweckbestimmung der Gelder oder eine sonstige Veränderung, die die Nutzung der Gelder einschließlich des Portfoliomanagements ermöglicht, bewirken würde;

g)

„Gelder“ finanzielle Vermögenswerte und Vorteile jeder Art, die Folgendes einschließen, aber nicht darauf beschränkt sind:

i)

Bargeld, Schecks, Geldforderungen, Wechsel, Zahlungsanweisungen und andere Zahlungsmittel,

ii)

Einlagen bei Finanzinstituten oder anderen Einrichtungen, Guthaben auf Konten, Zahlungsansprüche und verbriefte Forderungen,

iii)

öffentlich und privat gehandelte Wertpapiere und Schuldtitel einschließlich Aktien und Anteilen, Wertpapierzertifikaten, Obligationen, Schuldscheinen, Optionsscheinen, Pfandbriefen und Derivaten,

iv)

Zinserträge, Dividenden oder andere Einkünfte oder Wertzuwächse aus Vermögenswerten,

v)

Kredite, Rechte auf Verrechnung, Bürgschaften, Vertragserfüllungsgarantien und andere finanzielle Ansprüche,

vi)

Akkreditive, Konnossemente, Übereignungsurkunden,

vii)

Dokumente zur Verbriefung von Anteilen an Fondsvermögen oder anderen Finanzressourcen;

h)

„Gebiet der Union“ die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten, in denen der Vertrag Anwendung findet, nach Maßgabe der im Vertrag festgelegten Bedingungen, einschließlich ihres Luftraums.

Artikel 2

(1)   Sämtliche Gelder und wirtschaftlichen Ressourcen im Besitz, im Eigentum, in der Verfügungsgewalt oder unter der Kontrolle einer in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung werden eingefroren.

(2)   Den in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen dürfen weder unmittelbar noch mittelbar Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung gestellt werden oder zugutekommen.

(3)   Anhang I enthält die Namen

a)

der natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die für die Untergrabung oder Bedrohung der Souveränität und Unabhängigkeit der Republik Moldau oder der Demokratie, der Rechtsstaatlichkeit, der Stabilität oder der Sicherheit in der Republik Moldau durch eine der folgenden Handlungen oder politische Maßnahmen verantwortlich sind, diese unterstützen oder umsetzen:

i)

Behinderung oder Untergrabung des demokratischen politischen Prozesses, einschließlich indem die Abhaltung von Wahlen behindert oder ernsthaft untergraben wird oder durch den Versuch, die verfassungsmäßige Ordnung zu destabilisieren oder zu stürzen,

ii)

Planung, Steuerung, direkte oder indirekte Beteiligung an, Unterstützung oder anderweitige Ermöglichung von gewaltsamen Demonstrationen oder anderen Gewalttaten, oder

iii)

schweres finanzielles Fehlverhalten in Bezug auf öffentliche Gelder und unerlaubte Kapitalausfuhr;

b)

der natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die mit den unter Buchstabe a benannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen verbunden sind.

Artikel 3

(1)   Abweichend von Artikel 2 können die zuständigen Behörden unter den ihnen angemessen erscheinenden Bedingungen die Freigabe oder die Bereitstellung bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, nachdem sie festgestellt haben, dass die betreffenden Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen

a)

zur Deckung der Grundbedürfnisse der in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen sowie von unterhaltsberechtigten Familienangehörigen jener natürlichen Personen, unter anderem für die Bezahlung von Nahrungsmitteln, Mieten oder Hypotheken, Medikamenten und medizinischer Behandlung, Steuern, Versicherungsprämien und Gebühren öffentlicher Versorgungseinrichtungen, notwendig sind,

b)

ausschließlich für die Bezahlung angemessener Honorare oder die Rückerstattung von Ausgaben im Zusammenhang mit der Bereitstellung juristischer Dienstleistungen bestimmt sind,

c)

