18.8.2016   

DE

Amtsblatt der Europäischen Union

C 299/114


EMPFEHLUNG DES RATES

vom 12. Juli 2016

zum nationalen Reformprogramm Frankreichs 2016 mit einer Stellungnahme des Rates zum Stabilitätsprogramm Frankreichs 2016

(2016/C 299/27)

DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —

gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 121 Absatz 2 und Artikel 148 Absatz 4,

gestützt auf die Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates vom 7. Juli 1997 über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken (1), insbesondere auf Artikel 5 Absatz 2,

gestützt auf die Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 über die Vermeidung und Korrektur makroökonomischer Ungleichgewichte (2), insbesondere auf Artikel 6 Absatz 1,

auf Empfehlung der Europäischen Kommission,

unter Berücksichtigung der Entschließungen des Europäischen Parlaments,

unter Berücksichtigung der Schlussfolgerungen des Europäischen Rates,

nach Stellungnahme des Beschäftigungsausschusses,

nach Stellungnahme des Wirtschafts- und Finanzausschusses,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Sozialschutz,

nach Stellungnahme des Ausschusses für Wirtschaftspolitik,

in Erwägung nachstehender Gründe:

(1)

Am 26. November 2015 nahm die Kommission den Jahreswachstumsbericht an, mit dem das Europäische Semester für wirtschaftspolitische Koordinierung 2016 eingeleitet wurde. Die Prioritäten des Jahreswachstumsberichts wurden am 17./18. März 2016 vom Europäischen Rat gebilligt. Am 26. November 2015 nahm die Kommission auf der Grundlage der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 den Warnmechanismus-Bericht an, in dem sie Frankreich als einen der Mitgliedstaaten nannte, für die eine eingehende Überprüfung durchzuführen sei. Am selben Tag nahm die Kommission auch eine Empfehlung für eine Empfehlung des Rates zur Wirtschaftspolitik des Euro-Währungsgebiets an. Diese Empfehlung wurde am 18./19. Februar 2016 vom Europäischen Rat gebilligt und am 8. März 2016 vom Rat verabschiedet (3). Als Land, dessen Währung der Euro ist, und angesichts der engen Verflechtungen zwischen den Volkswirtschaften in der Wirtschafts- und Währungsunion sollte Frankreich die vollständige und fristgerechte Umsetzung der Empfehlung sicherstellen.

(2)

Der Länderbericht 2016 für Frankreich wurde am 26. Februar 2016 veröffentlicht. Darin wurden die Fortschritte Frankreichs bei der Umsetzung der länderspezifischen Empfehlungen des Rates vom 14. Juli 2015 und bei der Verwirklichung der nationalen Ziele im Rahmen von Europa 2020 bewertet. Der Länderbericht enthielt außerdem die eingehende Überprüfung nach Artikel 5 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011. Am 8. März 2016 legte die Kommission die Ergebnisse der eingehenden Überprüfung vor. Die Kommission gelangt aufgrund ihrer Analyse zu dem Schluss, dass in Frankreich übermäßige makroökonomische Ungleichgewichte bestehen. Angesichts des geringen Wachstums und der niedrigen Inflationsrate hat Frankreich einen bereits hohen und weiter zunehmenden öffentlichen Schuldenstand, der mit einer Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit einhergeht. Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos nachteiliger Auswirkungen auf die französische Wirtschaft und — in Anbetracht ihrer Größe — von negativen Ansteckungseffekten auf die Wirtschafts- und Währungsunion sind besonders wichtig.

(3)

Am 29. April 2016 übermittelte Frankreich sein nationales Reformprogramm 2016 und sein Stabilitätsprogramm 2016. Um wechselseitigen Zusammenhängen Rechnung zu tragen, wurden beide Programme gleichzeitig bewertet.

