23.2.2023   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

LI 56/4


BESCHLUSS (GASP) 2023/408 DES RATES

vom 23. Februar 2023

zur Änderung des Beschlusses 2013/255/GASP über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 29,

auf Vorschlag des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Der Rat hat am 31. Mai 2013 den Beschluss 2013/255/GASP (1) angenommen.

(2)

Der Rat ist nach wie vor zutiefst besorgt über die Lage in Syrien. Nach über einem Jahrzehnt ist der Konflikt in Syrien noch lange nicht beendet und verursacht nach wie vor großes Leid und politische Instabilität. Durch das tragische Erdbeben vom 6. Februar 2023 wird das Leid der syrischen Bevölkerung noch größer.

(3)

In seinen Schlussfolgerungen vom 9. Februar 2023 sprach der Europäische Rat den Opfern des tragischen Erdbebens vom 6. Februar 2023 sein tiefstes Beileid aus und bekundete seine Solidarität mit den Menschen in der Türkei und Syrien. Der Europäische Rat bekräftigte die Bereitschaft der Union, weitere Unterstützung zu leisten, um das Leid in allen betroffenen Regionen zu lindern. Er rief alle dazu auf, den Zugang der humanitären Hilfe zu den Opfern des Erdbebens in Syrien zu gewährleisten — unabhängig davon, wo sie sich befinden — und rief die humanitäre Gemeinschaft dazu auf, unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen für eine rasche Bereitstellung von Hilfe zu sorgen.

(4)

In seinen Schlussfolgerungen vom 20. Mai 2021 zur „Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über humanitäre Maßnahmen der EU: neue Herausforderungen, unveränderte Grundsätze“ bekräftigte der Rat seine Entschlossenheit, mögliche unbeabsichtigte negative Auswirkungen von restriktiven Maßnahmen der Union auf grundsatzorientierte humanitäre Maßnahmen zu vermeiden und, wo sie unvermeidbar sind, so weit wie möglich zu mindern. Der Rat betonte erneut, dass die restriktiven Maßnahmen der Union mit allen Verpflichtungen nach dem Völkerrecht vereinbar sind, insbesondere mit den internationalen Menschenrechtsnormen, dem humanitären Völkerrecht und dem internationalen Flüchtlingsrecht. Er unterstrich, wie wichtig es ist, die humanitären Grundsätze und das humanitäre Völkerrecht in der Sanktionspolitik der Union uneingeschränkt zu achten, unter anderem durch die konsequente Einbeziehung von Ausnahmen für humanitäre Hilfe in die restriktiven Maßnahmen, wo dies angezeigt ist, und durch die Gewährleistung eines wirksamen Rahmens für die Inanspruchnahme dieser Ausnahmen durch humanitäre Organisationen.

(5)

Der Rat weist erneut darauf hin, dass restriktive Maßnahmen der Union, einschließlich der Maßnahmen, die angesichts der Lage in Syrien angenommen wurden, die Bereitstellung humanitärer Hilfe, einschließlich medizinischer Hilfe, für bedürftige Menschen weder verhindern noch einschränken sollen. Die meisten Bereiche — darunter Lebensmittel, Arzneimittel und medizinische Ausrüstung — sind von den angesichts der Lage in Syrien erlassenen restriktiven Maßnahmen nicht betroffen. Darüber hinaus sind für einzelne Maßnahmen bereits Ausnahmen in Kraft, die es ermöglichen, benannten Personen und Organisationen Gelder und wirtschaftliche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, wenn diese Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen ausschließlich für die Durchführung humanitärer Hilfe in Syrien oder für die Unterstützung der Zivilbevölkerung in Syrien erforderlich sind. In bestimmten Fällen ist eine vorherige Genehmigung der zuständigen nationalen Behörde erforderlich.

(6)

Angesichts des Ausmaßes der humanitären Krise in Syrien, die durch das Erdbeben verschärft wurde, und im Hinblick auf die Erleichterung einer raschen Bereitstellung von Hilfe ist es angezeigt, eine Ausnahme vom Einfrieren der Vermögenswerte von benannten natürlichen oder juristischen Personen und Organisationen sowie von den Beschränkungen für die Bereitstellung von Geldern und wirtschaftlichen Ressourcen zugunsten internationaler Organisationen und bestimmter Kategorien von Akteuren, die an humanitären Maßnahmen beteiligt sind, einzuführen. Diese Ausnahme sollte zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten gelten und erfordert keine vorherige Genehmigung der zuständigen nationalen Behörde.

(7)

Ein weiteres Tätigwerden der Union ist notwendig, um bestimmte in diesem Beschluss festgelegte Maßnahmen durchzuführen.

