9.8.2017   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 261/31


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 11. Juli 2017

zum nationalen Reformprogramm Spaniens 2017 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Spaniens 2017

(2017/C 261/08)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 16. November 2016 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2017 eingeleitet wurde. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 9./10. März 2017 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 16. November 2016 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Spanien als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an, die am 9./10. März 2017 vom Europäischen Rat gebilligt wurde. Am 21. März 2017 nahm der Rat die Empfehlung zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets (im Folgenden „Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet“) an (3).

(2)

Als Mitgliedstaat, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Spanien die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung für das Euro-Währungsgebiet, die in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 ihren Niederschlag findet, sicherstellen.

(3)

Der Länderbericht Spanien 2017 wurde am 22. Februar 2017 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Spaniens bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 12. Juli 2016, bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen der Vorjahre und bei der Verwirklichung seiner nationalen Ziele im Rahmen von Europa 2020 bewertet. Der Länderbericht enthielt außerdem die eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011, deren Ergebnisse ebenfalls am 22. Februar 2017 veröffentlicht wurden. Die Kommission gelangte aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Spanien makroökonomische Ungleichgewichte von grenzüberschreitender Bedeutung bestehen. Insbesondere ziehen zwar die Leistungsbilanzüberschüsse geringere Nettoauslandsverbindlichkeiten nach sich, doch diese fallen weiterhin beträchtlich aus und machen das Land anfällig gegenüber Veränderungen des Marktklimas. Die Verschuldung des privaten Sektors ist insbesondere bei den Unternehmen signifikant zurückgegangen, doch die Verschuldung der privaten Haushalte bleibt auf einem hohen Niveau. Das Wirtschaftswachstum hat sich zum wichtigsten Motor des Schuldenabbaus entwickelt, allerdings bestehen mittelfristig nach wie vor hohe Risiken für die Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen. Besonders großer Handlungsbedarf besteht im Hinblick darauf, das Risiko nachteiliger Auswirkungen von Ungleichgewichten auf die spanische Wirtschaft und — aufgrund deren Größe und grenzüberschreitender Bedeutung — auf die Wirtschafts- und Währungsunion zu verringern. Der Finanzsektor weist weiterhin einen hohen Grad an Stabilität auf, der von der laufenden Umstrukturierung, den geringen Finanzierungskosten und der wirtschaftlichen Erholung abgestützt wird. In den letzten Jahren wurden zahlreiche Arbeitsplätze geschaffen, sodass die Arbeitslosigkeit zwar rasch zurückgegangen, aber nach wie vor sehr hoch ist. Die Arbeitsmarktreformen und die Lohnzurückhaltung haben maßgeblich dazu beigetragen, dass in den letzten Jahren viele Arbeitsplätze geschaffen wurden und die Wettbewerbsfähigkeit gesteigert werden konnte.

(4)

Am 28. April 2017 übermittelte Spanien sein nationales Reformprogramm 2017 und am 29. April 2017 sein Stabilitätsprogramm 2017. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(5)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds) für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der ESI-Fonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(6)

Spanien unterliegt derzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In seinem Stabilitätsprogramm 2017 kündigt Spanien an, bis 2018 das übermäßige Defizit im Einklang mit dem Beschluss des Rates vom 8. August 2016 zur Inverzugsetzung Spaniens mit der Maßgabe, die zum Abbau des übermäßigen Defizits als notwendig erachteten Maßnahmen zu treffen, zu korrigieren (im Folgenden „Beschluss des Rates vom 8. August 2016“). Das Gesamtdefizit soll bis 2020 weiter auf 0,5 % des BIP zurückgehen. In den Ausgabenprognosen des Stabilitätsprogramms 2017 wird die Materialisierung von Eventualverbindlichkeiten im Zusammenhang mit Autobahnen und dem Finanzsektor berücksichtigt, die in den Jahren 2017 und 2018 mit knapp 0,4 % bzw. 0,2 % des BIP zu Buche schlagen wird. Das mittelfristige Haushaltsziel eines strukturell ausgeglichenen Haushalts wird jedoch innerhalb des Zeitraums des Stabilitätsprogramms 2017 voraussichtlich nicht erreicht werden. Der neu berechnete strukturelle Saldo (5) dürfte 2020 bei -1,9 % des BIP liegen. Im Stabilitätsprogramm 2017 wird ein Rückgang der gesamtstaatlichen Schuldenquote im Jahr 2017 auf 98,8 %, 2018 auf 97,6 % und 2020 auf 92,5 % projiziert. Die makroökonomischen Annahmen des Stabilitätsprogramms 2017 sind bis 2018 plausibel und für den Zeitraum danach etwas optimistisch. Insgesamt wird die Erreichung der anvisierten Ziele weiterhin von robusten wirtschaftlichen Aussichten abhängig sein, die allerdings risikobehaftet sind. Weitere Risiken, die der Erreichung der Haushaltsziele im Wege stehen, sind mit der Unsicherheit verbunden, wie sich die neuen steuerlichen Maßnahmen auswirken werden. Unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Materialisierung von Eventualverbindlichkeiten (nicht in der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission enthalten) stützt sich das Stabilitätsprogramm 2017 zudem auf deutlich höhere Ausgabenbeschränkungen, als in der Kommissionsprognose für 2017 und 2018 projiziert wird. Schließlich wurden die zur Untermauerung der geplanten Defizitziele für 2018 erforderlichen Maßnahmen noch nicht spezifiziert.

