17.7.2023 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 180/1 |
BESCHLUSS (EU) 2023/1461 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES
vom 12. Juli 2023
über eine Makrofinanzhilfe für die Republik Nordmazedonien
DAS EUROPÄISCHE PARLAMENT UND DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 212 Absatz 2,
auf Vorschlag der Europäischen Kommission,
nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente,
gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (1),
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Die Beziehungen zwischen der Union und der Republik Nordmazedonien (im Folgenden „Nordmazedonien“) entwickeln sich im Rahmen des Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommens zwischen den Europäischen Gemeinschaften und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der ehemaligen jugoslawischen Republik Mazedonien andererseits (2) (im Folgenden „Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen“). Die Beitrittsverhandlungen zwischen der Union und Nordmazedonien wurden am 19. Juli 2022 aufgenommen. |
(2) |
Die Wirtschaft Nordmazedoniens wurde durch die Rezession im Jahr 2020 infolge der COVID-19-Pandemie und durch die jüngste Energiekrise schwer in Mitleidenschaft gezogen. Diese Umstände haben zur beträchtlichen Finanzierungslücke, der sich verschlechternden Zahlungsbilanzposition und dem wachsenden Finanzbedarf des Landes beigetragen. |
(3) |
Die Regierung Nordmazedoniens hat ein starkes Engagement für die Umsetzung weiterer Reformen gezeigt, wobei die in den gemeinsamen Schlussfolgerungen des Wirtschafts- und Finanzdialogs zwischen der EU, dem westlichen Balkan und der Türkei vom 24. Mai 2022 genannten zentralen Politikfelder und insbesondere auch grundlegende Themen wie Justiz, Kampf gegen Korruption und organisierte Kriminalität, gute Regierungsführung und Rechtsstaatlichkeit im Fokus stehen. |
(4) |
Nordmazedonien hat die Makrofinanzhilfeaktion im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie gemäß dem Beschluss (EU) 2020/701 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) erfolgreich zum Abschluss gebracht, da alle in der Grundsatzvereinbarung mit der Union vereinbarten Reformmaßnahmen, die in diesem Beschluss genannt werden, durchgeführt wurden. |
(5) |
Im April 2022 erhielt die Regierung Nordmazedoniens auf Arbeitsebene bereits die Zustimmung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zu einer 24-monatigen vorsorglichen Liquiditätslinie von bis zu 530 000 000 EUR, die am 22. November 2022 vom IWF-Exekutivdirektorium offiziell genehmigt wurde. Das IWF-Programm zielt darauf ab, die Verschlechterung der Zahlungsbilanzlage abzufedern, die Haushaltskonsolidierung zu unterstützen und Strukturreformen in verschiedenen Bereichen, insbesondere auch bei der Steuerpolitik und den öffentlichen Investitionen, zu beschleunigen. |
(6) |
Da sich Wirtschaftslage und -ausblick verschlechterten, ersuchte Nordmazedonien die Union erstmals im April 2022 um eine Makrofinanzhilfe, um das IWF-Programm zu ergänzen. Die Kommission setzte den Antrag jedoch aus, da sich die Wirtschaft des Landes damals noch relativ widerstandsfähig zeigte und verschiedene andere Optionen zur Deckung des Außenfinanzierungsbedarfs im Jahr 2022 zur Verfügung standen. Im Oktober 2022 erneuerte die Regierung Nordmazedoniens ihr Makrofinanzhilfeersuchen. |
(7) |
Da Nordmazedonien ein Bewerberland ist und Beitrittsverhandlungen aufgenommen hat, ist es als möglicher Empfänger von Makrofinanzhilfen der Union anzusehen. |
(8) |
Die Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien sollte ein in Ausnahmefällen zum Einsatz kommendes Finanzinstrument in Form einer ungebundenen und nicht zweckgewidmeten Zahlungsbilanzhilfe sein, das zur Deckung des unmittelbaren Außenfinanzierungsbedarfs Nordmazedoniens beitragen und die Umsetzung eines politischen Programms unterstützen soll, welches tiefgreifende unmittelbare Anpassungs- und Strukturreformmaßnahmen zur kurzfristigen Verbesserung der Zahlungsbilanzsituation Nordmazedoniens umfasst. |
