5.9.2019   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 301/80


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 9. Juli 2019

zum nationalen Reformprogramm Zyperns 2019 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Zyperns 2019

(2019/C 301/13)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 21. November 2018 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für die wirtschaftspolitische Koordinierung 2019 eingeleitet wurde. Dabei wurde der europäischen Säule sozialer Rechte, die am 17. November 2017 vom Europäischen Parlament, vom Rat und von der Kommission proklamiert wurde, gebührend Rechnung getragen. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 21. November 2018 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 auch den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Zypern als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 21. März 2019 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 9. April 2019 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (3) (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019“) an, die die fünf Euro-Währungsgebiet-Empfehlungen enthält.

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Zypern die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019, die in den unten genannten Empfehlungen 1 bis 5 ihren Niederschlag findet, sicherstellen. Maßnahmen zur Verringerung des Verwaltungsaufwands werden insbesondere dazu beitragen, der ersten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet nachzukommen, was bessere Rahmenbedingungen für Unternehmen und Produktivitätssteigerungen zum Abbau von Ungleichgewichten im Euro-Währungsgebiet angeht; die Ausrichtung der investitionsbezogenen Wirtschaftspolitik auf die spezifizierten Bereiche wird dazu beitragen, der zweiten Euro-Währungsgebiet-Empfehlung in Bezug auf die Investitionsförderung nachzukommen; steuerliche Maßnahmen sowie Maßnahmen zur Verbesserung der Qualifikationen werden dazu beitragen, der dritten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet nachzukommen, die sich auf die Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung und die Funktionsfähigkeit des Arbeitsmarkts bezieht und Maßnahmen zur Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Vermögensverwaltungsgesellschaft werden dazu beitragen, der vierten Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet nachzukommen, die sich auf den Abbau notleidender Kredite bezieht.

(3)

Der Länderbericht Zypern 2019 wurde am 27. Februar 2019 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Zyperns bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 13. Juli 2018 (4), bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen der Strategie Europa 2020 bewertet. Im Länderbericht wurde außerdem eine eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 vorgenommen, deren Ergebnisse ebenfalls am 27. Februar 2019 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Zypern übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Besonders wichtig ist es, dass der Mitgliedstaat das Problem der hohen öffentlichen, privaten und ausländischen Schulden sowie der notleidenden Kredite angeht.

(4)

Am 15. April 2019 übermittelte Zypern sein nationales Reformprogramm 2019 und am 30. April 2019 sein Stabilitätsprogramm 2019. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der europäischen Struktur- und Investitionsfonds („ESI-Fonds“) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Nach Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (5) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies zur Förderung der Umsetzung der einschlägigen Ratsempfehlungen notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Verknüpfung der Wirksamkeit der ESI-Fonds mit der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Zypern befindet sich derzeit in der präventiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. Laut seinem Stabilitätsprogramm für 2019 wird der gesamtstaatliche Saldo, der im Jahr 2018 ein Defizit von 4,8 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufwies und somit den im Vertrag festgelegten Referenzwert von 3 % des BIP überschritt, im Jahr 2019 voraussichtlich einen Überschuss von nominal 3,0 % des BIP und von über 2,0 % des BIP für den Programmzeitraum aufweisen. Ausgehend vom neu berechneten strukturellen Saldo (6) soll das mittelfristige Haushaltsziel, d. h. ein strukturell ausgeglichener Haushalt, im Zeitraum 2019-2022 erreicht werden. Nachdem sie im Jahr 2018 auf rund 102,5 % des BIP gestiegen war, wird die gesamtstaatliche Schuldenquote dem Stabilitätsprogramm für 2019 zufolge im Jahr 2019 voraussichtlich auf 95,7 % und danach bis 2022 kontinuierlich auf 77,5 % sinken. Das diesen Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist plausibel. Die im Stabilitätsprogramm dargestellten makroökonomischen und finanzpolitischen Annahmen sind mit Abwärtsrisiken, die hauptsächlich mit externen Entwicklungen sowie mit etwaigen fiskalischen Auswirkungen von Gerichtsentscheidungen über in der Vergangenheit umgesetzte Steuerreformen und dem Finanzbedarf der öffentlichen Krankenhäuser in den ersten Jahren des nationalen Gesundheitssystems zusammenhängen. Auf der Grundlage der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission dürfte der gesamtstaatliche Haushaltssaldo im Jahr 2019 bei einem Überschuss von 3,0 % des BIP und im Jahr 2020 bei einem Überschuss von 2,8 % des BIP liegen. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2019 der Kommission dürfte der strukturelle Saldo bei 1,1 % des BIP im Jahr 2019 und bei 0,7 % des BIP im Jahr 2020 liegen, womit das mittelfristige Haushaltsziel erneut übertroffen würde. Zypern wird die Schuldenregel in den Jahren 2019 und 2020 voraussichtlich einhalten. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass Zypern die Bestimmungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts in den Jahren 2019 und 2020 einhalten dürfte.

