17.3.2022 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
C 122/28 |
WARNUNG DES EUROPÄISCHEN AUSSCHUSSES FÜR SYSTEMRISIKEN
vom 2. Dezember 2021
zu mittelfristigen Anfälligkeiten des Wohnimmobiliensektors der Slowakei
(ESRB/2021/16)
(2022/C 122/07)
DER VERWALTUNGSRAT DES EUROPÄISCHEN AUSSCHUSSES FÜR SYSTEMRISIKEN —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,
gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1092/2010 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über die Finanzaufsicht der Europäischen Union auf Makroebene und zur Errichtung eines Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (1), insbesondere auf Artikel 3 Absatz 2 Buchstabe c sowie Artikel 16 und 18,
gestützt auf den Beschluss ESRB/2011/1 des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken vom 20. Januar 2011 zur Verabschiedung der Geschäftsordnung des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (2), insbesondere auf Artikel 18,
in Erwägung nachstehender Gründe:
(1) |
Wohneigentum ist ein Schlüsselsektor der Realwirtschaft und stellt einen Großteil des Vermögens von Privathaushalten und der Kreditvergabe durch Banken dar. Wohnimmobilien machen einen Großteil der Anlagenbestände von Privathaushalten aus; zudem setzt sich die Bilanz von Banken häufig im Wesentlichen aus Wohneigentumskrediten zusammen. Darüber hinaus ist der Wohnungsbau als Beschäftigungs-, Investitions- und Wachstumsquelle in der Regel eine wichtige Komponente der Realwirtschaft. |
(2) |
Die Finanzkrisen der Vergangenheit und die Erfahrungen in vielen Ländern haben gezeigt, dass Entwicklungen der Immobilienmärkte, die nicht nachhaltig sind, in jedem Land schwerwiegende Folgen für die Stabilität des Finanzsystems und die Wirtschaft insgesamt nach sich ziehen können, was auch negative grenzüberschreitende Ansteckungseffekte zur Folge haben kann. Hieraus können sich sowohl unmittelbare als auch mittelbare Auswirkungen auf die Finanzstabilität ergeben. Unmittelbare Auswirkungen sind Kreditverluste in Immobilienkreditportfolios, die aus nachteiligen wirtschaftlichen oder finanziellen Bedingungen und damit einhergehenden negativen Entwicklungen auf dem Wohnimmobilienmarkt resultieren. Mittelbare Auswirkungen stehen mit Konsumänderungen bei Privathaushalten in Verbindung, was weitere Folgen für die Realwirtschaft und die Finanzstabilität nach sich ziehen könnte. |
(3) |
Immobilienmärkte sind anfällig für zyklische Entwicklungen. Eine übermäßige Risikobereitschaft und Verschuldung sowie schlecht ausgerichtete Anreize während der Aufschwungphase des Immobilienzyklus können schwerwiegende negative Folgen für die Finanzstabilität und die Realwirtschaft nach sich ziehen. Angesichts der Bedeutung von Wohnimmobilien für die finanzielle und makroökonomische Stabilität ist es besonders wichtig zu versuchen, eine Anhäufung von Anfälligkeiten auf den Wohnimmobilienmärkten durch den Einsatz makroprudenzieller Maßnahmen, die bereits als Mittel zur Minderung von Systemrisiken dienen, zu verhindern. |
(4) |
Neben den zyklischen Faktoren, die bei der Verschärfung der auf den Immobilienmärkten des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) festgestellten Anfälligkeiten eine bedeutende Rolle spielen, haben auch strukturelle Faktoren zu einer Verstärkung dieser Anfälligkeiten geführt. Zu den strukturellen Faktoren können Wohnraummangel, der für Aufwärtsdruck auf die Wohnimmobilienpreise und die Verschuldung von Haushalten, die Eigenheime erwerben, gesorgt hat, und auch staatliche Maßnahmen zählen, die unter Umständen Haushalten einen Anreiz für eine übermäßige Verschuldung geben. Da die Auswirkungen dieser Faktoren über makroprudenzielle Maßnahmen hinausgehen, können Maßnahmen aus anderen Politikbereichen die aktuellen makroprudenziellen Maßnahmen zur effizienten und wirksamen Beseitigung der auf den Wohnimmobilienmärkten vorherrschenden Anfälligkeiten in den einzelnen Ländern ergänzen und unterstützen, ohne übermäßig hohe Kosten für die Realwirtschaft und das Finanzsystem zu verursachen. |
(5) |
Der Ausbruch der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 und die damit verbundene Krise haben nicht zu einem zyklischen Abschwung auf den Wohnimmobilienmärkten geführt. Vielmehr haben sich der reale Anstieg der Wohnimmobilienpreise und das reale Kreditwachstum nach einer Phase stetiger Zuwächse vor dem Hintergrund des Niedrigzinsumfelds in mehreren Ländern weiter beschleunigt und die Einkommenszuwächse der privaten Haushalte weitgehend übertroffen. Um die Auswirkungen der Pandemie und die daraus resultierende wirtschaftliche Unsicherheit abzufedern, wurden verschiedene politische und sonstige Maßnahmen wie Schuldenmoratorien und öffentliche Garantien umgesetzt. Vor diesem allgemeinen politischen Hintergrund wurden zuvor geplante makroprudenzielle Maßnahmen in einigen Ländern vorübergehend gelockert oder ihre Einführung wurde verschoben. Die derzeit beobachtete Verbesserung der Wirtschaftslage ermöglicht eine Anpassung der makroprudenziellen Maßnahmen in den Ländern, in denen sich die Anfälligkeiten im Zusammenhang mit dem Wohnimmobiliensektor weiter verschärft haben. |
(6) |
Der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) hat kürzlich eine EWR-weite systematische und vorausschauende Bewertung von Anfälligkeiten in Zusammenhang mit dem Wohnimmobiliensektor abgeschlossen. |
(7) |
Im Hinblick auf die Slowakei hat diese jüngste Bewertung Folgendes gezeigt:
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(8) |
Bei der Einführung von Maßnahmen zur Beseitigung der festgestellten Anfälligkeiten sollte im Rahmen von deren Kalibrierung und schrittweisen Umsetzung berücksichtigt werden, in welcher Phase des Wirtschafts- und Finanzzyklus sich die Slowakei befindet und welche möglichen Folgen sich im Hinblick auf die damit verbundenen Kosten und Vorteile ergeben — |
HAT FOLGENDE WARNUNG AUSGEGEBEN:
Der ESRB hat gewisse mittelfristige Anfälligkeiten im Wohnimmobiliensektor der Slowakei als eine Ursache für Systemrisiken für die Finanzstabilität festgestellt, die mögliche schwerwiegende negative Folgen für die Realwirtschaft nach sich ziehen könnten. Hauptanfälligkeiten aus makroprudenzieller Sicht sind nach Auffassung des ESRB das zunehmende Risiko einer Überbewertung der Wohnimmobilienpreise in Verbindung mit den hohen Zuwachsraten bei den Wohnimmobilienpreisen und der steigenden Verschuldung der Privathaushalte sowie bestimmte Risiken im Zusammenhang mit der steigenden Verschuldung der privaten Haushalte und der Gewährung von Hypothekarkrediten.
Geschehen zu Frankfurt am Main am 2. Dezember 2021.
Leiter des ESRB-Sekretariats,
im Auftrag des Verwaltungsrats des ESRB,
Francesco MAZZAFERRO
(1) ABl. L 331 vom 15.12.2010, S. 1.
(2) ABl. C 58 vom 24.2.2011, S. 4.
(3) Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1).