1.9.2022   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 334/120


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 12. Juli 2022

zum nationalen Reformprogramm Litauens 2022 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2022

(2022/C 334/15)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität trat am 19. Februar 2021 in Kraft. Im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität wird finanzielle Unterstützung für Reformen und Investitionen bereitgestellt und so für einen — durch die Union finanzierten — fiskalischen Impuls gesorgt. Die Fazilität trägt zur wirtschaftlichen Erholung und zur Durchführung nachhaltiger und wachstumsfördernder Reformen und Investitionen bei, die insbesondere auf die Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels ausgerichtet sind und die Widerstandsfähigkeit und das Potenzialwachstum der Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten stärken sollen. Sie wird außerdem mittel- und langfristig zur Stärkung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen sowie zum Wachstum und zur Schaffung von Arbeitsplätzen beitragen. Der maximale finanzielle Beitrag, der jedem Mitgliedstaat im Rahmen der Aufbau- und Resilienzfazilität gewährt werden kann, wird gemäß Artikel 11 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2021/241 im Juni 2022 angepasst.

(2)

Am 24. November 2021 nahm die Kommission den Jahresbericht zum nachhaltigen Wachstum an, mit dem das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2022 eingeleitet wurde. Darin trug sie der am 7. Mai 2021 unterzeichneten Erklärung von Porto für soziales Engagement Rechnung, die vom Europäischen Parlament, dem Rat und der Kommission am 17. November 2017 proklamierte europäische Säule sozialer Rechte weiter umzusetzen. Der Europäische Rat billigte die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts 2022 am 25. März 2022. Am 24. November 2021 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (3) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem Litauen als nicht einer der Mitgliedstaaten genannt wurde, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets sowie den Vorschlag für den Gemeinsamen Beschäftigungsbericht 2022 an, in dem die Umsetzung der beschäftigungspolitischen Leitlinien sowie der Grundsätze der europäischen Säule sozialer Rechte analysiert wird. Der Rat hat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (4) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet von 2022“) am 5. April 2022 und den Gemeinsamen Beschäftigungsbericht am 14. März 2022 angenommen.

(3)

Russlands Invasion in die Ukraine, die unmittelbar nach der weltweiten Pandemie erfolgte, hat den geopolitischen und wirtschaftlichen Kontext erheblich verändert. Sie hat auch die Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten in Mitleidenschaft gezogen, indem sie beispielsweise die Energie-, Lebensmittel- und Rohstoffpreise steigen lassen hat und die Wachstumsaussichten verschlechtert hat. Die höheren Energiepreise belasten insbesondere die finanziell schwächsten Haushalte schwer, die von Energiearmut bedroht sind oder bereits darunter leiden, sowie diejenigen Unternehmen, die von einem Steigen der Energiepreise am meisten betroffen sind. Des Weiteren erlebt die Union einen beispiellosen Zustrom von Flüchtlingen aus der Ukraine. Die Mitgliedstaaten sind von den wirtschaftlichen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs asymmetrisch betroffen. In diesem Zusammenhang kam am 4. März 2022 aufgrund des Durchführungsbeschlusses (EU) 2022/382 des Rates (5) erstmals die Richtlinie 2001/55/EG des Rates (6) zur Anwendung, womit aus der Ukraine vertriebenen Menschen das Aufenthaltsrecht in der Union sowie das Recht auf Zugang zu allgemeiner und beruflicher Bildung, zum Arbeitsmarkt, zur Gesundheitsversorgung, zu Wohnungs- und Sozialleistungen gewährt wird. Für Litauen wird außerordentliche Unterstützung im Rahmen der Initiative CARE (Einsatz von Kohäsionsmitteln zugunsten von Flüchtlingen in Europa) und durch zusätzliche Vorfinanzierungen im Rahmen von ReactEU (Aufbauhilfe für den Zusammenhalt und die Gebiete Europas) bereitgestellt, um den Aufnahme- und Integrationsbedarf der aus der Ukraine fliehenden Menschen schnellstmöglich decken zu können.

(4)

Angesichts der sich rasch wandelnden wirtschaftlichen und geopolitischen Lage wird im Rahmen des Europäischen Semesters im Jahr 2022 die umfassende Koordinierung der Wirtschafts- und Beschäftigungspolitik weitergeführt und gleichzeitig, wie im Jahreswachstumsbericht 2022 dargelegt, den Anforderungen an die Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität Rechnung getragen. Die Durchführung der angenommenen Aufbau- und Resilienzpläne ist für die Verwirklichung der politischen Prioritäten im Rahmen des Europäischen Semesters von entscheidender Bedeutung, da von diesen Plänen alle oder zumindest wesentliche Teile der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen aus den Europäischen Semestern der Jahre 2019 und 2020 erfasst werden. Die länderspezifischen Empfehlungen der Jahre 2019 und 2020 bleiben auch für die Aufbau- und Resilienzpläne, die gemäß den Artikeln 14, 18 und 21 der Verordnung (EU) 2021/241 überarbeitet, aktualisiert oder geändert werden, relevant; hinzu kommen gegebenenfalls andere länderspezifische Empfehlungen, die bis zur Vorlage der überarbeiteten, aktualisierten oder geänderten Aufbau- und Resilienzpläne abgegeben wurden.