(9) |
Da in der Zahlungsbilanz Nordmazedoniens noch erheblicher Außenfinanzierungsbedarf verbleibt, der die vom IWF zur Verfügung gestellten Mittel übersteigt, ist die Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien, in Verbindung mit dem IWF Programm, unter den derzeitigen außergewöhnlichen Umständen als angemessene Antwort auf das Ersuchen des Landes zu betrachten. Die Makrofinanzhilfe der Union würde die wirtschaftliche Stabilisierung und die Strukturreformagenda Nordmazedoniens ergänzend zu den im Rahmen der Finanzierungsvereinbarung mit dem IWF bereitgestellten Mitteln unterstützen. |
(10) |
Mit der Makrofinanzhilfe der Union sollte die Wiederherstellung einer tragfähigen Außenfinanzierungssituation in Nordmazedonien und somit dessen wirtschaftliche und soziale Entwicklung unterstützt werden. |
(11) |
Die Makrofinanzhilfe der Union dürfte mit der Umsetzung von Budgethilfen im Rahmen des mit der Verordnung (EU) 2021/1529 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) geschaffenen Instruments für Heranführungshilfe einhergehen. |
(12) |
Die Höhe der Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien sollte auf der Grundlage einer quantitativen Bewertung des verbleibenden Außenfinanzierungsbedarfs Nordmazedoniens festgesetzt werden, wobei die Möglichkeiten des Landes, sich mit eigenen Mitteln zu finanzieren, insbesondere mit den ihm zur Verfügung stehenden Währungsreserven, berücksichtigt werden. Die Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien sollte die vom IWF und der Weltbank bereitgestellten Programme und Mittel ergänzen. Bei der Festlegung der Höhe der Finanzhilfe sollten außerdem erwartete finanzielle Beiträge multilateraler Geber und die Notwendigkeit einer angemessenen Lastenverteilung zwischen der Union und anderen Gebern ebenso berücksichtigt werden wie der bereits bestehende Einsatz anderer Außenfinanzierungsinstrumente der Union in Nordmazedonien und der Mehrwert des gesamten Engagements der Union in Nordmazedonien. |
(13) |
Die Kommission sollte sicherstellen, dass die Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien rechtlich und inhaltlich mit den wichtigsten Grundsätzen und Zielsetzungen in den verschiedenen Bereichen der Außenpolitik und mit anderen relevanten Politikbereichen der Union in Einklang steht. |
(14) |
Die Makrofinanzhilfe der Union sollte die Außenpolitik der Union gegenüber Nordmazedonien unterstützen. Die Kommission und der Europäische Auswärtige Dienst sollten im Verlauf der Makrofinanzhilfeaktion eng zusammenarbeiten, um die Außenpolitik der Union zu koordinieren und um sicherzustellen, dass diese in sich kohärent ist. |
(15) |
Die Makrofinanzhilfe der Union sollte Nordmazedonien bei seinem Eintreten für die Werte, die es mit der Union teilt, unter anderem Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, gute Regierungsführung, Achtung der Menschenrechte, nachhaltige Entwicklung und Bekämpfung der Armut, sowie bei seinem Eintreten für die Grundsätze eines offenen, regelbasierten und fairen Handels unterstützen. |
(16) |
Eine Vorbedingung für die Gewährung der Makrofinanzhilfe der Union sollte darin bestehen, dass sich Nordmazedonien an wirksame demokratische Mechanismen, einschließlich eines parlamentarischen Mehrparteiensystems, und an das Rechtsstaatsprinzip hält und die Achtung der Menschenrechte garantiert. Darüber hinaus sollten die spezifischen Ziele der Makrofinanzhilfe der Union die Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht der öffentlichen Finanzverwaltungssysteme sowie die Steuerung und Beaufsichtigung des Finanzsektors in Nordmazedonien stärken und Strukturreformen mit dem Ziel fördern, ein nachhaltiges und integratives Wachstum, die Schaffung menschenwürdiger Arbeitsplätze und die Haushaltskonsolidierung zu unterstützen. Die Kommission sollte sowohl die Erfüllung dieser Vorbedingung durch Nordmazedonien als auch die Erreichung dieser Ziele regelmäßig überprüfen. |
(17) |
