6.5.2021   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

L 158/8


DELEGIERTE VERORDNUNG (EU) 2021/732 DER KOMMISSION

vom 26. Januar 2021

zur Änderung der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 667/2014 im Hinblick auf den Inhalt der vom Untersuchungsbeauftragten an die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde zu übermittelnde Akte, das Recht auf Anhörung in Bezug auf Interimsbeschlüsse und die Überweisung von Geldbußen und Zwangsgeldern

(Text von Bedeutung für den EWR)

DIE EUROPÄISCHE KOMMISSION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 über OTC-Derivate, zentrale Gegenparteien und Transaktionsregister (1), insbesondere auf Artikel 64 Absatz 7,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 wurde durch die Verordnung (EU) 2019/834 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) geändert. Diese Änderungen betrafen unter anderem die Definition finanzieller Gegenparteien, das Recht auf Einsicht in die Verfahrensakte für von einer Untersuchung betroffene Personen, die von einem Transaktionsregister, das vorsätzlich oder fahrlässig einen der in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 aufgelisteten Verstöße begangen hat, zu zahlenden Geldbußen sowie das Recht auf Anhörung von Personen, die Zwangsgeldern unterliegen können.

(2)

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 667/2014 der Kommission (3) wurde auf Grundlage von Artikel 64 Absatz 7 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 erlassen und befasst sich mit den Verfahrensvorschriften für von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) Transaktionsregistern auferlegte Sanktionen, einschließlich Bestimmungen über das Verteidigungsrecht. Da die durch die Verordnung (EU) 2019/834 in die Verordnung (EU) Nr. 648/2012 eingeführten Änderungen diese Verfahrensvorschriften betreffen, muss sichergestellt sein, dass diese Änderungen auch in die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 667/2014 einfließen.

(3)

Zwischen dem von der ESMA im Einklang mit Artikel 64 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 ernannten Untersuchungsbeauftragten und der ESMA selbst muss Transparenz sichergestellt sein. Eine solche Transparenz setzt voraus, dass die Akte des Untersuchungsbeauftragten die Ausführungen von Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, sowie die Auflistung der Prüfungsfeststellungen enthält, auf deren Grundlage diese Personen ihre Ausführungen vorgelegt haben.

(4)

Nach Artikel 67 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 hat die ESMA bei Bedarf an dringenden Maßnahmen die Möglichkeit, Interimsbeschlüsse zu erlassen, ohne dass die Personen, die Gegenstand von Untersuchungen oder Verfahren sind, zuvor angehört werden. Um die Wirksamkeit der Befugnis der ESMA für den Erlass von Interimsbeschlüssen sicherzustellen, sollten Personen, die Gegenstand einer Untersuchung sind, nicht das Recht haben, die Akte einzusehen oder angehört zu werden, bevor der Untersuchungsbeamte die Akte mit seinen Prüfungsfeststellungen der ESMA vorlegt oder die ESMA ihren Interimsbeschluss erlässt. Um die Verteidigungsrechte zu wahren, sollten Personen, die Gegenstand einer Untersuchung sind, jedoch das Recht besitzen, ihre Akte einzusehen, sobald der Untersuchungsbeamte die Akte mit seiner Auflistung der Prüfungsfeststellungen der ESMA vorlegt, sowie das Recht, so bald wie möglich nach Erlass des Interimsbeschlusses durch die ESMA angehört zu werden.

(5)

Nach Artikel 68 Absatz 5 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 werden die von der ESMA erhobenen Geldbußen und Zwangsgeldern dem Gesamthaushaltsplan der Europäischen Union zugewiesen. Von der ESMA erhobene Geldbußen und Zwangsgelder sollten auf ein zu verzinsendes Konto überwiesen werden, bis sie rechtskräftig werden. Bei jedem Beschluss zur Verhängung von Geldbußen oder Zwangsgeldern sollten die von der ESMA erhobenen Beträge auf ein separates Konto oder Unterkonto überwiesen werden, um bis zur Rechtskraft des Beschlusses Rückverfolgbarkeit zu gewährleisten.

(6)

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 667/2014 sollte entsprechend geändert werden.

(7)

Im Interesse der unmittelbaren Ausübung wirksamer Aufsichts- und Vollstreckungsbefugnisse durch die ESMA sollte diese Verordnung vordringlich in Kraft treten —

HAT FOLGENDE VERORDNUNG ERLASSEN:

Artikel 1

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 667/2014 wird wie folgt geändert:

1.

Artikel 3 Absatz 1 erhält folgende Fassung:

„(1)   Die vollständige vom Untersuchungsbeauftragten der ESMA zu übermittelnde Akte umfasst folgende Unterlagen:

a)

die Auflistung der Prüfungsfeststellungen und eine Kopie der an die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, gerichtete Auflistung der Prüfungsfeststellungen;

b)

eine Kopie der schriftlichen Eingaben der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist;

c)

das Protokoll über eine etwaige mündliche Anhörung.“.

2.

Folgender Artikel 3a wird eingefügt:

„Artikel 3a

Recht auf Anhörung durch die ESMA in Bezug auf Interimsbeschlüsse zu Aufsichtsmaßnahmen

(1)   Abweichend von den Artikeln 2 und 3 ist das in diesem Artikel dargelegte Verfahren anwendbar, wenn die ESMA gemäß Artikel 67 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 Interimsbeschlüsse erlässt.