(5)

Die allgemeine Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts ist seit März 2020 aktiviert. In ihrer Mitteilung vom 3. März 2021 mit dem Titel „Ein Jahr nach dem Ausbruch von COVID-19 — die fiskalpolitische Reaktion“ erläuterte die Kommission ihre Auffassung, dass der Beschluss über die Deaktivierung oder weitere Anwendung der allgemeinen Ausweichklausel eine Gesamtbewertung der Wirtschaftslage darstellen sollte, wobei das Niveau der Wirtschaftstätigkeit in der Union oder im Euro-Währungsgebiet im Vergleich zum Vorkrisenniveau (Ende 2019) als zentrales quantitatives Kriterium zu betrachten sei. Die gestiegene Unsicherheit und starke Abwärtsrisiken bei den wirtschaftlichen Aussichten angesichts des Krieges in Europa, des beispiellosen Anstiegs der Energiepreise und der anhaltenden Lieferkettenprobleme rechtfertigen die Verlängerung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts bis einschließlich 2023.

(6)

Im Einklang mit dem Ansatz in der Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 (7) mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2021 wird der allgemeine finanzpolitische Kurs derzeit am besten als Veränderung der Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und ohne befristete Sofortmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Krise), einschließlich der durch nicht rückzahlbare Hilfen (Zuschüsse) aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben, im Verhältnis zum mittelfristigen Potenzialwachstum gemessen (8). Neben dem fiskalischen Gesamtkurs wird bei der Bewertung, ob die nationale Finanzpolitik vorsichtig ist und ihre Zusammensetzung eine nachhaltige Erholung begünstigt, die mit dem ökologischen und dem digitalen Wandel im Einklang steht, auch der Entwicklung der national finanzierten (9) laufenden Primärausgaben (ohne diskretionäre einnahmenseitige Maßnahmen und ohne befristete Sofortmaßnahmen aufgrund der COVID-19-Krise) und Investitionen Aufmerksamkeit geschenkt.

(7)

Am 2. März 2022 nahm die Kommission eine Mitteilung mit allgemeinen Leitlinien für die Haushaltspolitik im Jahr 2023 (im Folgenden „haushaltspolitische Leitlinien“) an, mit der die Ausarbeitung der Stabilitäts- und Konvergenzprogramme der Mitgliedstaaten unterstützt und somit die politische Koordinierung gestärkt werden soll. Die Kommission stellte ausgehend von den makroökonomischen Aussichten in der Winterprognose 2022 fest, dass es angemessen wäre, im Jahr 2023 von einem insgesamt stützenden finanzpolitischen Kurs der Jahre 2020-2022 zu einem weitgehend neutralen finanzpolitischen Kurs überzugehen, gleichzeitig aber die Bereitschaft zu erhalten, auf die sich weiterentwickelnde Wirtschaftslage zu reagieren. Die Kommission hielt fest, dass bei den haushaltspolitischen Empfehlungen für 2023 weiterhin zwischen den Mitgliedstaaten differenziert und möglichen länderübergreifenden Spillover-Effekten Rechnung getragen werden sollte. Die Kommission forderte die Mitgliedstaaten auf, diese Leitlinien in ihren Stabilitäts- und Konvergenzprogrammen zu berücksichtigen. Die Kommission sicherte zu, die wirtschaftlichen Entwicklungen genau zu beobachten und ihre politischen Leitlinien erforderlichenfalls, spätestens jedoch im Rahmen des Frühjahrspakets des Europäischen Semesters Ende Mai 2022, anzupassen.

(8)

Was die haushaltspolitischen Leitlinien betrifft, so tragen die haushaltspolitischen Empfehlungen für 2023 den schlechteren Konjunkturaussichten, der erhöhten Unsicherheit und weiteren Abwärtsrisiken sowie der höheren Inflation im Vergleich zur Winterprognose 2022 der Kommission Rechnung. Vor diesem Hintergrund müssen im Rahmen gezielter und befristeter haushaltspolitischer Maßnahmen die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und den digitalen Wandel und die Energieversorgungssicherheit erhöht und die Kaufkraft finanziell besonders schwacher Haushalte gestützt werden, um die Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise abzufedern und dazu beizutragen, den Inflationsdruck aus Zweitrundeneffekten zu begrenzen. Die Haushaltspolitik muss flexibel bleiben, damit sie sich an die sich rasch wandelnden Rahmenbedingungen, einschließlich der Herausforderungen, die sich aus Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine im Bereich Verteidigung und Sicherheit ergeben, anpassen kann, und es muss dabei zwischen den Mitgliedstaaten differenziert werden, wobei die jeweilige Haushalts- und Wirtschaftslage — auch im Hinblick auf die Anfälligkeit des jeweiligen Mitgliedstaats für die Krise und den Zustrom von Vertriebenen aus der Ukraine — zu berücksichtigen ist.