Um sicherzustellen, dass die finanziellen Interessen der Union im Zusammenhang mit ihrer Makrofinanzhilfe wirksam geschützt werden, sollte Nordmazedonien geeignete Maßnahmen ergreifen, um Betrug, Korruption und andere Unregelmäßigkeiten im Zusammenhang mit dieser Hilfe zu verhindern und zu bekämpfen. Darüber hinaus sollte vorgesehen werden, dass die Kommission Kontrollen und der Rechnungshof Prüfungen durchführen und die Europäische Staatsanwaltschaft ihre Zuständigkeiten im Hinblick auf die Bereitstellung der Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien ausübt. |
(18) |
Die Freigabe der Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien lässt die Befugnisse des Europäischen Parlaments und des Rates als Haushaltsbehörde unberührt. |
(19) |
Die Höhe der als Darlehen gewährte Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien sollte den dafür im Mehrjährigen Finanzrahmen eingestellten Haushaltsmitteln entsprechen. |
(20) |
Die Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien sollte von der Kommission verwaltet werden. Um sicherzustellen, dass das Europäische Parlament und der Rat in der Lage sind, die Durchführung dieses Beschlusses zu verfolgen, sollte die Kommission sie regelmäßig über die Entwicklungen in Bezug auf diese Hilfe informieren und ihnen die einschlägigen Dokumente zur Verfügung stellen. |
(21) |
Zur Gewährleistung einheitlicher Bedingungen für die Durchführung dieses Beschlusses sollten der Kommission Durchführungsbefugnisse übertragen werden. Diese Befugnisse sollten im Einklang mit der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) ausgeübt werden. |
(22) |
Die Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien sollte an wirtschaftspolitische Auflagen geknüpft sein, die in einer Grundsatzvereinbarung festzulegen sind. Im Interesse einheitlicher Durchführungsbedingungen und aus Gründen der Effizienz sollte die Kommission die Befugnis erhalten, diese Bedingungen unter Aufsicht des in der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 vorgesehenen Ausschusses aus Vertretern der Mitgliedstaaten mit den Behörden Nordmazedoniens auszuhandeln. Das Beratungsverfahren gemäß jener Verordnung sollte grundsätzlich in allen Fällen, die in jener Verordnung nicht genannt werden, angewandt werden. Da Hilfen von mehr als 90 000 000 EUR möglicherweise bedeutende Auswirkungen haben, sollte bei Transaktionen oberhalb dieser Grenze das Prüfverfahren gemäß der Verordnung (EU) Nr. 182/2011 angewandt werden. In Anbetracht des Umfangs der Makrofinanzhilfe der Union für Nordmazedonien sollte bei der Verabschiedung der Grundsatzvereinbarung und bei jeder Verringerung, Aussetzung oder Einstellung dieser Hilfe das Prüfverfahren angewandt werden. |
(23) |
Angesichts des begrenzten Umfangs – nämlich 100 000 000 EUR – und der Einmaligkeit der Finanzhilfe sowie des angestrebten Auszahlungszeitraums würde ein Back-to-back-Finanzierungsansatz bei den Anleihetransaktionen mehr Flexibilität und Effizienz sicherstellen als die diversifizierte Finanzierungsstrategie. Deshalb sollte die Kommission die Darlehenstranchen am Kapitalmarkt ausnahmsweise back-to-back finanzieren und nicht auf die in Artikel 220a der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates (6) vorgesehene diversifizierte Finanzierungsstrategie zurückgreifen. Deshalb ist es angemessen, dass die Makrofinanzhilfe für Nordmazedonien über einzelne Finanztransaktionen finanziert wird — |
HABEN FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
(1) Die Union stellt Nordmazedonien eine Makrofinanzhilfe (im Folgenden „Makrofinanzhilfe der Union“) in Höhe von höchstens 100 000 000 EUR zur Verfügung, um Nordmazedonien bei der wirtschaftlichen Stabilisierung und einem weitreichenden Reformprogramm zu unterstützen. Der volle Betrag der Finanzhilfe wird in Form von Darlehen gewährt. Die Freigabe der Makrofinanzhilfe der Union erfolgt vorbehaltlich der Annahme des Haushaltsplans der Union für das betreffende Jahr durch das Europäische Parlament und den Rat. Mit der Finanzhilfe wird ein Beitrag zur Deckung des im IWF-Programm festgestellten Zahlungsbilanzbedarfs Nordmazedoniens geleistet.