(7)

Am 5. Juni 2019 veröffentlichte die Kommission einen Bericht nach Artikel 126 Absatz 3 des Vertrags, da nach den übermittelten Daten das Gesamtdefizit im Jahr 2018 oberhalb des im Vertrag festgelegten Referenzwerts von 3 % des BIP lag. In ihrem Bericht kam die Kommission zu dem Schluss, dass keine weiteren Schritte im Hinblick auf einen Beschluss über das Bestehen eines übermäßigen Defizits unternommen werden sollten. Trotz gewisser Fortschritte bei der Bereitstellung elektronischer Behördendienste ist die öffentliche und kommunale Verwaltung nach wie vor nicht ausreichend effizient. Dies wirkt sich negativ auf das Geschäftsumfeld aus. Wichtige Legislativvorschläge, mit denen dieses Problem behoben werden soll, sind noch nicht verabschiedet. Sie umfassen Gesetzesentwürfe für eine Reform der zentralstaatlichen und kommunalen Verwaltungen. Die Mängel des Steuerungsrahmens für staatseigene Einrichtungen könnten dazu führen, dass dem Staat Eventualverbindlichkeiten entstehen, die seine Investitionskapazität bei wichtigen Versorgungsleistungen wie Telekommunikationsdienstleistungen und Energieversorgung einschränken. Da sich die restriktive Gehälterpolitik im öffentlichen Sektor als ein wesentliches Element der Haushaltskonsolidierung in Zypern erwiesen hat, ist ihre Fortsetzung gerechtfertigt.

(8)

Die Bekämpfung der aggressiven Steuerplanung ist eine wesentliche Voraussetzung für effizientere und gerechtere Steuersysteme, wie in der Euro-Währungsgebiet-Empfehlung 2019 eingeräumt wird. Da aggressive Steuerplanungsstrategien der Steuerzahler sich auch auf andere Mitgliedstaaten auswirken können, ist ergänzend zu den Rechtsvorschriften der Union auch ein koordiniertes Vorgehen auf nationaler Ebene erforderlich. Zypern hat Maßnahmen gegen aggressive Steuerplanung ergriffen, doch der große Umfang der über Zypern geleisteten Dividenden- und Zinszahlungen (als Anteil des BIP) zeigt, dass die Steuervorschriften des Landes von Unternehmen genutzt werden können, die eine aggressive Steuerplanung betreiben. Da auf ins Ausland fließende (also von in der Union Ansässigen an in Drittstaaten Ansässige geleistete) Dividenden-, Zins- und in vielen Fällen auch Lizenzgebührzahlungen von in Zypern ansässigen Unternehmen keine Quellensteuern erhoben werden, fallen diese Zahlungen möglicherweise vollständig durch das Steuerraster, sofern sie auch im Empfängerland nicht besteuert werden. In Verbindung mit den Vorschriften zum Unternehmenssitz in Bezug auf die Körperschaftsteuer leistet das Fehlen dieser Steuern einer aggressiven Steuerplanung möglicherweise Vorschub. Das System des Steuerabzugs fiktiver Zinsen muss genau beobachtet werden, damit es nicht zum Zweck der aggressiven Steuerplanung missbraucht werden kann. Zudem ermöglichen das System der ausnahmsweisen Einbürgerung von Investoren in Zypern sowie das System der Gewährung eines Wohnsitzes für Investoren, dass auf Erträge aus ausländischen Vermögen nur sehr geringe Einkommensteuern erhoben werden; ferner sind die betreffenden Personen nicht verpflichtet, sich über einen längeren Zeitraum im Hoheitsgebiet des Landes aufzuhalten, das dieses System anbietet. Von der OECD werden diese Systeme in der Liste derjenigen geführt, bei denen die Gefahr des Missbrauchs zwecks Umgehung des automatischen Informationsaustauschs über Finanzkonten besonders hoch ist.