(7)

Am 8. August 2016 forderte der Rat Spanien auf, das übermäßige Defizit bis 2018 zu beenden und insbesondere das gesamtstaatliche Defizit im Jahr 2016 auf 4,6 % des BIP, 2017 auf 3,1 % des BIP und 2018 auf 2,2 % des BIP zurückzuführen. Diese Rückführung des gesamtstaatlichen Saldos entsprach laut der aktualisierten Frühjahrsprognose 2016 der Kommission einer Verschlechterung des strukturellen Saldos um 0,4 % des BIP im Jahr 2016 und einer Verbesserung um jeweils 0,5 % des BIP in den Jahren 2017 und 2018. Spaniens Gesamtdefizit lag 2016 bei 4,5 % des BIP und somit unter dem im Beschluss des Rates vom 8. August 2016 festgelegten Ziel. Laut der Frühjahrsprognose 2017 der Kommission dürfte das Gesamtdefizit unter Annahme einer unveränderten Politik im Jahr 2017 weiter auf 3,2 % des BIP und 2018 auf 2,6 % des BIP sinken und damit 0,1 % bzw. 0,4 % des BIP über den im Stabilitätsprogramm 2017 festgelegten und den vom Rat geforderten Zielwerten für das öffentliche Gesamtdefizit liegen. Anders als im Stabilitätsprogramm 2017 wird in der Prognose nicht von einer Materialisierung der genannten Eventualverbindlichkeiten ausgegangen. Die kumulierte Konsolidierungsanstrengung im Zeitraum 2016-2017 wird voraussichtlich knapp erreicht, dürfte aber 2018 unter Annahme einer unveränderten Politik hinter der Forderung im Beschluss des Rates vom 8. August 2016 zurückbleiben. Darüber hinaus hatte der Rat Spanien im August 2016 aufgefordert, Maßnahmen zur Verbesserung des haushaltspolitischen Rahmens zu ergreifen, doch im Stabilitätsprogramm 2017 wird nicht von Plänen berichtet, den Beitrag der Ausgabenregelungen des Stabilitätsgesetzes zur Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen zu stärken. Insgesamt ist der Rat der Auffassung, dass weitere Maßnahmen, vor allem im Jahr 2018, erforderlich sein werden, um den Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts, insbesondere den im Beschluss des Rates vom 8. August 2016 festgehaltenen Bedingungen, zu entsprechen.

(8)

Spanien hat noch immer keinen klaren und kohärenten Rahmen für das öffentliche Auftragswesen, der die Einhaltung von Rechtsvorschriften, ein hohes Maß an Wettbewerb und wirtschaftlicher Effizienz, insbesondere durch wirksame Ex-ante- und Ex-post-Kontrollen, mehr Transparenz sowie eine bessere Koordinierung zwischen den öffentlichen Auftraggebern und Stellen auf allen Regierungsebenen sicherstellt. Die Regierung hat im Jahr 2017 einige Maßnahmen vorgelegt, die das System zur Überwachung der Vergabeverfahren verbessern sollen und derzeit noch vom Parlament verabschiedet werden müssen.