(2) Um das Darlehen zu finanzieren, wird die Kommission ermächtigt, im Namen der Union die erforderlichen Mittel an den Kapitalmärkten oder bei Finanzinstituten aufzunehmen und die entsprechenden Beträge zu den dafür geltenden Konditionen als Darlehen an Nordmazedonien weiterzureichen. Die Laufzeit der Darlehen beträgt im Durchschnitt höchstens 15 Jahre.
(3) Die Freigabe der Makrofinanzhilfe der Union erfolgt durch die Kommission im Einklang mit den zwischen dem IWF und Nordmazedonien getroffenen Übereinkünften und Absprachen und mit den wichtigsten Grundsätzen und Zielen der Wirtschaftsreformen, die im Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen festgelegt sind.
Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat regelmäßig über die Entwicklungen bezüglich der Makrofinanzhilfe der Union, einschließlich über deren Auszahlung, und stellt diesen Organen die einschlägigen Dokumente rechtzeitig zur Verfügung.
(4) Die Makrofinanzhilfe der Union wird für die Dauer von zweieinhalb Jahren ab dem ersten Tag nach Inkrafttreten der in Artikel 3 Absatz 1 genannten Grundsatzvereinbarung bereitgestellt.
(5) Sollte der Finanzierungsbedarf Nordmazedoniens im Zeitraum der Auszahlung der Makrofinanzhilfe der Union gegenüber den ursprünglichen Prognosen erheblich sinken, wird die Kommission die Hilfe nach dem in Artikel 7 Absatz 2 genannten Prüfverfahren kürzen oder ihre Auszahlung aussetzen oder einstellen.
Artikel 2
(1) Eine Vorbedingung für die Gewährung der Makrofinanzhilfe der Union besteht darin, dass sich Nordmazedonien an wirksame demokratische Mechanismen, einschließlich eines parlamentarischen Mehrparteiensystems, und an das Rechtsstaatsprinzip hält und die Achtung der Menschenrechte garantiert.
(2) Die Kommission überprüft die Erfüllung der Vorbedingung gemäß Absatz 1 des vorliegenden Artikels während der gesamten Laufzeit der Makrofinanzhilfe der Union.
(3) Die Absätze 1 und 2 des vorliegenden Artikels werden gemäß dem Beschluss 2010/427/EU des Rates (7) angewandt.
Artikel 3
(1) Die Kommission vereinbart gemäß dem in Artikel 7 Absatz 2 genannten Prüfverfahren mit den Behörden Nordmazedoniens klar definierte, auf Strukturreformen und solide öffentliche Finanzen abstellende wirtschaftspolitische und finanzielle Auflagen, an die die Makrofinanzhilfe der Union geknüpft wird. Diese wirtschaftspolitischen und finanziellen Auflagen sind in einer Grundsatzvereinbarung festzulegen, die einen Zeitrahmen für die Erfüllung dieser Auflagen enthält. Diese wirtschaftspolitischen und finanziellen Auflagen müssen mit den in Artikel 1 Absatz 3 genannten Übereinkünften und Absprachen, einschließlich mit den von Nordmazedonien mit Unterstützung des IWF durchgeführten makroökonomischen Anpassungs- und Strukturreformprogrammen, in Einklang stehen.
(2) Mit den Auflagen nach Absatz 1 wird insbesondere bezweckt, die Effizienz, Transparenz und Rechenschaftspflicht der öffentlichen Finanzverwaltungssysteme in Nordmazedonien, auch im Hinblick auf die Verwendung der Makrofinanzhilfe der Union, zu stärken. Bei der Gestaltung der politischen Maßnahmen werden auch die Fortschritte bei der gegenseitigen Marktöffnung, der Entwicklung eines regelbasierten und fairen Handels sowie sonstigen außenpolitischen Prioritäten der Union angemessen berücksichtigt. Die Kommission überprüft regelmäßig die Fortschritte Nordmazedoniens bei der Verwirklichung dieser Ziele.
(3) Die finanziellen Bedingungen der Makrofinanzhilfe der Union werden in einer zwischen der Kommission und Nordmazedonien zu schließenden Darlehensvereinbarung im Einzelnen festgelegt.
