1.9.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 312/1


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 14. Juli 2023

zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2023 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2023

(2023/C 312/01)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (2) (im Folgenden „Fazilität“) trat am 19. Februar 2021 in Kraft. Im Rahmen der Fazilität wird den Mitgliedstaaten finanzielle Unterstützung für Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen durch die Union finanzierten Konjunkturimpuls gesorgt. Den Prioritäten des Europäischen Semesters entsprechend trägt die Fazilität zur wirtschaftlichen und inklusiven Erholung und zur Umsetzung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen bei, insbesondere Reformen und Investitionen mit dem Ziel, den ökologischen und den digitalen Wandel zu fördern und die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten widerstandsfähiger zu machen. Sie hilft auch, die öffentlichen Finanzen zu stärken und das mittel- und langfristige Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum anzukurbeln, den territorialen Zusammenhalt in der Union zu stärken und die weitere Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte zu unterstützen. Der maximale finanzielle Beitrag, der den einzelnen Mitgliedstaaten im Rahmen der Fazilität jeweils gewährt werden kann, wurde am 30. Juni 2022 gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/241 aktualisiert.

(2)

Am 22. November 2022 nahm die Kommission den Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum 2023 an und leitete damit das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2023 ein. Am 23. März 2023 billigte der Europäische Rat die Prioritäten des Jahresberichts zum nachhaltigen Wachstum 2023, in dessen Mittelpunkt die vier Komponenten der wettbewerbsfähigen Nachhaltigkeit stehen. Am 22. November 2022 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) auch den Warnmechanismus-Bericht 2023 an, worin Belgien nicht als einer der Mitgliedstaaten mit bestehenden oder drohenden Ungleichgewichten genannt wurde. Daher wäre keine eingehende Überprüfung angezeigt. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Stellungnahme zur Übersicht über die Haushaltsplanung Belgiens 2023 an. Die Kommission legte außerdem eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets und einen Vorschlag für den Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2023 mit einer Analyse der Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien und der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte vor. Der Rat nahm am 16. Mai 2023 die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (4) (im Folgenden „Empfehlung 2023 zum Euro-Währungsgebiet“) und am 13. März 2023 den Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2023 an.

(3)

Wenngleich sich die Volkswirtschaften der Union bemerkenswert resilient zeigen, wirkt sich der geopolitische Kontext doch nach wie vor negativ aus. Die Union steht fest an der Seite der Ukraine und richtet den Fokus ihrer wirtschafts- und sozialpolitischen Agenda darauf, auf kurze Sicht die negativen Auswirkungen der Energieschocks auf schwächer aufgestellte Haushalte und Unternehmen abzumildern und gleichzeitig die Anstrengungen fortzusetzen, um auf mittlere Sicht den ökologischen und den digitalen Wandel zu vollziehen, ein nachhaltiges und inklusives Wachstum zu fördern, die makroökonomische Stabilität zu wahren und die Widerstandsfähigkeit zu erhöhen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt darauf, die Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität der Union zu steigern.

(4)

Am 1. Februar 2023 legte die Kommission die Mitteilung mit dem Titel „Ein Industrieplan zum Grünen Deal für das klimaneutrale Zeitalter“ (im Folgenden „Industrieplan zum Grünen Deal“) vor. Ziel des Industrieplans zum Grünen Deal ist es, die Wettbewerbsfähigkeit der klimaneutralen Industrie der Union zu stärken und den schnellen Übergang zur Klimaneutralität zu unterstützen. Der Plan ergänzt die laufenden Anstrengungen im Rahmen des europäischen Grünen Deals und von REPowerEU. Er zielt auch darauf ab, ein günstigeres Umfeld für die Ausweitung der Produktionskapazität der Union für klimaneutrale Technologien und Produkte zu schaffen, die zur Erreichung der ehrgeizigen Klimaziele der Union benötigt werden, und den Zugang zu relevanten kritischen Rohstoffen sicherzustellen, auch durch Diversifizierung der Beschaffung, Nutzung der geologischen Ressourcen in den Mitgliedstaaten und maximales Recycling von Rohstoffen. Der Industrieplan zum Grünen Deal umfasst vier Säulen: ein vorhersehbares und vereinfachtes Regelungsumfeld, einen schnelleren Zugang zu Finanzmitteln, den Ausbau von Kompetenzen und einen offenen Handel für robuste Lieferketten. Am 16. März 2023 legte die Kommission eine weitere Mitteilung mit dem Titel „Langfristige Wettbewerbsfähigkeit der EU: Blick über 2030 hinaus“ vor, die nach neun sich gegenseitig verstärkenden Faktoren gegliedert ist und die Schaffung eines wachstumsfördernden Rechtsrahmens zum Ziel hat. In der Mitteilung werden politische Prioritäten gesetzt, mit denen aktiv für strukturelle Verbesserungen, gezielte Investitionen und Regulierungsmaßnahmen zugunsten der langfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Union und ihrer Mitgliedstaaten gesorgt werden soll. Die nachstehenden Empfehlungen helfen diese Prioritäten anzugehen.

(5)

Das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung verläuft 2023 weiterhin parallel zur Umsetzung der Fazilität. Die vollständige Umsetzung der Aufbau- und Resilienzpläne bleibt für die Verwirklichung der politischen Prioritäten im Rahmen des Europäischen Semesters unerlässlich, da mit diesen Plänen alle oder wesentliche Teile der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen der letzten Jahre angegangen werden. Ebenso relevant bleiben die länderspezifischen Empfehlungen von 2019, 2020 und 2022 für die Aufbau- und Resilienzpläne, die nach den Artikeln 14, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2021/241 überarbeitet, aktualisiert oder geändert wurden.

(6)

Die Verordnung (EU) 2023/435 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) (im Folgenden „REPowerEU-Verordnung“), die am 27. Februar 2023 angenommen wurde, zielt darauf ab, die Abhängigkeit der Union von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland rasch zu beenden. Dies wird zur Energieversorgungssicherheit und zur Diversifizierung der Energieversorgung der Union beitragen und zugleich den Einsatz erneuerbarer Energien, die Energiespeicherkapazitäten und die Energieeffizienz erhöhen. Die REPowerEU-Verordnung ermöglicht es den Mitgliedstaaten, ihren nationalen Aufbau- und Resilienzplänen ein neues REPowerEU-Kapitel hinzuzufügen, um wichtige Reformen und Investitionen zu finanzieren, die zur Verwirklichung der REPowerEU-Ziele beitragen werden. Diese Reformen und Investitionen werden auch dazu beitragen, die Wettbewerbsfähigkeit der klimaneutralen Industrie der Union im Sinne des Industrieplans zum Grünen Deal zu stärken und die länderspezifischen Empfehlungen an die Mitgliedstaaten für den Energiebereich von 2022 und gegebenenfalls 2023 umzusetzen. Mit der REPowerEU-Verordnung wird eine neue Art von nicht rückzahlbarer finanzieller Unterstützung eingeführt, die den Mitgliedstaaten für die Finanzierung neuer energiebezogener Reformen und Investitionen im Rahmen der Aufbau- und Resilienzpläne zur Verfügung gestellt wird.

