26.8.2020   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 282/116


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 20. Juli 2020

zum nationalen Reformprogramm Maltas 2020 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Maltas 2020

(2020/C 282/18)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 17. Dezember 2019 nahm die Kommission die Jährliche Strategie für nachhaltiges Wachstum an, mit der das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2020 eingeleitet wurde. Dabei wurde der am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamierten Europäischen Säule sozialer Rechte gebührend Rechnung getragen. Am 17. Dezember 2019 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (2) auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Malta nicht als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission ferner eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an.

(2)

Der Länderbericht Malta 2020 wurde am 26. Februar 2020 veröffentlicht. Darin werden die Fortschritte Maltas bei der weiteren Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 9. Juli 2019 (3) (im Folgenden „länderspezifische Empfehlungen 2019“), bei der weiteren Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet.

(3)

Am 11. März 2020 erklärte die Weltgesundheitsorganisation den COVID-19-Ausbruch offiziell zur weltweiten Pandemie. Diese stellt eine öffentliche Gesundheitskrise mit weitreichenden Folgen für Bürgerinnen und Bürger, Gesellschaften und Volkswirtschaften dar. Sie setzt die nationalen Gesundheitssysteme unter erheblichen Druck, unterbricht globale Lieferketten, verursacht Volatilität an den Finanzmärkten, löst Schocks bei der Verbrauchernachfrage aus und zieht eine Vielzahl von Branchen in Mitleidenschaft. Sie bedroht Arbeitsplätze und Einkommen der Menschen sowie die Geschäftstätigkeit der Unternehmen. Die Folgen des durch sie verursachten schweren wirtschaftlichen Schocks sind in der Union bereits stark spürbar. Am 13. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung angenommen, in der zu einer koordinierten wirtschaftlichen Reaktion auf die Krise unter Einbeziehung aller Akteure auf nationaler und auf Unionsebene aufgerufen wird.

(4)

Mehrere Mitgliedstaaten haben den Notstand ausgerufen oder Notmaßnahmen eingeführt. Alle Notmaßnahmen sollten unbedingt verhältnismäßig, notwendig und zeitlich begrenzt sein und europäischen wie internationalen Standards entsprechen. Sie sollten demokratischer Kontrolle und einer unabhängigen gerichtlichen Überprüfung unterliegen.

(5)

Am 20. März 2020 hat die Kommission eine Mitteilung über die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts angenommen. Die in Artikel 5 Absatz 1, Artikel 6 Absatz 3, Artikel 9 Absatz 1 und Artikel 10 Absatz 3 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 sowie in Artikel 3 Absatz 5 und Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates (4) aufgestellte allgemeine Ausweichklausel erleichtert die Koordinierung der Haushaltspolitik in Zeiten eines schweren Konjunkturabschwungs. In ihrer Mitteilung vom 20. März 2020 vertrat die Kommission die Auffassung, dass die Bedingungen für die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel angesichts des schweren Konjunkturabschwungs, der infolge der COVID-19-Pandemie zu erwarten ist, ihrer Auffassung nach erfüllt seien, und ersuchte den Rat, diese Schlussfolgerung zu billigen. Am 23. März 2020 schlossen sich die Finanzminister der Mitgliedstaaten dieser Einschätzung der Kommission an. Sie kamen überein, dass der schwere Konjunkturabschwung eine entschlossene, ehrgeizige und koordinierte Reaktion erfordert. Die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel ermöglicht eine vorübergehende Abweichung vom Anpassungspfad in Richtung auf das mittelfristige Haushaltsziel, vorausgesetzt, die mittelfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen wird dadurch nicht gefährdet. Für die korrektive Komponente kann der Rat auf Empfehlung der Kommission zudem beschließen, einen überarbeiteten haushaltspolitischen Kurs festzulegen. Die Verfahren des Stabilitäts- und Wachstumspakts werden durch die Aktivierung der allgemeinen Ausweichklausel nicht ausgesetzt. Sie ermöglicht den Mitgliedstaaten, von den normalerweise geltenden Haushaltsverpflichtungen abzuweichen, und versetzt gleichzeitig Kommission und Rat in die Lage, im Rahmen des Pakts die nötigen politischen Koordinierungsmaßnahmen zu treffen.