(9)

Im Rahmen einer umfassenden Strategie im Bereich der notleidenden Kredite wurden bedeutende Maßnahmen umgesetzt. Dies führte zu einer deutlichen Verringerung der notleidenden Kredite im Banksektor, was hauptsächlich durch den Verkauf und die Abwicklung der Cyprus Cooperative Bank und die Übertragung ihrer notleidenden Kredite auf eine staatliche Vermögensverwaltungsgesellschaft erreicht wurde. Darüber hinaus wurde das Gesetz über den Verkauf von Krediten verbessert und das Gesetz über die Verbriefung von Kreditforderungen erlassen. Wenn die staatliche Vermögensverwaltungsgesellschaft möglichst hohe Einnahmen aus dem Verkauf von Vermögenswerten erzielen und letztlich zur Verringerung privater Schulden beitragen soll, so muss sie über eine effektive Governancestruktur, ein hochspezialisiertes Management, operative Unabhängigkeit vom Staat und gut definierte Ziele verfügen, die den Verpflichtungen entsprechen, welche die Regierung im Rahmen des Beihilfebeschlusses der Europäischen Kommission zur Genehmigung des Verkaufs der Cyprus Cooperative Bank eingegangen ist. Ferner ist es wichtig, einen angemessenen Überwachungsrahmen für Unternehmen vorzusehen, die Kredite aufkaufen, da deren Zahl — darunter auch die staatliche Vermögensverwaltungsgesellschaft — zugenommen hat und in Zukunft weitere Verkäufe von Beständen notleidender Kredite geplant sind. Die Supervisoren von Versicherungs- und Pensionsfondsaufseher verfügen nach wie vor nur über geringe Governance- und Verwaltungskapazitäten. Die Integration dieser Supervisoren sollte zügig zum Abschluss gebracht werden. Ganz allgemein muss der Überwachungsrahmen für die Kapitalmärkte ausgebaut werden, da die grenzüberschreitenden Tätigkeiten derjenigen Finanzdienstleistungsunternehmen, die keine Banken sind, relativ umfangreich sind und die Zahl der konzessionierten Unternehmen in den letzten Jahren exponentiell gestiegen ist.

(10)

Die Zahl der Beschäftigten steigt, die Zahl der Arbeitslosen sinkt und die kurzfristige Kapazität der öffentlichen Arbeitsverwaltung zur Beschäftigungsförderung wurde verbessert. Es stellt sich jedoch nach wie vor das Problem der langfristigen Tragfähigkeit der Kapazität der öffentlichen Arbeitsverwaltung, da zusätzliches Personal nur für zwei Jahre eingestellt wurde. Im Jahr 2018 gehörte der Anteil junger Menschen, die sich weder in Ausbildung noch in Beschäftigung befinden, zu den höchsten in der Union. Die geringe Effizienz der öffentlichen Arbeitsverwaltung sowie deren geringes Angebot und geringe Einbindung in Aktivierungsmaßnahmen, die Arbeitsuchenden helfen könnten, stellen nach wie vor eine Herausforderung dar. Deshalb könnten Outreach-Maßnahmen und Aktivierungshilfen für den Zugang zur Beschäftigung, insbesondere für junge Menschen und Langzeitarbeitslose, noch ausgebaut werden. Dazu zählen auch die Förderung der Selbstständigkeit und der Sozialwirtschaft sowie die Modernisierung der Arbeitsmarkteinrichtungen und -dienste, die den Menschen beim Erwerb derjenigen Qualifikationen helfen, die sie brauchen, um sich besser an den Erfordernissen des Arbeitsmarktes auszurichten.