(9)

Spanien hat bei der Bekämpfung der Korruption Fortschritte erzielt, insbesondere hinsichtlich der Transparenz der administrativen Entscheidungsfindung — konkret wurden Vorschriften in Bezug auf die Transparenz der Parteienfinanzierung, die Offenlegung von Vermögenswerten und Interessenkonflikte auf den Weg gebracht. Nun steht die Umsetzung dieser Maßnahmen im Vordergrund. Auch wenn bei den Korruptionsermittlungen in Fällen auf lokaler und regionaler Ebene ein Anstieg zu verzeichnen war, wurden weder maßgeschneiderte Präventionsstrategien zur Senkung der Korruptionsrisiken auf diesen Regierungsebenen erarbeitet, noch gibt es eine gemeinsame Präventionsstrategie, die sämtliche Regierungsebenen umspannt. Weitere Mängel wie Lücken in den Rechtsvorschriften zum Schutz von Hinweisgebern (Whistleblowing), die unzureichende Unabhängigkeit des kürzlich eingerichteten Büros für Interessenkonflikte und die mangelnde Regulierung der Lobbyarbeit waren noch nicht Gegenstand von Folgemaßnahmen. Ein weiterer Aspekt ist das langwierige Gerichtsverfahren in Korruptionsfällen. Die Strafprozessordnung wurde 2015 geändert, um den für Ermittlungen zur Verfügung stehenden Zeitraum zu begrenzen und ungerechtfertigte Verzögerungen in Strafverfahren zu verringern. Dies könnte jedoch die Gefahr erhöhen, dass die Verfahrensfristen für die Behandlung komplexer Korruptionsfälle zu kurz sind, wenn die Bestimmungen, die Fristverlängerungen ermöglichen, sich als restriktiv erweisen.

(10)

Wenngleich der MwSt.-Normalsatz im Einklang mit dem Unionsdurchschnitt steht und die Missachtung der Mehrwertsteuervorschriften gering ist und abnimmt, sind Spaniens MwSt.-Einnahmen relativ niedrig. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass in Spanien für zahlreiche Produkte und Dienstleistungen Befreiungen von der MwSt. oder ermäßigte Sätze gelten. Infolgedessen verzeichnete Spanien 2014 die größte durch die MwSt.-Politik bedingte Einnahmenlücke in der Union (59 % im Vergleich zum Unionsdurchschnitt von 44 %). Gleichzeitig bleiben Spaniens Einnahmen aus umweltbezogenen Steuern am untersten Ende der Skala in der Union, obwohl in den vergangenen Jahren vor allem im Energiesektor einige Maßnahmen getroffen worden sind. Durch eine Besteuerung der Umweltverschmutzung und des Ressourcenverbrauchs können höhere Einnahmen und wesentliche soziale und ökologische Vorteile erzielt werden. Darüber hinaus bestehen normative Unterschiede, die in Bezug auf bestimmte umweltbezogene Steuern dazu führen, dass auf regionaler Ebene ein heterogener Ansatz verfolgt wird. Hinsichtlich der Ausgaben hat die Regierung die unabhängige finanzpolitische Institution Spaniens AIReF beauftragt, auf allen Regierungsebenen eine Ausgabenüberprüfung vorzunehmen. Die Überprüfung soll dabei helfen, Bereiche zu ermitteln, in denen der Bedarf an Ausgaben durch eine effizientere Ressourcenverwendung gedeckt werden kann.

(11)

Die kräftige Arbeitsplatzschaffung in den letzten Jahren wurde von der Lohnzurückhaltung und von Arbeitsmarktreformen getragen. Zwar ist die Arbeitslosigkeit rapide zurückgegangen, doch zählt sie nach wie vor zu den höchsten innerhalb der Union, insbesondere unter jungen Menschen und gering qualifizierten Personen, wodurch die Gefahr entsteht, dass diese sich vom Arbeitsmarkt abkoppeln. Fast die Hälfte der Arbeitslosen ist seit mehr als einem Jahr ohne Beschäftigung. Spanien ergreift Maßnahmen zur Unterstützung junger Menschen, insbesondere durch die Erweiterung der Kriterien für die Inanspruchnahme der Jugendgarantie (6), und um die individuelle Förderung für Langzeitarbeitslose zu stärken. Ob diese wirksam sind, hängt auch von der Leistung der regionalen öffentlichen Arbeitsvermittlungsstellen ab. Es besteht Spielraum, die Zusammenarbeit dieser Stellen mit den sozialen Diensten auszubauen, um die Bereitstellung von Diensten für Arbeitsuchende zu verbessern, vor allem für Langzeitarbeitslose und Personen, die unter Mindesteinkommensregelungen fallen. Gleichzeitig könnte die Zusammenarbeit der öffentlichen Arbeitsvermittlung mit den Arbeitgebern intensiviert werden, um insbesondere den Anteil der über die Arbeitsvermittlungen besetzten Stellen zu steigern.