(6)

Es sind weitere Maßnahmen erforderlich, um die Ausbreitung der COVID-19-Pandemie einzudämmen und zu kontrollieren, die Widerstandsfähigkeit der nationalen Gesundheitssysteme zu stärken, die sozioökonomischen Folgen der Pandemie durch Unterstützung von Unternehmen und Haushalten abzumildern und mit dem Ziel der Wiederaufnahme der Wirtschaftstätigkeit für angemessenen Gesundheitsschutz und angemessene Sicherheit am Arbeitsplatz zu sorgen. Die Union sollte die verschiedenen ihr zur Verfügung stehenden Instrumente in vollem Umfang nutzen, um die Bemühungen der Mitgliedstaaten in diesen Bereichen zu unterstützen. Parallel dazu sollten die Mitgliedstaaten und die Union gemeinsam die Maßnahmen erarbeiten, die für eine Rückkehr zu einem normalen Funktionieren unserer Gesellschaften und Volkswirtschaften und zu nachhaltigem Wachstum nötig sind, wobei unter anderem auch dem ökologischen und dem digitalen Wandel Rechnung getragen und Lehren aus der Krise gezogen werden sollten.

(7)

Die COVID-19-Krise hat deutlich gemacht, wie flexibel der Binnenmarkt auf Ausnahmesituationen reagieren kann. Damit rasch und reibungslos die Erholungsphase eingeleitet und der freie Waren- und Dienstleistungsverkehr sowie die Freizügigkeit der Arbeitnehmer wiederhergestellt werden können, sollten jedoch außergewöhnliche Maßnahmen, die das normale Funktionieren des Binnenmarkts verhindern, aufgehoben werden, sobald sie nicht mehr unerlässlich sind. Die aktuelle Krise hat gezeigt, dass im Gesundheitssektor Krisenvorsorgepläne benötigt werden. Bessere Beschaffungsstrategien, diversifizierte Lieferketten und strategische Reserven an wesentlichen Gütern stellen zentrale Elemente für die Erarbeitung umfassenderer Krisenvorsorgepläne dar.

(8)

Der Unionsgesetzgeber hat bereits die einschlägigen Rahmenvorschriften mittels der Verordnungen (EU) 2020/460 (5) und (EU) 2020/558 (6) des Europäischen Parlaments und des Rates geändert, damit die Mitgliedstaaten alle nicht abgerufenen Mittel aus den europäischen Struktur- und Investitionsfonds dafür einsetzen können, die beispiellosen Folgen der COVID-19-Pandemie einzudämmen. Diese Änderungen werden größere Flexibilität sowie einfachere und straffere Verfahren ermöglichen. Um den Liquiditätsdruck zu verringern, können die Mitgliedstaaten im Geschäftsjahr 2020-2021 bei Mitteln aus dem Unionshaushalt außerdem einen Kofinanzierungssatz von 100 % in Anspruch nehmen. Malta wird darin bestärkt, diese Möglichkeiten voll auszuschöpfen, um die am stärksten betroffenen Personen und Wirtschaftszweige zu unterstützen.

(9)

Malta hat sein nationales Reformprogramm 2020 am 30. April 2020 und sein Stabilitätsprogramm 2020 am 2. Mai 2020 vorgelegt. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(10)

Malta unterliegt derzeit der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts.

(11)

In ihrem Stabilitätsprogramm 2020 geht die Regierung für 2020 von einer Verschlechterung des Gesamtsaldos, d. h. einem Defizit von 7,5 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, während 2019 noch ein Überschuss von 0,5 % des BIP verzeichnet worden war. Das Defizit soll den Projektionen zufolge 2021 auf 3,6 % des BIP zurückgehen. Es wird erwartet, dass die gesamtstaatliche Schuldenquote, die 2019 auf 43,1 % des BIP zurückgegangen war, sich dem Stabilitätsprogramm 2020 zufolge 2020 auf 54,5 % des BIP erhöht. Die Aussichten für die Gesamtwirtschaft und den Haushalt sind wegen der COVID-19-Pandemie mit großer Unsicherheit behaftet.