(9)

Am 14. Mai 2021 legte Litauen der Kommission gemäß Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2021/241 seinen nationalen Aufbau- und Resilienzplan vor. Gemäß Artikel 19 jener Verordnung hat die Kommission die Aufbau- und Resilienzpläne auf der Grundlage der in Anhang V der Verordnung enthaltenen Bewertungsleitlinien im Hinblick auf deren Relevanz, Wirksamkeit, Effizienz und Kohärenz bewertet. Am 20. Juli 2021 nahm der Rat den Durchführungsbeschluss zur Billigung der Bewertung des Aufbau- und Resilienzplans Litauens (10) an. Die Freigabe der Tranchen erfolgt vorbehaltlich der Annahme eines Beschlusses durch die Kommission nach Artikel 24 Absatz 5 der Verordnung (EU) 2021/241, wonach Litauen in zufriedenstellender Weise die einschlägigen, im Durchführungsbeschluss des Rates festgelegten Etappenziele und Zielwerte erreicht hat. Eine zufriedenstellende Erfüllung setzt immer voraus, dass von zuvor erreichten Etappenzielen und Zielwerten nicht wieder abgewichen wurde.

(10)

Am 27. April 2022 übermittelte Litauen sein nationales Reformprogramm 2022 und am 29. April 2022 sein Stabilitätsprogramm 2022 gemäß der in Artikel 4 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 festgelegten Frist. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet. Im Einklang mit Artikel 27 der Verordnung (EU) 2021/241 wird im nationalen Reformprogramm 2022 auch der halbjährlichen Berichterstattung Litauens über die Fortschritte bei der Durchführung seines Aufbau- und Resilienzplans Rechnung getragen.

(11)

Am 23. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission den Länderbericht für Litauen 2022. Darin werden die Fortschritte Litauens bei der Umsetzung der einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen des Rates der Jahre 2019, 2020 und 2021 bewertet und der Stand der Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans Litauens anhand des Aufbau- und Resilienzscoreboards dargestellt. Aufgrund dieser Bewertung wird im Länderbericht Handlungsbedarf in Bezug auf solche Herausforderungen aufgezeigt, die im Aufbau- und Resilienzplan nicht oder nur teilweise angegangen werden, und es werden neu entstandene und sich derzeit abzeichnende Herausforderungen, die sich beispielsweise aus der Invasion in die Ukraine ergeben, genannt. Ferner werden in dem Bericht die Fortschritte Litauens bei der Umsetzung der europäischen Säule sozialer Rechte, bei der Verwirklichung der Kernziele der Union in den Bereichen Beschäftigung, Qualifikationen und Armutsbekämpfung sowie im Hinblick auf die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung bewertet.

(12)

Am 23. Mai 2022 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags. In diesem Bericht wird die Haushaltslage Litauens erörtert, da sein gesamtstaatliches Defizit im Jahr 2022 den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) übersteigen wird. Dem Bericht zufolge wurde das Defizitkriterium nicht erfüllt. Im Einklang mit der Mitteilung vom 2. März 2022 hat die Kommission nicht vorgeschlagen, im Frühjahr 2022 neue Verfahren bei einem übermäßigen Defizit einzuleiten, und sie wird im Herbst 2022 erneut prüfen, ob vorgeschlagen werden sollte, solche Verfahren zu eröffnen.

(13)

In seiner Empfehlung vom 20. Juli 2020 (11) empfahl der Rat Litauen, im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel in den Jahren 2020 und 2021 alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die anschließende Erholung zu fördern. Ferner empfahl er Litauen, wenn die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen. Den von Eurostat validierten Daten zufolge ging das gesamtstaatliche Defizit Litauens 2021 von 7,3 % des BIP im Jahr 2020 auf 1,0 % zurück. Die fiskalpolitische Reaktion Litauens unterstützte 2021 die wirtschaftliche Erholung, während die befristeten Notfallmaßnahmen von 3,9 % des BIP im Jahr 2020 auf 2,8 % im Jahr 2021 zurückgingen. Die von Litauen 2021 getroffenen Maßnahmen stehen mit der Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 in Einklang. Die von der Regierung in den Jahren 2020 und 2021 beschlossenen diskretionären haushaltspolitischen Maßnahmen waren größtenteils befristet. Gleichzeitig waren einige der von der Regierung im Zeitraum 2020-2021 ergriffenen diskretionären Maßnahmen nicht befristet und wurden nicht durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert; dabei handelte es sich hauptsächlich um eine höhere Vergütung der Beschäftigten im öffentlichen Dienst. Nach den von Eurostat validierten Daten ging der gesamtstaatliche Schuldenstand von 46,6 % des BIP im Jahr 2020 auf 44,3 % im Jahr 2021 zurück.

(14)