(12)

Spanien hat einen der höchsten Anteile befristeter Beschäftigungsverhältnisse in der Union, und viele befristete Arbeitsverträge sind von sehr kurzer Dauer. Die Quoten für die Übergänge von befristeten zu unbefristeten Arbeitsverträgen sind im Vergleich zum Unionsdurchschnitt sehr niedrig. Die weitverbreitete Nutzung befristeter Arbeitsverträge wird mit einem niedrigeren Produktivitätswachstum (u. a. durch ein geringeres Angebot an Schulungsmöglichkeiten am Arbeitsplatz), schlechteren Arbeitsbedingungen und einem höheren Armutsrisiko assoziiert. Offenbar haben sich die jüngsten Arbeitsmarktreformen leicht positiv auf die Verringerung der Segmentierung zwischen unbefristeten und befristeten Arbeitsverträgen ausgewirkt, und auch die laufende Verstärkung der Arbeitsinspektionen scheint dazu beizutragen, den Missbrauch befristeter Arbeitsverträge zu verhindern. Einige Merkmale des spanischen Arbeitsmarkts bremsen jedoch möglicherweise nach wie vor unbefristete Einstellungen, etwa die Unsicherheit im Falle eines Rechtsstreits nach einer Entlassung sowie die vergleichsweise hohen Abfindungen für Arbeitnehmer mit unbefristeten Verträgen. Zudem bleibt das System der Einstellungsanreize weiter fragmentiert und ist nicht wirksam genug ausgerichtet, um unbefristete Einstellungen zu fördern. Auch wenn in Spanien kürzlich eine Arbeitsgruppe für Beschäftigungsqualität eingerichtet wurde, hat das Land im Anschluss an die Vereinbarung zwischen der Regierung und den Sozialpartnern von 2014 noch keinen umfassenden Plan zur Bekämpfung der Segmentierung des Arbeitsmarkts erarbeitet.

(13)

Bei den Anspruchsvoraussetzungen für Mindesteinkommensregelungen und der Verknüpfung zwischen Maßnahmen zur Aktivierung und zum Schutz der Arbeitnehmer bestehen zwischen den verschiedenen Regionen und Programmen weiterhin Unterschiede. Bestimmte benachteiligte Gruppen können nicht von den Programmen zur Einkommenssicherung profitieren. Dass die Regelungen nur begrenzt wirksam sind, lässt sich zum Teil durch die großen Unterschiede hinsichtlich Angemessenheit und Zugangsbedingungen der regionalen Mindesteinkommensregelungen erklären sowie durch die Fragmentierung des nationalen Leistungssystems in eine Vielzahl von Programmen, die auf verschiedene Kategorien von Arbeitsuchenden abzielen und von unterschiedlichen Behörden verwaltet werden. Diese Fragmentierung führt dazu, dass Bedürftige keine einheitliche Unterstützung erhalten und die Fördermöglichkeiten nicht angemessen aufeinander abgestimmt sind. In Reaktion auf die zahlreichen Herausforderungen wurde eine Studie auf den Weg gebracht, in der ermittelt werden soll, wie wirksam die nationalen und regionalen Systeme zur Einkommensstützung sind. Die Familienleistungen sind wenig zielgerichtet. Zudem ist das Steuer- und Sozialleistungssystem unter Berücksichtigung der Auswirkungen der Steuergutschriften insgesamt leicht regressiv. Die Inanspruchnahme von Kinderbetreuungsmöglichkeiten nimmt außerdem mit steigendem Familieneinkommen deutlich zu, was darauf hindeutet, dass Zugangshindernisse für Eltern mit niedrigem Einkommen bestehen. Die Bereitstellung von Langzeitpflegeleistungen hat sich verbessert, wobei es regionale Unterschiede gibt und der derzeitige Bedarf noch nicht gedeckt ist.