(7)

Am 8. März 2023 nahm die Kommission eine Mitteilung mit haushaltspolitischen Leitlinien für 2024 (im Folgenden „Mitteilung vom 8. März 2023“) an. Damit soll die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten unterstützt und so die politische Koordinierung verstärkt werden. Die Kommission erinnerte daran, dass die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts Ende 2023 außer Kraft gesetzt wird. Sie forderte für 2023/2024 eine Haushaltspolitik, die darauf abstellt, die mittelfristige Schuldentragfähigkeit zu sichern und das Potenzialwachstum auf nachhaltige Weise zu erhöhen und rief die Mitgliedstaaten auf, in ihren Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen 2023 darzulegen, wie ihre Haushaltsplanungen die Einhaltung des im Vertrag vorgesehenen Referenzwerts von 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) und auch einen plausiblen und stetigen Schuldenabbau oder einen mittelfristig dem Vorsichtsgebot entsprechenden Schuldenstand gewährleisten. Die Kommission rief die Mitgliedstaaten auch dazu auf, die nationalen finanzpolitischen Maßnahmen zum Schutz der Haushalte und Unternehmen vor dem Energiepreisschock auslaufen zu lassen, allen voran die am wenigsten gezielten Maßnahmen. Sie wies darauf hin, dass die Mitgliedstaaten — sollte neuerlicher Energiepreisdruck eine Verlängerung von Entlastungsmaßnahmen erforderlich machen — ihre Maßnahmen deutlich gezielter auf schwächer aufgestellte Haushalte und Unternehmen ausrichten sollten. Die Kommission hat ihre Absicht angekündigt, die haushaltspolitischen Empfehlungen quantifiziert und differenziert zu formulieren. Darüber hinaus würden die haushaltspolitischen Empfehlungen auf der Basis der Nettoprimärausgaben formuliert werden, wie sie es in ihrer Mitteilung vom 9. November 2022 über Leitlinien für eine Reform des EU-Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung vorgeschlagen hatte. Sie empfahl, dass alle Mitgliedstaaten die national finanzierten Investitionen weiterhin aufrechterhalten und sicherstellen, dass Mittel aus der Fazilität und anderen Fonds der Union, insbesondere mit Blick auf den ökologischen und den digitalen Wandel und die Resilienz, tatsächlich abgerufen werden. Die Kommission kündigte ihre Absicht an, dem Rat im Frühjahr 2024 auf Basis der Ist-Daten für 2023 gemäß den geltenden Rechtsvorschriften die Eröffnung defizitbedingter Verfahren bei einem übermäßigen Defizit vorzuschlagen.

(8)

Am 26. April 2023 legte die Kommission Gesetzgebungsvorschläge für eine umfassende Reform der Vorschriften der Union zur wirtschaftspolitischen Steuerung vor. Die Vorschläge zielen in erster Linie darauf ab, die Tragfähigkeit der öffentlichen Schuldenstände zu erhöhen und durch Reformen und Investitionen ein nachhaltiges und integratives Wachstum in allen Mitgliedstaaten zu fördern. In ihren Vorschlägen stellt die Kommission darauf ab, die Eigenverantwortung der Mitgliedstaaten zu erhöhen, den Rahmen zu vereinfachen und zu einer stärkeren mittelfristigen Ausrichtung in Verbindung mit einer wirksamen und kohärenteren Durchsetzung überzugehen. Gemäß den Schlussfolgerungen des Rates vom 14. März 2023 zu Leitlinien für eine Reform des EU-Rahmens für die wirtschaftspolitische Steuerung besteht das Ziel darin, die gesetzgeberischen Arbeiten 2023 abzuschließen.

(9)

Am 30. April 2021 legte Belgien der Kommission gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/241 seinen nationalen Aufbau- und Resilienzplan vor. Gemäß Artikel 19 jener Verordnung hat die Kommission die Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz und Kohärenz des Aufbau- und Resilienzplans gemäß den in Anhang V der Verordnung enthaltenen Bewertungsleitlinien bewertet. Am 13. Juli 2021 nahm der Rat einen Durchführungsbeschluss an, mit dem er die Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans Belgiens billigte (6). Die Freigabe von Tranchen ist erst nach Annahme eines Beschlusses der Kommission nach Artikel 24 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2021/241 möglich, in dem festgestellt wird, dass Belgien die im Durchführungsbeschluss des Rates festgelegten einschlägigen Etappenziele und Zielwerte in zufriedenstellender Weise erreicht hat. Eine zufriedenstellende Erreichung setzt voraus, dass es bei zuvor erreichten Etappenzielen und Zielwerten nicht wieder zu Rückschritten gekommen ist.

(10)

Am 30. April 2023 legte Belgien sein nationales Reformprogramm 2023 und gemäß Artikel 4 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sein Stabilitätsprogramm 2023 vor. Um den Verflechtungen zwischen diesen beiden Programmen Rechnung zu tragen, wurden sie gemeinsam bewertet. Nach Artikel 27 der Verordnung (EU) 2021/241 muss sich im nationalen Reformprogramm 2023 auch die halbjährliche Berichterstattung Belgiens über die Fortschritte bei der Durchführung seines Aufbau- und Resilienzplans niederschlagen.

(11)

Am 24. Mai 2023 veröffentlichte die Kommission den Länderbericht 2023 für Belgien. Bewertet werden darin die Fortschritte Belgiens bei der Umsetzung der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen des Rates aus dem Zeitraum 2019 bis 2022 und der Stand der Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans durch Belgien. Auf der Grundlage dieser Bewertung wird im Länderbericht aufgezeigt, bei welchen Herausforderungen noch Handlungsbedarf besteht, weil sie mit dem Aufbau- und Resilienzplan nicht oder nur teilweise angegangen werden, und welche Herausforderungen neu hinzugekommen sind oder sich abzeichnen. Ferner werden in dem Bericht die Fortschritte Belgiens bei der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, bei der Verwirklichung der Kernziele der Union in den Bereichen Beschäftigung, Kompetenzen und Armutsbekämpfung sowie bei den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bewertet.

(12)

Den von Eurostat validierten Daten zufolge ging das gesamtstaatliche Defizit Belgiens von 5,5 % des BIP im Jahr 2021 auf 3,9 % des BIP im Jahr 2022 zurück, während sich der gesamtstaatliche Schuldenstand von 109,1 % des BIP Ende 2021 auf 105,1 % Ende 2022 verringerte. Am 24. Mai 2023 gab die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags heraus. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Belgiens erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2022 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überstieg. Diesem Bericht zufolge war das Defizitkriterium nicht erfüllt. Ihrer Mitteilung vom 8. März 2023 entsprechend hat die Kommission für das Frühjahr 2023 keine neuen Defizitverfahren vorgeschlagen. Die Kommission hat anschließend ihre Absicht angekündigt, dem Rat im Frühjahr 2024 auf Basis der Ist-Daten für 2023 gegebenenfalls die Eröffnung defizitbedingter Verfahren vorzuschlagen. Dies sollte Belgien bei der Ausführung seines Haushaltsplans 2023 und bei der Ausarbeitung seiner Übersicht über die Haushaltsplanung 2024 berücksichtigen.

(13)

Die zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Energiepreisanstiegs getroffenen finanzpolitischen Maßnahmen haben sich auf den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo ausgewirkt. 2022 umfassten die einnahmensenkenden finanzpolitischen Maßnahmen eine Senkung der Verbrauchsteuern auf Benzin und eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom- und Gasverträge für Wohngebäude, während die ausgabensteigernden finanzpolitischen Maßnahmen aus einer Ausweitung des Anwendungsbereichs des für finanziell schwächere Haushalte geltenden Sozialtarifs für Strom und Erdgas, allgemein gewährten Beiträgen an die Haushalte unmittelbar über deren Gas- und Stromrechnungen („Energiepaket“), pauschalen Transferleistungen (für Haushalte, die Heizöl, Propan oder Pellets als Brennstoff nutzen) und Direkthilfen zur Entlastung von Unternehmen, die mit steigenden Energiekosten konfrontiert sind, bestanden. Diese Maßnahmen werden zum Teil durch neue Steuern auf die Zufallsgewinne von Energieerzeugern und Energieversorgern gegenfinanziert, insbesondere im Strom- und Ölsektor. Für 2022 schätzt die Kommission die Nettokosten dieser Maßnahmen für den Haushalt auf 0,9 % des BIP. Auf den gesamtstaatlichen Haushaltssaldo ausgewirkt haben sich ferner die Kosten des vorübergehenden Schutzes von Vertriebenen aus der Ukraine, die für 2022 auf 0,1 % des BIP geschätzt werden. Derweil gingen die Kosten für befristete Sofortmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Krise von schätzungsweise 3 % des BIP im Jahr 2021 auf 0,5 % des BIP im Jahr 2022 zurück.