Das den Haushaltsprojektionen des Stabilitätsprogramms 2022 zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist realistisch. Nach den Prognosen der Regierung dürfte das reale BIP-Wachstum 2022 bei 1,6 % und 2023 bei 2,5 % liegen. Im Vergleich dazu geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2022 von einem BIP-Wachstum von 1,7 % im Jahr 2022 und 2,6 % im Jahr 2023 aus. In ihrem Stabilitätsprogramm 2022 geht die Regierung davon aus, dass das öffentliche Gesamtdefizit 2022 auf 4,9 % des BIP steigen und 2023 auf 2,4 % des BIP zurückgehen wird. Der Anstieg des Defizits im Jahr 2022 ist in erster Linie auf Maßnahmen zur Abmilderung der Auswirkungen der hohen Energiepreise, zur Unterstützung einkommensschwacher Haushalte und zur Bewältigung des Zustroms von Flüchtlingen aus der Ukraine zurückzuführen. Dem Stabilitätsprogramm 2022 zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote 2022 auf 43,3 % zurückgehen und 2023 stabil bleiben. Auf der Grundlage der zum Stichtag der Prognose bekannten politischen Maßnahmen geht die Kommission in ihrer Frühjahrsprognose 2022 für die Jahre 2022 und 2023 von einem öffentlichen Defizit von 4,6 % bzw. 2,3 % des BIP aus. Dies steht im Einklang mit dem im Stabilitätsprogramm 2022 prognostizierten Defizit. In ihrer Frühjahrsprognose 2022 geht die Kommission von einer ähnlichen gesamtstaatlichen Schuldenquote von 42,7 % im Jahr 2022 und von 43,1 % im Jahr 2023 aus. Der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission zufolge wird die mittelfristige Potenzialwachstumsrate im Zehn-Jahres-Durchschnitt auf 3,2 % veranschlagt. Diese Schätzung lässt jedoch die Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum Litauens einen Schub verleihen können.

(15)

2022 ließ die Regierung die meisten in Reaktion auf die COVID-19-Krise ergriffenen Maßnahmen auslaufen, sodass mit einem Rückgang der befristeten Notfallmaßnahmen von 2,8 % des BIP im Jahr 2021 auf 1,2 % im Jahr 2022 gerechnet wird. Das öffentliche Defizit wird von den Maßnahmen beeinflusst, die ergriffen wurden, um den wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise entgegenzuwirken; sie werden in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission für 2022 auf 1,2 % des BIP und für 2023 auf 0,0 % des BIP geschätzt (12). Bei diesen Maßnahmen handelt es sich hauptsächlich um Subventionen für Gas- und Stromunternehmen, einen Ausgleich der Mehrwertsteuer auf Wärmeenergie und eine breitere Anwendung anderer Formen des Ausgleichs für Wärmeenergie. Diese Maßnahmen sind laut Ankündigung größtenteils befristeter Art. Sollten die Energiepreise auch 2023 hoch bleiben, könnten einige dieser Maßnahmen fortgeführt werden. Einige dieser Maßnahmen sind nicht zielgerichtet, insbesondere die Subventionen für Gas- und Stromunternehmen und der Ausgleich der Mehrwertsteuer auf Wärmeenergie. Das öffentliche Defizit wird auch von den Kosten für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen aus der Ukraine beeinflusst, die in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission für 2022 und 2023 (13) auf 0,2 % des BIP projiziert werden, sowie von der Erhöhung der Verteidigungsausgaben um 0,5 % des BIP in den Jahren 2022 und 2023.

(16)

In seiner Empfehlung vom 18. Juni 2021 empfahl der Rat Litauen, im Jahr 2022 einen stützenden fiskalischen Kurs beizubehalten, wobei der von der Aufbau- und Resilienzfazilität ausgehende Impuls zu berücksichtigen ist, und die national finanzierten Investitionen aufrechtzuerhalten. Der Rat empfahl Litauen ferner, das Wachstum der national finanzierten laufenden Ausgaben unter Kontrolle zu halten. Überdies empfahl er Litauen — sobald die wirtschaftlichen Bedingungen dies zulassen —, eine Haushaltspolitik zu verfolgen, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen zu erhöhen, um das Wachstumspotenzial zu steigern.

(17)

Für 2022 wird laut Frühjahrsprognose der Kommission 2022 unter Berücksichtigung der in Litauen Stabilitätsprogramm 2022 enthaltenen Informationen davon ausgegangen, dass der haushaltspolitische Kurs, wie vom Rat empfohlen, unterstützend bei – 4,2 % des BIP liegen wird (14). Litauen sieht weiterhin Unterstützungsmaßnahmen zur Förderung der Erholung vor und beabsichtigt gemäß der Empfehlung des Rates, zusätzliche Investitionen mithilfe der Aufbau- und Resilienzfazilität zu finanzieren. Der positive Beitrag zur Wirtschaftstätigkeit der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben wird im Vergleich zu 2021 voraussichtlich um 0,5 BIP-Prozentpunkte ansteigen. Den Projektionen zufolge werden die national finanzierten Investitionen 2022 einen expansiven Beitrag von 0,3 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten (15). Daher plant Litauen, gemäß der Empfehlung des Rates national finanzierte Investitionen aufrechtzuerhalten. Gleichzeitig wird erwartet, dass der Anstieg der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne neue einnahmenseitige Maßnahmen) im Jahr 2022 einen expansiven Beitrag von 3,2 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten wird. Dieser erhebliche expansive Beitrag umfasst die zusätzlichen Auswirkungen der Maßnahmen zur Bewältigung der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen des Anstiegs der Energiepreise (1,2 % des BIP) sowie die Kosten für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen aus der Ukraine (0,2 % des BIP), während u. a. zusätzliche Unterstützungsmaßnahmen für einkommensschwache Haushalte (zusätzliche Erhöhung der Renten, des Kindergeldes, der Sozialhilfe und des Einkommensteuerfreibetrags) den Projektionen zufolge ebenfalls zu einem Anstieg der laufenden Nettoausgaben um 0,4 % des BIP führen werden. Somit hält Litauen den Schätzungen der Kommission zufolge den Anstieg der national finanzierten laufenden Ausgaben im Jahr 2022 nicht ausreichend unter Kontrolle.

