28.2.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 63/54


DURCHFÜHRUNGSBESCHLUSS (EU) 2023/437 DER KOMMISSION

vom 22. Februar 2023

betreffend den Antrag auf Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative mit dem Titel „Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Migranten in Europa“ gemäß der Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates

(Bekannt gegeben unter Aktenzeichen C(2023) 1121)

(Nur der englische Text ist verbindlich)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) 2019/788 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. April 2019 über die Europäische Bürgerinitiative (1), insbesondere auf Artikel 6 Absätze 2 und 3,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 30. Dezember 2022 wurde bei der Kommission ein Antrag auf Registrierung der Europäischen Bürgerinitiative „Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Migranten in Europa“ („Ensuring a dignified reception of migrants in Europe“) gestellt.

(2)

Die Ziele der Initiative werden von der Organisatorengruppe wie folgt angegeben: „Die Behandlung von Migranten in der Europäischen Union (EU) läuft allzu oft den Grundsätzen der Menschenwürde, einem Grundwert der Union, zuwider. Der Hauptgrund hierfür sind unserer Ansicht nach die nach wie vor unzulänglichen europäischen Vorschriften und der Mangel an Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten. Da die Union ein ‚Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts‘ ist, in dem die Grundrechte geachtet werden, fordern wir als europäische Bürgerinnen und Bürger die EU auf, nach dem Eintritt von Migranten in das Hoheitsgebiet für eine menschenwürdige Aufnahme zu sorgen, die mit den nach der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und im Einklang mit dem Völkerrecht für jeden Menschen geltenden Grundrechten vereinbar ist. Um hierzu beizutragen, fordern wir, dass im Rahmen der Entwicklung einer gemeinsamen Asylpolitik Vorschriften angenommen werden, die auf Folgendes abzielen: 1) Einführung eines neuen Mechanismus für die Verteilung von Asylsuchenden in der EU auf der Grundlage ihres freien Willens und einer wirksamen Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten (Überarbeitung der Dublin-Verordnung); 2) verbindliche Aufnahmenormen in Bezug auf Nahrungsmittel, Gesundheit, Unterbringung, Bildung und Arbeit, die Asylsuchenden menschenwürdige und in der gesamten Union vergleichbare Lebensbedingungen garantieren.“

(3)

Ein Anhang zu der Initiative enthält weitere Einzelheiten zu Inhalt, Zielen und Hintergrund. Die Organisatorengruppe führt an, dass trotz der stetigen Bemühungen der Kommission um Verbesserung dysfunktionaler Asyl- und Migrationsregelungen nach wie vor — sowohl auf Unionsebene als auch auf nationaler Ebene — noch viele legislative und politische Änderungen verabschiedet werden müssen, um eine menschenwürdige Behandlung aller Migranten sicherzustellen. Erstens fordert die Organisatorengruppe die Kommission auf, einen neuen Mechanismus für die Verteilung von Asylsuchenden in der Union einzuführen, indem die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) überarbeitet wird, um ein Gleichgewicht bei der Aufnahme von Asylsuchenden in der EU unter Berücksichtigung des Willens der Asylsuchenden als neues Kriterium herzustellen und einen verbindlichen Solidaritätsmechanismus für die Umverteilung zwischen den Mitgliedstaaten vorzusehen, anhand dessen eine unverhältnismäßige Verteilung korrigiert wird. Zweitens wird die Annahme einer Verordnung über die Aufnahmebedingungen für Asylsuchende in der EU gefordert, um ihnen einen menschenwürdigen Lebensstandard und vergleichbare Lebensbedingungen in der gesamten Union zu garantieren, indem die Mitgliedstaaten verpflichtet werden, die Grundrechte uneingeschränkt zu achten und sichergestellt wird, dass die materiellen Aufnahmebedingungen für Asylsuchende den vom Europäischen Asyl- und Migrationsbüro (EASO) entwickelten operativen Standards und Indikatoren entsprechen, die Rechte des Kindes gewährleistet sind, der Zugang zur Beschäftigung erleichtert wird und Notfallaufnahmepläne vorgesehen werden.

(4)

Darüber hinaus wurde ein zusätzliches Dokument mit Informationen über den Hintergrund der geplanten Bürgerinitiative vorgelegt.

(5)

Was die Ziele der Initiative betrifft, so ist die Kommission befugt, einen Vorschlag für einen Rechtsakt vorzulegen, mit dem ein neuer Mechanismus für die Verteilung von Asylsuchenden eingeführt und bestimmte Aufnahmenormen in den Mitgliedstaaten auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 2 des Vertrags verbindlich vorgeschrieben werden.

(6)

Somit liegt kein Teil der Initiative offenkundig außerhalb des Rahmens, in dem die Kommission befugt ist, einen Vorschlag für einen Rechtsakt der Union vorzulegen, um die Verträge umzusetzen.

(7)

Diese Schlussfolgerung greift der Beurteilung der Frage nicht vor, ob die konkreten materiellen Voraussetzungen für ein Tätigwerden der Kommission, einschließlich der Vereinbarkeit mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, dem Subsidiaritätsprinzip und den Grundrechten, in diesem Fall erfüllt sind.

(8)

Die Organisatorengruppe hat geeignete Nachweise dafür vorgelegt, dass sie die Anforderungen gemäß Artikel 5 Absätze 1 und 2 der Verordnung (EU) 2019/788 erfüllt, und die Kontaktpersonen gemäß Artikel 5 Absatz 3 Unterabsatz 1 der genannten Verordnung benannt.

(9)

Die Initiative ist weder offenkundig missbräuchlich, unseriös oder schikanös, noch verstößt sie offenkundig gegen die Werte der Union, wie sie in Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union festgeschrieben sind, oder gegen die in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Rechte.

(10)

Die Initiative „Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Migranten in Europa“ sollte daher registriert werden.

(11)

Die Schlussfolgerung, dass die Voraussetzungen für eine Registrierung gemäß Artikel 6 Absatz 3 der Verordnung (EU) 2019/788 erfüllt sind, bedeutet nicht, dass die Kommission die sachliche Richtigkeit des Inhalts der Initiative bestätigen würde, für die allein die Organisatorengruppe der Initiative verantwortlich ist. Der Inhalt der Initiative spiegelt nur die Ansichten der Organisatorengruppe wider und ist keinesfalls als Ausdruck der Ansichten der Kommission zu betrachten —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Die Europäische Bürgerinitiative „Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Migranten in Europa“ wird registriert.

Artikel 2

Dieser Beschluss ist an die Organisatorengruppe der Bürgerinitiative mit dem Titel „Gewährleistung einer menschenwürdigen Aufnahme von Migranten in Europa“ („Ensuring a dignified reception of migrants in Europe“), vertreten durch Frau Stéphanie POPPE und Frau Pascale HÖGER als Kontaktpersonen, gerichtet.

Brüssel, den 22. Februar 2023

Für die Kommission

Věra JOUROVÁ

Vizepräsidentin


(1)  ABl. L 130 vom 17.5.2019, S. 55.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31).