(14)

Am 18. Juni 2021 empfahl der Rat Belgien (7), im Jahr 2022 die Fazilität zu nutzen, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren, und gleichzeitig eine vorsichtige Haushaltspolitik zu verfolgen. Darüber hinaus empfahl der Rat Belgien, die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten.

(15)

Nach Schätzungen der Kommission war der finanzpolitische Kurs (8) im Jahr 2022 mit – 2 % des BIP stützend. Der Ratsempfehlung entsprechend unterstützte Belgien die Erholung weiterhin mit Investitionen, die aus der Fazilität finanziert werden. Die mit Zuschüssen aus der Fazilität und anderen Fonds der Union finanzierten Ausgaben beliefen sich 2022 auf 0,2 % des BIP (nach 0,2 % des BIP im Jahr 2021). Die national finanzierten Investitionen leisteten daher einen neutralen Beitrag zum finanzpolitischen Kurs (9). Damit hat Belgien der Ratsempfehlung entsprechend national finanzierte Investitionen aufrechterhalten. Zugleich leistete das Wachstum der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne neue einnahmenseitige Maßnahmen) einen expansiven Beitrag von 1,9 Prozentpunkten zum finanzpolitischen Kurs. In diesem erheblichen expansiven Beitrag enthalten sind die zusätzlichen Auswirkungen der finanzpolitischen Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Energiepreisanstiegs (zusätzliche Netto-Haushaltskosten von 0,8 % des BIP gegenüber 2021) sowie die Kosten für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen aus der Ukraine (0,1 % des BIP). Gleichzeitig trugen der insbesondere auf die automatische Indexierung der Sozialleistungen und der Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor zurückzuführende Anstieg der laufenden Ausgaben sowie der strukturell bedingte Anstieg weiterer laufender Ausgaben (insbesondere aufgrund der Alterung der Bevölkerung) ebenfalls zum Anstieg der laufenden Nettoprimärausgaben bei. Dieser erhebliche expansive Beitrag der national finanzierten laufenden Ausgaben war nur zum Teil den Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Energiepreisanstiegs sowie den Kosten für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen aus der Ukraine zuzuschreiben. Somit hat Belgien das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben nicht ausreichend begrenzt.

(16)

Das makroökonomische Szenario, das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms 2023 zugrunde liegt, steht im Einklang mit der Frühjahrsprognose 2023 der Kommission für 2023 und die Zeit danach. Die Regierung rechnet mit einem realen BIP-Wachstum von 1 % im Jahr 2023 und von 1,7 % im Jahr 2024. Im Vergleich dazu geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2023 von einem BIP-Wachstum von 1,2 % im Jahr 2023 und 1,4 % im Jahr 2024 aus.

(17)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2023 geht die Regierung für 2023 von einem Anstieg des gesamtstaatlichen Defizits auf 5,1 % des BIP aus. Der Anstieg im Jahr 2023 ist hauptsächlich auf steigende dauerhafte laufende Ausgaben (insbesondere aufgrund der automatischen Indexierung der Sozialleistungen und der Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor sowie aufgrund der Alterung der Bevölkerung), die Budgetwirkungen einer befristeten Senkung der Sozialbeiträge der Unternehmen im ersten Halbjahr 2023 und eine defizitsteigernde Reform der Besteuerung von Energieprodukten für Wohngebäude zurückzuführen. Dem Stabilitätsprogramm 2023 zufolge wird sich die gesamtstaatliche Schuldenquote von 105,1 % zum Jahresende 2022 voraussichtlich auf 106,7 % zum Jahresende 2023 erhöhen. Die Kommission rechnet in ihrer Frühjahrsprognose 2023 für das Jahr 2023 mit einem öffentlichen Defizit von 5 % des BIP. Dies steht im Einklang mit dem im Stabilitätsprogramm 2023 angesetzten Defizit. Auch bei der gesamtstaatlichen Schuldenquote geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2023 mit 106 % zum Jahresende 2023 von einem etwas geringeren Wert aus. Die Differenz ist darauf zurückzuführen, dass in der Frühjahrsprognose 2023 der Kommission ein etwas höheres nominales BIP für 2023 zugrunde gelegt wird.

(18)

Der gesamtstaatliche Haushaltssaldo dürfte 2023 weiterhin durch die finanzpolitischen Maßnahmen zur Abfederung der wirtschaftlichen und sozialen Folgen des Energiepreisanstiegs beeinflusst werden. Dabei handelt es sich um verlängerte Maßnahmen aus dem Jahr 2022, insbesondere eine Senkung der Verbrauchsteuern auf Benzin, die bis zum 31. März 2023 galt, eine Senkung der Mehrwertsteuer auf Strom- und Gasverträge für Wohngebäude, eine Ausweitung des Anwendungsbereichs des Sozialtarifs für Energieprodukte, das Energiepaket, pauschale Transferleistungen (für Haushalte, die andere Wärmequellen als Gas und Strom nutzen) und Direkthilfen zur Entlastung von Unternehmen, die mit steigenden Energiekosten konfrontiert sind. Zum Teil werden diese Maßnahmen weiterhin durch Übergewinnsteuern für Energieversorger gegenfinanziert, insbesondere durch Steuern auf den Strom- und Ölsektor, die seit 2022 bestehen, und durch die Erhebung einer Steuer von einem internationalen Fernleitungsnetzbetreiber für Erdgas (Fluxys) im Jahr 2023. Unter Berücksichtigung dieser Einnahmen geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2023 davon aus, dass sich die Netto-Haushaltskosten dieser Entlastungsmaßnahmen für 2023 auf 0,4 % des BIP belaufen werden (10). Die meisten Maßnahmen im Jahr 2023 scheinen nicht gezielt auf die am schwächsten aufgestellten Haushalte oder Unternehmen ausgerichtet zu sein, auch wenn bei vielen von ihnen Preissignale zur Senkung der Energienachfrage und zur Steigerung der Energieeffizienz erhalten geblieben sind. Folglich wird der Umfang der gezielten Entlastungsmaßnahmen, der bei der Beurteilung der Einhaltung der Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2022 (11) zu berücksichtigen ist, in der Frühjahrsprognose 2023 der Kommission im Jahr 2023 auf 0,1 % des BIP geschätzt (gegenüber 0,2 % des BIP im Jahr 2022). Die Kosten des vorübergehenden Schutzes von Vertriebenen aus der Ukraine für den Haushalt werden den Prognosen zufolge gegenüber 2022 stabil bleiben. Zugutekommen dürfte dem gesamtstaatlichen Haushaltssaldo 2023 zudem das Auslaufen der befristeten Sofortmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Krise, die auf 0,5 % des BIP geschätzt wurden.

(19)

In seiner Empfehlung vom 12. Juli 2022 empfahl der Rat Belgien, im Jahr 2023 für eine vorsichtige Haushaltspolitik zu sorgen, insbesondere indem das Wachstum der national finanzierten laufenden Primärausgaben unter dem mittelfristigen Potenzialwachstum gehalten wird (12), wobei die fortgesetzte befristete und gezielte Unterstützung für die vom Energiepreisanstieg besonders betroffenen Haushalte und Unternehmen sowie die aus der Ukraine flüchtenden Menschen zu berücksichtigen ist. Gleichzeitig sollte Belgien bereit sein, die laufenden Ausgaben an die sich wandelnde Situation anzupassen. Darüber hinaus wurde Belgien empfohlen, die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und den digitalen Wandel sowie die Energieversorgungssicherheit unter Berücksichtigung der REPowerEU-Initiative auszuweiten, unter anderem durch Inanspruchnahme der Fazilität und anderer Fonds der Union.