(18)

Für 2023 wird der haushaltspolitische Kurs in der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission unter der Annahme einer unveränderten Politik mit 1,5 % des BIP veranschlagt (16). Es wird davon ausgegangen, dass Litauen im Jahr 2023 weiterhin die Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität nutzt, um zusätzliche Investitionen zur Unterstützung der Erholung zu finanzieren. Der positive Beitrag zur Wirtschaftstätigkeit der durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderen Unionsfonds finanzierten Ausgaben wird 2023 voraussichtlich um 0,4 BIP-Prozentpunkte ansteigen. Den Projektionen zufolge werden die national finanzierten Investitionen 2023 einen kontraktiven Beitrag von 0,5 Prozentpunkten zum fiskalischen Kurs leisten (17). Gleichzeitig wird erwartet, dass der Anstieg der national finanzierten laufenden Primärausgaben (ohne neue einnahmenseitige Maßnahmen) im Jahr 2023 einen kontraktiven Beitrag von 1,5 BIP-Prozentpunkten zum fiskalischen Gesamtkurs leisten wird. Dazu gehören auch die Auswirkungen des Auslaufens der Maßnahmen zur Bewältigung des Anstiegs der Energiepreise (1,2 % des BIP) sowie weitere Kosten für den vorübergehenden Schutz von Vertriebenen aus der Ukraine (0,1 % des BIP).

(19)

Dem Stabilitätsprogramm 2022 zufolge soll das öffentliche Defizit im Jahr 2024 schrittweise auf 1,3 % und bis 2025 auf 1,0 % zurückgehen. Während der Programmlaufzeit soll das gesamtstaatliche Defizit also unter 3 % des BIP bleiben. Dem Stabilitätsprogramm 2022 zufolge soll die gesamtstaatliche Schuldenquote bis 2025 sinken, und zwar auf 42,6 % im Jahr 2024 und auf 42,5 % im Jahr 2025. Nach Analyse der Kommission scheinen die Risiken für die Schuldentragfähigkeit mittelfristig gering zu sein.

(20)

Im Scoreboard zum öffentlichen Auftragswesen 2020 wurden einige Engpässe im öffentlichen Auftragswesen in Litauen festgestellt: eine mangelnde Zusammenarbeit zwischen Einkaufsorganisationen, wenige oder gar keine Teilnehmer an Ausschreibungen und eine übermäßige Konzentration auf das Preiskriterium. Eine Ausweitung der laufenden Bemühungen zur Förderung der gemeinsamen Auftragsvergabe von Kommunen, sodass die Reform auch die zentralstaatliche Ebene einschließt, würde dazu beitragen, bewährte Verfahren zu entwickeln und zu verbreiten und die allgemeine Effizienz und Wirksamkeit der Verfahren zu verbessern. Dies würde auch zur Verbesserung der Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen beitragen.

(21)

Nach den Kriterien des Artikels 19 Absatz 3 Buchstabe b der Verordnung (EU) 2021/241 und des Anhangs V Abschnitt 2.2 der genannten Verordnung umfasst der Aufbau- und Resilienzplan eine Vielzahl sich gegenseitig verstärkender Reformen und Investitionen mit einem vorläufigen Zeitplan für die Umsetzung, der bis zum 31. August 2026 abzuschließen ist. Diese tragen dazu bei, alle oder einen wesentlichen Teil der wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen zu bewältigen, die der Rat in den Jahren 2019 und 2020 im Rahmen des Europäischen Semesters in seinen Empfehlungen an Litauen sowie gegebenenfalls in weiteren bis zur Annahme des Aufbau- und Resilienzplans abgegebenen länderspezifischen Empfehlungen dargelegt hat. Der Aufbau- und Resilienzplan ist stark auf Maßnahmen zur Förderung der Digitalisierung und des ökologischen Wandels, zur Gewährleistung der Qualität und Effizienz der Gesundheitsdienste, zur Verbesserung des Sozialschutzes, zur Priorisierung von Bildung und Innovation und zur Steigerung der Wirksamkeit des öffentlichen Sektors ausgerichtet.

(22)

Mit der Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans Litauens dürften der ökologische und der digitale Wandel gefördert werden. Der Betrag, der Maßnahmen zur Verwirklichung der Klimaschutzziele zugewiesen wird, entspricht 37,8 % der Gesamtmittelausstattung des Aufbau- und Resilienzplans Litauens, während die Maßnahmen zur Unterstützung der Ziele im Digitalbereich 31,5 % der Gesamtmittelausstattung des Aufbau- und Resilienzplans ausmachen. Die vollständige Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans gemäß den einschlägigen Etappenzielen und Zielwerten wird Litauen dabei helfen, die Folgen der COVID-19-Krise rasch zu überwinden und gleichzeitig seine Resilienz zu stärken. Die systematische Einbeziehung der Sozialpartner und anderer einschlägiger Interessenträger ist für die erfolgreiche Durchführung des Aufbau- und Resilienzplans sowie anderer, nicht im Aufbau- und Resilienzplan enthaltener wirtschafts- oder beschäftigungspolitischer Maßnahmen nach wie vor wichtig, da nur so ein umfassendes Engagement für das politische Gesamtkonzept gewährleistet werden kann.