(4)

Die einschlägigen länderspezifischen Empfehlungen wurden bei der Programmplanung der Europäischen Struktur- und Investitionsfonds für den Zeitraum 2014-2020 berücksichtigt. Gemäß Artikel 23 der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (4) kann die Kommission einen Mitgliedstaat zur Überarbeitung seiner Partnerschaftsvereinbarung und der jeweiligen Programme und zur Unterbreitung von Änderungsvorschlägen auffordern, wenn dies für die Förderung der Umsetzung der einschlägigen Empfehlungen des Rates notwendig ist. In den Leitlinien für die Anwendung von Maßnahmen zur Schaffung einer Verbindung zwischen der Wirksamkeit der europäischen Struktur- und Investitionsfonds und der ordnungsgemäßen wirtschaftspolitischen Steuerung hat die Kommission erläutert, wie sie diese Bestimmung anzuwenden gedenkt.

(5)

Frankreich unterliegt zurzeit der korrektiven Komponente des Stabilitäts- und Wachstumspakts. In ihrem Stabilitätsprogramm 2016 plant die Regierung, das übermäßige Defizit im Einklang mit der Ratsempfehlung vom 10. März 2015 bis 2017 abzubauen. Das Gesamtdefizit soll weiter zurückgehen und bis 2019 bei 1,2 % liegen. Das mittelfristige Haushaltsziel — ein strukturelles Defizit von 0,4 % des BIP — dürfte im Jahr 2018 erreicht werden. Dem Stabilitätsprogramm zufolge wird die Schuldenquote 2017 mit 96,5 % des BIP voraussichtlich ihren Höchststand erreichen und 2019 auf 93,3 % des BIP zurückgehen. Das den Haushaltsprojektionen zugrunde liegende makroökonomische Szenario ist weitgehend plausibel. Allerdings wurden die zur Untermauerung der geplanten Defizitziele ab 2017 erforderlichen Maßnahmen nicht ausreichend spezifiziert. Ausgehend von der Frühjahrsprognose 2016 der Kommission dürfte das Gesamtdefizit im Jahr 2016 entsprechend der Empfehlung des Rates von 2015 bei 3,4 % des BIP liegen. 2017 dürfte das Gesamtdefizit unter Annahme einer unveränderten Politik 3,2 % des BIP betragen, so dass die Gefahr besteht, dass die Frist für die Korrektur des übermäßigen Defizits nicht eingehalten wird. Die empfohlene Konsolidierungsanstrengung dürfte 2016 und 2017 nicht erreicht werden, da die von Frankreich verfolgte Konsolidierungsstrategie in erster Linie auf einer Verbesserung der Konjunkturbedingungen und einem Fortbestehen des niedrigen Zinsniveaus beruht; da diese Faktoren nicht der Kontrolle des Staates unterliegen, besteht das Risiko einer Nichterfüllung. Nach Auffassung des Rates, der sich auf seine Bewertung des Stabilitätsprogramms und die Frühjahrsprognose 2016 der Kommission stützt, besteht — trotz der gegenwärtigen Prognosen, wonach das Gesamtdefizitziel 2016 erreicht wird — die Gefahr, dass Frankreich die Anforderungen des Stabilitäts- und Wachstumspakts nicht erfüllen wird. Um bis 2017 eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits zu erreichen, werden weitere Maßnahmen erforderlich sein.

(6)

Die Primärausgabenquote in Frankreich ist eine der höchsten in der Union und liegt — trotz eines leichten Rückgangs im Jahr 2015 — weiterhin deutlich über dem Durchschnitt im Euro-Währungsgebiet. Frankreich setzt einen Plan um, in dessen Rahmen die öffentlichen Ausgaben auf allen Ebenen des Staates im Zeitraum 2015-2017 um 50 Mrd. EUR gegenüber dem Trendwachstum gesenkt werden sollen, aber möglicherweise bewirkt dies keine wesentliche Verringerung der öffentlichen Ausgaben. Um eine größere Wirksamkeit des Plans zu gewährleisten, sollten die Maßnahmen zur Verringerung der Ausgaben näher spezifiziert werden, und es sollte sichergestellt werden, dass sie der fast bei null liegenden Inflationsrate Rechnung tragen.