(20)

Für 2023 wird in der Frühjahrsprognose 2023 der Kommission vor dem Hintergrund einer hohen Inflation von einem expansiven finanzpolitischen Kurs (– 1,1 % des BIP) ausgegangen. Im Vorjahr 2022 war der finanzpolitische Kurs expansiv (– 2 % des BIP). Den Prognosen zufolge wird das Wachstum der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) 2023 einen expansiven Beitrag von 0,7 % des BIP zum finanzpolitischen Kurs leisten. Dies schließt den Rückgang der Kosten der gezielten Entlastungsmaßnahmen für die vom Energiepreisanstieg besonders betroffenen Haushalte und Unternehmen um 0,1 % des BIP ein. Das über das mittelfristige Potenzialwachstum hinausgehende Wachstum der national finanzierten laufenden Primärausgaben wird daher nicht durch die gezielte Unterstützung für die vom Energiepreisanstieg besonders betroffenen Haushalte und Unternehmen sowie die aus der Ukraine flüchtenden Menschen verursacht. Das expansive Wachstum der national finanzierten Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen) wird auch getrieben durch die dauerhaften Erhöhungen der Löhne und Gehälter im öffentlichen Sektor und der Sozialleistungen, die auf die Indexierung dieser Löhne und Gehälter und dieser Leistungen zurückzuführen sind, durch strukturell steigende laufende Ausgaben, die sich aus der Alterung der Bevölkerung ergeben, durch eine Reform der Besteuerung der Energieverträge für Wohngebäude und durch eine befristete Senkung der Sozialabgaben der Unternehmen im ersten Halbjahr 2023. Alles in allem steht das prognostizierte Wachstum der national finanzierten laufenden Primärausgaben nicht mit der Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2022 in Einklang. Die mit Zuschüssen aus der Fazilität und anderen Fonds der Union finanzierten Ausgaben werden 2023 voraussichtlich 0,3 % des BIP betragen, während die national finanzierten Investitionen voraussichtlich einen expansiven Beitrag von 0,1 Prozentpunkt zum finanzpolitischen Kurs leisten werden (13). Belgien plant daher, zusätzliche Investitionen über die Fazilität und andere Fonds der Union zu finanzieren und die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten. Geplant ist die Finanzierung öffentlicher Investitionen für den ökologischen und den digitalen Wandel sowie für die Energieversorgungssicherheit, wie Investitionsvorhaben im Bereich der Renovierung von Gebäuden, der nachhaltigen Mobilität und der Dekarbonisierung des Energiesektors, sowie von wichtigen Investitionen zur Beschleunigung des digitalen Wandels, einschließlich Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung, Förderung der digitalen Inklusion und Stärkung der Cybersicherheit, die aus der Fazilität und anderen Fonds der Union finanziert werden.

(21)

Dem Stabilitätsprogramm 2023 zufolge soll das gesamtstaatliche Defizit 2024 auf 4,2 % des BIP zurückgehen. Dieser Rückgang im Jahr 2024 spiegelt auch die Beendigung befristeter Entlastungsmaßnahmen wider, die vor dem Hintergrund der steigenden Energiepreise ergriffen wurden. Dem Stabilitätsprogramm 2023 zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote Ende 2024 auf 107,1 % des BIP steigen. Auf der Grundlage der zum Prognosestichtag bekannten Politikmaßnahmen geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2023 für 2024 von einem öffentlichen Defizit von 4,7 % des BIP aus. Dieser Wert liegt über dem im Stabilitätsprogramm 2023 prognostizierten Defizit, was in erster Linie auf im Stabilitätsprogramm 2023 noch nicht spezifizierte defizitsenkende Maßnahmen im Umfang von 0,2 % des BIP (die daher in der Frühjahrsprognose 2023 der Kommission nicht berücksichtigt wurden) und auf eine ungünstigere Projektion der Staatseinnahmen, insbesondere im Bereich der Körperschaftsteuern, zurückzuführen ist. Bei der gesamtstaatlichen Schuldenquote geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2023 mit 107,3 % zum Jahresende 2024 von einem ähnlichen Wert aus.

(22)

Dem Stabilitätsprogramm 2023 zufolge sollen 2024 alle Entlastungsmaßnahmen im Energiebereich auslaufen. Die Kommission geht derzeit ebenfalls von einer vollständigen Beendigung der Entlastungsmaßnahmen im Energiebereich im Jahr 2024 aus. Dies beruht auf der Annahme, dass es nicht zu neuerlichen Energiepreisanstiegen kommt.

(23)

In der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 wird für die jährliche Verbesserung des strukturellen Haushaltssaldos in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel ein Richtwert von 0,5 % des BIP vorgegeben (14). Mit Blick auf die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und die Notwendigkeit, das Defizit unter den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP zu senken, wäre nach Ansicht der Kommission für 2024 eine Verbesserung des strukturellen Saldos um mindestens 0,7 % des BIP angemessen. Um eine solche Verbesserung sicherzustellen, sollte im Einklang mit der Methode der Kommission das Wachstum der national finanzierten Nettoprimärausgaben (15) der vorliegenden Empfehlung entsprechend im Jahr 2024 nicht über 2 % hinausgehen. Gleichzeitig sollten die noch verbleibenden Entlastungsmaßnahmen im Energiebereich (die sich nach aktuellen Schätzungen der Kommission 2023 auf 0,4 % des BIP belaufen dürften) beendet werden, wenn die Energiemarktentwicklungen dies ermöglichen, und mit den am wenigsten zielgerichteten Maßnahmen begonnen und die entstehenden Einsparungen zum Abbau des öffentlichen Defizits genutzt werden. Darüber hinaus steht der Frühjahrsprognose 2023 der Kommission zufolge das Wachstum der national finanzierten Nettoprimärausgaben im Jahr 2023 nicht mit der Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2022 in Einklang. Sollte sich das bestätigen, wäre ein geringeres Wachstum der Nettoprimärausgaben im Jahr 2024 angemessen.

(24)

Unter der Annahme einer unveränderten Politik geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2023 von einem Wachstum der national finanzierten Nettoprimärausgaben um 2,7 % im Jahr 2024 aus, was über der empfohlenen Wachstumsrate liegt.

(25)

Laut dem Stabilitätsprogramm 2023 sollen die öffentlichen Investitionen von 2,9 % des BIP im Jahr 2023 auf 3,1 % des BIP im Jahr 2024 steigen. Dieser höhere Wert spiegelt höhere national finanzierte Investitionen und höhere von der Union — insbesondere über die Fazilität — finanzierte Investitionen wider. Das Stabilitätsprogramm 2023 enthält Reformen und Investitionen, die zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen und zu einem nachhaltigen und integrativen Wachstum beitragen dürften. Zu diesen Reformen und Investitionen zählen eine geplante haushaltspolitische Reform des Steuer- und Sozialleistungssystems mit dem Ziel, Beschäftigung und Wirtschaftstätigkeit anzukurbeln und dadurch die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu fördern, sowie eine Rentenreform (wie im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehen) zur Verbesserung der finanziellen Tragfähigkeit des Rentensystems. Darüber hinaus zielt der Aufbau- und Resilienzplan darauf ab, die Anstrengungen zur Stärkung der öffentlichen Investitionen mit dem Ziel zu erhöhen, den ökologischen und den digitalen Wandel zu beschleunigen, unter anderem durch die Umsetzung des Aufbau- und Resilienzplans.

(26)

Im Stabilitätsprogramm 2023 wird ein mittelfristiger haushaltspolitischer Pfad bis 2026 skizziert. Im Stabilitätsprogramm 2023 wird erwartet, dass das gesamtstaatliche Defizit auf 3,3 % des BIP im Jahr 2025 und 2,9 % des BIP im Jahr 2026 zurückgeht. Das gesamtstaatliche Defizit soll 2026 also unter 3 % des BIP sinken. Dem Stabilitätsprogramm 2023 zufolge wird sich die gesamtstaatliche Schuldenquote von 107,1 % zum Jahresende 2024 voraussichtlich auf 107,8 % zum Jahresende 2026 erhöhen.