(23)

Die Kommission hat die in der Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates (18) vorgesehene Partnerschaftsvereinbarung mit Litauen am 22. April 2022 genehmigt. Litauen hat das kohäsionspolitische Programm am 16. März 2022 vorgelegt. Im Einklang mit der Verordnung (EU) 2021/1060 hat Litauen die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen bei der Programmplanung der Kohäsionsfondsmittel 2021-2027 berücksichtigt. Dies ist unabdingbar, um die Wirksamkeit der finanziellen Unterstützung aus den Kohäsionsfonds zu verbessern, ihren Mehrwert zu maximieren und dabei gleichzeitig die Koordinierung, Komplementarität und Kohärenz zwischen diesen kohäsionspolitischen Fonds und anderen Unionsinstrumenten und -mitteln zu fördern. Die erfolgreiche Umsetzung der Aufbau- und Resilienzfazilität und der kohäsionspolitischen Programme setzt zudem voraus, dass die Engpässe bei den Investitionen zur Förderung des ökologischen und des digitalen Wandels und der ausgewogenen territorialen Entwicklung beseitigt werden.

(24)

Neben den wirtschaftlichen und sozialen Herausforderungen, die mit dem Aufbau- und Resilienzplan angegangen werden, sieht sich Litauen mit einer Reihe zusätzlicher Herausforderungen konfrontiert, die die medizinische Grundversorgung und die Gesundheitsvorsorge, Mängel bei der Planung und Erbringung sozialer Dienstleistungen sowie das Fehlen einer Strategie in Bezug auf den sozialen Wohnungsbau betreffen. Die hohe Zahl der vermeidbaren Krankenhauseinweisungen und die hohe vermeidbare Sterblichkeit zeigen, dass in der litauischen Gesundheitsversorgung mehr Präventivmaßnahmen erforderlich sind. Darüber hinaus schränken der Mangel an Angehörigen der Gesundheitsberufe und deren ungleiche Verteilung den Zugang zur medizinischen Grundversorgung und zur Langzeitpflege ein. Neben den im Aufbau- und Resilienzplan Litauens aufgeführten Gesundheitsreformen und -investitionen ist es auch erforderlich, die medizinische Grundversorgung und die Gesundheitsvorsorge weiter zu stärken. Die mangelnde Zusammenarbeit zwischen den einzelnen Ministerien und anderen öffentlichen Stellen und eine nur lückenhafte Ermittlung des Bedarfs behindern eine integrierte Bereitstellung sozialer Dienstleistungen. Die Dienstleistungen sind zudem nicht ausreichend auf die Bedürfnisse Arbeitsloser zugeschnitten. Litauens Ausgaben für den sozialen Wohnungsbau lagen 2019 (19) mit 10,31 EUR pro Einwohner deutlich unter dem EU-Durchschnitt von 101,58 EUR (jeweils zu konstanten Preisen von 2010), was zu anhaltenden Engpässen und langen Wartelisten führt. Auch die Qualität der bereitgestellten Sozialwohnungen muss verbessert werden. Der Aufbau- und Resilienzplan enthält wichtige Maßnahmen wie eine Reform der Mindesteinkommensregelung und des Steuer- und Sozialleistungssystems sowie die Ausweitung des Arbeitslosenversicherungsschutzes. Diese Maßnahmen dürften nach ihrer Umsetzung dazu beitragen, einige der zentralen Herausforderungen im Bereich des Sozialschutzes anzugehen. Neben den im Aufbau- und Resilienzplan enthaltenen Maßnahmen sind jedoch weitere Anstrengungen erforderlich, um die Planung, Qualität und Wirksamkeit der sozialen Dienstleistungen zu verbessern und dem Mangel an Sozialwohnungen und deren unzureichender Qualität zu begegnen.

(25)

Im Anschluss an den Auftrag, den die Staats- und Regierungschefs der Union in der Erklärung von Versailles formuliert haben, wurde der Vorschlag der Kommission den REPowerEU-Plan aufgestellt, um die Abhängigkeit der Union von Einfuhren fossiler Brennstoffe aus Russland so bald wie möglich zu beenden. Zu diesem Zweck beabsichtigt die Kommission, im Dialog mit den Mitgliedstaaten die am besten geeigneten Projekte, Investitionen und Reformen auf nationaler, regionaler und Unionsebene zu ermitteln. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen insgesamt zu verringern und fossile Brennstoffe zunehmend von anderen Exportländern als Russland zu beziehen.