ausschließlich für die Bezahlung von Gebühren oder Dienstleistungskosten für die routinemäßige Verwahrung oder Verwaltung eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen bestimmt sind,

d)

zur Deckung außerordentlicher Ausgaben notwendig sind, sofern die zuständige Behörde den zuständigen Behörden der anderen Mitgliedstaaten und der Kommission mindestens zwei Wochen vor Erteilung der Genehmigung die Gründe mitgeteilt hat, aus denen ihres Erachtens eine Sondergenehmigung erteilt werden sollte, oder

e)

auf Konten oder von Konten einer diplomatischen Vertretung oder Konsularstelle oder einer internationalen Organisation überwiesen werden sollen, die Immunität nach dem Völkerrecht genießt, soweit diese Zahlungen für amtliche Zwecke dieser diplomatischen Vertretung oder Konsularstelle oder internationalen Organisation bestimmt sind.

(2)   Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über nach Absatz 1 erteilte Genehmigungen innerhalb von zwei Wochen nach deren Erteilung.

Artikel 4

(1)   Artikel 2 Absatz 2 gilt nicht für Gelder und wirtschaftliche Ressourcen, die von Organisationen und Agenturen, die von der Union einer Säulenbewertung unterzogen wurden und mit denen die Union eine Finanzpartnerschafts-Rahmenvereinbarung unterzeichnet hat, auf deren Grundlage die Organisationen und Agenturen als humanitäre Partner der Union tätig sind, bereitgestellt werden, sofern die Bereitstellung von diesen Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen ausschließlich für humanitäre Zwecke in der Republik Moldau erforderlich ist.

(2)   In Fällen, die nicht unter Absatz 1 dieses Artikels fallen, und abweichend von Artikel 2 können die zuständigen Behörden unter ihnen geeignet erscheinenden allgemeinen oder besonderen Bedingungen spezielle oder allgemeine Genehmigungen für die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen oder die Bereitstellung bestimmter Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen erteilen, sofern die Bereitstellung dieser Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen für ausschließlich humanitäre Zwecke in der Republik Moldau erforderlich ist.

(3)   Ergeht innerhalb von fünf Arbeitstagen nach Eingang des Genehmigungsantrags nach Absatz 2 keine ablehnende Entscheidung, kein Auskunftsersuchen oder keine Mitteilung über eine Fristverlängerung der zuständigen Behörde, so gilt die Genehmigung als erteilt.

(4)   Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über nach den Absätzen 2 und 3 erteilte Genehmigungen innerhalb von zwei Wochen nach deren Erteilung.

Artikel 5

(1)   Abweichend von Artikel 2 Absatz 1 können die zuständigen Behörden die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, wenn die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

a)

Die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen sind Gegenstand einer schiedsgerichtlichen Entscheidung, die vor dem Datum ergangen ist, an dem die in Artikel 2 genannte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in die Liste in Anhang I aufgenommen wurde, oder Gegenstand einer vor oder nach diesem Datum in der Union ergangenen gerichtlichen oder behördlichen Entscheidung oder einer vor oder nach diesem Datum in dem betreffenden Mitgliedstaat vollstreckbaren gerichtlichen Entscheidung,

b)

die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen werden im Rahmen der geltenden Gesetze und sonstigen Rechtsvorschriften über die Rechte des Gläubigers ausschließlich zur Erfüllung der Forderungen verwendet, die durch eine solche Entscheidung gesichert sind oder deren Bestehen in einer solchen Entscheidung bestätigt wird,

c)

die Entscheidung kommt nicht einer in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung zugute, und

d)

die Anerkennung der Entscheidung steht nicht im Widerspruch zur öffentlichen Ordnung des betreffenden Mitgliedstaats.

(2)   Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über nach Absatz 1 erteilte Genehmigungen innerhalb von zwei Wochen nach deren Erteilung.