(27)

Belgien steht vor erheblichen Herausforderungen hinsichtlich der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Dies hängt sowohl mit dem hohen gesamtstaatlichen Schuldenstand als auch mit der Verschärfung der Auswirkungen der alterungsbedingten Ausgaben auf die öffentlichen Finanzen zusammen, die angesichts der rasch alternden Bevölkerung bei unveränderter Politik zu erwarten ist. Im Bericht der Kommission über die demografische Alterung 2021 wird für den Zeitraum bis 2040 und den Zeitraum bis 2070 von einem Anstieg der alterungsbedingten Ausgaben um 3,6 bzw. 5,4 BIP-Prozentpunkte ausgegangen, der insbesondere durch Kosten für Renten und Langzeitpflege bedingt ist. Die Rentenausgaben werden den Projektionen zufolge im Zeitraum 2019-2070 um 3 BIP-Prozentpunkte steigen, verglichen mit durchschnittlich 0,1 BIP-Prozentpunkt im Euro-Währungsgebiet. Im Falle Belgiens würde der größte Teil des prognostizierten Anstiegs bereits im Zeitraum bis 2040 eintreten, in dem mit einem Anstieg der Rentenausgaben um 2,7 BIP-Prozentpunkte auf 14,9 % des BIP gerechnet wird. Belgiens Aufbau- und Resilienzplan beinhaltet eine Rentenreform, die dazu beitragen soll, diese Herausforderung zu bewältigen; hinzu kommen weitere Ziele wie die Verbesserung der sozialen Nachhaltigkeit des Systems, die Schaffung von Anreizen, nach Erfüllung der Bedingungen für den Eintritt in den Vorruhestand weiterhin auf dem Arbeitsmarkt aktiv zu bleiben, und die Gewährleistung einer stärkeren Konvergenz zwischen den und innerhalb der verschiedenen Rentensysteme(n). Im Bereich der Langzeitpflege beliefen sich die öffentlichen Ausgaben 2019 auf 2,2 % des BIP (Unionsdurchschnitt: 1,7 %), sodass Belgien zu den Ländern mit den höchsten Ausgaben für Langzeitpflege in der Union gehörte. Bis 2070 wird im Rahmen des Basisszenarios von einem weiteren Anstieg der Ausgaben für die Langzeitpflege auf 4,3 % des BIP ausgegangen. Bei Zugrundelegung der negativsten Szenarien könnten diese Kosten auf 6,0 % des BIP ansteigen (16). Es gibt Hinweise auf eine mögliche übermäßige Inanspruchnahme von stationärer Pflege und eine unnötige oder verfrühte Unterbringung älterer Menschen in Heimen. Die verfügbaren Daten deuten darauf hin, dass die Zahl der unnötig oder zumindest verfrüht in einer Pflegeeinrichtung untergebrachten älteren Menschen nach wie vor hoch ist, wenngleich sie im Laufe der vergangenen zehn Jahre zurückgegangen ist. Insbesondere ist den Daten zu entnehmen, dass der Anteil der betroffenen Personen in Brüssel und Wallonien hoch war. Die föderalen Stellen, denen im Jahr 2019 die Zuständigkeit für Langzeitpflege übertragen wurde, haben Reformen für eine kosteneffizientere Nutzung der verschiedenen Pflegeeinrichtungen auf den Weg gebracht, mit denen insbesondere unnötige oder verfrühte Unterbringungen in Heimen vermieden werden sollen. Sie konzentrieren sich jedoch nicht ausreichend auf die Bewältigung der Herausforderung für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen.

(28)

Trotz der jüngsten Reformen liegt die Steuer- und Abgabenbelastung (Sozialversicherungsbeiträge und Besteuerung des Arbeitseinkommens) in Belgien für alle abhängig Beschäftigten — mit Ausnahme von Extremgeringverdienern (50 % des Durchschnitts) — nach wie vor deutlich über dem Unionsdurchschnitt, was zu negativen Arbeitsanreizen führen könnte. Einige Maßnahmen wurden eingeführt, um das Nettoeinkommen von Geringverdienern zu erhöhen, wie z. B. der Beschäftigungsbonus (in Flandern) und Lohnaufstockungen für Langzeitarbeitslose oder für überregionale Mobilität (auf föderaler Ebene). Diese Maßnahmen bewirken jedoch auch eine weitere Erhöhung des bereits hohen Grenzsteuersatzes für in den unteren Bereich der mittleren Einkommensgruppe fallende Beschäftigte („Niedriglohnfalle“), was zur Verhinderung von Investitionen in lebenslanges Lernen beitragen und die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden erhöhen könnte. Die Leistungen bei Arbeitslosigkeit sind zeitlich unbegrenzt und für Langzeitarbeitslose nicht bedarfsabhängig. Darüber hinaus sind mehrere unbare Sozialleistungen mit dem Arbeitslosenstatus der Leistungsempfänger verknüpft, was zu Nichterwerbstätigkeit, Arbeitslosigkeit und Niedriglohnfallen beitragen kann. Eine umfassende Überarbeitung des Leistungssystems würde die Transparenz in Bezug auf Arbeitsanreize erhöhen und könnte dazu beitragen, die Wirksamkeit der aktivierenden Arbeitsmarktpolitik zu erhöhen.

(29)

Der umfangreiche Einsatz von Steuerausgaben, zum Teil als Ausgleich für die hohen Steuersätze, führt zu Ineffizienzen und begünstigt tendenziell bestimmte Arten von Vergütungen und Ausgaben. Dies führt zu wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Verzerrungen. Sonderregelungen wie Essensgutscheine, Pendlerzuschüsse oder Quellensteuerbefreiungen für Überstunden, Forschungs- und Entwicklungsarbeit und Nacht-/Schichtarbeit sind für den Haushalt kostspielig und führen, wie festgestellt wurde, zu Ineffizienzen. Bestimmte Einkommensteuerabzüge (z. B. Abzüge für Dienstleistungsgutscheine) kommen Personen mit hohem Einkommen unverhältnismäßig stark zugute. Es gibt nach wie vor steuerliche Anreize für Immobilieninvestitionen auf föderaler Ebene (Katasterwerte, bei denen die tatsächlichen Mieteinnahmen unterschätzt werden, Zinsabzugsfähigkeit für Kredite für Zweitwohnungen) und auf regionaler Ebene („chèque-habitat“ in Wallonien). Diese steuerlichen Anreize verzerren die Ressourcenallokation und führen möglicherweise zu steuerlich bedingten übermäßigen Investitionen in bestimmte Arten von Vermögenswerten. Mit der Besteuerung in Zusammenhang stehende umweltschädliche Subventionen haben zugenommen. Die Senkung des Mehrwertsteuersatzes auf Strom- und Gasverträge für Wohngebäude dient zwar der Entlastung der Haushalte, begünstigt aber auch langfristig die Nutzung fossiler Brennstoffe und läuft einer weiteren Diversifizierung und Energieeinsparungen zuwider. Angesichts der zunehmenden Verkehrsüberlastung und der Luftverschmutzung scheinen Verkehrssteuern und Emissionssteuern nach wie vor unzureichend eingesetzt zu werden. Die umfassendere Steuerreform, die die Regierung ab 2024 schrittweise einzuführen plant, dürfte — sofern sie verabschiedet und umgesetzt wird — die steuerliche Belastung des Faktors Arbeit mindern und einige der Verzerrungen verringern.