(11)

Zu den Hauptgründen, die Unternehmensinvestitionen entgegenstehen, gehören der Fachkräftemangel und das Missverhältnis zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage; diese machen deutlich, dass es notwendig ist, mehr in die Ausbildung ungenutzter oder nicht ausreichend genutzter Arbeitskräfte zu investieren, die Bildungsgänge besser am Bedarf des Arbeitsmarkts auszurichten und in die entsprechende Berufsbildungsinfrastruktur zu investieren. In Bezug auf die Umsetzung wichtiger Reformen im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung (z. B. Verbesserung der Einstellung und Evaluierung von Lehrern) ergibt sich ein uneinheitliches Bild. Die Bildungsabschlüsse bleiben ebenso auf niedrigem Niveau wie die Teilnahme an frühkindlicher Betreuung, Bildung und Erziehung; die Haushalte können die entsprechenden Kosten immer schwerer aufbringen, da die Haushaltseinkommen während der Krise schneller gesunken sind als die Kinderbetreuungskosten. Fortgesetzte Anstrengungen zur Modernisierung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung auf allen Ebenen werden zur Verbesserung der Bildungsergebnisse beitragen und das Potenzial für ein nachhaltiges Wachstum in Zypern erhöhen. Die Überarbeitung der Ausbildungspläne stellt einen vielversprechenden Schritt dar, der zum Abbau des Missverhältnisses zwischen Qualifikationsangebot und -nachfrage beitragen dürfte. Ein erhebliches Missverhältnis bei Hochschulabsolventen und eine geringe Beteiligung — insbesondere von Niedrigqualifizierten — an der Erwachsenenbildung deuten darauf hin, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Weiterbildung und Umschulung ergriffen werden müssen.

(12)

Durch den Erlass von Rechtsvorschriften zur Einführung des neuen nationalen Gesundheitssystems hat Zypern in der Gesundheitsversorgung Fortschritte erzielt. Das neue System zielt ab auf einen verbesserten Zugang, die Einführung einer allgemeinen Grundversorgung, die Senkung der hohen von den Patienten verlangten Eigenleistungen und die Steigerung der Effizienz der öffentlichen Gesundheitsversorgung. Es soll im Jahr 2020 voll funktionsfähig sein. Zuvor gilt es aber größere Herausforderungen in Bezug auf die Umsetzung und den Investitionsbedarf zu meistern. Der Erhaltung der langfristigen Tragfähigkeit des Systems, auch durch Sicherung der finanziellen und operationellen Autonomie der öffentlichen Krankenhäuser, kommt entscheidende Bedeutung zu. Maßnahmen zur Modernisierung und Verbesserung der Effizienz der Gesundheitsdienstleister, einschließlich der medizinischen Grundversorgung, die Einführung elektronischer Gesundheitsdienste und die Einrichtung einer nationalen Arzneimittelagentur würden das Gesundheitssystem weiter stärken. Die Langzeitpflegeleistungen sind schwach und müssen angesichts der alternden Bevölkerung ausgebaut werden.

(13)

Zyperns schwache Leistungen im Umweltbereich stellen ein großes Problem dar; das Land bleibt durch den Klimawandel gefährdet. Zypern muss sein Abfallbewirtschaftungssystem und die Kreislaufwirtschaft erheblich verbessern. Das Abfallaufkommen liegt erheblich über dem Unionsdurchschnitt und ist seit 2014 gestiegen. In den existierenden Abfallentsorgungsanlagen wird nicht viel recycelt; da wirtschaftliche Instrumente wie Deponiegebühren fehlen, bleibt das Recycling zudem wirtschaftlich unattraktiv. Die Wasserwirtschaft ist besonders in städtischen Gegenden durch Ineffizienz gekennzeichnet. Das Hauptproblem Zyperns ist der Wassermangel in Kombination mit der übermäßigen Entnahme von Grundwasser. In den Städten werden nach wie vor große Abwassermengen weder gesammelt noch behandelt — nur die Hälfte des gesamten Abwassers wird einer Sekundärbehandlung unterzogen. Dürren und Wassermangel stellen große Probleme dar und die unzureichende politische Reaktion könnte die Agrarwirtschaft und den Tourismus Zyperns in Mitleidenschaft ziehen. Deshalb sind eine nachhaltige Bewirtschaftung und eine effiziente Nutzung der natürlichen Ressourcen sowie eine strengere Durchsetzung des Umwelt- und Klimarechts für Zypern unerlässlich, damit die negativen Auswirkungen des Klimawandels abgefedert, die natürliche Umwelt erhalten bzw. wiederhergestellt und langfristig für ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum gesorgt werden kann.