Artikel 6

(1)   Schuldet eine in Anhang I aufgeführte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung Zahlungen aufgrund von Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen, die von der betreffenden natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung vor dem Tag geschlossen wurden bzw. entstanden sind, an dem diese natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in Anhang I aufgenommen wurde, so können die zuständigen Behörden abweichend von Artikel 2 Absatz 1 die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen unter ihnen geeignet erscheinenden Bedingungen genehmigen, wenn die betreffende zuständige Behörde festgestellt hat, dass

a)

die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen von einer in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung für eine Zahlung verwendet werden sollen und

b)

die Zahlung nicht gegen Artikel 2 Absatz 2 verstößt.

(2)   Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über jede nach Absatz 1 erteilte Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach deren Erteilung.

Artikel 7

(1)   Artikel 2 Absatz 2 hindert Finanz- oder Kreditinstitute nicht daran, eingefrorenen Konten Gelder gutzuschreiben, die von Dritten auf das Konto einer in der Liste aufgeführten natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung überwiesen werden, sofern die diesen Konten gutgeschriebenen Beträge ebenfalls eingefroren werden. Die Finanz- oder Kreditinstitute setzen die zuständigen Behörden unverzüglich von solchen Transaktionen in Kenntnis.

(2)   Artikel 2 Absatz 2 gilt nicht eingefrorenen Konten gutgeschriebene

a)

Zinsen und sonstige Erträge dieser Konten,

b)

Zahlungen aufgrund von Verträgen, Vereinbarungen oder Verpflichtungen, die vor dem Tag geschlossen wurden bzw. entstanden sind, an dem die in Artikel 2 genannte natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung in Anhang I aufgenommen wurde, oder

c)

Zahlungen aufgrund von in einem Mitgliedstaat ergangenen oder in dem betreffenden Mitgliedstaat vollstreckbaren gerichtlichen, behördlichen oder schiedsgerichtlichen Entscheidungen,

sofern diese Zinsen, sonstigen Erträge und Zahlungen nach Artikel 2 Absatz 1 eingefroren werden.

Artikel 8

(1)   Unbeschadet der geltenden Vorschriften über die Meldepflicht, die Vertraulichkeit und das Berufsgeheimnis sind natürliche und juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen verpflichtet,

a)

Informationen, die die Anwendung dieser Verordnung erleichtern, wie etwa Informationen über die nach Artikel 2 Absatz 1 eingefrorenen Konten und Beträge unverzüglich der zuständigen Behörde des Mitgliedstaats, in dem sie ihren Sitz bzw. Wohnsitz haben, und — direkt oder über den Mitgliedstaat — der Kommission zu übermitteln und

b)

mit der zuständigen Behörde bei der Überprüfung dieser Informationen nach Buchstabe a zusammenzuarbeiten.

(2)   Zusätzliche Informationen, die direkt bei der Kommission eingehen, werden den Mitgliedstaaten zur Verfügung gestellt.

(3)   Die gemäß diesem Artikel übermittelten oder erhaltenen Informationen dürfen nur für die Zwecke verwendet werden, für die sie übermittelt oder entgegengenommen wurden.

Artikel 9

Es ist untersagt, wissentlich und vorsätzlich an Tätigkeiten teilzunehmen, mit denen die Umgehung der Maßnahmen nach Artikel 2 bezweckt oder bewirkt wird.

Artikel 10

(1)   Natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen sowie ihre Führungskräfte und Beschäftigten, die im guten Glauben, im Einklang mit dieser Verordnung zu handeln, Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen einfrieren oder ihre Bereitstellung ablehnen, können hierfür nicht haftbar gemacht werden, es sei denn, das Einfrieren oder Zurückhalten der Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen ist nachweislich auf Fahrlässigkeit zurückzuführen.

(2)   Natürliche oder juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen können für ihr Handeln nicht haftbar gemacht werden, wenn sie nicht wussten und keinen vernünftigen Grund zu der Annahme hatten, dass sie mit ihrem Handeln gegen die Maßnahmen nach dieser Verordnung verstoßen.