(30)

Nach Artikel 19 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2021/241 und dem im Anhang V Abschnitt 2.2 jener Verordnung genannten Kriterium enthält der Aufbau- und Resilienzplan ein umfassendes Paket sich gegenseitig verstärkender Reformen und Investitionen, die bis 2026 umzusetzen sind. Auch wenn die Umsetzung des belgischen Aufbau- und Resilienzplans im Gange ist, sind doch zunehmend Verzögerungen zu befürchten. Belgien hat noch keinen Zahlungsantrag eingereicht. Eine wirksame Steuerung ist erforderlich, um eine rasche und stetige Umsetzung zu ermöglichen. Der Aufbau- und Resilienzplan wird voraussichtlich 2023 überarbeitet, um unter anderem ein REPowerEU-Kapitel aufzunehmen; dabei soll der Abwärtskorrektur der maximalen Mittelzuweisung aus der Fazilität für Belgien Rechnung getragen werden. Eine zügige Aufnahme des neuen REPowerEU-Kapitels in den Aufbau- und Resilienzplan wird die Finanzierung zusätzlicher Reformen und Investitionen zur Unterstützung der strategischen Ziele Belgiens im Bereich Energie und ökologischer Wandel ermöglichen. Belgien hat am 31. März 2023 nach Artikel 14 Absatz 6 der Verordnung (EU) 2021/241 seine Absicht bekundet, im Rahmen der Fazilität 1 024 900 000 EUR an zusätzlicher Unterstützung in Form von Darlehen zu beantragen. Die systematische und wirkungsvolle Einbeziehung lokaler und regionaler Gebietskörperschaften, der Sozialpartner und anderer relevanter Interessenträger ist für die erfolgreiche Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans sowie anderer, über den Plan hinausreichender wirtschafts- oder beschäftigungspolitischer Maßnahmen nach wie vor von Bedeutung, um sicherzustellen, dass die politische Agenda insgesamt auf breiter Basis mitgetragen wird.

(31)

Die Kommission hat 2022 alle kohäsionspolitischen Programmunterlagen Belgiens gebilligt, mit Ausnahme der Unterlagen des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung für die Region Brüssel-Hauptstadt, die 2023 angenommen wurden. Um in Belgien den ökologischen und den digitalen Wandel zu vollziehen, die wirtschaftliche und soziale Resilienz zu stärken und eine ausgewogene territoriale Entwicklung zu erreichen, müssen die kohäsionspolitischen Programme komplementär zum Aufbau- und Resilienzplan samt seinem REPowerEU-Kapitel unter Ausnutzung von Synergien zügig umgesetzt werden.

(32)

Neben den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit dem Aufbau- und Resilienzplan und den kohäsionspolitischen Programmen angegangen werden, steht Belgien vor einer Reihe weiterer Herausforderungen, die den Arbeitsmarkt, das Bildungssystem, die Energiepolitik und den ökologischen Wandel betreffen. Die Quote unbesetzter Stellen in Belgien zählt zurzeit zu den höchsten in der Union, und die Arbeitgeber haben zunehmend Schwierigkeiten, Angestellte mit den benötigten Qualifikationen finden. Die regionalen Unterschiede bei der Erwerbsbeteiligung sind jedoch beträchtlich. Der Arbeitskräftemangel ist sowohl in gering als auch in hoch qualifizierten Berufen hoch, wobei es in mehreren Sektoren, darunter Informations- und Kommunikationstechnologien, Ausbildungsberufe, technische und wissenschaftliche Arbeitsplätze, Gastgewerbe und Gesundheitsversorgung, zu Engpässen kommt. Die Zahl der Hochschulabsolventen — und mehr noch der Absolventinnen — in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (MINT) ist nach wie vor gering, und ihr Anteil nimmt trotz spezieller MINT-Aktionspläne nur langsam zu. Das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage ist auch auf die geringe Inanspruchnahme der Erwachsenenbildung zurückzuführen. Die derzeitigen Anreize für die Teilnahme an Erwachsenenbildungsmaßnahmen erreichen möglicherweise nicht die Personen mit niedrigem Bildungsstand, denen eine Verbesserung ihrer Kompetenzen bessere Beschäftigungsmöglichkeiten eröffnen könnte. Schul- und Berufsbildungssysteme hoher Qualität, die sich den veränderten Erfordernissen am Arbeitsmarkt anpassen, sowie gezielte Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen sind unerlässlich, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Arbeitsmarktinklusion sowie die Reallokation von Arbeitskräften zu fördern. Die Behebung des Arbeitskräftemangels und des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage ist ein entscheidender Hebel für die Bewältigung des digitalen Wandels und die Ermöglichung des ökologischen Wandels sowie für die Erreichung der Kernziele der Union für 2030 im Bereich Beschäftigung und Kompetenzen.

(33)

Neben dem Abbau negativer Arbeitsanreize im Steuer- und Sozialleistungssystem könnten wirksamere und gezieltere Aktivierungsmaßnahmen dazu beitragen, das große ungenutzte Arbeitskräftepotenzial zu erschließen und den wachsenden Arbeits- und Fachkräftemangel zu verringern. Benachteiligte Gruppen, darunter Menschen mit niedrigem Bildungsniveau, Migrationshintergrund oder Behinderungen, sind weniger gut in den Arbeitsmarkt integriert. Die durchschnittliche Übergangsquote von Arbeitslosigkeit oder Nichterwerbstätigkeit in ein Beschäftigungsverhältnis ist niedrig. Dies deutet darauf hin, dass die Wirksamkeit aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen noch verbessert werden kann, insbesondere durch systematischere Evaluierungen und integrierte Wege für Arbeitsuchende, die bei der Arbeitssuche mit mehreren Hindernissen konfrontiert sind. Um die Beschäftigungsquote weiter zu erhöhen, werden ferner Maßnahmen zur Förderung der Wiedereingliederung von — insbesondere aufgrund von Burnout und Depressionen (25 % der Fälle) — langfristig krankheitsbedingt abwesenden Arbeitnehmern, deren Zahl nunmehr deutlich über der der Arbeitslosen liegt, erforderlich sein.

(34)

Im Zusammenhang mit dem Arbeitskräftemangel und dem Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage bestehen Bedenken hinsichtlich der Leistung, der Inklusivität und der Gerechtigkeit des Bildungswesens, auch angesichts der hohen öffentlichen Ausgaben für Bildung. Das Gefälle bei den Bildungsergebnissen, das zu den größten in der Union gehört, ist eng mit dem sozioökonomischen Hintergrund und dem etwaigen Migrationshintergrund der Schüler bzw. Studierenden verknüpft und führt zu Ungleichheiten bei der Bildung. Die Steigerung der Arbeitsmarktrelevanz und der Attraktivität der beruflichen Bildung wird von entscheidender Bedeutung sein. Die Aufwertung des Lehrerberufs durch eine bessere Lehrerausbildung und fortlaufende berufliche Weiterbildung sowie durch die Entwicklung flexiblerer und attraktiverer Laufbahnen würde dazu beitragen, den zunehmenden Mangel an qualifizierten Lehrkräften zu verringern, der die Gefahr birgt, dass die bestehenden Ungleichheiten im Bildungsbereich weiter zunehmen. Einige Schritte zur Stärkung des Lehrerberufs wurden in jüngster Zeit unternommen bzw. sind geplant. Es wird von entscheidender Bedeutung sein, die Umsetzung der einschlägigen Maßnahmen fortzusetzen und ihre Auswirkungen zu überwachen.

(35)

Der Bruttoinlandsenergieverbrauch Belgiens wird zu ungefähr 70 % durch die Einfuhr fossiler Brennstoffe gedeckt. Im Jahr 2021 entfielen 45 % des belgischen Energiemixes auf Öl und 23 % auf Erdgas. Der Erdgasverbrauch in Belgien ist zwischen August 2022 und März 2023 gegenüber dem durchschnittlichen Gasverbrauch im Vergleichszeitraum der fünf vorangegangenen Jahre um 15 % zurückgegangen, womit das Reduktionsziel von 15 % gemäß der Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates (17) erreicht wurde. Belgien könnte seine Bemühungen zur vorübergehenden Senkung der Gasnachfrage bis zum 31. März 2024 gemäß der Verordnung (EU) 2023/706 des Rates (18) fortsetzen. Aus erneuerbaren Quellen wurden 2021 nur 13 % des Endenergieverbrauchs gedeckt. Belgien wird sein Ziel für den Anteil an Energie aus erneuerbaren Quellen, das derzeit 17,5 % beträgt und in der Bewertung der Kommission von 2020 als unambitioniert bezeichnet wird, bis 2030 deutlich erhöhen müssen, um den ehrgeizigeren Zielen der Union Rechnung zu tragen. Um der geplanten Reduzierung der Kernenergie und dem prognostizierten Anstieg der Stromnachfrage gerecht zu werden, müssen die Energieeffizienz und der Anteil von Strom aus erneuerbaren Quellen signifikant steigen. Die Entwicklung von Onshore-Windkraftprojekten und die damit verbundene Erweiterung des Stromnetzes wird jedoch durch eine geringe öffentliche Akzeptanz und lange Fristen für Genehmigungsverfahren erheblich behindert, was insbesondere auf repetitive und langwierige Einspruchsverfahren zurückzuführen ist. Es können weitere Schritte unternommen werden, um die Errichtung von Onshore-Windkraftanlagen und die damit verbundene Netzverstärkung zu beschleunigen. Die Raumplanung und eine Überprüfung der Regeln für den Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Flughäfen, Radaranlagen und Militärzonen könnten mehr Raum für Windenergie schaffen. Darüber hinaus könnte die Genehmigung erleichtert werden, indem Windkraft- und Netzinfrastrukturprojekten der Status von Anlagen von überwiegendem öffentlichen Interesse zuerkannt und Beschwerden schneller bearbeitet werden. Die Beteiligung von Gemeinden und Bürgern an Projekten zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen könnte die Akzeptanz vor Ort erhöhen.