(12)

In Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat Malta im Rahmen eines koordinierten Unionsansatzes rechtzeitig haushaltspolitische Maßnahmen beschlossen, um die Kapazitäten seines Gesundheitssystems zu erhöhen, die Pandemie einzudämmen und die besonders betroffenen Menschen und Wirtschaftszweige zu unterstützen. Laut Stabilitätsprogramm 2020 belaufen sich diese haushaltspolitischen Maßnahmen auf 4,1 % des BIP. Die Maßnahmen umfassen Lohnzuschläge für notleidende Wirtschaftszweige, den Ausbau der Kapazitäten im Gesundheitswesen und soziale Maßnahmen im Zusammenhang mit COVID-19. Zusätzlich dazu hat Malta Maßnahmen angekündigt, die sich zwar nicht unmittelbar auf den Haushalt auswirken, aber zur Verbesserung der Liquidität von Unternehmen beitragen werden. Im Stabilitätsprogramm 2020 wird davon ausgegangen, dass die Banken durch staatliche Garantien in die Lage versetzt werden, den Umfang der neuen Unternehmenskredite um bis zu 6,1 % des BIP zu erhöhen. Zu diesen Maßnahmen gehören auch Darlehensgarantien. Im Stabilitätsprogramm 2020 werden auch bereits angekündigte Maßnahmen wie die Stundung der Zahlung von Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Mehrwertsteuer und Sozialbeiträgen bestätigt. Insgesamt stehen die von Malta ergriffenen Maßnahmen mit den Leitlinien der Kommissionsmitteilung vom 13. März 2020 in Einklang. Werden die Notmaßnahmen und unterstützenden finanzpolitischen Maßnahmen vollständig umgesetzt und die Haushaltspolitik danach, sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, erneut auf die mittelfristige Erreichung einer vorsichtigen Haushaltslage ausgerichtet, so wird das mittelfristig zur Erhaltung tragfähiger öffentlicher Finanzen beitragen.

(13)

Nach der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission wird sich voraussichtlich der gesamtstaatliche Haushaltssaldo Maltas unter der Annahme einer unveränderten Politik 2020 auf -6,7 % des BIP und 2021 auf -2,5 % des BIP belaufen. Die gesamtstaatliche Schuldenquote wird den Projektionen zufolge in den Jahren 2020 und 2021 weiterhin unter 60 % des BIP liegen.

(14)

Angesichts der von Malta für 2020 geplanten Überschreitung der Defizitobergrenze von 3 % des BIP hat die Kommission am 20. Mai 2020 einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags veröffentlicht. Die Analyse der Kommission legt insgesamt nahe, dass das im Vertrag und in der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 festgelegte Defizitkriterium nicht erfüllt wurde.

(15)

In Reaktion auf die COVID-19-Pandemie hat Malta im Rahmen einer wirksamen Gesundheitskommunikationskampagne Eindämmungsmaßnahmen getroffen, die Maßnahmen zur räumlichen Trennung, Quarantäne- und Überwachungsmaßnahmen sowie umfangreiche Tests und die Ermittlung von Kontaktpersonen umfassen. Außerdem haben die maltesischen Behörden Anstrengungen unternommen, um die Kapazitäten der Krankenhäuser zu erhöhen, einschließlich derjenigen Krankenhäuser, deren Tätigkeitsschwerpunkt auf Intensivstationen liegt. Der Ankauf von persönlicher Schutzausrüstung erfolgt zentral auf nationaler Ebene. Malta hat sich auch dem gemeinsamen Beschaffungsverfahren der Union für persönliche Schutzausrüstung, Laborreagenzien und Tests sowie Beatmungsgeräte angeschlossen. Was Arzneimittel und Wirkstoffe betrifft, so beobachtet Malta aktiv die Lage, um etwaige Engpässe möglichst schon vorab zu ermitteln und unverzüglich Abhilfemaßnahmen zu ergreifen, insbesondere im Falle von Grenzschließungen durch Länder, aus denen die Arzneimittel oder Wirkstoffe üblicherweise geliefert werden. Am 12. Mai 2020 genehmigte die Kommission eine mit 11,5 Mio. EUR ausgestattete Regelung zur Förderung von Investitionen in die Herstellung von COVID-19-relevanten Produkten, darunter Arzneimittel einschließlich Impfstoffen, Krankenhaus- und medizinische Geräte einschließlich Beatmungsgeräten sowie Schutzkleidung und -ausrüstung. Außerdem wurde medizinisches Personal wirksam umgeschichtet und umgeschult. Experten auf dem Gebiet der öffentlichen Gesundheit, die verschiedene Ämter bei Regulierungsstellen und Ministerien bekleideten, wurden in neue Positionen versetzt, in denen sie an der Bekämpfung der Pandemie mitwirken können.