(14)

Zypern könnte seine erneuerbaren Energiequellen — insbesondere die Sonnenenergie — viel besser nutzen und damit die derzeitigen Energieineffizienzen verringern. Der Anteil der erneuerbaren Energien in Zypern belief sich im Jahr 2017 auf 9,72 %; für 2020 wird ein Anteil von 13 % angestrebt. Wohn- und Gewerbegebäude sind insbesondere in den Städten überhaupt nicht oder kaum gedämmt, was erheblich zur Energieineffizienz beiträgt. Die Rahmenbedingungen für Investitionen in den Sektor der erneuerbaren Energien haben sich verbessert und mehrere Maßnahmen wurden ergriffen, darunter die Installation von Photovoltaik-Anlagen sowie Förderregelungen für kleine und mittlere Unternehmen und Haushalte. Dennoch hat Zypern sein großes Potenzial für die Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen, insbesondere aus Sonnenenergie, bislang nicht voll ausgeschöpft. Dass der Binnenverkehr hauptsächlich auf der Straße erfolgt, stellt für mehrere Politikbereiche eine Herausforderung dar, vor allem für die Bekämpfung der Luftverschmutzung und der Treibhausgasemissionen; eine weitere Folge ist die Verkehrsüberlastung in den Städten während der Stoßzeiten und auf den Zufahrtsstraßen zu den Häfen. Mit einem Anteil von 2,7 % im Jahr 2016 liegt Zypern auch bei der Nutzung von erneuerbaren Energiequellen im Verkehr zurück und könnte Schwierigkeiten haben, das verbindliche 10 %-Ziel bis 2020 zu erreichen.

(15)

Für eine Steigerung der Produktivität sind Investitionen in die Digitalwirtschaft sowie in die Verbesserung der digitalen Kompetenzen der Arbeitskräfte von grundlegender Bedeutung. Im Index 2019 für die digitale Wirtschaft und Gesellschaft (DESI) der Europäischen Kommission rangiert Zypern ganz unten. Nur 50 % der Zyprer im Alter zwischen 16 und 74 Jahren verfügen über grundlegende digitale Kompetenzen und der Anteil der IKT-Fachkräfte an der Erwerbsbevölkerung liegt unter dem Unionsdurchschnitt (2,3 % gegenüber 3,7 %), was die Ausschöpfung des Potenzials der Digitalwirtschaft behindert. Der Grad der Online-Interaktion zwischen Behörden und Bürgerinnen und Bürgern ist mit nur 50 % der Zyprer niedrig. Der elektronische Handel entwickelt sich, hat jedoch noch nicht den Unionsdurchschnitt erreicht.

(16)

Zypern ist mäßig innovativ, wobei die Innovationsleistung seit 2010 zurückgegangen ist. Das Niveau der öffentlichen und privaten Ausgaben für Forschung und Entwicklung gehört zu den niedrigsten in der Union und schränkt so die Innovationsfähigkeit der Forschungszentren und der Wirtschaft ein. Es kommt nur sehr selten zu einer Interaktion zwischen Hochschulen und Unternehmen. Für eine Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit Zyperns und insbesondere der Wettbewerbsfähigkeit der kleinen und mittleren Unternehmen auf Zypern kommt es entscheidend darauf an, die Innovationsfähigkeit der Wirtschaft zu steigern und den Zugang zu Finanzmitteln und Investitionen zu verbessern, die gezielt in ganz bestimmte Bereiche der intelligenten Spezialisierung fließen.

(17)

Der Verwaltungsaufwand ist insbesondere dann hoch, wenn strategische Investitionen auf den Weg gebracht werden sollen. Die Verfahren zur Genehmigung strategischer Investitionen könnten erheblich vereinfacht werden, doch die entsprechenden Rechtsvorschriften sind noch nicht verabschiedet.