Der Ausbau von Dach-Solaranlagen (sowohl Kleinanlagen als auch Großanlagen) könnte durch die Annahme von Reformen, die verbindliche Anforderungen für große öffentliche und gewerbliche Gebäude, Anreize für Vermieter und rechtliche Rahmenbedingungen zur Erleichterung der gemeinsamen Nutzung von Energie vorsehen, weiter gefördert werden. Darüber hinaus könnten der Eigenverbrauch und die Flexibilität auf der Nachfrageseite gefördert werden. Durch die proaktive Entwicklung stärker integrierter und kohärenterer Zehnjahrespläne für Investitionen in das Stromnetz könnten Verzögerungen beim Anschluss von neuen Projekten für Windenergie (und andere erneuerbare Energiequellen) vermieden werden, um für den erwarteten Anstieg des Energieverbrauchs von Endnutzern (Wärmepumpen, Ladestationen für Elektrofahrzeuge) und aus der Industrie gewappnet zu sein.

(36)

Weitere politische Reformen und zusätzliche Investitionen zur Verringerung der Treibhausgasemissionen in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Verkehr würden dazu beitragen, die insgesamt hohe Abhängigkeit Belgiens von der Einfuhr fossiler Brennstoffe zu verringern. Anreize für Energieeffizienzsteigerungen in der Industrie könnten durch die Verbesserung freiwilliger Vereinbarungen, die Einführung von Energieeinsparungs- und Dekarbonisierungsplänen für die größten Nutzer fossiler Brennstoffe, die Förderung der Elektrifizierung und des Einsatzes industrieller Wärmepumpen sowie die weitere Integration kreislauforientierter Produktionsverfahren geschaffen werden. Belgien läuft Gefahr, seine Sanierungs- und Energieeffizienzziele für 2030 nicht zu erreichen. Die Verringerung des Verbrauchs fossiler Brennstoffe in Gebäuden stellt nach wie vor eine große Herausforderung dar. Die derzeitigen Investitionsanstrengungen für energetische Sanierungen sollten daher intensiviert und durch politische Reformen ergänzt werden, wie etwa das Verbot der Nutzung fossiler Brennstoffe in Neubauten, das verbindliche Vorschreiben energetischer Sanierungen, die schrittweise Abschaffung von mit fossilen Brennstoffen betriebenen Heizungen und die Verlagerung von Anreizen auf CO2-arme Heizlösungen wie Wärmepumpen und Wärmenetze, die mit zurückgewonnener und erneuerbarer Energie versorgt werden. Dies sollte einhergehen mit einer Anpassung der allgemeinen und beruflichen Bildung an die fortan benötigten technischen grünen Kompetenzen und die Gewährleistung des Vorhandenseins einer ausreichenden Zahl an angemessen qualifizierten Technikern und Bauarbeitern. Was den Verkehrsbereich betrifft, so schlägt der hohe Anteil der privaten Pkw-Nutzung mit einem großen Teil des Ölverbrauchs in Belgien zu Buche. Die Förderung von „sanfter Mobilität“ (z. B. Radfahren und geteilte Mobilität) sowie der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel würde zu einer Verringerung der Nutzung privater Pkw und der durch Überlastung der Straßen verursachten Kosten beitragen. Im Jahr 2022 hat das Fahrrad dank kontinuierlicher Investitionen in die Fahrradinfrastruktur, Werbeinitiativen und gezielter Anreize — insbesondere in Flandern und Brüssel — als Verkehrsmittel auf dem Weg zur Arbeit an Bedeutung gewonnen. Es besteht jedoch noch Spielraum, diese Form der sanften Mobilität durch Investitionen in die Fahrradinfrastruktur und in die Straßenverkehrssicherheit für Radfahrer weiter zu fördern. Der Umfang der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel hat sich nach der COVID-19-Krise noch nicht wieder vollständig erholt und könnte durch Verbesserungen der Nahverkehrs- und städteverbindenden Dienste, Investitionen in die Erneuerung des Fuhrparks und eine höhere Frequenz der Verbindungen weiter gefördert werden.

(37)

Durch den Personal- und Fachkräftemangel in Bereichen und Berufen, die für den ökologischen Wandel von zentraler Bedeutung sind, einschließlich Fertigung, Inbetriebnahme und Instandhaltung klimaneutraler Technologien, entstehen Engpässe für den Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft. Schul- und Berufsbildungssysteme hoher Qualität, die sich den veränderten Erfordernissen am Arbeitsmarkt anpassen, sowie gezielte Weiterbildungs- und Umschulungsmaßnahmen sind unerlässlich, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und die Arbeitsmarktinklusion sowie die Reallokation von Arbeitskräften zu fördern. Um das ungenutzte Arbeitskräfteangebot zu erschließen, müssen diese Maßnahmen zugänglich sein, insbesondere für diejenigen Personen und in Wirtschaftszweigen und Regionen, die am stärksten vom ökologischen Wandel betroffen sind. Im Jahr 2022 fehlten Fachkräfte in mehreren Berufen, die besondere Kompetenzen oder Kenntnisse für den ökologischen Wandel erfordern, unter anderem im Bereich des Bauwesens und des Betriebs von Kraftwerken.

(38)

Vor dem Hintergrund der Bewertung der Kommission hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2023 geprüft; seine Stellungnahme (19) spiegelt sich in Empfehlung 1 wider.

(39)

Da die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets eng miteinander verflochten sind und gemeinsam zum Funktionieren der Wirtschafts- und Währungsunion beitragen, empfahl der Rat den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, unter anderem im Rahmen ihrer Aufbau- und Resilienzpläne Maßnahmen zu ergreifen, um i) die Schuldentragfähigkeit zu erhalten und im Jahr 2023 von einer breit angelegten Stützung der Gesamtnachfrage abzusehen, gezieltere haushaltpolitische Maßnahmen vorzusehen, um die Auswirkungen der hohen Energiepreise abzufedern und über geeignete Wege nachzudenken, wie die Unterstützung bei nachlassendem Energiepreisdruck zurückgefahren werden kann; ii) die öffentlichen Investitionen auf hohem Stand zu halten und private Investitionen zu fördern, um den ökologischen und den digitalen Wandel zu unterstützen; iii) Lohnentwicklungen zu fördern, die den Kaufkraftverlust abschwächen, gleichzeitig aber Zweitrundeneffekte auf die Inflation zu begrenzen, die aktive Arbeitsmarktpolitik weiter zu verbessern und den Fachkräftemangel anzugehen; iv) die Rahmenbedingungen für Unternehmen zu verbessern und zu gewährleisten, dass die Unterstützung der Unternehmen in der Energiekrise kostenwirksam und befristet ist und sich auf überlebensfähige Unternehmen beschränkt sowie Anreize für den ökologischen Wandel aufrechterhält, und v) die Makrofinanzstabilität zu erhalten, die Risiken zu beobachten und zugleich weiter an der Vollendung der Bankenunion zu arbeiten. Im Falle Belgiens tragen die Empfehlungen 1, 2, 3 und 4 zur Umsetzung der ersten, zweiten und dritten Empfehlung in der Empfehlung von 2023 zum Euro-Währungsgebiet bei —