Artikel 11

(1)   Ansprüche in Verbindung mit einem Vertrag oder einer Transaktion, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit dieser Verordnung verhängten Maßnahmen unmittelbar oder mittelbar, ganz oder teilweise betroffen ist, darunter Schadensersatzansprüche oder ähnliche Ansprüche, wie Entschädigungs- oder Garantieansprüche, vor allem Ansprüche auf Verlängerung oder Zahlung einer Obligation, einer Garantie oder Gegengarantie, insbesondere einer finanziellen Garantie oder Gegengarantie, in jeglicher Form, werden nicht erfüllt, wenn sie geltend gemacht werden von

a)

den in Anhang I aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen,

b)

natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die über eine der in Buchstabe a genannten natürlichen oder juristischen Personen, Einrichtungen oder Organisationen oder in deren Namen handeln.

(2)   In Verfahren zur Durchsetzung eines Anspruchs trägt die natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung, die den Anspruch geltend macht, die Beweislast dafür, dass die Erfüllung des Anspruchs nicht nach Absatz 1 verboten ist.

(3)   Dieser Artikel berührt nicht das Recht der in Absatz 1 genannten natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen auf gerichtliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Nichterfüllung vertraglicher Pflichten nach dieser Verordnung.

Artikel 12

(1)   Die Kommission und die Mitgliedstaaten informieren einander über die nach dieser Verordnung getroffenen Maßnahmen und übermitteln einander ihnen im Zusammenhang mit dieser Verordnung vorliegende sonstige sachdienliche Informationen, insbesondere über

a)

gemäß Artikel 2 eingefrorene Gelder und gemäß den Artikeln 3, 5 und 6 erteilte Genehmigungen,

b)

Verstöße, Vollzugsprobleme und Urteile nationaler Gerichte.

(2)   Die Mitgliedstaaten übermitteln einander und der Kommission unverzüglich ihnen vorliegende sonstige sachdienliche Informationen, die die wirksame Anwendung dieser Verordnung berühren könnten.

Artikel 13

(1)   Beschließt der Rat, eine natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung den in Artikel 2 genannten Maßnahmen zu unterwerfen, so ändert er Anhang I entsprechend.

(2)   Der Rat setzt die betreffende natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung von dem Beschluss nach Absatz 1 und den Gründen für die Aufnahme in die Liste entweder auf direktem Weg, falls ihre Anschrift bekannt ist, oder durch die Veröffentlichung einer Bekanntmachung in Kenntnis und gibt dieser natürlichen oder juristischen Person, Organisation oder Einrichtung Gelegenheit zur Stellungnahme.

(3)   Wird eine Stellungnahme unterbreitet oder werden wesentliche neue Beweise vorgelegt, so überprüft der Rat die in Absatz 1 genannten Beschlüsse und unterrichtet die betreffende natürliche oder juristische Person, Organisation oder Einrichtung entsprechend.

(4)   Die Liste in Anhang I wird in regelmäßigen Abständen, mindestens aber alle zwölf Monate überprüft.

(5)   Der Kommission wird die Befugnis übertragen, Anhang II aufgrund der von den Mitgliedstaaten vorgelegten Informationen zu ändern.

Artikel 14

(1)   Anhang I enthält die Gründe für die Aufnahme der betreffenden natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen in die Liste.

(2)   Anhang I enthält die zur Identifizierung der betreffenden natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen erforderlichen Angaben, soweit diese verfügbar sind. Bei natürlichen Personen können diese Angaben Folgendes umfassen: Namen und Aliasnamen, Geburtsdatum und -ort, Staatsangehörigkeit, Reisepass- und Personalausweisnummern, Geschlecht, Anschrift, soweit bekannt, sowie Funktion oder Beruf. Bei juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen können diese Angaben Namen, Ort und Datum der Registrierung, die Registriernummer und den Geschäftssitz umfassen.