(8)

Der Beschluss 2013/255/GASP sollte daher entsprechend geändert werden —

HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:

Artikel 1

Artikel 28a des Beschlusses 2013/255/GASP erhält folgende Fassung:

„Artikel 28a

(1)   Die Verbote nach Artikel 28 Absätze 1, 2 und 5 gelten bis zum 24. August 2023 nicht für die Bereitstellung, die Abwicklung oder die Zahlung von Geldern, anderen finanziellen Vermögenswerten oder wirtschaftlichen Ressourcen oder die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen, die notwendig sind, um die rasche Bereitstellung humanitärer Hilfe zu gewährleisten oder andere Tätigkeiten zur Deckung grundlegender menschlicher Bedürfnisse zu unterstützen, wenn die Hilfe bzw. die anderen Tätigkeiten durchgeführt werden von

a)

den Vereinten Nationen, einschließlich ihrer Programme, Fonds und sonstigen Einrichtungen und Stellen, sowie ihren Sonderorganisationen und mit ihnen verbundenen Organisationen,

b)

internationalen Organisationen,

c)

humanitäre Organisationen mit Beobachterstatus in der Generalversammlung der Vereinten Nationen und Mitgliedern dieser Organisationen,

d)

bilateral oder multilateral finanzierten nichtstaatlichen Organisationen, die sich an den Plänen der Vereinten Nationen für humanitäre Maßnahmen, den Plänen für Flüchtlingshilfemaßnahmen oder anderen Appellen der Vereinten Nationen oder an vom Amt der Vereinten Nationen für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) koordinierten humanitären ‚Clustern‘ beteiligen,

e)

öffentlichen Stellen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen, die öffentliche Mittel von der Union oder den Mitgliedstaaten zur Gewährleistung der raschen Bereitstellung humanitärer Hilfe oder zur Unterstützung anderer Tätigkeiten zur Deckung grundlegender menschlicher Bedürfnisse der Zivilbevölkerung in Syrien erhalten,

f)

Organisationen und Agenturen, die von der Union einer Säulenbewertung unterzogen wurden und mit denen die Union eine Finanzpartnerschafts-Rahmenvereinbarung unterzeichnet hat, auf deren Grundlage diese Organisationen und Agenturen als humanitäre Partner der Union tätig sind,

g)

Organisationen und Agenturen, denen die Union das Zertifikat für humanitäre Partnerschaft erteilt hat oder die von einem Mitgliedstaat als Partner für humanitäre Hilfe nach nationalen Verfahren zertifiziert oder anerkannt sind,

h)

spezialisierten Agenturen der Mitgliedstaaten, oder

i)

den Beschäftigten, Zuschussempfängern, Tochtergesellschaften oder Durchführungspartnern der in den Buchstaben a bis h genannten Einrichtungen, während und insofern sie in dieser Eigenschaft tätig sind.

(2)   Das Verbot nach Artikel 28 Absatz 5 gilt nicht für Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, die den in den Anhängen I und II aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen durch öffentliche Einrichtungen oder durch juristische Personen oder Organisationen zur Verfügung gestellt werden, die öffentliche Mittel erhalten, um humanitäre Hilfe in Syrien zu leisten oder die Zivilbevölkerung in Syrien zu unterstützen, sofern diese Gelder oder diese wirtschaftlichen Ressourcen gemäß Artikel 5 Absatz 3 bereitgestellt werden.

(3)   In anderen als den in Absatz 1 oder 2 des vorliegenden Artikels erfassten Fällen und abweichend von Artikel 28 Absatz 5 können die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats unter den ihnen angemessen erscheinenden allgemeinen und besonderen Bedingungen die Bereitstellung bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, nachdem sie festgestellt haben, dass die Bereitstellung dieser Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen ausschließlich für die Leistung humanitärer Hilfe in Syrien oder die Unterstützung der Zivilbevölkerung in Syrien benötigt wird.

(4)   Das Verbot nach Artikel 28 Absatz 5 gilt nicht für Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen, die den in den Anhängen I und II aufgeführten natürlichen oder juristischen Personen oder Organisationen durch diplomatische oder konsularische Vertretungen zur Verfügung gestellt werden, sofern diese Gelder oder diese wirtschaftlichen Ressourcen gemäß Artikel 5 Absatz 4 bereitgestellt werden.

(5)   In anderen als den in Absatz 1 des vorliegenden Artikels erfassten Fällen und abweichend von Artikel 28 Absätze 1 und 2 können die zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats unter den ihnen angemessen erscheinenden allgemeinen und besonderen Bedingungen die Freigabe bestimmter eingefrorener Gelder oder wirtschaftlicher Ressourcen genehmigen, nachdem sie festgestellt haben, dass diese Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen ausschließlich für die Leistung humanitärer Hilfe in Syrien oder die Unterstützung der Zivilbevölkerung in Syrien benötigt werden. Die Gelder oder wirtschaftlichen Ressourcen werden an die VN zum Zwecke der Durchführung oder der Erleichterung der Durchführung von Hilfeleistungen in Syrien im Einklang mit dem Plan für humanitäre Maßnahmen in Syrien oder einem etwaigen von den VN koordinierten Folgeplan freigegeben.

(6)   Der betreffende Mitgliedstaat unterrichtet die anderen Mitgliedstaaten und die Kommission über jede nach den Absätzen 3 oder 5 erteilte Genehmigung innerhalb von zwei Wochen nach Erteilung der Genehmigung.“

Artikel 2

Dieser Beschluss tritt am Tag seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Geschehen zu Brüssel am 23. Februar 2023.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

J. ROSWALL


(1)  Beschluss 2013/255/GASP des Rates vom 31. Mai 2013 über restriktive Maßnahmen angesichts der Lage in Syrien (ABl. L 147 vom 1.6.2013, S. 14).