(14)

Die schwachen Bildungsergebnisse beeinträchtigen das längerfristige Potenzial für Produktivitätssteigerungen in Spanien. Trotz deutlicher Verbesserungen in den letzten Jahren ist der Anteil der frühen Schul- und Ausbildungsabgänger in Spanien weiterhin einer der höchsten in der Union. Regional bestehen große Unterschiede bei dem Anteil früher Schulabgänger und den Leistungen der Schülerinnen und Schüler, insbesondere im Bereich der Grundkompetenzen. In leistungsstarken Regionen sind die Ausbildung des Lehrpersonals und die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern wichtige Faktoren für positive Schulbildungsergebnisse. Spanien hat die zweithöchste Quote an Klassenwiederholungen in der Union, wodurch sich das Schulabbruchrisiko erhöht, die Aussichten auf einen Schulabschluss geschmälert werden und die Bildungskosten nach oben klettern. Die Beschäftigungsfähigkeit der Hochschulabsolventen fällt nach wie vor vergleichsweise gering aus. Die eingeschränkte Mobilität der Studierenden und des akademischen Personals, begrenzte Möglichkeiten für Praktika, fehlende Anreize und die starre universitäre Verwaltung stehen der Zusammenarbeit mit Unternehmen in den Bereichen Bildung und Forschung weiter im Wege.

(15)

Um die Produktivität und Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, würde Spanien von einer intensiveren Förderung von Forschung und Innovation profitieren. Die Innovationsleistung hat jedoch nachgelassen und befindet sich nun auf einem niedrigeren Niveau als 2007, während sich der Abstand zum Unionsdurchschnitt im Laufe der Zeit weiter vergrößert hat. Die geringe Innovationsleistung geht mit rückläufigen privaten FuE-Ausgaben einher und deutet auf Schwächen im forschungs- und innovationspolitischen Rahmen hin. Anfang 2017 hat die Staatliche Agentur für Forschung, die für die Verwaltung der Mittel der Zentralregierung für Forschung und Innovation zuständig ist, ihre Arbeit aufgenommen. Bis heute gibt es keine systematische mehrjährige Planung für Mittel, die in Unterstützungsprogramme fließen. Auch wird die Wirksamkeit der Unterstützungsprogramme nicht systematisch bewertet, um deren Ausgestaltung und Umsetzung zu verbessern. Aufgrund fehlender Anreize und der starren Hochschulpolitik bleibt die Zusammenarbeit zwischen öffentlichen und privaten Stellen schwach ausgeprägt, und die Karrieremobilität von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die zwischen privatem und öffentlichem Sektor wechseln, ist gering. Die Koordinierung zwischen den verschiedenen Regierungsebenen ist nicht optimal, sodass nationale und regionale Strategien nicht vollumfänglich Synergien entfalten können.

(16)

Kleine spanische Firmen weisen in der Regel eine erheblich niedrigere Produktivität als entsprechende Unternehmen in anderen großen Mitgliedstaaten auf. Angesichts der Dominanz von kleinen Unternehmen in Spanien hat dies einen starken Einfluss auf die Produktivität in der Wirtschaft insgesamt. Ein Abbau der Hindernisse für die Gründung, den Betrieb und das Wachstum von Unternehmen würde daher höhere Investitionen und einen Produktionszuwachs nach sich ziehen. Die spanische Regierung hat in den letzten Jahren verschiedene Maßnahmen ergriffen, die darauf abzielen, die Gründung und das Wachstum von Unternehmen zu fördern. Die Konsolidierung und vollständige Umsetzung dieser Reformen ist unerlässlich, um deren Vorteile vollständig auszuschöpfen. Das 2013 angenommene Gesetz über die Einheit des Marktes hat dazu beigetragen, die zusätzlichen Kosten zu senken, die den Unternehmerinnen und Unternehmern durch die erheblichen regionalen Unterschiede und Überschneidungen bei den Vorschriften für Unternehmen entstehen. Die zunehmende Nutzung des in diesem Gesetz festgelegten Beschwerdemechanismus, der den Unternehmen ermöglicht, bei Marktzugangshindernissen den Rechtsweg zu beschreiten, deutet darauf hin, dass die Lizenz- und Genehmigungsverfahren möglicherweise weiter vereinfacht werden sollten. Bei der Koordinierung zwischen den zuständigen Behörden, auch auf Ebene der Sektoralen Konferenz, müssen weitere Anstrengungen unternommen werden. Dies ist unabdingbar, um zu gewährleisten, dass unnötige Markteintrittshindernisse, auch im Zusammenhang mit neuen Geschäftsmodellen der kollaborativen Wirtschaft, durch bestehende und künftige Rechtsvorschriften auf allen Ebenen wirksam abgebaut werden. Im Einzelhandel wird der Markteintritt von Betrieben weiterhin dadurch unnötig eingeschränkt, dass Einzelhandelsbetriebe doppelte Genehmigungen benötigen. Die Marktzugangsvoraussetzungen in den regionalen Rechtsvorschriften, die den Sektor Fahrdienstleistungen und die kurzfristige Wohnraumvermietung betreffen, könnten eine ausgewogene Entwicklung der kollaborativen Wirtschaft einschränken. Spanien hat in den ersten Monaten des Jahres 2017 Maßnahmen getroffen, um die Umsetzung des Gesetzes über die Einheit des Marktes zu fördern, z. B. durch den kürzlich angenommenen Umsetzungsleitfaden und den veröffentlichten Katalog guter und schlechter Anwendungspraktiken.