(26)

Litauen ist hinsichtlich seiner Energieversorgung in hohem Maße von Einfuhren abhängig; so importiert das Land etwa zwei Drittel seines Bruttostrombedarfs und den Großteil seines Erdöl- und Erdgasbedarfs. Erdöl und Erdgas machen drei Viertel des Energiemixes des Landes aus. Bis zu Russlands Invasion in die Ukraine wurden Erdöl und Erdgas überwiegend aus Russland eingeführt. Im Jahr 2020 stammten 42 % der Erdgasimporte Litauens aus Russland (was weitgehend dem Unionsdurchschnitt von 44 % entspricht) und 73 % seiner Rohölimporte (was über dem Unionsdurchschnitt von 26 % liegt) (20). Die Energienachfrage wird durch eine große Verkehrsflotte bestimmt, wobei der öffentliche Verkehr und der Schienenverkehrt nach wie vor unzureichend genutzt werden, sowie durch einen großen Bestand an energieineffizienten Gebäuden und sehr energieintensive Industriezweige, auf die 67 % des gesamten Gasverbrauchs entfallen. Zusätzliche Anstrengungen zur Verringerung der Energieintensität in diesen Wirtschaftszweigen durch die Förderung des industriellen Wandels, einschließlich innovativer Produktionsverfahren, und die weitere Förderung der Nutzung erneuerbarer Energiequellen würden die Abhängigkeit Litauens von Energieimporten insgesamt verringern. Litauen hat seine Energieversorgungssicherheit erheblich verbessert, indem es Strom- und Erdgasverbindungen zu benachbarten Mitgliedstaaten aufgebaut und ein Terminal für verflüssigtes Erdgas in Klaipėda errichtet hat. Insgesamt muss Litauen seine Bemühungen um eine stärkere regionale Zusammenarbeit mit seinen Nachbarstaaten fortsetzen, um weitere Erdgasimporte und die effiziente Nutzung regionaler Infrastrukturen zu koordinieren. In diesem Zusammenhang werden die seit dem 1. Mai 2022 betriebene Gasverbindungsleitung zu Polen (GIPL) und der Ausbau anderer Gasverbindungsleitungen zu benachbarten Mitgliedstaaten dazu beitragen, die Energieversorgung in der Region zu sichern. Trotzdem sollten die Vollendung der laufenden Synchronisierung mit dem europäischen kontinentalen Stromnetz, die Sicherstellung ausreichender Kapazitäten für die Anbindung an Nachbarmitgliedstaaten und gemeinsame Vorhaben im Bereich der erneuerbaren Energien politische Prioritäten bleiben. Es wird empfohlen, neue Gasinfrastruktur- und -netzinvestitionen möglichst zukunftssicher zu gestalten, damit sie sich auch für nachhaltige Energieträger eignen und somit langfristig nachhaltig sind. Damit Litauen mit den Zielen von „Fit für 55“ im Einklang steht, müssen die Zielsetzungen im Hinblick auf die Verringerung der Treibhausgasemissionen sowie die Steigerung des Anteils der erneuerbaren Energien und der Energieeffizienz ambitionierter gestaltet werden.

(27)

Der beschleunigte Übergang zur Klimaneutralität mit der Abkehr von fossilen Brennstoffen wird zwar in einigen Sektoren erhebliche Restrukturierungskosten verursachen, doch kann Litauen im Rahmen der kohäsionspolitischen Programmplanung den Mechanismus für einen gerechten Übergang nutzen, um die sozioökonomischen Auswirkungen des Übergangs in den am meisten betroffenen Regionen zu verringern. Darüber hinaus kann Litauen den durch die Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates (21) eingerichteten Europäischen Sozialfonds Plus nutzen, um die Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern und den sozialen Zusammenhalt zu stärken.

(28)

Vor dem Hintergrund der Bewertung der Kommission hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2022 geprüft; seine Stellungnahme hierzu (22) spiegelt sich in Empfehlung 1 wider.

(29)

Angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften der Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets und ihres kollektiven Beitrags zur Funktionsweise der Wirtschafts- und Währungsunion empfahl der Rat den Mitgliedstaaten des Euro-Währungsgebiets, unter anderem im Rahmen ihrer Aufbau- und Resilienzpläne Maßnahmen zu ergreifen, um die in der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet von 2022 enthalten Empfehlungen umzusetzen. Für Litauen spiegelt sich dies insbesondere in den nachstehenden Empfehlungen 1 und 2 wider.

EMPFIEHLT, dass Litauen 2022 und 2023

1.   

dafür sorgt, dass der Anstieg der national finanzierten laufenden Primärausgaben 2023 mit einem weitgehend neutralen politischen Kurs im Einklang steht, unter Berücksichtigung der fortgesetzten befristeten und gezielten Unterstützung für die vom Energiepreisanstieg besonders betroffenen Haushalte und Unternehmen sowie die aus der Ukraine flüchtenden Menschen; sich bereit hält, die laufenden Ausgaben an die sich wandelnde Situation anzupassen; die öffentlichen Investitionen für den ökologischen und den digitalen Wandel sowie die Energiesicherheit unter Berücksichtigung der REPowerEU-Initiative ausweitet, unter anderem durch Inanspruchnahme der Aufbau- und Resilienzfazilität und anderer Unionsfonds; für die Zeit nach 2023 eine Haushaltspolitik verfolgt, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen; die gemeinsame Vergabe öffentlicher Aufträge auf zentralstaatlicher und kommunaler Ebene fördert;

2.   

seinen Aufbau- und Resilienzplan gemäß den im Durchführungsbeschluss des Rates vom 20. Juli 2021 festgelegten Etappenzielen und Zielwerten weiter durchführt; die Verhandlungen mit der Kommission über die Programmunterlagen der Kohäsionspolitik für 2021-2027 rasch abschließt, um mit deren Umsetzung beginnen zu können;

3.   

die medizinische Grundversorgung und die Gesundheitsvorsorge verbessert; die Fragmentierung bei der Planung und Erbringung sozialer Dienstleistungen verringert und deren Personalisierung und Verknüpfung mit anderen Dienstleistungen verbessert; den Zugang zu und die Qualität von Sozialwohnungen verbessert;

4.   

die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen insgesamt verringert, indem der Einsatz erneuerbarer Energien beschleunigt wird, die Energieeffizienz und die Dekarbonisierung der Industrie, des Verkehrs und von Gebäuden vorangetrieben und ausreichende Kapazitäten für Energieverbundnetze gewährleistet werden.