(16)

Die maltesische Regierung unterstützt Unternehmen durch Finanzhilfen für Telearbeit und Zuschüsse für in Quarantäne befindliche Arbeitnehmer. Außerdem hat sie Unternehmen, einschließlich Selbstständiger, Garantien und Steuerstundungen gewährt. Vollzeitbeschäftigte von Unternehmen, die in von der COVID-19-Pandemie außerordentlich stark betroffenen Bereichen wie Einzelhandel, Großhandel, Tourismus oder Gastgewerbe oder in Branchen tätig sind, die auf Anweisung der Aufsichtsbehörde für die öffentliche Gesundheit vorübergehend stillgelegt wurden, haben Anspruch auf Lohn für bis zu fünf Tage pro Woche, wobei ein Monatsverdienst von 800 EUR zugrunde gelegt wird. Arbeitnehmer in weniger stark betroffenen Sektoren haben, ebenfalls basierend auf einem monatlichen Einkommen von 800 EUR, Anspruch auf Lohn für ein bis zwei Tage pro Woche. Zudem hat die Regierung angekündigt, dass Menschen mit Behinderungen, Familien mit Kindern, bei denen beide Elternteile in einem Arbeitsverhältnis stehen, aber nicht von zu Hause aus arbeiten können, Arbeitnehmer, die aufgrund der derzeitigen Krise ihren Arbeitsplatz verloren haben, sowie in Mietwohnungen lebende Arbeitslose Unterstützung erhalten sollen. Und schließlich wird die Regierung bis zu 2,5 Prozentpunkte des Zinssatzes, den von der COVID-19-Pandemie betroffene Unternehmen auf Bankdarlehen entrichten müssen, finanzieren.

(17)

Das Gesundheitssystem von Malta liefert im Allgemeinen gute Gesundheitsergebnisse. Durch die COVID-19-Pandemie ist das öffentliche Gesundheitssystem des Landes jedoch unter beispiellosen Druck geraten. Maßnahmen zum Ausbau der Kapazitäten des Gesundheitssystems im Hinblick auf eine wirksame Bewältigung von Pandemien wie der gegenwärtigen COVID-19-Krise würden die Widerstandsfähigkeit des Gesundheitssystems erhöhen. Ferner sollten folgende Aspekte berücksichtigt und angegangen werden: a) die zunehmende Abhängigkeit von Migranten, die als Krankenschwestern bzw. Krankenpfleger in der Akut- und Langzeitpflege tätig sind, sowie von einem alternden Bestand an privaten Allgemeinmedizinern; b) Schwierigkeiten bei der Bereitstellung neuer und innovativer Arzneimittel; c) die hohen Selbstzahlungen für die primäre und ambulante Gesundheitsversorgung sowie für einige Arzneimittel und d) die Wartelisten für spezielle ambulante Behandlungen, die seit jeher lang und in jüngster Zeit noch länger geworden sind. Auch die Neuausrichtung der Gesundheitsversorgung durch Verlagerung des Schwerpunkts von den Krankenhäusern auf die Grundversorgung zählt nach wie vor zu den wichtigsten Prioritäten.

(18)

Der Frühjahrsprognose 2020 der Kommission zufolge wird die Arbeitslosigkeit im Jahr 2020 auf 5,9 % ansteigen und im Jahr 2021 auf 4,4 % zurückgehen. Um die schwerwiegenden Auswirkungen der Krise auf die Beschäftigung abzumildern, hat Malta in Abstimmung mit den Sozialpartnern Sofortmaßnahmen ergriffen, durch die Entlassungen mithilfe von Kurzarbeit vermieden werden sollen. Durch die Einführung längerfristiger Kurzarbeitsregelungen könnten auch Arbeitsplätze während der Übergangsphase zur wirtschaftlichen Erholung geschützt werden. Außerdem müssen eine angemessene Unterstützung und Sozialschutz für alle Arbeitnehmer, einschließlich Selbstständiger, sichergestellt und etwaige längere Arbeitslosigkeit berücksichtigt werden. Zudem muss gewährleistet sein, dass ausländische Arbeitnehmer bei der Suche nach einem anderen Arbeitsplatz angemessene Unterstützung durch das maltesische Sozialschutzsystem erhalten, sie ihre Arbeitserlaubnis soweit möglich behalten und Zugang zu anderen sozialen Diensten haben. Der Anteil der gering qualifizierten Erwachsenen ist vergleichsweise hoch, was durch die hohe Schulabbrecherquote noch verschärft wird. Durch die derzeitige Krise kann sich der Fachkräftemangel in einigen Wirtschaftszweigen verschärfen und der Fachkräftebedarf in anderen Branchen ändern. Vor diesem Hintergrund wird die Erfassung von Kompetenzen und die Umschulung von Arbeitnehmern, insbesondere zur Erlangung digitaler und „grüner“ Kompetenzen, noch wichtiger. Obwohl Malta in jüngster Zeit im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung Fortschritte erzielt hat, bestehen nach wie vor erhebliche Herausforderungen, beispielsweise im Zusammenhang mit dem hohen Anteil von Schülern mit unzureichenden Grundkompetenzen.