(17)

Die Reglementierung freiberuflicher Dienstleistungen ist nach wie vor vergleichsweise restriktiv. Bestimmten Dienstleistern werden selektiv protektionistische Rechte („vorbehaltene Tätigkeiten“) gewährt, wodurch andere Dienstleister mit entsprechenden ähnlichen Qualifikationen ausgeschlossen werden. In einer Vielzahl von Berufen besteht die Pflicht zur Mitgliedschaft in einem Berufsverband. Der Reglementierungsgrad für Bauingenieure, Architekten und Fremdenführer ist in Spanien höher als im gewichteten Unionsdurchschnitt. Für Patentanwälte und Rechtsanwälte ist er niedriger als der Unionsdurchschnitt, auch wenn der Zugang zum Anwaltsberuf stärker eingeschränkt ist als für alle anderen Berufe in Spanien. Der Entwurf des Gesetzes über freiberufliche Dienstleistungen, der unter anderem vorsieht, die Pflicht zur Mitgliedschaft in einem Berufsverband zu lockern, wurde immer noch nicht verabschiedet. Mit der Reform wird außerdem für mehr Transparenz und eine verstärkte Rechenschaftspflicht von Berufsverbänden gesorgt, der Zugang zu ungerechtfertigterweise vorbehaltenen Tätigkeiten wird geöffnet, und es wird die Einheit des Marktes hinsichtlich des Zugangs zu freiberuflichen Dienstleistungstätigkeiten und deren Ausübung in Spanien gewährleistet.

(18)

Im Rahmen des Europäischen Semesters 2017 hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Spaniens umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2017 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm 2017, das nationale Reformprogramm 2017 sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Spanien gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Spanien berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Union insgesamt durch auf Unionsebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit Vorschriften und Leitlinien der Union beurteilt.

(19)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm 2017 geprüft; seine Stellungnahme (7) hierzu spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(20)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm 2017 und das Stabilitätsprogramm 2017 geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 3 wider —

EMPFIEHLT, dass Spanien 2017 und 2018

1.

die Einhaltung des Ratsbeschlusses vom 8. August 2016 gewährleistet, einschließlich der Maßnahmen zur Stärkung des haushaltspolitischen Rahmens und des Rahmens für die Vergabe öffentlicher Aufträge, und eine umfassende Ausgabenüberprüfung vornimmt, um festzustellen, in welchen Bereichen möglicherweise die Ausgabeneffizienz verbessert werden kann;

2.

die Koordinierung zwischen den regionalen Arbeitsverwaltungen, Sozialdiensten und Arbeitgebern stärkt, um den Bedürfnissen der Arbeitgeber und Arbeitssuchenden besser gerecht zu werden; Maßnahmen ergreift, um unbefristete Einstellungen zu fördern; regionale Disparitäten und die Fragmentierung in Bezug auf Mindesteinkommensregelungen angeht und die Unterstützungsangebote für Familien verbessert, einschließlich des Zugangs zu hochwertiger Kinderbetreuung; die Arbeitsmarktrelevanz der Hochschulbildung steigert sowie regionale Unterschiede hinsichtlich der Bildungsergebnisse angeht, insbesondere durch die Verbesserung der Ausbildung des Lehrpersonals und die individuelle Förderung von Schülerinnen und Schülern;

3.

angemessene und nachhaltige Investitionen in Forschung und Innovation gewährleistet und deren Verwaltung auf allen Regierungsebenen verbessert und mit Blick auf bestehende und künftige Rechtsvorschriften eine sorgfältige und fristgerechte Umsetzung des Gesetzes über die Einheit des Marktes sicherstellt.

Geschehen zu Brüssel am 11. Juli 2017.

Im Namen des Rates

Der Präsident

T. TÕNISTE


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 92 vom 24.3.2017, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Konjunkturbereinigter Saldo ohne einmalige und befristete Maßnahmen nach Neuberechnungen der Kommission unter Anwendung der gemeinsamen Methodik.

(6)  Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 zur Einführung einer Jugendgarantie (ABl. C 120 vom 26.4.2013, S. 1).

(7)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.