(7)

Die geplante weitere Senkung der Ausgabenquote ist nach wie vor problematisch, da nicht genügend größere Bereiche mit Einsparpotenzial ermittelt werden konnten, und die Ausgabenüberprüfungen bislang nur bescheidene Ergebnisse gezeigt haben. Im Bereich des Wohnungsbaus sind die Ausgaben Frankreichs nahezu doppelt so hoch wie die der übrigen EU-Länder, ohne dass die Ergebnisse auf dem Wohnungsmarkt deutlich besser wären. Durch die Umsetzung der geplanten Kürzungen bei den von der Zentralregierung gewährten Zuschüssen an die lokalen Gebietskörperschaften und eine verstärkte Kontrolle der Ausgaben der Kommunalverwaltungen, könnte deren Investitionskapazität, insbesondere durch Eindämmung des Anstiegs der Verwaltungskosten der lokalen Gebietskörperschaften, gewahrt werden. Die Ausgabenüberprüfungen könnten ein geeignetes Instrument sein, um einschlägiges Einsparpotenzial festzustellen. Darüber hinaus könnte die Wirksamkeit des Systems durch die jüngste Reform der Kommunalverwaltung mittel- bis langfristig gesteigert werden.

(8)

Kurzfristig können größere Einsparungen nur dann erzielt werden, wenn es gelingt, den Anstieg der Sozialausgaben, die über die Hälfte der gesamtstaatlichen Ausgaben ausmachen, signifikant einzudämmen. Die Nachhaltigkeit des Rentensystems wurde durch die Einigung auf die Zusatzrentenregelungen im Jahr 2015 verbessert, sie könnte aber kurz- bis mittelfristig weiterhin mit Defiziten konfrontiert sein; dies gilt insbesondere in der Annahme ungünstiger gesamtwirtschaftlicher Rahmenbedingungen. Ferner dürften die bisherigen Rentenreformen erst nach 2025 eine Verringerung des zurzeit hohen Anteils der Pensionsausgaben am BIP bewirken. Frankreich hat sich für 2016 und 2017 ehrgeizige Ziele zur Begrenzung des Anstiegs der Gesundheitsausgaben gesetzt. Diese Ziele könnten mittel- bis langfristig ergänzt werden, indem weitere Anstrengungen unternommen werden, um Möglichkeiten für Effizienzgewinne zu finden.

(9)

Es wurden politische Maßnahmen getroffen, um die Arbeitskosten zu senken und die Gewinnspannen der Unternehmen zu erhöhen; so wurden im Rahmen des Verantwortungs- und Solidaritätspakts Steuervergünstigungen für Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung im Umfang von 20 Mrd. EUR und zusätzliche Kürzungen der Sozialbeiträge der Arbeitgeber im Umfang von 10 Mrd. EUR beschlossen. Diese Maßnahmen schlagen mit 1,5 % des BIP zu Buche und tragen dazu bei, die bei den Arbeitskosten bestehende Diskrepanz zwischen Frankreich und dem Euro-Währungsgebiet zu verringern; die Ausgestaltung der Maßnahmen könnte jedoch deren Wirksamkeit einschränken. Die Ergebnisse der geplanten Bewertungen dieser Kostensenkungsmaßnahmen werden in Entscheidungen über die künftige Ausgestaltung einschlägiger Regelungen einfließen; dadurch soll gewährleistet werden, dass Maßnahmen in diesem Bereich die angestrebte Wirksamkeit zeigen. Von besonderem Interesse für diese Bewertungen sind die Auswirkungen auf Lohnbildung und Beschäftigung.

