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7.4.2021 |
DE |
Amtsblatt der Europäischen Union |
L 119/128 |
LEITLINIE (EU) 2021/565 DER EUROPÄISCHEN ZENTRALBANK
vom 17. März 2021
zur Änderung der Leitlinie (EU) 2019/1265 zum Euro Short-Term Rate (EURSTR) (EZB/2021/10)
DER EZB-RAT —
gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 127 Absätze 2 und 5,
gestützt auf die Satzung des Europäischen Systems der Zentralbanken und der Europäischen Zentralbank, insbesondere auf die Artikel 12.1 und 14.3,
in Erwägung nachstehender Gründe:
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(1) |
Die Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates (1) erfordert, dass bei zahlreichen Finanzkontrakten und Finanzinstrumenten solide Rückfallklauseln („fallback provisions“) vorgesehen werden. Bei Fehlen solcher soliden Rückfallklauseln kann eine mögliche Einstellung kritischer Referenzwerte wie Euribor schwerwiegende Folgen für das Funktionieren der Märkte und im Ergebnis auf die Umsetzung der Geldpolitik haben. Diese Folgen könnten beinhalten, dass es Marktteilnehmern unmöglich ist, Bilanzpositionen zu bewerten, dass die Vertragsgrundlage bei einer erheblichen Anzahl von Kontrakten wegfällt und dass es zu Störungen in bestimmten Märkten einschließlich Keditmärkten kommt, welche für die Geldpolitik des Eurosystems bedeutend sind. Tagesgeldsätze, die nachträglich aufgezinst werden, stellen in diesem Zusammenhang eine tragfähige Rückfalloption dar, die vom Finanzstabilitätsrat (Financial Stability Board — FSB) empfohlen wird. Die Einführung solcher Zinssätze wird auch von den Marktteilnehmern unterstützt. Die Veröffentlichung von Zinssätzen mit Aufzinsung, die auf vergangenheitsbezogenen Werten des Euro Short-Term Rate (EURSTR) beruhen, würde daher dazu beitragen, die systemischen Risikoszenarien einer Einstellung von Referenzwerten zu mindern und zudem eine breitere Nutzung des EURSTR sowie einheitliche Rückfalloptionen für Marktteilnehmer in den größten Währungsräumen zu fördern. |
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(2) |
Die in der Leitlinie (EU) 2019/1265 der Europäischen Zentralbank (EZB/2019/19) (2) vorgesehenen Aufgaben und Verantwortlichkeiten der EZB sollten aktualisiert werden, damit diese auch die Berechnung und Veröffentlichung von aufgezinsten Zinssätzen einschließen. |
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(3) |
Im Interesse größerer Klarheit sollte der in Artikel 14 der Leitlinie (EU) 2019/1265 (EZB/2019/19) vorgesehene Rahmen für die Anhörung der Interessenträger aktualisiert werden. |
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(4) |
Die Leitlinie (EU) 2019/1265 (EZB/2019/19) soll daher entsprechend geändert werden — |
HAT FOLGENDE LEITLINIE ERLASSEN:
Artikel 1
Änderungen
Die Leitlinie (EU) 2019/1265 (EZB/2019/19) wird wie folgt geändert:
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1. |
Artikel 1 erhält folgende Fassung: „Artikel 1 Gegenstand „(1) Diese Leitlinie trifft Regelungen in Bezug auf den Euro Short-Term Rate und legt die Verantwortung der EZB für dessen Verwaltung und für die Überwachung des Verfahrens zur Ermittlung des Euro Short-Term Rate fest. In der Leitlinie werden ferner die Aufgaben und Verantwortlichkeiten der EZB und der NZBen in Bezug auf ihren Beitrag zum Verfahren zur Ermittlung des Euro Short-Term Rate und zu anderen Geschäftsprozessen festgelegt. (2) Darüber hinaus trifft diese Leitlinie Regelungen zur Berechnung und Veröffentlichung der aufgezinsten durchschnittlichen Euro Short-Term Rates und des aufgezinsten Euro Short-Term Rate Index.“ |
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2. |
Artikel 2 wird wie folgt geändert:
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3. |
Folgender Artikel 4a wird eingefügt: „Artikel 4a Aufgaben und Verantwortlichkeiten der EZB in Bezug auf die durchschnittlichen Euro Short-Term Rates mit Aufzinsung sowie den Euro Short-Term Rate Index mit Aufzinsung (1) Die EZB ist für die folgenden Aufgaben zuständig:
Die EZB veröffentlicht auf ihrer Webseite ab dem 15. April 2021 an jedem TARGET2-Geschäftstag bis spätestens 9:15 Uhr mitteleuropäischer Zeit (MEZ) die durchschnittlichen Euro Short-Term Rates mit Aufzinsung gerundet auf fünf Dezimalstellen für die im ersten Unterabsatz genannten Laufzeiten, sowie den Euro Short-Term Index Rate mit Aufzinsung gerundet auf acht Dezimalstellen. Nach diesem Zeitpunkt wird keine Überarbeitung der veröffentlichten Werte für die durchschnittlichen Euro Short-Term Rates mit Aufzinsung bzw. den Euro Short-Term Rate Index mit Aufzinsung vorgenommen. (2) Ungeachtet Absatz 1 übernehmen die EZB bzw. die NZBen keine Verantwortung dafür, dass ein Interessenträger oder Dritter im Hinblick auf Finanzinstrumente oder Kontrakte, bei Transaktionen oder sonstigen Geschäftstätigkeiten oder Anlageentscheidungen die durchschnittlichen Euro Short-Term Rates mit Aufzinsung oder den Euro Short-Term Rate Index mit Aufzinsung verwendet bzw. auf diese vertraut. Die EZB veröffentlicht auf ihrer Webseite diesbezüglich einen Haftungsausschluss (Disclaimer) seitens der EZB bzw. der NZBen.“ |
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4. |
Artikel 6 Absatz 3 erhält folgende Fassung: „(3) Zusätzlich zur Methodik für den Euro Short-Term Rate legt die EZB Geschäftsprozesse fest und aktualisiert diese, wobei Folgendes geregelt wird:
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5. |
Artikel 7 Absatz 1 erhält folgende Fassung: „(1) Die in den Artikeln 4, 4a und 5 genannten Aufgaben und Verantwortlichkeiten dürfen nicht an Dritte ausgelagert werden.“ |
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6. |
In Artikel 8 wird folgender Absatz 6 angefügt: „(6) Die Berechnung der durchschnittlichen Euro Short-Term Rates mit Aufzinsung und des Euro Short-Term Rate Index mit Aufzinsung erfolgt im Einklang mit den in Artikel 6 Absatz 3 genannten Geschäftsprozessen und unterliegt dem in Artikel 11 vorgesehenen Beschwerdeverfahren.“ |
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7. |
In Artikel 9 Absatz 5 wird folgender Buchstabe k angefügt:
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8. |
In Artikel 11 wird folgender Absatz 7 angefügt: „(7) Ferner können schriftliche Beschwerden gemäß den Absätzen 1 bis 6 in Bezug auf die von der EZB gemäß Artikel 4a vorgenommene Berechnung und Veröffentlichung der durchschnittlichen Euro Short-Term Rates mit Aufzinsung und des Euro Short-Term Rate Index mit Aufzinsung bei der EZB eingereicht werden.“ |
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9. |
Artikel 14 erhält folgende Fassung: „Artikel 14 Anhörung der Interessenträger (1) Vor der Durchführung der nachstehenden Maßnahmen hört die EZB die Interessenträger an, soweit dies möglich bzw. praktikabel ist:
In diesem Fall veröffentlicht die EZB die Einleitung eines Anhörungsverfahrens und führt dieses rechtzeitig vor der vorgeschlagenen Maßnahme durch. (2) Gemäß Artikel 9 Absatz 5 Buchstaben d und k überprüft der Überwachungsausschuss vor Anhörung der Interessenträger die in Absatz 1 genannten vorgeschlagenen Maßnahmen.“ |
Artikel 2
Wirksamwerden und Umsetzung
1. Diese Leitlinie wird am Tag ihrer Bekanntgabe an die nationalen Zentralbanken der Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist (NZBen), wirksam.
2. Die NZBen erfüllen diese Leitlinie spätestens ab dem 15. April 2021.
Artikel 3
Adressaten
Diese Leitlinie ist an alle Zentralbanken des Eurosystems gerichtet.
Geschehen zu Frankfurt am Main am 17. März 2021.
Für den EZB-Rat
Die Präsidentin der EZB
Christine LAGARDE
(1) Verordnung (EU) 2016/1011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über Indizes, die bei Finanzinstrumenten und Finanzkontrakten als Referenzwert oder zur Messung der Wertentwicklung eines Investmentfonds verwendet werden, und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2014/17/EU sowie der Verordnung (EU) Nr. 596/2014 (ABl. L 171 vom 29.6.2016, S. 1).
(2) Leitlinie (EU) 2019/1265 der Europäischen Zentralbank vom 10. Juli 2019 zum Euro Short-Term Rate (EURSTR) (EZB/2019/19) (ABl. L 199 vom 26.7.2019, S. 8).