(19)

Angesichts der COVID-19-Krise stellt die rasche Bereitstellung von Liquiditätshilfen für Unternehmen eine vordringliche Priorität für Malta dar. Die Gewährleistung eines ungehinderten Zugangs zu Darlehen und Finanzmitteln ist von wesentlicher Bedeutung, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen in den am stärksten betroffenen Wirtschaftszweigen. Dem Bankensystem kommt eine wichtige Rolle im Hinblick auf die wirksame Umsetzung von Liquiditätsmaßnahmen zu; die Banken müssen Darlehen bereitstellen und öffentliche Garantien weiterreichen und damit von der zurückhaltenden Kreditvergabe aus der Zeit vor der Krise Abstand nehmen. Bei der Gestaltung und Umsetzung dieser Maßnahmen muss der Belastbarkeit des Bankensektors Rechnung getragen werden.

(20)

Um die wirtschaftliche Erholung zu begünstigen, wird es wichtig sein, durchführungsreife öffentliche Investitionsprojekte vorzuziehen und private Investitionen, auch durch entsprechende Reformen, zu fördern. Investitionen zur Förderung des Aufschwungs können dazu beitragen, die maltesische Wirtschaft auf einen nachhaltigeren Kurs zu bringen. Der Übergang Maltas zu einer klimaneutralen Wirtschaft wird über längere Zeit beachtliche private und öffentliche Investitionen erfordern. Die im nationalen Energie- und Klimaplan beschriebenen Investitionen zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen sowie Investitionen zur Verringerung anderer negativer externer Auswirkungen auf die Umwelt‚ insbesondere in Bereichen wie dem Baugewerbe und dem Verkehrssektor, können gleichzeitig zur wirtschaftlichen Erholung und zu Nachhaltigkeit beitragen. Durch die Förderung der Renovierung bestehender Gebäude und gezielte Schulungsmaßnahmen wird sich die Energieeffizienz der Gebäude verbessern. Weitere Investitionen in nachhaltigen Verkehr können tragfähige Alternativen zur Nutzung privater Pkw hervorbringen. Die Programmplanung des Fonds für einen gerechten Übergang, der Gegenstand eines Kommissionsvorschlags ist, für den Zeitraum 2021-2027 könnte Malta dabei helfen, einige der mit dem Übergang zu einer klimaneutralen Wirtschaft verbundenen Herausforderungen anzugehen, wie in Anhang D des Länderberichts 2020 dargelegt. Das würde es Malta gestatten, diesen Fonds optimal zu nutzen.

(21)

Durch eine Erhöhung des Stellenwerts von Forschung und Innovation und deren bessere Einbindung in das Unternehmensumfeld kann die Nachhaltigkeit des wissensbasierten Wirtschaftsmodells Maltas gefördert werden. Malta hat elektronische Behördendienste für Bürgerinnen und Bürger und Unternehmen entwickelt, darunter eine Reihe mobiler Apps. Sie werden jedoch nach wie vor kaum genutzt. Um den digitalen Wandel der Wirtschaft zu unterstützen, muss die Nutzung digitaler öffentlicher Dienste durch Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen gefördert werden.