EMPFIEHLT, dass Belgien 2023 und 2024 Maßnahmen ergreift, um

1.   

die geltenden Sofort-Entlastungsmaßnahmen im Energiebereich zurückzufahren und die dadurch erzielten Einsparungen in den Jahren 2023 und 2024 so früh wie möglich zum Abbau des öffentlichen Defizits zu nutzen; für den Fall, dass neuerliche Energiepreisanstiege neue oder fortgesetzte Entlastungsmaßnahmen erforderlich machen, sicherzustellen, dass diese Entlastungsmaßnahmen gezielt auf den Schutz schwächerer Haushalte und Unternehmen ausgerichtet werden, für die öffentlichen Haushalte tragbar sind und die Anreize zum Energiesparen erhalten;

eine vorsichtige Haushaltspolitik zu gewährleisten und zu diesem Zweck insbesondere den nominalen Anstieg der national finanzierten Nettoprimärausgaben im Jahr 2024 auf höchstens 2 % zu begrenzen (20);

die national finanzierten öffentlichen Investitionen aufrechtzuerhalten und die effektive Abrufung von Zuschüssen aus der Fazilität sowie anderen Fonds der Union zu gewährleisten, um insbesondere den ökologischen und den digitalen Wandel zu fördern;

für die Zeit nach 2024 weiterhin eine auf schrittweise und nachhaltige Konsolidierung gerichtete mittelfristige Haushaltsstrategie zu verfolgen und diese mit Investitionen und Reformen zu kombinieren, die einem höheren nachhaltigen Wachstum förderlich sind, um auf mittlere Sicht eine dem Vorsichtsgebot entsprechende Haushaltslage zu erreichen;

die Anstrengungen zur Steigerung der Effizienz der Langzeitpflege zu verstärken; die Reform des Steuer- und Sozialleistungssystems durch steuerliche Entlastung des Faktors Arbeit und durch Vereinfachung des Steuer- und Sozialleistungssystems fortzusetzen, um Negativanreize für eine Arbeitsaufnahme zu reduzieren; Steuerausgaben zu überprüfen, um ihre schädlichen wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Auswirkungen zu verringern;

2.   

eine wirksame Steuerung zu gewährleisten, um eine rasche und kontinuierliche Umsetzung seines Aufbau- und Resilienzplans zu ermöglichen; das REPowerEU-Kapitel zügig fertigzustellen, damit rasch mit seiner Umsetzung begonnen werden kann. Die kohäsionspolitischen Programme komplementär zum Aufbau- und Resilienzplan unter Ausnutzung von Synergien zügig umzusetzen;

3.   

den Arbeitskräftemangel und Missverhältnisse zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage anzugehen, insbesondere durch verstärkte Aktivierungsmaßnahmen (einschließlich Berufsorientierung) zur Integration benachteiligter Gruppen in den Arbeitsmarkt; die Leistungsfähigkeit und Gerechtigkeit der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung zu verbessern und Reformen zur Aufwertung des Lehrerberufs fortzusetzen;

4.   

die allgemeine Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern, indem es die Energieeffizienz weiter verbessert und die Nutzung fossiler Brennstoffe in Gebäuden weiter verringert, weitere Anreize für die Dekarbonisierung der Industrie schafft und das Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln und deren Nutzung sowie die sanfte Mobilität fördert; die Entwicklung erneuerbarer Energien und der damit zusammenhängenden Netzinfrastruktur durch eine weitere Straffung der Genehmigungsverfahren beschleunigt, auch indem Einspruchsverfahren verkürzt und Rahmenbedingungen zur weiteren Ankurbelung der Investitionen in Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien und zur Erleichterung der gemeinsamen Nutzung von Energie festgelegt werden; seine politischen Anstrengungen mit Blick auf die Vermittlung und den Erwerb der nötigen Kompetenzen und Fähigkeiten für den ökologischen Wandel zu verstärken.

Geschehen zu Brüssel am 14. Juli 2023.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

N. CALVIÑO SANTAMARÍA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(4)  Empfehlung des Rates vom 16. Mai 2023 zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (ABl. C 180 vom 23.5.2023, S. 1).

(5)  Verordnung (EU) 2023/435 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Februar 2023 zur Änderung der Verordnung (EU) 2021/241 in Bezug auf REPowerEU-Kapitel in den Aufbau- und Resilienzplänen und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1303/2013, (EU) 2021/1060 und (EU) 2021/1755 sowie der Richtlinie 2003/87/EG (ABl. L 63 vom 28.2.2023, S. 1).

(6)  ST 10161/21 INIT, ST 10161/21 ADD 1.

(7)  Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2021 (ABl. C 304 vom 29.7.2021, S. 1).

(8)  Gemessen wird der finanzpolitische Kurs als Veränderung der Primärausgaben (abzüglich diskretionärer einnahmenseitiger Maßnahmen) ohne befristete Sofortmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Krise, aber einschließlich der mit nicht rückzahlbarer Unterstützung (Zuschüssen) aus der Fazilität und anderen Fonds der Union finanzierten Ausgaben im Verhältnis zum mittelfristigen Potenzialwachstum. Näheres im finanzstatistischen Anhang, Kasten 1.

(9)  Die sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben leisteten einen neutralen Beitrag von 0 BIP-Prozentpunkten.

(10)  Dieser Wert gibt die Höhe der jährlichen Kosten solcher Maßnahmen für den Haushalt unter Einberechnung von laufenden Einnahmen und Ausgaben sowie gegebenenfalls Investitionsausgaben wieder.

(11)  Empfehlung des Rates vom 12. Juli 2022 zum nationalen Reformprogramm Belgiens 2022 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Belgiens 2022 (ABl. C 334 vom 1.9.2022, S. 1).

(12)  Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2023 der Kommission wird das mittelfristige Potenzialwachstum Belgiens (Zehnjahresdurchschnitt) auf nominal 5,4 % geschätzt.

(13)  Von sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben wird ein expansiver Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(14)  Artikel 5 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97, der von Mitgliedstaaten mit einem Schuldenstand von über 60 % des BIP oder mit ausgeprägteren Risiken hinsichtlich der Schuldentragfähigkeit eine Anpassung um mehr als 0,5 % des BIP verlangt.

(15)  Die Nettoprimärausgaben sind definiert als national finanzierte Ausgaben ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen, ohne Zinsausgaben und ohne Ausgaben aufgrund konjunkturbedingter Arbeitslosigkeit.

(16)  Europäische Kommission, The 2021 Ageing Report. Belgiens Ausgaben für die Langzeitpflege werden im Szenario der Kostenkonvergenz und im Szenario der Kosten- und Abdeckungskonvergenz mit 6 % des BIP veranschlagt.

(17)  Verordnung (EU) 2022/1369 des Rates vom 5. August 2022 über koordinierte Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage (ABl. L 206 vom 8.8.2022, S. 1).

(18)  Verordnung (EU) 2023/706 des Rates vom 30. März 2023 zur Änderung der Verordnung (EU) 2022/1369 zwecks Verlängerung des Nachfragesenkungszeitraums für Maßnahmen zur Senkung der Gasnachfrage und zur verstärkten Berichterstattung und Überwachung in Bezug auf die Umsetzung dieser Maßnahmen (ABl. L 93 vom 31.3.2023, S. 1).

(19)  Stellungnahme nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.

(20)  Dies entspricht Schätzungen zufolge einer jährlichen Verbesserung des strukturellen Haushaltssaldos um mindestens 0,7 % des BIP für 2024, wie im 23. Erwägungsgrund beschrieben.