Artikel 15

(1)   Die Mitgliedstaaten legen für Verstöße gegen diese Verordnung Sanktionen fest und treffen alle zur Sicherstellung ihrer Anwendung erforderlichen Maßnahmen. Die vorgesehenen Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.

(2)   Die Mitgliedstaaten teilen der Kommission die entsprechenden Bestimmungen gemäß Absatz 1 unverzüglich nach Inkrafttreten dieser Verordnung mit und melden ihr alle späteren Änderungen.

Artikel 16

(1)   Der Rat, die Kommission und der Hohe Vertreter der Union für Außen- und Sicherheitspolitik (im Folgenden „Hoher Vertreter“) verarbeiten personenbezogene Daten, um ihre Aufgaben nach dieser Verordnung zu erfüllen. Zu diesen Aufgaben gehören

a)

was den Rat betrifft, die Ausarbeitung und Durchführung von Änderungen des Anhangs I;

b)

was den Hohen Vertreter betrifft, die Ausarbeitung von Änderungen zu Anhang I;

c)

was die Kommission betrifft:

i)

die Aufnahme des Inhalts von Anhang I in die elektronisch verfügbare konsolidierte Liste der Personen, Gruppen und Organisationen, die finanziellen Sanktionen der Union unterliegen, und in die interaktive Weltkarte der Unionssanktionen, die beide öffentlich zugänglich sind;

ii)

die Verarbeitung von Informationen über die Auswirkungen der in dieser Verordnung vorgesehenen Maßnahmen, z. B. Wert der eingefrorenen Gelder, und von Informationen über die von den zuständigen Behörden erteilten Genehmigungen.

(2)   Der Rat, die Kommission und der Hohe Vertreter dürfen einschlägige Daten, die Straftaten der in der Liste aufgeführten natürlichen Personen sowie strafrechtliche Verurteilungen oder Sicherungsmaßregeln im Zusammenhang mit diesen Personen betreffen, gegebenenfalls nur in dem Umfang verarbeiten, in dem dies für die Ausarbeitung des Anhangs I erforderlich ist.

(3)   Für die Zwecke dieser Verordnung werden der Rat, die Kommission und der Hohe Vertreter zu „Verantwortlichen“ im Sinne von Artikel 3 Nummer 8 der Verordnung (EU) 2018/1725 bestimmt, um sicherzustellen, dass die betreffenden natürlichen Personen ihre Rechte nach der Verordnung (EU) 2018/1725 ausüben können.

Artikel 17

(1)   Die Mitgliedstaaten benennen die in dieser Verordnung genannten zuständigen Behörden und geben sie auf den Websites in Anhang II an. Die Mitgliedstaaten melden der Kommission jede Änderung der Adressen ihrer Websites in Anhang II.

(2)   Die Mitgliedstaaten notifizieren der Kommission ihre zuständigen Behörden einschließlich der Kontaktdaten dieser Behörden unverzüglich nach Inkrafttreten dieser Verordnung und notifizieren ihr jede spätere Änderung.

(3)   Soweit diese Verordnung eine Melde-, Informations- oder sonstige Mitteilungspflicht gegenüber der Kommission vorsieht, werden dazu die Anschrift und die anderen Kontaktdaten verwendet, die in Anhang II angegeben sind.

Artikel 18

Die Kommission darf die Informationen, die ihr nach dieser Verordnung übermittelt oder von ihr entgegengenommen werden, nur für die Zwecke verwenden, für die sie übermittelt oder entgegengenommen wurden.

Artikel 19

Diese Verordnung gilt

a)

im Gebiet der Union einschließlich ihres Luftraums,

b)

an Bord der Luftfahrzeuge und Schiffe, die der Hoheitsgewalt eines Mitgliedstaats unterstehen,

c)

für alle natürliche Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats besitzen, innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union,

d)

für alle nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründete oder eingetragene juristische Personen, Organisationen oder Einrichtungen innerhalb und außerhalb des Gebiets der Union,

e)

für alle juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen hinsichtlich aller Geschäfte, die ganz oder teilweise innerhalb der Union getätigt werden.