(22)

Maltas Ausrichtung auf internationale Dienstleistungen sowie die Spezialisierung auf Fernglücksspiele, virtuelle Vermögenswerte und seine Staatsbürgerschafts- und Wohnsitzregelungen tragen zwar zum Wirtschaftswachstum bei, bringen aber auch Geldwäscherisiken mit sich, die gemindert werden müssen. Um diesen Risiken vorzubeugen und zu begegnen, wurden Maßnahmen zur Stärkung der Rolle der Behörde zur Geldwäschebekämpfung getroffen. Außerdem wurde die Zusammenarbeit mit anderen zuständigen Behörden verbessert. Die Praxis der maltesischen Finanzaufsichtsbehörde, eine private Beratungsfirma mit Aufsichtsaufgaben zu betrauen („Insourcing“), gibt jedoch Anlass zur Sorge. Unzulänglichkeiten bei der Aufdeckung und Verfolgung von Geldwäsche stellen nach wie vor eine Herausforderung dar. Durch eine Verbesserung der nationalen Aufsicht über in Malta zugelassene Finanzunternehmen mit internationaler Ausrichtung könnte der allgemeine Governance-Rahmen gestärkt werden. Im Versicherungssektor ist die Zusammenarbeit zwischen inländischen und externen Aufsichtsbehörden von wesentlicher Bedeutung. Auch bei der Beaufsichtigung der Zweigstellen von Banken aus Drittstaaten sowie hinsichtlich des risikobasierten Ansatzes und der Bewertung der Angemessenheit des Risikomanagements von Bankinstituten gibt es Spielraum für Verbesserungen.

(23)

Die Bekämpfung aggressiver Steuerplanung ist nach wie vor von entscheidender Bedeutung, um die Effizienz und Fairness der Steuersysteme zu verbessern. Da aggressive Steuerplanungsstrategien sich auch auf andere Mitgliedstaaten auswirken können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf nationaler Ebene erforderlich. Zur Bekämpfung aggressiver Steuerplanungspraktiken hat Malta zwar zuvor vereinbarte internationale und europäische Initiativen umgesetzt, aber die Behandlung von in Malta ansässigen Unternehmen, die nur auf im Inland erzielte Gewinne Steuern entrichten müssen, sowie die Staatsbürgerschafts- und Wohnsitzregelungen für Investoren, die noch nicht einmal vorsehen, dass eine Person ihren Steuerwohnsitz in Malta haben muss, bergen sowohl bei Unternehmen als auch bei Einzelpersonen das Risiko einer doppelten Nichtbesteuerung.

(24)

Auch die Stärkung der institutionellen Kapazitäten zur Korruptionsbekämpfung ist in Malta mit Herausforderungen verbunden. Malta hat Reformen zur Verbesserung der Ermittlung und Verfolgung von Korruption angekündigt und konsultiert die einschlägigen Interessenträger, insbesondere die Venedig-Kommission, zur Reform des Justizwesens. Es müssen konkrete Maßnahmen ergriffen werden, um all diese Reformen zum Abschluss zu bringen und in die Praxis umzusetzen.

(25)

Während die länderspezifischen Empfehlungen dieser Empfehlung („länderspezifische Empfehlungen 2020“) in erster Linie auf die Bewältigung der sozioökonomischen Folgen der Pandemie und die Förderung der wirtschaftlichen Erholung abzielen, ging es bei den länderspezifischen Empfehlungen 2019 auch um Reformen, die für die Bewältigung mittel- bis langfristiger struktureller Herausforderungen von wesentlicher Bedeutung sind. Die länderspezifischen Empfehlungen 2019 sind nach wie vor relevant, weswegen ihre Einhaltung während des gesamten Europäischen Semesters im nächsten Jahr weiter verfolgt werden wird. Dies umfasst auch die länderspezifischen Empfehlungen 2019 zu investitionsbezogenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen. Alle länderspezifischen Empfehlungen 2019 sollten bei der strategischen Planung kohäsionspolitischer Mittel nach 2020 berücksichtigt werden, also auch bei Maßnahmen zur Abfederung der derzeitigen Krise und bei diesbezüglichen Exit-Strategien.

(26)

Das Europäische Semester bildet den Rahmen für eine kontinuierliche wirtschafts- und beschäftigungspolitische Koordinierung innerhalb der Union, die zu einer nachhaltigen Wirtschaft beitragen kann. Die Mitgliedstaaten haben in ihren nationalen Reformprogrammen 2020 eine Bilanz der Fortschritte bei der Umsetzung der Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung gezogen. Indem Malta die nachstehenden länderspezifischen Empfehlungen 2020 vollständig umsetzt, wird es zu Fortschritten bei der Verwirklichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung und zu den gemeinsamen Anstrengungen zur Sicherstellung wettbewerbsfähiger Nachhaltigkeit in der Union beitragen.