(4) Die Kommission überprüft in regelmäßigen Abständen, ob die in Artikel 4 Absatz 3 genannten Auflagen weiter erfüllt sind, darunter auch, ob die Wirtschaftspolitik Nordmazedoniens mit den Zielen der Makrofinanzhilfe der Union übereinstimmt. Für die Zwecke der Überprüfung stimmt sich die Kommission eng mit dem IWF und der Weltbank und, soweit erforderlich, mit dem Europäischen Parlament und dem Rat ab.
Artikel 4
(1) Vorbehaltlich der in Absatz 3 genannten Auflagen wird die Makrofinanzhilfe der Union von der Kommission in zwei gleich großen Tranchen zur Verfügung gestellt.
(2) Für die Makrofinanzhilfe der Union werden gegebenenfalls Dotierungen nach Maßgabe der Verordnung (EU) 2021/947 des Europäischen Parlaments und des Rates (8) vorgenommen.
(3) Die Kommission beschließt die Freigabe der Tranchen unter dem Vorbehalt, dass die nachstehenden Auflagen erfüllt sind:
a) |
die in Artikel 2 Absatz 1 festgelegte Vorbedingung; |
b) |
eine kontinuierliche zufriedenstellende Erfolgsbilanz bei der Durchführung eines politischen Programms, das entschlossene Anpassungs- und Strukturreformmaßnahmen vorsieht und durch eine nicht der Vorsorge dienende IWF-Kreditvereinbarung unterstützt wird; |
c) |
die zufriedenstellende Erfüllung der in der Grundsatzvereinbarung festgelegten wirtschaftspolitischen und finanziellen Auflagen. |
(4) Die Freigabe der zweiten Tranche erfolgt grundsätzlich frühestens drei Monate nach Freigabe der ersten Tranche.
(5) Werden die in Absatz 3 genannten Auflagen nicht erfüllt, so setzt die Kommission die Auszahlung der Makrofinanzhilfe der Union zeitweise aus oder stellt sie ein. In solchen Fällen teilt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat die Gründe für die Aussetzung oder Einstellung mit.
(6) Die Makrofinanzhilfe der Union wird an die Nationalbank Nordmazedoniens ausgezahlt. Vorbehaltlich der vereinbarten Bedigungen, die in der Grundsatzvereinbarung festgelegt sind, einschließlich einer Bestätigung des verbleibenden Haushaltsbedarfs, können die Gelder der Union an das Finanzministerium Nordmazedoniens als Endbegünstigten überwiesen werden.
Artikel 5
(1) Die Anleihe- und Darlehenstransaktionen im Zusammenhang mit der Makrofinanzhilfe der Union werden in Euro mit gleichem Wertstellungsdatum abgewickelt und dürfen für die Union weder eine Fristentransformation mit sich bringen und die Union auch nicht einem Wechselkurs- oder Zinsrisiko oder sonstigen kommerziellen Risiken aussetzen.
(2) Wenn die Umstände es gestatten und Nordmazedonien darum ersucht, kann die Kommission die notwendigen Schritte unternehmen, um sicherzustellen, dass eine Klausel über vorzeitige Rückzahlung in die allgemeinen Darlehensbedingungen und eine entsprechende Klausel in die Bedingungen der Anleihetransaktionen aufgenommen wird.
(3) Wenn die Umstände eine Verbesserung des Darlehenszinssatzes gestatten und sofern Nordmazedonien darum ersucht, kann die Kommission beschließen, ihre ursprünglichen Anleihen ganz oder teilweise zu refinanzieren, oder die entsprechenden finanziellen Bedingungen neu festsetzen. Refinanzierungen und Neufestsetzungen erfolgen nach Maßgabe der Absätze 1 und 4 und dürfen weder zur Verlängerung der Laufzeit der betreffenden Anleihen noch zur Erhöhung des zum Zeitpunkt der Refinanzierung bzw. Neufestsetzung ausstehenden Kapitalbetrags führen.
(4) Nordmazedonien trägt alle Kosten, die der Union durch die im vorliegenden Beschluss vorgesehenen Anleihe- und Darlehenstransaktionen entstehen.