(18)

Die Umsetzung des Aktionsplans für Wachstum hat dazu geführt, dass in den Bereichen unternehmerische Initiative und Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu Finanzmitteln einige Fortschritte erzielt wurden. Dennoch basieren die Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung kleiner und mittlerer Unternehmen nach wie vor hauptsächlich auf Zuschüssen und Bankfinanzierungen mit Förderungen aus Unionsfonds und/oder nationalen Fonds. Andere Finanzierungsquellen wie Risikokapital, Beteiligungskapital und Crowdfunding spielen für zyprische Unternehmen eine untergeordnete Rolle. Eine bessere Koordinierung der Wirtschaftsförderung könnte die Inanspruchnahme verbessern. Privatisierungsvorhaben, durch die produktivitätssteigernde ausländische Investitionen ins Land geholt werden sollen, wurden in vielen Fällen eingestellt, und nur wenige Projekte machen gewisse Fortschritte.

(19)

Fortbestehende Ineffizienzen im Justizsystem behindern nach wie vor die Vertragsdurchsetzung und die rasche Bearbeitung von zivil- und handelsrechtlichen Verfahren sowie die Ermittlungen bei schweren Straftaten. Das komplizierte und veraltete Zivilverfahrensrecht und die unzureichende Vollstreckung von Gerichtsurteilen schmälern die Anreize für Banken, die Insolvenz- und Zwangsvollstreckungsvorschriften zur Verringerung ihres Bestands an notleidenden Krediten zu nutzen. Die wichtigsten Probleme im Justizsystem, insbesondere das veraltete Zivilprozessrecht, die geringe Spezialisierung und Digitalisierung der Gerichte, die hohe Zahl unbearbeiteter Fälle und der Mangel an ständiger Fortbildung für Richter wurden bereits mit einer Reihe von Reformen angegangen, jedoch kommen diese nur langsam voran. Die Reform sollte mit den Verpflichtungen vereinbar sein, welche die Regierung im Rahmen des Beihilfebeschlusses der Europäischen Kommission zur Genehmigung des Verkaufs der Cyprus Cooperative Bank eingegangen ist. Im Jahr 2018 wurde der Rechtsrahmen für Insolvenz und Zwangsvollstreckung verbessert. Eine entschlossene Anwendung des neuen Rechts sollte zusammen mit der Gewährleistung einer effizienten Justiz und einer strengeren Vollstreckung von Urteilen zu einer Verbesserung der Disziplin bei der Rückzahlung von Schulden beitragen. Seit Dezember 2017 gibt es eine nationale Strategie zur Korruptionsbekämpfung, die im Mai 2019 durch den vom Ministerrat verabschiedeten nationalen horizontalen Aktionsplan gegen Korruption verstärkt wurde. Gesetzesvorhaben für die Einrichtung einer neuen unabhängigen Agentur zur Korruptionsbekämpfung und zum Schutz von Whistleblowern wurden im Parlament eingebracht, sind jedoch noch nicht verabschiedet. Mit diesen Gesetzen könnte der nationale Rechtsrahmen für die Korruptionsbekämpfung verstärkt werden. Diese Reformen sollten durch die zügige Umsetzung des Aktionsplans gegen Korruption beschleunigt werden. Die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft muss gewahrt bleiben und die Kapazität der Strafverfolgungsbehörden sollte gestärkt werden.

(20)

Trotz einiger Anstrengungen zum Abbau des Rückstaus bei der Ausstellung von Eigentumsurkunden ist dieser Rückstau nach wie vor hoch. Eine strukturelle Lösung für die Unzulänglichkeiten des Systems der Eigentumsübertragung (Ausstellung von Eigentumsurkunden und Übertragung von Eigentumsrechten) fehlt noch immer. Eine solche Lösung ist für eine Beschleunigung der Zwangsvollstreckungsverfahren und für die Liquidierung von Sicherheiten unabdingbar.

(21)

Einige der in den Empfehlungen festgestellten Lücken, insbesondere in den in Anhang D des Länderberichts für 2019 aufgeführten Bereichen, könnten bei entsprechender Programmplanung für den Zeitraum 2021-2027 auch im Rahmen der Unionsfonds angegangen werden. So könnte Zypern diese EU-Fonds in den genannten Sektoren unter Berücksichtigung territorialer Unterschiede bestmöglich nutzen. Die Stärkung der administrativen Kapazitäten des Landes für die Verwaltung dieser Mittel ist ein wichtiger Faktor für den Erfolg dieser Investitionen.