(10)

Vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit besteht die Gefahr, dass die Einstellung Geringqualifizierter durch die Arbeitskosten auf der Ebene des Mindestlohns gehemmt wird. Während der Mindestlohn im Vergleich zum Durchschnittslohn hoch ist, wurden die Arbeitskosten auf der Ebene des Mindestlohns durch Befreiungen von den Sozialabgaben verringert. Erhöhungen des Mindestlohns führen bei den meisten Gruppen von Arbeitnehmern zu Lohnerhöhungen und könnten eine aufwärts gerichtete Lohnkompression bewirken. Aufgrund des Mechanismus zur Indexierung des Mindestlohns bestehen Rückkopplungseffekte zwischen einem Anstieg der Durchschnittslöhne und Änderungen des Mindestlohns, die Verzögerungen von bei einer ungünstigen Wirtschaftslage notwendigen Lohnanpassungen bewirken.

(11)

Die jüngsten Reformen haben den Arbeitgebern lediglich einen begrenzten Spielraum für Abweichungen von Branchenvereinbarungen verschafft. Dies gilt für alle Aspekte der Beschäftigungsbedingungen, einschließlich Lohn, Arbeitszeit sowie Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, und schränkt die Möglichkeiten der Unternehmen ein, ihre Belegschaften an den jeweiligen Bedarf anzupassen. Zurzeit haben Unternehmen bestimmter Branchen unter Umständen nicht die Möglichkeit, von Fall zu Fall und nach entsprechenden Verhandlungen mit den Sozialpartnern Bedingungen festzulegen, unter denen die Arbeitszeiten von den einschlägigen Branchenvereinbarungen abweichen können. Abweichungen von Branchenvereinbarungen und allgemeinen Rechtsvorschriften über die Beschäftigungsbedingungen, die auf der Grundlage von Vereinbarungen auf Unternehmensebene erfolgen, könnten in Absprache mit den Sozialpartnern erleichtert werden.

(12)

Im Jahr 2015 ist die Arbeitslosenquote auf 10,4 % gestiegen. Überdurchschnittlich hoch ist die Arbeitslosenquote bei jungen Menschen, Nicht-EU-Bürgern und geringqualifizierten Arbeitskräften. Die Struktur des Arbeitsmarktes ist zunehmend polarisiert, wobei hochqualifizierte Arbeitnehmer mit unbefristetem Arbeitsvertrag eingestellt werden, und ein konstanter Anteil an niedrig qualifizierten Arbeitsverhältnissen immer prekärer wird. Der Anteil befristeter Arbeitsverträge mit einer Laufzeit von weniger als einem Monat an den Gesamteinstellungen stieg im Jahr 2015 auf nahezu 70 %. Der rechtliche Rahmen für den Abschluss von Arbeitsverträgen und vor allem die Rechtsvorschriften über Entlassungen aus unbefristeten Arbeitsverhältnissen tragen möglicherweise zu der starken Segmentierung des Arbeitsmarktes bei. Die anhaltende Verschlechterung der Arbeitsmarktlage hat die Tragfähigkeit der Arbeitslosenversicherung belastet. Im Februar 2016 wurde das Defizit auf 4,5 Mrd. EUR im Jahr 2015, 4,2 Mrd. EUR im Jahr 2016 und 3,6 Mrd. EUR im Jahr 2017 veranschlagt. Dies würde eine weitere Zunahme der Schuldenlast des Systems bewirken, von 25,8 Mrd. EUR im Jahr 2015 auf 30,0 Mrd. EUR im Jahr 2016 und auf 33,6 Mrd. EUR im Jahr 2017. Die Leistungsberechnung begünstigt eine Abfolge kurzzeitiger Vollzeitbeschäftigungsverhältnisse gegenüber langfristigen Teilzeitarbeitsverhältnissen und schafft Anreize für Arbeitgeber, auf befristete Verträge mit Lohnergänzungsleistungen zu setzen. Ferner werden Anreize für die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit möglicherweise durch die Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung, insbesondere in Bezug auf die Anspruchsvoraussetzungen und die Degression der Leistungen, abgeschwächt.