Artikel 20

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Geschehen zu Brüssel am 28. April 2023.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

J. ROSWALL


(1)  Siehe S. 15 dieses Amtsblatts.

(2)  Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).

(3)  Verordnung (EU) 2018/1725 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2018 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Organe, Einrichtungen und sonstigen Stellen der Union, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 45/2001 und des Beschlusses Nr. 1247/2002/EG (ABl. L 295 vom 21.11.2018, S. 39).


ANHANG I

Liste der natürlichen und juristischen Personen, Organisationen und Einrichtungen gemäß Artikel 2

(…)


ANHANG II

Internetseiten mit Informationen über die zuständigen Behörden und Anschrift für Notifikationen an die Europäische Kommission

BELGIEN

https://diplomatie.belgium.be/en/policy/policy_areas/peace_and_security/sanctions

BULGARIEN

https://www.mfa.bg/en/EU-sanctions

TSCHECHIEN

www.financnianalytickyurad.cz/mezinarodni-sankce.html

DÄNEMARK

http://um.dk/da/Udenrigspolitik/folkeretten/sanktioner/

DEUTSCHLAND

https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Artikel/Aussenwirtschaft/embargos-aussenwirtschaftsrecht.html

ESTLAND

https://vm.ee/sanktsioonid-ekspordi-ja-relvastuskontroll/rahvusvahelised-sanktsioonid

IRLAND

https://www.dfa.ie/our-role-policies/ireland-in-the-eu/eu-restrictive-measures/

GRIECHENLAND

http://www.mfa.gr/en/foreign-policy/global-issues/international-sanctions.html

SPANIEN

https://www.exteriores.gob.es/es/PoliticaExterior/Paginas/SancionesInternacionales.aspx

FRANKREICH

http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/autorites-sanctions/

KROATIEN

https://mvep.gov.hr/vanjska-politika/medjunarodne-mjere-ogranicavanja/22955

ITALIEN

https://www.esteri.it/it/politica-estera-e-cooperazione-allo-sviluppo/politica_europea/misure_deroghe/

ZYPERN

https://mfa.gov.cy/themes/

LETTLAND

http://www.mfa.gov.lv/en/security/4539

LITAUEN

http://www.urm.lt/sanctions

LUXEMBURG

https://maee.gouvernement.lu/fr/directions-du-ministere/affaires-europeennes/organisations-economiques-int/mesures-restrictives.html

UNGARN

https://kormany.hu/kulgazdasagi-es-kulugyminiszterium/ensz-eu-szankcios-tajekoztato

ΜΑLTA

https://foreignandeu.gov.mt/en/Government/SMB/Pages/SMB-Home.aspx

NIEDERLANDE

https://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/internationale-sancties

ÖSTERREICH

https://www.bmeia.gv.at/themen/aussenpolitik/europa/eu-sanktionen-nationale-behoerden/

POLEN

https://www.gov.pl/web/dyplomacja/sankcje-miedzynarodowe

https://www.gov.pl/web/diplomacy/international-sanctions

PORTUGAL

https://portaldiplomatico.mne.gov.pt/politica-externa/medidas-restritivas

RUMÄNIEN

http://www.mae.ro/node/1548

SLOWENIEN

http://www.mzz.gov.si/si/omejevalni_ukrepi

SLOWAKEI

https://www.mzv.sk/europske_zalezitosti/europske_politiky-sankcie_eu

FINNLAND

https://um.fi/pakotteet

SCHWEDEN

https://www.regeringen.se/sanktioner

Adresse für Notifikationen an die Europäische Kommission:

Europäische Kommission

Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (GD FISMA)

Rue Joseph II 54

1049 Brüssel, Belgien

E-Mail: relex-sanctions@ec.europa.eu