(22)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2019 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Zyperns umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2019 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2019 und das Nationale Reformprogramm 2019 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Zypern gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat die Kommission nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Zypern berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Unionsvorschriften und -leitlinien bewertet.

(23)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft und ist zu der Auffassung gelangt (7), dass Zypern den Stabilitäts- und Wachstumspakt voraussichtlich einhalten wird —

(24)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2019 und das Stabilitätsprogramm 2019 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider. Diese Empfehlungen tragen auch zur Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet 2019, insbesondere der ersten, dritten und vierten Euro-Währungsgebiet-Empfehlung bei —

EMPFIEHLT, dass Zypern 2019 und 2020

1.   

wichtige legislative Reformen zur Verbesserung der Effizienz des öffentlichen Sektors verabschiedet, insbesondere mit Blick auf das Funktionieren der öffentlichen Verwaltung, die Leitung staatseigener Einrichtungen sowie die kommunalen Behörden; Merkmale des Steuersystems beseitigt, die geeignet sind, Einzelpersonen und multinationalen Konzernen aggressive Steuerplanung insbesondere durch Zahlungen ins Ausland seitens multinationaler Konzerne zu erleichtern;

2.   

den Abbau notleidender Kredite fördert, und zwar auch durch Schaffung einer effektiven Governancestruktur der staatlichen Vermögensverwaltungsgesellschaft, indem Schritte zur Verbesserung der Zahlungsdisziplin und zur stärkeren Beaufsichtigung der Unternehmen, die Kredite aufkaufen, gesetzt werden; die Aufsichtskapazitäten des Nichtbankenfinanzsektors stärkt, auch durch umfassende Einbeziehung der Supervisoren von Versicherungen und Pensionsfonds;

3.   

die Reformen zum Ausbau der Wirksamkeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung zum Abschluss bringt und die Sensibilisierungs- und Aktivierungsmaßnahmen für junge Menschen intensiviert; die Reform der allgemeinen und beruflichen Bildung unter Einschluss der Evaluierung von Lehrern voranbringt und für ein stärkeres Engagement der Arbeitgeber und der Lernenden in der allgemeinen und beruflichen Bildung sowie für bezahlbare Betreuung, Bildung und Erziehung von Kindern sorgt; Maßnahmen ergreift, damit sichergestellt ist, dass das nationale Gesundheitssystem unter Wahrung seiner langfristigen Tragfähigkeit wie geplant im Jahr 2020 funktioniert;

4.   

die investitionsbezogene Wirtschaftspolitik unter Berücksichtigung der territorialen Disparitäten innerhalb Zyperns auf die Bereiche nachhaltiger Verkehr, Umwelt — insbesondere Abfall- und Wasserwirtschaft, Energieeffizienz und erneuerbare Energie —, Digitalisierung unter Einschluss der digitalen Kompetenzen sowie Forschung und Innovation konzentriert; Rechtsvorschriften erlässt, die dafür sorgen, dass strategische Investoren leichter die erforderlichen Erlaubnisse und Lizenzen erhalten können; den Zugang kleiner und mittlerer Unternehmen zu Finanzmitteln verbessert und die Umsetzung von Privatisierungsprojekten wieder aufnimmt;

5.   

die Bemühungen zur Steigerung der Effizienz des Justizsystems intensiviert, auch durch Verbesserung der Funktionsfähigkeit der Verwaltungsgerichte und durch Überprüfung des Zivilverfahrensrechts, durch stärkere Spezialisierung der Gerichte und durch Einrichtung eines funktionsfähigen e-Justizsystems; Maßnahmen ergreift, um die Rechtsdurchsetzung von Ansprüchen zu verbessern und für zuverlässige und zügige Verfahren der Ausstellung von Eigentumsurkunden und der Übertragung von Eigentumsrechten an Immobilien zu sorgen; die Reformen zur Korruptionsbekämpfung schneller umsetzt, die Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft wahrt sowie die Kapazität der Strafverfolgungsbehörden stärkt.

Geschehen zu Brüssel am 9. Juli 2019.

Im Namen des Rates

Der Präsident

M. LINTILÄ


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 136 vom 12.4.2019, S. 1.

(4)  ABl. C 320 vom 10.9.2018, S. 55.

(5)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(6)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnung der Kommission anhand der gemeinsamen Methodik.

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.