(13)

Der Übergang von der Schule ins Berufsleben ist nach wie vor schwierig; dies gilt vor allem für die am geringsten qualifizierten Jugendlichen. Die Bedeutung der betrieblichen Ausbildung nimmt bei den gering qualifizierten Gruppen ab, was unter anderem auf differenzierte regionale Strategien und die begrenzte Fähigkeit des Systems, sich auf neue wirtschaftliche Erfordernisse einzustellen, zurückzuführen ist. Das Angebot an Fortbildungsmaßnahmen für Arbeitslose, weniger qualifizierte Arbeitnehmer und Arbeitnehmer in KMU ist nach wie vor unzureichend. Die laufenden Reformen im Bereich der beruflichen Weiterbildung, die unter anderem Steuerung, Anreize, Beratung und eine Neuausrichtung des Schulungsplans für Arbeitslose zum Gegenstand haben, sind noch nicht vollständig umzusetzen und sollten verstärkt vorangebracht werden. Die unbefriedigende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen an der beruflichen Weiterbildung beteiligten Akteuren verhindert eine effiziente Ressourcenallokation. Das geplante persönliche Beschäftigungskonto könnte einen ausgewogeneren Zugang zu einschlägigen Maßnahmen gewährleisten.

(14)

Die Rahmenbedingungen für Unternehmen in Frankreich rangieren weiter im Mittelfeld; dies ist insbesondere auf die Belastung durch die staatliche Regulierung zurückzuführen, wo Frankreich im internationalen Vergleich schlecht abschneidet. Das Vereinfachungsprogramm wird plangemäß fortgeführt; die Fortschritte bei der Umsetzung fallen jedoch — insbesondere was die auf Unternehmen abzielenden Maßnahmen betrifft — unterschiedlich aus, und in einer Reihe von Bereichen verbleiben Herausforderungen.

(15)

Die französische Wirtschaft weist im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten einen unverhältnismäßig hohen Anteil an kleineren Unternehmen auf, was eine Einschränkung von deren Produktivität bewirkt. Die jüngsten Initiativen zur Abfederung der Auswirkungen größenspezifischer Kriterien in Rechtsvorschriften dürften insbesondere aufgrund ihres begrenzten Umfangs und des vorübergehenden Charakters einiger Maßnahmen keine wesentlichen Auswirkungen auf das Wachstum der Unternehmen zeigen. Infolgedessen wird das Wachstum französischer Unternehmen auch weiterhin durch Schwelleneffekte begrenzt.

(16)

Der Wettbewerb im Dienstleistungssektor hat sich in bestimmten Bereichen verbessert, während in anderen Bereichen Hindernisse verbleiben, insbesondere bei den Unternehmensdienstleistungen (ein wesentlicher Teil dieser Dienstleistungen war nicht Gegenstand der jüngsten Reformen) und im Bereich der netzgebundenen Wirtschaftszweige. Die wirtschaftliche Tätigkeit in reglementierten Berufen wird durch eine Reihe von Zutrittsschranken und Regulierungslasten sowie feste Vergütungssätze gehemmt; dies beeinträchtigt auch die Produktivität in anderen Sektoren, die diese Dienste in Anspruch nehmen. Mit der Annahme des Macron-Gesetzes im Jahr 2015 wurden einige Hindernisse abgebaut, es müssen aber noch weitere Anstrengungen unternommen werden. Weitere Probleme ergeben sich aus der restriktiven Anwendung der Zulassungsvorschriften.

(17)

Trotz der großzügigen staatlichen Innovationsförderung bleibt Frankreich weiterhin hinter den Innovationsführern der EU zurück. In den vergangenen 15 Jahren war eine Inflationierung und Instabilität bei den staatlichen Programmen zur Innovationsförderung zu beobachten, was Fragen in Bezug auf deren allgemeine Koordinierung, Kohärenz und Wirksamkeit aufwirft. Besonders betroffen sind hiervon die KMU.