(5) Die Kommission unterrichtet das Europäische Parlament und den Rat über die Entwicklungen in Bezug auf die in den Absätzen 2 und 3 genannten Transaktionen.
Artikel 6
(1) Die Makrofinanzhilfe der Union wird im Einklang mit der Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 durchgeführt.
(2) Die Makrofinanzhilfe der Union wird im Wege der direkten Mittelverwaltung durchgeführt.
(3) Die mit den Behörden Nordmazedoniens zu schließende Darlehensvereinbarung enthält sämtliche der folgenden Bestimmungen:
a) |
die sicherstellen, dass Nordmazedonien die ordnungsgemäße Verwendung der aus dem Gesamthaushalt der Union bereitgestellten Mittel regelmäßig überprüft, geeignete Maßnahmen ergreift, um Unregelmäßigkeiten und Betrug zu verhindern und bei Bedarf rechtliche Schritte einleitet, um im Rahmen dieses Beschlusses bereitgestellte Mittel, die zweckentfremdet wurden, wieder einzuziehen; |
b) |
die im Einklang mit den Verordnungen (EG, Euratom) Nr. 2988/95 (9) und (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates (10), der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (11) und im Falle der an der Verstärkten Zusammenarbeit mit der Europäischen Staatsanwaltschaft teilnehmenden Mitgliedstaaten auch im Einklang mit der Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates (12) den Schutz der finanziellen Interessen der Union sicherstellen, wobei insbesondere gezielte Maßnahmen vorzusehen sind, um Betrug, Korruption und andere Unregelmäßigkeiten, die sich auf die Makrofinanzhilfe der Union auswirken, zu verhindern und zu bekämpfen; |
c) |
die das Europäische Amt für Betrugsbekämpfung (OLAF) ausdrücklich ermächtigen, Untersuchungen durchzuführen, einschließlich Kontrollen vor Ort und Inspektionen einschließlich digitaler forensischer Maßnahmen und Befragungen; |
d) |
die die Kommission oder ihre Vertreter ausdrücklich dazu ermächtigen, Kontrollen – einschließlich Kontrollen und Überprüfungen vor Ort – durchzuführen; |
e) |
die die Kommission und den Rechnungshof ausdrücklich ermächtigen, während und nach dem Zeitraum, in dem die Makrofinanzhilfe der Union bereitgestellt wird, Rechnungsprüfungen durchzuführen, darunter Dokumentenprüfungen und Rechnungsprüfungen vor Ort, wie etwa operative Bewertungen; |
f) |
die sicherstellen, dass die Union Anspruch auf vorzeitige Rückzahlung des Darlehens hat, wenn sich Nordmazedonien im Zusammenhang mit der Verwaltung der Makrofinanzhilfe der Union nachweislich des Betrugs, der Korruption oder einer sonstigen rechtswidrigen Handlung zum Nachteil der finanziellen Interessen der Union schuldig gemacht hat; |
g) |
die sicherstellen, dass alle Kosten, die der Union durch die im vorliegenden Beschluss vorgesehenen Anleihe- und Darlehenstransaktionen entstehen, von Nordmazedonien getragen werden. |
(4) Vor der Durchführung der Makrofinanzhilfe der Union prüft die Kommission mittels einer operativen Bewertung, wie zuverlässig die für die Finanzhilfe relevanten Finanzregelungen, Verwaltungsverfahren sowie Mechanismen der internen und externen Kontrolle des Landes sind.
Artikel 7
(1) Die Kommission wird von einem Ausschuss unterstützt. Dieser Ausschuss ist ein Ausschuss im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
(2) Wird auf diesen Absatz Bezug genommen, so gilt Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 182/2011.