(27)

Eine enge Koordinierung zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion ist für eine rasche Erholung von den wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie von entscheidender Bedeutung. Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, sollte Malta auch unter Berücksichtigung der politischen Leitlinien der Euro-Gruppe sicherstellen, dass seine Politik weiterhin mit den Empfehlungen für das Euro-Währungsgebiet für 2020 in Einklang steht und weiterhin mit der Politik der anderen Mitgliedstaaten, deren Währung der Euro ist, abgestimmt wird.

(28)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2020 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Maltas umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2020 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2020 und das nationale Reformprogramm 2020 sowie die Maßnahmen zur weiteren Umsetzung der in den Vorjahren an Malta gerichteten länderspezifischen Empfehlungen bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Malta berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien bewertet.

(29)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2020 geprüft; seine Stellungnahme (7) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider —

EMPFIEHLT, dass Malta 2020 und 2021

1.

im Einklang mit der allgemeinen Ausweichklausel des Stabilitäts- und Wachstumspakts alle erforderlichen Maßnahmen ergreift, um die COVID-19-Pandemie wirksam zu bekämpfen, die Wirtschaft zu stützen und die darauffolgende Erholung zu fördern; sobald die wirtschaftlichen Bedingungen es zulassen, eine Haushaltspolitik verfolgt, die darauf abzielt, mittelfristig eine vorsichtige Haushaltslage zu erreichen und die Schuldentragfähigkeit zu gewährleisten, und gleichzeitig die Investitionen erhöht; die Widerstandsfähigkeit des Gesundheitssystem in Bezug auf Fachkräfte im Gesundheitswesen sowie kritische medizinische Ausrüstungen und primäre Gesundheitsversorgung stärkt;

2.

Kurzarbeitsregelungen konsolidiert und einen angemessenen Arbeitslosenschutz für alle Arbeitnehmer gewährleistet; Qualität und Inklusivität des Bildungswesens fördert sowie das Kompetenz- und Qualifikationsniveau steigert;

3.

eine wirksame Umsetzung von Liquiditätshilfen für betroffene Unternehmen, einschließlich Selbstständiger, gewährleistet; durchführungsreife öffentliche Investitionsprojekte vorzieht und private Investitionen unterstützt, um die wirtschaftliche Erholung zu fördern; schwerpunktmäßig in den ökologischen und digitalen Wandel investiert, insbesondere in saubere und effiziente Energieerzeugung und -nutzung, nachhaltigen Verkehr, Abfallbewirtschaftung sowie Forschung und Innovation;

4.

die Reformen zur Beseitigung der Mängel bei den institutionellen Kapazitäten und der Governance abschließt, um die Unabhängigkeit der Justiz zu stärken; die Anstrengungen zur angemessenen Bewertung und Verringerung der Geldwäscherisiken und zur wirksamen Durchsetzung des Rahmens zur Geldwäschebekämpfung fortsetzt; die Merkmale des Steuersystems, die eine aggressive Steuerplanung durch Einzelpersonen und multinationale Unternehmen begünstigen, entschlossener angeht.

Geschehen zu Brüssel am 20. Juli 2020.

Im Namen des Rates

Die Präsidentin

J. KLOECKNER


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25).

(3)  ABl. C 301 vom 5.9.2019, S. 107.

(4)  Verordnung (EG) Nr. 1467/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit (ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 6).

(5)  Verordnung (EU) 2020/460 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. März 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013, (EU) Nr. 1303/2013 und (EU) Nr. 508/2014 im Hinblick auf besondere Maßnahmen zur Mobilisierung von Investitionen in die Gesundheitssysteme der Mitgliedstaaten und in andere Sektoren von deren Volkswirtschaften zur Bewältigung des COVID-19-Ausbruchs (Investitionsinitiative zur Bewältigung der Coronavirus-Krise) (ABl. L 99 vom 31.3.2020, S. 5).

(6)  Verordnung (EU) 2020/558 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1301/2013 und (EU) Nr. 1303/2013 im Hinblick auf spezifische Maßnahmen zur Einführung einer außerordentlichen Flexibilität beim Einsatz der europäischen Struktur- und Investitionsfonds als Reaktion auf den COVID-19-Ausbruch (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 1).

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.