(18)

Die Steuerquote zählt zu den höchsten in der Union. Die Ausgestaltung der Besteuerung ist dem Wirtschaftswachstum nicht förderlich, da sie eine erhebliche Belastung der Produktionsfaktoren, aber nur eine vergleichsweise geringe Belastung des Verbrauchs bewirkt. Die Körperschaftsteuern sind im Jahr 2014 im Zuge einer Trendwende leicht zurückgegangen, und Frankreich hat begonnen, bei den Umweltsteuern den Abstand zum EU-Durchschnitt zu verringern; die Einnahmen aus der Mehrwertsteuer bleiben jedoch — sowohl als Anteil am BIP als auch als Prozentsatz der gesamten Steuereinnahmen — niedrig, was auf niedrige Steuersätze, die umfangreiche Anwendung ermäßigter Steuersätze und die große Zahl von Befreiungen im Vergleich zum EU-Durchschnitt zurückzuführen ist. Abgesehen von dem derzeit erfolgenden Auslaufen des Solidaritätszuschlags für Unternehmen und der Abschaffung der Sonderabgabe auf die Körperschaftssteuer müssen die konkreten Maßnahmen zur Erreichung des angekündigten Ziels einer Verringerung des gesetzlichen Körperschaftsteuersatzes auf 28 % im Jahr 2020 erst vollständig präzisiert werden.

(19)

Das Steuersystem ist sehr komplex. Es gibt nach wie vor zahlreiche ineffiziente Steuern, die nur geringe oder gar keine Einnahmen generieren, und die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen ist ausgesprochen kompliziert, was mit signifikanten Verwaltungskosten verbunden ist. Obwohl in die Programmplanung 2014-2019 der öffentlichen Finanzen die Vorschrift aufgenommen wurde, dass die Steuerausgaben regelmäßig bewertet und überwacht werden müssen, dürfte die Verringerung der Steuerausgaben im Jahr 2016 nach mehreren Jahren des Anstiegs nur moderat ausfallen.

(20)

Insgesamt sind die Hemmnisse für private Investitionen moderat, wobei die hohen Bürokratielasten und die hohen Körperschaftsteuersätze die größten Hindernisse darstellen. Das Investitionsumfeld könnte durch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Unternehmen, den Abbau der produktionsbezogenen Steuern und der Körperschaftssteuern sowie die Vereinfachung des Steuersystems verbessert werden. Durch Maßnahmen zur Verbesserung der kostenspezifischen und sonstigen Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit französischer Unternehmen könnten das Investitionsniveau erhöht und Anreize für Unternehmen geschaffen werden, in Sach- und Humankapital zu investieren, um die Produktivität zu steigern. Das langfristige Wachstumspotenzial wird auch durch eine gedämpfte Investitionstätigkeit im Innovationsbereich begrenzt.

(21)

Im Rahmen des Europäischen Semesters hat die Kommission die Wirtschaftspolitik Frankreichs umfassend analysiert und diese Analyse im Länderbericht 2016 veröffentlicht. Sie hat auch das Stabilitätsprogramm und das nationale Reformprogramm sowie die Maßnahmen zur Umsetzung der an Frankreich gerichteten Empfehlungen der Vorjahre bewertet. Dabei hat sie nicht nur deren Relevanz für eine auf Dauer tragfähige Haushalts-, Sozial- und Wirtschaftspolitik in Frankreich berücksichtigt, sondern angesichts der Notwendigkeit, die wirtschaftspolitische Steuerung der Europäischen Union insgesamt durch auf EU-Ebene entwickelte Vorgaben für künftige nationale Entscheidungen zu verstärken, auch deren Übereinstimmung mit EU-Vorschriften und -Leitlinien beurteilt. Ihre Empfehlungen im Rahmen des Europäischen Semesters spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider.