Artikel 8
(1) Die Kommission unterbreitet dem Europäischen Parlament und dem Rat alljährlich bis zum 30. Juni einen Bericht über die Durchführung dieses Beschlusses im Vorjahr mit einer Bewertung der Durchführung. Darin
a) |
prüft sie den bei der Durchführung der Makrofinanzhilfe der Union erzielten Fortschritt; |
b) |
bewertet sie die wirtschaftliche Lage und die wirtschaftlichen Aussichten Nordmazedoniens sowie den Fortschritt, der bei der Durchführung der in Artikel 3 Absatz 1 genannten politischen Maßnahmen erzielt wurde; |
c) |
erläutert sie den Zusammenhang zwischen den in der Grundsatzvereinbarung festgelegten wirtschaftspolitischen Auflagen, der aktuellen Wirtschafts- und Finanzlage Nordmazedoniens und den Beschlüssen der Kommission über die Auszahlung der einzelnen Tranchen der Makrofinanzhilfe der Union. |
(2) Spätestens zwei Jahre nach Ablauf des in Artikel 1 Absatz 4 genannten Bereitstellungszeitraums legt die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat einen Ex-post-Bewertungsbericht vor, in dem sie die Ergebnisse und die Effizienz der abgeschlossenen Makrofinanzhilfe der Union bewertet und beurteilt, inwieweit diese zur Verwirklichung der angestrebten Ziele beigetragen hat.
Artikel 9
Dieser Beschluss tritt am dritten Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Geschehen zu Straßburg am 12. Juli 2023.
Im Namen des Europäischen Parlaments
Die Präsidentin
R. METSOLA
Im Namen des Rates
Der Präsident
P. NAVARRO RÍOS
(1) Standpunkt des Europäischen Parlaments vom 13. Juni 2023 (noch nicht im Amtsblatt veröffentlicht) und Beschluss des Rates vom 10. Juli 2023.
(2) ABl. L 84 vom 20.3.2004, S. 13.
(3) Beschluss (EU) 2020/701 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 2020 über die Bereitstellung einer Makrofinanzhilfe für Erweiterungs- und Nachbarschaftspartner vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie (ABl. L 165 vom 27.5.2020, S. 31).
(4) Verordnung (EU) 2021/1529 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. September 2021 zur Schaffung des Instruments für Heranführungshilfe (IPA III) (ABl. L 330 vom 20.9.2021, S. 1).
(5) Verordnung (EU) Nr. 182/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 2011 zur Festlegung der allgemeinen Regeln und Grundsätze, nach denen die Mitgliedstaaten die Wahrnehmung der Durchführungsbefugnisse durch die Kommission kontrollieren (ABl. L 55 vom 28.2.2011, S. 13).
(6) Verordnung (EU, Euratom) 2018/1046 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juli 2018 über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der Union, zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1296/2013, (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013, (EU) Nr. 1304/2013, (EU) Nr. 1309/2013, (EU) Nr. 1316/2013, (EU) Nr. 223/2014, (EU) Nr. 283/2014 und des Beschlusses Nr. 541/2014/EU sowie zur Aufhebung der Verordnung (EU, Euratom) Nr. 966/2012 (ABl. L 193 vom 30.7.2018, S. 1).
(7) Beschluss 2010/427/EU des Rates vom 26. Juli 2010 über die Organisation und die Arbeitsweise des Europäischen Auswärtigen Dienstes (ABl. L 201 vom 3.8.2010, S. 30).
(8) Verordnung (EU) 2021/947 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juni 2021 zur Schaffung des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit — Europa in der Welt, zur Änderung und Aufhebung des Beschlusses Nr. 466/2014/EU des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Verordnung (EU) 2017/1601 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 480/2009 des Rates (ABl. L 209 vom 14.6.2021, S. 1).
(9) Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 des Rates vom 18. Dezember 1995 über den Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften (ABl. L 312 vom 23.12.1995, S. 1).
(10) Verordnung (Euratom, EG) Nr. 2185/96 des Rates vom 11. November 1996 betreffend die Kontrollen und Überprüfungen vor Ort durch die Kommission zum Schutz der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften vor Betrug und anderen Unregelmäßigkeiten (ABl. L 292 vom 15.11.1996, S. 2).
(11) Verordnung (EU, Euratom) Nr. 883/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. September 2013 über die Untersuchungen des Europäischen Amtes für Betrugsbekämpfung (OLAF) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1073/1999 des Europäischen Parlaments und des Rates und der Verordnung (Euratom) Nr. 1074/1999 des Rates (ABl. L 248 vom 18.9.2013, S. 1).
(12) Verordnung (EU) 2017/1939 des Rates vom 12. Oktober 2017 zur Durchführung einer Verstärkten Zusammenarbeit zur Errichtung der Europäischen Staatsanwaltschaft (EUStA) (ABl. L 283 vom 31.10.2017, S. 1).