(2)   Der Untersuchungsbeamte legt der ESMA die Akte mit seinen Prüfungsfeststellungen vor und unterrichtet die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, unverzüglich über seine Prüfungsfeststellungen, gewährt der Person jedoch nicht die Möglichkeit, Eingaben zu machen. In der Auflistung der Prüfungsfeststellungen des Untersuchungsbeauftragten sind die Fakten darzulegen, die einen oder mehrere der in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 aufgelisteten Verstöße darstellen können, einschließlich etwaiger belastender oder entlastender Faktoren.

Der Untersuchungsbeauftragte gewährt der Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, auf Anfrage Akteneinsicht.

(3)   Vertritt die ESMA die Auffassung, dass die in der Auflistung der Prüfungsfeststellungen des Untersuchungsbeauftragten genannten Fakten keinen der in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 aufgeführten Verstöße darstellen, beschließt sie, die Untersuchung zu schließen, und teilt diesen Beschluss den der Untersuchung unterliegenden Person mit.

(4)   Beschließt die ESMA, dass einer oder mehrere der in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 aufgeführten Verstöße von einer Person, die Gegenstand einer Untersuchung ist, begangen wurde(n) und erlässt sie einen Interimsbeschluss zur Verhängung von Aufsichtsmaßnahmen nach Artikel 73 Absatz 1 Buchstaben a, c und d der Verordnung (EU) Nr. 648/2012, unterrichtet die ESMA diese Person unverzüglich über den Interimsbeschluss.

Die ESMA legt eine angemessene Frist fest, innerhalb deren Personen, die Gegenstand einer Untersuchung sind, schriftliche Anmerkungen zum Interimsbeschluss vorlegen können. Die ESMA ist nicht verpflichtet, nach Ablauf dieser Frist eingegangenen schriftlichen Anmerkungen Rechnung zu tragen.

Die ESMA gewährt Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, auf Anfrage Akteneinsicht.

Die ESMA kann Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, zu einer mündlichen Anhörung einladen. Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, können sich von ihren Rechtsanwälten oder anderen von der ESMA zugelassenen qualifizierten Personen begleiten lassen. Mündliche Anhörungen sind nicht öffentlich.

(5)   Die ESMA hört die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, an und erlässt so bald wie möglich nach Erlass des Interimsbeschlusses einen endgültigen Beschluss.

Ist die ESMA nach Prüfung der vollständigen Akte und nach Anhörung der Personen, die Gegenstand der Untersuchung sind, der Auffassung, dass die Person, die Gegenstand der Untersuchung ist, einen oder mehrere der in Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 aufgeführten Verstöße begangen hat, erlässt sie einen bestätigenden Beschluss zur Verhängung von Aufsichtsmaßnahmen nach Artikel 73 Absatz 1 Buchstaben a, c und d der Verordnung (EU) Nr. 648/2012. Die ESMA unterrichtet die von diesem Beschluss betroffene Person unverzüglich.

Verabschiedet die ESMA einen endgültigen Beschluss, mit dem der Interimsbeschluss nicht bestätigt wird, gilt der Interimsbeschluss als aufgehoben.“.

3.

Artikel 8 wird wie folgt geändert:

a)

Unterabsatz 1 erhält folgende Fassung:

„Die von der ESMA erhobenen Geldbußen und Zwangsgelder sind auf ein zu verzinsendes Konto zu überweisen, das vom Rechnungsführer der ESMA eröffnet und bis zu dem Zeitpunkt geführt wird, an dem die Beträge rechtskräftig werden. Werden von der ESMA mehrere Geldbußen oder Zwangsgelder erhoben, stellt der Rechnungsführer der ESMA sicher, dass diese auf verschiedene Konten oder Unterkonten überwiesen werden. Die gezahlten Beträge sind nicht dem ESMA-Haushalt zuzurechnen oder als Haushaltsposten zu verbuchen.“;

b)

Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:

„Der Rechnungsführer der ESMA berichtet dem Anweisungsbefugten der Generaldirektion Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion der Europäischen Kommission regelmäßig über die Beträge der verhängten Geldbußen und Zwangsgelder sowie deren Stand.“

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat.

Brüssel, den 26. Januar 2021

Für die Kommission

Die Präsidentin

Ursula VON DER LEYEN


(1)  ABl. L 201 vom 27.7.2012, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) 2019/834 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 in Bezug auf die Clearingpflicht, die Aussetzung der Clearingpflicht, die Meldepflichten, die Risikominderungstechniken für nicht durch eine zentrale Gegenpartei geclearte OTC-Derivatekontrakte, die Registrierung und Beaufsichtigung von Transaktionsregistern und die Anforderungen an Transaktionsregister (ABl. L 141 vom 28.5.2019, S. 42).

(3)  Delegierte Verordnung (EU) Nr. 667/2014 der Kommission vom 13. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates im Hinblick auf Verfahrensvorschriften für von der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) Transaktionsregistern auferlegte Sanktionen, einschließlich Vorschriften über das Verteidigungsrecht und Fristen (ABl. L 179 vom 19.6.2014, S. 31).