Geschehen zu Brüssel am 12. Juli 2022.

Im Namen des Rates

Der Präsident

Z. STANJURA


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) 2021/241 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Februar 2021 zur Einrichtung der Aufbau- und Resilienzfazilität (ABl. L 57 vom 18.2.2021, S. 17).

(3)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(4)  Empfehlung des Rates vom 5. April 2022 zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (ABl. C 153 vom 7.4.2022, S. 1).

(5)  Durchführungsbeschluss (EU) 2022/382 des Rates vom 4. März 2022 zur Feststellung des Bestehens eines Massenzustroms von Vertriebenen aus der Ukraine im Sinne des Artikels 5 der Richtlinie 2001/55/EG und zur Einführung eines vorübergehenden Schutzes (ABl. L 71 vom 4.3.2022, S. 1).

(6)  Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. L 212 vom 7.8.2001, S. 12).

(7)  Empfehlung des Rates vom 18. Juni 2021 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2021 (ABl. C 304 vom 29.7.2021, S. 68).

(8)  Bei den Schätzungen zum finanzpolitischen Kurs und seinen Komponenten in dieser Empfehlung handelt es sich um Schätzungen der Kommission, die auf den Annahmen beruhen, die der Frühjahrsprognose 2022 der Kommission zugrunde liegen. Die von der Kommission vorgenommenen Schätzungen des mittelfristigen Potenzialwachstums lassen die positiven Auswirkungen der im Aufbau- und Resilienzplan vorgesehenen Reformen unberücksichtigt, die dem Potenzialwachstum einen Schub verleihen könnten.

(9)  Nicht durch Zuschüsse aus der Aufbau- und Resilienzfazilität und aus anderen Unionsfonds finanziert.

(10)  ST 10477/2021; ST 10477/2021 ADD 1.

(11)  Empfehlung des Rates vom 20. Juli 2020 zum nationalen Reformprogramm Litauens 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Litauens 2020 (ABl. C 282 vom 26.8.2020, S. 95).

(12)  Die Zahlen geben die Höhe der jährlichen Haushaltskosten für die seit Herbst 2021 ergriffenen Maßnahmen wieder, einschließlich laufender Einnahmen und Ausgaben sowie gegebenenfalls Investitionsausgaben.

(13)  Es wird davon ausgegangen, dass die Gesamtzahl der Vertriebenen aus der Ukraine in der Union bis Ende 2022 allmählich die Marke von 6 Millionen erreichen wird. Ihre geografische Verteilung wird auf der Grundlage der Größe der bestehenden Diaspora, der relativen Bevölkerung des Aufnahmemitgliedstaats und der tatsächlichen Verteilung der Vertriebenen aus der Ukraine in der gesamten Union ab März 2022 geschätzt. Für die Haushaltskosten pro Person basieren die Schätzungen auf dem Euromod-Mikrosimulationsmodell der Gemeinsamen Forschungsstelle der Kommission, wobei sowohl etwaige zustehende Geldleistungen als auch Sachleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung berücksichtigt werden.

(14)  Ein negatives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben über dem mittelfristigen Wirtschaftswachstum liegt, was auf eine expansive Haushaltspolitik hinweist.

(15)  Von sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben wird ein expansiver Beitrag von 0,1 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(16)  Ein positives Vorzeichen des Indikators bedeutet, dass das Wachstum der Primärausgaben unter dem mittelfristigen Wirtschaftswachstum liegt, was auf eine kontraktive Haushaltspolitik hinweist.

(17)  Von sonstigen national finanzierten Investitionsausgaben wird ein neutraler Beitrag von 0,0 BIP-Prozentpunkten erwartet.

(18)  Verordnung (EU) 2021/1060 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 mit gemeinsamen Bestimmungen für den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds Plus, den Kohäsionsfonds, den Fonds für einen gerechten Übergang und den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds sowie mit Haushaltsvorschriften für diese Fonds und für den Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, den Fonds für die innere Sicherheit und das Instrument für finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 159).

(19)  https://ec.europa.eu/eurostat/databrowser/view/SPR_EXP_FHO__custom_2036156/default/table

(20)  Eurostat (2020), Anteil der Einfuhren aus Russland an den Gesamteinfuhren von Erdgas, Rohöl und Steinkohle. Grundlage für die Gesamteinfuhren für den EU27-Durchschnitt bilden die Extra-EU27-Einfuhren. Für Litauen umfassen die Gesamteinfuhren auch Einfuhren aus EU-Mitgliedstaaten. Rohöl umfasst keine raffinierten Erdölerzeugnisse.

(21)  Verordnung (EU) 2021/1057 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2021 zur Einrichtung des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+) und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 1296/2013 (ABl. L 231 vom 30.6.2021, S. 21).

(22)  Nach Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.