(22)

Vor dem Hintergrund dieser Bewertung hat der Rat das Stabilitätsprogramm geprüft; seine Stellungnahme hierzu (5) spiegelt sich insbesondere in der nachstehenden Empfehlung 1 wider.

(23)

Vor dem Hintergrund der eingehenden Überprüfung durch die Kommission und dieser Bewertung hat der Rat das nationale Reformprogramm und das Stabilitätsprogramm geprüft. Seine Empfehlungen gemäß Artikel 6 der Verordnung (EU) Nr. 1176/2011 spiegeln sich in den nachstehenden Empfehlungen 1 bis 5 wider —

EMPFIEHLT, dass Frankreich im Zeitraum 2016-2017

1.

eine dauerhafte Korrektur des übermäßigen Defizits bis 2017 gewährleistet, indem es die dazu erforderlichen strukturellen Maßnahmen ergreift und sämtliche unerwarteten Mehreinnahmen für den Defizit- und Schuldenabbau einsetzt; die für die kommenden Jahre geplanten Ausgabenkürzungen spezifiziert und seine Anstrengungen intensiviert, die Einsparungen, die durch die Überprüfung der Ausgaben, u. a. der Ausgaben der kommunalen Gebietskörperschaften, erzielt werden, bis Ende 2016 zu erhöhen; die unabhängige Bewertung staatlicher Maßnahmen verstärkt, um festzustellen, welche Effizienzgewinne in den einzelnen Teilsektoren des Sektors Staat erzielt werden können;

2.

gewährleistet, dass an der Senkung der Arbeitskosten festgehalten wird, und dass die Entwicklungen des Mindestlohns mit den Zielen der Förderung von Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit im Einklang stehen; das Arbeitsrecht in einer Weise reformiert, dass stärkere Anreize für Arbeitgeber geschaffen werden, Einstellungen auf der Grundlage unbefristeter Verträge vorzunehmen;

3.

die Verbindungen zwischen dem Bildungswesen und dem Arbeitsmarkt verbessert, insbesondere durch eine Reform der betrieblichen Ausbildung und der beruflichen Weiterbildung unter besonderer Berücksichtigung der Geringqualifizierten; bis Ende 2016 Maßnahmen zur Reform der Arbeitslosenversicherung ergreift, um die finanzielle Tragfähigkeit des Systems wiederherzustellen und stärkere Anreize für die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit zu schaffen;

4.

Hindernisse für eine Tätigkeit im Dienstleistungssektor, insbesondere im Bereich der Unternehmensdienstleistungen und der reglementierten Berufe beseitigt; Maßnahmen zur Vereinfachung und Verbesserung der Effizienz der Innovationspolitik ergreift; bis Ende 2016 die Reform der größenspezifischen Kriterien in Rechtsvorschriften, die das Unternehmenswachstum behindern, weiter voranbringt und die Vereinfachung der Verwaltungs-, Steuer- und Rechnungslegungsbestimmungen für Unternehmen durch Fortführung des Vereinfachungsprogramms fortsetzt;

5.

Maßnahmen ergreift, um die produktionsbezogenen Steuern und den gesetzlichen Körperschaftsteuersatz zu senken und gleichzeitig die Bemessungsgrundlage für die Verbrauchsteuern verbreitert, insbesondere in Bezug auf die Mehrwertsteuer; ineffiziente Steuerausgaben beseitigt, Steuern abschafft, die lediglich geringe oder gar keine Einnahmen generieren und die Reform des Einkommensteuerabzugs bis Ende 2016 verabschiedet.

Geschehen zu Brüssel am 12. Juli 2016.

Im Namen des Rates

Der Präsident

P. KAŽIMÍR


(1)  ABl. L 209 vom 2.8.1997, S. 1.

(2)  ABl. L 306 vom 23.11.2011, S. 25.

(3)  ABl. C 96 vom 11.3.2016, S. 1.

(4)  Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates (ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 320).

(5)  Gemäß Artikel 5 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1466/97.